D-1370/2009 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Vollzug der Wegweisung; Verfügung des BFM vom 29. ...
Karar Dilini Çevir:
D-1370/2009 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Vollzug der Wegweisung; Verfügung des BFM vom 29. ...
Bundesve rwa l t ungsge r i ch t
T r i buna l   adm in i s t r a t i f   f édé ra l
T r i buna l e   ammin i s t r a t i vo   f ede ra l e
T r i buna l   adm in i s t r a t i v   f ede ra l
Abteilung IV
D­1370/2009
U r t e i l   v om   1 3 .   S ep t embe r   2 0 1 1
Besetzung Richter Hans Schürch (Vorsitz),
Richter Thomas Wespi, Richter Gérald Bovier, 
Gerichtsschreiberin Anna Dürmüller Leibundgut.
Parteien A._______, geboren am _______, 
B._______, geboren am _______, und
C._______, geboren am _______,
Kosovo,
vertreten durch Christian Hoffs, Rechtsberatungsstelle
für Asylsuchende St. Gallen/Appenzell,
_______,
Beschwerdeführende, 
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand Vollzug der Wegweisung;
Verfügung des BFM vom 29. Januar 2009 / N _______.
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Sachverhalt:
A. 
A.a  Die  Beschwerdeführerin,  eine  Staatsangehörige  von  Kosovo  mit 
letztem Wohnsitz in D._______ (Gemeinde Istog), verliess ihr Heimatland 
eigenen  Angaben  zufolge  Anfang  Oktober  2004  und  reiste  am 
12. Oktober 2004 illegal  in die Schweiz ein. Am 14. Oktober 2004 stellte 
sie  (unter  ihrem  ledigen  Namen  E._______)  im  Empfangs­  und 
Verfahrenszentrum  F._______  ein  Asylgesuch  und  wurde  dort  am  20. 
Oktober 2004 summarisch befragt. Am 22. Oktober 2004 hörte das BFM 
die Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 29 Abs. 4 des Asylgesetzes vom 
26. Juni  1998  (AsylG,  SR 142.31)  ausführlich  zu  ihren  Asylgründen  an 
und  wies  sie  in  der  Folge  für  die  Dauer  des  Verfahrens  dem  Kanton 
G._______ zu.
A.b Zur Begründung  ihres Asylgesuchs brachte die Beschwerdeführerin 
im  Wesentlichen  vor,  sie  gehöre  der  Volksgruppe  der  albanisch­
sprachigen "Ägypter" an. Da sie als Kind keine Schule besucht habe, sei 
sie  Analphabetin.  Im  Alter  von  zwölf  Jahren  sei  sie  als  Asylbewerberin 
nach  Deutschland  gegangen  und  habe  in  der  Folge  elf  Jahre  lang 
zusammen mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern dort gelebt. Ihr Vater 
sei  damals bereits  verstorben gewesen. Der Asylantrag  sei abgewiesen 
worden, aber sie habe eine Duldung erhalten. Im Jahr 2003 sei sie nach 
Kosovo  zurückgeschafft  und  mit  einem  Einreiseverbot  für  Deutschland 
belegt  worden.  Ihre  Mutter  und  Geschwister  seien  in  Deutschland 
weiterhin  aufenthaltsberechtigt.  Auf  Vorhalt  gab  die  Beschwerdeführerin 
zu,  in  Deutschland  Probleme  gehabt  und  dort  aufgrund  einer 
strafrechtlichen  Verurteilung  fast  fünf  Jahre  im  Gefängnis  verbracht  zu 
haben; sie weigerte sich jedoch, über die Gründe zu sprechen, und fügte 
lediglich an, wenn sie wieder nach Deutschland einreisen würde, müsste 
sie  erneut  ins  Gefängnis,  um  die  Reststrafe  abzusitzen.  Nach  ihrer 
Rückkehr nach Kosovo sei sie ganz auf sich alleine gestellt gewesen. Sie 
habe keinerlei Hilfe erhalten, auch nicht von der KFOR. Sie habe zwei bis 
drei Monate bei  ihrem Onkel und dessen Familie gelebt, aber dieser sei 
arbeitslos  gewesen  und  habe  bereits  seine  eigene  Familie  ernähren 
müssen. Daher habe er sie wieder weggeschickt.  In der Folge habe sie 
kein festes Zuhause mehr gehabt und um Unterkunft und Nahrung betteln 
müssen.  Ihre  Mutter  habe  ihr  einmal  Kleider  aus  Deutschland 
mitgebracht.  Drei Monate  nach  ihrer  Rückkehr  aus Deutschland  sei  sie 
von  einem  Albaner  vergewaltigt  worden,  habe  den  Vorfall  jedoch 
aufgrund  von  Todesdrohungen  nicht  der  Polizei  gemeldet.  Aus  diesen 
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Gründen sei sie nach einem Jahr in Kosovo in die Schweiz geflüchtet. Sie 
wolle nur hier bleiben, bis sie wieder nach Deutschland zu  ihrer Familie 
gehen könne.
A.c  Die  Beschwerdeführerin  reichte  im  Verlauf  des  vorinstanzlichen 
Verfahrens  weder  Identitäts­  oder  Reisepapiere  noch  Beweismittel  zur 
Sache zu den Akten. Bezüglich ihrer fehlenden Identitätspapiere gab sie 
an,  der  Schlepper  habe  ihre  Identitätskarte,  den  Reisepass  sowie  die 
UNMIK­Identitätskarte behalten, weil sie ihn nicht habe bezahlen können.
A.d  Das  BFM  trat  mit  Verfügung  vom  30.  Oktober  2006  auf  das 
Asylgesuch der Beschwerdeführerin gestützt  auf Art.  32 Abs. 2 Bst.  f 
AsylG nicht ein und verfügte die Wegweisung aus der Schweiz sowie 
den Vollzug.
A.e  Mit  Urteil  vom  14.  Mai  2007  (vgl.  D­5455/2006)  hiess  das 
Bundesverwaltungsgericht  die  dagegen  erhobene  Beschwerde  vom 
3. November  2006  hinsichtlich  der  Anordnung  des 
Wegweisungsvollzugs gut, hob die entsprechenden Dispositivziffern 3 
und  4  der  angefochtenen  Verfügung  auf  und  wies  die  Sache  zur 
vollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und zur 
Neubeurteilung des Wegweisungsvollzugs an das BFM zurück. Soweit 
weitergehend  wurde  die  Beschwerde  abgewiesen.  Für  den  weiteren 
Inhalt  des  ersten  Beschwerdeverfahrens  ist  auf  die  Akten  zu 
verweisen.
B. 
Am 24. September 2007 liess das Zivilstandsamt des Kantons H._______ 
dem  BFM  die  Geburtsurkunde  sowie  ein  Zivilstandszertifikat  der 
Beschwerdeführerin zukommen.
C. 
C.a  Mit  Schreiben  vom  8.  Dezember  2008  ersuchte  das  BFM  die 
Schweizerische  Botschaft  in  Prishtina  um  die  Vornahme  von 
Abklärungen  am  Herkunftsort  der  Beschwerdeführerin.  Die  Botschaft 
antwortete darauf mit Bericht vom 24. Dezember 2008.
C.b Das BFM brachte der Beschwerdeführerin den wesentlichen Inhalt 
der  Botschaftsanfrage  und  ­antwort  mit  Verfügung  vom  12. Januar 
2009  zur  Kenntnis  und  setzte  ihr  eine  Frist  zur  Einreichung  einer 
allfälligen Stellungnahme. Die Beschwerdeführerin  liess sich dazu mit 
Eingabe vom 22. Januar 2010 vernehmen.
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D. 
In  seiner  Verfügung  vom  29.  Januar  2009  stellte  das  BFM  fest,  die 
Rückkehr  der  Beschwerdeführerin  in  ihr  Heimatland  sei  zulässig, 
zumutbar  und  möglich.  Demzufolge  verfügte  es  erneut  den 
Wegweisungsvollzug aus der Schweiz.
E. 
Mit  Beschwerde  vom  3.  März  2009  an  das  Bundesverwaltungsgericht 
liess  die  Beschwerdeführerin  beantragen,  die  vorinstanzliche Verfügung 
vom  29.  Januar  2009  sei  aufzuheben;  eventuell  sei  infolge 
Unzumutbarkeit  des  Wegweisungsvollzugs  die  vorläufige  Aufnahme  zu 
gewähren. In prozessualer Hinsicht wurde um umfassende Akteneinsicht 
bezüglich  der  Botschaftsanfrage  und  ­antwort,  verbunden  mit  der 
Gelegenheit zur Einreichung einer Stellungnahme, sowie um den Erlass 
vorsorglicher  Massnahmen  (Vollzugsstopp)  ersucht.  Zudem  wurde 
beantragt, es sei ihr die unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Art. 65 
Abs.  1  des  Bundesgesetzes  vom  20. Dezember  1968  über  das 
Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) zu gewähren und es sei kein 
Kostenvorschuss zu erheben.
Der  Beschwerde  lagen  folgende  Beweismittel  bei:  Eine  Erklärung  der 
Beschwerdeführerin  über  die  Entbindung  vom  Arztgeheimnis  vom 
20. Januar 2009 sowie ein ärztliches Bestätigungsschreiben von Dr. med. 
A. G. vom 28. Februar 2009.
F. 
Mit  Verfügung  vom  10.  März  2009  hiess  der  Instruktionsrichter  das 
Gesuch um Akteneinsicht gut, stellte der Beschwerdeführerin die – soweit 
nötig  anonymisierten  –  Aktenstücke  (Botschaftsanfrage, 
Botschaftsantwort  sowie  ergänzender  E­Mail­Verkehr)  zu  und  gewährte 
ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme innert Frist. Gleichzeitig verzichtete 
er  auf  die  Erhebung  eines  Kostenvorschusses  und  teilte  der 
Beschwerdeführerin  mit,  über  das  Gesuch  um  Gewährung  der 
unentgeltlichen Rechtspflege werde  im Endentscheid befunden. Auf das 
Gesuch  um  Anordnung  vorsorglicher  Massnahmen  wurde  mangels 
Rechtsschutzinteresses nicht eingetreten.
G. 
Mit  Eingabe  vom  26.  März  2009  liess  die  Beschwerdeführerin  eine 
Stellungnahme  zu  den  Akten  reichen.  Dieser  lag  ein 
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Grundsicherungsbescheid des JobCenters Landkreis  I._______ vom 14. 
Oktober 2008 betreffend ihre Mutter bei.
H. 
Das  BFM  hielt  in  seiner  Vernehmlassung  vom  24.  April  2009 
vollumfänglich  an  seiner  Verfügung  fest  und  beantragte  die  Abweisung 
der Beschwerde.
I. 
Der  Rechtsvertreter  der  Beschwerdeführerin  replizierte  darauf  mit 
Eingabe  vom  8.  Mai  2009,  wobei  er  um  Gutheissung  der  gestellten 
Anträge ersuchte.
J. 
Mit Eingabe vom 29. Mai 2009 liess die Beschwerdeführerin mitteilen, sie 
habe  am  15.  Mai  2009  den  kosovarischen  Staatsangehörigen 
J._______(vgl.  D­1540/2011;  gleiche  N­Nummer)  geheiratet  und  heisse 
nun A._______. Ihr Ehemann sei der Vater des Kindes, mit welchem sie 
schwanger  sei. Bei einer allfälligen Entscheidung sei der Grundsatz der 
Einheit der Familie zu beachten. Der Eingabe lagen der Familienausweis 
sowie ein Auszug aus dem Eheregister (Kopien) bei.
K. 
Am _______  brachte  die Beschwerdeführerin  eine Tochter  (B._______) 
zur Welt.
L. 
Mit Schreiben vom 12. Oktober 2010  informierte der Rechtsvertreter der 
Beschwerdeführerin  den  Instruktionsrichter  dahingehend,  dass  die 
Beschwerdeführerin  erneut  schwanger  sei  und  voraussichtlich  im  April 
2011 entbinden werde. Der Eingabe lag ein ärztliches Schreiben von Dr. 
med. G. N. vom 5. Oktober 2010 bei.
M. 
Mit Verfügung vom 4. Februar 2011 lehnte das BFM das Asylgesuch des 
Ehemannes der Beschwerdeführerin  vom 23.  Juli  2008 ab und verfügte 
die  Wegweisung  aus  der  Schweiz  sowie  den  Vollzug.  J._______  liess 
diese Verfügung ebenfalls mit einer auf den Wegweisungsvollzugspunkt 
beschränkten  Beschwerde  vom  9.  März  2011  beim 
Bundesverwaltungsgericht  anfechten  (vgl.  das  Beschwerdeverfahren  D­
1540/2011).
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N. 
Am  _______  brachte  die  Beschwerdeführerin  einen  Sohn  (C._______) 
zur  Welt  (vgl.  dazu  das  Beschwerdedossier  des  Ehemannes;  D­
1540/2011).
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1. 
1.1.  Das  Bundesverwaltungsgericht  beurteilt  gestützt  auf  Art.  31  des 
Verwaltungsgerichtsgesetzes  vom  17. Juni 2005  (VGG,  SR 173.32) 
Beschwerden  gegen  Verfügungen  nach  Art. 5  VwVG,  welche  von  einer 
Vorinstanz im Sinne von Art. 33 VGG erlassen wurden, sofern keine das 
Sachgebiet  betreffende  Ausnahme  im  Sinne  von  Art.  32  VGG  vorliegt. 
Demnach ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig für die Beurteilung 
von Beschwerden gegen Entscheide des BFM, welche in Anwendung des 
AsylG  ergangen  sind,  und  entscheidet  in  diesem  Bereich  endgültig, 
ausser  bei  Vorliegen  eines  Auslieferungsersuchens  des  Staates,  vor 
welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht  (Art. 105 AsylG; 
Art. 83  Bst. d  Ziff. 1  des  Bundesgerichtsgesetzes  vom  17. Juni 2005 
[BGG, SR 173.110]).
1.2. Das Verfahren  richtet  sich nach dem VwVG, dem VGG und dem 
BGG,  soweit  das  AsylG  nichts  anderes  bestimmt  (Art. 37  VGG  und 
Art. 6 AsylG).
1.3.  Die  Beschwerde  ist  frist­  und  formgerecht  eingereicht  (Art. 108 
Abs. 1  AsylG,  Art. 52  VwVG).  Die  Beschwerdeführerin  hat  am 
Verfahren  vor  der  Vorinstanz  teilgenommen,  ist  durch  die 
angefochtene  Verfügung  besonders  berührt  und  hat  ein 
schutzwürdiges  Interesse  an  deren  Aufhebung  beziehungsweise 
Änderung;  sie  ist  daher  zur  Einreichung  der  Beschwerde  legitimiert 
(Art. 105  AsylG  i.V.m.  Art. 48  Abs. 1  VwVG).  Auf  die  Beschwerde  ist 
einzutreten.
1.4.  Die  während  des  Beschwerdeverfahrens  geborenen  Kinder 
B._______  und  C._______  werden  in  das  Verfahren  ihrer  Mutter  (der 
Beschwerdeführerin) eingeschlossen. 
2. 
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht können die Verletzung 
von  Bundesrecht,  die  unrichtige  oder  unvollständige  Feststellung  des 
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rechtserheblichen  Sachverhalts  sowie  die  Unangemessenheit  gerügt 
werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
3. 
Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht 
möglich, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsverhältnis nach den 
gesetzlichen  Bestimmungen  über  die  vorläufige  Aufnahme  von 
Ausländern  (Art.  44  Abs.  2  AsylG;  Art.  83  Abs.  1  des  Bundesgesetzes 
vom 16. Dezember  2005 über  die Ausländerinnen und Ausländer  [AuG, 
SR 142.20]).
In  Bezug  auf  die  Geltendmachung  von  Wegweisungshindernissen  gilt 
gemäss  ständiger  Praxis  des  Bundesverwaltungsgerichts  und  der 
vormals  im  Bereich  des  Asylrechts  zuständigen  Schweizerischen 
Asylrekurskommission  (ARK)  der  gleiche  Beweisstandard  wie  bei  der 
Flüchtlingseigenschaft, das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte 
Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. 
WALTER  STÖCKLI,  Asyl,  in:  Uebersax/Rudin/Hugi  Yar/Geiser, 
Ausländerrecht, 2. Aufl., Basel 2009, Rz. 11.148).
4. 
4.1.  Die  Vorinstanz  führte  zur  Frage  der  Durchführbarkeit  des 
Wegweisungsvollzugs  aus,  die  Beschwerdeführerin  erfülle  die 
Flüchtlingseigenschaft  nicht,  weshalb  der  Grundsatz  der 
Nichtrückschiebung  gemäss  Art.  5  Abs.  1  AsylG  nicht  angewendet 
werden  könne.  Aus  den  Akten  ergäben  sich  überdies  auch  keine 
Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr 
ins  Heimatland  mit  beachtlicher Wahrscheinlichkeit  eine  durch  Art.  3 
der  Konvention  vom  4. November  1950  zum  Schutze  der 
Menschenrechte  und  Grundfreiheiten  (EMRK,  SR  0.101)  verbotene 
Strafe  oder  Behandlung  drohe.  Im  Weiteren  sprächen  weder  die  im 
Heimatstaat  herrschende  politische  Situation  noch  andere  Gründe 
gegen  die  Zumutbarkeit  des Wegweisungsvollzugs  nach Kosovo. Die 
Sicherheitslage  habe  sich  in  den  letzten  Jahren  verbessert.  Mit 
Ausnahme  einiger  Dörfer  könne  ausgeschlossen  werden,  dass 
albanischsprachige Roma, Ashkali und  "Ägypter" allein aufgrund  ihrer 
Ethnie  gefährdet  seien.  Der  Zugang  zu  medizinischen  und  sozialen 
Strukturen sei in der Regel gewährleistet. Für die aus D._______/Istog 
stammende Beschwerdeführerin, welche der Minderheit der  "Ägypter" 
angehöre,  sei  eine  Rückkehr  daher  generell  zumutbar.  Die 
Zumutbarkeit  sei  auch  in  individueller  Hinsicht  zu  bejahen.  Dem 
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Botschaftsbericht  vom  24.  Dezember  2008  sei  zu  entnehmen,  dass 
sich die Beschwerdeführerin nach  ihrer Rückkehr aus Deutschland zu 
ihrem  Onkel  in  D._______  begeben  und  dort  bis  zur  ihrer  erneuten 
Ausreise  im  Oktober  2004  gelebt  habe.  Aus  dem  Bericht  gehe  nicht 
hervor,  dass  der  Onkel  sie  vertrieben  hätte  respektive  dass  die 
Beschwerdeführerin  keinen  festen Wohnsitz  gehabt  und  um Nahrung 
und Unterkunft  habe  betteln müssen.  Sie  habe  offenbar  sogar  einige 
Zeit  in  einem Café  im Dorf  gearbeitet.  Laut  Botschaftsbericht  sei  der 
Lebensstandard der Familie des Onkels  trotz enger Wohnverhältnisse 
recht  gut.  Der  Onkel  fühle  sich  für  die  Beschwerdeführerin 
verantwortlich und würde  sie bei  einer Rückkehr  nach Kosovo erneut 
bei sich aufnehmen. Die Abklärungen hätten ausserdem ergeben, dass 
der Familie der Beschwerdeführerin  in L. ein Grundstück gehöre. Der 
Onkel  könnte  bei  einer  allfälligen  Bebauung  dieses  Grundstückes 
behilflich sein. Das Zusammenleben dieser ethnischen Minderheit mit 
der  albanischen  Bevölkerungsmehrheit  im  Dorf  sei  relativ  gut.  Die 
Beschwerdeführerin  sei  jung  und  gesund.  Neben  dem  familiären 
Beziehungsnetz  in  Kosovo  verfüge  sie  über  mehrere 
Familienangehörige in Deutschland und in der Schweiz, von denen sie 
eine gewisse finanzielle Hilfe erwarten könne. Die Beschwerdeführerin 
habe ausserdem Arbeitserfahrung im Gastgewerbe. In Würdigung aller 
Umstände  sollte  es  ihr  möglich  sein,  in  Kosovo  eine  ausreichende 
wirtschaftliche  Lebensgrundlage  zu  erwirtschaften.  Der  Umstand, 
wonach  die Beschwerdeführerin  im  vierten Monat  schwanger  sei  und 
möglicherweise  bald  alleinerziehende Mutter  sein  werde,  stehe  einer 
Rückkehr  nicht  entgegen.  Die  Beschwerdeführerin  habe  in  ihrer 
Stellungnahme  vom  22.  Januar  2009  bestritten,  dass  ihr  Onkel  sie 
wieder  bei  sich  aufnehmen  würde.  Dabei  habe  sie  vorgebracht,  der 
Onkel  habe  ein  gestörtes  Verhältnis  zu  den  sich  in  Deutschland  und 
der Schweiz aufhaltenden Angehörigen der Grossfamilie. Er habe der 
Mutter der Beschwerdeführerin gegenüber ausgesagt, er werde ihr und 
ihren  Kindern  das  Leben  schwer  machen,  wo  immer  er  nur  könne. 
Diese  Vorbringen  der  Beschwerdeführerin  seien  jedoch  nicht 
überzeugend  und  müssten  aufgrund  der  Aktenlage  als 
Schutzbehauptungen  qualifiziert  werden.  Insbesondere  sei  nicht 
ersichtlich,  weshalb  das  Verhältnis  des  Onkels  zur  Familie  der 
Beschwerdeführerin  gestört  sein  sollte.  Ebenso  wenig  sei 
nachvollziehbar,  weshalb  der  Onkel  der  Schweizer  Botschaft 
gegenüber hätte Falschaussagen machen sollen. Wäre er der Familie 
der  Beschwerdeführerin  gegenüber  tatsächlich  derart  negativ 
eingestellt,  hätte  er  der  Schweizer  Botschaft  wohl  kaum  seine 
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Bereitschaft signalisiert, seine Nichte bei einer Rückkehr nach Kosovo 
wieder  bei  sich  aufzunehmen.  Folglich  spreche  nichts  gegen  die 
Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs in den Heimatstaat. 
4.2.  In der Beschwerdeeingabe vom 3. März 2009 wird zunächst gerügt, 
das BFM habe  den Anspruch  auf  rechtliches Gehör  verletzt,  indem der 
Beschwerdeführerin  respektive  deren  Rechtsvertreter  vor  Erlass  des 
Entscheids  ohne  konkrete  Begründung  keine  Einsicht  in  den  genauen 
Wortlaut  der  Botschaftsanfrage  und  ­antwort  gewährt  worden  sei.  Das 
BFM habe zur Begründung lediglich pauschal darauf verwiesen, dass die 
Geheimhaltung  zur  Vermeidung  einer  missbräuchlichen 
Weiterverwendung  im  wesentlichen  öffentlichen  Interesse  liege.  Diese 
Begründung  sei  indessen  nicht  nachvollziehbar;  ausserdem  habe  das 
BFM  keine  einzelfallgerechte  Abwägung  zwischen  dem  öffentlichen 
Interesse  und  dem  Interesse  der  Beschwerdeführerin  an  der 
vollumfänglichen  Akteneinsicht  vorgenommen.  Das  BFM  hätte  die 
geheimhaltungsbedürftigen Stellen allenfalls auch einschwärzen können. 
Ohne  Einsicht  in  Umfang  und  genaue  Fragestellung  der 
Botschaftsanfrage  sei  keine  präzise  Stellungnahme möglich.  Auch  eine 
Einsicht  in die  (vollständige) Botschaftsantwort  sei  zwingend notwendig, 
da  nur  so  eine  fundierte  Stellungnahme  abgegeben  werden  könne. 
Anschliessend  wird  ausgeführt,  aus  der  Wiedergabe  des  wesentlichen 
Inhalts  der Botschaftsanfrage  und  ­antwort  entstehe  der Eindruck,  dass 
sich die Abklärungsergebnisse  in erster  Linie auf Aussagen des Onkels 
beziehen.  Dessen  Glaubwürdigkeit  werde  indessen  von  der 
Beschwerdeführerin  bestritten.  Die  Vorbringen  der  Beschwerdeführerin 
seien  nicht  Schutzbehauptungen,  sondern  seien  Aussagen,  welche 
denjenigen  ihres Onkels widersprächen. Eine präzise Stellungnahme zu 
den  Aussagen  des  Onkels  sei  allerdings  erst  nach  Einsicht  in  die 
vorenthaltenen  Aktenstücke  möglich.  Im  Weiteren  sei  darauf 
hinzuweisen,  dass  sich  das  BFM  im  angefochtenen  Entscheid  auf  den 
Sachverhalt  seines  Entscheides  vom  30.  Oktober  2006  beziehe.  Der 
damalige  Entscheid  sei  jedoch  von  der  Beschwerdeinstanz  teilweise 
aufgehoben  worden,  da  diese  festgestellt  habe,  dass  das  BFM 
hinsichtlich  der  Frage  der  Zumutbarkeit  des  Wegweisungsvollzugs  den 
Sachverhalt  unvollständig  festgestellt  habe.  Nun  werde  dieser 
unvollständig festgestellte Sachverhalt der Beschwerdeführerin durch die 
Hintertür  erneut  vorgehalten.  In  Bezug  auf  die  Schwangerschaft  der 
Beschwerdeführerin  habe  das  BFM  nur  bemerkt,  dass  dies  an  den 
günstigen Rückkehrbedingungen nichts ändere. Die Beschwerdeführerin 
leide  jedoch  zusätzlich  an  massiven  psychischen  Problemen,  was  aus 
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der  beigelegten  ärztlichen  Bescheinigung  hervorgehe.  Dies  spreche  für 
eine  vorläufige  Aufnahme  wegen  Unzumutbarkeit  des 
Wegweisungsvollzugs aus medizinischen Gründen.
Nach  gewährter  Akteneinsicht  liess  die  Beschwerdeführerin  Folgendes 
anfügen: Bei der Feststellung, dass der Familie der Beschwerdeführerin 
(väterlicherseits) ein unbebautes Grundstück in L. gehöre, handle es sich 
lediglich um eine unbewiesene Behauptung des Onkels. Selbst wenn der 
Familie  (väterlicherseits)  tatsächlich  ein  solches  Grundstück  gehören 
würde, so hätten weder die Beschwerdeführerin noch ihre Mutter oder ihr 
Onkel einen Anspruch darauf, da  in der kosovarischen Gesellschaft das 
Recht am Grundstück immer auf die männlichen Nachkommen übergehe. 
Eine  Bebauung  durch  die  Beschwerdeführerin,  ihre  Mutter  oder  ihren 
Onkel  wäre  daher  unmöglich.  Im  Übrigen  beabsichtige  die  Mutter  der 
Beschwerdeführerin  nicht,  nach  Kosovo  zurückzukehren;  sie  lebe  als 
deutsche Staatsbürgerin in Deutschland. Die Mutter verfüge im Weiteren 
über  keinerlei  eigene  Geldmittel  und  könnte  die  Beschwerdeführerin 
daher  nicht  finanziell  unterstützen;  sie  erhalte  in  Deutschland  eine 
Grundsicherung. Der Onkel habe die Beschwerdeführerin nur solange bei 
sich  aufgenommen,  als  die  Mutter  der  Beschwerdeführerin  ihn  dafür 
bezahlt  habe.  Nach  dem  Tod  ihres  deutschen  Ehemannes  habe  die 
Mutter kein Geld mehr an den Onkel überweisen können, worauf dieser 
die  Beschwerdeführerin  vor  die  Tür  gestellt  habe.  Die  Aussage  des 
Onkels,  er  würde  die  Beschwerdeführerin  aus  familiärem  Pflichtgefühl 
erneut  aufnehmen,  stelle  eine  reine  Absichtserklärung  dar.  Es  sei  nicht 
ersichtlich,  weshalb  der Onkel  als  glaubwürdiger  erachtet  werden  sollte 
als die Beschwerdeführerin. Der Umfang der Einzelabklärung erschöpfe 
sich  im  Wesentlichen  in  einem  Gespräch  mit  dem  Onkel.  Dies  sei 
stossend. Die Aussagen des Onkels würden als gesicherte Erkenntnisse 
dargestellt,  obwohl  sie  –  was  die  Zukunft  der  Beschwerdeführerin 
beträfen – Absichtserklärungen und Vermutungen seien. Der Onkel habe 
selbst  zugegeben,  dass  es  schwierig  wäre,  die  Beschwerdeführerin 
wiederum bei sich aufzunehmen, da er kaum Platz und ausserdem kein 
festes Einkommen habe. Würde die Beschwerdeführerin zu ihrem Onkel 
zurückkehren,  so  würden  dann  14  Personen  auf  70m2  leben.  Dies  sei 
unzumutbar.  Weiter  wird  vorgebracht,  es  treffe  nicht  zu,  dass  die 
Beschwerdeführerin  in einem Café gearbeitet habe. Offensichtlich werde 
den Aussagen  des Onkels  geglaubt,  ohne weitere  Abklärungen  vor Ort 
vorzunehmen.  Das  BFM  habe  argumentiert,  es  sei  nicht  ersichtlich, 
weshalb  der Onkel  unwahre  Angaben machen  sollte.  Diesbezüglich  sei 
darauf  hinzuweisen,  dass  dieser  hoffe,  bei  einer  Aufnahme  der 
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Beschwerdeführerin  Geldzahlungen  von  deren  Mutter  zu  erhalten.  Da 
diese  jedoch nicht  zahlungsfähig  sei, würde die Beschwerdeführerin bei 
einer  Rückkehr  nach  Kosovo  wiederum  dieselbe  Situation  vorfinden, 
welcher  sie  durch  Flucht  in  die  Schweiz  habe  entkommen  wollen.  Die 
Beschwerdeführerin  stamme  aus  einer  konservativen  Familie.  Selbst 
wenn sie Arbeit finden sollte, was angesichts der in Kosovo herrschenden 
hohen  Arbeitslosigkeit  insbesondere  für  Frauen  unmöglich  erscheine, 
würde der Onkel  ihr  das Arbeiten verbieten. Dieser wolle nämlich nicht, 
dass sie als junge Frau in einer Bar mit Männern arbeite. Das BFM habe 
die  Zumutbarkeit  einer  Rückkehr  nach  Kosovo  lediglich  anhand  von 
Vermutungen bejaht, welche sich auf die Aussagen des Onkels stützten. 
Es  sei  reine  Spekulation,  wenn  das  BFM  ausführe,  die 
Beschwerdeführerin  könne  von  ihren  Familienangehörigen  finanzielle 
Unterstützung  erwarten.  Vorliegend  sei  keine  ausreichende,  dem 
Einzelfall  der  Beschwerdeführerin  gerechte  Sachverhaltsabklärung 
erfolgt.  Insbesondere  werde  ausser  Acht  gelassen,  dass  die 
Beschwerdeführerin  als  alleinerziehende  Mutter  in  Kosovo  erhebliche 
gesellschaftliche Schwierigkeiten haben würde. 
4.3.  Das  BFM  entgegnet  in  seiner  Vernehmlassung,  es  bestünden  in 
Bezug  auf  die  Glaubwürdigkeit  der  Beschwerdeführerin  erhebliche 
Vorbehalte. Sie habe nämlich erst auf Vorhalt zugegeben, in Deutschland 
verurteilt  worden  zu  sein.  Der  Umstand,  dass  sie  keinerlei 
rechtsgenügliche  Dokumente  eingereicht  habe,  spreche  ebenfalls  nicht 
für  ihre  Glaubwürdigkeit.  Ausserdem  seien  ihre  Aussagen  unglaubhaft. 
Aus  ihren  Vorbringen  anlässlich  des  Asylverfahrens  gehe  nämlich  an 
keiner  Stelle  hervor,  dass  ihr Onkel  sie  aus  dem Haus  geworfen  habe, 
weil  ihre Mutter kein Geld mehr geschickt habe, geschweige denn, dass 
ihr Onkel sie geschlagen habe. Dies habe die Beschwerdeführerin erst in 
ihrer Beschwerde geltend gemacht. Mit Blick auf die Aktenlage sei auch 
nicht nachvollziehbar, weshalb das Verhältnis des Onkels zu den sich in 
Deutschland  und  in  der  Schweiz  aufhaltenden  Angehörigen  der 
Grossfamilie gestört sein sollte, wie dies seitens der Beschwerdeführerin 
behauptet werde. Ihre Aussagen betreffend die Zeit nach dem Aufenthalt 
im  Haus  des  Onkels  seien  im  Übrigen  äusserst  vage  ausgefallen  und 
daher  als  unglaubhaft  zu  qualifizieren.  Unter  den  geltend  gemachten 
Umständen  hätte  die  Beschwerdeführerin  zudem  wohl  kaum  ein  Jahr 
lang  in  Kosovo  ausgeharrt.  Vor  diesem  Hintergrund  gebe  es  umso 
weniger Grund, an den Aussagen des Onkels der Beschwerdeführerin zu 
zweifeln.  Wäre  dieser  der  Familie  der  Beschwerdeführerin  gegenüber 
tatsächlich  derart  negativ  eingestellt,  hätte  er  wohl  kaum  seine 
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Bereitschaft  signalisiert,  seine  Nichte  wieder  bei  sich  aufzunehmen. 
Zudem  überzeuge  die  Erklärung  der  Beschwerdeführerin,  wonach  der 
Onkel  dies  nur  gesagt  habe, weil  er  hoffe,  dadurch Geldzahlungen  von 
der  Mutter  der  Beschwerdeführerin  zu  erhalten,  nicht,  da  dem  Onkel 
bekannt sein müsste, dass die Mutter nicht zahlungsfähig sei, habe doch 
diese  den  Aussagen  der  Beschwerdeführerin  zufolge  bereits  im  Jahr 
2003  ihre  damaligen  Zahlungen  an  den  Onkel  eingestellt.  Im Weiteren 
hätten die traditionell­patriarchalischen Lebensformen seit dem Ende des 
Krieges  im  Jahre  1999  keine  absolute Gültigkeit mehr.  Insbesondere  in 
den  Städten  seien  inzwischen  andere  Lebensmodelle  möglich. 
Ausserdem  sei  davon  auszugehen,  dass  sich  die  Beschwerdeführerin 
durchaus  mit  ihrer  Lebenssituation  arrangieren  könnte,  zumal  sie  nicht 
derart hilflos und gehemmt erscheine. Schliesslich sei festzustellen, dass 
die  Beschwerdeführerin  neben  ihrer Mutter  noch  zahlreiche  weitere,  im 
Ausland  lebende Verwandte  habe,  beispielsweise mehrere Geschwister 
in Deutschland sowie eine Tante  in der Schweiz.  In Situationen wie der 
vorliegenden  könne  eine  gewisse  Solidarität  seitens  der 
Familienangehörigen erwartet werden, selbst wenn diese nicht gesetzlich 
zur  Unterstützung  verpflichtet  seien.  Insgesamt  gehe  das  BFM  davon 
aus, dass die Rückkehr der Beschwerdeführerin nach Kosovo zumutbar 
sei. Es sei ihr unbenommen, bei Bedarf eine individuelle Rückkehrhilfe – 
allenfalls in Form von Mietzinszahlungen – zu beantragen. 
4.4. In der Replik wird entgegnet, bei der Aussage des BFM, wonach die 
absolute  Gültigkeit  traditionell­patriarchalischer  Lebensformen  seit  dem 
Ende des Krieges  im Jahr 1999 nicht mehr gegeben sei, handle es sich 
um eine unbelegte Behauptung. Die Beschwerdeführerin habe bei  ihrem 
Onkel anderes erlebt.  In diesem Zusammenhang sei auch auf die  in der 
Botschaftsantwort  enthaltene  Äusserung  des  Onkels  zu  verweisen, 
wonach  er  nicht  wünsche,  dass  seine  Nichte  in  einer  Bar mit Männern 
arbeite. Es sei  im Übrigen auch nicht ersichtlich, woher die Erkenntnis – 
respektive die Vermutung – des BFM stamme, dass aufgrund veränderter 
gesellschaftlicher  Lebenswirklichkeiten  andere  Lebensmodelle  teilweise 
möglich  seien.  Das  BFM  schlage  der  Beschwerdeführerin  in  der 
Vernehmlassung  sinngemäss  vor,  in  Kosovo  ein  von  ihrer  Familie 
unabhängiges  Leben  zu  führen.  Ein  selbständiges  Leben  abseits 
bisheriger  Traditionen  sei  für  die  Beschwerdeführerin  als  Angehörige 
einer  ethnischen  Minderheit  jedoch  ausgeschlossen.  Zur  Situation  der 
Roma,  Ashkali  und  "Ägypter"  aus  Kosovo  sei  auf  den  Bericht  der 
Schweizerischen  Flüchtlingshilfe  (SFH)  vom  10.  Oktober  2008  zu 
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verweisen.  Schliesslich  sei  anzufügen,  dass  die  Beschwerdeführerin 
mittlerweile im siebten Monat schwanger sei.
5. 
5.1.  Vorab  ist  auf  die  in  der  Beschwerde  vorgebrachte  formelle  Rüge 
einzugehen, wonach das BFM den Anspruch der Beschwerdeführerin auf 
rechtliches  Gehör  verletzt  habe,  indem  ihr  respektive  ihrem 
Rechtsvertreter  vor  Erlass  des  Entscheids  ohne  konkrete  Begründung 
keine  Einsicht  in  den  genauen  Wortlaut  der  Botschaftsanfrage  und  ­
antwort gewährt worden sei. Dazu ist Folgendes festzustellen: Das BFM 
hat  der  Beschwerdeführerin  mit  Verfügung  vom  12.  Januar  2009  die 
Botschaftsanfrage sowie die Botschaftsantwort unter Hinweis auf Art. 27 
Abs.  1  VwVG  nicht  als  solche  offengelegt,  hat  ihr  aber  immerhin  den 
wesentlichen  Inhalt  dieser  Schreiben  zur Kenntnis  gebracht.  Indem das 
BFM in seiner Verfügung vom 12. Januar 2009 auf Art. 27 Abs. 1 Bst. a 
VwVG hingewiesen und dargelegt hat, dass in der Botschaftsanfrage und 
­antwort Angaben enthalten seien, deren Geheimhaltung zur Vermeidung 
einer  missbräuchlichen  Weiterverwendung  im  wesentlichen  öffentlichen 
Interesse  liege,  hat  sie  die  Verweigerung  der  vollumfänglichen 
Akteneinsicht ausreichend begründet. Im Weiteren ist festzustellen, dass 
es gemäss Art. 28 VwVG genügt, wenn die Behörde der Partei vom  für 
die Sache wesentlichen Inhalt des Aktenstückes mündlich oder schriftlich 
Kenntnis gibt,  falls die Einsicht verweigert wird  (vgl. EMARK 1994 Nr. 1 
E. 5b  S. 14).  Ein  Anspruch  auf  Bekanntgabe  des  genauen  Wortlautes 
besteht demnach nicht. Es  liegt somit  im Ermessen der Behörde, ob sie 
im  Falle  einer  Verweigerung  der  vollständigen  Akteneinsicht  ein 
Aktenstück dadurch offenlegt, dass sie der Partei den wesentlichen Inhalt 
(in mündlicher oder schriftlicher Form) bekannt gibt, oder ob sie Einsicht 
gewährt,  indem  sie  der  Partei  das  Aktenstück  unter  Abdeckung  der 
geheim zu haltenden Stellen als solches zur Kenntnis bringt. Nach dem 
Gesagten  liegt  im  vorliegenden  Fall  keine  Verletzung  des 
Akteneinsichtsrechts  vor,  weshalb  keine  Veranlassung  besteht,  die 
angefochtene  Verfügung  wegen  Verletzung  des  Anspruchs  auf 
rechtliches Gehör zu kassieren. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass 
der  Beschwerdeführerin  im  Interesse  der  Transparenz  mit 
Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts  vom 10. März 2009 
die  Botschaftskorrespondenz  in  den  Schranken  von  Art. 27 VwVG 
offengelegt und ihr ausserdem Gelegenheit gewährt wurde, dazu Stellung 
zu nehmen. 
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5.2.  Seitens  der  Beschwerdeführenden  wird  ausserdem  gerügt,  es  sei 
keine  ausreichende  Einzelfallabklärung  erfolgt.  Gemäss  der  von  der 
ehemaligen  Schweizerischen  Asylrekurskommission  (ARK)  entwickelten 
Praxis  –  welche  vom  Bundesverwaltungsgericht  (auch  nach  der 
Erlangung der Unabhängigkeit durch Kosovo im Jahr 2008) für zutreffend 
erachtet  und  daher  weitergeführt  wird  –  muss  bei  der  Prüfung  der 
Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs von albanisch­sprachigen Roma, 
Ashkali  und  "Ägyptern"  nach  Kosovo  in  der  Regel  im  Rahmen  einer 
Einzelfallabklärung  überprüft  werden,  ob  die  Voraussetzungen  für  die 
Zumutbarkeit  im  konkreten  Fall  erfüllt  sind.  Diese  Überprüfung  hat 
anhand bestimmter Kriterien (berufliche Ausbildung, Gesundheitszustand, 
Alter,  wirtschaftliche  Lebensgrundlage,  soziales  respektive 
verwandtschaftliches  Beziehungsnetz)  zu  erfolgen  (vgl.  dazu  BVGE 
2007/10,  mit  weiteren  Hinweisen).  Im  Kassationsurteil  des 
Bundesverwaltungsgerichts  vom  14. Mai  2007  wurde  festgestellt,  dass 
die  vorinstanzliche  Verfügung  vom  30.  Oktober  2006  hinsichtlich  der 
Frage  der  Zumutbarkeit  des  Wegweisungsvollzuges  auf  einem 
unvollständig  festgestellten  Sachverhalt  beruhe,  da  keine  solche 
Einzelfallabklärung vorgenommen worden sei. In der Folge gab das BFM 
mittels  Botschaftsanfrage  vom  8.  Dezember  2008  eine 
Einzelfallabklärung  in  Auftrag.  Dem  Abklärungsergebnis  (vgl. 
Botschaftsbericht  vom  24.  Dezember  2008  sowie  ergänzender  E­Mail­
Verkehr  vom  6. respektive  8.  Januar  2009)  sind  insbesondere 
Informationen zu dem  im Heimatland bestehenden verwandtschaftlichen 
Beziehungsnetz  der  Beschwerdeführerin,  zur  allgemeinen 
Sicherheitslage  im  Herkunftsort  sowie  zu  den  voraussichtlichen 
Lebensverhältnissen  im Falle einer Rückkehr  (namentlich  zur Frage der 
Wohnsituation)  zu  entnehmen.  Damit  genügt  die  durchgeführte 
Einzelfallabklärung den  in BVGE 2007/10  respektive EMARK 2006 Nrn. 
10  und  11  spezifizierten  Anforderungen.  Die  Rüge,  wonach  die 
Einzelfallabklärung  unzureichend  sei,  ist  demnach  unbegründet. 
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführenden kann nun die Frage 
der  Zumutbarkeit  des  Wegweisungsvollzugs  nach  Kosovo  gestützt  auf 
diese  Einzelfallabklärung  (sowie  unter  Einbezug  der  bereits 
vorbestehenden  Akten)  ohne  weiteres  beurteilt  werden.  Der 
rechtserhebliche Sachverhalt ist damit als erstellt zu erachten.
6. 
6.1.  Der  Vollzug  ist  nicht  zulässig,  wenn  völkerrechtliche 
Verpflichtungen  der  Schweiz  einer  Weiterreise  der  Ausländerin  oder 
des  Ausländers  in  den  Heimat­,  Herkunfts­  oder  in  einen  Drittstaat 
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entgegenstehen  (Art.  83  Abs.  3  AuG).  So  darf  keine  Person  in 
irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem 
ihr  Leib,  ihr  Leben  oder  ihre  Freiheit  aus  einem  Grund  nach  Art.  3 
Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in 
ein  solches  Land  gezwungen  zu  werden  (Art.  5  Abs.  1  AsylG;  vgl. 
ebenso  Art.  33  Abs.  1  des  Abkommens  vom  28. Juli  1951  über  die 
Rechtsstellung  der  Flüchtlinge  [FK,  SR  0.142.30]).  Gemäss  Art.  25 
Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft 
vom  18. April  1999  (BV,  SR  101),  Art.  3  des  Übereinkommens  vom 
10. Dezember  1984  gegen  Folter  und  andere  grausame, 
unmenschliche  oder  erniedrigende  Behandlung  oder  Strafe  (FoK, 
SR 0.105) und der Praxis  zu Art.  3 der Konvention  vom 4. November 
1950  zum Schutze  der Menschenrechte  und Grundfreiheiten  (EMRK, 
SR  0.101)  darf  niemand  der  Folter  oder  unmenschlicher  oder 
erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Die  Vorinstanz  wies  in  der  angefochtenen  Verfügung  zutreffend  darauf 
hin,  dass  der  Grundsatz  der  Nichtrückschiebung  nur  Personen  schützt, 
welche die Flüchtlingseigenschaft erfüllen. Da Hinweise auf Ereignisse im 
Sinne von Art. 32 Abs. 2 Bst. f AsylG nicht zumindest glaubhaft gemacht 
wurden (vgl. Verfügung des BFM vom 30. Oktober 2006 sowie Urteil des 
Bundesverwaltungsgerichts D­5455/2006 vom 14. Mai 2007), kann das in 
Art.  5  AsylG  verankerte  Prinzip  des  flüchtlingsrechtlichen  Non­
Refoulements  im vorliegenden Verfahren keine Anwendung  finden. Eine 
Rückkehr  der  Beschwerdeführenden  nach  Kosovo  ist  demnach  unter 
dem Aspekt  von Art.  5 AsylG  rechtmässig. Sodann ergeben sich weder 
aus  den  Aussagen  der  Beschwerdeführerin  noch  aus  den  Akten 
Anhaltspunkte  dafür,  dass  sie  für  den  Fall  einer  Ausschaffung  nach 
Kosovo dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer nach Art. 3 EMRK 
oder  Art.  1  FoK  verbotenen Strafe  oder  Behandlung  ausgesetzt  wären. 
Gemäss  Praxis  des  europäischen  Gerichtshofes  für  Menschenrechte 
(EGMR)  sowie  jener  des  UN­Anti­Folterausschusses  müssten  die 
Beschwerdeführenden eine konkrete Gefahr ("real risk") nachweisen oder 
glaubhaft machen,  dass  ihnen  im  Fall  einer Rückschiebung  Folter  oder 
unmenschliche  Behandlung  drohen  würde  (vgl.  EGMR,  [Grosse 
Kammer], Saadi gegen Italien, Urteil vom 28. Februar 2008, Beschwerde 
Nr.  37201/06,  §§124­127, mit  weiteren Hinweisen).  Aufgrund  der  Akten 
ist  indessen  nicht  davon  auszugehen,  dass  ihnen  im  Falle  einer 
Rückschiebung nach Kosovo eine derartige Gefahr droht. Die allgemeine 
Menschenrechtssituation  in  Kosovo  lässt  den  Wegweisungsvollzug  im 
heutigen Zeitpunkt ebenfalls nicht als unzulässig erscheinen.
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6.2.  Angesichts  der  Tatsache,  dass  die  Beschwerdeführerin  am 
15. Mai  2009  den  Asylsuchenden  J._______  (vgl.  D­1540/2011) 
geheiratet hat, ist an dieser Stelle der Vollständigkeit halber Folgendes 
zu bemerken: Gestützt auf Art. 44 Abs. 1 AsylG sind die Asylbehörden 
verpflichtet, im Rahmen der Anordnung des Wegweisungsvollzugs den 
Grundsatz  der  Einheit  der  Familie  zu  berücksichtigen.  Gemäss  der 
Rechtsprechung zu Art. 44 Abs. 1  in  fine AsylG kommt der Grundsatz 
der  Einheit  der  Familie  allerdings  nur  im  Verhältnis  zu 
Familienangehörigen,  welche  über  den  Status  der  vorläufigen 
Aufnahme  verfügen,  zum  Tragen.  In  diesem  Zusammenhang  kommt 
Art. 44 Abs. 1 AsylG eine Tragweite zu, die über die aus Art. 8 EMRK 
abgeleiteten  Rechtsansprüche  auf  Erteilung  einer 
Aufenthaltsbewilligung hinausgeht, indem die vorläufige Aufnahme des 
einen  Familienmitglieds  in  der  Regel  auch  zur  vorläufigen  Aufnahme 
der anderen Familienangehörigen führt (vgl. dazu EMARK 1995 Nr. 24 
S.  229  ff.,  mit  weiteren  Hinweisen;  dieser  Entscheid  bezieht  sich 
allerdings noch auf Art. 17 Abs. 1 AsylG in der Fassung gemäss Ziff. I 
des  Bundesbeschlusses  vom  22.  Juni  1990  über  das  Asylverfahren 
[AS  1990  938]  bezieht,  welcher  indessen  inhaltlich  Art.  44  Abs.  1 
AsylG entspricht). Für den vorliegenden Fall ist festzustellen, dass der 
Ehemann  respektive  Vater  der  Beschwerdeführenden  in  der  Schweiz 
nicht  vorläufig  aufgenommen  ist;  er  verfügt  lediglich  über  ein 
temporäres Anwesenheitsrecht  gestützt  auf  Art.  42 AsylG,  das  heisst 
er  darf  sich  bis  zum  rechtskräftigen Abschluss  seines Asylverfahrens 
in der Schweiz aufhalten. Demnach können die Beschwerdeführenden 
aus Art. 44 Abs. 1 AsylG nichts zu ihren Gunsten ableiten. Im Übrigen 
wird  die  Beschwerde  von  J._______  mit  datumsgleichem  Urteil 
ebenfalls  abgewiesen  und  der  vom  BFM  angeordnete 
Wegweisungsvollzug nach Kosovo bestätigt, womit der Grundsatz der 
Einheit der Familie faktisch dennoch gewahrt ist.
6.3. Gemäss Art. 83 Abs. 4 AuG kann der Vollzug  für Ausländerinnen 
und  Ausländer  unzumutbar  sein,  wenn  sie  im  Heimat­  oder 
Herkunftsstaat  auf  Grund  von  Situationen  wie  Krieg,  Bürgerkrieg, 
allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. 
Wird  eine  konkrete Gefährdung  festgestellt,  ist  ­  unter  Vorbehalt  von 
Art.  83  Abs.  7  AuG  ­  die  vorläufige  Aufnahme  zu  gewähren  (vgl. 
Botschaft zum Bundesgesetzt über die Ausländerinnen und Ausländer 
vom 8. März 2002, BBl 2002 3818).
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6.3.1.  In  Kosovo  herrscht  im  heutigen  Zeitpunkt  keine  Situation 
allgemeiner  Gewalt,  aufgrund  derer  die  Beschwerdeführenden  bei 
einer  Rückkehr  unweigerlich  einer  konkreten  Gefährdung  ausgesetzt 
würden. Blosse soziale und wirtschaftliche Schwierigkeiten, von denen 
weite Teile der ansässigen Bevölkerung betroffen sind, genügen nicht, 
um  eine  Gefährdung  im  Sinne  von  Art.  83  Abs.  4  AuG  darzustellen 
(vgl.  BVGE 2010/41 E. 8.3.6 S.  591, EMARK 2005 Nr.  24 E.  10.1 S. 
215).
6.3.2. Wie bereits vorstehend erwähnt ist der Vollzug der Wegweisung 
von albanischsprachigen Roma, Ashkali  und  "Ägyptern"  nach Kosovo 
in  der  Regel  zumutbar,  sofern  auf  Grund  einer  Einzelfallabklärung 
feststeht,  dass  bestimmte  Reintegrationskriterien  ­  wie  berufliche 
Ausbildung,  Gesundheitszustand,  Alter,  ausreichende  wirtschaftliche 
Lebensgrundlage  und  Beziehungsnetz  in  Kosovo  ­  erfüllt  sind  (vgl. 
BVGE 2007/10 E. 5.3).
6.3.3.  Die  von  der  Vorinstanz  veranlasste  Einzelfallabklärung 
(Botschaftsbericht  vom  24.  Dezember  2008)  hat  im  Wesentlichen 
ergeben,  dass  es  am  letzten  Wohnsitz  der  Beschwerdeführerin  in 
Kosovo (D._______, Gemeinde Istog) keine Sicherheitsprobleme gebe 
und  sich  namentlich  das  Zusammenleben  zwischen  den  dort 
wohnhaften  "Ägyptern"  und  Ashkali  mit  der  albanischen  Mehrheit 
relativ gut gestalte. Dem Botschaftsbericht  zufolge  lebe  in D._______ 
ein  Onkel  der  Beschwerdeführerin  namens  R.  G.  in  einem  eigenen 
Haus. Neben dem Haus stünden zwei weitere Häuser, welche seinem 
in Deutschland  lebenden Bruder gehörten.  Im einen  lebe ein weiterer 
Bruder. Die Beschwerdeführerin habe vor ihrer Einreise in die Schweiz 
einige  Zeit  bei  R.  G.  und  dessen  Familie  gewohnt.  Zurzeit  lebten  13 
Personen in dem 70m2­grossen Haus. R. G. arbeite ab und zu auf dem 
Bau  oder  in  der  Landwirtschaft  und  habe  nur  ein  kleines 
Erwerbseinkommen.  R.  G.  würde  die  Beschwerdeführerin  bei  deren 
Rückkehr  nach  Kosovo  erneut  bei  sich  aufnehmen,  da  er  dies  als 
seine  familiäre  Pflicht  ansehe.  Daraus  ist  zu  folgern,  dass  die 
Beschwerdeführerin  mit  ihren  beiden  Kindern  grundsätzlich  zu  ihrem 
Onkel  nach  D._______  zurückkehren  könnte,  welcher  sich  um  ihren 
Lebensunterhalt kümmern würde. Das Vorbringen  in der Beschwerde, 
wonach  der  Onkel  der  Vertrauensperson  der  Schweizerischen 
Vertretung  gegenüber  unaufrichtige  Aussagen  gemacht  habe,  ist 
aufgrund  der  Aktenlage  nicht  nachvollziehbar.  Insbesondere  ist  nicht 
ersichtlich,  weshalb  sich  der  Onkel  nur  zum  Schein  bereit  erklären 
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sollte,  die  Beschwerdeführerin  und  ihre  Tochter  wieder  bei  sich 
aufzunehmen, zumal er den Aussagen der Beschwerdeführerin zufolge 
bereits  in  der  Vergangenheit  keine  Geldzahlungen  der  Mutter  der 
Beschwerdeführerin  für  den  Unterhalt  der  Beschwerdeführerin  mehr 
erhalten  hat  und  demzufolge  entgegen  der  in  der  Beschwerde 
geäusserten Theorie kaum nur in der Hoffnung auf erneute Zahlungen 
eingewilligt hätte, die Beschwerdeführerin und  ihre Tochter erneut bei 
sich  aufzunehmen.  Im  Übrigen  bestehen  in  Bezug  auf  die 
Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin Vorbehalte, wie vom BFM  in 
seiner Vernehmlassung vom 24. April 209 zur Recht festgestellt wurde. 
Ob  eine  Rückkehr  der  Beschwerdeführenden  nach  D._______ 
zumutbar  ist  oder  nicht,  muss  indessen  nicht  abschliessend  beurteilt 
werden,  da  die  Beschwerdeführerin  inzwischen  den  Asylsuchenden 
J._______  geheiratet  hat.  Dessen  Asylgesuch  wurde  mit  Verfügung 
des  BFM  vom  4.  Februar  2011  abgewiesen,  und  es  wurden  die 
Wegweisung  sowie  der  Vollzug  angeordnet.  Die  dagegen  gerichtete 
Beschwerde  wird  vom  Bundesverwaltungsgericht  datumsgleich  mit 
dem  vorliegenden  Urteil  abgewiesen  (vgl.  D­1540/2011).  Den 
Beschwerdeführenden ist es ohne weiteres zumutbar, sich zusammen 
mit ihrem Ehemann respektive Vater nach Kosovo zu begeben und an 
dessen  Herkunftsort  K._______  (Gemeinde  Istog)  Wohnsitz  zu 
nehmen.  Somit  wären  sie  bei  einer  Rückkehr  nach  Kosovo  nicht  auf 
sich  alleine  gestellt.  Das  Zusammenleben  zwischen 
Minderheitsangehörigen  und  der  albanischen Mehrheit  ist  dort  relativ 
gut.  Den  Akten  zufolge  kann  J._______  bei  seiner  Rückkehr  nach 
K._______ das leer stehende, praktisch wieder aufgebaute und bereits 
bewohnbare Elternhaus beziehen. Dieses bietet mit einer Wohnfläche 
von  ungefähr  150  m2  auch  für  die  Beschwerdeführenden  genügend 
Platz. Mehrere Verwandte des Ehemannes/Vaters  leben nach wie vor 
in der Gemeinde  Istog und könnten der Familie  (allenfalls  zusammen 
mit  den ebenfalls  in  der Gemeinde  Istog wohnhaften Verwandten der 
Beschwerdeführerin)  bei  der  Wiederintegration  in  Kosovo  behilflich 
sein.  Beim  Ehemann  respektive  Vater  der  Beschwerdeführenden 
handelt  es  sich  um  einen  jungen,  gesunden  Mann  mit  deutschem 
Hauptschulabschluss  und  Arbeitserfahrung  im  Bau  sowie  im 
Aussendienst,  von  dem  grundsätzlich  erwartet  werden  kann,  dass  er 
für den Lebensunterhalt seiner Familie aufkommt. Im Übrigen verfügen 
sowohl  die  Beschwerdeführerin  als  auch  ihr  Ehemann  über  mehrere 
Verwandte  in Deutschland und der Schweiz, welche die  junge Familie 
gegebenenfalls  finanziell  unterstützen  könnten.  An  dieser  Stelle  ist 
zudem auf das Rückkehrhilfeprogramm der Schweiz zu verweisen (vgl. 
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Art.  62  ff.  der  Asylverordnung  2  über  Finanzierungsfragen  vom 
11. August  1999  [AsylV  2,  SR  142.312]).  Die  beiden  Kinder  der 
Beschwerdeführerin  sind  erst  zwei  Jahre  respektive  fünf  Monate  alt, 
weshalb  sie  bei  einem  Umzug  von  der  Schweiz  nach  Kosovo  keine 
Anpassungsschwierigkeiten  haben  dürften.  Auch  die  auf 
Beschwerdeebene  geltend  gemachten  gesundheitlichen  Probleme 
lassen  den  Wegweisungsvollzug  der  Beschwerdeführenden  nicht  als 
unzumutbar  erscheinen.  Dem  eingereichten  Arztbericht  von  Dr.  med. 
A. G. vom 28. Februar 2009 zufolge  leidet die Beschwerdeführerin an 
psychischen Problemen. Sie hat deswegen ein Antidepressivum sowie 
ein  Beruhigungsmittel  erhalten.  Zudem  wurde  sie  angeblich  für  eine 
psychiatrische  Behandlung  in  der  Psychiatrischen  Klinik  L._______ 
angemeldet,  allerdings  wurden  bis  heute  keine  diesbezüglichen 
Unterlagen eingereicht. Deshalb  ist davon auszugehen, dass sich die 
psychische  Befindlichkeit  der  Beschwerdeführerin  inzwischen 
verbessert hat und sie keine weitergehenden Therapien mehr benötigt. 
Im  Übrigen  können  psychische  Erkrankungen  grundsätzlich  auch  in 
Kosovo adäquat behandelt werden. Die übrigen,  im ärztlichen Bericht 
genannten Beschwerden und Diagnosen (u.a. Nikotinabusus, erhöhter 
Alkoholkonsum,  Hallux,  Besenreiservarizen  und  PHS  [eine 
rheumatische  Erkrankung  der  Schulter])  stehen  einer  Rückkehr  nach 
Kosovo  offensichtlich  ebenfalls  nicht  entgegen.  Im 
Beschwerdeverfahren  von  J._______  (vgl.  D­1540/2011)  wird  in  der 
Eingabe  vom  8.  April  2011  ausserdem  vorgebracht,  der  am  _______ 
geborene Sohn C._______  leide an einer angeborenen Pilonidalzyste 
und  müsse  in  den  kommenden  Wochen  operiert  werden.  Dem  in 
diesem  Zusammenhang  eingereichten  ärztlichen  Schreiben  von  Dr. 
med. B. S. vom 27. April 2011 ist zu entnehmen, dass diese Operation 
im  Alter  von  einigen  Monaten  ausgeführt  werde  und  einer 
Nachkontrolle  bedürfe.  Komplikationen  gebe  es  normalerweise  keine. 
Mangels  anderweitiger  Informationen  seitens  der 
Beschwerdeführenden  ist  davon  auszugehen,  dass  dieser  Eingriff 
inzwischen  erfolgreich  und  komplikationslos  erfolgt  ist.  Nötigenfalls 
könnte diese Operation (wie auch die Nachsorge) auch  in einer Klinik 
in Kosovo durchgeführt werden, zumal es sich um einen grundsätzlich 
unkomplizierten,  allgemeinchirurgischen  Eingriff  handelt,  welcher  in 
der Regel ambulant erfolgen kann. 
6.3.4.  Mit  Blick  auf  die  vorstehenden  Erwägungen  bestehen  keine 
konkreten  und  glaubhaften  Anhaltspunkte  dafür,  dass  die 
Beschwerdeführenden  bei  einer  Ausschaffung  nach  Kosovo  in  eine 
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existenzielle  Notlage  geraten  würden,  weshalb  der  Vollzug  der 
Wegweisung dorthin insgesamt als zumutbar zu bezeichnen ist
6.4. Der Vollzug der Wegweisung  ist  schliesslich auch als möglich  im 
Sinne  von  Art.  83  Abs.  2  AuG  zu  bezeichnen,  zumal  es  den 
Beschwerdeführenden obliegt, bei der Beschaffung der für die Einreise 
nach  Kosovo  erforderlichen  Reisedokumente  mitzuwirken  (Art.  8 
Abs. 4 AsylG).
6.5.  Zusammenfassend  ergibt  sich,  dass  die  angefochtene  Verfügung 
Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig und 
vollständig  feststellt  und  angemessen  ist  (Art.  106  AsylG).  Die 
Beschwerde ist demnach abzuweisen.
7. 
Bei  diesem  Ausgang  des  Verfahrens  wären  dessen  Kosten  den 
Beschwerdeführenden  aufzuerlegen  (Art.  63  Abs.  1  VwVG).  Nachdem 
aber  aufgrund  der  Aktenlage  von  ihrer  prozessualen  Bedürftigkeit 
auszugehen  ist  und  die  Beschwerde  nicht  als  aussichtslos  bezeichnet 
werden  konnte,  ist  in  Gutheissung  des  Gesuchs  um  Gewährung  der 
unentgeltlichen Rechtspflege von einer Kostenauflage abzusehen (Art. 65 
Abs. 1 VwVG).
(Dispositiv nächste Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. 
Das Gesuch um Gewährung der  unentgeltlichen Rechtspflege  im Sinne 
von Art. 65 Abs. 1 VwVG wird gutgeheissen.
3. 
Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.
4. 
Dieses  Urteil  geht  an  die  Beschwerdeführenden,  das  BFM  und  die 
zuständige kantonale Behörde.
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Hans Schürch Anna Dürmüller Leibundgut
Versand: