B-2676/2008 - Abteilung II - Absolute Ausschlussgründe - Internationale Registrierung Nr. 850750 - 3D (fig....
Karar Dilini Çevir:
B-2676/2008 - Abteilung II - Absolute Ausschlussgründe - Internationale Registrierung Nr. 850750 - 3D (fig....
Abtei lung II
B-2676/2008
{T 0/2}
U r t e i l v o m 2 3 . J a n u a r 2 0 0 9
Richterin Vera Marantelli (Vorsitz),
Richter Claude Morvant, Richter Hans Urech;
Gerichtsschreiberin Kathrin Bigler.
X._______,
vertreten durch E. Blum & Co. AG,
Patentanwälte und Markenanwälte VSP, Vorderberg 11,
8044 Zürich,
Beschwerdeführerin,
gegen
Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum,
Stauffacherstrasse 65, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Internationale Registrierung Nr. 850750 - 3D (fig.);
Verfügung des IGE vom 27. März 2008.
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
B-2676/2008
Sachverhalt:
A.
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der IR-Marke Nr. 850'750 mit Ur-
sprung in den Benelux-Staaten, registriert am 3. März 2005. Die Marke
hat folgendes Aussehen:
Sie beansprucht auch Schutz in der Schweiz für folgende Waren der
Klasse 33: "Boissons alcooliques (à l'exception des bières)". Der
Schweiz wurde die Schutzausdehnung der obigen Marke seitens der
Organisation Mondiale de la Propriété Intellectuelle (OMPI) am
30. Juni 2005 notifiziert.
B.
Am 27. Juni 2006 verweigerte die Vorinstanz der Marke für die
beanspruchten Waren vorläufig den Schutz für die Schweiz. Zur
Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Marke bestehe aus
einer Flasche, einem für Likör banalen Behälter, der nicht ausreichend
vom banalen, dem Gemeingut zugehörigen Formenschatz abweiche.
Das nur auf einer Seite der Flasche angebrachte, zweidimensionale
Wortelement vermöge den banalen Gesamteindruck der Marke nicht
wesentlich zu beeinflussen. Dem dem Gemeingut zugehörigen
Zeichen fehle daher die nötige Unterscheidungskraft.
Mit Eingabe vom 23. November 2006 ersuchte die Beschwerdeführe-
rin, der international registrierten dreidimensionalen Marke Nr. 850'750
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auch in der Schweiz Schutz zu gewähren. Zur Begründung brachte sie
im Wesentlichen vor, beim zur Diskussion stehenden Zeichen handle
es sich keineswegs um eine banale Flasche. Die Form beinhalte viel-
mehr mehrere unterschiedliche Elemente, die sie eindeutig von ande-
ren Flaschenformen unterschieden und ihr eine Eigenart verliehen, die
vom Gewohnten und Erwarteten abweiche und daher im Gedächtnis
der Abnehmer haften bleibe. Im Weiteren wird auf einen Entscheid der
Rekurskommission für geistiges Eigentum vom 24. April 2006 (MA-AA
18/05) sowie auf drei Voreintragungen (CH-503'180, CH-487'788 und
IR 803'837) hingewiesen.
Auch nach erneuter Prüfung hielt die Vorinstanz in ihrem Schreiben
vom 26. Februar 2007 an ihrer Beanstandung fest, wobei sie wiederum
die Auffassung vertrat, dass die hinterlegte Flaschenform sich nicht
genügend von banalen Waren- bzw. Verpackungsformen der angemel-
deten Waren der Klasse 33 unterscheide und daher nicht geeignet sei,
als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen wahrgenommen zu wer-
den.
Am 5. April 2007 wandte sich die Beschwerdeführerin erneut an die
Vorinstanz. Dabei bemängelte sie im Wesentlichen, dass die Vorin-
stanz in ihrem Schreiben vom 18. Februar 2007 (recte: 26. Februar
2007) die von ihr erwähnten Voreintragungen, insbesondere die nach
der am 1. Juli 2005 in Kraft getretenen Änderung der Institutspraxis er-
gangene Eintragung IR 807'837 nicht berücksichtigt habe und ersuch-
te im Übrigen erneut um Eintragung ihrer Marke.
Mit Schreiben vom 3. Juli 2007 hielt die Vorinstanz an an ihrem Ent-
scheid fest, der internationalen Registrierung 850'750 gestützt auf Art.
2 lit. a MSchG den Markenschutz in der Schweiz vollumfänglich zu ver-
weigern, weil ihr im Gesamteindruck keine Unterscheidungskraft im
Sinne des Markenschutzgesetzes zukomme. Dabei setzte sie der Be-
schwerdeführerin bis am 3. September 2007 Frist zur Einreichung ei-
ner letzten Stellungnahme. Mit der Androhung, dass ohne neue stich-
haltige Argumente, die ihren Entscheid zu widerlegen vermöchten,
eine beschwerdefähige Entscheidung ergehe.
Da innert der obgenannten Frist bei der Vorinstanz keine weitere Stel-
lungnahme eintraf, wurde der internationalen Registrierung
Nr. 850'750 mit Verfügung vom 27. März 2008 der Schutz in der
Schweiz für alle beanspruchten Waren verweigert.
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B-2676/2008
C.
Gegen diese Verfügung erhob die Beschwerdeführerin am 25. April
2008 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Sie beantragt, die
Verfügung der Vorinstanz vom 27. März 2008 sei aufzuheben, und die
internationale Marke Nr. 850'750 (dreidimensionale Marke [Flasche])
sei in der Schweiz für alle beanspruchten Waren zum Markenschutz
zuzulassen. Sie hielt fest, die strittige Marke stelle im Zusammenhang
mit den beanspruchten Waren kein Gemeingut im Sinne von Art. 2 lit. a
MSchG dar. Wie sich aus den von der Vorinstanz zur Unterstreichung
ihrer Argumente beigelegten Internetauszügen ergebe, würden Fla-
schen über eBay versteigert. Dies zeige, dass es einen Sammlermarkt
für Flaschenformen gebe, diese somit von der Sammlergemeinde nicht
als banal betrachtet würden. Es sei nicht ersichtlich, weshalb es einen
Markt für Flaschenformen geben sollte, wenn diese alle banal wären.
Zur Gestaltung der hier zur Diskussion stehenden Flasche wird ausge-
führt: Anders als bei den sich unten am Bauch befindlichen, der Grif-
figkeit der Flasche dienenden und somit funktionalen Rillen, handle es
sich bei den weit oben am Flaschenhals angebrachten und daher kei-
neswegs funktional bedingten Einschnürungen der streitgegenständli-
chen Flasche um eine Reihe kurz übereinander angebrachter "Rillen",
die insgesamt den Eindruck einer mehrreihigen Halskette oder eines
Halsreifens, wie er in Afrika üblich sei, erwecke. Dieser Eindruck kom-
me durch den langgezogenen Flaschenhals noch stärker zur Geltung.
Bereits dies verleihe der Flasche eine vom Gewöhnlichen abweichen-
de Form und individualisiere sie so stark, dass sie Unterscheidungs-
kraft besässe. Es handle sich dabei nicht um ästhetisch bedingte Ele-
mente, sondern um ein gewolltes Unterscheidungsmerkmal, das der
Flasche Eigentümlichkeit verleihe und vom Gewohnten abweiche. Der
sich daraus ergebende ästhetisch ansprechende Eindruck sei ein posi-
tiver Nebeneffekt. Zum Schriftzug wird ausgeführt: Bei einer runden,
folglich keine Ecken aufweisenden Flasche könne nicht verlangt wer-
den, dass ein Schriftzug "alle Seiten" betreffe. Dieser müsse, wie sich
aus einem Entscheid der eidgenössischen Rekurskommission für geis-
tiges Eigentum (MA-AA 18/05) ergebe, auch nicht genau entzifferbar,
sondern nur als solcher erkennbar sein. Dies treffe auf den hier zur
Diskussion stehenden, sich über die ganze Breite der Frontansicht der
Marke erstreckenden Schriftzug zu. Im Weiteren wird unter Hinweis auf
das Gleichbehandlungsgebot erneut auf Voreintragungen verwiesen
und verlangt, das Eintragungsgesuch nicht nach der mit Wirkung per
1. Juli 2005 verschärften, sondern nach der Praxis zum Zeitpunkt der
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Gesuchseinreichung zu beurteilen. Schliesslich wird die Regel, wo-
nach im Zweifelsfall für den Hinterleger zu entscheiden und Grenzfälle
einzutragen seien, in Erinnerung gerufen.
D.
Mit Vernehmlassung vom 18. September 2008 beantragt die Vorin-
stanz, die Beschwerde sei vollumfänglich abzuweisen. Zur Begrün-
dung verwies sie auf einen Entscheid der Eidgenössischen Rekurs-
kommission für geistiges Eigentum, wonach Elemente wie Einbuchtun-
gen, Wülste und Rillen an banalen Flaschenformen funktional seien
und durch die Wahl des individuellen Anbringungsortes solcher Ele-
mente an der Grundform keine Unterscheidungskraft geschaffen wer-
den könne. Hinsichtlich der beiden Schriftzüge auf der hinterlegten
Form hielt sie fest, diese seien zwar erkennbar, aber ohne Berücksich-
tigung der Markenbeschreibung (Code Nr. 571 der „Gazette OMPI des
marques internationales“) unbestrittenermassen unleserlich. Die nicht
entzifferbaren Schriftzüge könnten daher auch aus direkt beschreiben-
den Angaben bestehen, womit sie der banalen Flaschenform nicht die
nötige Unterscheidungskraft verleihen würden. Der auf dem Flaschen-
hals angebrachte Schriftzug „BOLS“ sei zudem auf Grund seiner Grö-
sse zu klein, um den Gesamteindruck des Zeichens wesentlich zu be-
einflussen. Schliesslich wies sie darauf hin, dass Praxisänderungen
auf sämtliche noch nicht rechtskräftig erledigten Fälle anzuwenden
seien.
E.
Auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung hat die Be-
schwerdeführerin stillschweigend verzichtet.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Beurteilung von Beschwerden
gegen Eintragungsverfügungen der Vorinstanz in Markensachen zu-
ständig (Art. 31, 32 und 33 Bst. d des Bundesgesetzes vom 17. Juni
2005 über das Bundesverwaltungsgericht [Verwaltungsgerichtsgesetz,
VGG, SR 173.32]).
Die Beschwerdeführerin ist als Adressatin der angefochtenen Verfü-
gung durch diese beschwert und hat ein schutzwürdiges Interesse an
ihrer Aufhebung oder Änderung. Sie ist daher zur Beschwerdeführung
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legitimiert (Art. 48 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember
1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG, SR 172.021]). Eingabe-
frist und -form sind gewahrt (Art. 50 Abs. 1 und 52 Abs. 1 VwVG), der
Kostenvorschuss wurde fristgerecht bezahlt (Art. 63 Abs. 4 VwVG),
der Vertreter hat sich rechtsgenüglich ausgewiesen (Art. 11 VwVG)
und die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor (Art. 44 ff.
VwVG).
Auf die Verwaltungsbeschwerde ist daher einzutreten.
2.
Zwischen den Benelux-Staaten und der Schweiz gelten das Madrider
Abkommen über die internationale Registrierung von Marken (MMA,
SR 0.232.112.3) sowie die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz
des gewerblichen Eigentums (PVÜ, SR 0.232.04), beide in den in
Stockholm revidierten Fassungen vom 14. Juli 1967. Nach Art. 5 Abs. 2
MMA kann die Vorinstanz innerhalb eines Jahres ab Mitteilung einer
internationalen Markenregistrierung erklären, dass sie dieser Marke
den Schutz in der Schweiz verweigere (Urteil des Bundesverwaltungs-
gerichts B-7427/2006 vom 9. Januar 2008 E. 2 – Chocolat Pavot [fig.]).
Mit dem Versand der vorsorglichen Schutzverweigerung am 27. Juni
2006 auf Grund der am 30. Juni 2005 notifizierten Registrierung der
Marke IR Nr. 850'750 wurde diese Jahresfrist eingehalten.
3.
Nach Art. 5 Abs. 1 MMA darf ein Verbandsland einer international re-
gistrierten Marke den Schutz nur verweigern, wenn nach den in der
PVÜ genannten Bedingungen ihre Eintragung in das nationale Regis-
ter verweigert werden kann. Das trifft gemäss Art. 6quinquies Bst. B Ziff. 2
PVÜ namentlich dann zu, wenn die Marke jeder Unterscheidungskraft
entbehrt und als Gemeingut anzusehen ist. Dieser Ausschlussgrund
ist auch im Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von
Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG, SR
232.11) vorgesehen, das in Art. 2 Bst. a MSchG Zeichen, die Gemein-
gut sind, unter Vorbehalt der Verkehrsdurchsetzung vom Markenschutz
ausschliesst (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4A.15/2006 vom 13. De-
zember 2006 E. 2, mit Verweis auf BGE 128 III 454 E. 2 – Yukon).
Diesen Zeichen fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft oder es
besteht an ihnen ein Freihaltebedürfnis. Dies gilt auch für dreidimensi-
onale Marken, die in der Form der gekennzeichneten Ware selbst be-
stehen können ("Formmarken"), sowie für Kombinationen solcher For-
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men mit zweidimensionalen Bestandteilen. Ob in ihrem Zusammen-
spiel der unterscheidungskräftige Teil dominiert, hängt nach einer For-
mulierung des Bundesgerichts davon ab, ob die angemeldete Form
durch ihre Eigenheiten auffällt, vom Gewohnten und Erwarteten ab-
weicht und so im Gedächtnis der Abnehmer haften bleibt (BGE 133 III
342 E. 3.1 - Verpackungsbehälter aus Kunststoff, BGE 120 II 307 E. 3b
- The Original, BGE 129 III 514 E. 4.1 - Lego).
Massgebend für die Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zei-
chens ist stets die Wahrnehmung durch die angesprochenen Verkehrs-
kreise im Gesamteindruck (CHRISTOPH WILLI, Markenschutzgesetz, Kom-
mentar zum schweizerischen Markenrecht unter Berücksichtigung des
europäischen und internationalen Markenrechts, Zürich 2002, Art. 2 N.
41 und 124; Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission für
geistiges Eigentum [RKGE] in: Zeitschrift für Immaterialgüter-, Informa-
tions- und Wettbewerbsrecht [sic!] 2006 S. 264 E. 6 - Tetrapack).
4.
Die internationale Registrierung Nr. 850'750, um deren Schutz in der
Schweiz ersucht wird, stellt unbestrittenermassen eine Verpackungs-
form und insofern eine Formmarke im engeren Sinne dar (BGE 120 II
307 E. 2a - The Original, mit Verweisen; WILLI, a.a.O., Art. 2 N. 195;
MAGDA STREULI-YOUSSEF, Zur Schutzfähigkeit von Formmarken, in: sic!
2002 S. 794 ff., S. 795).
Sie beansprucht Schutz für folgende Waren der Klasse 33: "Boissons
alcooliques (à l'exception des bières)". Die vorliegend angesprochenen
Verkehrskreise sind daher Abnehmer von alkoholischen Getränken
und insofern Durchschnittskonsumenten. Aus ihrem Blickwinkel ist zu
entscheiden, ob die hinterlegte Form vom im fraglichen Warensegment
Gewohnten und Erwarteten abweicht. Bei der Beurteilung ist zu be-
rücksichtigen, dass die Abnehmer in einer Waren- oder Verpackungs-
form grundsätzlich die Gestaltung der Ware respektive der Verpackung
selber sehen und nicht einen betrieblichen Herkunftshinweis (BGE 134
III 547 E. 2.3.4 – Panton-Stuhl, BGE 130 III 328 E. 3.5 - Swatch; Urteil
des Bundesgerichts 4A.15/2006 vom 13. Dezember 2006 E. 5 – Wel-
lenflasche).
Mit der Vorinstanz ist dafür zu halten, dass sich die Abnehmer von al-
koholischen Getränken an eine grosse Formenvielfalt von Verpackun-
gen gewohnt sind. Dies ist insofern relevant, als es bei grosser For-
menvielfalt schwieriger ist, eine nicht banale Form zu schaffen, die von
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den Abnehmern als betrieblicher Herkunftshinweis und nicht als deko-
ratives Element oder technisches Beiwerk verstanden wird (Urteile des
Bundesverwaltungsgerichts B-7379/2006 vom 17. Juli 2007 E. 4.3 -
Leimtube, und B-7419/2006 vom 5. Dezember 2007 E. 3.2, je mit Ver-
weisen). Hieraus kann nicht der Schluss gezogen werden, dass grund-
sätzlich alle Flaschenformen als banal zu qualifizieren wären. Doch
steigen die Anforderungen an die Unterscheidungskraft einer Form,
wenn - wie im vorliegenden Fall - in einem bestimmten Warensegment
eine Vielfalt von Formen besteht (Urteil des Bundesverwaltungsge-
richts B-7379/2006 vom 17. Juli 2007 E. 4.3 - Leimtube, mit Verweis
auf STREULI-YOUSSEF, a.a.O., S. 796). Dies entbindet das Bundesverwal-
tungsgericht indessen nicht davon, alle Elemente der konkret zu beur-
teilenden Form zu berücksichtigen und eine Gesamtbetrachtung vorzu-
nehmen, wie die Beschwerdeführerin zu Recht verlangt.
5.
Die strittige Verpackungsform besteht aus einer rundlichen Flasche mit
einem langgezogenen Flaschenhals, der an seiner Basis mehrere ho-
rizontale Rillen in kleinem Abstand aufweist. Einige weitere horizontale
Rillen mit etwas grösserem Abstand befinden sich auch auf dem obe-
ren Drittel des Flaschenbauches. Die zusätzlich angebrachten Wort-
elemente sind auf der Abbildung der „Notification“ der OMPI vom 30.
Juni 2005 nicht scharf und es fragt sich, ob die Wortelemente über-
haupt genügend lesbar sind. Nach Beschreibung des internationalen
Markenprüfers der OMPI ist im unteren Teil der Flasche die Signatur
"Lukas Bols" reliefartig eingraviert und die Kapsel des Schraubver-
schlusses weist die Inschrift "BOLS" auf.
Unter Berücksichtigung, dass der Schutzumfang der international re-
gistrierten Marke nicht weiter als die nationale Basisregistrierung grei-
fen kann, rechtfertigt es sich, für die Beurteilung der Markendarstel-
lung die unter der Registernummer 0759862 vom „Office Benelux de la
Propriété Intellectuelle“ (OBPI) publizierte Abbildung der Basismarke
beizuziehen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-2724/2007
vom 17. Oktober 2007 E. 6.2.3 - Verpackung). Auf der beim OBPI ein-
sehbaren Abbildung (vgl. ) ist immerhin knapp die In-
schrift „BOLS“ lesbar. Das eingravierte Wortelement „Lucas Bols“ lässt
sich indessen auch auf dieser Abbildung nicht entziffern. Wie bereits
auf der Abbildung der „Notification“ der OMPI ist lediglich der erste
Buchstabe „L“ lesbar.
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6.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Hinterlegung der zur Dis-
kussion stehenden Marke sei am 3. März 2005 und somit vor Ände-
rung der Institutspraxis bei dreidimensionalen Zeichen am 1. Juli 2005
erfolgt. Diese Änderung habe eine Verschärfung der Praxis bewirkt,
weshalb sie zu Ungunsten der Rechtssubjekte nicht auf hängige Ge-
suche angewendet werden dürfe. Diese müssten vielmehr gemäss der
zum Zeitpunkt ihrer Hinterlegung gültigen Praxis behandelt werden.
6.1 Damit verkennt die Beschwerdeführerin, dass Praxisänderungen
sofort und in allen hängigen Fällen anzuwenden sind (BGE 133 V 96
E. 4.4.6; BGE 122 I 57 E. 3c/bb). Massgebend ist somit nicht das Da-
tum der Hinterlegung, mit welchem ein Markeneintragungsverfahren
anhängig gemacht wird, sondern das Urteilsdatum (vgl. das Urteil
4A_466/2007 des Bundesgerichts vom 23. Januar 2008 E. 3.4 - Milch-
mäuse).
Der verfassungsrechtliche Grundsatz des Vertrauensschutzes (vgl.
Art. 9 BV, SR 101) kann jedoch gegebenenfalls bei einer verfahrens-
rechtlichen Änderung der Rechtsprechung dazu führen, dass eine Pra-
xisänderung im Anlassfall noch nicht angewendet wird, wenn der Be-
troffene einen Rechtsverlust erleiden würde, den er hätte vermeiden
können, wenn er die neue Praxis bereits gekannt hätte (BGE 133 V 96
E. 4.4.6). Gegen Änderungen der materiellrechtlichen Praxis gibt es
hingegen keinen allgemeinen Vertrauensschutz (Urteil 4A_466/2007
des Bundesgerichts vom 23. Januar 2008 E. 3.4 – Milchmäuse, mit
Verweis auf BGE 103 Ib 197 E. 4). Es bedarf zusätzlich einer behördli-
chen Zusicherung oder eines sonstigen, bestimmte Erwartungen be-
gründenden Verhaltens der Behörden gegenüber dem betroffenen Bür-
ger, damit er aus dem Grundsatz von Treu und Glauben einen An-
spruch ableiten kann (BGE 103 Ib 197 E. 4). Der Beschwerdeführerin
wurden von der Vorinstanz keine bestimmten Auskünfte oder Zusiche-
rungen hinsichtlich der Schutzausdehnung der strittigen Marke auf die
Schweiz erteilt, weshalb der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht
zum Tragen kommt.
In ihren Schreiben vom 26. Februar 2007 und vom 3. Juli 2007 (die an-
gefochtene Verfügung vom 27. März 2008 enthält nur eine kursorische
Begründung) hat sich die Vorinstanz somit zu Recht auf ihre neue Pra-
xis vom 1. Juli 2005 hinsichtlich der Schutzfähigkeit dreidimensionaler
Marken gestützt.
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6.2 Am 1. Dezember 2007 ist indessen bereits eine weitere Praxisän-
derung in Kraft getreten, welche nach den obigen Ausführungen
grundsätzlich anzuwenden ist. In diese hat die Vorinstanz die seit der
Praxisänderung vom 1. Juli 2005 gesammelten Erfahrungen sowie die
Rechtsprechung des Bundesgerichts und des Bundesverwaltungsge-
richts (insbesondere die Urteile B-7400/2006 vom 5. Juni 2007 – Silk
Cut, publiziert in sic! 2007 S. 905, sowie B-7379/2006 vom 17. Juli
2007 – Leimtube) einfliessen lassen.
Die entsprechend überarbeiteten neuen Richtlinien in Markensachen
vom 1. Juli 2008 besagen, dass bei banalen Waren- oder Ver-
packungsformen, die mit unterscheidungskräftigen zweidimensionalen
Elementen (z.B. Wortelementen, bildlichen Darstellungen) kombiniert
sind, der Ausschlussgrund des Gemeinguts nur dann entfällt, wenn die
zweidimensionalen Elemente den dreidimensionalen Gesamteindruck
wesentlich beeinflussen. Es ist daher nicht ausreichend, dass das
Wort- oder Bildelement bloss in irgendeiner Weise sichtbar auf der ba-
nalen Form angebracht ist. Vielmehr muss dieses bei einer Gesamtbe-
trachtung des Zeichens auf den ersten Blick gut erkennbar sein. Kenn-
zeichnungskräftige zweidimensionale Elemente, die im Vergleich zur
Warenform entweder zu klein sind oder sich an ungewohnter Stelle be-
finden, sind nicht geeignet, dem hinterlegten Zeichen im Gesamtein-
druck Unterscheidungskraft zu verleihen (vgl. Ziff. 4.10.5.1 der Richtli-
nien in Markensachen vom 1. Juli 2008). Somit wird, im Gegensatz
etwa zu den Richtlinien vom 1. Januar 2007, nicht mehr gefordert,
dass das (unterscheidungskräftige) zweidimensionale Element die
Form als Ganzes umfassen müsse (vgl. Ziff. 4.10.3.1 der Richtlinien in
Markensachen vom 1. Januar 2007). Da die neue, ab 1. Dezember
2007 geltende Praxis der Vorinstanz die Rechtsprechung des Bundes-
verwaltungsgerichts wiederspiegelt, wird sie auf das vorliegende Be-
schwerdeverfahren angewendet. Die geschilderten zweidimensionalen
Elemente auf der strittigen Markenform müssen somit nicht mehr die
Form als Ganzes umfassen, um der Form Unterscheidungskraft zu
verleihen. Damit kommt die Beschwerdeführerin, im Vergleich zur ab 1.
Juli 2005 geltenden Praxis, in den Genuss einer Praxismilderung.
7.
Die konkret zu beurteilende Flaschenform weist eine bauchförmige
Verdickung auf. Diese Form ist für Flaschen typisch; auch die zylindri-
sche Verschlusskappe kann nicht als kennzeichnungskräftig qualifiziert
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werden (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4C.169/2004 vom 8. Septem-
ber 2004 E. 2.1 – Zitronensaftflasche).
7.1 Wie bereits ausgeführt wurde (E. 5), ist auf der beim OBPI
einsehbaren Abbildung die Inschrift „BOLS“ knapp lesbar, angesichts
ihrer geringen Grösse indessen nur bei genauerem Hinsehen. Vom
Wortelement „Lucas Bols“ ist lediglich der erste Buchstabe „L“
entzifferbar.
In diesem Zusammenhang verweist die Beschwerdeführerin auf einen
Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission für geistiges Ei-
gentum vom 24. April 2006 in Sachen „Berentzen-Flasche“ (Entscheid
Nr. MA-AA 18/05, publiziert in sic! 2006 S. 671 – Quaderförmige Fla-
sche [3D]). Darin hatte die Rekurskommission zu beurteilen, ob der im
Folgenden abgebildeten Formmarke IR-Nr. 807'837 Markenschutz in
der Schweiz gewährt werden soll:
Sie erwog, die Grafik der zusätzlich beizuziehenden Unterlagen der
deutschen Basiseintragung zeige deutlich einen Schriftzug, der etwa
zwei Drittel des quaderförmigen Bauchteils der Flasche einnehme, so-
wie ein wappenähnliches Gebilde unterhalb der Schulter der Vorder-
und Rückseite der Flasche. Selbst wenn auch in der deutschen Basi-
seintragung der in der Flasche eingegossene Schriftzug nicht klar ge-
lesen werden könne, so sei jedenfalls der Anfangsbuchstabe „B“ ent-
zifferbar, und es liege nahe, dass es sich bei der dargestellten Einprä-
gung um einen Schriftzug und nicht um ein grafisches Element handle.
Diese Attribute seien ohne Weiteres geeignet, aber auch genügend,
um der an und für sich banalen Flaschenform genügende Kennzeich-
nungskraft zu verleihen (E. 7 f. des genannten Entscheids).
Die beiden vorliegend zu beurteilenden auf der angemeldeten Fla-
schenform angebrachten Wortelemente sind zwar wie der Schriftzug
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auf der „Berentzen-Flasche“ nicht vollständig entzifferbar, doch immer-
hin erkennbar. Sie unterscheiden sich aber in der Grösse deutlich vom
Schriftzug auf der „Berentzen-Flasche“: Der Schriftzug „Bols“ auf der
Kapsel des Schraubverschlusses nimmt etwa einen Sechstel des
Schraubverschlusses ein. Der ebenfalls kleine, reliefartig nach aussen
abstehende Schriftzug „Lucas Bols“ ist im unteren Drittel der bauchför-
migen Verdickung der Flasche platziert. Die beiden Schriftzüge sind
daher bereits auf Grund ihrer geringen Grösse nicht geeignet, der hin-
terlegten Form im Gesamteindruck Unterscheidungskraft zu verleihen.
Hinzu kommt, dass das Wortelement „Bols“ in schwarzer Schrift auf re-
lativ dunklem Hintergrund aufgedruckt ist, woraus nur ein geringer
Kontrast zwischen Schrift und Hintergrund resultiert, und die „Berent-
zen“-Flasche durch ihren quadratischen Grundriss mit knapp gerunde-
ten Ecken und „Schultern“ sowie ungewöhnlichen, abgewinkelten
Breitrillen im Glas als solche besser in Erinnerung bleibt. Im Weiteren
ist darauf hinzuweisen, dass ein reliefartig nach aussen abstehender
Schriftzug wie der vorliegende Schriftzug „Lucas Bols“ für Flaschen
verbreitet ist (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4C.169/2004 vom 8. Sep-
tember 2004 E. 2.2 – Zitronensaftflasche). Somit kann der Schluss ge-
zogen werden, dass die beiden auf der angemeldeten Flaschenform
angebrachten Wortelemente dieser im Gesamteindruck keine Unter-
scheidungskraft zu geben vermögen.
7.2 Hinsichtlich der zusätzlich angebrachten Rillen unterscheidet die
Beschwerdeführerin zwischen den Rillen, welche sich auf dem Fla-
schenbauch befinden, und den Rillen am Flaschenhals. Mit der Be-
schwerdeführerin ist dafür zu halten, dass die sich unten am Bauch
befindlichen Rillen der Griffigkeit der Flasche dienen und somit funkti-
onal sind.
Die am Flaschenhals angebrachten Rillen erachtet die Beschwerde-
führerin dagegen nicht als funktional bedingt, da sich die Rillen so weit
oben am Flaschenhals befänden, dass ein Greifen der Flasche an den
Einschnürungen am Flaschenhals unweigerlich zur Instabilität führen
würde. Insgesamt erweckten sie den Eindruck einer mehrreihigen
Halskette oder eines Halsreifens, wie er in Afrika üblich sei. Dieser
Eindruck komme durch den langgezogenen Flaschenhals noch stärker
zur Geltung. Bereits dies verleihe der Flasche eine vom Gewöhnlichen
abweichende Form und individualisiere sie so stark, dass sie Unter-
scheidungskraft besässe. Es handle sich auch nicht um ästhetisch be-
dingte Elemente, sondern um ein gewolltes Unterscheidungsmerkmal,
Seite 12
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das der Flasche Eigentümlichkeit verleihe und von Gewohnten abwei-
che. Der sich daraus ergebende ästhetisch ansprechende Eindruck sei
ein positiver Nebeneffekt.
Die Eidgenössische Rekurskommission für geistiges Eigentum hatte in
mindestens zwei Fällen zu beurteilen, ob eine abweichende Position
von Einbuchtungen an banalen Flaschenformen Unterscheidungskraft
bewirken kann. Sie erwog, die Vielfalt von Einbuchtungen, Wülsten und
Rillen an gängigen Flaschenformen, die alle einem besseren Halt
dienten, lasse im Quervergleich keine einheitliche Lokalisation derarti-
ger Elemente erkennen, derzufolge eine abweichende Position von
Einbuchtungen als solche Unterscheidungskraft bewirken würde
(RKGE in sic! 2007 S. 527 E. 9 – dreidimensionale Marke, RKGE in
sic! 2003 S. 38 E. 4 – Milchgetränkeflasche [3D]; vgl. auch Urteil
4A.15/2006 des Bundesgerichts vom 13. Dezember 2006 E. 5.1 - Wel-
lenflasche). Das Bundesverwaltungsgericht hat keinen Anlass, von die-
ser Rechtsprechung der Rekurskommission abzurücken, zumal Fla-
schen – abhängig von ihrer Form und der Grösse der sie umfassenden
Hand – an verschiedenen Stellen gehalten werden (können), und dem-
zufolge der besseren Griffigkeit dienende Einbuchtungen, Wülste und
Rillen an verschiedenen Stellen als zumindest praktisch empfunden
werden.
Die hier zu beurteilenden Rillen respektive Einschnürungen im unteren
Bereich des Flaschenhalses haben insofern eine abweichende Posi-
tion, als die Flasche auf Grund der drohenden Instabilität nicht an die-
ser Stelle gehalten werden wird, wenn man sie zwecks Ausschenkens
des sich darin befindlichen Getränkes mit einer Hand umfasst. In selte-
nen Fällen nicht ausgeschlossen ist, dass die Flasche auch am Fla-
schenhals gehalten wird, wo sich die fraglichen Rillen befinden. In die-
sem Falle müsste die Flasche jedoch zusätzlich mit der anderen Hand
am Flaschenboden gehalten werden. Auf diese Weise wird die Flasche
indessen nur dann angefasst werden, wenn die Flasche so schwer
oder die sie umfassende Hand so klein ist, dass sich die ausschenken-
de Person entscheidet, die Flasche mit beiden Händen zu halten. In ei-
nem solchen Falle sind die fraglichen Rillen demnach wie die unteren
Rillen als funktional und insofern als erwartet zu bezeichnen. Zumin-
dest sind sie aber derart banal, dass sie im Gesamteindruck nicht ins
Gewicht fallen. Dass der Betrachter in den Rillen eine mehrreihige
Halskette oder einen Halsreifen, wie er in Afrika üblich ist, erkennt, ist
kaum anzunehmen, da weder der Schraubverschluss noch die Fla-
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schenhalspartie oberhalb der Einschnürungen, welche als Kopf der
den genannten Schmuck tragenden Person in Frage kämen, mangels
entsprechender Gestaltung als Kopf interpretiert werden können.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass weder die Rillen res-
pektive Einschnürungen am Flaschenbauch noch diejenigen am Fla-
schenhals der angemeldeten Formmarke im Gesamteindruck Unter-
scheidungskraft zu verleihen vermögen.
8.
Die Beschwerdeführerin beruft sich schliesslich auf das Gleichbehand-
lungsgebot. Sie verweist dabei auf die Voreintragungen CH-Nr.
503'180, CH-Nr. 487'788 sowie IR-Nr. 807'837.
8.1 Nach dem verwaltungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz
sind juristische Sachverhalte nach Massgabe ihrer Gleichheit gleich zu
behandeln. Die gleiche Behörde darf nicht ohne sachlichen Grund
zwei rechtlich gleiche Sachverhalte unterschiedlich beurteilen. Nicht
erforderlich ist, dass die Sachverhalte in all ihren tatsächlichen Ele-
menten identisch sind (WILLI, a.a.O., Art. 2 N. 28; BGE 127 I 202 E. 3f/
aa, BGE 125 I 166 E. 2a). Demgegenüber besteht kein Anspruch auf
Gleichbehandlung im Unrecht, selbst wenn eine bisher abweichende
Praxis bestanden haben sollte. Insbesondere besteht dann kein An-
spruch auf Gleichbehandlung, wenn ernsthafte und sachliche Gründe
für die Praxisänderung sprechen, die Änderung grundsätzlich erfolgt
und das Interesse an der richtigen Rechtsanwendung gegenüber der
Rechtssicherheit überwiegt. Frühere - allenfalls fehlerhafte - Entschei-
de sollen nicht als Richtschnur für alle Zeiten Geltung haben (Urteile
des Bundesverwaltungsgerichts B-7410/2006 vom 20. Juli 2007 E. 6 –
Masterpiece und B-8371/2007 vom 19. Juni 2008 E. 8 – Leader; WILLI,
a.a.O., Art. 2 N. 30 f., mit Verweis auf BGE 108 Ia 125).
8.2 Bei der von der Beschwerdeführerin ins Feld geführten Marke IR-
Nr. 807'837 handelt es sich um die bereits erwähnte, gerichtlich beur-
teilte „Berentzen-Flasche“ (vgl. RKGE in sic! 2006 S. 671 – Quaderför-
mige Flasche [3D]). Die anderen beiden Markeneintragungen (CH-Nr.
503'180, CH-Nr. 487'788) wurden im genannten Entscheid zum Ver-
gleich herangezogen. Es handelt sich ebenfalls um quaderförmige Fla-
schen, welche indessen als einziges kennzeichnendes Element eine
Einbuchtung in der oberen Hälfte des Flaschenkörpers enthalten, aber
weder Wappen noch Schriftzug aufweisen (vgl. RKGE in sic! 2006 S.
671 E. 9 – Quaderförmige Flasche [3D]).
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Bezüglich der Schweizer Voreintragungen merkte die Vorinstanz in der
angefochtenen Verfügung an, dass diese auf Grund einer Prüfungspra-
xis erfolgt seien, welche sich wesentlich von der am 1. Juli 2005 in
Kraft getretenen und heute gültigen Praxis bei dreidimensionalen Zei-
chen unterscheide. Eine Neubeurteilung von „älteren“ Marken (hier
Eintragung in den Jahren 2002 und 2001) sei daher schwierig anzu-
stellen.
Nach den von der Vorinstanz herausgebrachten „Erläuterungen betref-
fend die neuen Richtlinien im Markenbereich (1. 7. 2005)“ war Ziel der
Revision, die Transparenz gegen aussen sicherzustellen und so die
Rechtssicherheit zu erhöhen. Weiter wird ausgeführt, im Bereich der
Prüfung der absoluten Ausschlussgründe würden die beiden Aspekte
des Gemeinguttatbestandes, die fehlende konkrete Unterscheidungs-
kraft und das Freihaltebedürfnis, ausführlicher dargelegt. Mit der kon-
sequenten Prüfung dieser Schutzausschlussgründe verhindere das In-
stitut die Eintragung von Wörtern oder Wortkombinationen, grafischen
oder auch dreidimensionalen Gestaltungen, welche die Schutzvoraus-
setzungen nicht erfüllten; damit werde der Bildung ungerechtfertigter
Monopole sowie einer „Verstopfung“ des Registers durch nicht rechts-
beständige Schutztitel entgegen gewirkt (S. 1 der Erläuterungen). Hin-
sichtlich des Themas „Gemeingut und zweidimensionale Elemente“
hält die Vorinstanz fest, Ziel der Praxisänderung sei sicherzustellen,
dass Markeninhaber nicht ungerechtfertigterweise Dritte – die auf-
grund der Registerbemerkung „dreidimensionale Marke“ betreffend
das Schutzobjekt irregeführt werden könnten – am Gebrauch banaler
Formen hindern (faktische Sperrwirkung; S. 4 der Erläuterungen).
Insofern kann sich die Vorinstanz auf ernsthafte und sachliche Gründe
für die Praxisänderung vom 1. Juli 2005 berufen, welche mangels da-
gegen sprechender Indizien als grundsätzlich zu betrachten ist. Die
Beschwerdeführerin bringt sodann keine Argumente vor und es sind
auch keine ersichtlich, wonach das Interesse an der richtigen Rechts-
anwendung – konkret das Interesse an der gesetzeskonformen Über-
prüfung des Gemeingutcharakters von dreidimensionalen Zeichen mit
zweidimensionalen Elementen zur Verhinderung einer faktischen
Sperrwirkung – gegenüber der Rechtssicherheit nicht überwiegen soll-
te.
Im vorliegenden Fall sind die Schweizer Markeneintragungen
Nr. 503'180 und Nr. 487'788 in den Jahren 2001 respektive 2002 und
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somit zu einem Zeitpunkt eingetragen worden, als die ab 1. Juli 2005
geltende und laut Vorinstanz verschärfte Praxis noch nicht galt. Dage-
gen ist die strittige Markenanmeldung auf Grund der ab 1. Dezember
2007 geltenden Praxis zu prüfen (vgl. E. 6.1). Gestützt auf die Schwei-
zer Markeneintragungen Nr. 503'180 und Nr. 487'788 kann die Be-
schwerdeführerin daher keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herlei-
ten.
Hinsichtlich der internationalen Marke Nr. 807'837 ist auf die vorange-
hende E. 7.1 zu verweisen. Dort wurde festgestellt, dass sich die bei-
den Marken bereits hinsichtlich der Schriftzüge unterscheiden. Zudem
weist die internationale Marke Nr. 807'837 im Gegensatz zur vorlie-
gend zu untersuchenden Flaschenform ein wappenähnliches Gebilde
auf, dessen unterer Abschluss von einem die ganze Flasche umrun-
denden Band markiert wird. Zudem begründete die Rekurskommission
die Gutheissung der Beschwerde und somit die Schutzgewährung der
internationalen Marke Nr. 807'837 auch damit, die Zurückweisung der
strittigen Marke verstosse gegen den Grundsatz von Treu und Glau-
ben. Ausschlaggebend war der Umstand, dass die beiden vorange-
hend erwähnten Schweizer Voreintragungen Nr. 503'180 und
Nr. 487'788 als noch banaler als die internationale Marke Nr. 807'837
betrachtet wurden und zudem die Inhaberin der zum Vergleich heran-
gezogenen Schweizer Marken Nr. 503'180 und Nr. 487'788 mit der
dortigen Gesuchstellerin respektive Beschwerdeführerin identisch war.
Somit ist hier das Kriterium der vergleichbaren Sachverhalte nicht er-
füllt.
8.3 Die Beschwerdeführerin stösst somit mit ihrer Rüge, das Gleich-
behandlungsgebot sei verletzt worden, ins Leere.
9.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die angemeldete dreidimensiona-
le Marke IR-Nr. 850'750 Gemeingut im Sinne von Art. 2 Bst. a MSchG
darstellt. Die Vorinstanz hat ihr daher zu Recht den Schutz in der
Schweiz verweigert.
Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und ist abzu-
weisen.
10.
Bei diesem Ausgang sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und mit dem
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geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen. Die Gerichtsgebühren
sind nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozess-
führung und finanzieller Lage der Parteien festzulegen (Art. 63 Abs.
4bis VwVG, Art. 2 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über
die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht
[VGKE, SR 173.320.2]). Bei Markeneintragungen geht es um Vermö-
gensinteressen. Die Gerichtsgebühr bemisst sich folglich nach dem
Streitwert (Art. 4 VGKE). Die Schätzung des Streitwertes hat sich nach
Lehre und Rechtsprechung an Erfahrungswerten aus der Praxis zu
orientieren, wobei bei eher unbedeutenden Zeichen grundsätzlich ein
Streitwert zwischen Fr. 50'000.- und Fr. 100'000.- angenommen wer-
den darf (BGE 133 III 492 E. 3.3 mit Hinweisen). Von diesem Erfah-
rungswert ist auch im vorliegenden Verfahren auszugehen. Es spre-
chen keine konkreten Anhaltspunkte für einen höheren oder niedrige-
ren Wert der strittigen Marke.
Eine Parteientschädigung ist der unterliegenden Beschwerdeführerin
nicht zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG, Art. 7 Abs. 1 VGKE).
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 2'500.- werden der Beschwerdeführerin
auferlegt. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss von
Fr. 3'000.- verrechnet. Der Beschwerdeführerin sind daher nach Eintritt
der Rechtskraft des vorliegenden Urteils Fr. 500.- aus der Gerichtskas-
se zurückzuerstatten.
3.
Es wird keine Parteientschädigung ausgerichtet.
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4.
Dieses Urteil geht an:
- die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde; Beilage: Rückerstat-
tungsformular)
- die Vorinstanz (Ref-Nr. Bü; Gerichtsurkunde)
- das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (Gerichtsur-
kunde)
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Vera Marantelli Kathrin Bigler
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim
Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in Zivilsachen geführt
werden (Art. 72 ff., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17.
Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die Rechtsschrift ist in einer
Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung
mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der
angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die
beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (vgl. Art. 42
BGG).
Versand: 30. Januar 2009
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