AK 16/01 - 3. Strafsenat
Karar Dilini Çevir:
AK 16/01 - 3. Strafsenat
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 BJs 79/00 - 4 AK 16/01 vom 9. November 2001 in dem Ermittlungsverfahren gegen alias wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung u.a. - 2 - Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbu n - desanwaltes sowie des Beschuldigten und seines Verteidigers am 9. November 2001 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen: Die Untersuchungshaft hat fortzudauern. Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesg e - richtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach den al l - gemeinen Vorschriften zuständigen Gericht übertragen. Gründe: 1. Der Beschuldigte befindet sich seit dem 27. Dezember 2000 in Unte r - suchungshaft aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesg e - richtshofs vom selben Tag (2 BGs 211/2000), der durch neuen Haftbefehl vom 18. Juni 2001 (2 BGs 161/2001) ersetzt wurde. Der Senat hat mit Beschluß vom 12. Juli 2001 die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus angeordnet. Zu dem gegen den Beschuldigten bestehenden dringenden Tatverdacht und zum Haftgrund nimmt der Senat zunächst auf diese Entsche i - dung Bezug. 2. Auch die weiteren Ermittlungen haben keine Umstände ergeben, die gegen den Beschuldigten M. den dringenden Tatverdacht begründen wü r - den, er habe sich mitgliedschaftlich an einer inländischen terroristischen Vere i - nigung beteiligt (§ 129 a Abs. 1 StGB). Sie liefern nunmehr indessen hinre i - chende Belege, die gegen den Beschuldigten den dringenden Verdacht im - 3 - Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO begrnden, er habe eine terroristische Vereinigung untersttzt (§ 129 a Abs. 3 StGB), so daû der Senat die vorliegend zu treffende Haftfortdauerentscheidung auch auf diesen Verdacht sttzt. Er ergibt sich aus folgendem: a) Aufgrund der zwischenzeitlich gewonnenen Erkenntnisse hlt der S e - nat nunmehr jedenfalls die Mitbeschuldigten B. , S. und K. einer Straftat nach § 129 a Abs. 1 StGB fr dringend verdchtig. Es liegen hi n - reichende tatschliche Anhaltspunkte dafr vor, daû sich diese Beschuldigten ab Herbst 2000 im Raum F. zu einem nach auûen abgeschotteten, konspirativ arbeitenden Verband zusammengeschlossen haben, der Teil eines Netzwerks entsprechender Gruppierungen gewaltbereiter islamistischer Fu n - damentalisten in anderen europischen Lndern ist, und daû einzelne dieser Gruppierungen bzw. deren Mitglieder im Sinne einer Vereinigung nach § 129 a StGB zusammenwirken, um in Umsetzung des von ihnen propagierten "heiligen Krieges (Djihad)" in Lndern des westlichen Kulturkreises Terrorakte, insb e - sondere Sprengstoffanschlge zu verben (§ 129 a Abs. 1 Nr. 3, § 308 Abs. 1, § 6 Nr. 2 StGB). Ob dieser Verdacht sich zu einer die Verurteilung der B e - schuldigten tragenden Überzeugung verdichten lût, insbesondere ob dem Zusammenwirken der einzelnen Gruppierungen oder deren Mitgliedern eine organisierte Willensbildung zugrunde liegt, die dem Wesen einer Vereinigung im Sinne der §§ 129, 129 a StGB entspricht (s. etwa BGHSt 28, 147 ff.; 31, 239, 240), muû der Beurteilung des Tatgerichts nach Durchfhrung der B e - weisaufnahme vorbehalten bleiben. - 4 - Der dringende Tatverdacht grndet sich auf folgende Umstnde, die dem Senat teilweise auch aus einem frheren Haftprfungsverfahren betre f - fend den Mitbeschuldigten K. bekannt sind: aa) Die Gruppierung der Beschuldigten B. , S. und K. : Wie der Senat schon in seinem Beschluû vom 12. Juli 2001 im einze l - nen dargestellt hat, belegen die gefhrten Ermittlungen zunchst mit hinre i - chender Sicherheit, daû die Beschuldigten M. , B. , E. und S. im Dezember 2000 in F. und anderen Orten der Bundesr e - publik einen Sprengstoffanschlag auf den Weihnachtsmarkt oder einen W o - chenmarkt in St. vorbereiteten. Dieser Tatplan wird erneut besttigt durch die zwischenzeitliche Übersetzung der Gesprche, die auf der Tonspur des Videofilms aufgezeichnet sind, der auf der Vorbereitungsfahrt von Ba. nach St. von den Beschuldigten S. und E. aufgenommen wurde. Das gewonnene Beweismaterial legt darber hinaus den Schluû nahe, daû sich jedenfalls die Beschuldigten B. , S. und K. zu einer Organisation verbunden hatten, deren Zwecke oder Ttigkeit allgemein darauf gerichtet war, Straftaten wie den geplanten Anschlag in St. zu begehen. Diese drei Beschuldigten hielten sich zumindest seit Herbst 2000 im Raum F. auf und standen untereinander in Kontakt. Dabei verhielten sie sich in konspirativer Weise. Sie verwendeten verschiedene Decknamen, nutzten tei l - weise Wohnungen, die von Dritten - auch unter Falschnamen - angemietet worden waren, und telefonierten ausschlieûlich aus öffentlichen Telefonzellen oder mit Handys, die fr andere Personen freigeschaltet worden waren. All dies - 5 - wird vom Beschuldigten K. zum Teil eingerumt und im brigen durch mehrere sichergestellte Beweismittel sowie den Inhalt abgehörter Telefonate besttigt. Schon diese Besonderheiten legen es nahe, daû es sich bei der B e - ziehung dieser Beschuldigten nicht um ein reines Freundschaftsverhltnis handelte, gegrndet etwa allein auf die gemeinsame Herkunft oder Religion. Hinzu kommt eine Vielzahl von Verdachtsmomenten, die dafr sprechen, daû sich diese Beschuldigten zusammengeschlossen hatten, um im Rahmen eines internationalen Netzwerks islamistischer Fundamentalisten, aus dem heraus sich in verschiedenen europischen Lndern (etwa in Groûbritannien und Italien) terroristische Organisationseinheiten gebildet haben, an der Ve r - wirklichung terroristischer Ziele in Zusammenarbeit mit solchen anderen Org a - nisationseinheiten oder einzelner deren Mitglieder mitzuwirken. Diese ergeben sich zunchst aus zahlreichen schriftlichen Unterlagen und sonstigen Bewei s - mitteln, die sowohl bei den Beschuldigten dieses Verfahrens als auch bei and e - ren Personen sichergestellt werden konnten, die im Verdacht stehen, dem Netz gewaltbereiter islamistischer Fundamentalisten anzugehören. Sie folgen a u - ûerdem aus dem Inhalt zahlreicher abgehörter Telefonate, die seit Dezember 2000 insbesondere im Zusammenhang mit den Verhaftungen der Beschuldi g - ten in Deutschland, im europischen Ausland oder auch per Satellitentelefon in den Raum Afghanistan/Pakistan gefhrt wurden. Besonders aufschluûreich sind darber hinaus vor allem die Äuûerungen des Beschuldigten B. in der Untersuchungshaft gegenber dem Mitgefangenen Sa. , den er von den Zielen des islamischen Fundamentalismus berzeugen wollte und fr eine Ausbildung in Afghanistan zu gewinnen suchte. Laut B. habe die Gruppe ber mehr als 200 kg Sprengstoff verfgt, es sei ein Anschlag auf eine jdische Einrichtung in L. vorgesehen gewesen und weitere Opera tionen - 6 - htten sich in der Planung befunden. Zu diesen htten die Inhaftierten aber noch keine nheren Informationen besessen, da die entsprechenden Anwe i - sungen von Fhrungspersonen von auûerhalb kmen. bb) Einbindung der Organisation der Beschuldigten B. , S. und K. in das internationale terroristische Netz: Zur Existenz des internationalen Netzes, den Beziehungen der ihm a n - gehrenden Personen und lokalen Gruppen untereinander sowie den von di e - sen bereits begangenen oder geplanten terroristischen Anschlgen sind eine Vielzahl von Erkenntnissen deutscher, franzsischer, italienischer und brit i - scher Ermittlungsbehrden und Geheimdienste aktenkundig. Sie werden be i - spielhaft auch belegt durch den Inhalt eines am 13. Januar 2001 gefhrten Telefonats zwischen einem Es. in Italien und einem Ma. in Belgien, die beide der Zugehrigkeit zu Gruppen des internationalen Netzwerks verdchtig sind. In diesem Telefonat bringt Es. seine Hoffnung zum Ausdruck, daû in Frankreich nicht das Gleiche wie in F. passiere und auch das dortige Versteck entdeckt werde, und rt dem Ma. , eine neue Identitt anzune h - men. Die Verbindung der zumindest von den Beschuldigten B. , S. und K. gebildeten Untergruppierung zu anderen Gruppen des Netzwerks folgt zunchst aus ihrem Kontakt zu bzw. ihr Zusammenwirken mit den B e - schuldigten M. und E. , die nach den Erkenntnissen der britischen Ermittlungsbehrden einer vergleichbaren Untergruppierung des Netzes g e - waltbereiter islamistischer Fundamentalisten in London zugehrten. Darber hinaus bestand zu weiteren Personen Kontakt, die im Verdacht stehen, derart i - - 7 - gen Gruppierungen anzugehren, was erneut durch den Inhalt einer Vielzahl abgehrter Telefonate besttigt wird. Auch ist ein aussagekrftiger Beleg dafr vorhanden, daû sich die Mitglieder der F. Untergruppierung der g e - meinsamen Willensbildung zwischen lokalen nationalen Organisationseinhe i - ten unterwarfen, nmlich die Bemerkung des Beschuldigten B. gege n - ber dem Zeugen Sa. , es htten sich weitere Operationen in der Planung befunden, zu denen die Inhaftierten aber noch keine nheren Informationen besessen htten, da die entsprechenden Anweisungen von Fhrungspersonen von auûerhalb kmen. b) Zwar fehlt es weiterhin an hinreichenden Belegen, daû sich der B e - schuldigte M. an dieser im Inland bestehenden Teilorganisation mitglie d - schaftlich beteiligt hat; der Umstand, daû er erst im Dezember 2000 von Lo n - don nach Frankreich flog und der Rckflug bereits fr Anfang Januar 2001 g e - bucht war, deutet eher darauf hin, daû sein Aufenthalt im Inland nur als vorbergehender geplant war und nach Durchfhrung des Anschlags in St. beendet werden sollte. Jedoch weisen zum einen schon die allgemeinen Beziehungen des Beschuldigten zu den Mitgliedern der F. Gruppi e - rung und zum anderen die Menge der Grundstoffe, die die Beschuldigten M. , B. , S. und E. zur Herstellu ng von Sprengstoff b e - schafft bzw. zu beschaffen versucht hatten, sowie die zahlreichen Schuûwaffen und die hohen Geldbetrge, ber die diese Beschuldigten verfgten, darauf hin, daû die Aktivitten des Beschuldigten M. im Inland sich nicht allein in der Vorbereitung des Anschlags in St. erschpften, sondern darber hinaus dem Zweck dienten, der hier bestehenden Teilorganisation die Mittel fr die Verfolgung weiterer terroristischer Ziele in die Hand zu geben und ihren Fortbestand und ihre Bestrebungen allgemein zu frdern (vgl. Rudolphi in SK- - 8 - StGB 46. Lfg. Stand September 1998 § 129 Rdn. 17 a; Lenckner in Sch n - ke/Schrder, StGB 26. Aufl. § 129 Rdn. 15; von Bubnoff in LK 11. Aufl. § 129 Rdn. 66). Auch insoweit kommt den bereits zitierten Äuûerungen des Beschu l - digten B. ber den vorgesehenen Anschlag in L. und die weiteren in Planung befindlichen Operationen eine den Tatverdacht der Untersttzung e i - ner terroristischen Vereinigung unterstreichende Bedeutung zu. 3. Der Vollzug der Untersuchungshaft ist weiterhin nicht unverhltni s - mûig, da der Beschuldigte im Falle einer Verurteilung eine erhebliche Fre i - heitsstrafe zu erwarten hat (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Ihr Zweck kann durch weniger einschneidende Maûnahmen im Sinn des § 116 StPO nicht erreicht werden. Die Voraussetzungen fr die Fortdauer der Untersuchungshaft ber weitere drei Monate hinaus (§ 121 Abs. 1, § 122 Abs. 4 Satz 2 StPO) liegen vor. Im Hinblick auf den erheblichen Ermittlungsaufwand ist das Verfahren weiterhin mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung gefhrt worden. Nach Mitteilung des Generalbundesanwaltes ist im November 2001 mit der A n - klageerhebung zu rechnen. Tolksdorf Winkler Becker

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