BStGer - RR.2019.259 - Auslieferung an Kroatien. Auslieferungsentscheid (Art. 55 IRSG). - Beschwerdekammer: Rechtshilfe
Karar Dilini Çevir:



Entscheid vom 29. Oktober 2019
Beschwerdekammer
Besetzung Bundesstrafrichter
Roy Garré, Vorsitz,
Cornelia Cova und Stephan Blättler,
Gerichtsschreiberin Santina Pizzonia


Parteien

A., vertreten durch Advokat Christian von Wartburg,
Beschwerdeführer

gegen

BUNDESAMT FÜR JUSTIZ, Fachbereich Ausliefe-
rung,
Beschwerdegegner


Gegenstand Auslieferung an Kroatien

Auslieferungsentscheid (Art. 55 IRSG)

B u n d e s s t r a f g e r i c h t
T r i b u n a l p é n a l f é d é r a l
T r i b u n a l e p e n a l e f e d e r a l e
T r i b u n a l p e n a l f e d e r a l


Geschäftsnummer: RR.2019.259




- 2 -


Sachverhalt:

A. Das Justizministerium der Republik Kroatien ersuchte die Schweiz mit
Schreiben vom 22. Juli 2019 um Auslieferung des tschechischen Staatsan-
gehörigen A. zwecks Strafverfolgung gestützt auf den Haftbefehl des Be-
zirksgerichts Zagreb vom 14. Juli 2019 i.V.m. mit dem Beschluss der Staats-
anwaltschaft der Republik Kroatien, Amt für die Bekämpfung der Korruption
und der organisierten Kriminalität, vom 14. Juli 2019 (act. 5.1). Gleichzeitig
beantragten die kroatischen Behörden die Übertragung des schweizerischen
Strafverfahrens an Kroatien (s. nachfolgend lit. B). A. wird zusammengefasst
vorgeworfen, Mitglied einer international agierenden Bande zu sein, die grös-
sere Mengen Kokain von Südamerika nach Europa geschmuggelt haben soll
in der Absicht, dieses in Europa zu verkaufen (act. 5.1).


B. Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt hatte A. bereits am 16. Mai 2019 zusam-
men mit zwei weiteren Mittätern (B. und C.) im Rahmen ihrer Ermittlungen in
Basel festgenommen. Diese Festnahmen sowie die gleichzeitig erfolgte Be-
schlagnahme von 600 kg Kokain waren der Abschluss umfangreicher Ermitt-
lungen vieler ausländischer Staaten gegen die kriminelle Drogenhändler-
gruppierung um B. (act. 5.3).

In der Folge hatte am 19. Juni 2019 im Verfahren betreffend die «Operation
D.» ein Coordination Meeting bei Eurojust (Einheit für justizielle Zusammen-
arbeit der Europäischen Union, welche die Ermittlungen und Strafverfolgun-
gen der einzelnen Mitgliedstaaten koordiniert und die internationale Rechts-
hilfe sowie die Erledigung von Auslieferungsersuchen erleichtert) in Den
Haag stattgefunden, an welchem Vertreter der ermittlungsführenden Staaten
teilgenommen hatten (s. Abkommen zwischen der Schweiz und Eurojust
vom 27. November 2008). Dabei war festgestellt worden, dass der Schwer-
punkt sowohl der Ermittlungen als auch der kriminellen Aktivitäten der ver-
folgten Gruppierung in Kroatien liegt. Entsprechend waren die Meeting-Teil-
nehmer, einschliesslich der Schweiz, nach vorgängiger Rücksprache mit
dem Bundesamt für Justiz (nachfolgend «BJ») übereingekommen, die Straf-
verfolgung in Kroatien zu konzentrieren. Es war vereinbart worden, dass Kro-
atien die Schweiz um Auslieferung der in der Schweiz inhaftierten Personen
ersuchen und den Antrag auf Übertragung des schweizerischen Strafverfah-
rens an Kroatien sowie Herausgabe der Beweismittel stellen werde. In die-
sem Zusammenhang hatten die Vertreter der zuständigen Staatsanwalt-
schaft in Kroatien der stellvertretenden Verbindungsstaatsanwältin der
- 3 -


Schweiz bei Eurojust mitgeteilt, bei ihrem zuständigen Gericht zuvor Haftbe-
fehle für die drei in der Schweiz inhaftierten Personen (B., A. und C.) erhält-
lich zu machen (act. 5.3).


C. Nach Eingang des kroatischen Auslieferungsersuchens ersuchte das BJ mit
Schreiben vom 6. August 2019 die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt, A. zum
Auslieferungsersuchen zu befragen (act. 5.2).

Mit demselben Schreiben ersuchte das BJ die Staatsanwaltschaft Basel-
Stadt mit Blick auf die dargelegten gesetzlichen Grundlagen ebenfalls um
Stellungahme, ob und weshalb einer Auslieferung für Straftaten, die der
schweizerischen Gerichtsbarkeit unterlägen, der Vorrang gegenüber dem
Abschluss des schweizerischen Strafverfahrens gegeben werden solle. In
diesem Zusammenhang hielt das BJ fest, dass die kroatischen Behörden die
Auslieferung von A. auch für Straftaten verlangen würden, die in der Schweiz
sowie in Drittstaaten (Serbien, Slowenien, Tschechien und Frankreich) be-
gangen worden seien. Es hielt zum einen fest, dass für die Auslandstaten
bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen gemäss Art. 19 Abs. 4
des Bundesgesetzes vom 3. Oktober 1951 über die Betäubungsmittel und
die psychotropen Stoffe (BetmG; SR 812.121) auch eine schweizerische Zu-
ständigkeit bestehe. Zum anderen wies es darauf hin, dass die Auslieferung
für eine Tat, die der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterliege, gemäss
Art. 36 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. März 1981 über die internatio-
nale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG; SR 351.1) aus-
nahmsweise bewilligt werden könne, wenn besondere Umstände dies recht-
fertigen (act. 5.2).


D. Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt erklärte gegenüber dem BJ mit Antwort-
schreiben vom 9. August 2019, dass sie sich an die beim Coordination Mee-
ting bei Eurojust in Den Haag getroffenen Absprachen halte und einer Aus-
lieferung mit gleichzeitiger Strafübernahme der hiesigen Verfahren zu-
stimme. Diese Vorgehensweise sei sowohl sachlich (umfangreichste Ermitt-
lungen in Kroatien, Festnahme etlicher weiterer Organisationsmitglieder in
Kroatien, Sicherstellung in Basel sei nur der letzte Akt langjähriger Ermittlun-
gen und soll im Prozess gegen die Exponenten der Drogenhändlergruppie-
rung verwendet werden können) als auch prozessökonomisch am sinnvolls-
ten (act. 5.3).

Weiter stellte die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt dem BJ das Protokoll der
Einvernahme von A. vom 9. August 2019 zu. Anlässlich seiner Befragung
- 4 -


zum kroatischen Auslieferungsersuchen hatte dieser erklärt, mit einer Aus-
lieferung an Kroatien einverstanden zu sein (act. 5.3).


E. Mit Schreiben vom 7. August 2019 zeigte Advokat E. dem BJ an, dass A. ihn
mit der Wahrung seiner Interessen beauftragt habe und stellte diverse An-
träge. Unter anderem beantragte er unter Berufung auf Art. 130 lit. b i.V.m.
Art. 132 Abs 1 lit. a StPO, es sei A. die «amtliche Verteidigung» zu gewähren.
Die mit diesem Schreiben eingereichte Vollmachterteilung betreffend das
Strafverfahren datierte vom 17. Mai 2019 (act. 5.5).


F. Innerhalb der Bedenkfrist liess A. durch seinen Rechtsvertreter Advokat E.
mit Schreiben vom 12. August 2019 mitteilen, dass er seine Zustimmung zur
Auslieferung widerrufe (act. 5.4). Die mit diesem Schreiben eingereichte
Vollmachterteilung für das Auslieferungsverfahren datierte vom 9. August
2019 (act. 5.4).


G. Das BJ ernannte mit Schreiben vom 13. August 2019 Advokat E. auf dessen
Gesuch hin (gemäss dem Verständnis des BJ) zum unentgeltlichen Rechts-
beistand von A. (act. 5.6).


H. Mit Schreiben vom 26. August 2019 liess A. durch Advokat E. seine schriftli-
che Stellungnahme zum Auslieferungsersuchen einreichen (act. 5.7).


I. Mit Schreiben vom 29. August 2019 leitete die Staatsanwaltschaft Basel-
Stadt dem BJ ein Schreiben von Advokat Christian von Wartburg vom
28. August 2019 samt Vollmacht weiter. Darin erklärte dieser von A. beauf-
tragt worden zu sein, seine Interessen als Privatverteidiger im Strafverfahren
wahrzunehmen. Advokat von Wartburg teilte weiter mit, A. auch in einem
«etwaigen» Auslieferungsverfahren zu vertreten, und ersuchte gegebenen-
falls um Weiterleitung seines Schreibens an die zuständige Behörde. Die
Auftragserteilung für das Straf- und Auslieferungsverfahren datierte vom
23. August 2019 (act. 5.8).


J. Mit Verfügung vom 29. August 2019 widerrief die Staatsanwaltschaft Basel-
Stadt die mit Verfügung vom 22. Mai 2019 im Strafverfahren angeordnete
- 5 -


amtliche Verteidigung und entliess Advokat E. aus der amtlichen Verteidi-
gung. Zur Begründung führte sie aus, dass Advokat von Wartburg vom Be-
schuldigten als Privatverteidiger mandatiert worden sei und die Verteidigung
ab sofort wahrnehmen werde (act. 1.5).


K. Mit Schreiben vom 30. August 2019 wies das BJ Advokat von Wartburg da-
raufhin, dass Advokat E. zum unentgeltlichen Rechtsbeistand von A. ernannt
worden sei und A. nach Wissen des BJ weiterhin von Advokat E. mandatiert
sei. Ohne Gegenbericht gehe das BJ davon aus, dass der Auslieferungsent-
scheid diesem Rechtsvertreter zugestellt werden soll. Darüber hinaus er-
suchte es Advokat von Wartburg um Stellungnahme, woher A. die Vermö-
genswerte habe, einen privaten Rechtsbeistand zu verpflichten, nachdem er
zuvor um Einsetzung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes ersucht hatte.
Dieses Schreiben des BJ wurde auch Advokat E. inkl. Schreiben von Advo-
kat von Wartburg in Kopie zugestellt (act. 5.9).


L. Mit Schreiben vom 5. September 2019 informierte Advokat von Wartburg das
BJ, dass namens und im Auftrag von A. der Auslieferungsentscheid ihm zu-
gestellt werden solle und dass er diesen mit A. besprechen werde. Bezüglich
der Akteneinsicht werde er mit Advokat E. Kontakt aufnehmen. Zur Frage
der Finanzierung der Verteidigung und des privaten Anwaltsbeizugs, auch
für das Auslieferungsverfahren, teilte er sodann mit, dass der Vater von A.
ihn kontaktiert und um Übernahme des Falles gebeten habe. Jener habe ihm
auch zugesichert, dass er für die Kosten aufkommen werde (act. 5.10).


M. Mit Auslieferungsentscheid vom 6. September 2019 bewilligte das BJ die
Auslieferung von A. für die dem kroatischen Auslieferungsersuchen vom
22. Juli 2019 zu Grunde liegenden Straftaten. Der Entscheid wurde Advokat
E. zugestellt (act. 5.11 und 5.12).


N. Dagegen lässt A. durch Advokat von Wartburg mit Eingabe vom 9. Oktober
2019 Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts er-
heben. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Auslieferungsent-
scheids und die Nichtbewilligung seiner Auslieferung unter Kostenfolge. Zu-
sätzlich stellt er den Antrag auf Beizug der schweizerischen Auslieferungs-
und Strafakten sowie Gewährung des Rechts auf Replik (act. 1).


- 6 -


O. Mit Beschwerdeantwort vom 16. Oktober 2019 beantragt das BJ die Abwei-
sung der Beschwerde und reichte die Akten ein. Mit Schreiben vom 17. Ok-
tober 2019 wurde diese Eingabe dem Beschwerdeführer zur Kenntnis ge-
bracht (act. 6).


P. Auf die weiteren Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten
wird, soweit erforderlich, in den rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.



Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.
1.1 Für den Auslieferungsverkehr zwischen der Schweiz und Kroatien sind pri-
mär das Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember
1957 (EAUe; SR 0.353.1) sowie das zu diesem Übereinkommen am 15. Ok-
tober 1975 ergangene erste Zusatzprotokoll (1. ZP; SR 0.353.11) und das
am 17. März 1978 ergangene zweite Zusatzprotokoll (2. ZP; SR 0.353.12)
massgebend.

1.2 Soweit diese Staatsverträge bestimmte Fragen nicht abschliessend regeln,
findet auf das Verfahren der Auslieferung ausschliesslich das Recht des er-
suchten Staates Anwendung (Art. 22 EAUe), vorliegend also das Rechtshil-
fegesetz und die Verordnung vom 24. Februar 1982 über internationale
Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfeverordnung, IRSV; SR 351.11). Das
innerstaatliche Recht gelangt nach dem Günstigkeitsprinzip auch dann zur
Anwendung, wenn dieses geringere Anforderungen an die Auslieferung stellt
(BGE 142 IV 250 E. 3; 140 IV 123 E. 2 S. 126; 137 IV 33 E. 2.2.2 S. 40 f.;
jeweils m.w.H.). Vorbehalten bleibt die Wahrung der Menschenrechte
(BGE 135 IV 212 E. 2.3; 123 II 595 E. 7c S. 617; TPF 2016 65 E. 1.2).

1.3 Bestimmt es das IRSG nicht anders, so sind auf das Beschwerdeverfahren
in internationalen Rechtshilfeangelegenheiten zudem die Bestimmungen
des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfah-
ren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG; SR 172.021) anwendbar (Art. 39
Abs. 2 lit. b i.V.m. Art. 37 Abs. 2 lit. a StBOG; Art. 12 Abs. 1 IRSG).

2.
2.1 Gegen Auslieferungsentscheide des Bundesamtes kann innert 30 Tagen seit
der Eröffnung des Entscheides bei der Beschwerdekammer des Bun-
desstrafgerichts Beschwerde geführt werden (Art. 55 Abs. 3 i.V.m. Art. 25
- 7 -


Abs. 1 IRSG; Art. 37 Abs. 2 lit. a Ziff. 1 des Bundesgesetzes vom 19. März
2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes [StBOG;
SR 173.71]).

2.2 Die Beschwerde vom 9. Oktober 2019 gegen den Auslieferungsentscheid
vom 6. September 2019 (eröffnet am 9. September 2019; act. 5.12) wurde
fristgerecht erhoben, weshalb darauf einzutreten ist.


3.
3.1 Die Beschwerdekammer ist nicht an die Begehren der Parteien gebunden
(Art. 25 Abs. 6 IRSG). Sie prüft die Auslieferungsvoraussetzungen grund-
sätzlich mit freier Kognition. Die Beschwerdekammer befasst sich jedoch nur
mit Tat- und Rechtsfragen, die Streitgegenstand der Beschwerde bilden
(BGE 132 II 81 E. 1.4; 130 II 337 E. 1.4; TPF 2011 97 E. 5; Entscheid des
Bundesstrafgerichts RR.2013.357 vom 26. Februar 2014 E. 3).

3.2 Ebenso wenig muss sich die urteilende Instanz nach der bundesgerichtli-
chen Rechtsprechung mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinander-
setzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen. Sie kann
sich auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken und es
genügt, wenn die Behörde wenigstens kurz die Überlegungen nennt, von
denen sie sich leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt (BGE 141
IV 249 E. 1.3.1; 139 IV 179 E. 2.2; Urteil des Bundesgerichts 1A.59/2004
vom 16. Juli 2004, E. 5.2 m.w.H.).


4.
4.1 Der Beschwerdeführer rügt zunächst, dass der Auslieferungsentscheid nicht
seinem Rechtsvertreter (Advokat von Wartburg) sondern seinem vormaligen
Rechtsvertreter (Advokat E.) eröffnet worden sei. Dadurch sei Zeit verloren
gegangen, weshalb der Entscheid nochmals korrekt zuzustellen sei und er-
öffnet werden müsse (act. 1 S. 5 f.).

4.2 Gemäss Art. 11 Abs. 3 VwVG macht die Behörde ihre Mitteilung an den
Rechtsvertreter der Partei, solange diese die Vollmacht nicht widerruft.

4.3 Die Bestellung eines Anwalts zum unentgeltlichen Rechtsbeistand stellt im
Auslieferungsverfahren (wie auch im Straf-, Zivil- und Verwaltungsprozess
sowie im Verwaltungsverfahren) eine Verfügung dar, die zwischen Anwalt
und Staat ein besonderes öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis begründet
(s. FELLMANN, Anwaltsrecht, 2. Aufl. 2017, S. 341 N. 906). Als unentgeltlicher
Rechtsbeistand nimmt der Rechtsanwalt eine öffentliche Aufgabe wahr
- 8 -


(a.a.O.). Die Gewährung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes kann je-
derzeit widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen dafür wegfallen
(s. Urteil des Bundesgerichts 1A.232/1990 vom 6. März 1991 E. 4c). Abge-
sehen davon hat der einmal bestellte unentgeltliche Rechtsvertreter sein
Mandat grundsätzlich bis zum Abschluss des Prozesses zu führen (Ent-
scheid des Bundesstrafgerichts RR.2012.259 vom 28. Mai 2013 E. 9.5.3).

4.4 Die Vollmachterteilung an einen zweiten Rechtsvertreter allein führt im Aus-
lieferungsverfahren weder zu einem automatischen Wechsel des unentgelt-
lichen Rechtsbeistands (zu den möglichen Voraussetzungen für einen sol-
chen Wechsel s. Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2012.259 vom
28. Mai 2013 E. 9.5.3; vgl. auch FELLMANN, a.a.O., S. 338 ff. N. 901 ff.) noch
zu einem Widerruf der Gewährung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes.
Eine zweite Vollmachterteilung kann per se auch nicht mit dem Widerruf der
Vollmacht an den ersten Rechtsbeistand gleichgesetzt werden. So ist grund-
sätzlich nicht ausgeschlossen, dass sich der Vertretene durch zwei Rechts-
vertreter gleichzeitig vertreten lassen möchte. Handelt es sich beim ersten
Rechtsbeistand um einen unentgeltlichen Rechtsvertreter, vermöchte allein
der Widerruf der Vollmacht ohnehin nicht, das öffentlich-rechtliche Verhältnis
zwischen dem unentgeltlichen Rechtsvertreter und dem Staat aufzulösen,
und jener bliebe einstweilen grundsätzlich verpflichtet, sein Mandat grund-
sätzlich bis zum Abschluss des Prozesses zu führen.

4.5 Mit Schreiben von Advokat von Wartburg an den Beschwerdegegner vom
5. September 2019 wurde die Vollmacht an Advokat E. nicht widerrufen.
Dem Schreiben ist weiter zu entnehmen, dass die beantragte Eröffnung des
Auslieferungsentscheides mit dem unentgeltlichen Rechtsvertreter nicht ab-
gesprochen worden war, welcher zu diesem Zeitpunkt vielmehr einzig dar-
über orientiert war, dass ohne Gegenbericht der Auslieferungsentscheid ihm
zugestellt werden würde (act. 5.9). Im Zeitpunkt der Zustellung des Ausliefe-
rungsentscheids vom 6. September 2019 war Advokat E. nicht nur der un-
entgeltliche Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, sondern auch durch
den Beschwerdeführer nach wie vor zu dessen Vertretung bevollmächtigt.
Unter diesen Umständen ist die Eröffnung des Auslieferungsentscheides an
den unentgeltlichen Rechtsvertreter, Advokat E., nicht zu beanstanden. Die
Rüge geht fehl.


5.
5.1 Der Beschwerdeführer bestreitet einleitend den Vorhalt, gewusst zu haben,
dass sich in den im Auftrag von B. transportierten Koffern Kokain befand. Bis
- 9 -


dato sei es der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt nicht gelungen, rechtsgenüg-
lich nachzuweisen, dass er in irgendeiner Weise an den ihm vorgeworfenen
Betäubungsmitteldelikten beteiligt sei (act. 1 S. 6).

5.2 Gemäss Art. 28 Abs. 3 lit. a IRSG bzw. Art. 12 Ziff. 2 lit. b EAUe hat das
Auslieferungsersuchen eine Darstellung der Handlungen, derentwegen um
Auslieferung ersucht wird, zu enthalten. Zeit und Ort ihrer Begehung sowie
ihre rechtliche Würdigung unter Bezugnahme auf die anwendbaren Geset-
zesbestimmungen sind so genau wie möglich anzugeben. Unter dem Ge-
sichtspunkt des hier massgebenden Art. 12 EAUe reicht es in der Regel aus,
wenn die Angaben im Rechtshilfeersuchen sowie in dessen Ergänzungen
und Beilagen es den schweizerischen Behörden ermöglichen zu prüfen, ob
ausreichende Anhaltspunkte für eine auslieferungsfähige Straftat vorliegen,
ob Verweigerungsgründe gegeben sind bzw. für welche mutmasslichen De-
likte dem Begehren allenfalls zu entsprechen ist. Es kann hingegen nicht
verlangt werden, dass die Behörden des ersuchenden Staates den Sachver-
halt, der Gegenstand ihrer Strafuntersuchung bildet, lückenlos und völlig wi-
derspruchsfrei darstellen. Entgegen der Argumentation des Beschwerdefüh-
rers kann auch nicht verlangt werden, dass die ersuchende Behörde die Tat-
vorwürfe bereits abschliessend mit Beweisen belegt. Das wäre mit dem Sinn
und Zweck des Auslieferungsverfahrens unvereinbar.

Die ersuchte schweizerische Behörde hat sich beim Entscheid über ein aus-
ländisches Begehren nicht dazu auszusprechen, ob die darin angeführten
Tatsachen zutreffen oder nicht. Sie hat somit weder Tat- noch Schuldfragen
zu prüfen und grundsätzlich auch keine Beweiswürdigung vorzunehmen. Sie
ist vielmehr an die Darstellung des Sachverhalts im Ersuchen gebunden, so-
weit diese nicht durch offensichtliche Fehler, Lücken oder Widersprüche ent-
kräftet wird (vgl. BGE 133 IV 76 E. 2.2 S. 79; 132 II 81 E. 2.1 S. 83 f.; Urteile
des Bundesgerichts 1C_205/2007 vom 18. Dezember 2007 E. 3.2;
1A.297/2005 vom 13. Januar 2006 E. 2.3 und 3.5, je m.w.H.).

Den Alibibeweis im Sinne von Art. 53 IRSG kann der Verfolgte nur mit dem
Nachweis führen, dass er zur fraglichen Zeit überhaupt nicht am Tatort war
oder dass es sich um einen Irrtum in der Person handelt (BGE 123 II 282
E. 2b; Urteil des Bundesgerichts 1C_559/2011 vom 7. März 2012 E. 6.2).

5.3 Den Auslieferungsunterlagen (d.h. dem Haftbefehl des Bezirksgerichts Zag-
reb vom 14. Juli 2019 i.V.m. dem Beschluss der Staatsanwaltschaft der Re-
publik Kroatien, Amt für die Bekämpfung der Korruption und der organisier-
ten Kriminalität, vom 14. Juli 2019) ist zusammengefasst folgender Sachver-
haltsvorwurf zu entnehmen (act. 5.1):

- 10 -


Der Beschwerdeführer soll Mitglied einer international agierenden Bande
sein, die grössere Mengen Kokain von Südamerika nach Europa geschmug-
gelt habe in der Absicht, dieses in Europa zu verkaufen. Er soll in der Bande
die Rolle des Piloten eingenommen haben, der das Kokain per Flugzeug von
Südamerika nach Europa transportierte.

So sollen die Mitglieder der Bande am 8. bis zum 11. Oktober 2018, am
19. bis zum 22. Dezember 2018 sowie am 28. Februar bis zum 3. März 2019
mit einem zuvor erworbenen Privatjet und unter dem Vorwand von kommer-
ziellen Passagierflügen nach Südamerika geflogen sein, um dort an einem
vorher verabredeten Ort Kokain zu übernehmen und dieses mit dem Flug-
zeug nach Europa zu transportieren und weiterzuvertreiben. Bei letzterem
Flug soll es wegen einer Kontrolle des Flugzeuges am Flughafen Asunción
(Paraguay) zu keinem Kokaintransport gekommen sein, worauf ein neuer
Flug im Mai 2019 geplant worden sei.

Am 16. Mai 2019 sollen Mitglieder der Bande – u.a. der Beschwerdeführer
als Pilot – von Montevideo via Nizza nach Basel geflogen sein, wo sie 21 Kof-
fer aus dem Flugzeug in einen Mietwagen Ford Transit (Kennzeichen 1) ver-
laden haben sollen. Anschliessend sollen der Beschwerdeführer, C. und B.
mit genanntem Mietwagen sowie einem PKW Smart (Kennzeichen 2) in das
Stadtzentrum von Basel gefahren sein, wo bei einer Kontrolle durch die Po-
lizei in einer Tiefgarage in den 21 Koffern im Transporter 600 Kilogramm und
472 Gramm Kokain sichergestellt worden seien.

5.4 Der Beschwerdeführer zeigt mit seiner pauschalen Bestreitung des Tatvor-
wurfs keine Mängel im Sinne der vorstehend erläuterten Rechtsprechung
auf, welche die Sachverhaltsdarstellung der ersuchenden Behörde entkräf-
ten würden. Solche Mängel sind auch nicht ersichtlich. Es wird Aufgabe des
kroatischen Sachgerichts sein, sich über das Bestehen dieser Tatsachen
und über die Schuld des Beschwerdeführers auszusprechen. Dass der Be-
schwerdeführer aufgrund der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Basel-
Stadt einen Alibibeweis im Sinne von Art. 53 IRSG führen könnte, wird zu
Recht nicht eingewendet. Aus dem angeblichen bisherigen Ermittlungser-
gebnis des schweizerischen Strafverfahrens kann der Beschwerdeführer
mithin nichts zu seinen Gunsten ableiten. Daher ist nachfolgend auf die Dar-
stellung des Sachverhalts im Auslieferungsersuchen abzustellen.


6.
6.1 Der Beschwerdeführer rügt in einem nächsten Punkt eine Verletzung von
Art. 36 Abs. 1 IRSG (act. 1 S. 6 ff.).
- 11 -



Zusammenfassend bringt er vor, er habe grundsätzlich Anspruch darauf,
dass er für eine Tat, die, wie vorliegend gegeben, der schweizerischen Ge-
richtsbarkeit unterliege, hier in der Schweiz zur Verantwortung gezogen
werde und nicht im Ausland. Besondere Umstände für eine Auslieferung lä-
gen nicht vor (act. 1 S. 6 f.). Die Ausführungen des Beschwerdegegners,
wonach die Taten teilweise in der Schweiz und teilweise in südamerikani-
schen sowie weiteren europäischen Staaten, insbesondere in Kroatien, be-
gangen worden seien, würden diesbezüglich ins Leere zielen. Diese Proble-
matik sei bei Drogeneinfuhr immer gegeben. Gleiches gelte für den Vorwurf,
dass dem Beschwerdeführer vorgeworfen werde, Teil eines international or-
ganisierten Drogenhändlerrings zu sein. Dies seien keine besonderen
Gründe, die eine Ausnahme rechtfertigen würden. Dies gelte um mehr, als
dass ein angeblicher Mittäter ebenfalls hier in der Schweiz angehalten wor-
den sei und dessen mögliche Tat ebenfalls der schweizerischen Gerichts-
barkeit unterläge (act. 1 S. 7 f.).

6.2 Gemäss Art. 7 Ziff. 1 EAUe kann der ersuchte Staat die Auslieferung des
Verfolgten wegen einer strafbaren Handlung ablehnen, die nach seinen
Rechtsvorschriften ganz oder zum Teil auf seinem Hoheitsgebiet oder an
einem diesem gleichgestellten Ort begangen worden ist. Es handelt sich
hierbei um eine Kann-Bestimmung, die es dem ersuchten Staat erlaubt, von
einer Auslieferung abzusehen, ohne aber dazu verpflichtet zu sein (Ent-
scheid des Bundesstrafgerichts RR.2012.309 vom 5. Juni 2013 E. 4.3.1
m.w.H.). Dementsprechend sieht das schweizerische Recht vor, dass die
Auslieferung zulässig ist, wenn nach den Unterlagen des Ersuchens die Tat
nicht der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterliegt (Art. 35 Abs. 1 lit. b
IRSG).

Ausnahmsweise kann der Verfolgte für eine Tat, die der schweizerischen
Gerichtsbarkeit unterliegt, ausgeliefert werden, wenn besondere Umstände,
namentlich die Möglichkeit der besseren sozialen Wiedereingliederung, dies
rechtfertigen (Art. 36 Abs. 1 IRSG). Die entsprechende gesetzliche Aufzäh-
lung ist indessen nach der Rechtsprechung nicht abschliessend zu verste-
hen. Auch in Fällen, in denen die bessere soziale Wiedereingliederung in der
Schweiz gewährleistet wäre, können besondere Umstände, insbesondere
Aspekte der Verfahrensökonomie und die Möglichkeit der gemeinsamen Be-
urteilung von mehreren Tätern, dennoch die Auslieferung nahelegen
(BGE 117 Ib 210 S. 214 E. 3b/bb). Nach der Rechtsprechung soll soweit
möglich durch die Auslieferung eine Gesamtbeurteilung des Verfolgten am
Schwerpunkt des deliktischen Verhaltens erfolgen (s. BGE 112 Ib 150 E. 5a,
- 12 -


BGE 108 Ib 537 E. 7a). Die Möglichkeit der besseren sozialen Wiederein-
gliederung ist nur ein weiteres, bei der Anwendung von Art. 36 Abs. 1 IRSG
zu berücksichtigendes Kriterium. Eine Hierarchie zwischen den Kriterien ist
nicht vorgesehen (BGE 124 II 586 E. 2a) S. 589; 117 Ib 210 E. 3b/aa S. 213;
Urteil des Bundesgerichts 1C_515/2013 vom 19. Juni 2013 E. 1.2; GARRÉ,
Basler Kommentar, Internationales Strafrecht, Basel 2015, Art. 36 IRSG N. 4
f.; HEIMGARTNER, Auslieferungsrecht, Diss., Zürich 2002, S. 157). Insoweit
steht der Auslieferungsbehörde ein weiter Ermessensspielraum zu
(BGE 117 Ib 210 E. 3b/aa; Urteil des Bundesgerichts 1C_515/2013 vom
19. Juni 2013 E. 2.1.1; Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2016.251 vom
21. Juli 2017 E. 4.3.1; je m.w.H.). Wie früher das Bundesgericht in Anwen-
dung von Art. 104 aOG greift die Beschwerdeinstanz gemäss Art. 80i Abs. 1
lit. a IRSG nur im Falle von Ermessensüberschreitung bzw. -missbrauch ein;
über die Angemessenheit des von der ausführenden Behörde getroffenen
Entscheides spricht es sich nicht aus (Urteil des Bundesgerichts
1C_515/2013 vom 19. Juni 2013 E. 2.1.1; BGE 117 Ib 210 E. 3b/aa mit Hin-
weisen; Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2015.309 vom 12. Ja-
nuar 2016 E. 2.1 mit Hinweisen).

6.3 Wie vorstehend ausgeführt, wurden gemäss dem Auslieferungsersuchen die
Taten teilweise in der Schweiz und teilweise in südamerikanischen sowie
weiteren europäischen Staaten, insbesondere in Kroatien begangen. Dabei
wird dem Beschwerdeführer vorgeworfen, Teil eines international organisier-
ten Drogenhändlerrings zu sein, der von Kroatien aus gesteuert wurde. Dass
die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Handlungen auch der schweize-
rischen Gerichtsbarkeit unterliegen, ist unbestritten. Der Beschwerdeführer
setzt sich allerdings nicht mit der vom Beschwerdegegner (act. 5.11 S. 4)
und der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt (act. 5.3) zu Recht angerufenen
Rechtsprechung auseinander, wonach Strafuntersuchungen mit internatio-
nalem Bezug grundsätzlich dort zu führen sind, wo der Schwerpunkt der de-
liktischen Tätigkeit liegt (s. supra E. 6.2). Ebenso wenig geht der Beschwer-
deführer auf die Feststellungen der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt (act. 5.3)
und die darauf gestützten Annahmen des Beschwerdegegners (act. 5.11
S. 4) ein, wonach vorliegend der Schwerpunkt sowohl der Ermittlungen als
auch der kriminellen Aktivitäten in Kroatien liegen soll. Sodann blendet der
Beschwerdeführer die Tatsache aus, dass alle ermittelnden Behörden der
verschiedenen Staaten im Einklang mit der vorgenannten Rechtsprechung
eine Konzentration der Strafverfolgung in Kroatien befürwortet haben
(act. 5.3; s. supra lit. B). Mit anderen Worten hält der Beschwerdeführer, wel-
cher tschechischer Staatsangehöriger ist, Wohnsitz in Tschechien und kei-
nerlei Beziehungen zur Schweiz hat, den besonderen Umständen, welche
nach Ansicht des Beschwerdegegners vorliegend die Auslieferung nahele-
gen, nichts Substantielles entgegen. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt,
- 13 -


in der Schweiz sei ein weiterer Mittäter ebenfalls angehalten worden und
dessen mögliche Taten würden ebenfalls der schweizerischen Gerichtsbar-
keit unterliegen, greift seine Argumentation mit Blick auf die Festnahme etli-
cher weiterer Organisationsmitglieder in Kroatien (s. act. 5.3; s. supra lit. D)
zu kurz.

6.4 Nach dem Gesagten steht der Entscheid des Beschwerdegegners, die Aus-
lieferung des Beschwerdeführers für die diesem zur Last gelegten Straftaten
zu bewilligen und dadurch eine von allen involvierten Strafverfolgungsbehör-
den der weiteren Staaten befürwortete Gesamtbeurteilung des Beschwerde-
führers in Kroatien zu ermöglichen, im Einklang mit der Rechtsprechung. Un-
ter Berücksichtigung der dargelegten Umstände erweist sich die Ausliefe-
rungsbewilligung ohne weiteres als einleuchtend und sachlich vertretbar. In
Anbetracht dessen kann keine Rede davon sein, dass der Beschwerdegeg-
ner das ihm nach dem Ausgeführten zustehende Ermessen missbraucht
bzw. überschritten habe.

Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt unbegründet.


7.
7.1 Der Beschwerdeführer bringt abschliessend vor, im Falle einer Auslieferung
bestehe die Gefahr gravierender Verstösse gegen Art. 3 EMRK (Verbot der
Folter) und Art. 5 EMRK ([recte: Art. 6 EMRK] Recht auf ein faires Verfahren)
(act. 1 S. 8 ff.).

So habe er von den kriminellen Machenschaften der Passagiere nichts ah-
nen können und sei vollends aussagebereit und kooperationswillig. Er ris-
kiere deshalb in Kroatien akut an Leib und Leben gefährdet zu sein (act. 1
S. 8).

Ihm sei sodann in Kroatien eine Anwältin beigegeben worden, die denselben
Familiennamen wie der Anwalt des Hauptbeschuldigten trage. Es müsse
aber zwingend sichergestellt sein, dass er eine Verteidigung an seiner Seite
habe, die nicht mit dem Anwalt des Hauptbeschuldigten in irgendeiner Weise
verbandelt sei (act. 1 S. 8).

Hinzu komme, dass das Justizsystem der Republik Kroatien trotz der Bin-
dung an die EMRK und Aufnahme in die Europäische Union im Jahr 2013
nicht frei von Korruption sei, was die kroatische Staatspräsidentin Kolinda
Grabar Kitarovic in einem Interview selber bezeugt habe. Der Beschwerde-
führer riskiere konkret, dass in seinem Verfahren korrupte Justizbeamte über
sein Schicksal entscheiden würden. In casu sei vorstellbar, dass anderen
- 14 -


Beschuldigten die Mittel zur Verfügung stehen, um korrupte Beamte zu be-
stechen. Ein faires Verfahren sei für den Beschwerdeführer nicht garantiert.
Diese Problematik werde zudem verschärft durch die Tatsache, dass in der
vorliegenden Strafsache ein Polizeimitglied, G., verhaftet worden sei. Es
könne nicht ausgeschlossen werden, dass weitere kroatische Beamte, die
mit dem Beschwerdeführer im Rahmen der weiteren Untersuchungen oder
während der Inhaftierung in Kontakt treten werden, ebenfalls von Hintermän-
nern der Organisation und B. bezahlt würden, um zum Nachteil des Be-
schwerdeführers zu wirken (act. 1 S. 9).

Es sei somit in jeder Hinsicht bewiesen, dass Kroatien in der konkreten Situ-
ation, in der sich der Beschwerdeführer befinde, offensichtlich nicht in der
Lage sei, ihm Gewähr für ein EMRK-konformes Verfahren zu bieten (act. 1
S. 10).

7.2 Die Schweiz prüft die Auslieferungsvoraussetzungen des EAUe auch unter
dem Blickwinkel ihrer grundrechtlichen völkerrechtlichen Verpflichtungen
(vgl. Art. 2 IRSG). Gemäss Art. 2 lit. a IRSG wird einem Ersuchen um Zu-
sammenarbeit in Strafsachen nicht entsprochen, wenn Gründe für die An-
nahme bestehen, dass das Verfahren im Ausland den in der EMRK oder im
Internationalen Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische
Rechte (UNO-Pakt II; SR 0.103.2) festgelegten Verfahrensgrundsätzen nicht
entspricht. Art. 2 IRSG soll verhindern, dass die Schweiz die Durchführung
von Strafverfahren oder den Vollzug von Strafen unterstützt, in welchen den
Personen die ihnen in einem Rechtsstaat zustehenden und insbesondere
durch die EMRK und den UNO-Pakt II umschriebenen Minimalgarantien
nicht gewährt werden oder welche den internationalen Ordre public verletzen
(BGE 130 II 217 E. 8.1 S. 227; 129 II 268 E. 6.1 A. 271, je m.w.H.). Aus
dieser Zielsetzung ergibt sich, dass einzelne Verfahrensverstösse im aus-
ländischen Untersuchungsverfahren für sich allein nicht genügen, um die
Rechtshilfe auszuschliessen; es ist in erster Linie Aufgabe der Rechtsmitte-
linstanzen des ersuchenden Staates, solche Verfahrensfehler zu korrigieren
und sicherzustellen, dass dem Beschuldigten trotzdem ein faires Strafver-
fahren garantiert wird. Der Ausschluss der Rechtshilfe rechtfertigt sich nur,
wenn das ausländische Strafverfahren insgesamt die durch die EMRK und
den UNO-Pakt II umschriebenen Minimalgarantien nicht erfüllt (Urteil des
Bundesgerichts 1A.226/2000 vom 6. November 2000 E. 3b).

Nach internationalem Völkerrecht sind Folter und jede andere Art grausa-
mer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung ver-
boten (Art. 10 Abs. 3 BV; Art. 3 EMRK, Art. 7 und 10 Ziff. 1 UNO-Pakt II
- 15 -


[SR 0.103.2]). Es handelt sich um massive Verstösse gegen die Menschen-
würde, die den Betroffenen seelisch und meist auch körperlich schwer tref-
fen. Niemand darf in einen Staat ausgeschafft werden, in dem ihm Folter
oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Be-
strafung droht (Art. 25 Abs. 3 BV). Die Haftbedingungen dürfen nicht un-
menschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK sein; die physische
und psychische Integrität der ausgelieferten Person muss gewahrt sein (vgl.
auch Art. 7, 10 und 17 des UNO Pakts II).

Der im ausländischen Strafverfahren Beschuldigte muss glaubhaft machen,
dass er objektiv und ernsthaft eine schwerwiegende Verletzung der Men-
schenrechte im ersuchenden Staat zu befürchten hat (BGE 130 II 217 E. 8).
Abstrakte Behauptungen genügen nicht. Der Beschwerdeführer muss seine
Vorbringen im Einzelnen präzisieren (Urteil des Bundesgerichts
1A.210/1999 vom 12. Dezember 1999 E. 8b).

7.3 Nach dem völkerrechtlichen Vertrauensprinzip wird vermutet, dass ein Staat
wie Kroatien, welcher die EMRK, den UNO-Pakt II, die UNO-Folterschutz-
konvention (SR 0.105) und das Europäische Übereinkommen zur Verhütung
von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe
(SR 0.106) ratifiziert hat, ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist und
mit der Schweiz durch das EAUe verbunden ist, seine völkerrechtlichen Ver-
pflichtungen wahrnimmt (Urteile des Bundesgerichts 1C_9/2015 vom 8. Ja-
nuar 2015 E. 1.3; 1C_260/2013 vom 19. März 2013 E. 1.4; Entscheid des
Bundesstrafgerichts RR.2018.72 vom 29. März 2018 E. 5.4; jeweils m.w.H.).
Der Umstand, dass es nach Aussagen der Präsidentin Kroatiens in der kro-
atischen Justiz und Verwaltung Korruption gäbe, bedeutet nicht, dass das
ganze Justizsystem Kroatiens korrupt sei, wie der Beschwerdegegner zu
Recht hervorhebt (act. 5.11 S. 6). Der Beschwerdegegner betont, dass aus
dem bisherigen Auslieferungsverkehr mit Kroatien keine Fälle bekannt seien,
in denen dort Verletzungen der vorgenannten Konventionen erfolgt wären
(a.a.O.). Etwas Anderes wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Dass
über die Namensgleichheit hinaus eine Verbindung zwischen seiner Rechts-
anwältin und dem Rechtsanwalt von B. bestehen soll, zeigt der Beschwer-
deführer in concreto nicht auf. Dass er im Übrigen gegebenenfalls einen Ver-
teidigerwechsel in Kroatien nicht durchsetzen könnte oder es ihm dort nicht
gestattet wäre, eine Rechtsvertretung seiner Wahl mit seiner Verteidigung
zu beauftragen, wird ebenso wenig vorgebracht. Es ist auch von einem wirk-
samen Rechtsschutz in Kroatien auszugehen. Wie der Beschwerdegegner
zutreffend ausführt (act. 5 S. 4), kann der Beschwerdeführer allfällige Verlet-
zungen seiner Verfahrensrechte in Kroatien vor den übergeordneten Instan-
zen und gegebenenfalls beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
- 16 -


rügen. Was den geltend gemachten Verstoss gegen Art. 3 EMRK anbelangt,
vermag der Beschwerdeführer mit seinen nicht weiter konkretisierten Aus-
führungen nicht glaubhaft zu machen, dass im ersuchenden Staat objektiv
und ernsthaft eine schwerwiegende Verletzung seiner Menschenrechte zu
befürchten ist. Es ist nach dem Gesagten gestützt auf das völkerrechtliche
Vertrauensprinzip davon auszugehen, dass das kroatische Strafverfahren
insgesamt die durch die EMRK und den UNO-Pakt II umschriebenen Mini-
malgarantien erfüllt.

7.4 Die Auslieferung kann sodann lediglich aus Gründen verweigert werden,
welche das Auslieferungsrecht ausdrücklich vorsieht (Urteil des Bundesge-
richts 1C_22/2011 vom 21. Januar 2011 E. 1.3). Weder das EAUe noch das
IRSG sehen eine drohende Gefahr für den Beschwerdeführer, welche von
Dritten – und nicht vom ersuchenden Staat – ausgehen könnte, als Ausliefe-
rungshindernis vor (vgl. Entscheid des Bundesstrafgerichts RR.2011.10 vom
16. Februar 2011 E. 3.2). Soweit der Beschwerdeführer Vergeltungsmass-
nahmen durch Dritte befürchtet, ist ihm entgegen zu halten, dass dies nach
dem Gesagten kein Auslieferungshindernis darstellt. Abgesehen davon wur-
den seine Befürchtungen auch nicht im Ansatz substantiiert, geschweige
denn glaubhaft gemacht. Im Gegenteil beruft sich der Beschwerdeführer da-
rauf, nichts von den Drogentransporten gewusst zu haben. Weshalb der Be-
schwerdeführer bei dieser Ausgangslage aufgrund der geltend gemachten
Aussagebereitschaft und Kooperationswilligkeit Vergeltungsmassnahmen
von Mitgliedern des Drogenhändlerrings zu befürchten hätte, leuchtet nicht
ein. Es besteht kein Grund zur Annahme, dass im Falle des Beschwerdefüh-
rers besondere Schutzmassnahmen notwendig wären. Darüber hinaus ist
davon auszugehen, dass Kroatien seiner besonderen Fürsorgepflicht in den
Strafvollzugsanstalten Rechnung tragen wird (s. zum Ganzen GARRÉ,
a.a.O., Art. 37 IRSG N. 11).

7.5 Die vorgenannten Rügen des Beschwerdeführers sind daher unbegründet.


8. Zusammenfassend erweisen sich die Vorbringen des Beschwerdeführers al-
lesamt als unbegründet, und die Auslieferung des Beschwerdeführers an
Kroatien ist daher zulässig. Die Beschwerde ist nach dem Gesagten abzu-
weisen.


9. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Be-
schwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 39 Abs. 2 lit. b
StBOG). Für die Berechnung der Gerichtsgebühr gelangt das BStKR (i.V.m.
- 17 -


Art. 63 Abs. 5 VwVG) zur Anwendung. Unter Berücksichtigung aller Um-
stände ist die Gerichtsgebühr vorliegend auf Fr. 3'000.-- festzusetzen, unter
Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses in gleicher Höhe.

- 18 -


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt, un-
ter Anrechnung des geleisteten Kostenvorschusses in gleicher Höhe.


Bellinzona, 30. Oktober 2019

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Vizepräsident: Die Gerichtsschreiberin:











Zustellung an

- Advokat Christian von Wartburg
- Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung


Rechtsmittelbelehrung
Gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen kann innert zehn
Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde einge-
reicht werden (Art. 100 Abs. 1 und 2 lit. b BGG).

Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Be-
schwerde nur zulässig, wenn er eine Auslieferung, eine Beschlagnahme, eine Herausgabe von Ge-
genständen oder Vermögenswerten oder eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbe-
reich betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Art. 84 Abs. 1 BGG). Ein
besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass
elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere
Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG).


Full & Egal Universal Law Academy