B-2125/2006 - Abteilung II - Arbeitsleistung im öffentlichen Interesse (Zivildienst) - Zivildienst / Wiedererwägung
Karar Dilini Çevir:
B-2125/2006 - Abteilung II - Arbeitsleistung im öffentlichen Interesse (Zivildienst) - Zivildienst / Wiedererwägung

Abtei lung II
B-2125/2006
{T 0/2}
Urteil vom 26. April 2007
Mitwirkung: Richter Hans-Jacob Heitz (vorsitzender Richter), Richter
Frank Seethaler, Richter Jean-Luc Baechler;
Gerichtsschreiberin Marion Spori
X._______,
Beschwerdeführer
gegen
Zulassungskommission für den Zivildienst, p. A. Regionalzentrum Nottwil,
Gartenweg 2a, 6207 Nottwil,
Vorinstanz
betreffend
Nichtzulassung zum Zivildienst
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
2Sachverhalt:
A. Der Beschwerdeführer stellte am 4. November 2003 ein Gesuch um Zulas-
sung zum Zivildienst. Nach einer mündlichen Anhörung wies die Zulas-
sungskommission für den Zivildienst (Zulassungskommission) sein Gesuch
mit Entscheid vom 29. Januar 2004 ab. Die dagegen erhobene Beschwer-
de wurde von der Rekurskommission EVD am 3. November 2004 abgewie-
sen.
Am 12. Juli 2006 reichte der Beschwerdeführer ein neues Gesuch ein mit
dem Begehren, zum Zivildienst zugelassen zu werden. In der schriftlichen
Begründung zu dieser Eingabe, welche beim Regionalzentrum Nottwil am
17. August 2006 einging, erklärte er unter anderem, sein Gewissenskon-
flikt gegenüber dem Militärdienst habe sich massiv verstärkt. Früher habe
er sein moralisches Problem mit dem Militärdienst nicht genau benennen
können, heute wisse er, dass seine Überzeugung es nicht zulasse, Konflik-
te mit Gewalt zu lösen. Bei seinen Reisen habe er Menschen aus anderen
Ländern und Kulturen getroffen und habe gelernt, dass jeder Mensch ein
Recht auf Respekt und Würde habe. In Kambodscha habe er gesehen, wie
viele unschuldige Menschen wegen der Gewalt und dem Krieg litten. Dies
zu sehen, schockiere ihn im Innersten. Er habe Seminare zur Schulung
seiner Persönlichkeit besucht, wobei ihm immer klarer geworden sei, dass
es keinen Grund gebe, in irgendeiner Form Gewalt gegen Menschen anzu-
wenden.
B. Mit Verfügung vom 26. September 2006 stellte die Zulassungskommission
fest, die Eingabe des Beschwerdeführers betreffend Zulassung zum Zivil-
dienst werde als Wiedererwägungsgesuch behandelt (Dispositiv Ziffer 1),
und trat auf das Wiedererwägungsgesuch nicht ein (Dispositiv Ziffer 2). Sie
führte aus, weder der geringe zeitliche Abstand zum ersten Verfahren
noch die Ausführungen in der Eingabe, die heute zu beurteilen sei, liessen
auf ein neues Gesuch im Sinne des Zivildienstgesetzes schliessen. Das
Begehren des Beschwerdeführers könne daher nur als Wiedererwägungs-
gesuch beurteilt werden. Das Gesuch enthalte aber weder Tatsachen noch
Beweise, die vor zwei Jahren nicht bekannt gewesen seien oder welche
vorzutragen der Beschwerdeführer keinen Grund gehabt hätte oder ihm
nicht möglich gewesen sei. Ferner hätten sich die Umstände nicht wesent-
lich geändert, soweit sich dies aus der neuen Eingabe schliessen lasse.
Somit lägen keine Gründe vor, die als Voraussetzung genügten, damit auf
das Wiedererwägungsgesuch eingetreten werden könne.
C. Gegen diesen Entscheid erhob der Beschwerdeführer am 3. November
2006 Beschwerde bei der Rekurskommission EVD. Er führte aus, es dürfe
nicht sein, dass sein zweites Gesuch ohne Anhörung von derselben Kom-
mission/Person, welche ihn bereits beim ersten Gesuch nicht verstanden
habe, abgewiesen werde. In den zweieinhalb Jahren, die zwischen den
beiden Gesuchen lägen, habe er sich stark verändert und sich intensiv mit
3sich selbst und dem Militärdienst auseinander gesetzt. Er könne keinen Mi-
litärdienst leisten, weil das Militär eine auf Gewalt ausgerichtete Organisa-
tion sei. Es sei ihm aber wichtig, der Gesellschaft einen Dienst zu erwei-
sen. Deshalb möchte er Zivildienst leisten und sich nicht einfach ausmus-
tern lassen. Er verlange eine zweite Anhörung, damit er weitere Erklärun-
gen abgeben könne, und eine Beurteilung seines Gesuches durch eine an-
dere Kommission.
D. Im Dezember 2006 teilte die Rekurskommission EVD den Parteien mit,
dass sie am 31. Dezember 2006 durch das Bundesverwaltungsgericht er-
setzt werde, welches seine Tätigkeit am 1. Januar 2007 in Bern aufnehme
und die Beurteilung der bisher bei der Rekurskommission EVD hängigen
Rechtsmittel übernehme. In der Folge überwies sie die Akten auf den 1.
Januar 2007 an das neu geschaffene Bundesverwaltungsgericht. Dieses
bestätigte die Übernahme des Verfahrens mit Verfügung vom 19. Januar
2007.
Mit Vernehmlassung vom 9. Januar 2007 beantragt die Zulassungskom-
mission die Abweisung der Beschwerde. Sie verweist auf die angefochtene
Verfügung und hält fest, nach den gesetzlichen Bestimmungen liege die
Befugnis für den Entscheid, ob auf ein Wiedererwägungsgesuch einzutre-
ten sei, in der Hand des Regionalgruppenverantwortlichen. Es bestehe zu-
dem kein Anlass, eine Befangenheit des im ersten Verfahren zuständigen
Ausschusses der Zulassungskommission oder des Regionalgruppenver-
antwortlichen anzunehmen, welche einen Ausstand gerechtfertigt oder ge-
boten hätte. Im Rahmen der Beurteilung, ob die formellen Voraussetzun-
gen für ein Eintreten auf das Wiedererwägungsgesuch vorlägen, bestehe
kein Anspruch auf eine mündliche Anhörung. Der Beschwerdeführer spre-
che zwar allgemein von Veränderungen, die er durchgemacht habe. Was
aber seine Einstellung zum Militärdienst betreffe, bleibe er bei sehr allge-
meinen Andeutungen, die der Substantiierungspflicht nicht genügten. Nicht
jede Veränderung, auch nicht eine solche in psychischer Hinsicht, ziehe
automatisch einen Wandel in der Haltung gegenüber dem Militärdienst
nach sich. Die Behauptung, er wolle und könne keine Gewalt anwenden,
habe der Beschwerdeführer nicht näher begründet. Der Umstand, dass er
seit dem Jahr 2003 keinen Militärdienst geleistet habe, könnte zwar mögli-
cherweise als neue Tatsache betrachtet werden. Doch auch hier bleibe
seine Begründung sehr allgemein. Ausserdem sei ein Argument, das erst
im Rahmen der Beschwerde vorgetragen werde und nicht bereits im Wie-
dererwägungsgesuch, verspätet und falle ausser Betracht.
Mit Schreiben vom 28. Februar 2007 verzichtete das Eidgenössische
Volkswirtschaftsdepartement – unter Verweis auf die Vorakten – auf eine
Stellungnahme.
4Eine Parteiverhandlung wurde nicht durchgeführt (Art. 40 VGG, zitiert in
E. 1.).
Auf die Vorbringen der Parteien wird, soweit sie für den Entscheid als er-
heblich erscheinen, in den Erwägungen eingegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1. Das Bundesverwaltungsgericht hat am 1. Januar 2007 seine Tätigkeit auf-
genommen und übernimmt, sofern es zuständig ist, die Beurteilung der am
1. Januar 2007 bei Eidgenössischen Rekurs- oder Schiedskommissionen
oder bei den Beschwerdediensten der Departemente hängigen Rechtsmit-
tel (Art. 53 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005
[VGG, SR 173.32]).
Der Nichteintretensentscheid der Zulassungskommission vom 26. Septem-
ber 2006 stellt eine Verfügung im Sinne des Bundesgesetzes vom 20. De-
zember 1968 über das Verwaltungsverfahren dar (Art. 5 Abs. 1 Bst. c
VwVG, SR 172.021). Diese Verfügung kann nach Art. 63 des Zivildienstge-
setzes (zitiert in E. 2) im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen über die
Bundesverwaltungsrechtspflege (Art. 44 ff. VwVG i. V. m. Art. 31 ff. und
37 ff. VGG) mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht angefochten
werden. Die Beurteilung erfolgt nach neuem Verfahrensrecht (Art. 53
Abs. 2 VGG am Ende).
Der Beschwerdeführer hat vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen;
er ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein
schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung (Art. 48
Abs. 1 VwVG). Er ist daher zur Beschwerdeführung legitimiert. Die Einga-
befrist sowie die Anforderungen an Form und Inhalt der Beschwerdeschrift
sind gewahrt (Art. 50 und Art. 52 Abs. 1 VwVG), und die übrigen Sachur-
teilsvoraussetzungen liegen vor (Art. 44 und 47 VwVG).
2. Militärdienstpflichtige, die glaubhaft darlegen, dass sie den Militärdienst
mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren können, leisten einen zivilen Ersatz-
dienst (Zivildienst) nach dem Zivildienstgesetz (Art. 1 Abs. 1 des Zivil-
dienstgesetzes vom 6. Oktober 1995 [ZDG, SR 824.0]).
Nach Art. 16 Abs. 2 ZDG können Militärdienstpflichtige jederzeit ein Ge-
such einreichen. Das Gesuch ist schriftlich bei der Vollzugsstelle einzurei-
chen. Darin legt der Militärdienstpflichtige seinen Gewissenskonflikt dar
(Art. 16a Abs. 1 und 2 Bst. a i. V. m. Art. 1 Abs. 2 und 3 ZDG).
Über die Zulassung zum Zivildienst und die Anzahl der zu leistenden Zivil-
diensttage entscheidet die Zulassungskommission (Art. 18 Abs. 1 ZDG).
Sie hört die gesuchstellenden Personen an (Art. 18a Abs. 1 ZDG i. V. m.
Art. 8 der Verordnung vom 5. Dezember 2003 über das Verfahren der Zu-
5lassung zum Zivildienst [SR 824.016]) und beurteilt die Darlegung des Ge-
wissenskonfliktes in Bezug auf ihre Glaubwürdigkeit entsprechend den Kri-
terien nach Artikel 18b ZDG. Die Zulassungskommission besteht aus min-
destens 9 Mitgliedern pro Regionalzentrum des Zivildienstes, die in der
Lage sind zu beurteilen, ob eine Person glaubhaft darlegt, dass sie den Mi-
litärdienst mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren kann (Art. 8 Abs. 1 und
Art. 9 Abs. 2 der Verordnung vom 5. Dezember 2003 über die Kommissio-
nen des Zivildienstes [VKZD, SR 824.013]).
Die Verantwortlichen der Regionalgruppen der Zulassungskommission ent-
scheiden, ob auf Gesuche um Wiedererwägung nach einem rechtskräfti-
gen, ablehnenden Entscheid eingetreten wird (Art. 14 Abs. 2 Bst. c VKZD).
3. Über den Antrag des Beschwerdeführers, zum Zivildienst zugelassen zu
werden, hatte die Zulassungskommission bereits am 29. Januar 2004 ent-
schieden. Mit der Abweisung der dagegen erhobenen Beschwerde durch
die Rekurskommission EVD am 3. November 2004 erwuchs dieser Ent-
scheid in Rechtskraft.
Die Zulassungskommission führte in den Erwägungen der angefochtenen
Verfügung vom 26. September 2006 aus, beim Gesuch des Beschwerde-
führers handle es sich nicht um ein neues Gesuch im Sinn von Art. 16 Abs.
2 ZDG, denn weder der geringe zeitliche Abstand zum ersten Zulassungs-
verfahren noch seine Ausführungen in der Eingabe liessen auf ein solches
schliessen. Das Schreiben vom 12. Juli 2006 könne daher nur als Wieder-
erwägungsgesuch an die Hand genommen werden. Im Folgenden trat sie
auf das Wiedererwägungsgesuch nicht ein, weil das Gesuch weder Tatsa-
chen noch Beweise enthalte, die vor zwei Jahren nicht bekannt gewesen
seien oder welche vorzutragen der Beschwerdeführer keinen Grund ge-
habt hätte oder ihm nicht möglich gewesen sei. Auch hätten sich die Um-
stände nicht wesentlich geändert, soweit sich dies aus der neuen Eingabe
schliessen lasse.
Der Beschwerdeführer hält dem in seiner Beschwerde vom 3. November
2006 entgegen, er habe zweieinhalb Jahre nach seinem ersten Gesuch ein
neues Gesuch eingereicht. Es dürfe nicht sein, dass dieselbe
Kommission/Person, welche ihn bereits letztes Mal nicht verstanden habe,
über sein neues Gesuch entscheide. In der Zeit, die zwischen den beiden
Gesuchen liege, habe er sich stark verändert und sich intensiv mit sich
selbst und dem Militärdienst auseinander gesetzt.
Zunächst ist demnach die Frage zu beantworten, ob es sich bei der Einga-
be des Beschwerdeführers um ein neues Gesuch im Sinne von Art. 16
Abs. 2 ZDG handelt.
3.1 In seiner Eingabe vom 12. Juli 2006 erklärt der Beschwerdeführer, durch
die Erfahrungen der letzten Jahre habe sich sein Gewissenskonflikt in Be-
6zug auf den Militärdienst massiv verstärkt. Er habe Seminare zu Schulung
seiner Persönlichkeit besucht und dabei habe sich immer deutlicher her-
auskristallisiert, dass es keinen Grund gebe, Gewalt gegen Menschen an-
zuwenden. In diesen Seminaren sei seine Auffassung, dass alle Men-
schen, gleich welcher Kultur und Religion, zu achten seien, bestätigt wor-
den. Durch seine Reisen habe er die Möglichkeit gehabt, seine Erfahrun-
gen über das Zusammenleben von Menschen kontinuierlich zu erweitern.
Er habe gelernt, dass alle Menschen gleich seien und jedes Leben ein
Recht auf Respekt und Würde habe. In Kambodscha habe er erlebt, was
Gewalt und Krieg bewirkten und wie viele unschuldige Menschen darunter
litten; es schockiere ihn, Menschen leiden zu sehen. Im Falle eines militäri-
schen Einsatzes wäre es ihm nicht möglich, Gewalt gegen Menschen an-
zuwenden, insbesondere auch weil er während seinen Reisen viele Freun-
de in anderen Ländern gewonnen habe. Bereits in seiner Kindheit sei ihm
vermittelt worden, dass die Achtung und der Schutz des Lebens das
höchste Gut bedeute. Er habe einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit.
Er habe gemerkt, dass Gewalt nicht die Lösung von Problemen sei; sein
Ziel sei die konstruktive Konfliktlösung. Das Absolvieren der RS habe gros-
se Traurigkeit in ihm ausgelöst, da das Militär zum Verletzen ausbilde. Er
habe schon damals gespürt, dass dies ein moralisches Problem für ihn sei,
habe es aber nicht genauer benennen können. Seit August 2004 sei er zu-
dem Mitglied bei Greenpeace, um aktiv einen Beitrag für eine bessere
Welt zu leisten.
In seinem ersten Gesuch vom 4. November 2003 gab der Beschwerdefüh-
rer an, er habe auf seinen vielen Reisen Kontakt zu Menschen gehabt, die
in jüngster Zeit selber einen Krieg miterlebt und ihm erzählt hätten, wie Fa-
milienangehörige vor ihren Augen gefoltert und getötet worden seien. Er
sei zur Auffassung gelangt, dass militärische Gewalt - selbst zu Verteidi-
gungszwecken - keine Antwort auf Gewalt sein dürfe. Begegnung zwi-
schen den Völkern sei die beste Erziehung zum Frieden und gegen Ras-
sismus und Klischees, aus denen oft Gewalt resultiere. Er möchte sich für
eine Welt ohne Gewalt einsetzen und nie mehr einen Krieg unterstützen.
Er bemühe sich, in seinem Alltag und Umfeld diese Einstellung zu leben.
Er tue dies in kleinen konkreten Schritten und in Achtung älteren und hilfs-
bedürftigen Menschen gegenüber. An der Anhörung vom 29. Januar 2004
führte der Beschwerdeführer aus, seine Eltern hätten ihm die Werte Ehr-
lichkeit und Pflichtbewusstsein wie auch die katholischen Grundwerte ver-
mittelt. Er habe sich für Psychologie interessiert und er habe herausgefun-
den, dass es nicht nur eine Wahrheit gebe. In Kambodscha sei viel zerstört
worden und die Menschen hätten viel verloren durch den Krieg. Es gebe
keinen Gewinner bei diesen Kriegen. Er habe das Schiessen verweigert,
weil es ihn gestresst habe. Es sei ein sehr unangenehmes Gefühl gewe-
sen, im Militär mitmachen zu müssen; das sei wohl das Gewissen, er wis-
se aber nicht, was dahinter stecke. Es sei falsch, für etwas zu kämpfen,
das bedeute nämlich, nicht zu reden und den Konflikt nicht zu bewältigen.
Das Zusammenarbeiten sei ihm wichtig; miteinander könne man mehr er-
reichen als gegeneinander. Er möchte keinem anderen Menschen wehtun.
7Im Alltag merke er, wenn dies geschehe, aber im Militärdienst könne er
nicht entscheiden. Er dürfe niemanden umbringen oder Hilfe dazu bieten.
Diese Gegenüberstellung zeigt auf, dass der Beschwerdeführer sich zwar
nach wie vor auf das Motiv der Gewaltlosigkeit stützt und einige Elemente
seiner Argumentation gleich geblieben sind (z. B. die auf seinen Reisen
gemachten Erfahrungen und Erkenntnisse). Der Beschwerdeführer beruft
sich indessen auch auf zuvor nicht genannte Werte, wie die Achtung und
den Schutz des Lebens, das Recht auf Respekt und Würde und die Ge-
rechtigkeit. Zudem macht der Beschwerdeführer geltend, er habe seine
Persönlichkeit in Seminaren massgebend weiterentwickelt und er leiste
seit dem Jahr 2004 als Mitglied von Greenpeace (vgl. Bestätigung von
Greenpeace vom 31. Oktober 2006) einen aktiven Beitrag für eine bessere
Welt.
3.2 Nach dem klaren und unzweideutigen Wortlaut des Gesetzes können Mili-
tärdienstpflichtige jederzeit ein Gesuch einreichen (Art. 16 Abs. 2 ZDG).
In der Botschaft vom 22. Juni 1994 zum Bundesgesetz über den zivilen Er-
satzdienst (BBl 1994 III 1609, Botschaft I, S. 1669) wird hierzu ausgeführt,
die Frage, ob nach der Ablehnung des ersten Zulassungsgesuchs weitere
Zulassungsgesuche gestellt werden könnten, beurteile sich nach den Re-
geln des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts. Würden im Gesuch
neue Gründe geltend gemacht, so werde ein neues Verfahren einzuleiten
sein. Werde erneut dieselbe Begründung beigezogen, so handle es sich
um ein Wiedererwägungsgesuch. Im Gesetz sei bewusst von der Formulie-
rung eines Missbrauchsartikels abgesehen worden. Sollten sich Massnah-
men gegen Missbräuche aufdrängen, könnte sie der Bundesrat jederzeit
gestützt auf das Gesetz ergreifen. Entsprechende Massnahmen wären je-
doch sehr eng zu fassen. Eine weite Fassung könnte den Kernbereich des
ZDG und der Bundesverfassung verletzen, denn wer wirklich den Militär-
dienst mit seinem Gewissen nicht vereinbaren könne, solle dies jederzeit
geltend machen können.
In der Botschaft vom 21. September 2001 zur Änderung des Bundesgeset-
zes über den zivilen Ersatzdienst (BBl 2001 VII 6127, Botschaft II, S.
6135, 6160 und 6180 f.) hält der Bundesrat fest, die Möglichkeit, nach der
Rekrutierung jederzeit ein Zulassungsgesuch einzureichen, bleibe unange-
tastet. Die Zahl allfälliger Folgegesuche sei nicht beschränkt. Gewissen
und Moral jedes Menschen seien Wandlungen unterworfen und könnten
sich in eine Richtung entwickeln, die eine weitere Militärdienstleistung
nicht mehr erlaube. Militärdienstpflichtige Personen müssten daher weiter-
hin jederzeit ein Gesuch um Zulassung zum Zivildienst einreichen können.
Ohne diese Möglichkeit würde der Verfassungsauftrag (Art. 59 Abs. 1 der
Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April
1999 [BV, SR 101]) nicht erfüllt.
83.3 Die Möglichkeit der jederzeitigen und wiederholten Gesuchseinreichung
rechtfertigt sich damit, dass sich die persönlichen Verhältnisse von jungen
Gesuchstellern erfahrungsgemäss innert kurzer Zeit entscheidend entwi-
ckeln können. Die Beurteilung eines Zulassungsgesuchs beruht insofern
auf einer Momentaufnahme, die wesentlich von den Lebensumständen des
Gesuchstellers im Zeitpunkt der Anhörung geprägt ist. Zwar ist ein Miss-
brauch dieser sehr offenen Regelung nicht auszuschliessen, die Möglich-
keit eines solchen wurde aber – wie die Materialien aufzeigen – erkannt
und bewusst in Kauf genommen.
Die Wahrnehmung des Rechts, jederzeit ein Gesuch um Zulassung zum
Zivildienst zu stellen, steht selbstverständlich - wie die Rechtsausübung
schlechthin - unter dem Vorbehalt des Handelns nach Treu und Glauben.
Auf Gesuche, die in unvernünftig kurzen Abständen (querulatorisch) ge-
stellt werden, ist mangels eines schutzwürdigen Interesses an deren Prü-
fung nicht einzutreten. Diese Auffassung hat das Bundesgericht nament-
lich im Zusammenhang mit einem wiederholt gestellten Gesuch um Entlas-
sung aus dem fürsorgerischen Freiheitsentzug (Art. 397d des Schweizeri-
schen Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907 [ZGB, SR 210]) gestützt
(vgl. BGE 130 III 729, E. 2.1.1: "Ist der Freiheitsentzug von persönlichen
Eigenschaften [z.B. Geisteskrankheit] oder sonstigen veränderlichen Um-
ständen abhängig, besteht ein Recht auf Haftprüfung in "angemessenen"
bzw. "vernünftigen Abständen").
Dies muss ebenso für Gesuche gelten, die keine neuen Elemente, sondern
eine weitgehend identische Begründung enthalten. Denn aus prozessöko-
nomischen Gründen rechtfertigt es sich nicht, ein neues (aufwändiges) Zu-
lassungsverfahren - mitsamt einer Anhörung (vgl. Art. 15 Abs. 2 VKZD) -
durchzuführen, wenn der Gesuchsteller in seinem neuen Gesuch im We-
sentlichen dieselbe Argumentation wie bereits im rechtskräftig entschiede-
nen Gesuch vorträgt (vgl. zum Ganzen den unveröffentlichten Beschwer-
deentscheid der REKO/EVD vom 20. Mai 2005 i. S. H. [5C/2004-141] E.
4.2).
3.4 Anders als einem neuen Gesuch nach Art. 16 Abs. 2 ZDG liegt einem Wie-
dererwägungs- wie auch einem Revisionsgesuch - ein rückwärtsgerichteter
Blick zu Grunde, der sich auf das ursprüngliche Gesuch und das abge-
schlossene Verfahren bezieht (vgl. unveröffentlichter Beschwerdeent-
scheid der REKO/EVD vom 20. Mai 2005, a. a. O., E. 4.1.1).
Ein Anspruch auf Wiedererwägung einer rechtskräftigen Verfügung besteht
gemäss Lehre und Rechtsprechung nämlich dann, wenn analog zu der ge-
setzlichen Regelung von Art. 66 VwVG Revisionsgründe geltend gemacht
werden (das heisst u. a. dann, wenn neue erhebliche Tatsachen oder Be-
weismittel vorgebracht werden oder nachgewiesen wird, dass aktenkundi-
ge erhebliche Tatsachen oder bestimmte Begehren übersehen wurden,
9wobei als "neu" nur solche Tatsachen gelten, die zum Zeitpunkt der Erst-
beurteilung der Sache bereits bestanden, jedoch erst danach in Erfahrung
gebracht wurden). Das in diesem Sinne verstandene Institut des «qualifi-
zierten Wiedererwägungsgesuches» wird zum eigentlichen (ausserordent-
lichen) Rechtsmittel und bezweckt die Beseitigung einer formell rechtskräf-
tigen, aber ursprünglich fehlerhaften Verfügung. Liegen Revisionsgründe
im Sinne von Art. 66 VwVG vor, wird die fehlerhafte Verfügung aufgehoben
und durch eine neue Verfügung ersetzt (vgl. ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER,
Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich
1998, Rz. 425 ff., FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, Bern 1983,
S. 262 f.; VPB 60.37 E. 1.b).
Als Wiedererwägung wird ferner auch die Anpassung einer ursprünglich
fehlerfreien Verfügung an nachträglich eingetretene Veränderungen der
Sach- oder Rechtslage bezeichnet. Diese Art der Wiedererwägung haben
Lehre und Rechtsprechung aus dem Verbot der formellen Rechtsverweige-
rung (Art. 29 BV) abgeleitet (Kölz/Häner, a. a. O., Rz. 438 ff.; BGE 113 Ia
146 E. 3a). Ein Anspruch auf Behandlung eines entsprechenden Gesuchs
besteht bereits dann, wenn eine seit Erlass der früheren Verfügung einge-
tretene, anspruchsbegründende neue Sach- oder Rechtslage geltend ge-
macht wird (VPB 63.7 E. 6a; 60.37 E. 1c). Eine in diesem Sinne verstande-
ne Wiedererwägung berührt die formelle und materielle Rechtskraft der ur-
sprünglich fehlerfreien Verfügung, die sich ja einzig auf die damals beste-
hende Sach- und Rechtslage beziehen konnte, allerdings nicht. Die in die-
sem Sinne bezeichnete «Wiedererwägung» führt nicht zu einer Neubeur-
teilung des in der ursprünglichen Verfügung (fehlerlos) geregelten Gegen-
standes; vielmehr wird in diesem Fall ein eigenständiges, vom Gegenstand
der früheren Verfügung unabhängiges Begehren um Regelung eines neu-
en Rechtsverhältnisses beurteilt (vgl. FRITZ GYGI, Verwaltungsrecht, Bern
1986, S. 311, GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, a. a. O., 324 f.).
3.5 Das hier zu beurteilende Zulassungsgesuch wurde etwas mehr als zwei-
einhalb Jahre nach dem ersten Gesuch eingereicht. Dies stellt, entgegen
der Ansicht der Zulassungskommission, einen Zeithorizont dar, in welchem
sich gerade junge Leute entscheidend entwickeln und verändern können.
Im Weitern handelt es sich, wie oben dargelegt, weder um ein identisches
Gesuch noch um ein Gesuch, das besonders stark auf das erste Gesuch
bezogen ist (mal abgesehen vom Lebenslauf, der aber im Falle des Be-
schwerdeführers nur eine chronologische Aufzählung der Eckdaten seines
Lebens enthält, während die eigentliche Begründung des Gewissenskon-
flikts in einem separaten Teils des Gesuchs zu finden ist). Der Beschwer-
deführer macht auch nicht geltend, die erste Verfügung sei ursprünglich
fehlerhaft und müsse daher in Wiedererwägung bzw. in Revision gezogen
werden, sondern er beruft sich darauf, dass er heute nicht mehr dieselbe
Person sei wie damals und dass er sich in den vergangen Jahren intensiv
mit sich selbst und der Militärdienstpflicht auseinandergesetzt habe. Der
Beschwerdeführer bringt in seinem Gesuch neue Überlegungen und Ein-
10
sichten in Bezug auf einen möglichen Gewissenskonflikt wie auch neue
Sachverhaltselemente vor. Es bestehen somit zumindest gewisse Anhalts-
punkte dafür, dass sich die Verhältnisse des Beschwerdeführers erheblich
geändert haben.
Die Frage, ob der Beschwerdeführer glaubhaft darlegen kann, dass ihm
diese Entwicklungen das Leisten des Militärdienstes verunmöglichen, wird
von der Zulassungskommission zu beantworten sein. Aus diesen Gründen
ist es angezeigt, dass die Zulassungskommission den Beschwerdeführer
erneut persönlich anhört und anschliessend über die Glaubhaftigkeit des
geltend gemachten Gewissenskonfliktes befindet.
4. Die Vorinstanz hat daher zu Unrecht entschieden, dass es sich bei der
Eingabe des Beschwerdeführers vom 12. Juli 2006 nicht um ein neues Ge-
such, sondern um ein Wiedererwägungsgesuch handle.
Die Beschwerde erweist sich somit als begründet und der angefochtene
Entscheid ist aufzuheben. Die Streitsache ist an die Vorinstanz zurückzu-
weisen. Die Zulassungskommission hat den Beschwerdeführer in neuer
Zusammensetzung nochmals und vor allem im Hinblick auf die geltend ge-
machten neuen Überlegungen, Werte und Sachumstände anzuhören und
danach darüber zu befinden, ob er glaubhaft darzulegen vermochte, das
Leisten des Militärdienstes mit seinem Gewissen nicht vereinbaren zu kön-
nen.
5. Nach Art. 65 ZDG sind keine Verfahrenskosten aufzuerlegen und es ist
keine Parteientschädigung zuzusprechen.
6. Dieser Entscheid kann nicht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen An-
gelegenheiten an das Bundesgericht weiter gezogen werden (Art. 1 Abs. 2
VGG i. V. m. Art. 83 Bst. i des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005
[BGG, SR 173.110]). Er ist somit endgültig.
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und die angefochtene Verfügung vom
26. September 2006 wird aufgehoben. Die Streitsache wird an die Zulas-
sungskommission zurückgewiesen mit der Weisung, in anderer Zusam-
mensetzung eine neue Anhörung durchzuführen, sich mit den neu geltend
gemachten Sachumständen und Motiven des Beschwerdeführers ausein-
ander zu setzen und alsdann gestützt darauf über dessen Zulassung zum
Zivildienst zu befinden.
2. Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt und es wird keine Parteient-
schädigung zugesprochen.
3. Dieses Urteil wird eröffnet:
11
- dem Beschwerdeführer (eingeschrieben, mit Beilagen)
- der Vorinstanz (Ref-Nr. hphpd1105) (eingeschreiben, mit Beilagen)
und mitgeteilt:
- dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement
- der Vollzugsstelle für den Zivildienst
Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:
Hans-Jacob Heitz Marion Spori
Versand am: 1. Mai 2007