AnwZ (B) 75/00 - Senat für Anwaltssachen
Karar Dilini Çevir:
AnwZ (B) 75/00 - Senat für Anwaltssachen
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS AnwZ (B) 75/00 vom 19. November 2001 in dem Verfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BRAO § 59 Abs. 2; BORA § 10 Abs. 1 Satz 1 Das für die in einer Sozietät zusammengeschlossenen Rechtsanwälte geltende Gebot, auf ihren Briefbögen die Namen sämtlicher (deutschen) Gesellschafter aufzuführen, ist wirksam. BGH, Beschluß vom 19. November 2001 - AnwZ (B) 75/00 - AGH Hamm wegen Antrags auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 223 BRAO - 2 - Der Bundesgerichtshof, Senat fr Anwaltssachen, hat durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert, die Richter Basdorf, Dr. Ganter und Schlick sowie die Rechtsanwlte Prof. Dr. Salditt, Dr. Kieserling und die Rechtsanwltin Dr. Ha u - ger nach mndlicher Verhandlung am 19. November 2001 beschlossen: Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluû des 2. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein- Westfalen vom 3. November 2000 wird zurckgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr dort entstandenen no t - wen digen auûergerichtlichen Auslagen zu erstatten. Der Gegenstandswert wird auf 50.000 DM festgesetzt. - 3 - Grnde: I. Der Antragsteller - ein deutscher Staatsangehöriger, der als Rechts- anwalt beim Landgericht D. zugelassen ist und seinen Kanzleisitz in D. hat - ist Mitglied der Partnership englischen Rechts "L.". Die Partnership mit rund 250 Partnern und ca. 1.000 Rechtsanwlten hat ihren Sitz in London. Ha f - tungsbeschrnkungen bestehen nicht. Ausweislich der Fuûzeile des vom Antragsteller verwendeten Briefbogens handelt es sich bei der Partnership um den "Zusammenschluû der Anwaltssozietten L. und B. Rechtsanwlte Solicitors Lawyers (USA) Avocats Advocaten". Im Briefkopf findet sich lediglich die auffllig herausgestellte Kurzbezeichnung "L." sowie der Name des Antra g - stellers; daneben sind keine Sozien namentlich genannt. In der Fuûzeile heiût es: "Die Liste der Partner ist bei der oben angegebenen Adresse einsehbar". Mit Bescheid vom 26. Juni 2000 gab die Antragsgegnerin unter Berufung auf § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA dem Antragsteller auf, smtliche Partner, die als Rechtsanwlte bei einem deutschen Gericht zugelassen sind, auf seinem Briefbogen aufzufhren. Der Antragsteller hat die Aufhebung dieses Bescheids beantragt. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entsche i - dung mit Beschluû vom 3. November 2000 zurckgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner - zugelassenen - sofortigen Beschwerde. - 4 - II. Das Rechtsmittel ist zulssig (§ 223 Abs. 3 Satz 1 BRAO); es hat indes keinen Erfolg. 1. Gemû § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA mssen in einer Soziett zusa m - mengeschlossene Rechtsanwlte auf ihren Briefbögen auch bei Verwendung einer Kurzbezeichnung (§ 9 BORA) die Namen smtlicher Gesellschafter mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen auffhren. Ein Widerspruch zu § 10 Abs. 1 Satz 3 BORA besteht nicht. In dieser Vorschrift ist bestimmt, daû mindestens eine der Kurzbezeichnung entsprechende Zahl von Gesellscha f - tern, Angestellten oder freien Mitarbeitern auf dem Briefbogen namentlich au f - gefhrt werden muû. Damit soll verhindert werden, daû die Anzahl der in der Kurzbezeichnung aufgefhrten Personen gröûer ist als die Zahl der nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA an zugebenden Gesellschafter (Feuerich/Braun, BRAO 5. Aufl. § 10 BORA Rn. 6), nicht aber von dem in der zuletzt genannten Vo r - schrift enthaltenen Gebot dispensiert werden. 2. § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA verstöût nicht gegen die Verfassung. a) Entgegen der Ansicht des Antragstellers entbehrt die Vorschrift nicht einer gesetzlichen Ermchtigung. Sie hat ihre Grundlage in § 59 b Abs. 2 Nr. 1 e, 3, 4, 5 a und 8 BRAO. aa) Gemû § 59 b Abs. 2 Nr. 1 e BRAO kann das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen (§ 43 a Abs. 4 BRAO) durch die Berufsordnung nher geregelt werden. Dieses Verbot greift auch dann ein, wenn widerstre i - - 5 - tende Interessen von jeweils anderen Sozien vertreten werden (Feu e - rich/Braun, § 43 a BRAO Rn. 57). Derartige Interessenkonflikte sind auch i n - nerhalb einer Soziett denkbar; sie knnen zum Beispiel durch einen Sozi e - ttswechsel verursacht werden und gewinnen mit der Entstehung immer grû e - rer Sozietten an Bedeutung (BT-Drucks. 12/4993, S. 34 f). Das Gebot, schon auf dem Briefbogen die Zusammensetzung einer Soziett offenzulegen, dient einer Kontrolle, ob widerstreitende Interessen vertreten werden, und hat de s - halb prventive Bedeutung. bb) Gemû § 59 b Abs. 2 Nr. 3 BRAO kann die Berufsordnung die b e - sonderen Berufspflichten im Zusammenhang mit der Werbung nher regeln. Die Gestaltung des Briefbogens ist eine Maûnahme der Auûendarstellung und hat somit werbenden Charakter (BGH, Urt. v. 17. April 1997 - I ZR 219/94, NJW 1997, 3236, 3237 m.w.N.). cc) Gemû § 59 b Abs. 2 Nr. 4 BRAO kann die Beruf sordnung die b e - sonderen Berufspflichten im Zusammenhang mit der Versagung der Berufst - tigkeit (§§ 45, 46 Abs. 2 BRAO) nher regeln. Der Rechtsanwalt darf insbeso n - dere nicht ttig werden in Angelegenheiten, mit denen er bereits auûerhalb seiner Anwaltsttigkeit beruflich befaût war. Das gilt auch fr seine Sozien (§§ 45 Abs. 3, 46 Abs. 3 BRAO). Das Gebot, schon im Briefkopf die Zusa m - mensetzung einer Soziett offenzulegen, dient der Überprfung, ob die Tti g - keitsverbote gemû §§ 45, 46 Abs. 2 BRAO beachtet we rden. dd) Gemû § 59 b Abs. 2 Nr. 5 a BRAO kann die Berufsordnung die b e - sonderen Berufspflichten im Zusammenhang mit der Annahme, Wahrnehmung und Beendigung eines Auftrags nher regeln. Mit dem Gebot, schon auf dem - 6 - Briefbogen die Zusammensetzung der Soziett offenzulegen, wird dem Ma n - danten Klarheit ber den Vertragspartner verschafft. ee) Gemû § 59 b Abs. 2 Nr. 8 BRAO kann die Berufsordnung unter a n - derem die Pflichten bei beruflicher Zusammenarbeit nher regeln. Dazu gehrt auch die Auûendarstellung der Zusammenarbeitenden, die wiederum - wie b e - reits ausgefhrt - die Gestaltung des Briefbogens umfaût. b) § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA steht auch materiell mit der Verfassung im Einklang. aa) Das in dieser Vorschrift ausgesprochene Gebot stellt eine Berufs- ausbungsregelung dar, welche die Berufsfreiheit beeintrchtigt (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG). Solche Eingriffe mssen durch ausreichende Grnde des G e - meinwohls gerechtfertigt werden und dem Grundsatz der Verhltnismûigkeit entsprechen. Das gewhlte Mittel muû geeignet und erforderlich sein, um die Belange des Gemeinwohls zu wahren. Auûerdem darf bei einer Gesamtabw - gung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der Grnde, die ihn rechtfertigen sollen, die Grenze der Zumutbarkeit nicht berschritten werden (BVerfGE 76, 176, 207; 83, 1, 16; 85, 248, 259; 94, 373, 389 f). bb) Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA dient gewichtigen B e - langen des Gemeinwohls. Die Aufnahme der Namen der einzelnen Rechtsanwlte der Soziett trgt zu deren Unabhngigkeit bei, weil jeder Partner auf diesem Weg einen - 7 - eigenen Goodwill erwerben kann. Dies hat vor allem fr jngere und mit einem geringen Anteil an der Soziett beteiligte Rechtsanwlte Bedeutung. Werden smtliche Gesellschafter auf dem Briefbogen aufgefhrt, ve r - deutlicht dies dem Mandanten, dem Gegner sowie darber hinaus allen Instit u - tionen, die mit anwaltlichen Leistungen in Berhrung kommen, die Mitveran t - wortung aller Partner fr das Auftreten der Soziett. Dadurch wird der einzelne nach auûen in seiner anwaltlichen Rolle herausgestellt und im Innenverhltnis zu Mitverantwortung veranlaût und zugleich gestrkt. Eine Anonymisierung wrde eher dazu beitragen, daû sich nicht alle Partner "in die Pflicht geno m - men" sehen. Schlieûlich dient die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA dem Info r - mationsinteresse der Rechtsuchenden. Wer anwaltliche Leistungen in A n - spruch nimmt, mchte ohne komplizierte Nachfrage wissen, wem er die Wah r - nehmung seiner rechtlichen Belange anvertraut (vgl. oben a dd) und ob der Beauftragte nicht zugleich widerstreitende Interessen vertritt (vgl. oben a aa) oder auf sonstige Weise in der Gefahr einer Interessenkollision steht (vgl. oben a cc). cc) Das Gebot, die Mitglieder einer Soziett auf dem Briefbogen einzeln zu benennen, ist in hohem Maûe geeignet, die vorstehend aufgefhrten G e - meinwohlinteressen zu wahren. (1) Allerdings hat der Antragsteller darauf hingewiesen, daû der Ma n - dant einen Briefbogen des Anwalts oft erst erhalten wird, wenn das Mandat s - verhltnis bereits begrndet ist. Das Informationsinteresse des Mandanten b e - - 8 - steht jedoch nicht nur in der Anbahnungsphase, sondern auch spter. Dem Mandan ten ist beispielsweise daran gelegen zu erfahren, ob whrend des b e - reits bestehenden Mandats einer der Gesellschafter die Soziett verlût und sich einer anderen Soziett anschlieût, die vielleicht den Gegner vertritt. (2) Der Briefbogen hat dadurch, daû die elektronischen Medien auch im Verkehr zwischen dem Anwalt und dem Mandanten, Anwlten untereinander sowie zwischen Anwalt und Gericht Einzug gehalten haben, seine Informat i - onsfunktion teilweise eingebût. Selbst wenn der Antragsteller, wie er in der mndlichen Verhandlung vorgetragen hat, zu 50 % per e-mail korrespondiert, ist der Briefbogen aber noch in der groûen Zahl anderer Flle eine Informat i - onsquelle. (3) Dem Antragsteller ist zuzugeben, daû das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten, sich auf alle - auch die auslndischen - Gesellschafter sowie die angestellten Rechtsanwlte, die in Brogemeinschaft verbundenen Rechtsanwlte und freien Mitarbeiter bezieht (§ 43 a Abs. 4 BRAO; § 3 Abs. 2 BORA) und daû dem Informationsbedrfnis des rechtsuchenden Publikums in vollem Umfang nur gengt ist, falls der Briefbogen ein taggenaues Verzeichnis aller im Vorstehenden Genannten enthlt. Daû der Satzungsgeber in § 10 Abs. 1 BORA ein weniger weit gehendes Gebot ausgesprochen hat und die Antragsgegnerin den Kanzleien bei Vernderungen in der Zusammensetzung der Gesellschafter sogar eine groûzgige Frist zur Änderung der Briefbgen einrumt, erscheint vertretbar, weil der dargelegte Zweck der Regelung so i m - mer noch deutlich besser erfllt wird als durch den Verzicht auf die Information. Beispielsweise ist die Kenntnis der Namen der auslndischen Gesellschafter, die im Inland keine anwaltlichen Dienstleistungen erbringen, hier typischerwe i - - 9 - se nur von sehr geringem Gewicht. Im brigen wird dadurch, daû der Sa t - zungsgeber ein eingeschrnktes Gebot erlassen hat und die Antragsgegnerin ihren Mitgliedern bei der Durchsetzung des Gebots entgegenkommt, auch dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit Rechnung getragen. (4) Das Argument des Antragstellers, der Briefbogen trage bei der von der Antragsgegnerin geforderten Gestaltung eher zur Verwirrung bei, weil er nicht alles enthalte, was der Information diene, trifft nicht zu. Im brigen bleibt es den Sozietten unbenommen, die Informationsfunktion des Briefbogens ber das verlangte Maû hinaus zu erfllen. (5) Das Gebot des § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA wre fr die Erreichung der oben angegebenen Zwecke allerdings kein geeignetes Mitteil, wenn es une r - fllbar wre. Das ist aber nicht der Fall. In diesem Zusammenhang macht der Antragsteller geltend, bei groûen Sozietten mit mehreren hundert Gesel l - schaftern knnten deren Namen auf dem Briefbogen nicht untergebracht we r - den, zudem mûte bei der natrlichen Fluktuation innerhalb solcher Sozietten nahezu tglich neues Briefpapier gedruckt werden. Diese praktischen Schwi e - rigkeiten machen das Gebot jedoch nicht unerfllbar. § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA schreibt nur vor, die Namen der Gesellschafter "auf den Briefbgen" aufzuf h - ren. Das kann etwa in der Weise geschehen, daû die Namen aller Gesel l - schafter auf der Rckseite des Kopfbogens, notfalls unter Verwendung eines weiteren Bogens, aufgefhrt werden. Nichts anderes hat die Antragsgegnerin vom Antragsteller verlangt, wobei das Raumproblem zudem dadurch entschrft wird, daû der Antragsteller nicht alle, sondern nur die bei einem deutschen G e - richt zugelassenen Sozien benennen muû. Lsbar ist auch das Problem, den Gesellschafterwechsel zeitnah zu erfassen. Die Frage, wie das praktisch zu - 10 - bewerkstelligen ist, kommt auf den Antragsteller auch dann zu, wenn er auf entsprechende Anfrage die Liste der Gesellschafter zur Einsichtnahme vorl e - gen will, wozu er sich ausdrcklich bereit erklrt hat. Daû der Antragsteller g e - zwungen ist, den Briefbogen stndig dem vernderten Gesellschafterbestand anzupassen, ist sogar unter dem Gesichtspunkt einer sachgerechten Bevorr a - tung mit Briefpapier nicht unzumutbar. Die Antragsgegnerin gewhrt Auslauffr i - sten fr berholte Vordrucke. Auûerdem knnen heute gerade die grûeren Sozietten Änderungen ohne weiteres dadurch Rechnung tragen, daû sie Briefbgen zumindest vorbergehend durch Computer gestalten. Etwaige Ä n - derungen knnen dann unverzglich beim Ausdruck bercksichtigt werden. dd) Das Gebot des § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA ist erforderlich, weil ein anderes, gleich wirksames, aber die Berufsfreiheit weniger fhlbar einschr n - kendes Mittel fehlt (vgl. zu diesem Erfordernis BVerfGE 75, 246, 269; 80, 1, 30; 87, 287, 322). Der Antragsteller verweist auf die - in der Fuûzeile des von ihm ve r - wandten Briefbogens auch ausdrcklich angesprochene - Mglichkeit, eine Liste der Partner bei ihm anzufordern oder ber Internet abzurufen. Beide Mi t - tel sind jedoch zur Wahrung der Belange der Rechtsuchenden weniger wir k - sam als die Beachtung des durch § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA ausgesprochenen Gebots. Nach beiden Alternativen muû der Rechtsuchende selbst aktiv we r - den. Ist schon dies eine zustzliche Erschwernis bei der Befriedigung des zu schtzenden Informationsinteresses, kommt bei der Anforderung noch hinzu, daû er befrchten mag, der Rechtsanwalt werde dies als Miûtrauen verstehen. Beim Abruf ber Internet entfllt zwar dieses Bedenken; diese Mglichkeit ist jedoch fr denjenigen nicht gangbar, der ber keinen Internetanschluû verfgt. - 11 - Diese Gruppe ist zahlenmûig auf absehbare Zeit noch nicht so klein, als daû sie schon heute vernachlssigt werden knnte. ee) Bei einer Gesamtabwgung zwischen der Schwere des Eing riffs und dem Gewicht der Grnde, die ihn rechtfertigen sollen, wird die Grenze der Z u - mutbarkeit nicht berschritten. (1) Zunchst darf nicht bersehen werden, daû der durch das Gebot des § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA bewirkte Eingriff in die Berufsfreiheit von nur geringer Intensitt ist. Die Beachtung des Gebots erfordert - wie im Vorstehenden da r - gelegt - keinen grûeren, den Rechtsanwalt ber Gebhr belastenden Au f - wand. (2) Demgegenber haben die Grnde, die das Gebot des § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA rechtferti gen, entgegen der Meinung des Antragstellers erhebl i - ches Gewicht. Der Antragsteller ist der Ansicht, jenes Gebot sei letztlich auf Kanzleistrukturen des 19. und 20. Jahr hunderts zugeschnitten, nicht aber auf die heutigen Verhltnisse. In der Vergangenheit habe der Typ der Kleinkanzlei mit nur einem Rechtsanwalt oder wenigen Sozien vorgeherrscht; diese Kan z - leien seien "provinziell" ausgerichtet gewesen auf die Besorgung der Recht s - angelegenheiten eines Klientels der nheren Umgebung. Inzwischen sei nicht nur das Lokalisationsgebot entfallen; es htten sich auch mehr und mehr be r - rtliche Sozietten gebildet, zudem bestehe ein "massiver Trend" zu grûeren Zusammenschlssen, und mit der verstrkten Verflechtung der Weltwirtschaft gehe die Bildung internationaler Sozietten einher. Dies trgt aber nicht die vom Antragsteller gezogene Folgerung, das Gebot des § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA sei berholt. Das Informationsinteresse des Rechtsuchenden (oben bb) - 12 - und der anderen Beteiligten ist um so gewichtiger, je unbersichtlicher die Ve r - hltnisse sind. Dies ist weit mehr der Fall, wenn der Rechtsuchende sich einer berrtlichen Groûkanzlei mit mehreren hundert, im gesamten Inland ttigen Sozien gegenbersieht, als wenn er es nur mit einer in seinem Landgericht s - bezirk ttigen Kleinsoziett zu tun hat. Im brigen knnte ein Gebot, das g e - genber berrtlich ttigen Groûsozietten unanwendbar wre, auch gege n - ber nur lokal ttigen Kleinsozietten nicht mehr durchgesetzt werden. Schlieûlich darf nicht verkannt werden, daû diejenigen, die keinen Internet- Anschluû besitzen und den Rechtsanwalt auch nicht ausdrcklich nach seinen Mitgesellschaftern fragen wollen, typischerweise dem weniger gewandten Teil der Bevlkerung angehren werden. Gerade diesen Personenkreis gilt es zu schtzen. (3) Gleichwohl wre die Beachtung des Gebots fr den Antragsteller mglicherweise unzumutbar, wenn es auch sonst - wie der Antragsteller ge l - tend macht - nur "auf dem Papier" stnde, d.h. berwiegend miûachtet wrde, ohne daû die Aufsichtsbehrden dagegen vorgehen. Dies kann jedoch nicht festgestellt werden. Es ist nicht zutreffend, daû der sogenannte "Stempelanwalt" bei Schrif t - stzen, die vom Korrespondenzanwalt vorbereitet wurden, hufig einen unvol l - stndigen Kanzleistempel aufsetzt, wie der Antragsteller meint. Vielmehr ist gerichtsbekannt, daû die Prozeûbevollmchtigten insbesondere dann, wenn es sich bei ihnen um eine groûe Soziett handelt, vielfach den Kopfbogen austa u - schen, anstatt nur ihren Kanzleistempel aufzudrcken. Auûerdem hat die B e - deutung des "Stempelanwalts" wegen des vom Antragsteller selbst angespr o - - 13 - chenen Wegfalls des Lokalisationsgebots seit dem 1. Januar 2000 und der Bi l - dung berrtlicher Sozietten erheblich an praktischer Bedeutung verloren. Nicht belegt ist die Behauptung des Antragstellers, bei berrtlichen S o - zietten wrden vielfach allenfalls die Sozien eines Kanzleiortes aufgefhrt. Wegen der werbenden Wirkung der Benennung smtlicher Sozien an allen Kanzleiorten liegt das Gegenteil nahe. Soweit der Antragsteller aus der gebruchlichen Handhabung des § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA bei Groûkanzleien und internationalen Sozietten ableitet, hier werde nur noch der "Schein der Beachtung des Normideals" gewahrt, kann dem nicht gefolgt werden. Dies gilt zunchst fr die Ansicht, daû die - bei Groûkanzleien bliche - Benennung der Sozien nur auf der Rckseite der Briefbgen dem Normtext nicht entspreche. § 10 BORA schreibt nicht vor, daû Briefpapier nur einseitig beschriftet werden darf, und selbst wenn dies anders wre, mûte die in Rede stehende Handhabung bei verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift als zulssig angesehen werden. Allerdings kommt es bei der Übermittlung von Schriftstzen per Telefax vor, daû nicht der vollstndige Gesellschafterbestand angegeben wird, und zwar insbesondere dann, wenn die Rckseite des Briefbogens nicht mit kopiert wird. Das ist aber in aller Regel auf ein Versehen zurckzufhren, weil die gr o - ûen Sozietten auch bei dieser Übermittlungsart nicht auf die werbende Wi r - kung der Benennung aller ihrer Gesellschafter zu verzichten pflegen. Letzteres gilt auch bei der Übermittlung per e-Mail, die im brigen nicht als die allgemein vorherrschende Übermittlungsart angesehen werden kann. - 14 - Soweit der Antragsteller darauf hinweist, es wrden "massenhaft Namen von Rechtsanwlten eingegeben, welche ber keinen Gesellschafterstatus verfgen, sondern nur Angestellte und freie Mitarbeiter sind", kann daraus kein Einwand gegen die Geltung von § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA hergeleitet werden. Solche "Auûensozien" mssen sich wie Gesellschafter behandeln lassen. (4) An der Vereinbarkeit des § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA mit innerstaatl i - chem Verfassungsrecht ndert es nichts, daû die Standesregeln der Recht s - anwl te der Europischen Gemeinschaft (CCBE) in der Fassung vom 28. O k - tober 1998 keine entsprechende Regelung enthalten. Jene Standesregeln gelten nur bei grenzberschreitender Ttigkeit eines deutschen Rechtsanwalts innerhalb der Europischen Gemeinschaft und der EWR-Staaten (Nr. 1.4 CCBE-Standesrecht). Daran fehlt es hier. Trotz der Mitgliedschaft in der engl i - schen partnership und der Registrierung als Foreign Lawyer bei der Law S o - ciety in England bleibt die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat des Antragstellers. (5) Ob die partnership englischen Rechts, welcher der Antragsteller a n - gehrt, einer Partnerschaftsgesellschaft deutschen Rechts entspricht, kann offen bleiben. Das Recht der partnership, eine Firma zu fhren, steht nicht im Streit (vgl. § 2 PartGG i.V.m. § 18 Abs. 2 HGB). Das Recht zur Firmierung und die Pflicht, auf den Geschftsbriefen bestimmte Angaben zu machen, haben nichts miteinander zu tun. § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA verhlt sich zu § 9 BORA wie § 125a HGB zu § 17 HGB. (6) Falls die partnership englischen Rechts auch im Inland rechtsfhig sein sollte (vgl. zur Rechtsfhigkeit der Partnerschaftsgesellschaft deutschen - 15 - Rechts § 7 Abs. 2 PartGG i.V.m. § 124 HGB, der BGB-Gesellschaft BGH, Urt. v. 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, NJW 2001, 1056 ff, z.V.b. in BGHZ), wird das Interesse der Beteiligten, die Namen zumindest der deutschen "partner" zu kennen, dadurch nicht geschmlert. Inzwischen hat der Bundesgerichtshof a n - erkannt, daû die (Auûen-)Gesellschaft brgerlichen Rechts sogar Kommandit i - stin einer Kommanditgesellschaft sein kann. Um die Publizitt der Gesel l - schafter und damit der Haftungssituation zu gewhrleisten, hat er jedoch die Eintragung aller BGB-Gesellschafter in das Handelsregister (entsprechend §§ 162 Abs. 3, 106 Abs. 2 HGB) verlangt, und zwar nicht nur bei Ersteintr a - gung des Beitritts zur BGB-Gesellschaft, sondern auch bei jedem Gesellscha f - terwechsel innerhalb der BGB-Gesellschaft (BGH, Beschl. v. 16. Juli 2001 - II ZB 23/00, NJW 2001, 3121). 3. Der angefochtene Bescheid verstût gegen das Recht der Europ i - schen Gemeinschaft schon deshalb nicht, weil dem Fall jeglicher Auslandsb e - zug fehlt. Da der Antragsteller in keinem anderen Staat der Gemeinschaft a n - sssig ist als die Empfnger seiner Leistungen, ist die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EGV) nicht berhrt. Um das Niederlassungsrecht (Art. 43 EGV) geht es ebenfalls nicht. Der Antragsteller ist deutscher Staatsangehriger und in Deutschland niedergelassen. Die Anordnung der Antragsgegnerin gilt aber nur, soweit der Antragsteller mit Rechtsuchenden in Deutschland in Kontakt tritt, und bezieht sich nur auf die deutschen Sozien. Falls man es fr den Ausland s - bezug ausreichen lieûe, daû der Antragsteller Mitglied einer englischen par t - nership ist, lge eine nicht diskriminierende Ausbungsregelung vor (vgl. EuGH NJW 1996, 579, 581 - Fall Gebhard). Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA ist von jedem, der von einem Berufsdomizil in Deutschland aus - 16 - anwaltlich ttig ist, zu beachten. Die Zugehrigkeit des Antragstellers zu der auslndi- - 17 - schen partnership wird nicht erschwert. Entsprechendes gilt fr die Mglichkeit des Antragstellers als Mitglied dieser partnership, sich in Deutschland niede r - zulassen und zu bettigen. Deppert Basdorf Ganter Schlick Salditt Kieserling Hauger

Full & Egal Universal Law Academy