A-7675/2015 - Abteilung I - Datenschutz - Datenänderung im Zentralen Migrationsinformationss...
Karar Dilini Çevir:
A-7675/2015 - Abteilung I - Datenschutz - Datenänderung im Zentralen Migrationsinformationss...
B u n d e s v e rw a l t u ng s g e r i ch t
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i f f éd é r a l
T r i b u n a l e am m in i s t r a t i vo f e d e r a l e
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i v fe d e r a l








Abteilung I
A-7675/2015



Ur t e i l vom 2 1 . J u n i 2 0 1 6
Besetzung
Richter Maurizio Greppi (Vorsitz),
Richter Jérôme Candrian, Richter Jürg Steiger,
Gerichtsschreiber Matthias Stoffel.



Parteien
A._______,
vertreten durch (…),
Beschwerdeführer,



gegen


Staatssekretariat für Migration SEM,
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.




Gegenstand
Datenänderung im Zentralen Migrationsinformationssystem
(ZEMIS).



A-7675/2015
Seite 2
Sachverhalt:
A.
A._______ und seine Ehefrau, B._______, stellten am 9. bzw. 10. Novem-
ber 2013 für sich und ihre vier Kinder ein Asylgesuch. Letztere sind anders
als ihr Vater mit dem Nachnamen „X._______“ im Zentralen Migrationsin-
formationssystem (ZEMIS) erfasst worden. Mit Entscheid vom 23. Oktober
2015 sprach das Staatssekretariat für Migration (SEM) der Familie die
Flüchtlingseigenschaft ab, gewährte ihr jedoch die vorläufige Aufnahme in
der Schweiz.
B.
Mit Schreiben vom 17. Januar 2014 (Eingangsstempel vom 20. Januar
2014) gelangte A._______ an das damalige Bundesamt für Flüchtlinge
(heute SEM) und erklärte, bei der Einreise seien die Personalien einiger
Familienmitglieder falsch erfasst worden. Sein Nachname laute
„X._______“ und nicht wie im ZEMIS festgehalten „A._______“. Der Ein-
trag sei entsprechend zu berichtigen. Ebenso seien die Nachnamen von
Y._______ sowie Z._______ durch „X._______“ zu ersetzen. Bei Letzteren
handelt es sich scheinbar um die Neffen von A._______. Sie haben das
Änderungsgesuch mitunterzeichnet.
C.
Mit Teilentscheid vom 23. Oktober 2015 beurteilte das SEM das Ände-
rungsgesuch von A._______ abschlägig. Seinem syrischen Reisedoku-
ment für palästinensische Flüchtlinge könne die im ZEMIS gewählte
Schreibweise seines Nachnamens („A._______“) entnommen werden. Da-
rauf sei abzustellen.
D.
Gegen diesen Teilentscheid des SEM (Vorinstanz) erhebt A._______ (Be-
schwerdeführer) mit Eingabe vom 26. November 2015 Beschwerde beim
Bundesverwaltungsgericht. Er stellt den Antrag, die Verfügung sei aufzu-
heben und der aktuell im ZEMIS für seine Kinder geführte Nachname
„X._______“ durch „A._______“ zu ersetzen.
E.
In ihrer Vernehmlassung, eingegangen am 24. März 2016, schliesst die
Vorinstanz auf Abweisung der Beschwerde und bekräftigt ihren Stand-
punkt.
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Seite 3
F.
Mit Verfügung vom 29. April 2016 stellt das Bundesverwaltungsgericht fest,
dass der Beschwerdeführer keine Schlussbemerkungen eingereicht hat.
G.
Auf die weiteren Ausführungen der Parteien sowie die eingereichten Un-
terlagen wird – soweit entscheidwesentlich – im Rahmen der nachfolgen-
den Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Bundesverwaltungsgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kog-
nition, ob die Prozessvoraussetzungen vorliegen und auf eine Beschwerde
einzutreten ist (vgl. Art. 7 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom
20. Dezember 1968 [VwVG, SR 172.021], Urteile des Bundesverwaltungs-
gerichts [BVGer] A-3287/2015 vom 2. Juli 2015 E. 1 und A-769/2013 vom
30. Oktober 2013 E. 1). Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes
vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt es Beschwerden gegen Ver-
fügungen nach Art. 5 VwVG, sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG ge-
geben ist und eine Vorinstanz im Sinne von Art. 33 VGG entschieden hat.
Da keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt, mit dem SEM eine Vor-
instanz im Sinne von Art. 33 Bst. d VGG verfügt hat und die erlassene Ver-
fügung ein zulässiges Anfechtungsobjekt darstellt, ist das Bundesverwal-
tungsgericht zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig.
Nach Art. 37 VGG richtet sich das Verfahren vor dem Bundesverwaltungs-
gericht nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt.
2.
Zur Beschwerde ist nach Art. 48 Abs. 1 VwVG berechtigt, wer vor der Vor-
instanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme
erhalten hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist und
ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat.
Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen
und mit der angefochtenen Verfügung wurde sein Antrag um Änderung sei-
nes Nachnamens abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat ein schutzwür-
diges Interesse an der Richtigkeit seiner im ZEMIS eingetragenen Perso-
nendaten und ist deshalb ohne Weiteres zur Beschwerde legitimiert.
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Seite 4
3.
3.1. Streitgegenstand in der nachträglichen Verwaltungsrechtspflege ist
das Rechtsverhältnis, das Gegenstand der angefochtenen Verfügung bil-
det, soweit es im Streit liegt. Er wird folglich durch zwei Elemente bestimmt:
erstens durch den Gegenstand der angefochtenen Verfügung oder des an-
gefochtenen Entscheids (sog Anfechtungsgegenstand) und zweitens
durch die Parteibegehren. Dabei bildet das Anfechtungsobjekt den Rah-
men, welcher den möglichen Umfang des Streitgegenstandes begrenzt.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens kann nur sein, was Gegenstand
des erstinstanzlichen Verfahrens war oder nach richtiger Gesetzesausle-
gung hätte sein sollen. Gegenstände, über welche die erstinstanzlich ver-
fügende Behörde nicht entschieden hat und über die sie nicht zu entschei-
den hatte, sind aus Gründen der funktionellen Zuständigkeit durch die
zweite Instanz nicht zu beurteilen (BGE 136 II 457 E. 4.2, Urteile des BGer
2C_1055/2013 und 2C_1056/2013 vom 30. August 2014 E. 2.1;
BVGE 2010/12 E. 1.2.1; Urteil des BVGer A-3287/2015 vom 2. Juli 2015
E. 2.3.1; CHRISTOPH AUER, Streitgegenstand und Rügeprinzip im Span-
nungsfeld der verwaltungsrechtlichen Prozessmaximen, 1997, S. 35, 63
Rz. 403 f.; KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, Verwaltungsverfahren und Verwaltungs-
rechtspflege des Bundes, 2. Auflage 2013, Rz. 686 ff.). Geht die mit dem
Rechtsbegehren aufgestellte Rechtsfolgebehauptung über den Streitge-
genstand hinaus, ist darauf nicht einzutreten (vgl. Urteile des BGer
4A_89/2012 vom 17. Juli 2012 E. 1.2 und 2D.20/2010 vom 20. Mai 2010
E. 1.3; Urteil des BVGer A-3274/2012 vom 25. März 2013 E. 1.4.1).
3.2. Anfechtungsgegenstand ist die Verfügung der Vorinstanz vom 23. Ok-
tober 2015. Streitgegenstand kann demnach nur sein, was in dieser Verfü-
gung geregelt wurde. Diese weist unter Bezugnahme auf das Gesuch vom
17. Januar 2014 das Begehren des Beschwerdeführers um Änderung sei-
nes Nachnamens im ZEMIS von „A._______“ zu „X._______“ ab.
Vorliegend beantragt der Beschwerdeführer, der aktuell für seine Kinder im
ZEMIS geführte Nachname „X._______“ sei durch „A._______“ zu erset-
zen. Damit nimmt der Beschwerdeführer nicht auf die in der angefochtenen
Verfügung verweigerte Anpassung seiner Personalien Bezug, sondern
stellt einen neuen Antrag. Statt der Änderung seines Nachnamens möchte
er nun eine solche bezüglich der Nachnamen seiner Kinder erwirken. Da
dieses Anliegen nicht Gegenstand der angefochtenen Verfügung bildet und
Beschwerdebegehren, welche neue Fragen aufwerfen, den möglichen
Streitgegenstand überschreiten, kann darüber nicht befunden werden.
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3.3. Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Es ist
an der Vorinstanz, das neu gestellte Begehren zu prüfen. Die Sache ist
hierfür zuständigkeitshalber an die Vorinstanz zu überweisen (vgl. Art. 8
Abs. 1 VwVG).
4.
4.1. Die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht wer-
den in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt (Art. 63 Abs. 1 VwVG).
Dem unterliegenden Beschwerdeführer wurde indes vom zuständigen In-
struktionsrichter mit Zwischenverfügung vom 5. Februar 2016 die unent-
geltliche Prozessführung bewilligt, weshalb er keine Verfahrenskosten zu
tragen hat (Art. 65 Abs. 1 VwVG). Die Vorinstanz trägt als Bundesbehörde
keine Verfahrenskosten (Art. 63 Abs. 2 VwVG).
4.2. Der unterliegende Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf Partei-
entschädigung (Art. 64 Abs. 1 VwVG und Art. 7 Abs. 1 des Reglements
vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bun-
desverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2] e contrario). Als Bundesbe-
hörde hat auch die Vorinstanz keinen solchen Anspruch (Art. 7
Abs. 3 VGKE).
4.3. Mit Zwischenverfügung vom 5. Februar 2016 wurde dem Beschwer-
deführer die unentgeltliche Rechtsverbeiständung gewährt. Seinem
Rechtsvertreter ist daher aus der Gerichtskasse eine Entschädigung aus
unentgeltlicher Rechtspflege auszurichten (vgl. Urteile des BVGer
A-6903/2015 vom 25. April 2016 E. 10, A-5172/2014 vom 8. Januar 2016
E. 14.2, A-3403/2013 vom 17. November 2014 E. 5.3).
Da der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers keine Kostennote einge-
reicht hat, ist die Entschädigung aufgrund der Akten festzusetzen (vgl. – al-
lerdings in Bezug auf die Parteientschädigung – Art. 14 Abs. 2 VGKE). Wie
aus Art. 12 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 1 VGKE hervor-
geht, hat die Entschädigung für die unentgeltliche Verbeiständung (ebenso
wie eine Parteientschädigung) nicht jeden erdenklichen, sondern nur den
notwendigen Aufwand zu ersetzen (vgl. Urteil des BVGer A-6903/2015 vom
25. April 2016 E. 10). Es rechtfertigt sich, die dem unentgeltlichen Rechts-
beistand auszurichtende Entschädigung vorliegend ermessensweise so-
wie in Anlehnung an die Praxis zur Parteientschädigung auf Fr. 500.– (inkl.
Mehrwertsteuerzuschlag im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Bst. c in Verbindung
mit Art. 12 VGKE) festzusetzen.
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Der Beschwerdeführer wird im Übrigen darauf hingewiesen, dass er nach
Art. 65 Abs. 4 VwVG, sollte er als bedürftige Partei später zu hinreichenden
Mitteln gelangen, der Gerichtskasse für die erwähnte Entschädigung Er-
satz zu leisten hat.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. Die Angelegenheit wird im
Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz überwiesen.
2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
3.
Dem unentgeltlichen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird eine
Entschädigung von insgesamt Fr. 500.– ausgerichtet, zahlbar aus der Ge-
richtskasse nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils.
4.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
5.
Dieses Urteil geht an:
– den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)
– die Vorinstanz (Ref-Nr. […]; Gerichtsurkunde)

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Maurizio Greppi Matthias Stoffel


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Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bun-
desgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Ange-
legenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Frist steht
still vom 15. Juli bis und mit dem 15. August (Art. 46 Abs. 1 Bst. b BGG).
Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begeh-
ren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift
zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, so-
weit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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