D-1165/2008 - Abteilung IV - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung - Nichteintreten
Karar Dilini Çevir:
D-1165/2008 - Abteilung IV - Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung - Nichteintreten
Abtei lung IV
D-1165/2008/dcl
{T 0/2}
U r t e i l v o m 2 4 . J u n i 2 0 0 8
Einzelrichterin Nina Spälti Giannakitsas,
mit Zustimmung von Richter Hans Schürch,
Gerichtsschreiber Lorenz Mauerhofer.
A._______, geboren _______, Äthiopien,
vertreten durch lic. iur. Daniel Habte,
_______,
Beschwerdeführerin,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung;
Verfügungen des BFM vom 20. Dezember 2007 und
8. Februar 2008 / N _______.
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
D-1165/2008
Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest und erwägt,
dass das BFM mit Verfügung vom 22. Februar 2006 das Asylgesuch
der Beschwerdeführerin vom 27. Oktober 2005 abwies, verbunden mit
der Anordnung der Wegweisung und des Wegweisungsvollzuges,
dass die vormals zuständige Schweizerische Asylrekurskommission
(ARK) mit Urteil vom 21. April 2006 auf eine gegen diesen Entscheid
eingereichte Beschwerde nicht eintrat,
dass sich den Akten keine Hinweise entnehmen lassen, wonach die
Beschwerdeführerin die Schweiz nach dem erfolglosen Durchlaufen
des (ersten) Asylverfahrens verlassen hätte,
dass die Beschwerdeführerin – handelnd durch ihren Rechtsvertreter –
am 5. April 2007 mit einer als „Wiedererwägungsgesuch bzw. neues
Asylgesuch“ bezeichneten Eingabe ans BFM gelangte,
dass sie in ihrer Eingabe die wiedererwägungsweise Feststellung der
Flüchtlingseigenschaft und die Gewährung von Asyl, eventualiter die
Feststellung subjektiver Nachfluchtgründe (nach Art. 54 des Asylgeset-
zes vom 26. Juni 1998 [AsylG, SR 142.31]) und die Gewährung einer
vorläufige Aufnahme als Flüchtling, subeventualiter die wiedererwä-
gungsweise Feststellung der Unzulässigkeit, Unzumutbarkeit und Un-
möglichkeit des Wegweisungsvollzuges und die Anordnung einer vor-
läufige Aufnahme beantragte,
dass sie daneben um Erteilung der aufschiebenden Wirkung des Ge-
suches sowie um Anordnung vollzugshemmender Massnahmen er-
suchte,
dass sie schliesslich – unter Vorlage einer aktuellen Fürsorgebestäti-
gung – um Erlass der Verfahrenskosten sowie um einen Verzicht auf
die Erhebung eines Gebührenvorschusses ersuchte,
dass in der Eingabe – unter Vorlage verschiedener Beweismittel (Fo-
tos, Internet-Berichte und angeblich von der Beschwerdeführerin ver-
fasste Publikationen im Internet) – zur Hauptsache geltend gemacht
wurde, die Beschwerdeführerin habe sich im Kreis der oppositionellen
KINJIT respektive CUDP in massgeblicher Weise exilpolitisch enga-
giert, sie weise ein aussergewöhnliches politisches Profil auf und sie
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habe daher im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien begründete Furcht
vor Verfolgung, womit subjektive Nachfluchtgründe für eine
Anerkennung als Flüchtling vorlägen,
dass das BFM mit Zwischenverfügung vom 24. April 2007 die Eingabe
vom 5. April 2007 als zweites Asylgesuch entgegennahm, wobei das
BFM das Gesuch als von vornherein aussichtslos erkannte und von
der Beschwerdeführerin einen Gebührenvorschuss von Fr. 1'200.-- ein-
verlangte (vgl. dazu Art. 17b Abs. 4 i.V.m Art. 17b Abs. 2 und 3 AsylG),
dass die Beschwerdeführerin – handelnd durch ihren Rechtsvertreter –
gegen diese Zwischenverfügung am 8. Mai 2007 beim Bundesverwal-
tungsgericht Beschwerde einreichte,
dass das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 14. Dezember 2007
auf die Beschwerde – mangels Anfechtbarkeit der auf die Frage der
Vorschusspflicht beschränkten Zwischenverfügung des BFM vom
24. April 2008 – nicht eintrat (vgl. zum Ganzen die Akten; mit Verweis
auf die Praxis gemäss BVGE 2007/18),
dass das BFM mit Zwischenverfügung vom 20. Dezember 2007 das
Verfahren wieder aufnahm und unter Hinweis auf die Aussichtslosigkeit
der Eingabe für den Gebührenvorschuss von Fr.1'200.-- eine neue
Zahlungsfrist ansetzte,
dass gemäss den Akten der vom BFM einverlangte Gebührenvor-
schuss nicht eingezahlt wurde,
dass das BFM in der Folge mit Verfügung vom 8. Februar 2008 (er-
öffnet am 11. Februar 2008) zufolge Nichtbezahlung des Gebührenvor-
schusses auf das zweite Asylgesuch nicht eintrat,
dass das BFM dabei seine Verfügung vom 22. Februar 2006 als
rechtskräftig und vollstreckbar erklärte und festhielt, einer allfälligen
Beschwerde komme keine aufschiebende Wirkung zu,
dass die Beschwerdeführerin – handelnd durch ihren Rechtsvertreter –
mit Eingabe vom 22. Februar 2008 (Poststempel) gegen diesen Ent-
scheid beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde einreichte,
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dass sie zur Hauptsache die Aufhebung der Verfügung vom 8. Februar
2008 und Rückweisung der Sache zwecks Eintreten und materieller
Behandlung ihres Gesuches beantragte,
dass sie ferner um Befreiung von der Kostenvorschusspflicht sowie um
unentgeltliche Prozessführung und -vertretung ersuchte,
dass sie ausserdem um Erteilung der aufschiebenden Wirkung der Be-
schwerde sowie um Anordnung vollzugshemmender Massnahmen er-
suchte,
dass das Bundesverwaltungsgericht mit Zwischenverfügung vom
5. März 2008 vorab festhielt, die Beschwerdeführerin dürfe das Asyl-
verfahren in der Schweiz abwarten und der Beschwerde komme – ent-
gegen den anders lautenden Ausführungen des BFM – von Gesetzes
wegen aufschiebende Wirkung zu (Art. 42 AsylG), da das BFM die Ein-
gabe vom 5. April 2005 als zweites Asylgesuch und damit als ordentli-
ches Rechtsmittel behandelt habe, womit kein Anwendungsfall im Sin-
ne der Bestimmung von Art. 112 AsylG vorliegt,
dass das Bundesverwaltungsgericht dem Gesuch um Erlass der Ver-
fahrenskosten (im Sinne von Art. 65 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom
20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG, SR
172.021]) entsprach, wogegen das Gesuch um unentgeltliche anwaltli-
che Verbeiständung (im Sinne von Art. 65 Abs. 2 VwVG) abgewiesen
wurde,
dass das BFM gleichzeitig zur Vernehmlassung eingeladen wurde
(Art. 57 Abs. 1 VwVG), wobei es – neben den Beschwerdevorbringen –
ausdrücklich auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen
D-1604/2007 vom 15. Februar 2008 hingewiesen wurde (Entscheid zur
Publikation vorgesehen), in welchem sich das Bundesverwaltungsge-
richt zu wesentlichen Punkten in Zusammenhang mit der Anwendung
von Art. 17d AsylG geäussert hatte,
dass das BFM ferner zur Stellungnahme betreffend die Beschwerde-
frist gemäss Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Verfügung im
Verhältnis zu Art. 108 AsylG eingeladen wurde,
dass das BFM in seiner Vernehmlassung vom 17. März 2008 an der
angefochtenen Verfügung festhielt und – ohne auf die vorgenannten
Punkte einzugehen – die Abweisung der Beschwerde beantragte,
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und zieht in Erwägung,
dass das Bundesverwaltungsgericht endgültig über Beschwerden ge-
gen Verfügungen des BFM auf dem Gebiet des Asyls entscheidet
(Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31 - 34 des Verwaltungsgerichtsgesetzes
vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundes-
gerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]),
dass der Entscheid vom 8. Februar 2008, mit welchem auf das zweite
Asylgesuch der Beschwerdeführerin vom 5. April 2007 wegen Nichtbe-
zahlung des einverlangten Gebührenvorschusses nicht eingetreten
wurde, eine Verfügung des BFM im Bereich des Asyls darstellt, welche
mit Beschwerde an das letztinstanzlich zuständige Bundesverwal-
tungsgericht weitergezogen werden kann,
dass das Bundesverwaltungsgericht sich bei der Beurteilung von Be-
schwerden gegen Nichteintretensentscheide in konstanter Praxis auf
die Überprüfung der Frage beschränkt, ob die Vorinstanz zu Recht auf
das Asylgesuch nicht eingetreten ist (vgl. BVGE 2007/8 E. 2.1 S. 73),
dass die Beschwerdeführerin mit dem Nichteintretensentscheid des
BFM vom 8. Februar 2008 sinngemäss auch die Zwischenverfügung
vom 20. Dezember 2007 angefochten hat,
dass diese Zwischenverfügung – mit welcher das BFM die Aussichtslo-
sigkeit des zweiten Asylgesuches festgestellt und die Beschwerdefüh-
rerin unter Fristansetzung und verbunden mit der Androhung des
Nichteintretens im Unterlassungsfall zur Leistung eines Gebührenvor-
schusses aufgefordert hat – zwar nicht selbständig beim Bundesge-
richt anfechtbar ist (vgl. BVGE 2007/18 E. 4.5 S. 218),
dass sich diese Zwischenverfügung jedoch – mit ihren materiellen Er-
wägungen zur Aussichtslosigkeit des Asylgesuchs und der daran ge-
knüpften Gebührenvorschusserhebung – unmittelbar auf den Inhalt der
Endverfügung vom 8. Februar 2008 ausgewirkt hat, weshalb sie zu-
sammen mit Letzterer beim Bundesverwaltungsgericht angefochten
werden kann (vgl. Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 46 Abs. 2 VwVG;
BVGE 2007/18 E. 4.5 S. 218),
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dass in diesem Zeitpunkt gerügt werden kann, das BFM habe es in
Verletzung von Art. 17b AsylG zu Unrecht abgelehnt, die Beschwerde-
führerin von der Bezahlung einer Gebühr zu befreien, beziehungswei-
se es habe zu Unrecht von der Beschwerdeführerin – unter Androhung
des Nichteintretens – einen Gebührenvorschuss eingefordert,
dass auf Beschwerdeebene hinsichtlich dieser Frage somit eine mate-
rielle Prüfung vorzunehmen ist und im Falle der Begründetheit der er-
hobenen Rüge die Beschwerde gutzuheissen, die angefochtene Verfü-
gung aufzuheben und die Sache an das BFM zur Neubeurteilung zu-
rückzuweisen ist,
dass die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeeingabe das Vorlie-
gen einer solchen Konstellation sinngemäss anruft, indem sie darlegt,
aus welchen Gründen ihre Begehren nicht auf den ersten Blick haltlos
seien und einer materiellen Beurteilung bedürfen würden, mithin das
BFM anzuweisen sei, auf ihr zweites Asylgesuch einzutreten,
dass die Beschwerdeführerin am Verfahren vor dem BFM teilgenom-
men hat, durch die Nichteintretensverfügung vom 8. Februar 2008 be-
sonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhe-
bung beziehungsweise Änderung hat (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 48 Abs. 1
VwVG),
dass sie diese drei Teilvoraussetzungen der Beschwerdelegitimation in
gleichem Masse auch in Bezug auf die Zwischenverfügung des BFM
vom 20. Dezember 2007 erfüllt,
dass die Beschwerde innert der vom BFM bezeichneten Rechtsmittel-
frist von 30 Tagen eingereicht wurde (Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 46 Abs. 2,
Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 VwVG),
dass in diesem Zusammenhang anzumerken bleibt, dass sich das
BFM – entgegen der Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts –
zur Frage der vorliegend massgeblichen Beschwerdefristregelung
nicht geäussert hat,
dass bezüglich der Beschwerdefristansetzung im Falle des vorliegen-
den „Nichteintretensentscheides“ zumindest ein gewisser Klärungsbe-
darf besteht (vgl. dazu die revidierte Bestimmung von Art. 108 Abs. 2
AsylG),
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dass jedoch – vor dem Hintergrund der Rechtsmittelbelehrung, aus
welcher der Beschwerdeführerin kein Nachteil erwachsen darf (vgl.
BEATRICE WEBER-DÜRLER, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, Basel
und Frankfurt a.M., S. 168 mit Hinweisen) – in vorliegender Sache auf
diesbezügliche Erwägungen verzichtet werden kann und auf die Be-
schwerde einzutreten ist,
dass vom Bundesverwaltungsgericht in der Zwischenverfügung vom
5. März 2008 festgehalten wurde, dass der Beschwerde von Gesetzes
wegen aufschiebende Wirkung zukommt (Art. 42 AsylG), da das Ge-
such vom 5. April 2007 vom BFM als zweites Asylgesuch behandelt
wurde, was im Übrigen aufgrund der Akten als durchaus sachgerecht
zu bezeichnen ist,
dass es sich demnach beim Gesuch vom 5. April 2007 nicht um ein
ausserordentliches Rechtsmittel oder einen Rechtsbehelf, sondern um
ein Asylgesuch im Sinne von Art. 18 AsylG handelt, welches – im vor-
liegenden Fall – primär nach der Massgabe von Art. 32 Abs. e AsylG
zu beurteilen ist, was zur Folge hat, dass sich die Beschwerdeführerin
während des Verfahrens in der Schweiz aufhalten kann (Art. 42
AsylG),
dass das BFM demnach in seiner Verfügung fehl ging, soweit es unter
Hinweise auf Art. 112 AsylG festhielt, die Einreichung ausserordentli-
cher Rechtsmittel und Rechtsbehelfe hemme den Vollzug nicht, und im
Anschluss daran festhielt, einer allfälligen Beschwerde komme keine
aufschiebende Wirkung zu (vgl. Ziff. 3 des Dispositivs),
dass im asylrechtlichen Beschwerdeverfahren die Verletzung von Bun-
desrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtser-
heblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit gerügt werden
können (vgl. dazu Art. 106 Abs. 1 AsylG),
dass über offensichtlich begründete Beschwerden in einzelrichterlicher
Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungswei-
se einer zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e AsylG),
und es sich – wie nachstehend aufgezeigt – vorliegend um eine solche
handelt, weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu be-
gründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG),
dass die Vernehmlassung des BFM vom 17. März 2008 der Beschwer-
deführerin mit dem vorliegenden Urteil zur Kenntnis gebracht wird,
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nachdem angesichts des Ausgangs des Verfahrens aus prozessökono-
mischen Gründen auf die vorgängige Zustellung zur Stellungnahme
verzichtet werden konnte,
dass das BFM – gemäss der Bestimmung von Art. 17b Abs. 4 i.V.m.
Abs. 1 AsylG – für das betreffende Verfahren eine Gebühr erhebt,
wenn es ein nach rechtskräftigem Abschluss des Asyl- und Wegwei-
sungsverfahrens oder nach Rückzug eines Asylgesuchs von einer
nicht aus ihrem Heimat- oder Herkunftsland in die Schweiz zurückge-
kehrten Person eingereichtes erneutes Asylgesuch ablehnt oder dar-
auf nicht eintritt,
dass das BFM von einer erneut um Asyl ersuchenden Person einen
Gebührenvorschuss in der Höhe der mutmasslichen Verfahrenskosten
verlangen kann, wobei es zu dessen Leistung unter Androhung des
Nichteintretens eine angemessene Frist setzt (Art. 17b Abs. 4 i.V.m.
Abs. 3 AsylG),
dass auf einen solchen Gebührenvorschuss verzichtet wird, wenn die
gesuchstellende Person ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
gestellt hat, bedürftig ist und gleichzeitig ihre Begehren nicht von vorn-
herein aussichtslos erscheinen (Art. 17b Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Bst. a und
Abs. 2 AsylG), oder wenn das Asylgesuch von einer unbegleiteten
minderjährigen Person stammt und zudem nicht von vornherein aus-
sichtslos erscheint (Art. 17b Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Bst. b AsylG),
dass angesichts der vorstehend skizzierten Prozessgeschichte ein
rechtskräftig abgeschlossenes Asyl- und Wegweisungsverfahren vor-
lag, in dessen Folge die Beschwerdeführerin in der Schweiz verblieben
ist, womit für das BFM die Grundvoraussetzung gegeben war, um ei-
nen Gebührenvorschuss in der Höhe der mutmasslichen Verfahren-
skosten zu erheben und das Nichteintreten bei ungenutzter Frist anzu-
drohen (vgl. Art. 17b Abs. 4 i.V.m. 3 AsylG),
dass demnach zu prüfen bleibt, ob nicht Verzichtsgründe im Sinne
Art. 17b Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Bstn. a und b AsylG dem Einverlangen ei-
nes Gebürenvorschusses entgegenstanden,
dass die Beschwerdeführerin mit dem Gesuch um Asyl ein Gesuch um
unentgeltliche Prozessführung stellte und ihre Bedürftigkeit mit der
eingereichten Fürsorgebestätigung vom 3. April 2007 belegte,
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dass sodann – wie nachfolgend aufgezeigt – die vorausgesetzte Aus-
sichtslosigkeit des zweiten Asylgesuchs, entgegen den Ausführungen
des BFM, nicht gegeben war (vgl. Art. 17b Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Bst. a
und Abs. 2 AsylG),
dass sich die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeeingabe zur Be-
gründung der Nichtaussichtslosigkeit des eingereichten zweiten Asyl-
gesuchs auf die Rechtsprechung der ARK im Zusammenhang mit Fol-
geasylgesuchen beruft, welche mit subjektiven Nachfluchtgründen res-
pektive exilpolitischen Tätigkeiten begründet werden (Entscheidungen
und Mitteilungen der ARK [EMARK] 2005 Nr. 2 E. 4.3 S. 16 f. sowie
2006 Nr. 20 E. 3.1 S. 214),
dass sie in Zusammenhang mit dieser Praxis den Schluss zieht, es sei
unzulässig, wenn das BFM über die Aussichtslosigkeit des Asylge-
suchs entscheide, ohne vorgängig eine Anhörung nach Art. 29 und 30
AsylG durchgeführt zu haben,
dass die von der Beschwerdeführerin angerufene Rechtsprechung
– entgegen der von ihr verfolgt Argumentationslinie – jedoch keinen
absoluten Anspruch auf eine erneute Anhörung begründet, mithin die
Feststellung der Aussichtslosigkeit eines neuerlichen Asylgesuchs ins-
besondere dann ohne vorgängige Anhörung im Sinne von Art. 29 und
30 AsylG statthaft ist, wenn bereits in den nach Gesuchseinreichung
bestehenden Akten das offensichtliche Fehlen von Hinweisen auf rele-
vante zwischenzeitliche Ereignisse im Sinne von Art. 32 Abs. 2 Bst. e
AsylG klar erkennbar ist (vgl. hierzu EMARK 2005 Nr. 2 E. 4.3. S. 16 f.,
1998 Nr. 1 E. S. 13; Art. 36 Abs. 1 Bst. b und Abs. 2 AsylG),
dass als aussichtslos Rechtsbegehren gelten, bei denen die Gewinn-
aussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und des-
halb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können,
dass hingegen ein Begehren nicht als aussichtslos gilt, wenn sich Ge-
winnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder
jene nur wenig geringer sind als diese (vgl. BGE 129 I 129 E. 2.3.1
S. 135 f.),
dass das im Gesuch vom 5. April 2007 gestellte Begehren um Fest-
stellung der Flüchtlingseigenschaft zur Hauptsache mit subjektiven
Nachfluchtgründen begründet wurde, namentlich mit einem angeblich
aktiven und exponierten Engagement der Beschwerdeführerin zuguns-
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ten der KINJIT respektive der CUDP, welches sich nicht auf eine blo-
sse Parteimitgliedschaft oder die gelegentliche Teilnahme an De-
monstrationen beschränke,
dass sich die Beschwerdeführerin zur Substanziierung dieses Vorbrin-
gens nicht nur unbelegter, in den Raum gestellter Behauptungen be-
diente, sondern in ihren Ausführungen und insbesondere mit den vor-
gelegten Beweismitteln immerhin eine gewisse Vorstellung davon ver-
mittelte, worin die von ihr geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten
bestehen (neben der Vorlage von Fotos der Beschwerdeführerin wurde
beispielsweise auf Publikationen der Beschwerdeführerin im Internet
verwiesen),
dass gemäss Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts die äthio-
pischen Sicherheitsbehörden die Aktivitäten der jeweiligen Exilgemein-
schaften relativ intensiv überwachen und diese ausserdem in umfang-
reichen elektronischen Datenbanken registrieren,
dass insbesondere seit den Wahlen im Jahr 2005 die Überwachung
der politischen Aktivitäten in der Diaspora erheblich ausgeweitet und
intensiviert wurde, weshalb Grund zur Annahme besteht, diese Daten-
banken enthielten nicht nur Informationen über führende politische Ak-
tivisten in der Diaspora, sondern erfassten auch einfache Mitglieder
und Sympathisanten der Oppositionsparteien und sogar Personen, die
nur zum Zwecke der Information an politischen Veranstaltungen der
Opposition teilgenommen haben,
dass unter diesen Umständen eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit
besteht, die Aktivitäten einer Person, welche im Ausland in der KINJIT
respektive der CUDP tätig war oder auch nur mit diesen sympathisier-
te, würden im Falle ihrer Zwangsrückschaffung spätestens im Kontakt
mit dem äthiopischen Sicherheitsdienst am Flughafen aufgedeckt,
dass Rückkehrende, die nach dem Kenntnisstand der heimatlichen Be-
hörden im Exil für die KINJIT/CUDP tätig waren, mit sehr hoher Wahr-
scheinlichkeit nach ihrer Einreise zumindest zu ihren politischen Aktivi-
täten im Ausland und allgemein zu den Aktivitäten der KINJIT/CUDP in
ihrem Umfeld befragt würden, wobei effektive oder vermutete mangeln-
de Kooperationsbereitschaft sowie allfällige spätere (erneute) politi-
sche Auffälligkeit bei realistischer Einschätzung zur Einleitung weiter-
gehender Verfolgungsmassnahmen führen könnten,
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dass unter diesen Umständen die Frage, ob die Beschwerdeführerin
aufgrund ihrer exilpolitischen Aktivitäten im Falle einer Rückkehr nach
Äthiopien einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsgefahr aus-
gesetzt wäre, einer vertieften Würdigung bedarf,
dass das BFM nach dem Gesagten zu Unrecht die Vorbringen der Be-
schwerdeführerin als aussichtslos bezeichnet und unter Androhung
des Nichteintretens einen Gebührenvorschuss eingefordert hat,
dass das BFM somit – wie von der Beschwerdeführerin beantragt –
auf das Erheben eines Gebührenvorschusses hätte verzichten müssen
(gemäss Art. 17b Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Bst. a und Abs. 2 AsylG),
dass das BFM bei dieser Sachlage zu Unrecht wegen Nichtbezahlens
des Gebührenvorschusses auf das zweite Asylgesuch vom 5. April
2007 nicht eingetreten ist,
dass nach den vorstehenden Erwägungen – in Gutheissung der Be-
schwerde – die angefochtene Verfügung des BFM vom 8. Februar
2008 sowie die Zwischenverfügung des BFM vom 20. Dezember 2007
aufzuheben sind und die Sache zur Fortsetzung des Verfahrens und
Neubeurteilung der Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen ist,
dass bei diesem Ausgang des Verfahrens keine Kosten aufzuerlegen
sind (Art. 63 Abs. 1 und 2 VwVG),
dass die obsiegende Partei Anspruch auf eine Parteientschädigung für
die erwachsenen notwendigen Kosten hat (Art. 7 Abs. 1 des Regle-
ments über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwal-
tungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]),
dass der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin keine Kostennote zu
den Akten gereicht hat, sich der notwendige Vertretungsaufwand auf-
grund der Aktenlage jedoch hinreichend zuverlässig abschätzen lässt,
weshalb die von der Vorinstanz auszurichtende Parteientschädigung
unter Berücksichtigung der massgebenden Bemessungsfaktoren von
Amtes wegen auf Fr. 600.-- festzusetzen ist (Art. 14 Abs. 2 VGKE),
dass sich die Beschwerdeführerin aufgrund des Ausgangs des Be-
schwerdeverfahrens wieder in einem erstinstanzlichen, ordentlichen
Asylverfahren befindet, weshalb ihr gestützt auf Art. 42 AsylG ein Auf-
enthaltsrecht in der Schweiz zusteht, worauf sowohl das BFM als auch
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die zuständige kantonale Behörde nochmals aufmerksam zu machen
sind.
(Dispositiv auf der nächsten Seite)
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen.
2.
Die Verfügung des BFM vom 8. Februar 2008 und die Zwischenverfü-
gung des BFM vom 20. Dezember 2007 werden aufgehoben.
3.
Die Sache wird zur Neubeurteilung an das BFM zurückgewiesen.
4.
Die Beschwerdeführerin respektive Asylgesuchstellerin kann den Aus-
gang des Verfahrens in der Schweiz abwarten.
5.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
6.
Das BFM wird angewiesen, der Beschwerdeführerin eine Parteient-
schädigung von Fr. 600.-- auszurichten.
7.
Dieses Urteil geht an:
- den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin (Einschreiben; Beila-
ge: Vernehmlassung des BFM vom 17. März 2008)
- das BFM, Abteilung Aufenthalt und Rückkehrförderung, mit den Ak-
ten Ref.-Nr. N _______ (per Kurier; in Kopie: Beilage: Foto im Origi-
nal [neues Beweismittel respektive Beschwerdebeilage Nr. 3])
- _______ (in Kopie)
Die Instruktionsrichterin: Der Gerichtsschreiber:
Nina Spälti Giannakitsas Lorenz Mauerhofer
Versand:
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