BStGer - BB.2021.43, BP.2021.25 - Rechtsverweigerung (Art. 393 Abs. 2 lit. a StPO). Aufschiebende Wirkung / vorsorgliche Massnahmen (Art. 387 /388 StPO). - Beschwerdekammer: Strafverfahren
Karar Dilini Çevir:



Beschluss vom 31. März 2021
Beschwerdekammer
Besetzung Bundesstrafrichter
Roy Garré, Vorsitz,
Miriam Forni und Stephan Blättler,
Gerichtsschreiberin Inga Leonova


Parteien

A., vertreten durch Rechtsanwalt
Stefan Lenz,

Beschwerdeführer

gegen

BUNDESANWALTSCHAFT,

Beschwerdegegnerin


Gegenstand Rechtsverweigerung (Art. 393 Abs. 2 lit. a StPO);
aufschiebende Wirkung / vorsorgliche Massnahmen
(Art. 387 / 388 StPO)

B u n d e s s t r a f g e r i c h t
T r i b u n a l p é n a l f é d é r a l
T r i b u n a l e p e n a l e f e d e r a l e
T r i b u n a l p e n a l f e d e r a l


Geschäftsnummer: BB.2021.43
Nebenverfahren: BP.2021.25



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Sachverhalt:

A. Gestützt auf die Strafanzeige des Bundesamtes für Strassen vom 12. Sep-
tember 2017 eröffnete die Bundesanwaltschaft (nachfolgend «BA) am
14. September 2017 gegen B. eine Untersuchung wegen des Verdachts der
Urkundenfälschung im Amt i.S.v. Art. 317 StGB. B. wird verdächtigt, zuguns-
ten eines Grossimporteurs von Personenwagen im Fahrzeugregister
TARGA falsche Daten erfasst zu haben, wodurch dem Bund entsprechende
CO2-Sanktionen im geschätzten sechsstelligen Bereich entgangen sein sol-
len (Verfahrensakten BA, pag. 01-01-0001; 05-00-0001 ff.). Mit Verfügung
vom 5. Oktober 2017 dehnte die BA die Untersuchung einerseits gegen B.
auf den Tatbestand des Sich bestechen lassens (Art. 322quater StGB) sowie
andererseits auf A. und dessen Sohn C. um die Tatbestände des Bestechens
nach Art. 322ter StGB und der Anstiftung zu einer Urkundenfälschung im Amt
(Art. 317 i.V.m. Art. 24 StGB) aus (Verfahrensakten BA, pag. 01-01-0002 f.).


B. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2018, ergänzt am 5. November 2018, er-
suchte das dem Eidgenössischen Department für Umwelt, Energie, Verkehr
und Kommunikation (nachfolgend «UVEK») unterstehende Bundesamt für
Energie (nachfolgend «BFE») die BA um Zustimmung zur Vereinigung der
Strafverfolgung i.S.v. Art. 20 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974
über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0) und führte aus, dass in
derselben Sache die Tatbestände des Abgabetrugs und der Urkundenfäl-
schung gemäss Art. 14 und Art. 15 VStrR hinzukämen, für deren Verfolgung
das BFE zuständig wäre (act. 3.11, 3.12). Die BA stimmte der Vereinigung
der Strafverfolgung am 8. November 2018 zu (act. 3.13).


C. Mit Verfügung vom 19. November 2018 vereinigte das UVEK die Untersu-
chung der Strafverfolgung der verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestände ge-
mäss Art. 14 und Art. 15 VStrR mit der bei der BA gegen B., A. und C. hän-
gigen Untersuchung und eröffnete diese den Beschuldigten (act. 3.14).


D. Gestützt auf das Bundesgesetz vom 23. Dezember 2011 über die Reduktion
von CO2-Emissionen (CO2-Gesetz; SR 641.71) verfügte das BFE gegenüber
der D. AG am 2. April 2020 mit drei separaten Verfügungen für die Jahre
2015 bis 2017 CO2-Sanktionen in der Höhe von rund Fr. 9 Mio. Gleichentags
informierte das BFE B., A. und C., dass es in Betracht ziehe, festzustellen,
dass sie gestützt auf Art. 12 Abs. 3 VStrR und unter der dort erwähnten Vo-
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raussetzung einer strafrechtlichen Verurteilung wegen vorsätzlicher Hand-
lung gegen die Verwaltungsgesetzgebung solidarisch mit der D. AG für den
vorerwähnten Betrag haften, und gab ihnen die Möglichkeit hierzu Stellung
zu nehmen (act. 1.5).


E. Gegen die drei Verfügungen des BFE vom 2. April 2020 erhob die D. AG am
18. Mai 2020 beim Bundesverwaltungsgericht jeweils drei Beschwerden.
Das Bundesverwaltungsgericht sistierte die Beschwerdeverfahren in Bezug
auf die Verfügungen betreffend die Jahre 2016 und 2017 bis zum Vorliegen
eines rechtskräftigen Entscheids betreffend die CO2-Sanktionen für das Jahr
2015 (act. 1.5).


F. Im Rahmen der ihnen am 2. April 2020 gewährten Möglichkeit zur Stellung-
nahme machten B., A. und C. gegenüber dem BFE mit Eingaben vom
18. und 19. November 2020 geltend, dass das BFE während der Dauer der
hängigen Beschwerdeverfahren beim Bundesverwaltungsgericht mangels
eigener Zuständigkeit und eines aktuellen Feststellungsinteresses keine ent-
sprechende Feststellungsverfügung erlassen könne. In der Folge verfügte
das BFE am 16. Dezember 2020 die Sistierung des Verfahrens betreffend
die Solidarhaftung von B., A. und C. für die CO2-Sanktionen der D. AG für
die Jahr 2015-2017 bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Entscheids [des
Bundesverwaltungsgerichts] betreffend die CO2-Sanktionen der D. AG für
das Jahr 2015 (act. 1.5).


G. Am 21. September 2020 ersuchte A. die BA unter anderem um Sistierung
der Strafuntersuchung bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Entscheids
[des Bundesverwaltungsgerichts] in der verwaltungsrechtlichen Streitigkeit
des BFE gegen die D. AG zur Frage einer angeblich geschuldeten CO2-Ab-
gabe (act. 3.2). Den Sistierungsantrag von A. lehnte die BA am 23. Septem-
ber 2020 ab (act. 3.3).


H. Mit Schreiben vom 18. November 2020 gelangte A. an die BA und stellte
diverse Anträge. Unter anderem ersuchte er um Feststellung, dass die vom
UVEK am 19. November 2018 verfügte Verfahrensvereinigung nichtig sei
und um Sistierung der Strafuntersuchung bis zur Klärung der sachlichen Zu-
ständigkeit (act. 1.1). Am 25. November 2020 stellte C. bei der BA im We-
sentlichen dieselben Anträge.

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I. Die BA teilte A. mit Schreiben vom 19. November 2020 mit, dass sie von
seinen Anträgen Kenntnis genommen habe, jedoch das Verfahren fortzuset-
zen beabsichtige und es nicht sistieren werde. Weiter teilte die BA A. mit,
dass sie seine Einwände gegen die Vereinigungsverfügung des UVEK vom
19. November 2018 sorgfältig prüfen werde und eine rechtsgültige Vereini-
gungsverfügung nachholen werde, sollten sich seine Einwände als stichhal-
tig erweisen (act. 3.1). Mit Schreiben vom 7. Dezember 2020 ersuchte die
BA das BFE um eine Stellungnahme zur geltend gemachten Nichtigkeit der
Vereinigungsverfügung (act. 3.9). Das BFE liess sich hierzu mit Eingabe vom
14. Januar 2021 vernehmen und hielt darin an der Rechtmässigkeit der Ver-
einigungsverfügung vom 19. November 2018 fest (act. 3.10).


J. Mit Schreiben vom 1. Februar 2021 lehnte die BA die von C. gestellten An-
träge in Bezug auf die Sistierung der Untersuchung und der Feststellung der
Nichtigkeit der vom UVEK erteilten Vereinigungsverfügung ab und legte ih-
rem Schreiben die vom Assistenz-Staatsanwalt am 8. Januar 2021 verfasste
Aktennotiz sowie die diesbezügliche Stellungnahme des BFE vom 14. Ja-
nuar 2021 in Kopie bei (act. 1.3, 1.4, 3.10). Das Schreiben vom 1. Februar
2021 stellte die BA A. in Kopie zu (act. 1.4). Mit gleichtägigem Schreiben
teilte die BA den Beschuldigten mit, dass sie beabsichtige, Anklage beim
Bundesstrafgericht zu erheben und gab ihnen bis zum 15. Februar 2021 die
Möglichkeit, allfällige Beweisanträge zu stellen (act 1.2).


K. Am 11. Februar 2021 liess A. bei der Beschwerdekammer des Bundesstraf-
gerichts Beschwerde erheben und folgende Anträge stellen (act. 1):

1. Es sei festzustellen, dass die Beschwerdegegnerin über die Anträge vom 18. No-
vember 2020 wonach

1.1. die vorliegende Strafuntersuchung bis zur definitiven Klärung der vor Bun-
desverwaltungsgerichts pendenten abgaberechtliche Streitigkeit zu sistie-
ren sei (Ziff. 4 der Anträge gemäss Eingabe vom 18. November 2020);

1.2. festzustellen sei, dass die durch das UVEK am 19. November 2018 verfügte
Vereinigung der gegen die Beschuldigten geführten verwaltungsstrafrecht-
lichen Untersuchung wegen Leistungs- und Abgabebetrug gemäss Art. 14
sowie Urkundenfälschung bzw. Erschleichung einer falschen Beurkundung
gemäss Art. 15 VStrR wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit der ausfäl-
lenden Behörde nichtig sei (Ziff. 2 der Anträge gemäss Eingabe vom
18. November 2020);

nicht entschieden und insofern eine formelle Rechtsverweigerung begangen hat.

2. Es sei festzustellen, dass die Eidgenössische Zollverwaltung für die verwaltungs-
strafrechtliche Untersuchung sachlich zuständig und insofern die durch das UVEK
am 19. November 2018 verfügte Verfahrensvereinigung nichtig ist.

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3. Die Beschwerdegegnerin sei anzuweisen:

3.1. die Strafuntersuchung bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Entscheids
des Bundesverwaltungsgerichts bzw. des Bundesgerichts über die vorlie-
gend zu interessierenden und mit der Untersuchungssache unmittelbar zu-
sammenhängenden abgaberechtlichen Fragen zu sistieren bzw. mit dem
Abschluss der Voruntersuchung bis zu diesem Zeitpunkt zuzuwarten;

3.2. Untersuchungshandlungen – wozu namentlich die Schlusseinvernahmen
gehören – betreffend die vorliegend relevanten verwaltungsstrafrechtlichen
Tatbestände erst nach Vorliegen einer von der sachlich zuständigen Zoll-
verwaltung bzw. dem Eidgenössischen Departement (EFD) angeordneten
Verfahrensvereinigung vorzunehmen bzw. zu wiederholen;

3.3. mit der Ansetzung der Frist gemäss Art. 318 StPO bis zum gehörigen Ab-
schluss der Voruntersuchung im Sinne von Ziff. 3.1. und Ziff. 3.2. vorste-
hend zuzuwarten.

4. Ziff. 3.3. der Rechtsbegehren sei insoweit aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als
die mit Mitteilung vom 1. Februar 2021 angesetzte Frist gemäss Art. 318 StPO vor-
erst bis zum Beschwerdeentscheid ausgesetzt wird bzw. die Beschwerdegegnerin
sei im Sinne einer vorsorglichen Massnahme anzuweisen, die Frist gemäss Art. 318
StPO bis zum Beschwerdeentscheid auszusetzen und gemäss den Anweisungen im
Beschwerdeentscheid neu festzulegen.

- unter Kosten- und Entschädigungsfolge -

Gestützt auf diese Eingabe eröffnete die Beschwerdekammer des Bun-
desstrafgerichts das Hauptverfahren BB.2021.43 und das Nebenverfahren
BP.2021.25 zur Frage der aufschiebenden Wirkung und der Anordnung von
vorsorglichen Massnahmen.


L. Gegen das Schreiben der BA vom 1. Februar 2021 erhob C. ebenfalls am
11. Februar 2021 bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Be-
schwerde (separates Verfahren, BB.2021.44).


M. Mit Beschwerdeantwort vom 25. Februar 2021 beantragt die BA, auf die Be-
schwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie unter Kostenfolgen abzu-
weisen. In prozessualer Hinsicht ersucht die BA um Vereinigung des Be-
schwerdeverfahrens mit BB.2021.44 sowie um Beiladung von B. und des
UVEK zum vorliegenden Beschwerdeverfahren. Der Beschwerde sei keine
aufschiebende Wirkung zu erteilen und es seien keine vorsorglichen Mass-
nahmen anzuordnen (act. 3). Am 8. März 2021 teilte die BA dem Gericht mit,
dass A. die ihm angesetzte Frist zur Stellung von Beweisanträgen gemäss
Art. 318 Abs. 1 StPO ungenutzt habe verstreichen lassen (act. 6).


N. A. nahm mit Eingabe vom 22. März 2021 zur Beschwerdeantwort der BA
Stellung und hielt an den in der Beschwerde gestellten Begehren fest. Auf
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eine Stellungnahme zu den prozessualen Anträgen der BA verzichtete A.
(act. 9). Die Eingabe vom 22. März 2021 wurde der BA am 24. März 2021
zur Kenntnisnahme zugestellt (act. 10).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit
erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genom-
men.



Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.
1.1 Nach dem Grundsatz der Prozessökonomie sind Verfahren möglichst ein-
fach, rasch und zweckmässig zum Abschluss zu bringen (BGE 126 V 283
E. 1 S. 285). Es steht im Ermessen des Gerichts, Verfahren nach diesem
Grundsatz zu vereinen (vgl. Beschluss des Bundesstrafgerichts BV.2016.19-
20 vom 7. Dezember 2016 E. 1).

1.2 Die Beschwerdeverfahren BB.2021.43 und BB.2021.44 basieren zwar
grundsätzlich auf demselben Sachverhalt. Indes betreffen die beiden Ver-
fahren nicht dieselben Parteien und die sich zu stellenden Fragen über-
schneiden sich infolge des unterschiedlichen Vorgehens der Beschwerde-
gegnerin betreffend die bei ihr am 18. resp. 25. November 2020 gestellten
Anträge nur teilweise. Überdies ist das vorliegende Verfahren im Gegensatz
zum Verfahren BB.2021.44 bereits spruchreif. Vor diesem Hintergrund und
insbesondere mit Blick auf das Beschleunigungsgebot ist von einer Vereini-
gung der Verfahren abzusehen. Der diesbezügliche Antrag der Beschwer-
degegnerin ist deshalb abzuweisen.


2.
2.1 Gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Bundesanwaltschaft
kann bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde er-
hoben werden (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 des Bundes-
gesetzes über die Organisation der Strafbehörde des Bundes [Strafbehör-
denorganisationsgesetz, StBOG; SR 173.71]). Die Beschwerde gegen
schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert zehn Tagen schrift-
lich und begründet einzureichen (Art. 396 Abs. 1 StPO). Mit ihr gerügt wer-
den können gemäss Art. 393 Abs. 2 StPO Rechtsverletzungen, einschliess-
lich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung
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und Rechtsverzögerung (lit. a), die unvollständige oder unrichtige Feststel-
lung des Sachverhalts (lit. b) sowie die Unangemessenheit (lit. c). Zur Be-
schwerde berechtigt ist jede Partei oder jeder andere Verfahrensbeteiligte
mit einem rechtlich geschützten Interesse an der Aufhebung oder Änderung
des angefochtenen Entscheides (Art. 382 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2
StPO).

2.2 Der Beschwerdeführer macht eine formelle Rechtsverweigerung geltend und
bringt vor, die Beschwerdegegnerin habe über seine im Schreiben vom
18. November 2020 gestellten Anträge nicht entschieden. Das Schreiben
vom 1. Februar 2021, worin die Beschwerdegegnerin die Sistierung der Un-
tersuchung abgelehnt und die Vereinigungsverfügung des UVEK vom
19. November 2018 als rechtmässig qualifiziert habe, sei lediglich C. eröffnet
worden. Ein analoges Schreiben habe er nicht erhalten (act. 1, S. 3). Als von
einer allfälligen Rechtsverzögerung resp. formellen Rechtsverweigerung Be-
troffener ist der Beschwerdeführer zur Erhebung der Beschwerde befugt. Die
Beschwerde wurde form- und fristgerecht erhoben. Auf die Beschwerde ist
unter Vorbehalt der Ausführungen in der Erwägung 3.4 einzutreten.


3.
3.1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen An-
spruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert
angemessener Frist (Art. 29 Abs. 1 BV). Die Strafbehörden nehmen die
Strafverfahren unverzüglich an die Hand und bringen sie ohne unbegründete
Verzögerung zum Abschluss (Art. 5 Abs. 1 StPO). Sie beachten das Gebot,
alle Verfahrensbeteiligten gleich und gerecht zu behandeln und ihnen recht-
liches Gehör zu gewähren (Art. 3 Abs. 2 lit. c i.V.m. Art. 101 Abs. 1 und
Art. 107 Abs. 1 lit. a StPO). Der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss
Art. 29 Abs. 2 BV sowie Art. 3 Abs. 2 lit. c und Art. 107 StPO dient einerseits
der Sachaufklärung, anderseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mit-
wirkungsrecht beim Erlass eines Entscheids dar, der in die Rechtsstellung
des Einzelnen eingreift (BGE 146 IV 218 E. 3.1.1; 112 Ia 3 m.H.). Der An-
spruch umfasst alle Befugnisse, die einer Partei einzuräumen sind, damit sie
ihren Standpunkt wirksam zur Geltung bringen kann. Die betroffene Person
hat insbesondere das Recht, zu den wesentlichen Punkten Stellung nehmen
zu können, bevor der Entscheid gefällt wird; dazu muss sie vorweg Einsicht
in die massgeblichen Akten nehmen können (Art. 107 Abs. 1 lit. a und d
StPO; BGE 144 II 427 E. 3.1 S. 434; 144 I 11 E. 5.3 S. 17; 135 II 286 E. 5.1
S. 293; 132 II 485 E. 3.1 S. 494; je mit Hinweisen).

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3.2 Im Rahmen einer Rechtsverzögerungsbeschwerde ist die Verfahrensrüge zu
prüfen, die von einer Partei verlangten Untersuchungs- bzw. Verfahrens-
handlungen seien von der zuständigen Strafbehörde mit unbegründeter Ver-
zögerung vorgenommen worden, d.h. nicht innerhalb der Zeitspanne, die
nach der Natur der Sache (und unter angemessener Berücksichtigung der
Geschäftslast der Strafbehörde) bundesrechtskonform erschien, nachdem
die rechtsuchende Partei zuvor bei der Strafbehörde entsprechend interve-
niert und vergeblich einen Entscheid innert angemessener Frist verlangt
hatte (BGE 126 V 244 E. 2d; 125 V 373 E. 2b; Urteile des Bundesgerichtes
1B_4/2017 vom 3. März 2017 E. 3.4; 1B_124/2016 vom 12. August 2016
E. 5.5; 1B_322/2015 vom 4. März 2016 E. 4; 1B_28/2016 vom 24. Februar
2016 E. 1.5). Förmliche Parteieingaben (etwa Gesuche um Akteneinsicht,
Beweisergänzung oder Aufhebung von Zwangsmassnahmen) hat die
Staatsanwaltschaft innert vernünftiger Frist zu prüfen und zu erledigen (Ur-
teile des Bundesgerichts 1B_4/2017 vom 3. März 2017 E. 3.5; 1B_124/2016
vom 12. August 2016 E. 5.5; 1B_19/2015 vom 18. März 2015 E. 4.2). Eine
formelle Rechtsverweigerung (im engeren Sinne) liegt nach der Praxis des
Bundesgerichts vor, wenn eine Behörde auf eine ihr frist- und formgerecht
unterbreitete Sache nicht eintritt, obschon sie darüber befinden müsste
(BGE 135 I 6 E. 2.1 S. 9 mit Hinweisen). Die Nichtbehandlung eines Rechts-
begehrens führt grundsätzlich zur Aufhebung des Entscheids wegen formel-
ler Rechtsverweigerung (Urteil des Bundesgerichts 6B_695/2017 vom
26. April 2018 E. 2.1).

3.3 Der Beschwerdeführer ersuchte die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom
18. November 2020 um Feststellung der Nichtigkeit der vom UVEK am
19. November 2018 erteilten Verfahrensvereinigung sowie um Sistierung
des Strafverfahrens bis zur Klärung der sachlichen Zuständigkeit (act. 1.1).
Mit Schreiben vom 19. November 2020 lehnte die Beschwerdegegnerin den
Sistierungsantrag des Beschwerdeführers ab (act. 3.1), gegen welchen er
bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts keine Beschwerde er-
hob. Damit ist der Vorwurf der Rechtsverweigerung in Bezug auf den Sistie-
rungsantrag unbegründet. Die Beschwerde ist in diesem Punkt abzuweisen.

3.4
3.4.1 Demgegenüber stellte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer die
Prüfung seiner Einwände gegen die Vereinigungsverfügung des UVEK vom
19. November 2018 in Aussicht, ohne ihn darüber in einem direkt an ihn ge-
richteten Schreiben zu orientieren. Die Behauptung der Beschwerdegegne-
rin, sie habe ihre Abklärungen in Bezug auf die Zuständigkeit zum Erlass der
Vereinigungsverfügung dem Beschwerdeführer am 1. Februar 2021 zur
Kenntnis gebracht (act. 3, S. 6), trifft zu. Die Beschwerdegegnerin stellte dem
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Beschwerdeführer das an C. gerichtete Schreiben vom 1. Februar 2021 samt
ihrer Aktennotiz vom 8. Januar 2021 als auch das Schreiben des BFE vom
14. Januar 2021 – womit sie dessen Anträge vom 25. November 2020 ab-
wies – in Kopie zu (act. 1.4). Den dem Gericht eingereichten Unterlagen lässt
sich hingegen ein an den Beschwerdeführer gerichtetes Schreiben, worin die
Beschwerdegegnerin über seinen analogen Feststellungsantrag vom
18. November 2020 entschieden hätte, nicht entnehmen.
3.4.2 Aufgrund der analogen Anträgen des Beschwerdeführers und von C. konnte
der Beschwerdeführer aus dem ihm in Kopie zugestellten Schreiben vom
1. Februar 2021, das den Feststellungsantrag von C. behandelte, auf die
Haltung der Beschwerdegegnerin dazu schliessen. Wäre der anwaltlich ver-
tretene Beschwerdeführer der Ansicht gewesen, die Beschwerdeführerin
habe übersehen, über seinen analogen Antrag formell zu entscheiden und
hätte er ein direkt an ihn adressiertes Schreiben gewünscht, hätte er die Be-
schwerdegegnerin darauf hinweisen und dies beantragen müssen. Dass er
dies getan hätte, wird weder vom Beschwerdeführer behauptet noch ergibt
sich dies aus den dem Gericht eingereichten Unterlagen. Stattdessen erhob
der Beschwerdeführer am 11. Februar 2021 bei der Beschwerdekammer die
vorliegende Beschwerde. Vor diesem Hintergrund ist die Beschwerde nicht
begründet. Daran vermag der Einwand des Beschwerdeführers nichts zu än-
dern, dass er vorliegend eine Rechtsverweigerung und keine Rechtsverzö-
gerung geltend mache (act. 9, S. 3). Damit ein Verfahren zügig voranschrei-
tet, hat die rechtsuchende Partei das ihr Mögliche und Zumutbare dazu bei-
zutragen. Der Grundsatz von Treu und Glauben verbietet sowohl Behörden
als auch Privaten rechtsmissbräuchliches und widersprüchliches Verhalten.
Im Rahmen der prozessualen Sorgfaltspflichten obliegt es daher den Par-
teien, festgestellte Verfahrensmängel rechtzeitig anzuzeigen (BGE 125 V
373 2b/aa S. 375 f.). Andernfalls ist auf die Beschwerde nicht einzutreten
(vgl. u.a. zuletzt Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2021.27 vom
17. Februar 2021). Dies gilt auch bei einer wie vorliegend geltend gemachten
(formellen) Rechtsverweigerung (vgl. BGE 125 V 373 2b/bb S. 376). Man-
gels einer Intervention seitens des Beschwerdeführers bei der Beschwerde-
gegnerin ist auf die Beschwerde in diesem Punkt nicht einzutreten.
3.4.3 Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sich der Beschwerdeführer in
Anbetracht der subsidiären Natur des Feststellungsbegehrens gegen die
Vereinigungsverfügung vom 19. November 2018 mit ordentlichen Rechtsmit-
teln hätte zur Wehr setzen sollen. Die Nachteile einer allenfalls verpassten
Rechtsmittelfrist können nicht durch die beschwerdeweise Erhebung eines
Feststellungsbegehrens ausgeräumt werden. Es gilt die Einmaligkeit des
Rechtsschutzes (vgl. HÄNER, in: Praxiskommentar Verwaltungsverfahrens-
gesetz, Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], 2. Aufl. 2016, Art. 25 N. 21 f.;
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WEBER-DÜRLER/KUNZ-NOTTER, in: VwVG Bundesgesetz über das Verwal-
tungsverfahren Kommentar, Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], 2. Aufl. 2019,
Art. 25 N. 20 f.; jeweils mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Lehre). Mit
welchen Rechtsmitteln und bei welchen Instanzen die Vereinigungsverfü-
gung des UVEK hätte angefochten werden können, braucht angesichts des
vorliegenden Beschwerdegegenstandes und der vorgängigen Schlussfolge-
rung (E. 3.4.2 hiervor) nicht näher spezifiziert zu werden. Jedenfalls legt der
anwaltlich vertretene Beschwerdeführer nicht dar, weshalb die mehr als vor
zwei Jahren ergangene Vereinigungsverfügung des UVEK unangefochten
geblieben ist. Daher braucht auch der Umstand, dass die Vereinigungsver-
fügung vom 19. November 2018 keine Rechtsmittelbelehrung enthält und
damit allenfalls mit einem Mangel behaftet sein könnte, nicht näher geprüft
zu werden. Ausserdem obliegt die Prüfung der Gültigkeit der Verfahrensver-
einigung nach der Anklageerhebung der Strafkammer des Bundesstrafge-
richts. Der Beschwerdeführer wird seine diesbezüglichen Rügen dort geltend
machen können. Im Übrigen würde sich eine vom Strafrichter festgestellte
Nichtigkeit der vom UVEK erteilten Vereinigungsverfügung zum Vorteil des
Beschwerdeführers auswirken, weshalb auch unter diesem Blickwinkel ein
rechtlich geschütztes Interesse am Feststellungsbegehren nicht zu erkennen
ist.
3.4.4 Somit ist auf die Beschwerde in diesem Punkt nicht einzutreten. Bei diesem
Ergebnis kann die Frage offenbleiben, ob das UVEK und der Mitbeschuldigte
B. als Dritte zum vorliegende Beschwerdeverfahren hätten beigeladen wer-
den sollen und ob diese Möglichkeit in der Eidgenössischen Strafprozess-
ordnung überhaupt vorgesehen ist (zur Beiladung Dritter in verwaltungs-
rechtlichen [Beschwerde-]Verfahren vgl. Art. 57 Abs. 1 des Bundesgesetzes
vom 20. Dezember 1968 über Verwaltungsverfahren [Verwaltungsverfah-
rensgesetz, VwVG; SR 172.021]; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts
A-7841/2010 vom 7. Februar 2011 E. 2; B-7972/2008 vom 4. März 2010
E. 2.4, B-517/2008 vom 30. Juni 2009 E. 2.3).


4. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzu-
treten ist.


5. Mit dem vorliegenden Beschluss wird das Gesuch des Beschwerdeführers
um Gewährung der aufschiebenden Wirkung und Anordnung einer vorsorg-
lichen Massnahmen (Nebenverfahren BP.2021.25) als gegenstandslos ge-
worden abgeschrieben.


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6. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem
unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die
Gerichtsgebühr ist auf Fr. 2’000.-- festzusetzen (vgl. Art. 73 StBOG und
Art. 5 und 8 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August
2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafver-
fahren [BStKR; SR 173.713.162]).


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Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Der Vereinigungsantrag der Beschwerdegegnerin wird abgewiesen.

2. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

3. Das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung und Anordnung einer
vorsorglichen Massnahme wird als gegenstandslos geworden abgeschrieben.

4. Die Gerichtsgebühr von Fr. 2’000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.


Bellinzona, 31. März 2021

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:











Zustellung an

- Rechtsanwalt Stefan Lenz
- Bundesanwaltschaft




Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.





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