C-2946/2007 - Abteilung III - Zustimmung zur Aufenthaltsbewilligung - Verweigerung der Zustimmung zur Aufenthaltsverläng...
Karar Dilini Çevir:
C-2946/2007 - Abteilung III - Zustimmung zur Aufenthaltsbewilligung - Verweigerung der Zustimmung zur Aufenthaltsverläng...
Abtei lung II I
C-2946/2007
{T 0/2}
U r t e i l v o m 4 . D e z e m b e r 2 0 0 8
Richterin Ruth Beutler (Vorsitz),
Richterin Elena Avenati-Carpani, Richter Blaise Vuille,
Gerichtsschreiberin Barbara Haake.
X._______,
vertreten durch lic. iur. Johan Göttl,
Beschwerdeführerin,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Verweigerung der Zustimmung zur Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung (sowie Wegweisung).
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
C-2946/2007
Sachverhalt:
A.
Die türkische Staatsangehörige X._______, geboren 1980, stammt
aus einer alevitischen Familie in Anatolien. Sie reiste am 13. Septem-
ber 2000 in die Schweiz ein und stellte hier ein Asylgesuch, welches
später wieder zurückgezogen wurde. Am 15. Dezember 2000 heiratete
sie einen 21 Jahre älteren Landsmann mit Niederlassungsbewilligung,
Y._______, der im Oktober 2002 eingebürgert wurde. Aufgrund ihrer
Heirat erhielt X._______ eine Aufenthaltsbewilligung im Kanton Basel-
Landschaft. Am 30. April 2004 trennten sich die Eheleute voneinander;
ihre Scheidung erfolgte am 14. Juni 2006.
B.
Im Rahmen der Überprüfung der Aufenthaltsbewilligung von
X._______ übersandte die kantonale Fremdenpolizeibehörde ihrem
Ehemann am 10. Januar 2005 einen Fragebogen, zu welchem sich
Y._______ wie folgt äusserte: Grund für die eheliche Trennung sei ge-
wesen, dass seine Ehefrau seine Kinder – von denen ein Sohn bei ihm
lebe – nicht akzeptiert habe. Er hoffe auf eine Besserung und Wieder-
aufnahme der Beziehung, weshalb er auch nicht die Scheidung ein-
gereicht habe. Seit der Trennung habe er sporadischen Kontakt zu
seiner Ehefrau, diese rufe ihn auch öfters an. Ihre Liebe sei immer
noch gegenseitig.
C.
Nachdem das Amt für Migration des Kantons Basel-Landschaft
X._______ eine Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung in Aussicht
gestellt hatte, unterbreitete es dem Bundesamt am 15. Dezember 2006
einen entsprechenden Antrag zur Zustimmung. Letzteres teilte der Ge-
suchstellerin am 16. Januar 2007 mit, dass es die beantragte Zustim-
mung zu verweigern beabsichtige, und gewährte ihr hierzu das recht-
liche Gehör. In diesem Rahmen wies ihr Rechtsvertreter mit Schreiben
vom 20. Februar 2007 auf den grundsätzlichen Aufenthaltsanspruch
und die hiesige Integration seiner Mandantin hin.
D.
Mit Verfügung vom 27. März 2007 verweigerte das BFM die Zustim-
mung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wies X._______
aus der Schweiz weg und setzte ihr eine Ausreisefrist an. Zur Be-
gründung führte die Vorinstanz aus, der ursprüngliche Aufenthalts-
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zweck – der Verbleib beim Ehemann – sei als erfüllt zu betrachten. Die
eheliche Lebensgemeinschaft sei bereits nach dreieinhalb Jahren auf-
gelöst worden, danach habe keine Aussicht mehr auf ein erneutes
Zusammenleben bestanden, so dass das Festhalten an der nur noch
formell bestehenden Ehe als rechtsmissbräuchlich gewertet werden
müsse. Der gesamte Aufenthalt in der Schweiz von knapp sechsein-
halb Jahren könne nicht als besonders lange Anwesenheitsdauer be-
zeichnet werden und begründe trotz der zweifellos erfolgten Integra-
tion keine besondere Härte für den Fall, dass sie die Schweiz wieder
verlassen müsse. Die 27-jährige Ausländerin habe den grössten Teil
ihres Lebens – einschliesslich der prägenden Jugendjahre – in ihrem
Heimatland verbracht und werde daher in der Lage sein, sich dort
nach ihrer Rückkehr eine neue Existenz aufzubauen.
E.
Gegen diese Verfügung erhob der Rechtsvertreter von X._______,
Johan Göttl, am 25. April 2007 Beschwerde, wobei er beantragt, die
vorinstanzliche Verfügung aufzuheben und die Zustimmung zur Ver-
längerung ihrer Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Er macht geltend,
die Vorinstanz habe den an seine Mandantin gerichteten Vorwurf,
rechtsmissbräuchlich an der Ehe festgehalten zu haben, mit keinem
konkreten Hinweis untermauert und damit die Begründungspflicht ver-
letzt. Tatsächlich hätten sich die Ehegatten getrennt, um wieder zu-
einander zu finden und ihrer Beziehung eine neue Chance zu geben.
Ursache der Trennung sei gewesen, dass die Beschwerdeführerin Mü-
he gehabt habe, die Kinder ihres Ehemannes zu akzeptieren. Es sei
deswegen zu Streitereien gekommen. Die Bemühungen um Wieder-
vereinigung seien aber erst dann gescheitert, als ihr Ehemann im
Frühjahr 2006 eine andere Frau kennen gelernt und sich in sie verliebt
habe. Erst zu diesem Zeitpunkt – mehr als fünf Jahre nach der Heirat –
sei den Ehegatten klar geworden, dass die Fortführung ihrer Ehe
keinen Sinn mehr mache. Sowohl Y._______ wie auch zwei Freun-
dinnen der Beschwerdeführerin könnten – was sich aus deren bei-
gefügten schriftlichen Erklärungen ergebe – bestätigen, dass die Ehe-
gatten bis dahin die Absicht gehabt hätten, wieder zusammen zu
finden.
Selbst wenn X._______ keinen Anspruch auf Verlängerung der Aufent-
haltbewilligung habe, müsse ihr der weitere Verbleib in der Schweiz
aufrund ihres überwiegenden privaten Interesses ermöglicht werden.
Während ihres sechseinhalbjährigen hiesigen Aufenthalts habe sie
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sich bestens integriert und ein gefestigtes Beziehungsnetz aufgebaut.
In der Türkei wäre eine Wiedereingliederung mit grossen Problemen
verbunden, insbesondere auch deshalb, weil sie von ihrer sehr tradi-
tionell-religiösen Familie wegen der Scheidung von ihrem Ehemann
abgelehnt werde. Abgesehen davon habe die jetzige Situation mit der
drohenden Ausschaffung für sie zu massiven psychischen Problemen
geführt.
F.
In ihrer Vernehmlassung vom 5. Juli 2007 nimmt die Vorinstanz Bezug
auf die in der angefochtenen Verfügung enthaltenden Ausführungen
und beantragt die Abweisung der Beschwerde.
G.
Der weitere Akteninhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwä-
gungen Berücksichtigung finden.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni
2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht unter
Vorbehalt der in Art. 32 VGG genannten Ausnahmen Beschwerden
gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezem-
ber 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021), welche
von einer der in Art. 33 und Art. 34 VGG aufgeführten Behörde er-
lassen wurden. Darunter fallen Verfügungen des BFM betreffend Zu-
stimmung zur Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung
und betreffend Wegweisung.
1.2 Mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005
über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG, SR 142.20) am 1. Janu-
ar 2008 wurde das Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt
und Niederlassung der Ausländer (ANAG, BS 1 121) aufgehoben (Art.
125 AuG i.V.m. Ziffer I Anhang AuG). Da das der vorliegenden Be-
schwerde zugrundeliegende Gesuch um Verlängerung der Aufenthalts-
bewilligung vor Inkrafttreten des AuG eingereicht wurde, ist gemäss
Art. 126 Abs. 1 AuG das bisherige Recht, d.h. das ANAG und die da-
rauf abgestützten, per 1. Januar 2008 ebenfalls aufgehobenen Ver-
ordnungen (vgl. Art. 91 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zu-
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lassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE, SR 142.201]), an-
wendbar. Demgegenüber findet das neue Verfahrensrecht Anwendung
(vgl. Art. 126 Abs. 2 AuG).
1.3 Als Adressatin der Verfügung ist die Beschwerdeführerin zu deren
Anfechtung legitimiert. Auf die frist- und formgerecht eingereichte Be-
schwerde ist deshalb einzutreten (Art. 48 ff. VwVG).
2.
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung
von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechts-
erheblichen Sachverhaltes und – soweit nicht eine kantonale Behörde
als Beschwerdeinstanz verfügt hat – die Unangemessenheit gerügt
werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im
Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist
gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht
gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den gel-
tend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist
grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines Entscheides (vgl.
BGE 129 II 215 nicht publ. E. 1.2).
3.
Die Kantone sind zuständig für die Erteilung und Verlängerung von
Bewilligungen (Art. 15 Abs. 1 und 18 ANAG sowie Art. 51 der Verord-
nung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Auslän-
der [BVO, AS 1986 1791]). Vorbehalten bleibt jedoch die Zustimmung
durch das BFM. Dessen Zustimmungserfordernis ergibt sich im vor-
liegenden Fall aus Art. 1 Abs. 1 Bst. a der Verordnung über das Zu-
stimmungsverfahren im Ausländerrecht (AS 1983 535) in Verbindung
mit den bis 31. Dezember 2007 gültigen Weisungen und Erläuterungen
des BFM über Einreise, Aufenthalt und Arbeitsmarkt (ANAG-Weisun-
gen, 3. Auflage, Bern, Mai 2006). Letztere sehen in Ziffer 132.4 Bst. e
vor, dass die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung eines Auslän-
ders oder einer Ausländerin nach der Scheidung vom schweizerischen
Ehegatten oder nach dessen Tod dem BFM zur Zustimmung zu unter-
breiten ist, falls der Ausländer oder die Ausländerin nicht aus einem
Mitgliedstaat der EFTA oder der EG stammt.
4.
Gemäss Art. 4 ANAG entscheidet die zuständige Behörde, im Rahmen
der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland, nach
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freiem Ermessen über die Bewilligung von Aufenthalt und Nieder-
lassung. Auf die Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltsbewilli-
gung besteht grundsätzlich kein Anspruch, es sei denn, der Ausländer
oder seine in der Schweiz lebenden Angehörigen können sich auf eine
Sondernorm des Bundesrechts oder eines Staatsvertrages berufen
(BGE 133 I 185 E. 2.3 S. 189, 131 II 339 E. 1 S. 342 f.).
4.1 Ursprünglich verfügte die Beschwerdeführerin aufgrund der am
15. Dezember 2000 erfolgten Heirat mit einem in der Schweiz nieder-
gelassenen Ausländer über einen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung
und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung (Art. 17 Abs. 2 Satz 1
ANAG). Nach der Einbürgerung ihres Ehegatten im Oktober 2002
konnte die Beschwerdeführerin diesen Anspruch auf Art. 7 Abs. 1 Satz
1 ANAG stützen. Allerdings ist dieser Anspruch mit der Ehescheidung
dahingefallen. Sollte die Beschwerdeführerin jedoch vor der Scheidung
einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung erwor-
ben haben – was gemäss Art. 7 Abs. 1 Satz 2 ANAG einen ordnungs-
gemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren vor-
aussetzt – so kann sie sich hierauf auch nach Beendigung der Ehe
berufen (BGE 128 II 145 E. 1.1.4 und 1.1.5 S. 149 f. mit Hinweisen).
Der Parteivertreter hat sich zwar darauf beschränkt, für seine Mand-
antin die Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung ein-
zufordern. Falls jedoch ein Anspruch auf Erteilung einer Niederlas-
sungsbewilligung bestünde – was es als Rechtsfrage von Amtes
wegen zu berücksichtigen gilt (BGE 128 II 145 E. 1.1.4 S. 149) –
könnte der Betroffenen die ein weniger gefestigtes Anwesenheitsrecht
vermittelnde Aufenthaltsbewilligung erst recht nicht verweigert werden.
4.2 Da die Ehe der Beschwerdeführerin länger als fünf Jahre dauerte
und sie während dieser Zeit stets in der Schweiz lebte, hätte sie
grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung der Niederlassungsbe-
willigung.
4.2.1 Kein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung
besteht jedoch, wenn die Ehe eingegangen wurde, um die Vorschriften
über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern und namentlich
jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen (Art. 7
Abs. 2 ANAG). Erfasst davon wird zum einen die so genannte Schein-
ehe bzw. Ausländerrechtsehe, bei der die Ehegatten von vornherein
keine echte eheliche Gemeinschaft beabsichtigen. Doch auch wenn
die Ehe nicht bloss zum Schein eingegangen wurde, heisst das nicht
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zwingend, dass dem ausländischen Ehepartner der Aufenthalt unge-
achtet der weiteren Entwicklung gestattet werden muss; in einem sol-
chen Fall ist zu prüfen, ob sich die Ehe nicht anderweitig als rechts-
missbräuchlich erweist (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_674/2007
vom 26. Februar 2008 E. 2 mit Hinweisen).
4.2.2 Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn ein Rechtsinstitut zweckwidrig
zur Verwirklichung von Interessen verwendet wird, die dieses Rechts-
institut nicht schützen will (BGE 133 II 6 E. 3.2 S. 12). Im Zusammen-
hang mit Art. 7 ANAG ist dies der Fall, wenn sich der Ausländer im
Verfahren um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung auf eine Ehe be-
ruft, welche nur (noch) formell und ohne Aussicht auf Aufnahme bzw.
Wiederaufnahme einer ehelichen Gemeinschaft besteht oder einzig
mit dem Ziel aufrecht erhalten wird, der ausländischen Person hier-
zulande ein Anwesenheitsrecht zu ermöglichen. Dieses Ziel wird von
Art. 7 ANAG nicht geschützt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_674/
2007 a.a.O., BGE 131 ll 265 E. 4.2 S. 267 mit Hinweisen). Ein Rechts-
missbrauch darf jedoch nicht leichthin angenommen werden, insbe-
sondere deshalb nicht, weil der Gesetzgeber die Erteilung der Aufent-
haltsbewilligung nicht vom ehelichen Zusammenleben abhängig
gemacht hat, um auf diese Weise den ausländischen Ehegatten vor
der Willkür des schweizerischen Gatten zu schützen. Erforderlich sind
klare Hinweise darauf, dass die Führung einer Lebensgemeinschaft
nicht mehr beabsichtigt bzw. zu erwarten ist (vgl. Urteile des Bundes-
gerichts 2C_644/2008 vom 16. Oktober 2008 E. 3 und 2C_211/2008
vom 29. Juli 2008 E. 2.2 je mit Hinweisen); dies entzieht sich in der
Regel einem direkten Beweis und ist oft bloss durch Indizien zu er-
stellen (BGE 130 II 113 E. 10.2 und 10.3 S. 135 f., 128 II 145 E. 2.2,
2.3 und 3.1 S. 151 ff., 127 II 49 E. 5a S. 56 f.). Ein entsprechender
Sachverhalt muss schliesslich bereits vor Ablauf der Fünfjahresfrist
gemäss Art. 7 Abs. 1 Satz 2 ANAG vorgelegen haben. Ob die Ehe
danach noch gelebt wurde oder Bestand hatte, ist grundsätzlich uner-
heblich (BGE 121 II 97 E. 4c S. 104 f.). Immerhin können aber nach-
träglich eingetretene Sachumstände Indizien bilden, welche auf das
Vorliegen (oder Nichtvorliegen) eines Rechtsmissbrauchs im massgeb-
lichen Zeitpunkt schliessen lassen (Urteil des Bundesgerichts
2C_408/2008 vom 11. September 2008 E. 3.2).
4.3 Dass die Beschwerdeführerin unmittelbar nach ihrer Einreise in
die Schweiz ein Asylgesuch stellte und bereits drei Monate später
einen hier lebenden Landsmann – 21 Jahre älter als sie und mit
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Kindern aus einer vorhergehenden Beziehung – heiratete, deutet da-
rauf hin, dass sie die Ehe nur eingegangen ist, um ein Anwesenheits-
recht in der Schweiz zu erlangen. Angesichts der nachfolgenden Er-
wägungen kann diese Frage jedoch offen bleiben.
4.4 Die am 15. Dezember 2000 mit Y._______ geschlossene Ehe
dauerte formell fünfeinhalb Jahre, bevor am 14. Juni 2006 die Schei-
dung ausgesprochen wurde. Faktisch wurde die eheliche Gemein-
schaft indessen bereits nach weniger als dreieinhalb Jahren, am
30. April 2004, aufgegeben. In ihrer Beschwerde nannte X._______
als Trennungsgrund den Umstand, dass sie die Kinder ihres Ehe-
mannes nicht habe akzeptieren können. Ihr damaliger Ehemann hatte
sich bereits anfangs 2005 gegenüber der kantonalen Fremdenpolizei
in gleicher Weise geäussert. Übereinstimmend wurde von beiden Ehe-
gatten jeweils erklärt, sie hätten die Trennung als Chance für einen
Neuanfang betrachtet. Weder X._______ noch Y._______ haben
jedoch ihre angeblichen Absichten auf einen Neubeginn konkretisiert
bzw. dargelegt, unter welchen Umständen die Wiederaufnahme der
ehelichen Lebensgemeinschaft hätte erfolgen können. Insbesondere
wäre zu erwarten gewesen, dass die Ehegatten Massnahmen zur
Rettung ihrer Ehe – beispielsweise eine Eheberatung oder -therapie –
ergriffen hätten, und zwar erst recht angesichts der Behauptung,
X._______ habe die Lebensgemeinschaft aufgrund der Probleme mit
den Kindern ihres Ehepartner aufgelöst. Vor diesem Hintergrund kann
nicht geglaubt werden, dass die Ehegatten die Lösung ihrer Probleme
ganz allein dem Zeitablauf überlassen wollten. Vielmehr lässt das
soeben beschriebene Verhalten darauf schliessen, dass die Ehe –
wenn sie schon nicht zum Schein eingegangen wurde – der
Beschwerdeführerin doch zumindest nach erfolgter Trennung ihr
hiesiges Aufenthaltsrecht sichern sollte.
4.4.1 Die Beschwerdeführerin hat eingewendet, die Vorinstanz habe
den an sie gerichteten Vorwurf, rechtsmissbräuchlich an ihrer Ehe
festgehalten zu haben, mit keinem konkreten Hinweis untermauert und
damit ihre Begründungspflicht verletzt. Dem ist jedoch, wie bereits ge-
sagt, entgegenzuhalten, dass ein derartiger Rechtsmissbrauch dem di-
rekten Beweis kaum zugänglich und in der Regel nur durch Indizien zu
erstellen ist (siehe E. 4.2.2). Diese Indizien sind soeben dargelegt
worden.
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4.4.2 Weiterhin hat die Beschwerdeführerin geltend gemacht, sowohl
ihr Ex-Ehemann wie auch zwei ihrer Freundinnen könnten bestätigen,
dass die eheliche Trennung erfolgt sei, um der Beziehung eine neue
Chance zu geben; definitiv sei die Ehe erst im Jahre 2006, nachdem
ihr Ehemann eine neue Partnerschaft eingegangen sei – gescheitert.
Für diese Behauptung hat X._______ schriftliche Bestätigungen der
drei genannten Personen zu den Akten gereicht; diesen (am 18. und
19. April 2007) verfassten Schriftstücken kommt jedoch kein erheb-
licher Beweiswert zu. Den Referenzpersonen kann zwar unterstellt
werden, dass sie ihre eigenen, in Bezug auf die Ehe wohlmeinenden
Überzeugungen kundgetan haben. Es liegt jedoch in der Natur der
Sache, dass eine qualitative Beurteilung der Ehe und der damit ver-
bundenen wirklichen Wünsche und Absichten der Beschwerdeführerin
überhaupt nicht erfolgen konnte. Die vorgelegten Schriftstücke sind
daher nicht geeignet, neue Erkenntnisse herbeizuführen bzw. die vor-
hin genannten Indizien, die auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten
der Beschwerdeführerin schliessen lassen, in Frage zu stellen.
4.5 Bei dieser Sachlage kann davon ausgegangen werden, dass mit
der Trennung der Ehegatten nach rund dreieinhalb Jahren keine Aus-
sicht auf Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft mehr bestand
und die Beschwerdeführerin von da an lediglich im Hinblick auf einen
mutmasslichen Aufenthaltsanspruch – und demzufolge rechtsmiss-
bräuchlich – an ihrer nur noch formell bestehenden Ehe festhielt. Sie
verfügte somit vor ihrer Scheidung über keinen Anspruch auf Erteilung
einer Niederlassungsbewilligung.
5.
Als Anspruchsnormen kommen allenfalls noch Art. 8 Abs. 1 der Kon-
vention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101) sowie Art. 13 Abs. 1 der Schweize-
rischen Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV; SR 101) in Be-
tracht, die beide – abgesehen vom Recht auf Familienleben – auch
das Recht auf Achtung des Privatlebens gewährleisten. Nach der bun-
desgerichtlichen Rechtsprechung kommt diesem Recht in ausländer-
rechtlichen Fällen zwar grundsätzlich eine selbständige Auffangfunk-
tion gegenüber dem engeren das Familienleben betreffenden Schutz-
bereich zu; allerdings bedarf es hierfür besonders intensiver, über eine
normale Integration hinausgehender privater Bindungen gesellschaft-
licher oder beruflicher Natur bzw. entsprechender vertiefter sozialer
Beziehungen zum ausserfamiliären bzw. ausserhäuslichen Bereich
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(Urteil des Bundesgerichts 2C_425/2007 vom 13. November 2007 E.
2.1.2, BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S. 286 mit Hinweisen). Derartige
Beziehungen werden von der Beschwerdeführerin jedoch weder in
konkreter Form geltend gemacht, noch sind sie aus dem Akteninhalt
ersichtlich.
6.
6.1 Ist demzufolge ein Aufenthaltsanspruch der Beschwerdeführerin
zu verneinen, stellt sich die Frage, ob im Rahmen des Ermessens die
Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu erteilen
ist (Art. 4 ANAG). Die Ermessensausübung bedeutet nicht, dass die
Bewilligungsbehörde in ihrer Entscheidung völlig frei wäre. Insbeson-
dere hat sie die geistigen und wirtschaftlichen Interessen sowie den
Grad der Überfremdung des Landes zu berücksichtigen (Art. 16 Abs. 1
ANAG und Art. 8 Abs. 1 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949
zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer
[ANAV, AS 1949 228]). Dementsprechend ist eine Abwägung der
öffentlichen Interessen der Schweiz und der privaten Interessen des
Betroffenen vorzunehmen, wobei ein strengerer Massstab zur An-
wendung gelangt als bei jenen Aufenthaltsbewilligungen, auf die ein
Rechtsanspruch besteht.
6.2 Die Schweiz verfolgt zur Verwirklichung der in Art. 1 BVO formu-
lierten migrationspolitischen Ziele eine restriktive Linie gegenüber er-
werbstätigen Drittstaatsangehörigen, d.h. ausländischen Personen aus
dem Nicht-EU/EFTA-Raum (vgl. BGE 133 II 6 E. 6.3.1 S. 28). Diese
Politik findet ihren Ausdruck insbesondere in den strengen regulato-
rischen Zulassungsbeschränkungen der Begrenzugsverordnung, de-
nen erwerbstätige Drittstaatsangehörige namentlich in Gestalt hoher
Anforderungen an die berufliche Qualifikation (Art. 8 BVO) und der
Höchstzahlen (Art. 12 BVO) unterworfen sind. Das erhebliche Gewicht
des öffentlichen Interesses an der Durchsetzung der restriktiven Ein-
wanderungspolitik gegenüber Drittstaatsangehörigen zeigt sich daran,
dass humanitäre Gründe in diesem rechtlichen Zusammenhang erst
Bedeutung erlagen, wenn die Betroffenheit des Einzelnen die Grenze
zum schwerwiegenden persönlichen Härtefall im Sinne von Art. 13
Bst. f BVO überschreitet. Nach der Auflösung der Ehe, welche die aus-
ländische Person von den restriktiven qualitativen und quantitativen
Zulassungsvoraussetzungen der Begrenzungsverordnung ausnimmt,
muss die ausländische Person dieses öffentliche Interesse grundsätz-
lich wieder gegen sich gelten lassen, auch wenn sie gemäss Art. 12
Seite 10
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Abs. 2 BVO den Höchstzahlen der Begrenzungsverordnung nach wie
vor nicht untersteht. Es ist deshalb ein vergleichsweise strenger Mass-
stab angebracht, wenn es zu beurteilen gilt, ob nach Wegfall des Privi-
legierungsgrundes private Interessen bestehen, denen gegenüber das
öffentliche Interesse an der Durchsetzung der restriktiven Migrations-
politik zurückzustehen hat (vgl. das Urteil des Bundesverwaltungs-
gerichtes C-497/2006 vom 21. April 2008 E. 6.1 mit Hinweis). Dement-
sprechend geht das Bundesverwaltungsgericht mit der Vorinstanz da-
von aus, dass die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach Auflö-
sung der Ehe in erster Linie ein Instrument zur Vermeidung von Härte-
fällen darstellt (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-7331/
2007 vom 9. Mai 2008 E. 7.1 mit Hinweis; ferner Ziff. 654 ANAG-
Weisungen).
6.3 Bei der Prüfung der Frage, ob die auf dem Spiele stehenden priva-
ten Interessen eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung rechtferti-
gen, ist zu untersuchen, inwieweit es der ausländischen Person in per-
sönlicher, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht zugemutet werden
kann, den Aufenthalt in der Schweiz aufzugeben, in ihre Heimat zu-
rückzukehren und dort zu leben. Dies erfordert eine Gegenüberstel-
lung der jetzigen persönlichen Verhältnisse in der Schweiz und der
künftigen im Ausland. In einer besonderen Situation befinden sich
insofern diejenigen ausländischen Personen, die im Zuge einer Heirat
mit einem Schweizer Bürger oder einer hier niedergelassenen Person
ihren Lebensmittelpunkt rechtmässig in die Schweiz verlegt haben.
Deren besondere Situation nahm der Gesetzgeber zum Anlass, ihnen
nach fünf Jahren Ehe einen zivilstandsunabhängigen Anspruch auf
weiteren Aufenthalt in der Schweiz zu verleihen (vgl. Art. 7 Abs. 1 und
Art. 17 Abs. 2 ANAG). Vor dem Erreichen der genannten zeitlichen
Grenze kommt es daher im Rahmen der Interessenabwägung ent-
scheidend darauf an, welche Bedeutung den ehespezifischen Ele-
menten – Dauer der ehelichen Gemeinschaft, Vorhandensein gemein-
samer Kinder, Umstände der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft –
im konkreten Einzelfall zukommt. Je mehr diese Elemente ins Gewicht
fallen, um so eher wird man eine Rückkehr ins Heimatland als unzu-
mutbar erachten. Zum gegenteiligen Ergebnis gelangt man dann,
wenn das private Interesse am Verbleib in der Schweiz keinen ehe-
spezifischen Hintergrund hat und sich daher dem öffentlichen Inter-
esse an einer restriktiven Ausländerpolitik unterordnen muss (vgl.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-7331/2007 vom 9. Mai 2008
E. 7.3 mit Hinweisen).
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7.
Die Beschwerdeführerin ist im September 2000 – damals 20-jährig –
als Asylbewerberin in die Schweiz eingereist. Im Dezember 2000 hei-
ratete sie einen hier niedergelassenen Landsmann, der mittlerweile
über das Schweizer Bürgerrecht verfügt. Ihre aus der Eheschliessung
resultierende Aufenthaltsbewilligung wurde letztmalig bis zum 14. De-
zember 2006 verlängert und dauerte somit rund sechs Jahre; seitdem
wird ihre Anwesenheit von den schweizerischen Behörden lediglich
aufgrund des hängigen Aufenthaltsverfahrens geduldet. X._______ hat
in ihrer Beschwerde vorgebracht, sie habe sich in der Schweiz bestens
integriert und ein gefestigtes Beziehungsnetz aufgebaut, wohingegen
sie sich in der Türkei nur mit grossen Problemen wieder eingliedern
könne.
7.1 In den vorinstanzlichen Akten befinden sich mehrere im Januar
2007 verfasste Sympathieschreiben, welche teils das freundliche We-
sen und die hiesige Integration der Beschwerdeführerin, teils ihre
zuverlässige und fleissige Arbeit als Raumpflegerin betonen. Dem Ak-
teninhalt ist weiterhin zu entnehmen, dass sie im ersten Halbjahr 2005
das Grundqualifikationsjahr der gewerblich-industriellen Berufsfach-
schule Muttenz besucht hat; zudem ist ein (schlecht leserliches) An-
meldeformular für einen Informatikkurs vorhanden. Alldem ist zu ent-
nehmen, dass X._______ persönliche und berufliche Integrations-
bemühungen unternommen hat und von ihren Arbeitgebern offensicht-
lich auch geschätzt wird. Ihr kann ebenfalls zugute gehalten werden,
dass sie ihren Lebensunterhalt bisher eigenständig bestreiten konnte.
Die sich aus dem Akteninhalt ergebenden Integrationsbemühungen
können ihre Behauptung, sie habe sich in der Schweiz bestens inte-
griert und ein gefestigtes Beziehungsnetz aufgebaut, jedoch kaum un-
termauern. Auch in der Beschwerde finden sich hierzu keine Präzi-
sierungen, was eher darauf schliessen lässt, dass sich X._______
nicht allzu stark in die hiesigen Lebensverhältnisse eingliedern konnte.
Bestenfalls kann davon ausgegangen werden, dass ihre soziale und
berufliche Integration einer normalen zeitlichen Entwicklung entspricht;
auf keinen Fall aber erscheint ihre berufliche und soziale Integration
derart aussergewöhnlich, dass von einer hiesigen Verwurzelung und
der Entfremdung von früheren Lebensverhältnissen ausgegangen wer-
den könnte.
Seite 12
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7.2 Abgesehen davon lässt auch der eheliche Hintergrund der Be-
schwerdeführerin nicht auf ein überwiegendes privates Interesse am
weiteren Verbleib in der Schweiz schliessen. X._______ hat ihren
(damals mehr als doppelt so alten) Ehemann im Alter von 20 Jahren
geheiratet. Ihre eheliche Lebensgemeinschaft ging nach knapp drei-
einhalb Jahren in die Brüche; schon ab diesem Zeitpunkt musste sie
daher mit einer künftigen Beendigung ihres auf die Ehe gestützten
Aufenthaltsanspruchs rechnen. Ihrer Ehe entstammen keine Kinder. Es
kann daher ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sie sich
in ihrer Heimat, die sie vor acht Jahren verlassen hat und in der noch
ihre Familienangehörigen leben, wieder eingliedern kann.
7.3 Die Beschwerdeführerin hat eingewendet, sie werde von ihrer sehr
traditionell-religiösen (alevitischen) Familie aufgrund ihrer Scheidung
abgelehnt, so dass eine Reintegration in der Türkei mit grossen Pro-
blemen verbunden sei. Fraglich ist, ob und in welchem Umfang dieser
recht pauschale Einwand Berücksichtigung finden kann.
7.3.1 Grundsätzlich ist es im Verwaltungsverfahren Sache der Be-
hörden, den entscheidwesentlichen Sachverhalt abzuklären (vgl. Art.
12 VwVG). Die Tragweite der Untersuchungsmaxime wird jedoch stark
durch die Pflicht der Parteien relativiert, an der Feststellung des Sach-
verhalts mitzuwirken, welche namentlich insoweit greift, als eine Partei
das Verfahren durch eigenes Begehren eingeleitet hat oder darin ei-
gene Rechte geltend macht (vgl. Art. 13 VwVG und Art. 52 VwVG
sowie speziell im Ausländerrecht Art. 3 Abs. 2 und Art. 13f ANAG). Die
Mitwirkungspflicht gilt naturgemäss gerade für solche Tatsachen, die
eine Partei besser kennt als die Behörde und die diese ohne Mitwir-
kung der Partei gar nicht oder nicht mit vernünftigem Aufwand erheben
könnte (vgl. BGE 122 II 385 E. 4c/cc S. 394; 124 II 361 E. 2b S. 365).
Von einer ausländischen Person muss daher in einem Verfahren wie
dem vorliegenden verlangt werden, dass sie einerseits das Tatsachen-
material ins Verfahren einführt, aus dem sie ihre besondere Betroffen-
heit ableitet, und dass sie dies andererseits in einer Form macht, die
einer Überprüfung im Rahmen einer Beweisanordnung zugänglich ist
(BGE 126 II 97 E. 2e S. 101 f.). Allgemeine Behauptungen, Abstrak-
tionen, Zusammenfassungen und Wertungen genügen dabei nicht.
7.3.2 Dass der alevitische (gewisse Parallelen zum Islam aufwei-
sende) Glauben Ehescheidungen nicht zulässt, wird nicht bestritten.
Wie mit einer dennoch vollzogenen Scheidung umgegangen wird, ist
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jedoch eine andere Frage. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
dass in der Türkei im Jahre 1926 das Schweizer Zivilrecht eingeführt
wurde, dass das türkische Rechtssystem somit ein den europäischen
Rechtssystemen vergleichbares Scheidungsrecht kennt und dass Ehe-
scheidungen somit zwangsläufig auch von Aleviten – zumal sie sich
selbst als Verfechter einer laizistischen Staatsform betrachten – als
rechtliche Tatsachen anerkannt werden müssen.
Als Nachteil für die Beschwerdeführerin resultiert daraus allenfalls die
Unmöglichkeit, innerhalb ihrer Glaubensgemeinschaft eine neue Ehe
eingehen zu können. Sonstige Nachteile hat sie jedoch nicht präzi-
siert, sondern verallgemeinernd auf die ablehnende Haltung ihrer Fa-
milie verwiesen: Weder hat sie sich zu den einzelnen Familienange-
hörigen geäussert, noch hat sie dargelegt, welche konkreten Folgen
die angebliche Nichtakzeptanz ihrer Verwandten für sie haben würden.
Vor diesem Hintergrund kann nicht gefolgert werden, dass die von ihr
behaupteten Probleme einer Reintegration in der Heimat ein unzumut-
bares Mass erreichen könnten.
8.
Die wertende Gewichtung der sich gegenüberstehenden Interessen
führt das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass unter den ge-
gebenen Umständen das private Interesse der Beschwerdeführerin an
der weiteren fremdenpolizeilichen Regelung ihres Aufenthalts in der
Schweiz gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung
der restriktiven Migrationspolitik – Personen aus dem Nicht-EFTA/EU-
Raum betreffend – zurückzustehen hat. Die Verweigerung der Zustim-
mung durch die Vorinstanz ist deshalb als verhältnismässige und an-
gemessene Massnahme zu bestätigen.
9.
Als Folge der verweigerten Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung
hat die Beschwerdeführerin die Schweiz zu verlassen (Art. 1a und Art.
12 Abs. 3 ANAG). Die von der Vorinstanz verfügte Wegweisung ist
damit rechtens. Demzufolge bleibt zu prüfen, ob Hinderungsgründe für
den Vollzug der Wegweisung anzunehmen sind (Art. 14a Abs. 2 – 4
ANAG) und das zuständige Bundesamt deshalb gestützt auf Art. 14a
Abs. 1 ANAG die vorläufige Aufnahme hätte verfügen müssen (vgl. das
Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. November 2007
C-571/2006 E. 6 mit Hinweis).
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9.1 Die Möglichkeit und Zulässigkeit des Wegweisungsvollzugs steht
im vorliegenden Fall ausser Frage. Demzufolge ist allenfalls relevant,
ob die zwangsweise Rückkehr für die Beschwerdeführerin eine kon-
krete Gefährdung mit sich brächte und damit nicht zumutbar wäre.
9.2 Eine konkrete Gefährdung kann bestehen aufgrund einer im Hei-
matland herrschenden politischen Lage, die sich durch Krieg, Bürger-
krieg oder durch eine Situation allgemeiner Gewalt kennzeichnet, oder
aufgrund anderer Gefahrenmomente, wie beispielsweise der Nichter-
hältlichkeit einer notwendigen medizinischen Behandlung. Wirtschaftli-
che Schwierigkeiten, von welchen die ansässige Bevölkerung regelmä-
ssig betroffen ist, wie Wohnungsnot oder ein schwieriger Arbeitsmarkt,
vermögen keine konkrete Gefährdung zu begründen. Gleiches gilt für
negative Folgen, die ihren Grund nicht in den Verhältnissen des Ziel-
lands, sondern im Vorgang des Wegweisungsvollzugs als solchem
haben: Depressionen bzw. psychische Probleme als Folge des durch
die Wegweisung verursachten Verlusts von Lebensperspektiven stellen
somit den Wegweisungsvollzug grundsätzlich nicht in Frage (vgl. Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts C-2276/2007 vom 24. November 2007
E. 8.2). Dagegen ist der Vollzug der Wegweisung nicht zumutbar, wenn
sich die ausländische Person im Falle einer zwangsweisen Rückkehr
in ihren Heimatstaat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer exis-
tenzgefährdenden Situation ausgesetzt sähe. Eine solche Situation
liegt namentlich dann vor, wenn die weggewiesene Person unwieder-
bringlich in völlige Armut gestossen würde, dem Hunger und somit
einer ernsthaften Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes, der
Invalidität oder sogar dem Tod ausgeliefert wäre (vgl. die Urteile des
Bundesverwaltungsgerichts C-1029/2007 vom 7. August 2007 E. 6.2
und C-598/2006 vom 16. April 2007 E. 7.2 je mit Hinweisen).
9.3 Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt nicht darauf schlies-
sen, dass die Wegweisung für sie zu einer existenzbedrohenden Situa-
tion führen könnte. Sie ist auch weder gesundheitlich gefährdet noch
sonst von einer Krankheit betroffen, deren medizinische Behandlung
anderswo nicht gewährleistet wäre. X._______ muss zwar in Kauf
nehmen, dass die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen in der
Türkei nicht denen der Schweiz entsprechen; dies ist jedoch, wie dar-
gelegt, ebenso unbeachtlich wie die von ihr behaupteten, mit der dro-
henden Rückschaffung zusammenhängenden psychischen Probleme.
Zusammenfassend betrachtet ist der Wegweisungsvollzug somit
zumutbar.
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10.
Aus diesen Darlegungen folgt, dass die angefochtene Verfügung als
rechtmässig zu bestätigen ist (vgl. Art. 49 VwVG). Die Beschwerde ist
demzufolge abzuweisen.
11.
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind der Beschwerde-
führerin die Kosten aufzuerlegen (vgl. Art. 63 Abs. 1 VwVG in Verbin-
dung mit Art. 1, Art. 2 und Art. 3 Bst. b des Reglements vom 21. Fe-
bruar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundes-
verwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin
auferlegt. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss gleicher
Höhe verrechnet.
3.
Dieses Urteil geht an:
- die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)
- die Vorinstanz
- das Amt für Migration Basel-Landschaft
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Ruth Beutler Barbara Haake
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Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim
Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-recht-
lichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 des
Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die
Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Be-
gehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Un-
terschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweis-
mittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat,
beizulegen (vgl. Art. 42 BGG).
Versand:
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