A-6623/2008 - Abteilung I - Zölle - Nachbezug von Zollabgaben (Tarifierung)
Karar Dilini Çevir:
A-6623/2008 - Abteilung I - Zölle - Nachbezug von Zollabgaben (Tarifierung)
Abtei lung I
A-6623/2008
{T 0/2}
U r t e i l v o m 9 . M ä r z 2 0 0 9
Richter Markus Metz (Vorsitz), Richter Michael Beusch,
Richterin Salome Zimmermann,
Gerichtsschreiber Jürg Steiger.
A._______,
Beschwerdeführerin,
gegen
Oberzolldirektion (OZD),
Hauptabteilung Zolltarif und, Aussenhandelstatistik,
Monbijoustrasse 40, 3003 Bern,
Vorinstanz
B._______,
Beigeladene.
Nachbezug von Zollabgaben (Tarifierung)
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
A-6623/2008
Sachverhalt:
A.
Die A._______ mit Sitz in (...) und die an der selben Andresse
domizilierte B._______ importierten seit dem Jahr 2004 Solarglas, d.h.
Glas für Solaranlagen, von der C._______ in Tennessee/USA.
B.
Am 10. April 2006 ersuchte die B._______ die Oberzolldirektion (OZD)
unter Beilage einer Beschreibung sowie eines Musters (...) schriftlich
um eine Tarifauskunft hinsichtlich des von ihr importierten Solarglases.
Gestützt auf die gemachten Angaben erteilte die OZD am 16. Mai
2006 die gewünschte Tarifauskunft. In dieser hielt sie fest, dass es sich
beim betreffenden Artikel (...) um „Glas gegossen, in quadratischen
oder rechteckigen Platten à ca. je 100 cm², Dicke von 3 mm, nicht
armiert, beidseitig mit im Herstellungsverfahren leicht mattierten
Flächen, mit absorbierender oder nicht reflektierender Schicht“ handle,
das unter die Tarifnummer (TN) 7003.1200 falle und zu einem
Zollansatz von Fr. 3.10 je 100 kg brutto zu verzollen sei. Im Weiteren
machte die OZD darauf aufmerksam, dass sich ihre Tarifauskunft
ausschliesslich auf die vorhandenen Angaben und eine einfache
optische Prüfung des eingesandten Musters stütze.
C.
Am 5. Oktober 2006 stellte das Zollinspektorat St. Margrethen bei
einer Sendung fest, dass es sich bei dem eingeführten Solarglas (...)
um gehärtetes Glas handle. Auf der Kiste habe die Etikette die Angabe
„Tempered Solar Patt“ enthalten. Daher unterliege das Solarglas der
TN 7007.1990 mit einem Zollansatz von Fr. 19.-- je 100 kg brutto. Das
zuständige Zollamt berichtigte die Zollanmeldung entsprechend.
Gestützt auf diese Feststellungen leitete die Zollkreisdirektion
Schaffhausen ein Ermittlungsverfahren ein und überprüfte zahlreiche
frühere Einfuhren der A._______ und der B._______.
D.
Es folgten verschiedene Schriftenwechsel und Besprechungen.
Gemäss einer Aktennotiz der Zollkreisdirektion Schaffhausen (amtl.
Akten Nr. 28) bestätigte die A._______ anlässlich einer Besprechung
am 17. April 2008, dass es sich beim Solarglas mit den
Artikelbezeichnungen (...), (...) und (...) um gehärtetes Glas handle.
Nur die Solargläser (...) und (...) seien nicht gehärtet. Im Weiteren
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teilte die A._______ mit, dass die Abgabennachforderung gesamthaft
an sie und nicht an die B._______ zu richten sei.
E.
Am 18. April 2008 legte die Zollkreisdirektion Schaffhausen der
A._______ dar, ihre Untersuchungen hätten ergeben, dass sie und die
B._______ in der Zeit vom 19. Juli 2004 bis 13. Februar 2008
insgesamt 86 Sendungen gehärtetes Solarglas zu Unrecht unter den
TN 7003.1200, 7003.1900 bzw. 7007.1910 anstatt unter der TN
7007.1990 eingeführt hätten. Aufgrund dieser Falschverzollung seien
Abgaben von insgesamt Fr. 280'588.85 (Zoll: Fr. 260'770.40, MWST:
Fr. 19'818.45) nicht entrichtet worden. Wie besprochen, werde sie
diese Abgaben gesamthaft bei der A._______ nachfordern. Für eine
allfällige Stellungnahme gewährte die Zollkreisdirektion Schaffhausen
der A._______ eine Frist von 14 Tagen.
F.
Mit ihrem Schreiben vom 5. Mai 2008 widersprach die A._______
dieser Nachforderung. In der Folge erliess die Zollkreisdirektion
Schaffhausen am 13. Mai 2008 eine entsprechende
Nachbezugsverfügung über Fr. 280'588.85.--. Dagegen erhob die
A._______ am 13. Juni 2008 Beschwerde an die OZD. Sie beantragte
die Aufhebung der Nachbezugsverfügung. Zur Begründung brachte sie
insbesondere vor, dass die Wärmebehandlung kein taugliches
Kriterium für die Qualifikation eines Glases als Sicherheitsglas sei. Ein
Glas falle nicht schon deshalb unter die TN 7007.1990, weil es
wärmebehandelt bzw. gehärtet sei. Neben der Bruchsicherheit
verlange die Verwendung als Solarglas – im Gegensatz zu
Sicherheitsglas – noch weitere Eigenschaften, die einen
höchstmöglichen Solarertrag ermöglichten. Das aus den USA
importierte Solarglas sei zwar wärmebehandelt, die Wärme-
behandlung diene aber in erster Linie der Erhöhung der Reinheit zur
Steigerung des Solarertrags. Diese Tatsache zeige, dass es sich hier
nicht um Sicherheitsglas im Sinn der TN 7007.1990, sondern lediglich
um gegossenes Glas gemäss der TN 7003.1200 bzw. 7003.1900
handeln könne. Im Weiteren sei sie nach Treu und Glauben in ihrem
Vertrauen auf die Tarifauskunft der OZD vom 16. Mai 2006 zu
schützen. Zudem machte sie geltend, dass eine Tarifeinreihung von
Solarglas unter die TN 7007.1990 gegen geltendes
Staatsvertragsrecht, namentlich gegen das Allgemeine Zoll- und
Handelsabkommen vom 30. Oktober 1947 (GATT; SR 0.632.21)
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verstosse. Sowohl die Schweiz als auch die USA, aus denen das
Solarglas importiert worden sei, seien Mitglieder des GATT. Im
Weiteren bestehe ein Freihandelsabkommen (Abkommen vom 22. Juli
1972 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der
damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft [SR 0.632.401]).
Das Gebiet der Schweiz und der Europäischen Union (EU) bilde somit
eine Freihandelszone. Wenn ein Staat innerhalb dieser
Freihandelszone für Solarglas aus den USA einen höheren Zoll erhebe
als ein anderer Mitgliedstaat der Zone, liege ein Verstoss gegen das
Diskriminierungsverbot vor. Dies sei vorliegend gegeben, da in der EU
für die Einfuhr von vorgespanntem Einschichten-Sicherheitsglas ein
Drittlandzollsatz von 3% erhoben werde. Die Schweiz wende mit ihrem
Zollsatz von Fr. 19.--/100 kg somit einen anderen Satz an als die EU,
was wettbewerbsverzerrend wirke zu Lasten von amerikanischen
Solarglas-Herstellern. Der in der Schweiz geltende Zollsatz für die
TN 7007.1990 von Fr. 19.--/100 kg sei deshalb völkerrechtswidrig.
G.
Am 15. September 2008 erliess die OZD einen Entscheid, in dem sie
die Beschwerde abwies und der A._______ Verfahrenskosten von Fr.
5'400.-- auferlegte. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, es
sei unbestritten, dass es sich vorliegend um gehärtetes Glas handle.
Dass dieses nebst der durch die Wärmebehandlung erzielten erhöhten
Festigkeit auch noch andere Eigenschaften aufweise, sei für die
Tarifeinreihung irrelevant. Ein Glas sei selbst dann als gehärtetes Glas
einzureihen, wenn die erhöhte Festigkeit neben den anderen
speziellen Eigenschaften als nebensächlich bezeichnet werden könne.
Die in Frage stehenden Solargläser seien deshalb unter die TN
7007.1990 einzureihen. Im Weiteren habe sie bei der erteilten
Tarifauskunft vom 16. Mai 2006 an die B._______ ausdrücklich darauf
aufmerksam gemacht, dass sie sich ausschliesslich auf die
vorhandenen Angaben und eine einfache optische Prüfung des
eingesandten Musters stütze. Die A._______ könne aus der
Tarifauskunft nichts zu ihren Gunsten ableiten, da bei der Anfrage
nicht erwähnt worden sei, dass es sich um gehärtetes Glas handle. Im
Übrigen liege kein Verstoss gegen Völkerrecht vor. Der Ansatz der TN
7007.1990 (Fr. 19.-- je 100 kg brutto) sei im Rahmen der
Welthandelsorganisation (WTO) vertraglich vereinbart worden.
H.
Mit der Eingabe vom 20. Oktober 2008 führte die A._______
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(Beschwerdeführerin) gegen den Entscheid der OZD vom 15.
September 2008 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und
beantragte dessen Aufhebung unter Kosten- und Entschädigungsfolge.
Zur Begründung legte sie insbesondere dar, Glas falle nur dann unter
die TN 7007, wenn es erstens gehärtet sei und es sich zweitens auch
noch um Sicherheitsglas handle. Das vorliegend im Streit liegende
Solarglas stelle jedoch kein Sicherheitsglas dar. Solarglas weise ganz
andere (zusätzliche) Eigenschaften auf als Sicherheitsglas. Das von
ihr importierte Solarglas falle unter die TN 7003.1200 bzw. 7003.1900
oder 7007.1910, aber auf keinen Fall unter die Nummer 7007.1990. Im
Weiteren berufe sie sich auf die erteilte Tarifauskunft der OZD vom
16. Mai 2006. Bei der entsprechenden Tarifanfrage habe sie ein
Muster sowie eine ausführliche Beschreibung über die Herstellung und
Bearbeitung des einzureihenden Solarglases eingereicht, die die
spezifischen Eigenschaften des Solarglases aufzeigten. Die
Produktbeschreibung sei im Bewusstsein erfolgt, dass sich Solarglas
hinsichtlich seiner Eigenschaft deutlich von Sicherheitsglas
unterscheide und die Tatsache der Härtung des Glases auf die
Qualifikation als Solarglas keinen Einfluss habe. Bei der Anfrage habe
sie die Härtung des Glases mangels Relevanz nicht erwähnt. Im
Übrigen habe sie nie abgestritten, dass es sich um gehärtetes Glas
gehandelt habe. Eine Verletzung der Informationspflicht könne ihr nicht
vorgeworfen werden. Wäre es der OZD bei der Bearbeitung der
Tarifanfrage wesentlich auf die Härtung des Glases angekommen, so
hätte sie gerade diesbezüglich einen speziellen Vorbehalt machen
müssen.
I.
Die OZD schloss in ihrer Vernehmlassung vom 1. Dezember 2008 auf
Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge. Sie legte insbesondere
dar, sie bestreite nicht, dass auch nicht gehärtetes Solarglas existiere.
Bei der Tarifanfrage habe die Beschwerdeführerin mit keinem Wort auf
gehärtetes Glas hingewiesen. Im Widerspruch dazu habe der
Hersteller jedoch die Härtung des Glases als wichtig genug erachtet,
dass er diese Eigenschaft auf der Etikette der Verpackung mit dem
Hinweis „Tempered Solar Patt“ aufgeführt habe. Es erstaune deshalb,
dass diese Bearbeitung in der ausführlichen Anlage zur Tarifanfrage
unerwähnt geblieben sei. Die OZD bestreite nicht, dass es sich beim
vorliegenden Solarglas um ein besonderes Glas handle oder, dass es
noch zusätzliche Eigenschaften aufweise. Sie bestreite nur, dass das
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Solarglas bloss gewalztes Gussglas ohne weitere Bearbeitung
darstelle.
J.
Mit Verfügung vom 16. Dezember 2008 zog das Bundes-
verwaltungsgericht die B._______, (...), als Beigeladene in das
Beschwerdeverfahren ein.
Auf Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts reichte die Beige-
ladene am 18. Februar 2009 eine Stellungnahme ein. Sie machte darin
insbesondere geltend, der Tarifansatz der TN 7007.1990 sei
völkerrechtswidrig.
Auf die Eingaben der Parteien wird – soweit entscheidwesentlich – im
Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das
Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG,
SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden
gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom
20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG,
SR 172.021), sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG gegeben ist.
Eine solche liegt nicht vor und die OZD ist eine Behörde im Sinne von
Art. 33 VGG. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher für die
Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig. Soweit das VGG
nichts anderes bestimmt, richtet sich gemäss dessen Art. 37 das
Verfahren nach dem VwVG. Auf die frist- und formgerecht eingereichte
Beschwerde ist somit einzutreten.
1.2
1.2.1 Wer in einem Beschwerdeverfahren nicht Partei ist, von dessen
Ausgang aber in seinen rechtlichen oder tatsächlichen Interessen
unmittelbar berührt sein kann, wird vom Bundesverwaltungsgericht
praxisgemäss in der Form der Beiladung einbezogen. Die Beiladung
bezweckt einerseits, die Rechtskraft des anstehenden Entscheids auf
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die beigeladene Person auszudehnen. Diese erlangt damit Partei-
stellung, wird aber nicht Hauptpartei, sondern bloss Nebenpartei. Ihr
kommt keine Verfügungsmacht über den Streitgegenstand zu.
Andererseits kann man den Zweck der Beiladung auch in der
Gewährung des rechtlichen Gehörs sehen (ISABELLE HÄNER, Die
Beteiligten im Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, Zürich
2000, Rz. 298). Die Beiladung ist im Verfahrensrecht des Bundes, d.h.
im VwVG nicht geregelt (vgl. immerhin Art. 57 VwVG), in der Praxis
aber ohne weiteres zugelassen (vgl. zum Ganzen: Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts A-692/2008 vom 7. April 2008 E. 2; ISABELLE
HÄNER, in: Auer/Müller/Schindler, Kommentar zum Bundesgesetz über
das Verwaltungsverfahren, Zürich/St. Gallen 2008, ad Art. 6 Rz. 10 ff;
ULRICH ZIMMERLI/WALTER KÄLIN/REGINA KIENER, Grundlagen des öffentlichen
Verfahrensrechts, Bern 2004, S. 99; ANDRÉ MOSER/MICHAEL BEUSCH/LORENZ
KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Basel
2008, Rz. 3.2).
1.2.2 Im vorliegenden Fall importierten sowohl die Beschwerde-
führerin als auch die B._______ das in Frage stehende Solarglas. Die
Zollkreisdirektion Schaffhausen und als zweite Instanz die OZD
forderten indessen die gesamte Abgabedifferenz auf der Einfuhr von
der Beschwerdeführerin nach. Der Grund dafür ist, dass die
Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) unbestrittenermassen auf
Wunsch der Beschwerdeführerin mit dieser vereinbarte, die Abgabe-
forderung gesamthaft an sie zu richten (vgl. Nachbezugsverfügung der
Zollkreisdirektion Schaffhausen vom 13. Mai 2008). Das Bundesver-
waltungsgericht hat keinen Anlass, dieses Entgegenkommen der EZV
in Frage zu stellen. Die B._______ ist indessen als Beigeladene in das
Verfahren miteinzubeziehen, da sie vom Ausgang des Beschwerdev-
erfahrens – insbesondere aufgrund eines allfälligen Regressanspruchs
der Beschwerdeführerin – in ihren Interessen unmittelbar berührt sein
kann.
1.3 Am 1. Mai 2007 sind das Zollgesetz vom 18. März 2005 (ZG,
SR 631.0) sowie die dazugehörige Verordnung vom 1. November 2006
(ZV, SR 631.01) in Kraft getreten. Zollveranlagungsverfahren, die zu
diesem Zeitpunkt hängig waren, werden nach dem bisherigen Recht
und innerhalb der nach diesem gewährten Frist abgeschlossen
(Art. 132 Abs. 1 ZG). Die vorliegenden Einfuhren erfolgten in der Zeit
vom 19. Juli 2004 bis 13. Februar 2008. Betreffend den
Zollveranlagungen vor dem 1. Mai 2007 finden folglich noch die
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Vorschriften des alten Zollgesetzes vom 1. Oktober 1925 (aZG, AS 42
287 und BS 6 465) Anwendung. Hinsichtlich derjenigen nach dem
1. Mai 2007 gilt das ZG.
2.
2.1 Die Gesetzgebung über Zölle und andere Abgaben auf dem
grenzüberschreitenden Warenverkehr ist Sache des Bundes (Art. 133
der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom
18. April 1999 [BV, SR 101]). Wer die Zollgrenze überschreitet oder
Waren über die Zollgrenze befördert, hat die Vorschriften der
Zollgesetzgebung zu befolgen (Art. 1 Abs. 1 aZG, Art. 7 ZG). Die Ein-
und Ausfuhrzölle werden durch den Zolltarif festgesetzt. Dieser ist in
einem separaten Erlass, dem Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 1986
(ZTG, SR 632.10), enthalten. Art. 1 ZTG schreibt vor, dass alle Waren,
die über die schweizerische Zollgrenze ein- und ausgeführt werden,
nach dem Generaltarif zu verzollen sind, welcher in den Anhängen 1
und 2 des ZTG enthalten ist. Der Generaltarif wird in der Amtlichen
Sammlung des Bundesrechts (AS) nicht veröffentlicht. Die Veröffentli-
chung erfolgt durch Verweis (Art. 5 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom
18. Juni 2004 über die Sammlungen des Bundesrechts und das
Bundesblatt [Publikationsgesetz, PublG, SR 170.512]). Der General-
tarif kann mitsamt seinen Änderungen bei der OZD eingesehen oder
im Internet unter abgerufen werden. Dasselbe gilt
für den Gebrauchstarif (Art. 15 Abs. 2 und Anhänge 1 und 2 ZTG;
Fussnote 29 zum ZTG). Trotz fehlender Veröffentlichung in der AS
kommt dem Generaltarif Gesetzesrang zu (vgl. statt vieler: Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts A-1704/2006 vom 25. Oktober 2007
E. 2.1.2 mit weiteren Hinweisen).
2.2
2.2.1 Die Schweiz ist Vertragsstaat des internationalen Überein-
kommens vom 14. Juni 1983 über das Harmonisierte System zur
Bezeichnung und Codierung der Waren (HS-Übereinkommen,
SR 0.632.11). Das HS-Übereinkommen ist für die Schweiz am
1. Januar 1988 in Kraft getreten. Die Vertragsstaaten sind verpflichtet,
ihre Tarifnomenklaturen mit dem Harmonisierten System (HS) in
Übereinstimmung zu bringen und beim Erstellen der nationalen
Tarifnomenklatur alle Nummern und Unternummern des HS sowie die
dazugehörenden Codenummern zu verwenden, ohne dabei etwas
hinzuzufügen oder zu ändern. Sie sind verpflichtet, die allgemeinen
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Vorschriften für die Auslegung des HS sowie alle Abschnitt-, Kapitel-
und Unternummern-Anmerkungen anzuwenden. Sie dürfen den
Geltungsbereich der Abschnitte, Kapitel, Nummern oder Unter-
nummern des HS nicht verändern und haben die Nummernfolge des
HS einzuhalten (Art. 3 Ziff. 1 Bst. a des HS-Übereinkommens).
2.2.2 Die Nomenklatur des HS bildet die systematische Grundlage
des Schweizerischen Generaltarifs, dessen Kodierung durchwegs als
achtstellige TN pro Warenposition ausgestaltet und damit gegenüber
der sechsstelligen Nomenklatur des HS um zwei Stellen verfeinert ist
(REMO ARPAGAUS, Zollrecht, in: Koller/Müller/Rhinow/Zimmerli [Hrsg.],
Das schweizerische Bundesverwaltungsrecht, Bd. XII, 2. Aufl., Basel
2007, Rz. 576). Daraus folgt, dass die Schweizerische Nomenklatur
bis zur sechsten Ziffer völkerrechtlich bestimmt ist. Falls die siebte und
achte Ziffer ihre Grundlage im ZTG finden, kommt ihnen Gesetzesrang
zu. Die Prüfung der Verfassungsmässigkeit der Bestimmungen erübrigt
sich somit, weil das Bundesverwaltungsgericht keine Möglichkeit hätte,
die Norm aufzuheben oder die Anwendung zu versagen (Art. 190 BV;
vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-1753/2006 vom 23. Juni
2008 E. 2.4, A-1704/2006 vom 25. Oktober 2007 E. 2.1.2 mit weiteren
Hinweisen; vgl. auch ARPAGAUS, a.a.O., Rz. 578; YVO HANGARTNER, in:
Bernhard Ehrenzeller/Phillipe Mastronardi/Rainer Schweizer/Klaus A.
Vallender, Schweizerische Bundesverfassung (Kommentar), 2. Aufl.,
Zürich 2008, Rz. 5 f. zu Art. 190 BV).
2.2.3 Die Vertragsstaaten des HS-Übereinkommens beabsichtigen
eine einheitliche Auslegung der völkerrechtlich festgelegten
Nomenklatur (vgl. Art. 7 Ziff. 1 Bst. b und c, Art. 8 Ziff. 2 des HS-
Übereinkommens). Hierzu dienen u.a. die "Avis de classement"
(Einreihungsavisen; nachfolgend "Avis de classement") und die "Notes
explicatives du Système Harmonisé" (Erläuterungen; nachfolgend
"Notes explicatives"), welche vom Rat für die Zusammenarbeit auf
dem Gebiet des Zollwesens auf Vorschlag des Ausschusses des
Harmonisierten Systems genehmigt worden sind (Art. 1 Bst. e und f in
Verbindung mit Art. 7 Ziff. 1 Bst. a - c in Verbindung mit Art. 8 Ziff. 2
und 3 des Übereinkommens). Diese Vorschriften sind als materiell
internationales (Staatsvertrags-)Recht für das Bundesverwaltungs-
gericht verbindlich. Die Vertragsstaaten haben einzig nach Art. 7 Ziff. 1
sowie Art. 8 Ziff. 1 und 2 des Übereinkommens die Möglichkeit, die
Überprüfung oder Änderung der "Notes explicatives" und "Avis de
classement" zu veranlassen (vgl. Urteile des Bundesverwaltungs-
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gerichts A-1772/2006 vom 11. September 2008 E. 2.1.3, A-1704/2006
vom 25. Oktober 2007 E. 2.3.2, A-1692/2006 vom 25. April 2007
E. 2.1.3). Dennoch bleibt Raum für nationale Regelungen. So kann die
OZD zum Beispiel zusätzlich sogenannte Schweizerische Erläuterun-
gen erlassen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1753/2006
vom 23. Juni 2008 E. 2.6).
2.3
2.3.1 Für die Tarifeinreihung massgebend ist die Art, Menge und
Beschaffenheit der Ware zum Zeitpunkt, in dem sie unter Zollkontrolle
gestellt worden ist. Auf den Verwendungszweck ist demgegenüber nur
dann abzustellen, wenn dies in den einzelnen Tarifpositionen als
Einreihungskriterium ausdrücklich festgehalten ist. Ist dies nicht der
Fall, kommt dem Verwendungszweck wie auch dem Preis, der
Verpackung, der Bezeichnung durch Hersteller oder Empfänger der
Ware lediglich hinweisende, nicht aber ausschlaggebende Bedeutung
zu (Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-1718/2006 vom
7. Dezember 2007 E. 2.3.1, A-1704/2006 vom 25. Oktober 2007
E. 2.3.1, A-1699/2006 vom 25. April 2007 E. 2.1.2, A-1675/2006 vom
21. März 2007 E. 2.2).
2.3.2 Hinsichtlich der Auslegung sehen die von den schweizerischen
Zollbehörden angewendeten "Allgemeinen Vorschriften für die
Auslegung des Harmonisierten Systems" (AV) übereinstimmend mit
den "Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des HS" des
offiziellen Textes des Übereinkommens in Ziff. 1 vor, dass für die
Tarifeinreihung einer Ware der Wortlaut der Nummern und der
Abschnitt- oder Kapitel- Anmerkungen sowie die weiteren Allgemeinen
Vorschriften, soweit diese dem Wortlaut der Nummern und der
Anmerkungen nicht widersprechen, massgebend sind. Bei der
Bestimmung der zutreffenden TN ist somit stufenweise in der
gesetzlich festgelegten Reihenfolge (Tariftext – Anmerkungen – Allge-
meine Vorschriften) vorzugehen. Die nächstfolgende Vorschrift ist
immer erst dann heranzuziehen, wenn die vorangehende Bestimmung
nicht zum Ziel geführt, d.h. keine einwandfreie Tarifierung ermöglicht
hat (vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-1772/2006 vom
11. September 2008 E. 2.2.2, A-1718/2006 vom 7. Dezember 2007
E. 2.3.3, A-1704/2006 vom 25. Oktober 2007 E. 2.3.3, A-1692/2006
vom 25. April 2007 E. 2.2, A-1675/2006 vom 21. März 2007 E. 2.4).
Seite 10
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3.
3.1 Der in Art. 9 BV verankerte Schutz von Treu und Glauben
bedeutet, dass der Bürger Anspruch darauf hat, in seinem
berechtigten Vertrauen in behördliche Zusicherungen oder in anderes,
bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden
geschützt zu werden. Zunächst einmal bedarf jedoch der Vertrauens-
schutz einer gewissen Grundlage. Die Behörde muss nämlich durch ihr
Verhalten beim Bürger eine bestimmte Erwartung ausgelöst haben.
Dies geschieht sehr oft durch Auskünfte oder Zusicherungen, welche
auf Anfragen von Bürgern erteilt werden, kann aber auch durch
sonstige Korrespondenz entstehen (statt vieler: Urteil des Bundesver-
waltungsgerichts A-1487/2006 vom 20. November 2007 E. 1.6).
3.2 Es müssen indessen verschiedene Voraussetzungen kumulativ
erfüllt sein, damit sich der Private mit Erfolg auf Treu und Glauben
berufen kann.
Die unrichtige Auskunft der Verwaltungsbehörde ist nur bindend wenn:
• die Behörde in einer konkreten Situation mit Bezug auf bestimmte
Personen gehandelt hat;
• wenn sie dabei für die Erteilung der betreffenden Auskunft
zuständig war oder wenn der Bürger die Behörde aus
zureichenden Gründen als zuständig betrachten durfte;
• wenn gleichzeitig der Bürger die Unrichtigkeit der Auskunft nicht
ohne weiteres erkennen konnte;
• wenn er im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft
Dispositionen getroffen hat, die nicht ohne Nachteil rückgängig
gemacht werden können und
• wenn die gesetzliche Ordnung seit der Auskunftserteilung keine
Änderung erfahren hat.
Zudem muss das private Interesse am Vertrauensschutz das öffen-
tliche Interesse an der richtigen Rechtsanwendung überwiegen, damit
die Berufung auf Treu und Glauben durchdringen kann (Urteile des
Bundesgerichts 2A. 455/2006 vom 1. März 2007 E. 3.2, 2A.83/2006
vom 18. Oktober 2006 E. 7.1; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts
Seite 11
A-6623/2008
A-1419/2006 vom 31. Oktober 2007 E. 7.1, A-1520/2006 vom
29. August 2007 E. 3, A-1359/2006 vom 26. Juli 2007 E. 6.2; ARTHUR
HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985,
S. 220 f.; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines Ver-
waltungsrecht, 5. Aufl., Zürich 2006, Rz. 622 ff.).
3.3 Im Steuerrecht, das vom Grundsatz der Gesetzmässigkeit der
Besteuerung beherrscht wird, ist das Prinzip von Treu und Glauben
nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur beschränkt
anwendbar. Bei unrichtigen Zusicherungen kann eine vom Gesetz
abweichende Behandlung eines Steuerpflichtigen nur in Betracht
fallen, wenn die erwähnten Bedingungen klar und eindeutig erfüllt sind
(Urteil des Bundesgerichts vom 3. August 2000, veröffentlicht in Archiv
für Schweizerisches Abgaberecht [ASA] 70 S. 771 f. E. 6a; Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts A-1500/2006 vom 1. Oktober 2008 E. 3.1).
4.
Im vorliegenden Fall ist die Tarifierung des von der Beschwerde-
führerin sowie der B._______ eingeführten Solarglases strittig (E. 4.1).
Die Beschwerdeführerin beruft sich zudem auf eine Tarifauskunft der
OZD (E. 4.2). Schliesslich macht sie geltend, der Tarifansatz der TN
7007.1990 verstosse gegen Völkerrecht (E. 4.3). Unbestritten ist
hingegen, dass die Beschwerdeführerin und die B._______ in der Zeit
vom 19. Juli 2004 bis 13. Februar 2008 gesamthaft 86 Sendungen
gehärtetes Solarglas unter den TN 7003.1200, 7003.1900 bzw.
7007.1910 eingeführt haben.
4.1
4.1.1 Dem Schweizerischen Gebrauchstarif war zum Zeitpunkt der
Einfuhr der in Frage stehenden Solargläser Folgendes zu entnehmen:
Tarif
Nr.
Bezeichnung der Ware General-
tarif
7003 Gegossenes oder gewalztes Glas, in Platten, Tafeln oder
Profilen, auch mit absorbierender, reflektierender oder nicht
reflektierender Schicht, aber nicht anders bearbeitet
7004 Gezogenes oder geblasenes Glas, in Tafeln, auch mit
absorbierender, reflektierender oder nicht reflektierender Schicht,
aber nicht anders bearbeitet
7005 Float-Glas und auf einer oder beiden Seiten geschliffenes oder
poliertes Glas, in Platten oder Tafeln, auch mit absorbierender,
reflektierender oder nicht reflektierender Schicht, aber nicht
anders bearbeitet
7006 Glas der Nrn. 7003, 7004 oder 7005, gebogen, facettiert,
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graviert, gelocht, emailliert oder anders bearbeitet, aber weder
gerahmt noch in Verbindung mit anderem Material
7007 Sicherheitsglas, aus gehärtetem Glas oder mehrschichtigem
Glas (Verbundglas)
- gehärtetes Glas:
1100 -- in Abmessungen und Formen, wie sie in Automobilen,
Luftfahrzeugen, Schiffen oder anderen Fahrzeugen verwendbar
sind
20.00
-- anderes:
1910 --- emailliert 9.50
1990 --- anderes 19.00
Die Erläuterungen zum Schweizerischen Zolltarif legen im Kapitel 70,
Glas und Glaswaren (DG 6/XIII) zu den TN 7003 und 7006 fest, dass
Sicherheitsglas im Sinn der TN 7007 von diesen ausgenommen sei. Im
Weiteren ist gemäss den Erläuterungen unter Sicherheitsglas im Sinn
der TN 7007 nur solches aus gehärtetem Glas sowie aus
mehrschichtigem Glas zu verstehen, nicht dagegen andere Glas-
sorten, die auch zum Schutz gegen gewisse Gefahren verwendet
werden. Sicherheitsglas aus gehärtetem Glas wird dabei wie folgt
umschrieben (vgl. Erläuterungen zu TN 7007):
(1) „Glas, das durch Wiedererhitzen von Spiegel- oder Tafelglas bis
zum Erweichen, ohne dass es dabei seine Form verliert, behandelt
wird. Das Glas wird dann durch geeignete Verfahren schnell
abgekühlt (thermisch gehärtetes Glas)“.
(2) „Glas, bei dem der mechanische Widerstand gegen das Zer-
brechen, der Widerstand gegen das Abnutzen und die Biege-
festigkeit durch eine komplexe physikalisch-chemische Behandlung
(z.B. durch Ionenaustausch), die die Oberflächenstruktur des
Glases verändert, erheblich erhöht worden sind (allgemein als
chemisch gehärtetes Glas bezeichnet)“.
Die Erläuterungen zu den TN 7003-7007 entsprechen den „notes
explicatives“ und sind für das Bundesverwaltungsgericht verbindlich
(E. 2.2.3).
4.1.2 Das vorliegend in Frage stehende Solarglas ist unbestrittener-
massen gehärtet. Dies stellt eine wesentliche Behandlungs- bzw.
Bearbeitungseigenschaft dar. Gemäss der Systematik des
Gebrauchstarifs bildet die Härtung des Glases das Abgrenzungs-
kriterium zwischen den TN 7003-7006 und der TN 7007. So wird bei
den TN 7003-7005 (vgl. Gebrauchstarif, E. 4.1.1) festgehalten, dass
darunter nur „gegossenes und gewalztes Glas“ (TN 7003) bzw. „ge-
zogenes oder geblasenes Glas“ (TN 7004) resp. „Float-Glas und auf
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einer oder beiden Seiten geschliffenes oder poliertes Glas“ (TN 7005)
fällt, das „auch mit absorbierender, reflektierender oder nicht reflektie-
render Schicht“ sein kann, „aber nicht anders bearbeitet“ sein darf (vgl.
TN 7003-7005). Eine solche andere Bearbeitung stellt die Glashärtung
dar. Sie schliesst folglich die Tarifeinreihung in die TN 7003-7005 aus.
Ebenso ausgeschlossen ist eine Einreihung von gehärtetem Glas
unter die TN 7006, führen die Erläuterungen zum Schweizerischen
Zolltarif doch explizit aus, dass Sicherheitsglas im Sinn der TN 7007
nicht unter die TN 7006 fällt (vgl. E. 4.1.1). Das vorliegende Solarglas
muss somit der TN 7007 zugeordnet werden. Hier ist es – mangels
Erfüllung der Voraussetzungen der TN 7007.1100 bis TN 7007.1910 –
unter die TN 7007.1990 zu subsumieren.
4.1.3 Die Beschwerdeführerin wendet ein, das Solarglas weise jene
Eigenschaften auf, die für eine Einreihung in die TN 7003 erforderlich
seien. So halte auch der Kontrollbefund der EZV vom 5. Oktober 2006
fest, dass das eingeführte Glas „gewalztes Glas mit leicht struktu-
rierter Oberfläche, Kanten leicht abgeschrägt, Dicke 3 mm, Masse
1182x2040 mm“ sei. Die Beschwerdeführerin verkennt, dass aufgrund
der Glashärtung, d.h. einer zusätzlichen Eigenschaft der Ware, die
vorliegend das relevante Abgrenzungskriterium bildet (vgl. E. 4.1.2),
das in Frage stehende Solarglas nicht mehr der TN 7003 zugeordnet
werden kann.
4.1.4 Schliesslich macht die Beschwerdeführerin geltend, es sei nicht
zulässig, Solarglas einzig aufgrund der Tatsache seiner Härtung in die
TN 7007 einzureihen; ausserdem existiere auch nicht gehärtetes
Solarglas. Eine Tarifierung einzig und allein aufgrund der Härtung des
Glases würde dazu führen, dass Solarglas einmal in die TN 7007 und
ein anderes Mal in die TN 7003 einzureihen wäre, was unsinnig
erscheine. Glas falle nur dann unter die TN 7007, wenn es erstens
gehärtet sei und es sich zweitens auch noch um Sicherheitsglas
handle. Dem Einwand der Beschwerdeführerin kann nicht stattge-
geben werden. Die Härtung des Glases bewirkt gerade, dass es sich
um Sicherheitsglas im Sinn der TN 7007 handelt. Das vorliegende
Solarglas erfüllt die Voraussetzungen der Definition des Sicherheits-
glases gemäss den Erläuterungen zum Schweizerischen Zolltarif
(vgl. Erläuterungen zu TN 7007 und oben E. 4.1.1) und ist deshalb
auch als solches zu tarifieren. Richtig ist im Übrigen, dass
ungehärtetes Solarglas nicht unter die TN 7007 fällt. Dies entspricht
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der aufgezeigten Systematik. Wieso die Beschwerdeführerin dies als
unsinnig betrachtet, kann nicht nachvollzogen werden.
4.2
4.2.1 Auf Anfrage der B._______ vom 10. April 2006 teilte die OZD
dieser am 16. Mai 2006 mit, dass das Solarglas (...) unter die TN
7003.1200 falle. Die Beschwerdeführerin beruft sich in der Folge auf
diese (unrichtige) Auskunft. Zunächst ist festzuhalten, dass die
Auskunft der OZD vom 16. Mai 2006 hinsichtlich der Einfuhren vor
diesem Zeitpunkt von Vornherein keine Wirkung haben kann. Im
Weiteren erteilte die OZD die Auskunft nicht der Beschwerdeführerin,
sondern der B._______. Bereits deshalb kann sich die
Beschwerdeführerin für die von ihr eingeführten Solargläser nicht
erfolgreich auf die Auskunft berufen (vgl. E. 3.2, Punkt 1). Doch auch
hinsichtlich der von der B._______ eingeführten Solargläser ist die
erteilte Auskunft der OZD nicht bindend. Bei der Tarifanfrage reichte
die B._______ zwar ein Muster und eine Beschreibung des
Solarglases ein, führte jedoch nicht aus, dass es sich um gehärtetes
Glas handelt. Angesichts der ansonsten sehr detaillierten
Beschreibung des Solarglases (vgl. Anlage 1 zur Tarifanfrage) erstaunt
dies. Im Übrigen erachtet das Bundesverwaltungsgericht die
Ausführungen der OZD, dass aufgrund einer einfachen optischen
Prüfung des Musters die Härtung des Glases nicht erkennbar sei, als
nachvollziehbar und glaubhaft. Der von der OZD in der Tarifauskunft
gemachte Vorbehalt, dass sich diese ausschliesslich auf die
vorhandenen Angaben stützt, ist selbstverständlich und wäre auch
ohne explizite Erwähnung gegeben. Zulässig ist ebenso der Vorbehalt,
dass die Tarifauskunft auf einer einfachen optischen Prüfung des
eingesandten Musters basiert. Gerade deshalb wird zusätzlich eine
genaue Beschreibung der Ware verlangt. Im Übrigen ist daran zu
erinnern, dass das Zollveranlagungsverfahren vom Selbstdeklarations-
prinzip bestimmt ist. Zusammenfassend konnte die OZD demnach
aufgrund der gemachten Angaben und der durchgeführten Prüfung
nicht erkennen, dass es sich um gehärtetes Glas handelt und reihte es
dementsprechend unter die TN 7003.1200 ein. Die Beschwerde-
führerin kann sich somit auch hinsichtlich der von der B._______
eingeführten (gehärteten) Solargläser nicht erfolgreich auf die
Auskunft bzw. auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen.
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4.2.2 Die Beschwerdeführerin wendet ein, sie habe mit der
Tarifanfrage jene Fakten geliefert, die die spezifischen Eigenschaften
des Solarglases aufzeigten. Dies sei im Bewusstsein erfolgt, dass sich
Solarglas hinsichtlich seiner Eigenschaften deutlich von Sicherheits-
glas unterscheide und die Tatsache der Härtung des Glases auf die
Qualifikation als Solarglas keinen Einfluss habe. Mangels Relevanz sei
die Glashärtung bei der Tarifanfrage denn auch nicht erwähnt worden.
Wäre es für die OZD auf die Härtung des Glases angekommen, so
hätte sie gerade diesbezüglich einen speziellen Vorbehalt machen
müssen. Zunächst ist zu wiederholen, dass die B._______ die
Tarifanfrage stellte und die OZD die Auskunft dieser erteilte. Im
Weiteren überzeugen die Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht,
dass die Glashärtung mangels Relevanz unerwähnt geblieben sei. Bei
der Tarifanfrage ging es nicht darum, die Eigenschaften des Glases
zur Qualifikation als Solarglas aufzuzeigen, sondern die Ware
möglichst genau zu beschreiben, damit eine korrekte Tarifierung hätte
vorgenommen werden können. Der betreffende Fragebogen zur
Tarifanfrage enthält deshalb u.a. die Rubrik „Beschreibung der Ware
mit Angabe der Art und der Beschaffenheit“ (vgl. Fragebogen zur
Tarifanfrage vom 10. April 2006). Zur Beschreibung der Ware hätte der
Hinweis gehört, dass es sich um gehärtetes Glas handelt. Vor dem
Hintergrund, dass selbst auf der Verpackung des Solarglases auf
„tempered solar patt“ (amtl. Akten Nr. 42) bzw. gehärtetes Glas
hingewiesen wurde, die Glashärtung somit offenbar auch aus Sicht
des Herstellers eine zentrale Eigenschaft der Ware darstellt, kann von
Irrelevanz keine Rede sein. Die Wichtigkeit der Glashärtung bei
Solarglas bestätigen auch die von der Beschwerdeführerin einge-
reichten Beilagen zur ihrer Beschwerdeeingabe an die OZD vom
13. Juni 2008. In der betreffenden Beilage Nr. 15 „Was ist Solarglas“
wird ausgeführt, dass Solarglas gehärtet sein muss, um den
thermischen und mechanischen Belastungen, denen die Kollektor-
verglasung ausgesetzt ist, schadlos widerstehen zu können. Im
Weiteren wird in den vor ihr eingereichten Prospekten die Eigenschaft
des wärmebehandelten bzw. gehärteten Glases hervorgehoben
(vgl. Beschwerdebeilage Nr. 21 an die OZD, BKW 90, Solarab-
deckung).
Es kann somit festgehalten werden, dass die Beschwerdeführerin aus
der Tarifauskunft vom 16. Mai 2006 nichts zu ihren Gunsten ableiten
kann.
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4.3 Letztlich macht sowohl die Beschwerdeführerin als auch die
Beigeladene geltend, der Tarifansatz der TN 7007.1990 verstosse
gegen Völkerrecht. Der betreffende Tarifansatz von Fr. 19.-- pro 100 kg
sei höher als derjenige in der EU, die für die Einfuhr von
Sicherheitsglas einen Drittlandzollsatz von 3% erhebe. Darin sei ein
Verstoss gegen das Diskriminierungsverbot zu erblicken. Sämtliche
Mitglieder des Freihandelsabkommens EU-Schweiz hätten die USA
hinsichtlich der Erhebung von Einfuhrzöllen für Solarglas gleich zu
behandeln. Dem Einwand der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt
werden. Zunächst ist festzuhalten, dass dem Generaltarif
Gesetzesrang zukommt (E. 2.1) und das Bundesverwaltungsgericht
demnach an den betreffenden Tarifansatz von Fr. 19.-- pro 100 kg
gebunden ist (Art. 190 BV). Im Weiteren liegt keine Verletzung von
Völkerrecht vor. Die Beschwerdeführerin verkennt offenbar, dass die
Schweiz mit der EU keine Zollunion bildet, die definitionsgemäss einen
gemeinsamen Zolltarif gegen aussen aufweist. Im Gegensatz zu einer
Zollunion behält bei einer Freihandelszone jedes Mitglied im
Aussenverhältnis seine Aussenzölle bei (vgl. ARPAGAUS, a.a.O., S. 23).
Dementsprechend entstand für die Schweiz aus dem Freihandels-
abkommen mit der EU auch keine Verpflichtung die Aussenzolltarife
der EU zu übernehmen. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwiefern eine
Verletzung des GATT-Vertrages durch den von der EU abweichenden
Aussenzolltarif der Schweiz vorliegen soll. Die von der Beigeladenen
angeregte Einholung von Stellungnahmen der World Trade
Organisation (WTO) und anderen Stellen erachtet das Bundesver-
waltungsgericht als nicht erforderlich.
Zusammenfassend hat die OZD die im Streit liegenden Einfuhren zu
Recht unter die TN 7007.1990 eingereiht und die entsprechende
Abgabedifferenz, deren Berechnung im Übrigen nicht bestritten wird,
nachbelastet.
5.
Dem Gesagten zufolge ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem
Verfahrensausgang sind der Beschwerdeführerin als unterliegender
Partei sämtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren vor dem Bun-
desverwaltungsgericht aufzuerlegen (vgl. Art. 63 Abs. 1 VwVG). Die
Verfahrenskosten werden auf Fr. 4'000.-- festgesetzt (Art. 4 des Regle-
ments vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen
vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) und der
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Beschwerdeführerin zur Zahlung auferlegt. Eine Parteientschädigung
ist nicht zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG e contrario).
6.
Dieser Entscheid kann nicht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden (Art. 83
Bst. l des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht
[BGG, SR 173.110]).
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin
auferlegt. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss von
Fr. 4'000.- verrechnet.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil geht an:
- die Beschwerdeführerin (Einschreiben)
- die Vorinstanz (Ref-Nr. ...; Einschreiben)
- die Beigeladene (Einschreiben)
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Markus Metz Jürg Steiger
Versand:
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