BStGer - BB.2017.138 - Ausstand der Bundesanwaltschaft (Art. 59 Abs 1 lit. b i.V.m. Art. 56 StPO). - Beschwerdekammer: Strafverfahren
Karar Dilini Çevir:




Beschluss vom 18. September 2017
Beschwerdekammer
Besetzung Bundesstrafrichter Andreas J. Keller, Vorsitz,
Emanuel Hochstrasser und Cornelia Cova,
Gerichtsschreiber Stefan Graf


Parteien

A.,

Gesuchsteller

gegen

B., Staatsanwalt des Bundes,

Gesuchsgegner


Gegenstand Ausstand der Bundesanwaltschaft
(Art. 59 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 56 StPO)


B u n d e s s t r a f g e r i c h t
T r i b u n a l p é n a l f é d é r a l
T r i b u n a l e p e n a l e f e d e r a l e
T r i b u n a l p e n a l f e d e r a l


Geschäftsnummer: BB.2017.138



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Die Beschwerdekammer hält fest, dass:

- die Bundesanwaltschaft am 9. Oktober 2015 verfügte, das Verfahren gegen
den Beschuldigten A. wegen des Verdachts des gewerbsmässigen Betrugs
und der qualifizierten Geldwäscherei im Sachverhaltsbereich «Anlagebetrü-
gereien/Anschlussgeldwäscherei im Umfeld der C.-Gruppe» werde unter der
bisherigen Verfahrensnummer EAII.04.0277 fortgeführt und zur Anklage ge-
bracht (act. 1.1);

- sie weiter verfügte, das Verfahren betreffend die verbleibenden – bisher un-
erledigten – Vorwürfe gegen den Beschuldigten A. werde vom Verfahren
EAII.04.0277 abgetrennt und unter separater Verfahrensnummer
SV.15.1349 fortgeführt (act. 1.1);

- A. bereits in einer an die Bundesanwaltschaft gerichteten Eingabe vom
25. April 2016 nebst anderem ausführte, die Abtrennung des gesamten
Sachverhaltsbereichs «D. AG/E.-Deal/cash back» vom Verfahren
EAII.04.0277 sei rechtswidrig gewesen (act. 1.2, S. 4);

- der Staatsanwalt des Bundes B. diesbezüglich am 2. Mai 2016 Stellung
nahm (act. 1.3);

- die Bundesanwaltschaft A. am 18. Juli 2017 informierte, sie werde im Rah-
men des Verfahrens SV.15.1349 den Mitbeschuldigten F. einvernehmen
(act. 1.4);

- A. mit an B. gerichteter Eingabe vom 21. August 2017 beantragt, dieser so-
wie alle weiteren unbekannten Mitarbeiter im Verfahren SV.15.1349 hätten
wegen Befangenheit und wegen eines unüberwindlichen Interessenkonflikts
sofort in den Ausstand zu treten und die Verfahrensleitung sei an einen an-
deren, neutralen und unbeteiligten Verfahrensleiter zu übergeben, mit wel-
chem eine unabhängige, faire und vollständige Untersuchung im Sachver-
haltsbereich «Beteiligungsgesellschaft D. AG» resp. «E.-Deal/Operation
cash back» garantiert werden könne (act. 1);

- B. in seiner Stellungnahme vom 22. August 2017 beantragt, auf das Aus-
standsbegehren sei kostenpflichtig nicht einzutreten, eventualiter sei es kos-
tenpflichtig abzuweisen (act. 2);

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- A. in seiner Replik vom 4. September 2017 eine Reihe von weiteren Mitar-
beitern der Bundesanwaltschaft, die in den Ausstand zu treten hätten, na-
mentlich nennt und an seinem Gesuch festhält (act. 4), was B. am 5. Sep-
tember 2017 zur Kenntnis gebracht wurde (act. 5).



Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung, dass:

- sie u. a. die Bundesanwaltschaft betreffende Gesuche beurteilt, wenn ein
Ausstandsgrund nach Art. 56 lit. a oder f StPO geltend gemacht wird (Art. 59
Abs. 1 lit. b StPO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 StBOG);

- eine Partei der Verfahrensleitung ein Ausstandsgesuch ohne Verzug zu stel-
len hat, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis hat (Art. 58 Abs. 1 StPO);

- wer einen Ablehnungsgrund nicht unverzüglich nach dessen Kenntnisnahme
geltend macht, den Anspruch auf seine spätere Anrufung verwirkt (BGE 143
V 66 E. 4.3 S. 69; 140 I 271 E. 8.4.3; 139 III 120 E. 3.2.1 S. 124; Urteil des
Bundesgerichts 1B_104/2017 vom 11. April 2017, E. 2.4);

- unverzüglich nach der Rechtsprechung ein Geltendmachen des Anspruchs
binnen maximal sechs bis sieben Tagen bedeutet und ein zweiwöchiges Zu-
warten bereits klarerweise unzulässig ist (Urteile des Bundesgerichts
1B_58/2017 vom 5. April 2017, E. 2.3; 6B_973/2016 vom 7. März 2017,
E. 3.3.2);

- der Gesuchsteller in seinem Gesuch sinngemäss ausführt die «kürzlich er-
folgte Einladung zu weiteren Einvernahmen im Verfahren SV.15.1349» habe
ihn zur Stellung des Ausstandsbegehrens veranlasst (act. 1, S. 4);

- zumindest eine der erwähnten Einladungen vom 18. Juli 2017 datiert
(act. 1.4) und damit bereits einen Monat vor dem Ersuchen erfolgte;

- der Gesuchsteller im Rahmen der Begründung seines Ausstandsbegehrens
einerseits die nach seiner Ansicht rechtswidrig erfolgte Abtrennung des Ver-
fahrens SV.15.1349 kritisiert, was er bereits mit einer Eingabe vom 25. Ap-
ril 2016 geltend gemacht hat (act. 1.2, S. 4), welche ihrerseits bereits am
2. Mai 2016 durch den Gesuchsgegner beantwortet worden ist (act. 1.3);

- er weiter vorbringt, die im Verfahren SV.15.1349 zu untersuchende Scha-
denssumme sei fälschlicherweise (teilweise) auch in das Klägerverzeichnis
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im Verfahren EAII.04.0277 aufgenommen und im Jahre 2015 dort zur An-
klage gebracht worden;

- die vom Gesuchsteller kritisierten, angeblich den Ausstand begründenden
Tatsachen somit allesamt schon mehr als ein Jahr zurückliegen und dem
Gesuchsteller offensichtlich auch bekannt waren;

- im Übrigen festgehalten werden kann, dass es sich bei den Vorwürfen des
Anlagebetrugs zum Nachteil der in die D. AG investierenden Anleger und der
im Rahmen des Verfahrens SV.15.1349 zu untersuchenden pflichtwidrigen
Verwendung des Gesellschaftskapitals der D. AG zum Nachteil dieser Ge-
sellschaft nicht um denselben Straftatbestand handelt, weshalb der zweite
Vorwurf des Gesuchstellers ohnehin ins Leere geht;

- auf das Gesuch nach dem Gesagten nicht einzutreten ist;

- bei diesem Ausgang des Verfahrens der Gesuchsteller die Gerichtskosten
zu tragen hat (Art. 59 Abs. 4 StPO);

- die Gerichtsgebühr vorliegend auf Fr. 500.– festzusetzen ist (Art. 73 StBOG
i.V.m. Art. 5 und 8 Abs. 2 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom
31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bun-
desstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]);

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und erkennt:

1. Auf das Gesuch wird nicht eingetreten.

2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.– wird dem Gesuchsteller auferlegt.


Bellinzona, 18. September 2017

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Vorsitzende: Der Gerichtsschreiber:











Zustellung an

- A.
- Bundesanwaltschaft




Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.


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