D-123/2009 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 5. Deze...
Karar Dilini Çevir:
D-123/2009 - Abteilung IV - Asyl und Wegweisung - Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 5. Deze...
Abtei lung IV
D-123/2009
{T 0/2}
U r t e i l v o m 7 . A p r i l 2 0 0 9
Einzelrichter Robert Galliker,
mit Zustimmung von Richter Blaise Pagan;
Gerichtsschreiber Matthias Jaggi.
A._______, geboren (...),
Äthiopien,
vertreten durch lic. iur. LL.M. Tarig Hassan,
(...),
Beschwerdeführer,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM), vormals Bundesamt
für Flüchtlinge (BFF),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Asyl und Wegweisung; Verfügung des BFM vom 5. De-
zember 2008 / N (...).
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
D-123/2009
Sachverhalt:
A.
A.a
Der Beschwerdeführer verliess Äthiopien eigenen Angaben zufolge am
14. November 2003 und stellte am 18. November 2003 ein erstes Asyl-
gesuch in der Schweiz. Dabei gab er an, äthiopischer Staatsangehöri-
ger zu sein.
A.b Mit Verfügung vom 26. März 2004 wies das BFF das Asylgesuch
des Beschwerdeführers ab, verfügte gleichzeitig die Wegweisung aus
der Schweiz und ordnete den Vollzug an. Das Bundesamt begründete
seinen Entscheid in der Hauptsache damit, dass die Vorbringen des
Beschwerdeführers den Anforderungen an die Flüchtlingseigenschaft
gemäss Art. 3 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR
142.31) nicht genügen würden. Die Schweizerische Asylrekurskom-
mission (ARK) trat mit Urteil vom 18. Mai 2004 auf die gegen diese
Verfügung gerichtete Beschwerde nicht ein. Für den Inhalt des ersten
Asylverfahrens wird auf die Akten verwiesen.
B.
B.a Mit Schreiben vom 27. Dezember 2006 an das BFM liess der Be-
schwerdeführer in einer als "Wiedererwägungsgesuch" bezeichneten
Eingabe beantragen, es sei wiedererwägungsweise festzustellen, dass
er die Flüchtlingseigenschaft erfülle und es sei ihm Asyl zu gewähren.
Eventualiter sei wiedererwägungsweise die Unzulässigkeit, Unzumut-
barkeit und Unmöglichkeit des Vollzugs der Wegweisung festzustellen
und ihm als Folge davon von Amtes wegen die vorläufige Aufnahme zu
gewähren. Zudem sei dem vorliegenden Gesuch die aufschiebende
Wirkung zu erteilen und der Vollzug der Wegweisung und die Durch-
führung von Vorbereitungshandlungen im Sinne einer vorsorglichen
Massnahme zu sistieren, bis über die aufschiebende Wirkung dieses
Gesuchs entschieden sei.
B.b Zur Begründung des Gesuchs wurde im Wesentlichen ausgeführt,
dass sich seit Ergehen des Rechtsmittelentscheides die tatsächlichen
und rechtlichen Voraussetzungen nachträglich wesentlich verändert
hätten. Der Beschwerdeführer sei Staatsangehöriger von Eritrea, was
sich aus den eingereichten Beweismitteln ergebe. Die eritreische Iden-
tität des Beschwerdeführers werde insbesondere durch die eritreische
Identitätskarte seines Vaters klar belegt. Aufgrund der Tatsache, dass
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sich der Vater des Beschwerdeführers nach seiner Deportation aus
Äthiopien in Eritrea befunden habe, könne ohne weiteres davon
ausgegangen werden, dass die Abstammung des Beschwerdeführers
den Behörden in Eritrea bekannt sei und er in den Militärdienst hätte
einrücken müssen. Insofern bestehe eine natürliche Vermutung dafür
beziehungsweise gehe klar aus den eingereichten Beweismitteln
hervor, dass der Beschwerdeführer Militärdienst hätte leisten müssen.
Damit sei auch klar, dass sich der Beschwerdeführer durch seine
Flucht dem Militärdienst entzogen habe und bei einer Wegweisung
nach Eritrea mit entsprechend scharfen Sanktionen rechnen müsse.
Zudem sei der Beschwerdeführer in der Schweiz der Eritrean
Liberation Front (ELF-RC) beigetreten und habe als deren Mitglied aus
dem Ausland gegen die Regierung in Eritrea opponiert, was ihm im
Fall seiner Rückkehr nach Eritrea zum Verhängnis werden würde.
Überdies sei der Vollzug der Wegweisung unzulässig, unzumutbar und
unmöglich. Für den weiteren Inhalt des Gesuchs wird auf die Akten
verwiesen.
B.c Der Eingabe lagen die folgenden Dokumente bei: Ein Ausweis für
aus Äthiopien vertriebene Eritreer sowie eine Identitätskarte des
Vaters des Beschwerdeführers (beide mit deutscher Übersetzung), ein
in englischer Sprache verfasstes Bestätigungsschreiben der ELF-RC
vom 28. November 2006 bezüglich der Mitgliedschaft des Beschwer-
deführers sowie ein Mitgliederausweis der ELF-RC des Beschwerde-
führers.
C.
Mit Strafbefehl vom 1. April 2007 wurde der Beschwerdeführer wegen
Widerhandlung gegen das Bundesgesetz vom 26. März 1931 über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG, BS 1 121) zu
einer Freiheitsstrafe von drei Monaten unbedingt verurteilt.
D.
Mit Strafbefehl vom 30. Dezember 2007 wurde der Beschwerdeführer
wegen Diebstahls und eines Vergehens gegen das ANAG zu einer
Freiheitsstrafe von 90 Tagen unbedingt verurteilt.
E.
Mit Schreiben vom 14. Januar 2008 ersuchte das BFM die Schweizer
Botschaft in Addis Abeba um Abklärungen hinsichtlich des Be-
schwerdeführers und seiner Familie.
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F.
In der Botschaftsantwort vom 14. März 2008 wurde dem BFM im We-
sentlichen mitgeteilt, dass weder der Beschwerdeführer noch seine
Familie an der vom Beschwerdeführer anlässlich der Anhörungen wäh-
rend des ersten Asylverfahrens angegebenen Adresse in Addis Abeba
gewohnt hätten, und dass die Familie des Beschwerdeführers im Ver-
waltungsbezirk (Kebele) nicht bekannt sei.
G.
Mit Urteil des Bezirksgerichts B._______ vom 22. Mai 2008 wurde der
Beschwerdeführer wegen mehrfachen Diebstahls, einfacher
Körperverletzung und mehrfacher Widerhandlung gegen das
Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und
Ausländer [AuG, SR 142.20]) beziehungsweise das aANAG zu einer
Freiheitsstrafe von acht Monaten unbedingt als Gesamtstrafe
verurteilt.
H.
Die Vorinstanz nahm die Eingabe des Beschwerdeführers vom 27. De-
zember 2006 als zweites Asylgesuch entgegen. Am 24. November
2008 hörte das BFM den Beschwerdeführer in der Strafanstalt
C._______ erneut zu seinen Asylgründen an. Dabei machte er im We-
sentlichen geltend, er habe keine neuen Asylgründe. Er befürchte, bei
einer Rückkehr nach Äthiopien aufgrund seiner eritreischen Staatsan-
gehörigkeit Probleme mit den äthiopischen Behörden und der äthiopi-
schen Bevölkerung zu bekommen. Bezüglich Eritrea brachte er vor,
dass er dieses Land nicht kenne. Zudem würde er bei einer Rückkehr
dorthin vom Militär eingezogen. Hinsichtlich seiner im zweiten Asylge-
such vorgebrachten exilpolitischen Aktivitäten für die ELF-RC machte
er geltend, dass er an keinen Aktionen dieser Organisation teilgenom-
men habe. Im Rahmen der Anhörung wurde dem Beschwerdeführer
zudem das rechtliche Gehör hinsichtlich der Ergebnisse der Bot-
schaftsabklärung gewährt. Bezüglich der weiteren Aussagen wird auf
das Anhörungsprotokoll bei den Akten verwiesen.
I.
I.a Mit Verfügung vom 5. Dezember 2008 - eröffnet am 8. Dezember
2008 - stellte das BFM fest, die Asylvorbringen des Beschwerdefüh-
rers hielten den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit gemäss Art. 7
AsylG nicht stand. Demzufolge verneinte es die Flüchtlingseigenschaft
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des Beschwerdeführers, lehnte das Asylgesuch ab und verfügte die
Wegweisung aus der Schweiz und deren Vollzug.
I.b Das BFM lehnte das Asylgesuch im Wesentlichen mit der
Begründung ab, der Beschwerdeführer habe im ersten Asylverfahren
geltend gemacht, er sei äthiopischer Staatsangehöriger. Er habe
damals angegeben, sein Vater sei Äthiopier gewesen, man habe
jedoch gesagt, er - sein Vater - sei Eritreer. Im Weiteren habe der
Beschwerdeführer dazumal ausgesagt, seine äthiopische Identitäts-
karte habe ihm die Kebele 1998 weggenommen, wohingegen er
anlässlich der Anhörung im zweiten Asylverfahren behauptet habe, er
sei im Besitz von zwei 1998 in Äthiopien ausgestellten Ausweisen
gewesen. Einer der Ausweise sei für in Äthiopien lebende Eritreer
gewesen, der andere für äthiopische Einwohner. Einer der Ausweise
befinde sich jetzt bei ihm zu Hause, den zweiten habe er
weggeworfen. Die Angaben des Beschwerdeführers betreffend seiner
Ausweispapiere seien daher widersprüchlich und unglaubhaft.
Überdies habe der Beschwerdeführer im ersten Asylverfahren in
Bezug auf seine Wohnadresse in Addis Abeba eine andere Aussage
gemacht, als im zweiten Asylverfahren. Die Erklärung des
Beschwerdeführers, wonach er aufgrund von Stress im ersten Asylver-
fahren die falsche Adresse einfach "vorgeplappert" habe, sei als
Schutzbehauptung zu bewerten. Vielmehr würden seine widersprüchli-
chen Aussagen darauf hindeuten, dass er die Asylbehörden zu täu-
schen versuche. Zudem habe der Beschwerdeführer keine Identitäts-
papiere eingereicht, die seine behauptete eritreische Staatsangehörig-
keit belegen würden. Die eritreische Identitätskarte seines Vaters
sowie dessen eritreischer Flüchtlingsausweis vermöchten die geltend
gemachte eritreische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers
nicht nachzuweisen, zumal solche Ausweise auf dem Schwarzmarkt
auch sehr leicht erhältlich seien. Die im zweiten Asylverfahren geltend
gemachte eritreische Staatsangehörigkeit sei daher nicht glaubhaft,
weshalb davon auszugehen sei, er sei äthiopischer Staatsangehöriger.
Da dem Beschwerdeführer die eritreische Staatsangehörigkeit nicht
geglaubt werden könne, sei zu schliessen, dass er den eritreischen
Behörden nicht bekannt sei. Daher habe er wegen der geltend
gemachten Mitgliedschaft bei der ELF-RC keine Nachteile zu
befürchten, zumal er für diese Organisation auch keine Aktivitäten
ausgeübt haben wolle.
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Die Vorinstanz führte im Weiteren aus, der Beschwerdeführer bringe
vor, sich bei einer Rückkehr nach Äthiopien vor Nachteilen seitens der
Behörden und der Bevölkerung zu fürchten. Aufgrund seiner Aussagen
würden jedoch keine konkreten Hinweise auf ihm drohende Nachteile
bei einer Rückkehr nach Äthiopien vorliegen. Vielmehr sei angesichts
der Aktenlage anzunehmen, dass es sich bei seinen Vorbringen ledig-
lich um eine nicht näher konkretisierte Behauptung handle, weshalb
die geltend gemachte Furcht nicht als begründet im Sinne des Asylge-
setzes zu erachten sei. Überdies sei der Vollzug als zulässig, zumutbar
und möglich zu bezeichnen. Für die weitere Begründung wird auf die
vorinstanzliche Verfügung verwiesen.
J.
J.a Mit Beschwerde vom 7. Januar 2009 (Poststempel) an das
Bundesverwaltungsgericht liess der Beschwerdeführer beantragen, die
Verfügung der Vorinstanz sei aufzuheben, er sei als Flüchtling
anzuerkennen und ihm sei Asyl zu gewähren. Eventualiter sei er als
Staatenloser anzuerkennen. Subeventualiter sei die Vorinstanz
anzuweisen, ihm wegen Unzulässigkeit, Unzumutbarkeit beziehungs-
weise Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzugs die vorläufige Aufnah-
me in der Schweiz zu gewähren. Subsubeventualiter sei die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In prozessualer
Hinsicht wurde um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege sowie
um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses ersucht.
J.b Zur Begründung der Beschwerde wurde im Wesentlichen
vorgebracht, dass der eritreische Flüchtlingsausweis des Vaters des
Beschwerdeführers sowie dessen eritreische Identitätskarte erhebliche
Indizien für die behauptete eritreische Herkunft des Beschwerde-
führers darstellen würden. Das Argument der Vorinstanz, wonach die
erwähnten Dokumente auf dem Schwarzmarkt sehr leicht erhältlich
seien, stelle eine unsubstanziierte Pauschalbehauptung dar. Mit Blick
auf die nachgewiesene eritreische Staatsangehörigkeit seines Vaters
müsste der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in sein Herkunfts-
land damit rechnen, als eritreischer Staatsbürger betrachtet und nach
Eritrea ausgewiesen zu werden, wo er wegen seiner langen Ausland-
abwesenheit und seines äthiopischen Hindergrundes pauschal
regiemefeindlicher Aktivitäten verdächtigt und alsylrelevanter Verfol-
gung ausgesetzt würde. Für die weitere Begründung wird auf die
Beschwerdeschrift verwiesen.
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K.
Mit Zwischenverfügung des Instruktionsrichters des Bundesverwal-
tungsgerichts vom 14. Januar 2009 wurde dem Beschwerdeführer mit-
geteilt, dass er den Ausgang des Verfahrens in der Schweiz abwarten
könne. Gleichzeitig wies der Instruktionsrichter die Gesuche des Be-
schwerdeführers um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und
um Verzicht auf Erhebung eines Kostenvorschusses ab und verfügte,
dass der Beschwerdeführer einen Kostenvorschuss von Fr. 600.-- bis
zum 29. Januar 2009 zu bezahlen habe. Der einverlangte Kostenvor-
schuss ging am 21. Januar 2009 ein.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom
17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsge-
richt Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgeset-
zes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG,
SR 172.021). Das BFM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und
ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das
Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt
nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die
Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet in diesem
Bereich endgültig (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesge-
richtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
1.2 Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingereicht. Der Be-
schwerdeführer ist durch die angefochtene Verfügung berührt und hat
ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise
Änderung. Der Beschwerdeführer ist daher zur Einreichung der Be-
schwerde legitimiert (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 Abs. 1, 50 und 52
VwVG). Auf die Beschwerde ist somit - vorbehältlich nachfolgender
Einschränkung - einzutreten.
1.3 Für die Anerkennung der Staatenlosigkeit nach dem Übereinkom-
men vom 28. September 1954 über die Rechtsstellung der Staatenlo-
sen (SR 0.142.40) und die daran anknüpfende Ausstellung von Reise-
dokumenten ist erstinstanzlich das BFM zuständig (vgl. Art. 59 Abs. 1
und Abs. 2 Bst. b sowie Art. 98 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom
16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG, SR
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142.20]; Art. 1 der Verordnung vom 27. Oktober 2004 über die Ausstel-
lung von Reisedokumenten für ausländische Personen [RDV, SR
143.5]; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-1055/2006 vom 23.
Februar 2007 E. 5.2). Da im Falle des Beschwerdeführers kein dies-
bezüglicher erstinstanzlicher Entscheid des BFM vorliegt, der beim
Bundesverwaltungericht angefochten werden könnte, ist auf das
betreffende Begehren mangels funktioneller Zuständigkeit nicht
einzutreten.
2.
Mit Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige
oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 106 Abs. 1 AsylG).
3.
Über offensichtlich unbegründete Beschwerden wird in einzelrichterli-
cher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters bezie-
hungsweise einer zweiten Richterin entschieden (Art. 111 Bst. e
AsylG). Wie nachstehend aufgezeigt, handelt es sich vorliegend um
eine solche, weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu
begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG).
Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde vorliegend auf die Durch-
führung des Schriftenwechsels verzichtet.
4.
4.1 Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen
grundsätzlich Asyl. Als Flüchtling wird eine ausländische Person aner-
kannt, wenn sie in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt
wohnte, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu ei-
ner bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen An-
schauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt ist oder begründete
Furcht hat, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Als ernsthafte
Nachteile gelten namentlich die Gefährdung von Leib, Leben oder
Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen
Druck bewirken; den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung
zu tragen (Art. 3 AsylG).
4.2 Wer um Asyl nachsucht, muss die Flüchtlingseigenschaft nachwei-
sen oder zumindest glaubhaft machen. Diese ist glaubhaft gemacht,
wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrschein-
lichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen,
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die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich wider-
sprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich
auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7
AsylG).
5.
Nach Prüfung der Akten durch das Gericht ist - in Übereinstimmung
mit der Vorinstanz - festzustellen, dass die Vorbringen des Beschwer-
deführers den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit gemäss Art. 7
AsylG nicht standzuhalten vermögen, weshalb diesbezüglich vorab auf
die zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen zu verweisen ist (vgl.
Bst. I). Der Beschwerdeführer hat in Bezug auf seine Ausweispapiere
und seine Wohnadresse widersprüchliche und somit unglaubhafte
Angaben gemacht, weshalb seine persönliche Glaubwürdigkeit in
Frage gestellt ist. Die Ausführungen dazu in der Beschwerde, er habe
anlässlich des ersten Asylverfahrens inkorrekte Angaben gemacht, um
eine Wegweisung nach Äthiopien unter allen Umständen zu
verhindern, sind nicht nachvollziehbar und vermögen das Gericht nicht
zu überzeugen. Auch die Vorbringen des Beschwerdeführers
betreffend das Unvermögen der Einreichung eines Identitätspapieres
bezüglich seiner Person vermögen ebenfalls nicht zu überzeugen,
zumal der Beschwerdeführer Mittel und Wege gefunden hat,
Beweismittel in Bezug auf seinen Vater zu beschaffen.
Aufgrund der unsubstanziierten Vorbringen des Beschwerdeführers ist
übereinstimmend mit der Vorinstanz festzuhalten, dass nicht davon
auszugehen ist, der Beschwerdeführer habe bei einer Rückkehr nach
Äthiopien asylrelevante Nachteile zu befürchten.
Der Beschwerdeführer erfüllt somit die Voraussetzungen zur Zuerken-
nung der Flüchtlingseigenschaft nicht, weshalb die Vorinstanz das
Asylbegehren zu Recht ohne weitere Abklärungen abgelehnt hat. An
diesem Ergebnis vermögen auch die weiteren Ausführungen des
Beschwerdeführers in der Rechtsmittelschrift nichts zu ändern,
weshalb darauf nicht näher eingegangen wird. Da vorliegend der
Sachverhalt genügend erstellt ist, ist das Subsubeventualbegehren
des Beschwerdeführers, wonach die Sache zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen sei, abzuweisen. Dies gilt insbesondere
auch für das Begehren, es sei eine zweite Botschaftsabklärung durch-
zuführen.
Seite 9
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6.
6.1 Lehnt das Bundesamt das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht
ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und
ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Ein-
heit der Familie (Art. 44 Abs. 1 AsylG).
6.2 Der Beschwerdeführer verfügt weder über eine ausländerrechtlic-
he Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung ei-
ner solchen. Die Wegweisung wurde demnach zu Recht angeordnet
(Art. 44 Abs. 1 AsylG; Entscheidungen und Mitteilungen der Schweize-
rischen Asylrekurskommission [EMARK] 2001 Nr. 21).
7.
7.1 Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar
oder nicht möglich, so regelt das Bundesamt das Anwesenheitsver-
hältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Auf-
nahme von Ausländern (Art. 44 Abs. 2 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AuG).
7.2 Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtun-
gen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Auslän-
ders in den Heimat-, Herkunfts- oder in einen Drittstaat entgegenste-
hen (Art. 83 Abs. 3 AuG).
So darf keine Person in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land ge-
zwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus ei-
nem Grund nach Art. 3 Abs. 1 AsylG gefährdet ist oder in dem sie Ge-
fahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden
(Art. 5 Abs. 1 AsylG; vgl. ebenso Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom
28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR
0.142.30]).
Gemäss Art. 25 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen
Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101), Art. 3 des Über-
einkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grau-
same, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
(FoK, SR 0.105) und der Praxis zu Art. 3 der Konvention vom 4. No-
vember 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(EMRK, SR 0.101) darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder
erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
7.3 Die Vorinstanz wies in ihrer angefochtenen Verfügung zutreffend
darauf hin, dass der Grundsatz der Nichtrückschiebung nur Personen
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schützt, die die Flüchtlingseigenschaft erfüllen (vgl. MARIO GATTIKER,
Das Asyl- und Wegweisungsverfahren, 3. Aufl., Bern 1999, S. 89). Da
es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine asylrechtlich erheb-
liche Gefährdung nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, kann das
in Art. 5 AsylG verankerte Prinzip des flüchtlingsrechtlichen Non-Re-
foulements im vorliegenden Verfahren keine Anwendung finden. Eine
Rückkehr des Beschwerdeführers nach Äthiopien ist demnach unter
dem Aspekt von Art. 5 AsylG rechtmässig.
Sodann ergeben sich weder aus den Aussagen des Beschwerdefüh-
rers noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass er für den Fall ei-
ner Ausschaffung nach Äthiopien dort mit beachtlicher Wahrscheinlich-
keit einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder
Behandlung ausgesetzt wäre. Gemäss Praxis des Europäischen Ge-
richtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie jener des UN-Anti-Fol-
terausschusses müsste der Beschwerdeführer eine konkrete Gefahr
("real risk") nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihm im Fall einer
Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung drohen würde
(vgl. EMARK 2001 Nr. 16 S. 122, mit weiteren Hinweisen; EGMR, Ben-
said gegen Grossbritannien, Urteil vom 6. Februar 2001, Recueil des
arrêts et décisions 2001-I, S. 327 ff.). Dies ist ihm nach den vorstehen-
den Erwägungen nicht gelungen. Auch die allgemeine Menschen-
rechtssituation in Äthiopien lässt den Wegweisungsvollzug zum heuti-
gen Zeitpunkt nicht als unzulässig erscheinen. Nach dem Gesagten ist
der Vollzug der Wegweisung sowohl im Sinne der asyl- als auch der
völkerrechtlichen Bestimmungen zulässig.
7.4 Gemäss Art. 83 Abs. 4 AuG kann der Vollzug für Ausländerinnen
und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimat- oder Herkunfts-
staat auf Grund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner
Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine
konkrete Gefährdung festgestellt, ist - unter Vorbehalt von Art. 83
Abs. 7 AuG - die vorläufige Aufnahme zu gewähren (vgl. Botschaft
zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom
8. März 2002, BBl 2002 3818).
7.5 In konstanter Praxis wird von einer grundsätzlichen Zumutbarkeit
des Wegweisungsvollzugs nach Äthiopien ausgegangen (vgl. bereits
EMARK 1998 Nr. 22). Der zweieinhalb Jahre dauernde Grenzkrieg
zwischen Äthiopien und Eritrea wurde im Juni 2000 mit einem von der
Organisation für die Einheit Afrikas (OAU) vermittelten Waffenstillstand
Seite 11
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und einem von beiden Staaten am 12. Dezember 2000 unterzeichne-
ten Friedensabkommen beendet. Trotz Abzugs der UN-Friedenstrup-
pen aus Eritrea im März 2008 und aus Äthiopien im August 2008 ist im
heutigen Zeitpunkt nicht von einem offenen Konflikt im Grenzgebiet
zwischen Äthiopien und Eritrea auszugehen. Insgesamt kann jeden-
falls nicht von einer rechtlich relevanten Verschlechterung der allge-
meinen Lage in Äthiopien gesprochen werden. Bei einer Gesamtwürdi-
gung der aktuellen Situation in Äthiopien bestehen keine Hinweise dar-
auf, dass der junge und offenbar gesunde Beschwerdeführer, welcher
eigenen Angaben zufolge über eine zwölfjährige Schulbildung verfügt,
in Äthiopien einer konkreten Gefährdung im Sinne von Art. 83 Abs. 4
AuG ausgesetzt sein könnte. Es ist ihm zuzumuten, sich erneut in sei-
nem Kulturkreis niederzulassen und dort eine neue Existenz aufzu-
bauen, zumal er über eine langjährige Erfahrung als Taxifahrer verfügt.
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass sich im vorliegenden Verfahren
zusätzliche Abklärungen zur Ermittlung allfälliger Wegwei-
sungsvollzugshindernisse erübrigen, umso mehr, als die Untersu-
chungspflicht der Asylbehörden hinsichtlich Zulässigkeit, Zumutbarkeit
und Möglichkeit des Vollzugs nach Treu und Glauben ihre Grenzen an
der Mitwirkungspflicht der Beschwerde führenden Person findet (Art. 8
AsylG), die im Übrigen auch die Substanziierungslast trägt (Art. 7
AsylG). Der Beschwerdeführer ist indes aufgrund des unglaubhaften
Sachvortrags seiner Mitwirkungs- und Wahrheitspflicht im Rahmen der
Sachverhaltsermittlung nicht nachgekommen, mithin es nicht Aufgabe
der Asylbehörden ist, bei fehlenden Hinweisen seitens des Beschwer-
deführers nach allfälligen Wegweisungshindernissen zu forschen. Da
sich die Angaben des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit sei-
nen Familienverhältnissen in Äthiopien, wonach er seine dort lebenden
Verwandten - ausser seiner Mutter - nicht kenne (act. B 23/15, S. 8),
als unglaubhaft erweisen und er aus Addis Abeba stammt, ist davon
auszugehen, dass er dort nach wie vor über ein tragfähiges Bezie-
hungsnetz verfügt. Zudem sind keine weiteren persönlichen Gründe
ersichtlich, aufgrund derer unter Umständen geschlossen werden
könnte, der Beschwerdeführer gerate im Falle der Rückkehr in eine
existenzbedrohende Situation (vgl. EMARK 2005 Nr. 24 E. 10.1.
S. 215), weshalb der Vollzug der Wegweisung - in Übereinstimmung
mit der Vorinstanz - auch diesbezüglich als zumutbar zu bezeichnen
ist.
Nach Ansicht der Vorinstanz könne im vorliegenden Fall die vorläufige
Aufnahme gestützt auf Art. 83 Abs. 7 Bstn. a und b AuG ohnehin nicht
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verfügt werden, da der Beschwerdeführer mit Urteil des Bezirksge-
richts B._______ vom 22. Mai 2008 zu einer längeren Freiheitsstrafe
verurteilt worden sei beziehungsweise erheblich und widerholt gegen
die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz verstossen
habe. Da - wie soeben dargelegt - der Vollzug der Wegweisung
ohnehin als zumutbar zu erachten ist, kann vorliegend offen bleiben,
ob Art. 83 Abs. 7 Bst. a beziehungsweise b AuG anwendbar ist.
7.6 Schliesslich obliegt es dem Beschwerdeführer, sich bei der zu-
ständigen Vertretung des Heimatstaates die für eine Rückkehr notwen-
digen Reisedokumente zu beschaffen (Art. 8 Abs. 4 AsylG), weshalb
der Vollzug der Wegweisung auch als möglich zu bezeichnen ist
(Art. 83 Abs. 2 AuG).
8.
Insgesamt ist die durch die Vorinstanz verfügte Wegweisung zu bestä-
tigen. Die Vorinstanz hat deren Vollzug zu Recht als zulässig, zumut-
bar und möglich erachtet. Nach dem Gesagten fällt eine Anordnung
der vorläufigen Aufnahme ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1-4 AuG).
9.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung
Bundesrecht nicht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt richtig
und vollständig feststellt und angemessen ist (Art. 106 AsylG). Die Be-
schwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist.
10.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beschwer-
deführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 und 5 VwVG), auf insgesamt Fr.
600.-- festzusetzen (Art. 1-3 des Reglements vom 21. Februar 2008
über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsge-
richt [VGKE, SR 173.320.2]) und mit dem am 21. Januar 2009
geleisteten Kostenvorschuss in derselben Höhe zu verrechnen.
(Dispositiv nächste Seite)
Seite 13
D-123/2009
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt. Dieser Betrag wird mit dem am 21. Januar 2009 vom Be-
schwerdeführer zu Gunsten der Gerichtskasse in der derselben Höhe
geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
3.
Dieses Urteil geht an:
- den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers (Einschreiben)
- das BFM, Abteilung Aufenthalt, mit den Akten Ref.-Nr. N (...) (per
Kurier; in Kopie)
- (...)
Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:
Robert Galliker Matthias Jaggi
Versand:
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