C-6718/2010 - Abteilung III - Aufsichtsmittel - Aufsichtsrechtliche Massnahmen in der beruflichen ...
Karar Dilini Çevir:
C-6718/2010 - Abteilung III - Aufsichtsmittel - Aufsichtsrechtliche Massnahmen in der beruflichen ...
Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung III
C-6718/2010
Urteil vom 2. Mai 2011
Besetzung Richter Johannes Frölicher (Vorsitz),
Richter Stefan Mesmer, Richter Michael Peterli,
Gerichtsschreiberin Susanne Fankhauser.
Parteien A._______ Vorsorgeeinrichtung,
vertreten durch Rechtsanwalt Hans-Peter Stäger,
Beschwerdeführerin,
gegen
Amt für berufliche Vorsorge und Stiftungen des Kantons
Zürich (BVS), Neumühlequai 10, Postfach, 8090 Zürich,
Vorinstanz.
Gegenstand Aufsichtsrechtliche Massnahmen der beruflichen Vorsorge
(Verfügung vom 12. August 2010).
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Sachverhalt:
A.
Die A._______ Vorsorgeeinrichtung ist eine mit öffentlicher Urkunde vom
12. Dezember 1990 errichtete Stiftung im Sinne von Art. 80 ff. des
Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom 10. Dezember 1907 (ZGB, SR
210) mit Sitz in B._______ (nachfolgend Stiftung oder
Beschwerdeführerin). Sie bezweckt die Berufliche Vorsorge im Rahmen
des BVG und darüber hinaus zur Beseitigung der wirtschaftlichen Folgen
von Alter, Tod und Invalidität sowie in besonderen Notlagen infolge von
Krankheit, Unfall oder Arbeitslosigkeit (act. 1 Beilage [B] 3). Die Stiftung
ist eine registrierte Vorsorgeeinrichtung gemäss Art. 48 Abs. 2 des
Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-,
Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG, SR 831.40) und untersteht
der Aufsicht des Amtes für berufliche Vorsorge und Stiftungen des
Kantons Zürich (nachfolgend Amt oder Vorinstanz).
A.a Mit Schreiben vom 20. November 2008 forderte das Amt die Stiftung
auf, innert 20 Tagen zur aktuellen finanziellen Situation (Deckungsgrad)
per 31. Oktober 2008 und den getroffenen oder geplanten
Sanierungsmassnahmen Stellung zu nehmen. Zur Begründung führte es
aus, gemäss Presseberichten habe die Stiftung im Jahr 2007 die
Altersguthaben der Versicherten mit 5% verzinst und die laufenden
Renten um 1% erhöht. Zudem sollen die Altersguthaben auch im Jahr
2008 höher als gesetzlich vorgeschrieben mit 4% verzinst werden. In der
Jahresrechnung per 31. Dezember 2007 habe die Stiftung jedoch bei den
Wertschwankungsreserven ein Reservedefizit ausgewiesen. Weiter
kündigte das Amt an, nach Eingang und Prüfung der Stellungnahme zur
finanziellen Sicherheit werde die Stiftung aufgefordert, externe
Begutachtungen durch zwei anerkannte Expertenfirmen in Auftrag zu
geben. Schliesslich wird daran erinnert, dass bis zum 25. Januar 2009 ein
versicherungstechnisches Gutachten per 1. Januar 2008 einzureichen sei
(act. 10 B 1).
A.b Die Stiftung nahm mit Schreiben vom 12. Dezember 2008 Stellung
und stellte zunächst klar, dass in den letzten Jahren zwar eine
durchschnittliche Verzinsung von 5% erfolgt sei, im Jahr 2007 die
Altersguthaben – wie in der Jahresrechnung aufgeführt – jedoch mit 4%
verzinst worden seien. Eine Erhöhung der laufenden Renten sei 2007
nicht erfolgt. Zur Aufforderung des Amtes, zur finanziellen Situation
Stellung zu nehmen, wies die Stiftung zunächst darauf hin, dass eine
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Unterdeckung per Ende 2008 grundsätzlich bis Ende Juni 2009 zu
melden sei. Aus dem Schreiben gehe nicht hervor, weshalb in ihrem Fall
eine strengere Meldepflicht bestehe. Die Stiftung verfüge
schätzungsweise über einen Deckungsgrad von 86.9% per 31. Oktober
2008 und von 85.5% per 30. November 2008. Aufgrund der Lage an den
Finanzmärkten müsse damit gerechnet werden, dass per 31. Dezember
2008 ein Deckungsgrad von unter 90% auszuweisen sein werde. Über
allfällige Sanierungsmassnahmen werde der Stiftungsrat beschliessen,
sofern am Bilanzstichtag eine Unterdeckung vorliege. Dabei werde er
auch die Empfehlung des Experten für berufliche Vorsorge (nachfolgend
BV-Experte), welcher die Verzinsung der Sparkapitalien zum
Mindestzinssatz empfohlen hatte, berücksichtigen. Zu der in Aussicht
gestellten Massnahme betreffend Einholen externer Begutachtungen
könne noch nicht Stellung genommen werden, da weder der genaue
Inhalt einer solchen Massnahme noch deren Begründung mitgeteilt
worden seien. Das vom Amt angeforderte versicherungstechnische
Gutachten per 31. Dezember 2007 bzw. 1. Januar 2008 sei mit Schreiben
vom 27. November 2008 eingereicht worden (act. 10 B 2).
A.c Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs (vgl. act. 10 B 5 ff.) erliess
das Amt am 5. März 2009 folgende Verfügung (act. 10 B 10):
"I. Die A._______ Vorsorgeeinrichtung, in B._______, wird angewiesen, ein
versicherungstechnisches Gutachten per 31.12.2008 gemäss Ziff. II bei
dem von ihr gewählten Experten für berufliche Vorsorge in Auftrag zu
geben und bis 30.4.2009 der Aufsichtsbehörde einzureichen.
II. Das versicherungstechnische Gutachten ist nach den Grundsätzen und
Richtlinien für die Pensionsversicherungsexperten sowie den
Fachrichtlinien FRP 1 und 2 der Schweizerischen Kammer der
Pensionskassen-Experten per 31.12.2008 zu erstellen und muss
insbesondere folgende Punkte umfassen:
– Beurteilung der finanziellen Lage der A._______
Vorsorgeeinrichtung per 31.12.2008
– Bestätigung, dass die A._______ Vorsorgeeinrichtung gemäss
Art. 53 Abs. 2 BVG per Bilanzstichtag in der Lage ist, ihre
reglementarischen Verpflichtungen zu erfüllen und dass die
reglementarischen und versicherungstechnischen Bestimmungen
über die Leistungen und die Finanzierung den geltenden
gesetzlichen Vorschriften entsprechen.
– Im Falle einer Unterdeckung gemäss Art. 44 BVV 2 ein
Sanierungskonzept, welches folgende Elemente zwingend zu
berücksichtigen hat: (…)
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III. Nach Eingang und Prüfung des versicherungstechnischen Gutachtens
per 31.12.2008 behält sich die Aufsichtsbehörde das Recht vor, auf
Kosten der A._______ Vorsorgeeinrichtung Second Opinions bei einem
Experten für berufliche Vorsorge als auch bei einem Investment
Consultant (…), beide von der Aufsichtsbehörde bestimmt, einzuholen.
IV. Für den Fall, dass die Second Opinions keine abschliessende
Beurteilung ermöglichen, behält sich die Aufsichtsbehörde das Recht
vor, auf Kosten der A._______ Vorsorgeeinrichtung eine umfassende
Asset & Liability Studie durch einen unabhängigen Anbieter erstellen zu
lassen.
(…)."
Zur Begründung führte das Amt unter anderem aus, bereits per Ende
2007 sei die Risikofähigkeit der Stiftung eingeschränkt gewesen. Der
Stiftungsrat hätte daher frühzeitig eine Situationsanalyse vornehmen und
Massnahmen in die Wege leiten müssen, statt den Bilanzstichtag
abzuwarten. Das Schreiben der Stiftung an die Versicherten vom
15. Dezember 2008 (vgl. act. 1 B 1) stehe im Widerspruch zu den
gegenüber der Aufsichtsbehörde geäusserten Absichten betreffend
Sanierungsmassnahmen und sei irreführend, weil es impliziere, dass
keine Sanierungsmassnahmen erforderlich seien. Es bestünden
erhebliche Zweifel, dass das Führungsorgan der Stiftung seine
Eigenverantwortung frühzeitig wahrnehme, um das finanzielle
Gleichgewicht wieder herzustellen.
A.d Mit Eingabe vom 25. März 2009 hielt die Stiftung fest, sie werde
keine Beschwerde erheben, es sei ihr jedoch unverständlich, weshalb
das Amt eine Verfügung erlassen habe, nachdem sie sich bereit erklärt
habe, den Anordnungen gemäss Ziff. I. und II. auf freiwilliger Basis Folge
zu leisten. Der Verfügung liege jedoch ein weitgehend unrichtiger
Sachverhalt zugrunde, weshalb sie dazu noch einmal Stellung nehme.
Das Führungsorgan der Stiftung sei seinen Führungsaufgaben
vollumfänglich nachgekommen, weshalb kein Anlass für den Erlass einer
aufsichtsrechtlichen Massnahme bestanden habe (act. 10 B 11).
A.e Mit Datum vom 30. April 2009 reichte die Stiftung das
versicherungstechnische Gutachten per 31. Dezember 2008 / 1. Januar
2009, den Sanierungsbericht, das Formular "Meldung Unterdeckung /
Massnahmen" (nachfolgend Meldeformular), die Analyse der finanziellen
Situation des Stiftungsrates und ein Grundlagenpapier "Leistungs- und
Finanzierungspolitik der A._______ Vorsorgeeinrichtung" ein (act. 10
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B 13, vgl. auch B 14 und 17 [betreffend rechtsgültige Unterschrift auf dem
Meldeformular]).
A.f Am 8. Juni 2009 erhielt das Amt den Bericht der Kontrollstelle an den
Stiftungsrat über die Jahresrechnung per 31. Dezember 2008 vom
28. Mai 2009, mit der Empfehlung, die Jahresrechnung zu genehmigen
(act. 10 B 15).
A.g Mit Schreiben vom 3. August 2009 stellte das Amt fest, das mit
Verfügung vom 5. März 2009 angeforderte versicherungstechnische
Gutachten (VTG) sei fristgerecht eingereicht worden. Die in der
Verfügung aufgeführten "Auflagen" seien mehrheitlich erfüllt. Als Mangel
gerügt wurde eine Aktivierung eines Überschusses bei den
Risikobeiträgen im verfügbaren Vermögen, weil dies weder Swiss GAAP
FER 26 noch der Fachrichtlinie FRP 1 entspreche. Durch diese
Aktivierung sei das verfügbare Vermögen um Fr. 100.8 Mio. erhöht
worden. Bei rechtskonformer Berechnung betrage die Unterdeckung
Fr. 573.6 Mio. (nicht 463.1 Mio.) und der Deckungsgrad 78.2% (nicht
82.4%) per 31. Dezember 2008. Das VTG und das Meldeformular seien
entsprechend zu korrigieren und darzulegen, weshalb von den
branchenüblichen Grundsätzen abgewichen worden sei. Im Weiteren sei
ein neues Konzept für Sanierungsmassnahmen einzureichen. Zum
Deckungsgrad per 1. Januar 2009 führte das Amt aus, es werde ein
Mittelzufluss aufgrund von Neuzugängen von 270 Mio. ausgewiesen. Aus
dem VTG sei nicht ersichtlich, ob sich die Neuanschlüsse auch in die
bestehenden Rückstellungen und Reserven eingekauft hätten.
Diesbezüglich sei das VTG zu ergänzen. Die Unterlagen seien innert
60 Tagen einzureichen.
A.h Nach erstreckter Frist nahm die Stiftung am 30. Oktober 2009
Stellung und reichte ergänzende Berichte des BV-Experten
(Stellungnahme zum VTG und Arbeitspapier für den Stiftungsrat, beide
vom 20. Oktober 2009) ein (act. 10 B 20). Der Beitragsbarwert aus der
Überfinanzierung sei Swiss GAAP FER 26-konform in den Passiven
ausgewiesen; eine Aktivierung sei nicht erfolgt. Deshalb sei der
Deckungsgrad von 82.4% per 31. Dezember 2008 korrekt ermittelt
worden. Eine Korrektur des VTG und des Meldeformulars sowie ein
neues Sanierungskonzept seien daher nicht erforderlich. Da die Frage
betreffend Einkauf von Neuanschlüssen nicht zu den Aufgaben des BV-
Experten gehöre, bestehe auch keine Notwendigkeit, das VTG zu
ergänzen. Die Stiftung könne jedoch bestätigen, dass sich
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Neuanschlüsse in die bestehenden Rückstellungen und Reserven
einkaufen müssten, womit die Gleichbehandlung der Versicherten
gewährleistet sei.
A.i Mit Datum vom 25. März 2010 stellte das Amt der Stiftung den
Entwurf einer Verfügung zur Stellungnahme zu, mit welcher die Stiftung
angewiesen werden sollte, bis am 27. August 2010 ein von C._______,
dipl. Versicherungsexperte, c/o D._______ Vorsorge in Zürich, erstelltes
VTG per 31. Dezember 2009 einzureichen (act. 10 B 30 f.).
A.j Nach erstreckter Frist nahm die Stiftung, vertreten durch
Rechtsanwalt Hans-Peter Stäger, mit Datum vom 17. Mai 2010 Stellung
und machte im Wesentlichen geltend, die vom Amt erlassenen
Anordnungen seien als erfüllt zu betrachten und aufsichtsrechtliche
Massnahmen seien nicht angezeigt. Es sei zudem nicht ersichtlich,
weshalb die aufsichtsrechtliche Massnahme für das VTG 2009
angeordnet werde, obwohl die Jahresrechnung und das VTG 2008
beanstandet würden. Weiter rügte sie die Wahl des zu mandatierenden
BV-Experten, weil dieser – als BV-Experte der D._______ – für
verschiedene Sammelstiftungen tätig sei, die direkte Konkurrenten der
A._______ seien. Schliesslich beantragte die Stiftung, allfällige
Differenzen in einem persönlichen Gespräch zu bereinigen, ansonsten
sei ihr vor Erlass einer Verfügung nochmals Gelegenheit zur
Stellungnahme einzuräumen (act. 10 B 38).
A.k Das Amt stellte der Stiftung mit Schreiben vom 22. Juni 2010 einen
weiteren Verfügungsentwurf zu, wonach ein VTG bei BV-Experten der
E._______ AG in Auftrag zugeben sei (act. 10 B 40). Die Stiftung liess
am 5. Juli 2010 erneut Einwände gegen die in Aussicht gestellte
Massnahme vorbringen (act. 10 B 41).
A.l Mit Verfügungsentwurf vom 15. Juli 2010 stellte das Amt der Stiftung
den Entzug der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Beschwerde in
Aussicht (act. 10 B 42 f.). Die Stiftung machte mit Schreiben vom
2. August 2010 geltend, die Voraussetzungen für einen Entzug der
aufschiebenden Wirkung seien nicht erfüllt. Mit der sofortigen
Vollstreckbarkeit der Verfügung würde das Endurteil der
Rechtsmittelinstanz vorweggenommen (act. 10 B 44).
A.m Mit Verfügung vom 12. August 2010 erliess das Amt folgende
Anordnung:
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I. Die A._______ Vorsorgeeinrichtung, in B._______, wird angewiesen,
ein versicherungstechnisches Gutachten per 31. Dezember 2009
gemäss Ziff. II. bei F._______, dipl. Pensionsversicherungsexperte
und G._______, dipl. Pensionsversicherungsexperte, beide c/o
E._______ AG, _______ (nachfolgend: E._______), in Auftrag zu
geben. Das VTG ist bis 30. November 2010 der Aufsichtsbehörde
einzureichen.
Die A._______ Vorsorgeeinrichtung hat der E._______ alle für die
Ausarbeitung des versicherungstechnischen Gutachtens nötigen
Unterlagen zur Verfügung zu stellen / zu übergeben / Einsicht zu
gewähren / Kopien anzufertigen und zuzustellen. (…)
II. Das versicherungstechnische Gutachten per 31. Dezember 2009 ist
nach den Grundsätzen und Richtlinien für die
Pensionsversicherungsexperten sowie nach den Fachrichtlinien FRP
1 und 2 der Schweizerischen Kammer der Pensionskassen-Experten
zu erstellen und hat insbesondere folgende Punkte zu umfassen:
– Versicherungstechnische Bilanz und Deckungsgrad gemäss Art. 44
BVV 2
– Beurteilung der finanziellen Lage der A._______
Vorsorgeeinrichtung per Bilanzstichtag
– Bestätigung, dass die A._______ Vorsorgeeinrichtung gemäss
Art. 53 Abs. 2 BVG per Bilanzstichtag in der Lage ist, ihre
reglementarischen Verpflichtungen zu erfüllen und dass die
reglementarischen und versicherungstechnischen Bestimmungen
über die Leistungen und die Finanzierung den geltenden
gesetzlichen Vorschriften entsprechen.
– Falls die A._______ Vorsorgeeinrichtung per Bilanzstichtag eine
Unterdeckung ausweist: Beurteilung des vom Stiftungsrat
beschlossenen Sanierungskonzeptes unter Berücksichtigung der
folgenden Punkte:
(i) Ursachen, welche zur Unterdeckung geführt haben
(ii) Die getroffenen Sanierungsmassnahmen
(iii) Die künftig zu erwartende Entwicklung des Deckungsgrads
(iv) Offenlegung von nicht oder ungenügend finanzierten
Vorsorgeleistungen
(v) Beurteilung der gebildeten Rückstellungen gemäss Art. 48e
BVV 2 unter Berücksichtigung des gewählten technischen
Zinssatzes sowie der gewählten Umwandlungssätze
(vi) Stellungnahme zur Wirksamkeit von Sanierungsmassnahmen
(vii) Der erwartete Beitrag der künftigen Vermögensrendite zur
Sanierung.
III. Die Erstellung eines versicherungstechnischen Gutachtens durch
einen unabhängigen Experten für berufliche Vorsorge im Sinne von
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Ziffer I. hat keine Auswirkungen auf das Mandatsverhältnis des
aktuellen Experten für berufliche Vorsorge, H._______. Es entlässt
ihn insbesondere nicht aus seiner gesetzlichen Verantwortung als
mandatierter Experte für berufliche Vorsorge der A._______
Vorsorgeeinrichtung.
IV. Die Kosten für die Erstellung des versicherungstechnischen
Gutachtens gemäss Ziffer I. sind von der A._______
Vorsorgeeinrichtung zu übernehmen.
V. Betreffend der Ziffern I. bis IV. des Dispositivs wird dem Lauf der
Beschwerdefrist sowie einer Beschwerde gemäss nachstehender
Ziffer VII. die aufschiebende Wirkung entzogen.
VI. (…)"
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Stiftung und deren
BV-Experte hätten sich – trotz entsprechender Aufforderung – geweigert,
eine rechtskonforme Berechnung des Deckungsgrades vorzunehmen und
die vom Amt geforderten korrigierten Unterlagen (VTG und
Meldeformular) einzureichen. In der Jahresberichterstattung 2009 würden
zwar nun die Bilanzzahlen mit den Zahlen im Anhang der
Jahresrechnung bezüglich Deckungsgrad übereinstimmen. Doch sei in
der Bilanz das Deckungskapital der Aktiven nach wie vor um den
Beitragsbarwert vermindert ausgewiesen. Betreffend Einkauf von
Neuanschlüssen in bestehende Rückstellungen und Reserven wäre es
Aufgabe des BV-Experten gewesen, im VTG festzuhalten, dass (bis zum
1. Januar 2010) keine solche Einkaufspflicht bestanden habe. Die
angeordnete Massnahme sei erforderlich, damit das Amt aufgrund eines
rechtskonform erstellten VTG die finanzielle Sicherheit der Stiftung
beurteilen und in der Folge auch prüfen könne, ob das Führungsorgan
seine Eigenverantwortung hinreichend wahrnehme.
Der Entzug der aufschiebenden Wirkung wird damit begründet, dass die
angeordnete Massnahme nur dann zielführend sei, wenn die aktuelle
Lage der Stiftung umgehend untersucht werde, nicht erst nach Abschluss
eines Rechtsmittelverfahrens.
B.
Mit Datum vom 15. September 2010 liess die Stiftung, vertreten durch
Rechtsanwalt Hans-Peter Stäger, Beschwerde beim
Bundesverwaltungsgericht erheben und – unter Kosten- und
Entschädigungsfolge – die Aufhebung der angefochtenen Verfügung
beantragen. Im Weiteren stellte sie die Rechtsbegehren, es sei die
aufschiebende Wirkung der Beschwerde wieder herzustellen und es sei
ein zweiter Schriftenwechsel durchzuführen (act. 1).
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In formeller Hinsicht machte sie eine Verletzung des Anspruchs auf
rechtliches Gehör geltend, da die Verfügung unzureichend begründet sei
bzw. die Aufsichtsbehörde nicht auf die Vorbringen der
Beschwerdeführerin eingegangen sei. Die Verfügung beruhe zudem auf
einer unrichtigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und
verletze verschiedene Bestimmungen des Berufsvorsorgerechts (bspw.
die gesetzliche Aufgabenteilung gemäss Art. 53 Abs. 2 Bst. a BVG, die
Unabhängigkeit des BV-Experten gemäss Art. 40 BVV 2 sowie Art. 49
und Art. 65 Abs. 1 BVG). Im Weiteren sei die angeordnete Massnahme
unverhältnismässig und das Verhalten der Vorinstanz widersprüchlich.
C.
Der mit Zwischenverfügung vom 23. September 2010 auf Fr. 4'500.-
festgesetzte Kostenvorschuss (act. 2) ging am 22. Oktober 2010 bei der
Gerichtskasse ein (act. 4).
D.
Die Vorinstanz beantragte am 4. November 2010 (act. 8), das Gesuch um
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sei abzuweisen. Weiter
stellte sie den Antrag, es sei auch der Sicherheitsfonds zu einer
Stellungnahme einzuladen.
Zur Begründung verwies sie zunächst auf die angefochtene Verfügung
und führte ergänzend unter anderem aus, für die Beurteilung der
finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtung und des vom Stiftungsrat
beschlossenen Sanierungskonzepts sei die Aufsichtsbehörde auf ein
fachgerecht erstelltes VTG angewiesen. Da aber begründete Zweifel an
der Beurteilung des BV-Experten bestünden, sei die Einholung eines
weiteren VTG erforderlich. Sofern die finanzielle Situation der
Beschwerdeführerin nicht korrekt beurteilt worden sei, bestehe die
Gefahr, dass sich die finanzielle Lage aufgrund unterbliebener
Sanierungsmassnahmen bis zum Abschluss des Rechtsmittelverfahrens
erheblich verschlechtern könne, womit den Versicherten ein nicht
wiedergutzumachender Nachteil entstünde oder allenfalls sogar der
Sicherheitsfonds für entstandene Schäden einstehen müsse.
E.
Auf entsprechende Aufforderungen des Gerichts (vgl. act. 9 und 13)
reichte die Vorinstanz am 29. November 2010 (act. 10) bzw. am
15. Februar 2011 (act. 17) ihre Akten ein.
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F.
In ihrer Vernehmlassung vom 15. Februar 2011 beantragte die
Vorinstanz, die Beschwerde sei unter Kosten- und Entschädigungsfolge
zu Lasten der Beschwerdeführerin abzuweisen, soweit darauf eingetreten
werden könne, und nahm zu den einzelnen Vorbringen der
Beschwerdeführerin Stellung (act. 19).
G.
Die Beschwerdeführerin liess mit Eingabe vom 16. Februar 2011 (act. 20)
folgende Anträge stellen: "1. Es sei der Beschwerdeführerin die bis am
15. Februar 2011 einzureichende Vernehmlassung sowie das
vervollständigte Aktenverzeichnis der Vorinstanz baldmöglichst zur
Kenntnis zu bringen. 2. Es sei der Beschwerdeführerin unter
Fristansetzung (nicht erstreckbar) Gelegenheit zu geben, zur
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sowie zu den von der
Vorinstanz eingereichten Akten eine Vernehmlassung einzureichen.
3. Der Beschwerdeführerin sei nach bzw. mit dem Entscheid über die
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung erneut Frist zur Replik
anzusetzen."
H.
Mit Zwischenverfügung vom 23. Februar 2011 stellte das
Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Beschwerde
wieder her, da die Dringlichkeit, welche einen Entzug der aufschiebenden
Wirkung rechtfertigen würde, nicht ausgewiesen sei. Gleichzeitig hielt das
Gericht jedoch fest, dass der möglichen Gefahr, welche sich durch einen
nicht rechtskonform ermittelten Deckungsgrad ergeben könne, ein
erhebliches Gewicht beizumessen sei, weshalb das Instruktionsverfahren
zu straffen und möglichst schnell ein Sachentscheid zu fällen sei. Weiter
wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, die in den Jahren 2008 /
2009 anwendbaren Reglemente einzureichen (act. 21).
I.
Die Beschwerdeführerin hielt mit Replik vom 17. März 2011 an ihrem
Rechtsbegehren, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben, fest und
reichte verschiedene Reglemente ein (act. 22). Sie kritisierte
insbesondere die Aktenführung der Vorinstanz und nahm zu den
Ausführungen in der Vernehmlassung Stellung.
J.
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien und die eingereichten Akten
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wird, soweit für die Entscheidfindung erforderlich, im Rahmen der
nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt gemäss Art. 74 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die beruflichen Alters-,
Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG, SR 831.40) in Verbindung
mit Art. 31 ff. des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG,
SR 173.32) Beschwerden gegen Verfügungen der Aufsichtsbehörden im
Bereich der beruflichen Vorsorge. Die Vorinstanz hat als BVG-
Aufsichtsbehörde im Sinne von Art. 61 Abs. 1 BVG verfügt, weshalb das
Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde
zuständig ist.
2.
Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem
Verwaltungsverfahrensgesetz, soweit das Verwaltungsgerichtsgesetz
nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).
2.1. Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren
teilgenommen, ist von der angefochtenen Verfügung ohne Zweifel
besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren
Aufhebung oder Änderung (vgl. Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die frist- und
formgerecht (vgl. Art. 50 und Art. 52 VwVG) eingereichte Beschwerde ist,
nachdem auch der Kostenvorschuss rechtzeitig geleistet wurde,
einzutreten.
2.2. Das Bundesverwaltungsgericht prüft gemäss Art. 49 VwVG die
Verletzung von Bundesrecht einschliesslich der Überschreitung oder des
Missbrauchs des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die
Unangemessenheit, wenn nicht eine kantonale Behörde als
Beschwerdeinstanz verfügt hat. Da sich die Kognition in oberer Instanz
nur verengen, nicht aber erweitern kann, gilt es jedoch zu beachten, dass
die Aufsichtstätigkeit im Bereich der beruflichen Vorsorge als
Rechtskontrolle ausgestaltet ist (vgl. ISABELLE VETTER-SCHREIBER,
Berufliche Vorsorge, Kommentar, Zürich 2009 Art. 62 N. 1), weshalb sich
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auch das angerufene Gericht – in Abweichung von Art. 49 Bst. c VwVG –
auf eine Rechtskontrolle zu beschränken hat, soweit Entscheide des
Stiftungsrates zu überprüfen sind (BGE 135 V 382 E. 4.2, Urteil BGer
9C_756/2009 vom 8. Februar 2010 E. 5).
Von der Aufsichtsbehörde gestützt auf Art. 62 BVG erlassene
Massnahmen sind hingegen mit voller Kognition zu prüfen. Dabei hat die
Beschwerdeinstanz aber zu berücksichtigen, dass der Aufsichtsbehörde
bei der Anordnung von Massnahmen ein erheblicher Beurteilungs- bzw.
Ermessensspielraum zusteht, weshalb eine gewisse Zurückhaltung bei
der gerichtlichen Überprüfung geboten ist (vgl. BGE 132 II 144 E. 1.2,
Urteil BGer 2A.395/2002 vom 14. August 2003 E. 2.1, VETTER-
SCHREIBER, a.a.O., Art. 62 N. 7).
3.
In formeller Hinsicht rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des
Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung
der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR
101]).
3.1. Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör dient
einerseits der Sachverhaltsaufklärung und stellt andererseits zugleich ein
persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht der Parteien dar. Der
Anspruch umfasst insbesondere deren Recht, sich vor Erlass des in ihre
Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zur Sache zu äussern,
erhebliche Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit
erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung
wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum
Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu
beeinflussen (BGE 132 V 368 E. 3.1 mit Hinweisen).
3.1.1. Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die
Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung
Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung
berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren
Entscheid zu begründen (BGE 134 I 83 E. 4.1 mit Hinweisen).
3.1.2. Nach der Rechtsprechung ist es nicht erforderlich, dass sich die
Behörde mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und
jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich
auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die
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Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die
Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis
der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne
müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen
sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt
(BGE 134 I 83 E. 4.1, BGE 135 III 513 E. 3.6.5). Die Behörde hat ihre
Überlegungen der Partei gegenüber namhaft zu machen und sich dabei
ausdrücklich mit den (entscheidwesentlichen) Einwänden
auseinanderzusetzen oder aber zumindest die Gründe anzugeben,
weshalb sie gewisse Gesichtspunkte nicht berücksichtigen kann (Urteil
BGer 8C_40/2010 vom 5. März 2010 E. 3.2 mit Hinweisen).
3.2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur. Dessen
Verletzung führt grundsätzlich ungeachtet der Erfolgsaussichten der
Beschwerde in der Sache selbst zur Aufhebung der angefochtenen
Verfügung (BGE 132 V 387 E. 5.1, BGE 127 V 431 E. 3d/aa). Nach der
Rechtsprechung kann eine – nicht besonders schwerwiegende –
Verletzung des rechtlichen Gehörs ausnahmsweise als geheilt gelten,
wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer
Beschwerdeinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie die
Rechtslage frei überprüfen kann (BGE 127 V 431 E. 3d/aa). Von einer
Rückweisung der Sache an die Verwaltung ist selbst bei einer
schwerwiegenden Verletzung des rechtlichen Gehörs dann abzusehen,
wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und
damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der
Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer
beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (BGE
132 V 387 E. 5.1 mit Hinweis, vgl. auch BGE 133 I 201 E. 2.2).
Die ausnahmsweise Heilung einer Verletzung der Begründungspflicht
setzt zudem voraus, dass entweder die Rechtsmittelbehörde eine
hinreichende Begründung liefert oder die unterinstanzliche Behörde
anlässlich der Anfechtung ihres Entscheides eine genügende
Begründung nachgeschoben hat, etwa in der Vernehmlassung (vgl. Urteil
BVGer A-5466/2008 vom 3. Juni 2009 E. 2.1.4 mit Hinweisen, Urteil
BVGer C-676/2008 vom 21. Juli 2009 E. 3.2; BERNHARD WALDMANN/JÖRG
BICKEL, in: Praxiskommentar VwVG, Art. 29 N. 118).
3.3. Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, die angefochtene
Verfügung sei mangelhaft begründet. Die Vorinstanz habe – trotz
entsprechender Vorbringen im Rahmen der Anhörung – nicht dargelegt,
C-6718/2010
Seite 14
weshalb die Berechnung des Deckungsgrades (insbesondere der Abzug
des Beitragsbarwertes Aktive vom Deckungskapital Aktive) rechtswidrig
sein soll; der pauschale Verweis auf Swiss GAAP FER 26 genüge nicht.
Zudem habe die Vorinstanz die Einholung eines VTG per 31. Dezember
2009 angeordnet, ohne den vom BV-Experten erstellten Bericht zur
versicherungstechnischen Prüfung (per 31. Dezember 2009 / 1. Januar
2010) vom 28. Juni 2010 in die Beurteilung einzubeziehen.
3.3.1. Vorab ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin mehrmals
Gelegenheit hatte, sich zur angeordneten Massnahme zu äussern. Ein
wesentlicher Streitpunkt zwischen dem Amt und der Stiftung war im
Verlaufe des Verfahrens, dass nach Ansicht der Aufsichtsbehörde eine
gemäss Art. 44 BVV 2 (bzw. Swiss GAAP FER 26) nicht zulässige
Aktivierung des Beitragsbarwertes (Aktive) vorgenommen wurde, die
Stiftung hingegen bestritt, dass die von ihr angewendeten Methoden
unzulässig seien (vgl. vorne A.g ff.). Eine sachgerechte Anfechtung war
somit ohne Weiteres möglich. Dass die Vorinstanz keine die
Beschwerdeführerin überzeugende Gründe angeführt hat, weshalb bei
der Berechnung des Deckungsgrades gemäss Art. 44 BVV 2 eine
Reduktion des notwendigen Vorsorgekapitals um den Beitragsbarwert
nicht zulässig sei, stellt keine Verletzung der Begründungspflicht dar. Im
Übrigen hat die Beschwerdeführerin in ihren Stellungnahmen keine
(entscheidwesentlichen) Einwände zur Deckungsgradberechnung
gemäss Art. 44 BVV 2 vorgebracht, auf welche die Vorinstanz nicht
eingegangen wäre.
3.3.2. Zur Begründung, weshalb ein VTG per Ende 2009 – und nicht wie
ursprünglich vorgesehen per Ende 2008 – verlangt wurde, wird in der
angefochtenen Verfügung im Wesentlichen auf die (lange)
Verfahrensdauer verwiesen. Ob die Vorinstanz den vom BV-Experten
erstellten Bericht zur versicherungstechnischen Prüfung (per
31. Dezember 2009 / 1. Januar 2010) vom 28. Juni 2010 in ihre
Beurteilung einbezogen hat, geht aus den Ausführungen nicht hervor. Es
wird jedoch auf die Jahresberichterstattung 2009 verwiesen, wonach in
der Bilanz weiterhin das Deckungskapital der Aktiven um den
Beitragsbarwert vermindert ausgewiesen werde. In der Vernehmlassung
führt die Vorinstanz weiter aus, die Zweifel an der Korrektheit des VTG
per Ende 2008 und der darauf gestützten Beurteilung der finanziellen
Sicherheit der Beschwerdeführerin hätten nicht ausgeräumt werden
können und bestünden daher auch hinsichtlich des per Ende 2009
erstellten VTG. Im Hinblick auf den Erlass der angefochtenen Verfügung
C-6718/2010
Seite 15
sei das VTG per Ende 2009 nicht berücksichtigt worden. Grundsätzlich
wäre sowohl per Ende 2008 als auch per Ende 2009 ein – von einem
unabhängigen Experten erstelltes – VTG einzuholen gewesen. Aufgrund
des Zeitablaufs sei dann aber darauf verzichtet worden, auch per Ende
2008 ein neues VTG einzufordern (act. 19 Rz. 40). Ob ein solches
Vorgehen rechtskonform ist, wird im Rahmen der materiellen Prüfung zu
entscheiden sein. Soweit die Begründung in der angefochtenen
Verfügung unzureichend war, kann der Mangel aufgrund der
Ausführungen in der Vernehmlassung als geheilt gelten.
3.4. Zu prüfen bleibt die von der Beschwerdeführerin replikweise
beanstandete Aktenführung der Vorinstanz.
3.4.1. Die Aktenführungspflicht der Verwaltungsbehörden ergibt sich aus
dem Untersuchungsgrundsatz (PATRICK L. KRAUSKOPF/KATRIN
EMMENEGGER, in: Praxiskommentar VwVG, Waldmann/Weissenberger
[Hrsg.], Zürich 2009 [nachfolgend: Praxiskommentar VwVG], Art. 12
N. 42) und ist zugleich Voraussetzung für die Wahrnehmung der aus dem
Anspruch auf rechtliches Gehör fliessenden Garantie des
Akteneinsichtsrechts (vgl. BGE 130 II 473 E. 4.1, BGE 124 V 372 E. 3b;
BERNHARD WALDMANN/ MAGNUS OESCHGER, Praxiskommentar VwVG, Art.
26 N. 34). Grundlage eines effektiven Akteneinsichtsrechts ist eine
geordnete und übersichtliche Aktenführung, weshalb Behörden und
Gerichte verpflichtet sind, die Vollständigkeit der im Verfahren
eingebrachten und erstellten Akten sicherzustellen (Urteil BGer
8C_319/2010 vom 15. Dezember 2010 E. 2.2 mit Hinweisen).
3.4.2. Im soeben erwähnten Urteil hat das Bundesgericht die
Anforderungen an eine systematische Aktenführung, welche sich aus
Art. 12 und Art. 26 VwVG ergeben, wie folgt zusammengefasst: Die
Behörde hat alles in den Akten festzuhalten, was zur Sache gehört und
entscheidwesentlich sein kann. Ferner sind die Unterlagen von Beginn
weg in chronologischer Reihenfolge abzulegen; bei Vorliegen eines
Gesuchs um Akteneinsicht und spätestens im Zeitpunkt des Entscheids
ist das Dossier zudem durchgehend zu paginieren. Sodann ist in der
Regel ein Aktenverzeichnis zu erstellen (anders für die Gerichte),
welches eine chronologische Auflistung sämtlicher in einem Verfahren
gemachter Eingaben zu enthalten hat. Es besteht im Detail aus einer
Laufnummer, der Anzahl Seiten jedes erfassten Dokumentes, dem
Eingangsdatum des Dokumentes, einer Dokumenten-ID sowie einer
kurzen Beschreibung der Dokumentart oder dessen Inhalts (Urteil BGer
C-6718/2010
Seite 16
8C_319/2010 vom 15. Dezember 2010 E. 2.2 mit Hinweisen auf Literatur
und Rechtsprechung).
3.4.3. Mit Verfügung vom 12. November 2010 forderte das
Bundesverwaltungsgericht die Vorinstanz auf, bis zum 29. November
2010 ihre Akten einzureichen. Dieser Aufforderung kam die Vorinstanz
insofern nach, als sie mit Eingabe vom 29. November 2010 einen Ordner
mit Act. 1 bis 48 einreichte (act. 10). Mit Zwischenverfügung vom
28. Januar 2011 stellte das Gericht fest, dass die Akten offensichtlich
unvollständig seien, und forderte die Aufsichtsbehörde erneut auf, die
vollständigen, seit 1. Januar 2007 erfassten Akten (nummeriert und in
einem Aktenverzeichnis aufgenommen) betreffend Aufsicht über die
Beschwerdeführerin einzureichen. Weiter wurde darauf hingewiesen,
dass die einzureichenden Akten insbesondere auch alle in den Jahren
2008 / 2009 anwendbaren Reglemente sowie die ab 2007 der
Aufsichtsbehörde zur Prüfung vorgelegten Reglemente zu enthalten
hätten (act. 13). Am 15. Februar 2011 reichte die Vorinstanz zwei Ordner
mit Act. 1 bis 25 ein. Die Akten sind weder durchgehend paginiert, noch
chronologisch geordnet. Aus dem dazu erstellten Aktenverzeichnis ist nur
zum Teil ersichtlich, was unter einer Nummer abgelegt wurde. So enthält
beispielsweise Act. 4 (Berichterstattung 2009) den Bericht Follow-up vom
11. Mai 2010 des BV-Experten betreffend Unterdeckung per
31. Dezember 2009 (welchen die Beschwerdeführerin als in den Akten
fehlend rügt). Act. 6 enthält gemäss Aktenverzeichnis die
"Berichterstattung 2007 und div. Unterlagen". Zu diesen "diversen
Unterlagen" gehört beispielsweise der Bericht zur
versicherungstechnischen Prüfung des BV-Experten vom Oktober 2008,
ein Schreiben der Beschwerdeführerin vom 20. Februar 2009 betreffend
Erinnerungsschreiben des Amtes vom 2. Februar 2009 (soweit ersichtlich
nicht in den Akten) sowie die Anmerkungen zur Berichterstattung 2007
des Amtes (mit Festsetzung der Aufsichtsgebühr) vom 17. Oktober 2008.
Die Rüge der Beschwerdeführerin, das Aktenverzeichnis sei
unvollständig und nicht nachvollziehbar, ist daher berechtigt. Zudem lässt
sich nicht überprüfen, ob bzw. welche Akten fehlen. Das Gericht hat
weiter bemerkt, dass gewisse Dokumente nicht vollständig kopiert
wurden (vgl. fehlende letzte Seite des VTG per 31. Dezember
2008 / 1. Januar 2009; vollständiges Exemplar bei Beschwerdebeilagen
[act. 1 B 12]).
3.5. Zu beurteilen bleiben die Folgen der festgestellten
Aktenführungspflichtverletzung.
C-6718/2010
Seite 17
3.5.1. Zu berücksichtigen ist zunächst, dass es vorliegend um eine
Aufsichtstätigkeit geht und die Akten im Wesentlichen aus den von der
Vorsorgeeinrichtung eingereichten Unterlagen bestehen. Dem
Akteneinsichtsrecht – und entsprechend der Aktenführungspflicht –
kommt dann eine besondere Bedeutung zu, wenn die Behörde zur
Sachverhaltsfeststellung selber Beweismittel im Sinne von Art. 12 VwVG
produziert oder von Dritten erstellte Unterlagen beizieht. Die Behörde darf
sich bei ihrem Entscheid grundsätzlich nicht auf Akten stützen, von
welchen die betroffene Partei keine Kenntnis hat (vgl. BGE 132 V 387
E. 3 mit Hinweisen). Soweit die Akten lediglich aus den von der Partei
eingereichten Unterlagen sowie Korrespondenz zwischen Partei und
Behörde besteht, kommt dem Akteneinsichtsrecht demnach eine
geringere Bedeutung zu. Entscheidend ist jedoch, dass die Behörde alle
entscheiderheblichen Unterlagen berücksichtigt und sich nicht auf Akten
stützt, von welchen die Partei keine Kenntnis hatte.
3.5.2. Weiter gilt es zu beachten, dass die Aufhebung einer Verfügung
aus formellen Gründen regelmässig zu einer Verfahrensverzögerung
führt. Im Bereich der BVG-Aufsicht – insbesondere bei von der
Aufsichtsbehörde angeordneten Aufsichtsmassnahmen – kann eine
solche Verzögerung dazu führen, dass erforderliche Massnahmen nicht
rechtzeitig getroffen oder umgesetzt werden können und den
Versicherten daraus ein Schaden entsteht. Daher kann nicht nur das
Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der
Sache einer Rückweisung entgegenstehen (vgl. vorne E. 3.2), sondern
insbesondere auch das Interesse der betroffenen
Versichertengemeinschaft.
3.5.3. Angesichts der dargelegten Umstände ist von einer Rückweisung
aus formellen Gründen abzusehen. Wie sich aus den nachfolgenden
Erwägungen ergibt, lässt sich der angefochtene Entscheid aufgrund der
vorliegenden und der Beschwerdeführerin selbstverständlich bekannten
(bzw. in der Regel von ihr auch im Beschwerdeverfahren eingereichten)
Akten beurteilen. Der im vorliegenden Fall angezeigte Verzicht auf eine
Rückweisung entbindet die Aufsichtsbehörde indessen nicht von ihrer
Pflicht zur systematischen Aktenführung.
4.
In materieller Hinsicht ist streitig, ob die Vorinstanz zu Recht angeordnet
hat, die Beschwerdeführerin habe bei zwei – von der Aufsichtsbehörde
bestimmten – BV-Experten ein VTG per 31. Dezember 2009 einzuholen.
C-6718/2010
Seite 18
4.1. Gemäss Art. 62 Abs. 1 BVG (in Verbindung mit Abs. 2 und Art. 84
Abs. 2 ZGB) hat die Aufsichtsbehörde darüber zu wachen, dass die
Vorsorgeeinrichtung die gesetzlichen und statutarischen Vorschriften
einhält und dass das Stiftungsvermögen seinem Zweck gemäss
verwendet wird, indem sie insbesondere die Übereinstimmung der
reglementarischen Bestimmungen mit den gesetzlichen Vorschriften
(einschliesslich Normen auf Verordnungsstufe) prüft (Bst. a), von den
Vorsorgeeinrichtungen periodisch Berichterstattung fordert, namentlich
über die Geschäftstätigkeit (Bst. b), Einsicht in die Berichte der
Kontrollstelle und des Experten für berufliche Vorsorge nimmt (Bst. c), die
Massnahmen zur Behebung von Mängeln trifft (Bst. d) sowie
Streitigkeiten betreffend das Recht der versicherten Person auf
Information beurteilt (Bst. e).
4.1.1. Die Aufsichtsbehörde verfügt über weitreichende Kompetenzen
präventiver und repressiver Art (BGE 126 III 499 E. 3a). Die präventiven
Aufsichtsmittel sind darauf ausgelegt, gesetzes- und statutenwidriges
Verhalten der Vorsorgeeinrichtung durch eine laufende Kontrolle ihrer
Geschäftstätigkeit zu verhindern. Mittels des repressiven Handelns soll
der rechtmässige Zustand wieder hergestellt werden (BVGE 2009/22
E. 3.2.1). Für die Anordnung von präventiven und repressiven
Massnahmen gelten wie für Verwaltungsmassnahmen schlechthin die
Grundsätze der Verhältnismässigkeit und der Subsidiarität (Urteil BGer
5A_274/2008 vom 19. Januar 2009 E. 5.1).
4.1.2. Die präventiven Aufsichtsmittel sind weitgehend gesetzlich geregelt
(vgl. Art. 62 Abs. 1 Bst. a-c BVG). Zu den repressiven Aufsichtsmitteln
gehören namentlich die Mahnung pflichtvergessener Organe, das Erteilen
von Weisungen oder Auflagen, die Aufhebung und Änderung von
Entscheiden oder Erlassen der Stiftungsorgane (siehe BVGE 2009/22
E. 3.2.1), die Abberufung und Neueinsetzung von Stiftungsorganen und
Liquidatoren, die Ersatzvornahme durch Dritte auf Kosten der Stiftung
oder die Einsetzung eines Beistandes (vgl. dazu BGE 126 III 499 E. 3)
oder eines interimistischen Stiftungsrates unter gleichzeitiger Enthebung
des ordentlichen Stiftungsrates. Diese Aufzählung ist nicht abschliessend.
Die Kantone können die Aufsichtsmittel in ihren kantonalen
Ausführungserlassen regeln (Urteil BVGer C-6709/2007 vom 23. Oktober
2009 E. 4.1 mit Hinweisen). Von dieser Befugnis hat der Regierungsrat
des Kantons Zürich keinen Gebrauch gemacht (vgl. Verordnung über die
berufliche Vorsorge und das Stiftungswesen vom 19. Juli 2000 [LS
831.4]).
C-6718/2010
Seite 19
4.1.3. Gestützt auf Art. 62 Abs. 1 Bst. d BVG kann die Aufsichtsbehörde
grundsätzlich auch die Erstellung von Berichten oder Berechnungen
fordern (Urteil BGer 9C_846/2009 vom 5. Februar 2010 E. 4.1).
Demgegenüber greift eine Anordnung, als präventive Massnahme, es sei
bereits nach zwei statt nach drei Jahren eine versicherungstechnische
Bilanz einzureichen, obwohl die finanzielle Situation dies in keiner Weise
gebietet, in unzulässiger Weise in den Autonomiebereich einer
Vorsorgeeinrichtung ein (Urteil BVGer C-4825/2007 vom 21. Februar
2008 E. 6.3).
4.2. Die Vorsorgeeinrichtungen müssen jederzeit Sicherheit dafür bieten,
dass sie die übernommenen Verpflichtungen erfüllen können (Art. 65
Abs. 1 BVG).
4.2.1. Gemäss Art. 65c Abs. 1 BVG ist eine zeitlich begrenzte
Unterdeckung und damit eine zeitlich begrenzte Abweichung vom
Grundsatz der jederzeitigen Sicherheit nach Art. 65 Abs. 1 zulässig, wenn
sichergestellt ist, dass die Leistungen im Rahmen dieses Gesetzes bei
Fälligkeit erbracht werden können und die Vorsorgeeinrichtung
Massnahmen ergreift, um die Unterdeckung in einer angemessenen Frist
zu beheben. Eine Unterdeckung besteht, wenn am Bilanzstichtag das
nach anerkannten Grundsätzen durch den BV-Experten berechnete
versicherungstechnisch notwendige Vorsorgekapital nicht durch das dafür
verfügbare Vorsorgevermögen gedeckt ist (Art. 44 Abs. 1 Satz 1 BVV 2).
Bei Unterdeckung muss die Vorsorgeeinrichtung die Aufsichtsbehörde,
den Arbeitgeber, die Versicherten sowie die Rentnerinnen und Rentner
über das Ausmass und die Ursachen der Unterdeckung sowie über
ergriffene Massnahmen informieren (Art. 65c Abs. 2 BVG, Art. 44 Abs. 2
BVV 2). Die Vorsorgeeinrichtung muss die Unterdeckung selbst beheben.
Der Sicherheitsfonds (vgl. Art. 56 ff. BVG) tritt erst dafür ein, wenn die
Vorsorgeeinrichtung zahlungsunfähig ist (Art. 65d Abs. 1 Satz 1 BVG).
4.2.2. Die Vorsorgeeinrichtungen haben bei der Regelung des
Beitragssystems, der Finanzierung, der Kapitalanlagen und bei der
Rechnungslegung den Grundsatz der Transparenz zu beachten (Art. 65a
Abs. 1 BVG). Mit der Transparenz soll laut Art. 65a Abs. 2 BVG
sichergestellt werden, dass die tatsächliche finanzielle Lage der
Vorsorgeeinrichtung ersichtlich wird (Bst. a), die Sicherheit der Erfüllung
der Vorsorgezwecke belegt werden kann (Bst. b), das paritätische Organ
der Vorsorgeeinrichtung seine Führungsaufgabe wahrnehmen kann
(Bst. c) und die Informationspflichten gegenüber den Versicherten erfüllt
C-6718/2010
Seite 20
werden können (Bst. d). Die Jahresrechnung (bestehend aus Bilanz,
Betriebsrechnung und Anhang) ist nach den Fachempfehlungen zur
Rechnungslegung Swiss GAAP FER 26 in der Fassung vom 1. Januar
2004 (nachfolgend: Swiss GAAP FER 26) aufzustellen und zu gliedern
(Art. 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 BVV 2). Die Bewertung der
Aktiven und der Passiven hat ebenfalls gemäss Swiss GAAP FER 26 zu
erfolgen. Für die für die versicherungstechnischen Risiken notwendigen
Rückstellungen ist der aktuelle Bericht des BV-Experten nach Art. 53
Abs. 2 BVG massgebend (Art. 48 BVV 2).
4.3.
4.3.1. Die Vorsorgeeinrichtung bestimmt eine Kontrollstelle für die
jährliche Prüfung der Geschäftsführung, des Rechnungswesens und der
Vermögensanlage (Art. 53 Abs. 1 BVG). Die Kontrollstelle muss im Sinne
von Art. 34 BVV 2 unabhängig sein und hat jährlich dem obersten Organ
der Vorsorgeeinrichtung über die gemäss Art. 35 Abs. 1 BVV 2
vorgenommene Prüfung Bericht zu erstatten (Art. 35 Abs. 3 BVV 2). Die
Kontrollstelle prüft namentlich die Gesetzes-, Verordnungs-, Weisungs-
und Reglementskonformität (Rechtmässigkeit) der Jahresrechnung und
der Alterskonten (Art. 35 Abs. 1 Bst. a BVV 2). Bei einer Unterdeckung
obliegen der Kontrollstelle zudem die besonderen Aufgaben nach
Art. 35a BVV 2. Gegenüber der Aufsichtsbehörde ist die Kontrollstelle
weisungsgebunden und meldepflichtig (vgl. Art. 36 BVV 2). Sie hat der
Aufsichtsbehörde ein Doppel des Kontrollberichts zu übermitteln (Art. 36
Abs. 1 BVV 2).
4.3.2. Gemäss Art. 53 Abs. 2 BVG hat die Vorsorgeeinrichtung durch
einen anerkannten BV-Experten periodisch überprüfen zu lassen ob die
Vorsorgeeinrichtung jederzeit Sicherheit dafür bietet, dass sie ihre
Verpflichtungen erfüllen kann (Bst. a) und ob die reglementarischen
versicherungstechnischen Bestimmungen über die Leistungen und die
Finanzierung den gesetzlichen Vorschriften entsprechen (Bst. b). Der BV-
Experte muss unabhängig sein und darf gegenüber Personen, die für die
Geschäftsführung oder Verwaltung der Vorsorgeeinrichtung
verantwortlich sind, nicht weisungsgebunden sein (Art. 40 BVV 2). Bei der
Ausübung seines Mandates muss er die Weisungen der
Aufsichtsbehörde befolgen und diese unverzüglich orientieren, wenn die
Lage der Vorsorgeeinrichtung ein rasches Einschreiten erfordert oder
wenn sein Mandat abläuft (Art. 41 BVV 2). Bei einer Unterdeckung erstellt
der BV-Experte gemäss Art. 41a BVV 2 zudem jährlich einen
C-6718/2010
Seite 21
versicherungstechnischen Bericht (Abs. 1). Er äussert sich insbesondere
darüber, ob die vom zuständigen Organ getroffenen Massnahmen zur
Behebung einer Unterdeckung Art. 65d BVG entsprechen und orientiert
über deren Wirksamkeit (Abs. 2). Ergreift die Vorsorgeeinrichtung keine
oder ungenügende Massnahmen, um die Unterdeckung zu beheben,
erstattet der BV-Experte der Aufsichtsbehörde Bericht (Abs. 3).
4.4. Gestützt auf Art. 64 BVG hat der Bundesrat die Weisungen über
Massnahmen zur Behebung von Unterdeckungen in der beruflichen
Vorsorge vom 27. Oktober 2004 erlassen, die am 1. Januar 2005 in Kraft
getreten sind und sich an die Aufsichtsbehörden der beruflichen Vorsorge
richten (BBl 2004 6789; nachfolgend Weisungen BR).
4.4.1. Gemäss Ziff. 22 der Weisungen BR muss die Aufsichtsbehörde bei
einer Unterdeckung von der Vorsorgeeinrichtung (mindestens) den
aktuellen Bericht des BV-Experten (versicherungstechnischer Bericht
oder Gutachten), ein Massnahmenkonzept, den Nachweis, dass der
absehbare Liquiditätsbedarf gedeckt werden kann, Angaben über den
Grad und die Ursachen der Unterdeckung sowie über wesentliche
Vorkommnisse nach dem Bilanzstichtag und das Informationskonzept
einfordern.
4.4.2. Eine Unterdeckung erfordert von der Vorsorgeeinrichtung und
seinen Organen sowie von den Aufsichtsbehörden vorab eine erhöhte
Sorgfaltspflicht und erhöhte Anforderungen in Bezug auf die Transparenz
(Ziff. 225 der Weisungen BR).
4.4.3. Eine Sanierungsmassnahme im Sinne von Art. 65d Abs. 2 BVG
muss dem Grad der Unterdeckung angemessen sein. Dabei kann
zwischen einer geringen und einer erheblichen Unterdeckung
unterschieden werden. Eine erhebliche Unterdeckung muss in der Regel
bei einer Deckungslücke von mehr als 10% als gegeben betrachtet
werden. Über diese Richtgrösse hat sich der BV-Experte zu äussern. Er
stützt sich dabei auf anerkannte Grundsätze. Aufgrund der individuellen
Lage der Vorsorgeeinrichtung kann eine erhebliche Unterdeckung bereits
bei einer geringeren Deckungslücke eintreten (Ziff. 226 Abs. 2 der
Weisungen BR). Die Massnahme muss der zeitlichen Vorgabe Rechnung
tragen. Die Massnahme muss in nützlicher Frist umsetzbar, administrativ
machbar sein und innert angemessener Frist zur Behebung der
Unterdeckung führen. In der Regel kann diese Frist 5–7 Jahre dauern,
C-6718/2010
Seite 22
wobei eine Frist von 10 Jahren nicht überschritten werden sollte (Ziff. 226
Abs. 3 der Weisungen BR).
5.
5.1. Aus den soeben angeführten Bestimmungen geht hervor, dass dem
BV-Experten bei der Beurteilung der finanziellen Sicherheit einer
Vorsorgeeinrichtung, der Ermittlung einer Unterdeckung und der allenfalls
erforderlichen Massnahmen eine zentrale Funktion zukommt. Die
Aufsichtsbehörde muss sich daher auf seine Expertise verlassen können,
was sich auch aus der vom Gesetzgeber vorgesehenen Systematik der
Kontrolle – der sogenannten Kontrollpyramide (vgl. CHRISTINA RUGGLI, in:
Schneider/Geiser/Gächter [Hrsg.], BVG und FZG, Bern 2010, Art. 62
Rz. 13 mit Hinweisen) – ergibt. Danach ist auf einer ersten Stufe das
oberste (paritätische) Organ gemäss Art. 51 BVG für die interne Kontrolle
verantwortlich. Auf einer zweiten Stufe folgen die von der
Vorsorgeeinrichtung bestimmten externen Kontrollinstanzen
(Kontrollstelle und BV-Experte). Erst auf der dritten Stufe steht
schliesslich die Aufsichtsbehörde gemäss Art. 61 BVG. Ziel dieser
Kontrollpyramide ist einerseits, eine Kapazitätslücke des paritätischen
Organs – welches in der Regel nicht über hinreichende
(versicherungstechnische) Fachkenntnisse verfügt – zu füllen.
Andererseits soll die Aufsichtstätigkeit erleichtert werden. Aufgrund der
Berichte der externen Sachverständigen sollte sich die Aufsichtsbehörde
im Wesentlichen darauf beschränken können, die Kontrollberichte zu
überprüfen und bei Gesetzesverletzungen einzuschreiten (siehe zum
Ganzen PATRICK SUTTER, in: BVG und FZG, a.a.O., Art. 53 Rz. 2; vgl.
auch Botschaft des Bundesrates zum Bundesgesetz über die berufliche
Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 19. Dezember 1975
[BBl 1976 I 149], S. 209 und S. 259).
5.2. Ein Gutachten dient – als Beweismittel (vgl. Art. 12 Bst. e VwVG) –
der Sachverhaltsabklärung. Der sachverständigen Person kommt die
Aufgabe zu, aufgrund besonderer Kenntnisse Tatsachen festzustellen
und zu beurteilen (vgl. KRAUSKOPF/EMMENEGGER, a.a.O., Art. 12 N. 148).
Da vorliegend die Vorsorgeeinrichtung mittels aufsichtsrechtlicher
Massnahme angewiesen wurde, ein Gutachten einzuholen, erfolgte dies
(zu Recht) mit einer anfechtbaren Verfügung. Für die Beweiswürdigung
gelten die allgemeinen Grundsätze, wonach einem Gutachten eine hohe
Beweiskraft zukommt, sofern es den (formellen und materiellen)
Anforderungen entspricht (vgl. KRAUSKOPF/EMMENEGGER, a.a.O., Art. 12
C-6718/2010
Seite 23
N. 165 ff. mit Hinweisen). Ein Gutachten muss insbesondere den Kriterien
der Vollständigkeit, Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit genügen (BGE
136 III 161 E. 3.4.2; vgl. auch CHRISTOPH AUER, in: Auer/Müller/Schindler
[Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren
[VwVG], Zürich 2008, Rz. 58 zu Art. 12). Ob diese Anforderungen erfüllt
sind, haben die rechtsanwendenden Behörden – angesichts der
erheblichen Bedeutung von Sachverständigengutachten – mit Sorgfalt zu
prüfen.
Bestehen begründete Zweifel an der fachlichen Korrektheit eines VTG,
muss die Aufsichtsbehörde daher von der Vorsorgeeinrichtung verlangen
können, dass diese bei einem anderen BV-Experten ein VTG einhole.
6.
Nachfolgend ist demnach zu prüfen, ob solche Zweifel von der Vorinstanz
zu Recht geltend gemacht werden.
6.1. Ein VTG hat darüber Auskunft zu geben, ob die Vorsorgeeinrichtung
jederzeit Sicherheit dafür bietet, dass sie ihre Verpflichtungen erfüllen
kann und ob die reglementarischen versicherungstechnischen
Bestimmungen über die Leistungen und die Finanzierung den
gesetzlichen Vorschriften entsprechen (Art. 53 Abs. 2 BVG). Der BV-
Experte hat eine allfällige Unterdeckung gemäss Art. 44 Abs. 1 BVV 2
nach anerkannten Grundsätzen zu berechnen. Liegt eine Unterdeckung
vor, hat der BV-Experte zudem die Wirksamkeit und die
Gesetzeskonformität der von der Vorsorgeeinrichtung getroffenen
Massnahmen zu beurteilen (Art. 41a Abs. 2 BVV 2 in Verbindung mit
Art. 65d BVG).
6.2. Der Aufsichtsbehörde wurden seit 2008 drei VTG eingereicht: Bericht
zur versicherungstechnischen Prüfung per 31. Dezember 2007 /
1. Januar 2008 vom Oktober 2008 (nachfolgend VTG 2007 [act. 17 B 6]),
Bericht zur versicherungstechnischen Prüfung per 31. Dezember 2008 /
1. Januar 2009 vom April 2009 (nachfolgend VTG 2008 [act. 10 B 13,
act. 1 B 12]) und Bericht zur versicherungstechnischen Prüfung per
31. Dezember 2009 / 1. Januar 2010 vom Juni 2010 (nachfolgend VTG
2009 [act. 1 B 22]). Das VTG 2009 wurde von der Vorinstanz bei Erlass
der angefochtenen Verfügung nicht berücksichtigt. Zusammen mit dem
VTG 2008 wurde ein Sanierungsbericht (ergänzender Bericht des BV-
Experten im Zusammenhang mit der Unterdeckung per 31. Dezember
2008 [act. 10 B 13]) eingereicht.
C-6718/2010
Seite 24
6.2.1. Mit Schreiben vom 3. August 2009 nahm die Vorinstanz das VTG
2008 (und die damit eingereichten weiteren Unterlagen) zur Kenntnis und
teilte der Beschwerdeführerin mit, es könne vorläufig auf eine
Zweitbegutachtung verzichtet werden, sofern die aufgeführten Mängel
behoben würden. Am VTG kritisiert wurde insbesondere eine Aktivierung
eines Überschusses bei den Risikobeiträgen im verfügbaren Vermögen,
weil dies weder Swiss GAAP FER 26 noch der Fachrichtlinie FRP 1
entspreche und der Deckungsgrad deshalb nicht gemäss Art. 44 BVV 2
berechnet worden sei. Bei rechtskonformer Berechnung betrage die
Unterdeckung Fr. 573.6 Mio. (nicht 463.1 Mio.) und der Deckungsgrad
78.2% (nicht 82.4%) per 31. Dezember 2008. Beim Deckungsgrad per
1. Januar 2009 beanstandete das Amt zudem, dass nicht ersichtlich sei,
ob sich die Neuanschlüsse auch in die bestehenden Rückstellungen und
Reserven eingekauft hätten. Das VTG sei mit der Information über den
Einkauf von Neuanschlüssen in die bestehenden Rückstellungen und
Reserven zu ergänzen, unter Angabe der massgebenden
Reglementsgrundlagen (act. 10 B 18).
6.2.2. Dem VTG 2008 lässt sich dazu Folgendes entnehmen: Bei den
Grundlagen wird unter Ziff. 2.5 "Verfügbares Vermögen" ausgeführt, das
für Vorsorgezwecke verfügbare Vermögen (per 31. Dezember 2008) sei
aus der Gesamtheit der Aktiven ermittelt worden, indem Fremdkapitalien
und nicht vorsorgetechnisch gebundene Rückstellungen abgezogen
worden seien. Bei der Risikoanalyse wird im Zusammenhang mit den
Beiträgen (S. 16) festgehalten, dass die reglementarisch veranschlagten
Risikobeiträge den erwarteten Gesamtschaden für Risikoleistungen
überstiegen. Bei der aktuellen Struktur ergebe sich ein voraussichtlicher
Beitragsüberschuss von 0.5% der versicherten Löhne bzw. Fr. 9.958 Mio.
im Jahr 2009. Das notwendige Deckungskapital für entstandene
Neurenten habe unter der mittleren Schadenerwartung gelegen. Die
dadurch entstandenen Risikogewinne würden zusammen mit den
Beitragsüberschüssen zur Verstärkung der Reserven verwendet. Ein Teil
der Überschüsse, nämlich 0.5% der versicherten Löhne, würden
entsprechend dem Konzept (welches Konzept wird nicht angegeben) im
Falle einer Unterdeckung in der versicherungstechnischen Bilanz
ausgewiesen. Der entsprechende Barwert betrage per 31. Dezember
2008 Fr. 100.8 Mio. Ohne Unterdeckung würden die Beitragsüberschüsse
verteilt.
6.2.3. Ob ein solches Vorgehen, sofern es sich auf eine hinreichende
reglementarische Grundlage stützen würde (vgl. den vom Stiftungsrat am
C-6718/2010
Seite 25
18. November 2010 beschlossenen Nachtrag zum
Rückstellungsreglement vom Januar 2008 [act. 22 B 17]), zulässig wäre,
ist im vorliegenden Verfahren nicht zu beurteilen (dazu wäre auch eine
Stellungnahme der Oberaufsichtsbehörde und des Fachverbandes für
BV-Experten einzuholen). Der BV-Experte geht nicht darauf ein, wie und
wo diese Grundsätze geregelt sind, sondern verweist lediglich auf ein
nicht weiter bestimmtes "Konzept". Die im VTG 2008 angeführten
Grundsätze sind zudem im VTG 2007 nicht enthalten. Dort wird lediglich
festgestellt, die Beitragsüberschüsse würden – zusammen mit der
positiven Differenz zur mittleren Schadenerwartung – zur Verstärkung der
Reserven verwendet (S. 16). Dies erweckt insbesondere auch mit Blick
auf die anzustrebende Transparenz (Art. 65a BVG, vgl. auch Ziff. 225 der
Weisungen BR) und den Grundsatz der Stetigkeit Bedenken.
6.2.4. Gemäss Art. 48e BVV 2 in Verbindung mit Art. 65b BVG muss die
Vorsorgeeinrichtung ein Reglement zur Bildung von Rückstellungen und
Schwankungsreserven erlassen. Der BV-Experte hat für die Ermittlung
des Deckungsgrades bzw. des versicherungstechnisch notwendigen
Vorsorgekapitals die technischen Rückstellungen gestützt auf das
Rückstellungsreglement zu berechnen (vgl. auch Fachrichtlinie für
Pensionsversicherungsexperten FRP 1 [zur Deckungsgradberechnung
gemäss Art. 44 BVV 2] Ziff. 3). Gegebenenfalls hat er auf die
Notwendigkeit von Anpassungen des Rückstellungsreglements
hinzuweisen (FRP 2 [Vorsorgekapitalien und technische Rückstellungen]
Ziff. 4). Erst im VTG 2009 empfiehlt der BV-Experte, "die konzeptionelle
leichte Überfinanzierung mit Verteilung bei guter finanzieller Situation
bzw. finanzieller Unterstützung im Falle einer Unterdeckung im
Rückstellungsreglement aufzunehmen" (S. 25). Im VTG 2008 wird nicht
auf das Rückstellungsreglement Bezug genommen; lediglich bei den
Unterlagen, welche dem BV-Experten für die versicherungstechnische
Überprüfung zur Verfügung standen, wird ein "Rückstellungsreglement
per 1. Januar 2009" erwähnt (S. 3). Von der Beschwerdeführerin (und der
Vorinstanz, vgl. act. 17 B 23) eingereicht wurde jedoch nur das vom
Stiftungsrat am 20. September 2007 genehmigte Rückstellungsreglement
(wohl gültig ab Januar 2008 [act. 22 B 8]). Dieses kann, mangels
entsprechender Bestimmung, nicht reglementarische Grundlage für die
beanstandete Aktivierung von Beitragsüberschüssen bilden.
6.2.5. Die Beschwerdeführerin will die Beitragsüberschüsse explizit für
die Glättung der Bilanz einsetzen (vgl. act. 1 Ziff. 13 mit Hinweis auf B 5
[Leistungs- und Finanzierungspolitik der A._______, ohne Datum]).
C-6718/2010
Seite 26
Angesichts des Umstandes, dass nur Wertschwankungsreserven, nicht
aber Rückstellungen einen Glättungseffekt auf das Jahresergebnis haben
dürfen (vgl. PATRICK SPUHLER, Die Fachrichtlinien der schweizerischen
Kammer der Pensionskassen-Experten, in: Der Schweizer Treuhänder
12/2007, S. 938; WYLER, a.a.O., S. 19; Swiss GAAP FER 26, Ziff. 4),
wäre vom BV-Experten zumindest auszuführen gewesen, weshalb er
eine solche Praxis als zulässig erachtet. Schliesslich hält auch FRP 2 in
Ziff. 6 fest, dass technische Rückstellungen grundsätzlich keinen
Glättungseffekt auf den Ertrags- oder Aufwandüberschuss einer Periode
bewirken dürften. Aufgrund unvorhergesehener oder besonderer
Ereignisse könne die Vorsorgeeinrichtung gemäss schriftlich begründeter
Empfehlung des BV-Experten und unter Beachtung anerkannter
Grundsätze zusätzliche Rückstellungen bilden, bestehende
Rückstellungen ganz oder teilweise auflösen oder unter ihrer Sollgrösse
dotieren bzw. Rückstellungen stufenweise aufbauen, sofern das
Reglement gemäss Art. 48e BVV 2 dies zulasse.
6.3. Zweifel an der Zuverlässigkeit des VTG 2008 (bzw. an den VTG
2007 und 2009) erwecken jedoch auch weitere Ausführungen des BV-
Experten.
6.3.1. Bei der Risikoanalyse wird im Zusammenhang mit den
Anlagerisiken regelmässig ausgeführt, die Risikofähigkeit – welche durch
den Nettoliquidationsbedarf bestimmt werde – sei gut (VTG 2007 und
VTG 2008 S. 17, VTG 2009 S. 19). Als gute Risikofähigkeit wird
üblicherweise die Fähigkeit der Vorsorgeeinrichtung bezeichnet, "…das
Risiko allfälliger Wertschwankungen des Vermögens durch Auflösung
früher geäufneter Reserven tragen zu können. Falls die zum
Risikoausgleich notwendigen Wertschwankungsreserven nur teilweise
vorhanden sind, spricht man von einer eingeschränkten Risikofähigkeit.
Wenn entsprechende Reserven fehlen und der Deckungsgrad unter 100
Prozent liegt, ist die Risikofähigkeit einer Kasse grundsätzlich als
ungenügend zu qualifizieren" (Fachwörterbuch für die berufliche
Vorsorge, VPS-Verlag, Luzern 2008, S. 97, siehe auch PASCAL WYLER,
Rechnungslegung nach Swiss GAAP FER 26: Verbesserte Aussagekraft
der Jahresrechnungen von Vorsorgeeinrichtungen?, in:
Rechnungslegung und Controlling für Pensionskassen und klassische
Stiftungen, Bern 2008, S. 24).
6.3.2. Zum VTG 2007 ist weiter zu bemerken, dass dem BV-Experten
offenbar kein Rückstellungsreglement vorlag und er nicht auf diesen
C-6718/2010
Seite 27
Mangel hinwies. Zwar geht aus dem VTG hervor, dass die
Wertschwankungsreserve 10% betragen sollte (vgl. S. 19). Es wird aber
weder auf die reglementarische Grundlage noch darauf eingegangen,
dass gemäss Swiss GAAP FER 26 (Ziff. 2) ein Ertragsüberschuss nur
dann ausgewiesen werden darf, wenn die Schwankungsreserven in der
Höhe des Zielwertes vorhanden sind (vgl. auch NATHALIE
MUNARETTO/WERNER KORADI, Swiss GAAP FER 26 und die Arbeit des
Pensionskassenexperten, in: Der Schweizer Treuhänder 12/04, S. 1132).
Der BV-Experte hält – im Oktober 2008 – am Schluss zudem lediglich
fest, die Vorsorgeeinrichtung biete "bei stabilen Anlagemärkten"
Sicherheit, dass sie ihre Verpflichtungen erfüllen könne (S. 23).
6.3.3. Per 31. Dezember 2008 ermittelte der BV-Experte einen
Deckungsgrad von 82.4% (bzw. 84.1% per 1. Januar 2009). Bei einem
solchen Ergebnis liegt ohne Zweifel eine erhebliche Unterdeckung im
Sinne von Ziff. 226 Abs. 2 der Weisungen BR vor, wozu sich der BV-
Experte jedoch weder im VTG 2008 noch im Sanierungsbericht vom
27. April 2009 äussert. Das von ihm als angemessen erachtete
Sanierungsmodell sah eine Behebung der Unterdeckung innerhalb von
9.37 Jahren vor (vgl. act. 1 B 13). Da eine Unterdeckung in der Regel
innerhalb von 5 – 7 Jahren behoben sein sollte, wäre zu begründen
gewesen, weshalb eine nahezu maximale Frist von 10 Jahren als
angemessen erachtet wird. Dass sich die Weisungen BR an die
Aufsichtsbehörden – und nicht direkt an die BV-Experten – richten, ändert
daran nichts.
6.4. Auf die Aufforderung der Vorinstanz vom 3. August 2009, ein
korrigiertes VTG (sowie ein korrigiertes Meldeformular) einzureichen, hielt
die Beschwerdeführerin am 30. Oktober 2009 mit Verweis auf die
Stellungnahme des BV-Experten (vom 20. Oktober 2009) fest, der
Beitragsbarwert sei Swiss GAAP FER 26-konform in den Passiven
ausgewiesen. Eine Aktivierung sei nicht erfolgt. Es sei deshalb keine
Korrektur des VTG erforderlich (act. 10 B 20).
6.4.1. In seiner Stellungnahme vom 20. Oktober 2009 führte der BV-
Experte insbesondere aus, aufgrund des Finanzierungskonzeptes seien
in der Vergangenheit immer versicherungstechnische Überschüsse
entstanden. Diese dürften mit grosser Sicherheit auch für die Zukunft
erwartet werden. Weil keine Netto-Finanzierung stattfinde, Überschüsse
also in der Finanzierung enthalten seien, würden durch ein
Verteilungskonzept die Versicherten davon profitieren (Ziff. 41). Bei einer
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Seite 28
Unterdeckung würden keine versicherungstechnischen Überschüsse
verteilt. Die mit dem Finanzierungskonzept und der langjährigen
Erfahrung untrennbar verbundene Überfinanzierung stelle ein
versicherungstechnisches Aktivum dar (Ziff. 422). Das
versicherungstechnische Aktivum werde für die Berechnung des
Deckungskapitals für anwartschaftliche Risikoleistungen einbezogen
(Ziff. 532). In der Jahresrechnung sei kein Beitragsbarwert aktiviert
worden. Dies wäre nach Swiss GAAP FER 26 nicht zulässig (Ziff. 63). In
seinem Fazit hält der BV-Experte nochmals fest, in der Jahresrechnung
sei kein Beitragsbarwert aktiviert, weshalb die Bestimmungen von Swiss
GAAP FER 26 nicht verletzt würden (Ziff. 71). Der Beitragsbarwert aus
der Überfinanzierung stelle aufgrund des Finanzierungs- und
Verteilungskonzepts der A._______ im Falle einer Unterdeckung
eindeutig ein versicherungstechnisches Aktivum dar. Befinde sich die
Vorsorgeeinrichtung im Bereich des Zieldeckungsgrades, stelle der
Beitragsbarwert aus Überfinanzierung kein versicherungstechnisches
Aktivum dar, weil es dem Verteilungskonzept entsprechend nicht
versicherungstechnisch zur Verfügung stehe (Ziff. 72). Seines Erachtens
seien keine Grundsätze oder Richtlinien verletzt worden. Dieser Vorwurf
der Aufsicht müsste gegebenenfalls noch konkretisiert und begründet
werden (Ziff. 74).
6.4.2. Diese Ausführungen stellen keine nachvollziehbare und schlüssige
Begründung des BV-Experten dar, mit welcher die vorstehend
aufgeführten Zweifel ausgeräumt werden könnten.
6.4.3. Anzufügen bleibt, dass ein VTG nicht nur für einen BV-Experten,
sondern auch für die Aufsichtsbehörde und das oberste Organ der
Vorsorgeeinrichtung – im Beschwerdefall zudem für das Gericht –
nachvollziehbar sein muss. Die versicherungstechnischen Grundlagen
und Folgerungen sind deshalb soweit darzulegen, dass sie in ihren
Zusammenhängen einleuchten und von den rechtsanwendenden
Behörden kritisch prüfend nachvollzogen werden können (vgl. betreffend
medizinische Gutachten bspw. ULRICH MEYER-BLASER, Das medizinische
Gutachten aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht, in: Siegel/Fischer
[Hrsg.], Die neurologische Begutachtung, Zürich 2004, S. 97).
6.4.4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Aufsichtsbehörde zu
Recht Zweifel an der Zuverlässigkeit bzw. an der fachlichen Korrektheit
der vom BV-Experten erstellten VTG geäussert hat.
C-6718/2010
Seite 29
6.5. Die weiteren Vorbringen vermögen an der Zulässigkeit der
angeordneten Massnahme nichts zu ändern.
6.5.1. Nichts zu ihren Gunsten ableiten kann die Beschwerdeführerin aus
dem Umstand, dass die Vorinstanz die Berücksichtigung eines
Beitragsüberschusses im Rahmen der versicherungstechnischen Prüfung
per 1. Januar 2004 nicht beanstandet hat (vgl. act. 1 Ziff. 15), zumal die
höheren Anforderungen an die Transparenz (Art. 65a BVG) sowie die
einschlägigen Richtlinien (Swiss GAAP FER 26, FRP 1 und 2) erst seit
2005 (bzw. FRP 1 und 2 seit Juli 2006) gelten.
6.5.2. Unbehelflich ist auch der Einwand, die Vorinstanz hätte gegenüber
dem BV-Experten eine Weisung erlassen müssen, sofern sie das VTG
als mangelhaft erachtete (act. 1 Ziff. 60). Das Schreiben vom 3. August
2009, mit welchem die Beschwerdeführerin aufgefordert wurde, ein
korrigiertes VTG, ein korrigiertes Meldeformular sowie ein neues
Sanierungskonzept einzureichen, wurde auch dem BV-Experten
zugestellt. Im Übrigen hätte sich eine aufsichtsbehördliche Weisung
vorliegend lediglich darauf beschränken können, den BV-Experten
(erneut) darauf hinzuweisen, dass das VTG nach den anerkannten
fachlichen Grundsätzen – insbesondere gemäss FRP 1 und 2 sowie
Swiss GAAP FER 26 – zu erstellen sei. Die versicherungstechnische
Prüfung hat, wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt (vgl. act. 10
Ziff. 55), hingegen der BV-Experte vorzunehmen. Daher kann die
Aufsichtsbehörde von einem BV-Experten zwar die Korrektur
offensichtlicher Fehler verlangen; bestehen hingegen Zweifel an der
Zuverlässigkeit eines VTG, welche sich – wie vorliegend – nicht
ausräumen lassen, wird sich die Aufsichtsbehörde in der Regel darauf
beschränken müssen, diese Zweifel hinreichend zu substantiieren und
eine neue Expertise zu verlangen.
6.5.3. Nicht zu beanstanden ist angesichts des Ermessensspielraums,
welche den Aufsichtsbehörden zuzugestehen ist, dass die Vorinstanz die
Beschwerdeführerin aufgefordert hat, ein Gutachten per Ende 2009 (und
nicht per Ende 2008) einzuholen. Allerdings hätte die Vorinstanz, wie die
Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt, bei ihrer Beurteilung auch das
VTG 2009 berücksichtigen müssen. Indes bestehen die angeführten
Zweifel an der Zuverlässigkeit des Expertenberichts sowohl hinsichtlich
des VTG 2008 als auch des VTG 2009. Da die Beschwerdeführerin –
auch nach ihrer (von der Aufsichtsbehörde beanstandeten)
Deckungsgradberechnung – Ende 2009 immer noch eine Deckungslücke
C-6718/2010
Seite 30
aufwies, erscheint es sachlich gerechtfertigt, dass die finanzielle
Sicherheit zu einem möglichst aktuellen Zeitpunkt überprüft wird und
sowohl das oberste Organ als auch die Aufsichtsbehörde eine Grundlage
für die Beurteilung, ob weitere Massnahmen erforderlich sind, erhalten.
6.5.4. Die Anordnung, ein neues VTG per Ende 2009 einzuholen ist auch
nicht unverhältnismässig. Die Massnahme ist geeignet und erforderlich,
um die finanzielle Situation der Beschwerdeführerin zu beurteilen. Die
von der Beschwerdeführerin als mildere Massnahme vorgeschlagene
Anweisung an sie (die Beschwerdeführerin), eine gesetzeskonforme
Berechnung des Deckungsgrades vorzunehmen (vgl. act. 1 Ziff. 78 und
act. 22 Ziff. 67), stellt hingegen kein geeignetes Mittel dar. Insbesondere
kann dadurch nicht ein mit Zweifel behaftetes Gutachten ersetzt werden.
Im Übrigen wäre weder eine Vorsorgeeinrichtung noch ein BV-Experte
mittels beschwerdefähiger Verfügung anzuweisen, sich an die
gesetzlichen Vorschriften zu halten.
6.6. Der Beschwerdeführerin ist aber insofern zuzustimmen, dass das
Einholen eines neuen VTG nicht dazu führen soll, dass anschliessend ein
Obergutachten eingeholt werden muss, weil zwei sich widersprechende
Gutachten vorliegen. Die angefochtene Verfügung ist deshalb in dem
Sinne zu ergänzen, dass die zu beauftragenden BV-Experten darauf
hinzuweisen sind, dass sie sich – sofern sie zu anderen Ergebnissen
kommen – auch dazu zu äussern haben, ob die vom BV-Experten der
Beschwerdeführerin vorgenommene Beurteilung fachlich vertretbar ist.
Bei der Auftragserteilung wird zudem darauf hinzuweisen sein, dass das
VTG auch aus Sicht der rechtsanwendenden Behörden vollständig,
nachvollziehbar und schlüssig sein muss.
6.7. Neu festzusetzen ist der von der Vorinstanz auf den 30. November
2010 festgelegte Termin für die Einreichung des Gutachtens. Ziff. 1 der
Verfügung vom 12. August 2010 ist deshalb in dem Sinne abzuändern,
dass das VTG innert drei Monaten nach Zustellung des vorliegenden
Urteils der Aufsichtsbehörde einzureichen ist.
6.8. Die Beschwerde ist demnach im Sinne der Erwägungen abzuweisen.
7.
Zu befinden bleibt noch über die Verfahrenskosten und eine allfällige
Parteientschädigung.
C-6718/2010
Seite 31
7.1. Das Bundesverwaltungsgericht auferlegt gemäss Art. 63 Abs. 1
VwVG die Verfahrenskosten in der Regel der unterliegenden Partei.
Unterliegt diese nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt.
Der ganz oder teilweise obsiegenden Partei können von Amtes wegen
oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige
und verhältnismässig hohe Kosten zugesprochen werden (Art. 64 Abs. 1
VwVG). Den Vorinstanzen werden grundsätzlich keine Verfahrenskosten
auferlegt (Art. 63 Abs. 2 VwVG) und keine Parteientschädigung
zugesprochen (vgl. Art. 7 Abs. 3 des Reglements vom 21. Februar 2008
über die Kosten und Entschädigungen vor dem
Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
7.2. Der unterliegenden Partei können im Rahmen pflichtgemässer
Ermessensbetätigung namentlich dann die Kosten (teilweise) erlassen
und allenfalls eine Parteientschädigung zugesprochen werden, wenn ein
Verfahrensfehler der verfügenden Verwaltungsbehörde festgestellt und
geheilt wurde (Urteil BGer 9C_672/2009 vom 25. November 2009 E. 4.1
mit Hinweisen, siehe auch ANDRÉ MOSER/MICHAEL BEUSCH/LORENZ
KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Basel
2008, S. 211 ff. Rz. 4.60 und 4.65; MARCEL MAILLARD, in:
Praxiskommentar VwVG, Art. 63 N. 19 und Art. 64 N. 19). Aufgrund des
im vorliegenden Verfahren festgestellten Verfahrensmangels (vgl. E. 3)
rechtfertigt sich eine Reduktion der Verfahrenskosten und das
Zusprechen einer reduzierten Parteientschädigung.
7.2.1. Unter Berücksichtigung des Umfangs und der Schwierigkeit der
Streitsache (vgl. Art. 2 Abs. 1 VGKE) sind die (reduzierten)
Verfahrenskosten vorliegend auf Fr. 3'000.- festzusetzen und mit dem
geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen. Der Beschwerdeführerin ist
deshalb, nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils, Fr. 1'500.-
zurückzuerstatten.
7.2.2. Weiter ist der Beschwerdeführerin eine reduzierte
Parteientschädigung von pauschal Fr. 1'500.- (inkl. Mehrwertsteuer)
zuzusprechen, die von der Vorinstanz zu leisten ist.
C-6718/2010
Seite 32
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen.
2.
Die angefochtene Verfügung ist im Sinne von E. 6.6 zu ergänzen und das
VTG ist gemäss E. 6.7 innerhalb von drei Monaten nach der Zustellung
des vorliegenden Urteils an die Beschwerdeführerin einzureichen.
3.
Die Verfahrenskosten von Fr. 3'000.- werden der Beschwerdeführerin
auferlegt. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
Nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils wird der
Beschwerdeführerin der Betrag von Fr. 1'500.- zurückerstattet.
4.
Der Beschwerdeführerin wird eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-
zugesprochen, die von der Vorinstanz zu leisten ist.
5.
Dieses Urteil geht an:
– die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)
– die Vorinstanz (Ref-Nr. _______; Gerichtsurkunde)
– das Bundesamt für Sozialversicherungen
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Johannes Frölicher Susanne Fankhauser
C-6718/2010
Seite 33
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim
Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff.
und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR
173.110]). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat
die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die
Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die
Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat,
beizulegen (Art. 42 BGG).
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