BVerwG 1 B 109.16 , Beschluss vom 09. November 2016 | Bundesverwaltungsgericht
Karar Dilini Çevir:
BVerwG 1 B 109.16 , Beschluss vom 09. November 2016 | Bundesverwaltungsgericht
Beschluss
BVerwG 1 B 109.16 VG Stuttgart - 11.04.2016 - AZ: VG 5 K 2040/16 VGH Mannheim - 20.06.2016 - AZ: VGH 1 S 1039/16
In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. November 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Fricke und Dr. Wittkopp
beschlossen:
Die Rechtsmittel der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 20. Juni 2016 (1 S 1039/16) werden verworfen. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Gründe
1 1. Die als "Nichtzulassungsbeschwerde" sowie "Antrag auf Zulassung einer Rechtsbeschwerde" bezeichneten Rechtsmittel sind schon deshalb unzulässig, weil sie nicht statthaft sind.
2 Die Klägerin begehrt der Sache nach die Zulassung einer weiteren Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Juni 2016, mit dem dieser ihre Beschwerde gegen die vorläufige Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht verworfen hat. Eine solche (weitere) Beschwerde ist gesetzlich nicht vorgesehen. Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe können durch Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht nur in den Fällen angefochten werden, die § 152 Abs. 1 VwGO anführt. Zu diesen Entscheidungen gehört der hier angefochtene Beschluss nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gerichtskostengesetz. Nach § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG findet selbst bei Beschlüssen, mit denen der Streitwert gemäß § 63 Abs. 2 GKG endgültig (d.h. nicht nur - wie hier - vorläufig nach § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG) festgesetzt worden ist, eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof nicht statt. Das schließt auch eine weitere Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht insgesamt aus; eine Zulassung durch das Oberverwaltungsgericht als Vorinstanz ist deshalb nicht vorgesehen und kann auch nicht durch Nichtzulassungsbeschwerde oder Zulassungsantrag erstritten werden (siehe auch § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 4 Satz 1 GKG).
3 2. Die Rechtsmittel sind auch deswegen unzulässig, weil die Klägerin nicht prozessfähig ist.
4 Der Mangel der Prozessfähigkeit folgt jedenfalls aus § 62 Abs. 2 VwGO. Danach ist ein geschäftsfähiger Betreuter bei Bestehen eines Einwilligungsvorbehalts nach § 1903 BGB, der den Gegenstand des Verfahrens betrifft, nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist. Im Fall der Klägerin besteht ein den Gegenstand des Verfahrens betreffender Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 BGB. Das Amtsgericht Rotenburg (Wümme) hat mit rechtskräftigem Beschluss vom 18. Dezember 2014 (10 XVII S 1057) nach § 1896 Abs. 1 BGB für die Klägerin einen Betreuer u.a. mit dem Aufgabenkreis "Rechtsangelegenheiten" bestellt und gemäß § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB angeordnet, dass sie zu Willenserklärungen auch in solchen Angelegenheiten (grundsätzlich) der Einwilligung des Betreuers bedarf. Die Voraussetzungen, unter denen die Klägerin nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ein Rechtsmittel ohne Einwilligung des Betreuers einlegen könnte, sind nicht erfüllt. Zwar bedarf der Betreute nach § 1903 Abs. 3 Satz 1 BGB trotz eines angeordneten Einwilligungsvorbehalts nicht der Einwilligung des Betreuers, wenn die Willenserklärung dem Betreuten lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Beschwerden und sonstige Rechtsmittel gehören regelmäßig nicht zu solchen Willenserklärungen, weil deren Einlegung mit einem Kostenrisiko nach § 154 Abs. 2 VwGO verbunden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 2015 - 5 B 49.15 - m.w.N.).
5 Vorliegend ist auch kein Fall gesetzlicher Gebührenfreiheit gegeben. § 68 Abs. 3 GKG, wonach Beschwerdeverfahren im Zusammenhang mit der Festsetzung des Streitwerts nach § 63 Abs. 2 GKG gebührenfrei sind und Kosten nicht erstattet werden, findet keine Anwendung. Die Gebührenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nur für nach den vorstehenden Regelungen statthafte Beschwerden (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2014 - IV ZB 4.14 - NJW 2014, 1597; BVerwG, Beschluss vom 15. März 2016 - 1 KSt 2.16 (1 B 18.16 ) - juris); um eine solche handelt es sich hier - wie ausgeführt - nicht. Vorschriften des öffentlichen Rechts, die die Klägerin hinsichtlich der hier in Rede stehenden Rechtsmittel als handlungsfähig anerkennen, sind nicht ersichtlich.
6 Mithin hätte die Klägerin zur wirksamen Einlegung der Rechtsmittel der Einwilligung ihres Betreuers bedurft (§ 1903 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB). Dieser hat eine entsprechende Einwilligung nicht erteilt. Er hat die Einlegung der Rechtsmittel auch nicht nachträglich genehmigt. Obwohl die Klägerin hinsichtlich der Rechtsmittel nicht prozessfähig ist, begründet deren Einlegung ein begrenztes Prozessrechtsverhältnis, in dem der Senat eine Entscheidung über die Zulässigkeit mit der sich aus § 154 VwGO ergebenden Kostenfolge zu treffen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. April 1998 - 3 B 70.97 - Buchholz 310 § 62 VwGO Nr. 27 m.w.N.).
7 3. Schließlich sind die Rechtsmittel nicht durch einen gemäß § 67 Abs. 4 VwGO vor dem Bundesverwaltungsgericht vertretungsberechtigten Prozessbevollmächtigten eingelegt worden.
8 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird nach § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG abgesehen.

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