C-3576/2012 - Abteilung III - Einreiseverbot - Einreiseverbot
Karar Dilini Çevir:
C-3576/2012 - Abteilung III - Einreiseverbot - Einreiseverbot
B u n d e s v e rw a l t u ng s g e r i ch t
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i f f éd é r a l
T r i b u n a l e am m in i s t r a t i vo f e d e r a l e
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i v fe d e r a l








Abteilung III
C-3576/2012


U r t e i l v o m 9 . A u g u s t 2 0 1 3
Besetzung

Richterin Marianne Teuscher (Vorsitz),
Richter Antonio Imoberdorf, Richter Jean-Daniel Dubey,
Gerichtsschreiber Daniel Brand.



Parteien

D._______,
vertreten durch lic. iur. Benedikt Schneider-Koch, Rechtsan-
walt, Advokatur & Notariat,
Beschwerdeführerin,



gegen


Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.

Gegenstand

Einreiseverbot.


C-3576/2012
Seite 2
Sachverhalt:
A.
Die aus Brasilien stammende Beschwerdeführerin (geb. 1983) mit festem
Wohnsitz in Italien wurde am 2. Juni 2012 in einem Luzerner Nachtclub
durch die Polizei festgenommen. Ihr wurde vorgeworfen, in eine massive
tätliche Auseinandersetzung verwickelt gewesen zu sein. Anlässlich der
polizeilichen Einvernahme stellte sich ausserdem heraus, dass die Be-
schwerdeführerin seit ungefähr sechs Wochen in einem in der Rotlicht-
szene als Kontaktbar bekannten Hotel logierte, deren Zimmer aus-
schliesslich an Prostituierte vermietet werden. Gegenüber der Polizei
bestritt die Beschwerdeführerin jedoch, der Prostitution nachgegangen zu
sein. Die Luzerner Polizei gewährte ihr das rechtliche Gehör zu einer all-
fälligen Wegweisung aus der Schweiz sowie zu einer allfälligen Fernhal-
temassnahme (vgl. das Protokoll der Einvernahme vom 6. Juni 2012,
Fragen 62 und 63).
B.
Gestützt auf diesen Sachverhalt verfügte die Vorinstanz am 6. Juni 2012
gegen die Beschwerdeführerin ein Einreiseverbot für die Dauer von drei
Jahren. Zur Begründung der Massnahme führte sie im Wesentlichen aus,
die Beschwerdeführerin habe durch das Ausüben einer Erwerbstätigkeit
ohne Bewilligung gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne
von Art. 67 des Ausländergesetzes vom 16. Dezember 2005 (AuG, SR
142.20) verstossen. Einer allfälligen Beschwerde entzog die Vorinstanz
vorsorglich die aufschiebende Wirkung.
Mit (unangefochten gebliebener) Verfügung vom 6. Juni 2012 wurde die
Beschwerdeführerin vom Amt für Migration des Kantons Luzern aus der
Schweiz weggewiesen.
C.
Mit Rechtmitteleingabe vom 5. Juli 2012 an das Bundesverwaltungsge-
richt lässt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des Einreiseverbots
sowie in prozessualer Hinsicht die Wiederherstellung der aufschiebenden
Wirkung der Beschwerde beantragen. Im Wesentlichen bringt sie zur Be-
gründung vor, sie sei legal in die Schweiz eingereist und habe sich nur
vorübergehend als Feriengast in der Schweiz aufgehalten, um Freunde
zu besuchen. Im Zuge von tätlichen Auseinandersetzungen in einem Lu-
zerner Nachtlokal sei sie am 2. Juni 2012 verhaftet und polizeilich einver-
nommen worden. Da sie jedoch unschuldig sei, habe ihr die zuständige
Staatsanwaltschaft die Einstellung des Strafverfahrens in Aussicht ge-
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stellt. Sie habe sich weder widerrechtlich in der Schweiz aufgehalten
noch sei sie hierzulande erwerbstätig gewesen, gehe sie doch in Italien
einer regelmässigen Erwerbstätigkeit nach.
D.
Am 6. Juli 2012 reichte die Beschwerdeführerin weitere Beweismittel zu
den Akten (u.a. ein Unterstützungsschreiben einer brasilianischen Be-
kannten sowie eine Lohnabrechnung aus Italien).
E.
Mit Zwischenverfügung vom 18. Juli 2012 gab das Bundesverwaltungsge-
richt dem Verfahrensantrag um Wiederherstellung der aufschiebenden
Wirkung der Beschwerde statt mit der Begründung, der dem Einreisever-
bot zugrunde liegende Sachverhalt (illegale Erwerbstätigkeit) gehe nicht
aus den dem Gericht von der Vorinstanz zugestellten Akten hervor.
F.
Am 17. August 2012 liess die Beschwerdeführerin durch ihren Rechtsver-
treter unter Hinweis auf ihre Bedürftigkeit die Gewährung der unentgeltli-
chen Rechtspflege samt Rechtsverbeiständung beantragen.
G.
Mit Instruktionsverfügung vom 3. September 2012 wurde die Vorinstanz
zur Vernehmlassung eingeladen und aufgefordert, ihre Akten zu vervoll-
ständigen.
Das BFM beantragt in ihrer ersten Vernehmlassung vom 1. Oktober 2012
die Abweisung der Beschwerde.
H.
Gegen den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Abteilung 1 Luzern vom
27. August 2012 wegen Ausübens einer Erwerbstätigkeit ohne Bewilli-
gung sowie rechtswidrigen Aufenthalts in der Schweiz erhob die Be-
schwerdeführerin am 11. September 2012 fristgerecht Einsprache, wes-
halb die Strafsache am 5. November 2012 ans Bezirksgericht Luzern
überwiesen wurde.
I.
Die Vorinstanz beantragt in ihrer ergänzenden Vernehmlassung vom
7. November 2012 die Abweisung der Beschwerde und bringt zusätzlich
vor, die Beschwerdeführerin habe seit ihrer Einreise in die Schweiz an der
X._______-Gasse in Luzern logiert. Die dortigen Zimmer, die gemäss An-
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Seite 4
gaben der Beschwerdeführerin Fr. 140.- pro Tag kosten würden, gehörten
zur Kontaktbar "P._______" und würden ausschliesslich an Prostituierte
vermietet. Es müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass die Be-
schwerdeführerin einer illegalen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Dies
schon deshalb, weil sie mit einem monatlichen Erwerbseinkommen von
Euro 800.- (als Haushalthilfe in Italien) wohl kaum in der Lage gewesen
wäre, die Hotelrechnungen für ihren sechswöchigen Aufenthalt in Luzern
zu bezahlen und zusätzlich noch Geld für ihre Mutter ins Ausland zu
überweisen.
J.
Mit Instruktionsverfügung vom 21. November 2012 wurden der Be-
schwerdeführerin die ergänzende Vernehmlassung der Vorinstanz sowie
das vollständige Einvernahmeprotokoll der Kantonspolizei Luzern vom
2. bzw. 6. Juni 2012 zur Kenntnis gebracht und ihr Gelegenheit zur Stel-
lungnahme eingeräumt.
K.
Mit Replik vom 4. Januar 2013 hält die Beschwerdeführerin an ihrer Be-
schwerde und deren Begründung fest. Ergänzend weist sie darauf hin,
dass das gegen sie eingeleitete Strafverfahren im Hauptpunkt eingestellt
worden sei. Bezüglich des Vorwurfs des illegalen Aufenthaltes und der il-
legalen Erwerbstätigkeit in der Schweiz sei das Verfahren vor dem Be-
zirksgericht Luzern hängig, wobei die Unschuldsvermutung gelte.
Aus der beigelegten Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Abtei-
lung 1 Luzern vom 27. August 2012 geht hervor, dass die Strafuntersu-
chung gegen die Beschwerdeführerin wegen Raufhandels, Angriffs und
einfacher Körperverletzung eingestellt wurde, nachdem ihr eine Beteili-
gung an der tätlichen Auseinandersetzung vom 2. Juni 2012, welche von
ihr von Anfang an bestritten worden war, nicht hatte nachgewiesen wer-
den können.
L.
Mit Urteil vom 11. März 2013 schliesslich wurde die Beschwerdeführerin
vom Bezirksgericht Luzern wegen rechtswidrigen Aufenthaltes in der
Schweiz sowie Ausübens einer Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung (Prosti-
tution), begangen vom 11. April 2012 bis 2. Juni 2012 in Luzern,
X._______-Gasse, zu einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu
Fr. 10.- sowie einer Busse von Fr. 200.- verurteilt. Soweit aus den Akten
ersichtlich, ist dieses Urteil mittlerweile in Rechtskraft erwachsen.
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Seite 5
M.
Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwä-
gungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1
Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005
(VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden
gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgeset-
zes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021), sofern keine Aus-
nahme nach Art. 32 VGG vorliegt. Als Vorinstanzen gelten die in Art. 33
VGG genannten Behörden. Dazu gehört auch das BFM, das mit der An-
ordnung eines Einreiseverbotes eine Verfügung im erwähnten Sinne und
daher ein zulässiges Anfechtungsobjekt erlassen hat. Eine Ausnahme
nach Art. 32 VGG liegt nicht vor.
1.2 Das Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet
sich nach dem VwVG, soweit das Verwaltungsgerichtsgesetz nichts an-
deres bestimmt (Art. 37 VGG).
1.3 Die Beschwerdeführerin ist als Verfügungsadressatin zur Beschwerde
legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die frist- und formgerecht einge-
reichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 50 und 52 VwVG).
1.4 Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in der vorliegenden Ange-
legenheit endgültig (Art. 83 Bst. c Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom
17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
2.
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung
von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Er-
messens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtser-
heblichen Sachverhaltes sowie – soweit nicht eine kantonale Behörde als
Beschwerdeinstanz verfügt hat – die Unangemessenheit gerügt werden
(Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet das Bundesrecht
von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begrün-
dung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus
anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen.
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Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines Ent-
scheides (vgl. BVGE 2012/21 E. 5.1, BVGE 2011/43 E. 6.1 sowie BVGE
2011/1 E. 2).
3.
3.1 Das BFM verfügt Einreiseverbote gegenüber weggewiesenen Aus-
länderinnen und Ausländern, wenn die Wegweisung nach Art. 64d Abs. 2
Bst. a – c AuG sofort vollstreckt wird (Art. 67 Abs. 1 Bst. a AuG) oder die
betroffene Person der Ausreiseverpflichtung nicht innert Frist nachge-
kommen ist (Art. 67 Abs. 1 Bst. b AuG). Es kann sodann nach Art. 67
Abs. 2 AuG Einreiseverbote gegen ausländische Personen erlassen, die
gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Aus-
land verstossen haben oder diese gefährden (Art. 67 Abs. 2 Bst. a), Sozi-
alhilfekosten verursacht haben (Art. 67 Abs. 2 Bst. b) oder in Vorberei-
tungs-, Ausschaffungs- oder Durchsetzungshaft genommen werden
mussten (Art. 67 Abs. 2 Bst. c). Das Einreiseverbot wird für eine Dauer
von höchstens fünf Jahren verhängt. Es kann für eine längere Dauer ver-
fügt werden, wenn die betroffene Person eine schwerwiegende Gefahr für
die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt (Art. 67 Abs. 3 AuG).
Schliesslich kann die verfügende Behörde aus humanitären oder anderen
wichtigen Gründen von der Verhängung eines Einreiseverbots absehen
oder ein Einreiseverbot vollständig oder vorübergehend aufheben (Art. 67
Abs. 5 AuG).
3.2 Das Einreiseverbot stellt keine Sanktion dar, sondern eine Massnah-
me, um künftigen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor-
zubeugen (siehe Botschaft zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen
und Ausländer vom 8. März 2002 [nachfolgend: Botschaft], BBL 2002
3813). Die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 67 Abs. 2
Bst. a AuG bildet den Oberbegriff für die Gesamtheit der polizeilichen
Schutzgüter; sie umfasst unter anderem die Unverletzlichkeit der objekti-
ven Rechtsordnung und der Rechtsgüter Einzelner (Botschaft, a.a.O.,
3809; vgl. auch Art. 80 Abs. 1 Bst. a und b der Verordnung vom 24. Okto-
ber 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE, SR
142.201] sowie RAINER J. SCHWEIZER/PATRICK SUTTER/NINA WIDMER, in:
Rainer J. Schweizer [Hrsg.], Sicherheits- und Ordnungsrecht des Bundes,
SBVR Bd. III/1, Basel 2008, Teil B, Rz. 13 mit Hinweisen). In diesem Sin-
ne liegt nach Art. 80 Abs. 1 Bst. a VZAE ein Verstoss gegen die öffentli-
che Sicherheit und Ordnung unter anderem dann vor, wenn gesetzliche
Vorschriften oder behördliche Verfügungen missachtet werden. Wider-
handlungen gegen Normen des Ausländerrechts fallen ohne weiteres un-
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ter diese Begriffsbestimmung und können daher Anlass für die Verhän-
gung eines Einreiseverbots sein (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsge-
richts C-2771/2010 vom 3. Februar 2012 E. 4.3), wobei der Erlass einer
solchen Massnahme, wie erwähnt, stets zum Schutz vor künftigen Stö-
rungen und nicht im Sinne einer Sanktion erfolgt (vgl. Botschaft, a.a.O.,
3813).
4.
4.1 Die Vorinstanz begründete das Einreiseverbot primär damit, dass die
Beschwerdeführerin in der Schweiz ohne die erforderliche ausländer-
rechtliche Bewilligung erwerbstätig gewesen sei. Mit Urteil des Bezirksge-
richts Luzern vom 11. März 2013 ist die Beschwerdeführerin des rechts-
widrigen Aufenthaltes in der Schweiz sowie der Ausübung einer Erwerbs-
tätigkeit ohne Bewilligung (Prostitution), begangen vom 11. April 2012 bis
2. Juni 2012 in Luzern, für schuldig befunden und gestützt auf Art. 115
Abs. 1 Bst. b und c AuG zu einer (bedingt ausgesprochenen) Geldstrafe
von 40 Tagessätzen zu Fr. 10.- sowie zu einer Busse von Fr. 200.- verur-
teilt worden. Für das vorliegende Verfahren ist nicht von Belang, dass das
Einreiseverbot erlassen wurde, bevor dieses Strafurteil in Rechtskraft er-
wachsen ist, knüpft doch das Einreiseverbot grundsätzlich nicht an die Er-
füllung einer Strafnorm, sondern an das Vorliegen einer Polizeigefahr an.
Ob eine solche besteht und wie sie zu gewichten ist, hat die Behörde in
eigener Kompetenz unter Zugrundelegung spezifisch ausländerrechtli-
cher Kriterien zu beurteilen. Entsprechend ist die Behörde in der Regel
nicht gehalten, den rechtskräftigen Abschluss eines Strafverfahrens ab-
zuwarten, sofern das strafbare Verhalten – wie in casu – aufgrund der Ak-
ten, insbesondere des erwähnten polizeilichen Einvernahmeprotokolls,
als hinreichend erstellt betrachtet werden konnte (vgl. Urteil des Bundes-
verwaltungsgerichts C-4953/2010 vom 24. August 2012 E. 6.1 mit Hin-
weis).
4.2 Ein mit Erwerbstätigkeit verbundener Aufenthalt in der Schweiz ist
grundsätzlich und ungeachtet seiner Dauer bewilligungspflichtig. Als Er-
werbstätigkeit gilt jede üblicherweise gegen Entgelt ausgeübte unselb-
ständige oder selbständige Tätigkeit, selbst wenn sie unentgeltlich erfolgt
(Art. 11 Abs. 1 und 2 AuG). Ohne Belang ist, in welchem zeitlichen Aus-
mass diese Tätigkeit ausgeübt wird. Das wird in Art. 1a Abs. 1 VZAE aus-
drücklich für die unselbständige Erwerbstätigkeit festgehalten, gilt jedoch
allgemein. Aufgrund der vorliegenden Akten (vgl. insbesondere das er-
wähnte Urteil des Bezirksgerichts Luzern vom 11. März 2013) ist klar er-
stellt, dass die Beschwerdeführerin in der Zeit von Mitte April 2012 bis zu
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ihrer Verhaftung am 2. Juni 2012 der entgeltlichen Prostitution nachging,
mithin ohne Bewilligung eine Erwerbstätigkeit ausübte und auf diese Wei-
se gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen hat. Sie hat
somit unter dem Gesichtspunkt von Art. 67 Abs. 2 Bst. a AuG hinreichen-
den Anlass für die Verhängung eines Einreiseverbots gesetzt, zumal ihr
Verhalten darauf schliessen lässt, dass sie auch künftig keine Gewähr für
ein Respektieren der schweizerischen Rechtsordnung bieten kann.
5.
5.1 Es bleibt zu prüfen, ob die Massnahme in richtiger Ausübung des Er-
messens ergangen und angemessen ist. Der Grundsatz der Verhältnis-
mässigkeit steht dabei im Vordergrund. Unter diesem Gesichtspunkt ist
eine wertende Abwägung vorzunehmen zwischen dem öffentlichen Inte-
resse an der Massnahme einerseits und den von der Massnahme beein-
trächtigten privaten Interessen des Betroffenen andererseits. Die Stellung
der verletzten oder gefährdeten Rechtsgüter, die Besonderheiten des
ordnungswidrigen Verhaltens und die persönlichen Verhältnisse des Ver-
fügungsbelasteten bilden dabei den Ausgangspunkt der Überlegungen
(vgl. statt vieler ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allge-
meines Verwaltungsrecht, 6. vollständig überarbeitete Aufl., Zü-
rich/St. Gallen 2010, Rz. 613 ff.).
5.2 Die Beschwerdeführerin ging in der Schweiz – wie festgestellt – ohne
Bewilligung einer Erwerbstätigkeit nach, was zu einer strafrechtlichen
Verurteilung führte. Aus dem manifestierten Verhalten der Beschwerde-
führerin, die sich im Übrigen gegenüber den zuständigen Behörden völlig
uneinsichtig gezeigt und das inkriminierte Verhalten vehement abgestrit-
ten hat, wird auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung geschlossen.
Das Einreiseverbot hat in erster Linie präventiven Charakter, um einer
weiteren illegalen Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin entgegenzu-
wirken. Die Vorinstanz war demnach berechtigt, zur Abwendung künftiger
Störungen ein Einreiseverbot zu verhängen. Den ausländerrechtlichen
Normen kommt im Interesse einer funktionierenden Rechtsordnung
grundsätzlich eine zentrale Bedeutung zu. Namentlich das generalprä-
ventiv motivierte Interesse, die ausländerrechtliche Ordnung durch eine
konsequente Massnahmenpraxis zu schützen, ist als gewichtig zu be-
trachten. Überdies liegt eine spezialpräventive Zielsetzung der Mass-
nahme darin, dass sie den Betroffenen ermahnt, bei einer allfälligen künf-
tigen Wiedereinreise in die Schweiz nach Ablauf der Dauer des Einreise-
verbots die für ihn geltenden Regeln einzuhalten (vgl. das erwähnte Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts C-2771/2010 vom 3. Februar 2012
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Seite 9
E. 6.1). Es besteht somit ein gewichtiges öffentliches Interesse an der be-
fristeten Fernhaltung der Beschwerdeführerin.
5.3 Die Beschwerdeführerin bringt keine besonderen persönlichen Inte-
ressen vor, welche es rechtfertigen würden, von einem Einreiseverbot
abzusehen. Das dargelegte öffentliche Interesse fällt demgegenüber stark
ins Gewicht. Die Fernhaltemassnahme wirkt im Übrigen nicht absolut.
Den Betroffenen steht die Möglichkeit offen, aus wichtigen Gründen die
zeitweilige Suspension der angeordneten Fernhaltemassnahme zu bean-
tragen (Art. 67 Abs. 5 AuG), wobei diese praxisgemäss nur für eine kurze
und klar begrenzte Zeit gewährt wird (vgl. das Urteil des Bundesverwal-
tungsgerichts C-3304/2009 vom 18. Januar 2012 E. 7.2 in fine mit Hin-
weis). Eine wertende Gewichtung der sich entgegenstehenden Interessen
führt im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass das auf drei Jahre befriste-
te Einreiseverbot sowohl vom Grundsatz her als auch in Bezug auf seine
Dauer eine verhältnismässige und angemessene Massnahme zum
Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellt. Sie entspricht
auch der Praxis in vergleichbaren Fällen (vgl. etwa Urteile des Bundes-
verwaltungsgerichts C-4953/2010 vom 24. August 2012, C-2900/2009
vom 31. März 2011, sowie noch unter der altrechtlichen Regelung ge-
mäss Art. 13 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Auf-
enthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAG, BS 1 121]:
C-4055/2007 bzw. C-4056/2007 vom 21. Januar 2009 und C-43/2006
vom 27. Februar 2007). Es liegen keine besonderen Gründe vor, die es
rechtfertigen würden, in casu von der bisherigen Praxis abzuweichen.
6.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung im
Ergebnis Bundesrecht nicht verletzt und den rechtserheblichen Sachver-
halt richtig und vollständig feststellt; sie ist auch angemessen (vgl. Art. 49
VwVG). Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die mit Zwi-
schenverfügung vom 18. Juli 2012 vorsorglich angeordnete Wiederher-
stellung der aufschiebenden Wirkung mit dem vorliegenden Urteil dahin-
fällt.
7.
Da der Beschwerde bereits im Zeitpunkt ihrer Einreichung keine Aussicht
auf Erfolg zugesprochen werden konnte, ist das im Verlaufe des Be-
schwerdeverfahrens gestellte Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen
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Seite 10
Rechtspflege samt Verbeiständung (Art. 65 Abs. 1 und 2 VwVG) abzu-
weisen. Auf die prozessuale Bedürftigkeit, die anscheinend vorliegt,
kommt es daher nicht mehr an.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Verfahrenskosten der Be-
schwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG, Art. 1 ff. des Reg-
lements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor
dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Aufgrund des
Umstandes, dass der Beschwerdeführerin bzw. ihrem Rechtsvertreter vor
Einreichung der Rechtsmitteleingabe nur unvollständige Akteneinsicht
seitens der Vorinstanz gewährt wurde (vgl. Bst. G und J des Sachver-
halts), rechtfertigt es sich jedoch, ausnahmsweise auf die Erhebung von
Verfahrenskosten zu verzichten (vgl. Art. 63 Abs. 1 letzter Satz VwVG,
Art. 6 Bst. b VGKE).

(Dispositiv nächste Seite)

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Seite 11
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Dem Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege samt
Rechtsverbeiständung wird nicht stattgegeben.
3.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
4.
Dieses Urteil geht an:
– die Beschwerdeführerin (Einschreiben)
– die Vorinstanz (Akten Ref-Nr. […] zurück)
– das Amt für Migration des Kantons Luzern (ad LU […])


Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:



Marianne Teuscher Daniel Brand



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