D-1808/2011 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 21. Feb...
Karar Dilini Çevir:
D-1808/2011 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 21. Feb...
Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung IV
D-1808/2011
Urteil vom 11. Mai 2011
Besetzung Richter Robert Galliker (Vorsitz),
Richter Thomas Wespi, Richter Walter Lang,
Gerichtsschreiberin Daniela Brüschweiler.
Parteien A._______, geboren (…),
unbekannter Herkunft (angeblich Eritrea),
vertreten durch Laura Rossi, Fürsprecherin,
(…),
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom
21. Februar 2011 / N (…).
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Sachverhalt:
A.
Der Beschwerdeführer verliess seinen Heimatstaat eigenen Angaben
zufolge im Mai 2006 und reiste am 7. Oktober 2007 in die Schweiz ein,
wo er gleichentags um Asyl nachsuchte.
Mit Verfügung vom 5. Mai 2009 trat das BFM gestützt auf Art. 32 Abs. 2
Bst. b des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) auf das
Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht ein und ordnete die
Wegweisung aus der Schweiz sowie den Wegweisungsvollzug an. Zur
Begründung führte die Vorinstanz zusammengefasst aus, angesichts des
Ergebnisses der Lingua-Analyse, der Botschaftsabklärung sowie der
teilweise widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers sei davon
auszugehen, dass er die Behörden über seine Identität getäuscht habe.
Es sei davon auszugehen, dass es sich bei ihm nicht um einen
eritreischen Staatsangehörigen handle, weshalb seinen Asylvorbringen,
welche sich explizit auf die angebliche eritreische Staatsangehörigkeit
bezögen, jegliche Grundlage entzogen sei. Der Wegweisungsvollzug
wurde als zulässig, zumutbar und möglich erachtet.
Die vom Beschwerdeführer gegen die Verfügung vom 5. Mai 2009
erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil
D-2982/2009 vom 19. Mai 2009 abgewiesen, soweit darauf eingetreten
wurde.
B.
Mit Eingabe vom 17. Juli 2009 ersuchte der Beschwerdeführer um
Revision des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Mai 2009.
Dieses Revisionsgesuch wurde mit Urteil D-4601/2009 vom 30. Juli 2009
abgewiesen.
C.
Am 17. Juni 2010 ging beim Bundesamt eine als
"Wiedererwägungsgesuch" bezeichnete Eingabe der Rechtsvertretung
des Beschwerdeführers ein. Zur Hauptsache wurde damit die Aufhebung
der Verfügung vom 5. Mai 2009 beantragt, auf das Asylgesuch sei
einzutreten und dem Beschwerdeführer sei unter Anerkennung der
Flüchtlingseigenschaft Asyl zu gewähren.
Mit Verfügung vom 21. Februar 2011 stellte das BFM fest, der
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Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, und lehnte das
Asylgesuch ab, wies den Beschwerdeführer aus der Schweiz weg und
ordnete den Wegweisungsvollzug an. Für dieses zweite Asylverfahren
erhob die Vorinstanz eine Gebühr von Fr. 600.--. Das Bundesamt
begründete seinen Entscheid zusammengefasst damit, dass die
eingereichten ärztlichen Berichte sowie die Fotos nichts an der
Schlussfolgerung zu ändern vermöchten, dass es sich beim
Beschwerdeführer nicht um einen eritreischen Staatsangehörigen handle.
Die Beweismittel könnten deshalb weder zur Feststellung der
Flüchtlingseigenschaft noch zur Gewährung von Asyl führen. Das BFM
erachtete den Wegweisungsvollzug als zulässig, zumutbar und möglich.
Insbesondere vermöchten die psychischen Probleme des
Beschwerdeführers eine Wegweisung nach Äthiopien nicht als
unzumutbar erscheinen zu lassen.
D.
Gegen diese Verfügung des BFM liess der Beschwerdeführer durch seine
Rechtsvertreterin mit Eingabe vom 24. März 2011 Beschwerde beim
Bundesverwaltungsgericht erheben. Er beantragte, die angefochtene
Verfügung sei aufzuheben, er sei als Flüchtling anzuerkennen und es sei
ihm Asyl zu gewähren, eventualiter sei festzustellen, dass der Vollzug der
Wegweisung unzulässig und/oder unzumutbar sei, und die Vorinstanz sei
in der Folge anzuweisen, den Beschwerdeführer vorläufig aufzunehmen.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersuchte er darum, der Beschwerde die
aufschiebende Wirkung zu erteilen beziehungsweise dem
Beschwerdeführer sei zu gestatten, den Ausgang des Verfahrens in der
Schweiz abzuwarten, und von Vollzugshandlungen sei einstweilen
abzusehen. Weiter sei die zuständige Fremdenpolizeibehörde
anzuweisen, auf Vollzugshandlungen während der Behandlung der
Beschwerde zu verzichten. Schliesslich beantragte der
Beschwerdeführer, es sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege im Sinne
von Art. 65 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968
über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) zu gewähren und
von der Erhebung eines Kostenvorschusses sei abzusehen.
Zusammen mit der Beschwerdebegründung liess der Beschwerdeführer
verschiedene Beweismittel, nämlich vier ärztliche Berichte, einen Brief an
die äthiopische Vertretung in Genf, einen handschriftlich aufgezeichneten
Stammbaum, einen Totenschein sowie ein handschriftliches Schreiben
aus B._______ (Eritrea), einreichen.
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Auf die Begründung der Rechtsbegehren und die Beweismittel wird –
soweit für den Entscheid wesentlich – in den nachfolgenden Erwägungen
eingegangen.
E.
Mit Eingaben vom 29. und 31. März 2011 sowie vom 5. April 2011 reichte
die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers weitere Beweismittel zu den
Akten.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1. Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005
(VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden
gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das BFM gehört zu den
Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des
Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme
im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht
ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und
entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen
eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die
beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d
Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG,
SR 173.110]). Eine solche Ausnahme liegt in casu nicht vor.
1.2. Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem
BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6
AsylG).
1.3. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht. Der
Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist
durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein
schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise
Änderung; er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert
(Art. 105 und Art. 108 Abs. 1 AsylG, Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 VwVG).
Auf die Beschwerde ist – unter Vorbehalt der nachfolgenden Erwägungen
– einzutreten
1.4. Gemäss Art. 55 Abs. 1 VwVG kommt der Beschwerde aufschiebende
Wirkung zu und die Vorinstanz hat in der angefochtenen Verfügung einer
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allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht entzogen (Art. 55
Abs. 2 VwVG). Auf die Begehren, es sei der Beschwerde die
aufschiebende Wirkung zu erteilen und von Vollzugshandlungen sei
einstweilen abzusehen, beziehungsweise die zuständige
Fremdenpolizeibehörde sei anzuweisen, auf Vollzugshandlungen
während der Behandlung der Beschwerde zu verzichten, ist deshalb
mangels Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten (vgl. auch Art. 42
AsylG).
2.
Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und
die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
3.
Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde vorliegend auf die
Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet.
4.
4.1. Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen
grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat
oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion,
Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder
wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt
sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu
werden. Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des
Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen
unerträglichen psychischen Druck bewirken (Art. 3 AsylG).
4.2. Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft
nachweisen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft
gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere
Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich
widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich
auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7
AsylG).
5.
5.1. Der Beschwerdeführer lässt auf Beschwerdeebene in Bezug auf
seine Herkunft und Staatsangehörigkeit vortragen, er habe bereits einmal
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erfolglos bei der äthiopischen Vertretung in Genf um Anerkennung als
äthiopischer Staatsangehöriger nachgefragt, derzeit sei eine zweite
Anfrage durch die Rechtsvertreterin hängig. Er habe sodann in der
Schweiz seine Coucousine (L.F.) kennengelernt. Diese habe sich bereit
erklärt, in Bezug auf die Verwandtschaft zum Beschwerdeführer schriftlich
eine Erklärung abzugeben und mündlich über den Verwandtschaftsgrad
und die eritreische Herkunft des Beschwerdeführers Auskunft zu geben.
Durch diese Coucousine habe er auch vom Tod seiner Mutter erfahren
und es sei ihm gelungen, den Totenschein aus Eritrea erhältlich zu
machen. Daraus sowie aus einem weiteren Schreiben gehe hervor, dass
die Mutter des Beschwerdeführers am 17. Dezember 2009 im Hospital
C._______ verstorben sei, nachdem sie vorher eine Zeit lang in der
Ortschaft B._______ gelebt habe. Angesichts dieser Beweismittel stehe
fest, dass der Beschwerdeführer tatsächlich seit seiner Deportation 1999
bis zu seiner Ausreise im Jahr 2006 in Eritrea gelebt habe. Vor diesem
Hintergrund und aufgrund des Umstandes, dass er das Land verlassen
habe, nachdem die Militärbehörden ihn zum Dienst hätten aufbieten
wollen, müsse die Rechtsprechung gemäss EMARK (Entscheidungen
und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission) 2006 Nr. 3
angewendet werden und das Gericht habe von Amtes wegen abzuklären,
ob dem Beschwerdeführer als Refraktär bei einer allfälligen Rückkehr
eine unmenschliche Strafe drohe und er infolgedessen in der Schweiz als
Flüchtling anzuerkennen und ihm Asyl zu gewähren sei.
5.2. Als zentral erweist sich im vorliegenden Fall, dass der
Beschwerdeführer den schweizerischen Behörden keine Identitätspapiere
abgab und die vom BFM vorgenommenen Abklärungen zu Zweifeln an
den Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Herkunft Anlass boten.
Zwar reichte er im Revisionsverfahren zwei Beweismittel, einen
eritreischen Rückkehrer-Pass und eine Farbkopie der Identitätskarte
seines Vaters, ein, doch hielt das Bundesverwaltungsgericht dazu fest, es
bestünden ernsthafte Zweifel an der Echtheit des Rückkehrer-Passes und
der in Farbkopie eingereichten Identitätskarte könne beweisrechtlich
keine Bedeutung beigemessen werden. Solange aber die Identität des
Beschwerdeführers nicht feststeht, müssen die von ihm im vorliegenden
Beschwerdeverfahren behaupteten verwandtschaftlichen Beziehungen
sowohl zu der gemäss Todesschein am 17. Dezember 2009 im "Hospital
C._______" verstorbenen Person als auch zu der in der Schweiz
wohnenden L.F. von vornherein in Zweifel gezogen werden
beziehungsweise diese behaupteten verwandtschaftlichen Beziehungen
stehen mangels feststehender Identität des Beschwerdeführers im
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Leeren. In Bezug auf L.F. ist sodann zu erwähnen, dass der
Beschwerdeführer anlässlich seiner Anhörung vom 28. November 2007
angab, er wisse nicht, wo die Grosseltern mütterlicherseits lebten, seine
Mutter habe das nie erzählt und er vermute, sie habe irgendwelche
familiäre Probleme (vgl. A 16/34 S. 9). Angesichts dieser vagen Angaben
erstaunt, wie der Beschwerdeführer die behauptete Verwandtschaft
mütterlicherseits (vgl. Beschwerde S. 5) zu L.F. festgestellt haben will,
zumal jegliche Angaben dazu fehlen. Was die von L.F. schriftlich
eingereichten Auskünfte anbelangt, ist im Weiteren festzuhalten, dass
diesen – soweit tatsächlich von der Verwandtschaft zwischen ihr und dem
Beschwerdeführer ausgegangen würde – aufgrund der speziellen
Interessenlage kaum Beweiskraft zuerkannt werden könnten. Dies würde
ebenso gelten, wenn L.F. als Zeugin befragt würde. Eine Behörde kann
aber auf die Abnahme beantragter Beweismittel verzichten, wenn die
antizipierte Beweiswürdigung ergibt, dass die Beweisanträge eine nicht
erhebliche Tatsache betreffen oder offensichtlich untauglich sind, etwa
weil ihnen die Beweiseignung an sich abgeht oder die betreffende
Tatsache aus den Akten bereits genügend ersichtlich ist und
angenommen werden kann, dass die Durchführung des Beweises im
Ergebnis nichts ändern wird (BGE 131 I 153 E. 3; BVGE 2008/24 E. 7.2
S. 357). Vor diesem Hintergrund kann die offerierte Befragung von L.F.
ebenso unterbleiben wie die Übersetzung des von ihr eingereichten
Schreibens.
Aus den vorgenannten Gründen ist auch weder der Todesschein noch
der Bestätigungsbrief aus Eritrea geeignet, die Herkunft des
Beschwerdeführers aus Eritrea zu belegen. Einerseits fehlt es am
Nachweis der verwandtschaftlichen Beziehung zwischen der aufgeführten
Person und dem Beschwerdeführer, anderseits lässt die äussere
Erscheinungsform der Dokumente jede Möglichkeit einer Fälschung
offen.
5.3. Zusammengefasst ist mit dem BFM davon auszugehen, dass die neu
eingereichten Beweismittel nicht geeignet sind, die Herkunft des
Beschwerdeführers nachzuweisen, womit sie weder zur Feststellung der
Flüchtlingseigenschaft noch zur Gewährung von Asyl zu führen
vermögen. Die Vorinstanz lehnte deshalb das Asylgesuch zu Recht ab.
6.
Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so
verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den
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Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie
(Art. 44 Abs. 1 AsylG).
6.1. Der Beschwerdeführer verfügt gemäss Aktenlage weder über eine
ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf
Erteilung einer solchen. Die Wegweisung wurde demnach zu Recht
angeordnet (Art. 44 Abs. 1 AsylG; vgl. BVGE 2008/34 E. 9.2).
7.
7.1. Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder
nicht möglich, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach
den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme von
Ausländern (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 des Bundesgesetzes
vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG,
SR 142.20]).
7.2. Bezüglich der Geltendmachung von Wegweisungshindernissen gilt
gemäss ständiger Praxis des Bundesverwaltungsgerichts und seiner
Vorgängerorganisation ARK der gleiche Beweisstandard wie bei der
Flüchtlingseigenschaft, das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte
Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl.
WALTER STÖCKLI, Asyl, in: Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.],
Ausländerrecht, 2. Aufl., Basel 2009, Rz. 11.148). Bei der Prüfung der
drei Kriterien ist auf die im Entscheidzeitpunkt bestehenden Verhältnisse
abzustellen (EMARK 1997 Nr. 27 E. 4f S. 211).
Aufgrund der Aktenlage wird mit der Vorinstanz davon ausgegangen,
beim Beschwerdeführer handle es sich mutmasslich um einen
äthiopischen Staatsangehörigen. Auch wenn andere Heimat- oder
Herkunftsländer nicht gänzlich ausgeschlossen werden können, ist im
Folgenden der Wegweisungsvollzug in den in erster Linie in Betracht
kommenden Staat, nämlich Äthiopien, zu prüfen.
7.3. Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen
der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in
den Heimat-, Herkunfts- oder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83
Abs. 3 AuG).
So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land
gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus
einem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie
Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden
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(Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom
28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30]).
Gemäss Art. 25 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen
Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101), Art. 3 des
Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere
grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
(FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 der Konvention vom
4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(EMRK, SR 0.101) darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder
erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
7.3.1. Die Vorinstanz wies in ihrer angefochtenen Verfügung zutreffend
darauf hin, dass das Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-Refoulement
nur Personen schützt, die die Flüchtlingseigenschaft erfüllen. Da es dem
Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine asylrechtlich erhebliche
Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, kann der in Art. 5
AsylG verankerte Grundsatz der Nichtrückschiebung im vorliegenden
Verfahren keine Anwendung finden. Eine Rückkehr des
Beschwerdeführers nach Äthiopien ist demnach unter dem Aspekt von
Art. 5 AsylG rechtmässig.
7.3.2. Sodann ergeben sich weder aus den Aussagen des
Beschwerdeführers noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass er für
den Fall einer Ausschaffung nach Äthiopien dort mit beachtlicher
Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen
Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre. Gemäss Praxis des
Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie jener
des UN-Anti-Folterausschusses müsste der Beschwerdeführer eine
konkrete Gefahr ("real risk") nachweisen oder glaubhaft machen, dass
ihm im Fall einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung
drohen würde (vgl. EGMR [Grosse Kammer], Saadi gegen Italien, Urteil
vom 28. Februar 2008, Beschwerde Nr. 37201/06, §§ 124 – 127, mit
weiteren Hinweisen). Auch die allgemeine Menschenrechtssituation in
Äthiopien lässt den Wegweisungsvollzug zum heutigen Zeitpunkt nicht als
unzulässig erscheinen. Nach dem Gesagten ist der Vollzug der
Wegweisung sowohl im Sinne der asyl- als auch der völkerrechtlichen
Bestimmungen zulässig.
7.4. Gemäss Art. 83 Abs. 4 AuG kann der Vollzug für Ausländerinnen und
Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimat- oder Herkunftsstaat auf
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Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und
medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete
Gefährdung festgestellt, ist – unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AuG –
die vorläufige Aufnahme zu gewähren.
7.4.1. Vorneweg ist festzuhalten, dass in Äthiopien zurzeit kein Krieg,
kein Bürgerkrieg und keine Situation allgemeiner Gewalt herrscht,
weshalb in konstanter Praxis von der generellen Zumutbarkeit des
Wegweisungsvollzugs nach Äthiopien ausgegangen werden kann (vgl.
beispielsweise Urteile des Bundesverwaltungsgerichts D-7532/2008 vom
24. Januar 2011 E. 6.3.2, D-2782/2008 vom 25. November 2010
E. 10.4.1 und D-6164/2009 vom 23. September 2010 E. 6.3.1). Aufgrund
der aktuellen Situation in Äthiopien – und insbesondere auch in der
Hauptstadt Addis Abeba, wo der Beschwerdeführer eigenen Angaben
zufolge geboren ist und die ersten Lebensjahre verbrachte – kann im
Falle seiner Rückkehr nicht von einer konkreten Gefährdung seiner
Person ausgegangen werden.
7.4.2. Zur Begründung des Eventualantrages verweist der
Beschwerdeführer auf seine psychische Erkrankung. Sein
Gesundheitszustand habe sich nach dem Brand im DZ
(Durchgangszentrum) Lyss im Februar 2010 massiv verschlechtert. Er
leide unter einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und habe
wegen einer akuten psychischen Dekompensation den Psychiatrischen
Diensten D._______ zugewiesen werden müssen. Im Mai 2010 sei er
wegen akuter Suizidalität per ärztlicher FFE (Fürsorgerischer
Freiheitsentziehung) in die UPD (Universitäre Psychiatrische Dienste)
E._______ eingewiesen worden. Er leide unter Essstörungen sowie
Spannungszuständen und werde nach wie vor von Suizidgedanken
begleitet. Nebst medikamentöser Behandlung sei er auf die regelmässige
Teilnahme an einer Gesprächstherapie angewiesen, ansonsten sich sein
psychischer Zustand zusätzlich massiv verschlechtern würde. Die
psychiatrische Versorgung in Äthiopien sei der am meisten
vernachlässigte Bereich des Gesundheitssystems. Neben der
mangelhaften Versorgungslage im psychiatrischen Bereich sei der
gesellschaftliche Umgang mit psychisch kranken Menschen sehr
diskriminierend. Der Beschwerdeführer wäre bei einer Rückkehr nach
Äthiopien auf sich alleine gestellt, da er dort kein soziales Netz habe, auf
welches er sich stützen könnte. Er hätte keinen Zugang zu den
notwendigen Gesprächstherapien und Medikamenten. Hinzu käme eine
gesellschaftliche Stigmatisierung und sein Gesundheitszustand würde
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sich ohne medikamentöse und gesprächstherapeutische Behandlung
sehr rasch stark verschlechtern und zu einer lebensbedrohlichen
Gesundheitsgefährdung führen.
7.4.3. Wie bereits dargelegt wurde, ändern die neu eingereichten
Beweismittel nichts an der Unklarheit über die Herkunft des
Beschwerdeführers. Auch wenn gestützt auf die den Asylbehörden
obliegende Untersuchungspflicht von Amtes wegen zu ermitteln ist, ob
eine Wegweisung als zumutbar zu erachten ist, so grenzt diese Pflicht an
die vom Beschwerdeführer wahrzunehmende und im Gesetz verankerte
Mitwirkungspflicht (vgl. Art. 8 AsylG). Selbst wenn – wie vorstehend
bereits erwähnt – davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer
mutmasslich aus Äthiopien stammt, können weitere Informationen vor Ort
über das Beziehungsnetz des Beschwerdeführers nicht in Erfahrung
gebracht werden. Ebenso wenig lassen sich die beruflichen
Integrationschancen des Beschwerdeführers konkret abschätzen. Die
Folgen der mangelhaften Mitwirkung hat der Beschwerdeführer selber zu
tragen. Anzumerken bleibt, dass eine massgebliche Einschränkung des
Beschwerdeführers in seinen beruflichen Möglichkeiten durch die
Vernarbungen im Bereich Schulter, Kinn, und Brust (vgl. Arztbericht vom
10. Juni 2010 S. 1) nicht dargetan ist.
7.4.4. Der Beschwerdeführer liess mit der Beschwerde einen
Einweisungsbrief vom 19. Mai 2010, einen Arztbericht vom 10. Juni 2010,
einen ärztlichen Bericht vom 17. Juni 2010 sowie ein Arztzeugnis vom
14. Oktober 2010 einreichen. Gemäss dem letzten Arztzeugnis der
Psychiatrischen Dienste D._______ vom 14. Oktober 2010 leidet der
Beschwerdeführer an einer PTBS mit Verdacht auf psychotische
Reaktion sowie an einer Anorexia Nervosa. Nach dem Brand in der
Asylunterkunft Lyss und dem Transfer ins Zivilschutzzentrum F._______
habe der Beschwerdeführer am 19. Mai 2010 wegen akuter Suizidalität
hospitalisiert werden müssen. Er sei nach wie vor in einem schlechten
psychischen Zustand und leide weiterhin unter Essstörungen,
Spannungszuständen wie auch unter Todeswünschen und
Suizidgedanken. Er verfüge über keinerlei Stresstoleranz, reagiere auf
den kleinsten Druck mit Versteifung (Kopf- und Halsbereich), wirrem
Reden oder auch Schreien. Er werde als emotional äusserst instabil
erlebt. Im Arztbericht vom 10. Juni 2010 wird im Weiteren erwähnt, nebst
der psychiatrischen Grunderkrankung leide der Beschwerdeführer an
schlecht verheilten Verbrennungen dritten Grades am rechten Oberkörper
(Hals, Schulter, Brust und linke Brust). Diese Verbrennungen seien Folge
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der Folterungen, die er und seine Mutter in Eritrea erlebt hätten. Es
blieben aktuell körperlich entstellende Vernarbungen, welche sowohl
psychisch als auch physisch störend seien.
Gründe ausschliesslich medizinischer Natur lassen den
Wegweisungsvollzug im Allgemeinen nicht als unzumutbar erscheinen,
es sei denn, die erforderliche Behandlung sei wesentlich und im
Heimatland nicht erhältlich (vgl. EMARK 2003 Nr. 24 E. 5b S. 157 f.).
Entsprechen ferner die Behandlungsmethoden im Herkunftsland nicht
dem medizinischen Standard in der Schweiz, so bewirkt dies allein noch
nicht die Unzumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung. Von einer
solchen Unzumutbarkeit ist erst dann auszugehen, wenn die
ungenügende Möglichkeit der Weiterbehandlung eine drastische und
lebensbedrohende Verschlechterung des Gesundheitszustandes nach
sich zieht (vgl. BVGE 2009/2 E. 9.3.2; EMARK 2004 Nr. 7 E. 5d S. 50 ff.,
2003 Nr. 24 E. 5b S. 157 f.).
Es besteht grundsätzlich kein Anlass, an der von den involvierten Ärzten
getroffenen Diagnose zu zweifeln. Trotzdem erscheinen folgende
Anmerkungen angebracht: Aus den eingereichten Unterlagen gehen
verschiedene Faktoren als Ursache für die psychische Beeinträchtigung
des Beschwerdeführers hervor. So wird im Arztzeugnis vom 14. Oktober
2010 ausgeführt, das Denken des Beschwerdeführers kreise stark um die
vergangenen Jahre und darum, dass er seine Tochter (recte: seinen
Sohn) nicht besuchen könne. Zudem habe der Beschwerdeführer
panische Angst davor, wieder in die Zivilschutzanlage F._______ "unter
Tag" in ein Mehrbettzimmer zurückzukehren; Angst vor Aggressionen von
Männern, mit denen er das Zimmer dann wieder teilen müsste; Angst vor
seinen eigenen Reaktionen, wenn er die Unruhe und den Lärm nicht
ertrage. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die
psychischen Schwierigkeiten des Beschwerdeführers zu einem
erheblichen Teil mit seiner unsicheren Position als Asylsuchender und
seinen Erlebnissen in der Schweiz zusammenhängen und – wenn
überhaupt – nur teilweise auf die Erlebnisse vor der Flucht
zurückzuführen sein dürften. Zwar ist – wie schon vom BFM in der
angefochtenen Verfügung festgehalten – nachvollziehbar, dass das
Brandereignis im DZ den Beschwerdeführer an diejenigen Umstände
erinnert, welche die Narben des Beschwerdeführers verursachten, und
ihn damit psychisch belastet, doch bleibt zu beachten, dass zum Einen
die Ursache der Brandverletzungen beziehungsweise Narben des
Beschwerdeführers nicht nachgewiesen ist und zum Anderen der
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Beschwerdeführer im ersten Asylverfahren keine ernsthaften
gesundheitlichen Beeinträchtigungen erwähnte (vgl. A 16/34 S. 16:
"Heute geht es mir gut. Ich hatte damals starke Schmerzen. Meine Mutter
… Mir wird es ganz anderst im Kopf, wenn ich an die damalige Situation
zurückdenke."). Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Narben des
Beschwerdeführers – seinen eigenen Angaben zufolge – nicht durch
Feuer, sondern durch heisses Wasser verursacht wurden. Insofern liegt
mit dem Brandereignis in der Unterkunft für Asylsuchende keine
deckungsgleiche Situation vor. Insgesamt ist festzuhalten, dass die den
Beschwerdeführer belastende Unterkunftssituation in der Schweiz mit
seiner Stellung als (abgewiesener) Asylsuchender zusammenhängt und
damit eine Schwierigkeit vorliegt, welche den Wegweisungsvollzug nicht
zu verhindern vermag. Was den (bis anhin offenbar fehlenden) Kontakt
zu seinem Sohn anbelangt, ist zwar nachvollziehbar, dass dies für den
Beschwerdeführer belastend ist, ein relevanter Krankheitswert dürfte
diesem Umstand jedoch kaum zuerkannt werden. Schliesslich bleibt in
dieser Hinsicht insbesondere zu berücksichtigen, dass allein das
Bestehen eines Kindsverhältnisses kein Wegweisungsvollzughindernis
darstellt und sich der Sohn überdies (zusammen mit der Mutter) ebenfalls
in einem Asylverfahren befindet und somit nicht über ein gefestigtes
Aufenthaltsrecht in der Schweiz verfügt.
Es steht sodann zwar ausser Frage, dass die medizinische Versorgung
im Allgemeinen und die psychiatrischen Behandlungsmöglichkeiten im
Speziellen in Äthiopien nicht mit den Verhältnissen in Westeuropa
gleichgesetzt werden können. Dennoch kann davon ausgegangen
werden, dass in immer mehr Spitälern in Äthiopien psychiatrische
Behandlungen möglich sind. Jedenfalls bieten zwei Psychiater im
Ammanuel-Spital in Addis Abeba, welches auch über Medikamente
verfügt, die Behandlung des PTBS an (vgl. Bericht zur D-A-CH Fact
Finding Mission Äthiopien/Somaliland 2010, Kooperation Asylwesen
Deutschland-Österreich-Schweiz, Mai 2010, S. 41). Bei Patienten, welche
sich eine Behandlung im Spital sowie die Medikamente nicht leisten
können, übernimmt der Staat die Kosten (vgl. Bericht zur D-A-CH Fact
Finding Mission Äthiopien/Somaliland 2010, a.a.O.; Schweizerische
Flüchtlingshilfe, Äthiopien: Psychiatrische Versorgung, 10. Juni 2009,
S. 3). Soweit der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr überhaupt
noch medizinische Hilfe benötigt, kann somit davon ausgegangen
werden, dass ihm eine solche in Äthiopien weiterhin – wenn auch
allenfalls in beschränkterem Umfang – zur Verfügung stehen wird.
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Gesamthaft betrachtet ist mit der Vorinstanz eine konkrete Gefährdung
des Beschwerdeführers bei seiner Rückkehr zu verneinen.
7.4.5. Insgesamt liegen somit keine hinreichenden Hinweise vor, der
Beschwerdeführer würde im Fall der Wegweisung in eine
existenzvernichtende Situation geraten. Der Wegweisungsvollzug erweist
sich demnach als zumutbar.
7.5. Schliesslich obliegt es dem Beschwerdeführer, sich bei der
zuständigen Vertretung des Heimatstaates die für eine Rückkehr
notwendigen Reisedokumente zu beschaffen (vgl. Art. 8 Abs. 4 AsylG
und dazu auch BVGE 2008/34 E. 12 S. 513-515), weshalb der Vollzug
der Wegweisung auch als möglich zu bezeichnen ist (Art. 83 Abs. 2
AuG).
7.6. Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Wegweisungsvollzug zu
Recht als zulässig, zumutbar und möglich erachtet. Nach dem Gesagten
fällt eine Anordnung der vorläufigen Aufnahme ausser Betracht (Art. 83
Abs. 1-4 AuG).
8.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung
Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und
vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106 AsylG). Die
Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist.
9.
Mit Ergehen des vorliegenden Urteils wird das Gesuch um Erlass des
Kostenvorschusses gegenstandslos.
10.
10.1. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wären die Kosten dem
mit seinen Begehren unterlegenen Beschwerdeführer zu überbinden
(Art. 63 Abs. 1 VwVG). Dieser hat jedoch im Rahmen der
Beschwerdebegehren ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege gestellt. Gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG befreit die
Beschwerdeinstanz nach Einreichung der Beschwerde eine Partei, die
nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung
der Verfahrenskosten, sofern ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint.
Gesamthaft betrachtet kann dem Beschwerdeführer nicht vorgehalten
werden, seiner Beschwerde habe es im Zeitpunkt der Beantragung der
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unentgeltlichen Rechtspflege mit Blick auf die Erfolgsaussichten an der
nötigen Ernsthaftigkeit gefehlt (vgl. BGE 125 II 265 E. 4b S. 275). Zudem
ist aufgrund der Aktenlage (vgl. Unterstützungsbestätigung vom 30. März
2011) nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer ein den
prozessualen Notbedarf übersteigendes Einkommen erzielt. Damit sind
beide kumulativ erforderlichen Voraussetzungen von Art. 65 Abs. 1
VwVG erfüllt. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege ist deshalb gutzuheissen, und der Beschwerdeführer ist von
der Pflicht zur Kostentragung zu befreien. Infolgedessen sind ihm trotz
seines Unterliegens keine Verfahrenskosten aufzuerlegen.
10.2. Der Beschwerdeführer liess mit seiner Beschwerde auch ein
Gesuch um Beiordnung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes stellen.
Einer bedürftigen Person wird in einem für sie nicht aussichtslosen
Verfahren ein Anwalt bestellt, wenn es zur Wahrung ihrer Rechte
notwendig ist (Art. 65 Abs. 2 VwVG). In Verfahren, welche vom
Untersuchungsgrundsatz beherrscht sind, gelten strenge Massstäbe für
die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung (vgl. BGE 122 I 10).
In asylrechtlichen Beschwerdeverfahren geht es im Wesentlichen um die
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts, wobei der
Untersuchungsgrundsatz gilt. Besondere Rechtskenntnisse sind daher
zur wirksamen Beschwerdeführung im Regelfall nicht erforderlich,
weshalb die unentgeltliche Verbeiständung im Sinne von Art. 65 Abs. 2
VwVG nur in besonderen Fällen, in welchen in rechtlicher oder
tatsächlicher Hinsicht erhöhte Schwierigkeiten bestehen, gewährt wird. Im
vorliegenden Verfahren hat dies nicht zugetroffen. Dem Antrag des
Beschwerdeführers auf Beiordnung einer amtlichen Rechtsvertreterin
nach Art. 65 Abs. 2 VwVG ist mangels Notwendigkeit daher nicht
stattzugeben.
(Dispositiv nächste Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne
von Art. 65 Abs. 1 VwVG wird gutgeheissen.
3.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne
von Art. 65 Abs. 2 VwVG wird abgewiesen.
4.
Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.
5.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das BFM und die
zuständige kantonale Behörde.
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Robert Galliker Daniela Brüschweiler
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