A-6537/2010 - Abteilung I - Verrechnungssteuer - Verrechnungssteuer (Rückerstattung gemäss DBA-DK)
Karar Dilini Çevir:
A-6537/2010 - Abteilung I - Verrechnungssteuer - Verrechnungssteuer (Rückerstattung gemäss DBA-DK)
Bundesve rwa l t ungsge r i ch t
T r i buna l   adm in i s t r a t i f   f édé ra l
T r i buna l e   ammin i s t r a t i vo   f ede ra l e
T r i buna l   adm in i s t r a t i v   f ede ra l
Abteilung I
Postfach
CH­3000 Bern 14
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Fax +41 (0)58 705 29 80

Geschäfts­Nr. A­6537/2010
bem/mad
Zw i s ch env e r f ü gung
vom   1 1 .   J a nua r   2 0 1 1  
Besetzung Richter Michael Beusch (Vorsitz),
Richter Daniel Riedo, Richterin Salome Zimmermann,
Gerichtsschreiberin Nadine Mayhall.
In der Beschwerdesache
Parteien A._______,
Beschwerdeführerin, 
gegen
Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV, Hauptabteilung 
Direkte Bundessteuer, Eigerstrasse 65, 3003 Bern,  
Vorinstanz, 
Gegenstand Verrechnungssteuer (Rückerstattung gemäss DBA­DK),
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stellt das Bundesverwaltungsgericht fest:
A. 
Mit  Datum  vom  2. August  2007  reichte  die  A._______,  Dänemark,  drei 
Gesuche um Rückerstattung der Verrechnungssteuer ein. Dabei handelte 
es sich um die Gesuche Nr. 13855 über Fr. 22'218'088.­­, Nr. 13856 über 
Fr. 22'719'375 und Nr. 13857 über Fr. 122'850.­­.
B. 
Nach  durchgeführter  Korrespondenz  wies  die  Eidgenössische 
Steuerverwaltung  (ESTV)  die  Gesuche  Nr. 13855,  Nr. 13856  und 
Nr. 13857  im  Gesamtbetrag  von  Fr. 45'060'313.­­  mit  Schreiben  vom 
11. März  2009  ab.  Zudem  forderte  sie  die  A._______  auf,  bereits 
erhaltene  Rückerstattungen  in  der  Höhe  von  Fr. 37'856'735.88 
zurückzubezahlen,  und wies  das Gesuch Nr. 279535  vom 29. Juli  2008 
um  Rückerstattung  der  Verrechnungssteuer  über  Fr. 8'505'000.­­ 
ebenfalls ab.
C. 
Gemäss eigener Darstellung mandatierte die A._______ nach Erhalt des 
Schreibens  der  ESTV  vom  11. März  2009  einen  und/oder  zwei 
Rechtsvertreter.  Nach  mehrmals  erstreckter  Frist  nahm  die  mittlerweile 
anwaltlich vertretene A._______ mit Eingabe vom 26. Juni 2009 Stellung 
zum Schreiben der ESTV vom 11. März 2009.
D. 
Nachdem  weitere  Korrespondenzen  und  Besprechungen  durchgeführt 
worden waren, ersuchte die A._______ mit Schreiben vom 15. März 2010 
die ESTV um Erlass eines einsprachefähigen Entscheids.
Mit Entscheid vom 29. Juli 2010 bestätigte die ESTV  ihr Schreiben vom 
11. März  2009.  Sie  wies  die  Gesuche  Nr. 13855,  Nr. 13856  und 
Nr. 13857 im Gesamtbetrag von Fr. 45'060'313.­­ ab. Zudem forderte die 
ESTV die A._______ auf, bereits erhaltene Rückerstattungen in der Höhe 
von Fr. 37'856'735.88  innerhalb von 30 Tagen zuzüglich Vergütungszins 
von  5 %  zurückzubezahlen.  Des Weiteren  wies  die  ESTV  das  Gesuch 
Nr. 279535  vom  29. Juli  2008  um  Rückerstattung  der 
Verrechnungssteuer über Fr. 8'505'000.­­ ab.
Der  Entscheid  der  ESTV  vom  29. Juli  2010  enthielt  eine 
Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen diesen Entscheid  innert 30 Tagen 
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nach der Eröffnung schriftlich Einsprache bei der ESTV erhoben werden 
könne.
E. 
E.a  Gegen  den  Entscheid  der  ESTV  vom  29. Juli  2010  gelangte  die 
A._______  (Beschwerdeführerin)  am  13. September  2010  mit  einer  als 
Beschwerde  bezeichneten  Eingabe  an  das  Bundesverwaltungsgericht. 
Sie beantragte, es sei auf die Beschwerde einzutreten, eventuell sei sie 
der  ESTV  zwecks  Behandlung  als  Einsprache  zu  überweisen.  Weiter 
stellte sie den Antrag, Ziff. 1 und Ziff. 2 zweiter Absatz der angefochtenen 
Verfügung  seien  unter  Kosten­  und  Entschädigungsfolge  zu  Lasten  der 
ESTV aufzuheben und die ESTV sei anzuweisen, die Rückerstattungen 
der  Verrechnungssteuer  gemäss  den  Anträgen  nach  Formular  89 
Nr. 13855  vom  2. August  2007  über  Fr. 22'218'088.­­,  Nr. 13856  vom 
2. August  2007  über  Fr. 22'719'375.­­,  Nr. 13857  vom  2. August  2007 
über  Fr. 122'850.­­  sowie  Nr. 279535  vom  29. Juli  2008  über 
Fr. 8'505'000.­­  samt  Zins  zu  5 %  p.a.  seit  29. Juli  2010,  eventuell  seit 
13. September  2010,  vorzunehmen.  Zudem sei  Ziff. 2  erster Absatz  der 
angefochtenen  Verfügung  aufzuheben.  In  prozessualer  Hinsicht  stellte 
die Beschwerdeführerin  den Antrag,  es  sei  über  das Rechtsbegehren 3 
vorab in einem Teilentscheid zu befinden, der im Dispositiv den Parteien 
zu eröffnen sei.
E.b Mit Vernehmlassung vom 15. November 2010 schloss die ESTV auf 
Nichteintreten;  eventualiter  sei  vom  Bundesverwaltungsgericht  eine 
Zwischenverfügung über die Zuständigkeit zu erlassen.
In  ihrer  Replik  vom  26. November  2010  beantragte  die 
Beschwerdeführerin namentlich, vom Erlass einer Zwischenverfügung sei 
abzusehen und es sei in der Sache selbst zu entscheiden. Mit Duplik vom 
10. Dezember  2010  hielt  die  ESTV  an  ihren  in  der  Vernehmlassung 
abgegebenen Ausführungen fest. In ihrer Triplik vom 28. Dezember 2010 
stellte  die  Beschwerdeführerin  den  prozessualen  Antrag,  vom  Erlass 
einer  selbständig  anfechtbaren  Zwischenverfügung  über  die 
Zuständigkeit  sei  abzusehen. Auf die Einholung einer Quadruplik wurde 
verzichtet.
Auf die Begründung der Eingaben wird – soweit entscheidwesentlich – in 
den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
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Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1. 
1.1. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht  richtet sich nach 
dem  Bundesgesetz  vom  20. Dezember  1968  über  das 
Verwaltungsverfahren  (VwVG,  SR 172.021),  soweit  das 
Verwaltungsgerichtsgesetz  vom  17. Juni  2005  (VGG,  SR 173.32)  nichts 
anderes  bestimmt  (Art. 2  Abs. 4  VwVG;  Art. 37  VGG).  Das 
Bundesverwaltungsgericht beurteilt Beschwerden gegen Verfügungen im 
Sinne von Art. 5 VwVG (Art. 31 VGG), welche von Vorinstanzen im Sinne 
von Art. 33 VGG erlassen worden sind. Unzulässig  ist eine Beschwerde 
gegen  Verfügungen,  die  nach  einem  anderen  Bundesgesetz  durch 
Einsprache  oder  durch  Beschwerde  an  eine  Behörde  im  Sinne  von 
Art. 33 Bst. c–f VGG anfechtbar sind (Art. 32 Abs. 2 Bst. a VGG).
1.2. Das Bundesverwaltungsgericht prüft seine Zuständigkeit  von Amtes 
wegen (Art. 7 Abs. 1 VwVG). Unter den Begriff der Zuständigkeit im Sinn 
von  Art. 7  Abs. 1  VwVG  fällt  auch  die  funktionelle  Zuständigkeit,  mithin 
die  Frage,  welche  Instanz  im  Rahmen  eines  Instanzenzuges  zur 
Behandlung  einer  Beschwerde  zuständig  ist  (THOMAS  FLÜCKIGER,  in: 
Waldmann/  Weissenberger  [Hrsg.],  Praxiskommentar  VwVG,  Zürich 
2009, N. 14 zu Art. 7).
Erachtet  das  Bundesverwaltungsgericht  sich  als  zuständig,  so  stellt  es 
seine  Zuständigkeit  durch  Verfügung  fest,  wenn  diese  von  einer  Partei 
bestritten wird  (Art. 9  Abs. 1  VwVG).  Die  Feststellung  der  Zuständigkeit 
an  sich  ist  zwingend  und  liegt  nicht  im  Ermessen  der  Behörde.  Im 
pflichtgemässen  Ermessen  der  Behörde  steht  jedoch,  ob  sie  ihre 
Zuständigkeit im Endentscheid feststellt oder das Verfahren zunächst auf 
die  Zuständigkeitsfrage  beschränkt  und  in  einer  selbständig  eröffneten 
Zwischenverfügung  über  die  Zuständigkeit  befindet.  Ausschlaggebend 
dafür,  ob  die  Zuständigkeit  in  einer  selbständig  eröffneten 
Zwischenverfügung  oder  erst  im  Endentscheid  festgestellt  wird,  ist  die 
Prozessökonomie. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die 
Feststellung der Zuständigkeit in einer selbständigen Zwischenverfügung 
aus  Gründen  der  Prozessökonomie  regelmässig  angezeigt.  Im 
Widerspruch zum Grundsatz der Prozessökonomie steht der Erlass einer 
selbständig  eröffneten  Zwischenverfügung  jedoch  etwa  dann,  wenn  die 
Zuständigkeit erst in einem späten Verfahrensstadium bestritten wird oder 
bereits  ein  Entwurf  des  Endentscheids  vorliegt  (BGE 129  II  497  E. 2.4; 
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Urteil  des  Bundesgerichts  2C_81/2009  vom  26. Mai  2009  E. 3.1;  Urteil 
des  Bundesverwaltungsgerichts  B­8248/2008  vom  4. Juni  2009  E. 2.1; 
FLÜCKIGER, a.a.O., N. 5 zu Art. 9; MICHEL DAUM, in: Auer/Müller/Schindler 
[Hrsg.],  Kommentar  zum  Bundesgesetz  über  das  Verwaltungsverfahren 
[VwVG], Zürich 2008, N. 2 zu Art. 9).
Die  Beschwerdeführerin  bestreitet,  dass  die  Voraussetzungen  für  den 
Erlass  einer  selbständig  anfechtbaren  Zwischenverfügung  über  die 
Zuständigkeitsfrage erfüllt sind. Sie macht namentlich geltend, der Erlass 
einer  selbständig  anfechtbaren  Zwischenverfügung  über  die 
Zuständigkeitsfrage  käme  einer  ungerechtfertigten  Verfahrenssistierung 
gleich,  welche  namentlich  gegen  das  Beschleunigungsgebot  im  Sinne 
von  Art. 29  Abs. 1  der  Bundesverfassung  der  Schweizerischen 
Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV; SR 101) verstosse.
Dieser  Argumentation  kann  nicht  gefolgt  werden.  Wie  eingangs 
festgehalten, ist die Feststellung der Zuständigkeit an sich zwingend und 
liegt nicht  im Ermessen des Gerichts. Über die Zuständigkeit kann somit 
einerseits  in  einer  selbständig  anfechtbaren  Zwischenverfügung  oder 
andererseits  im  Endentscheid  selbst  befunden  werden.  Würde  das 
Bundesverwaltungsgericht  somit  –  wie  von  der  Beschwerdeführerin 
beantragt – direkt einen materiellen Endentscheid erlassen, so würde  in 
diesem auch über die Zuständigkeit befunden werden. Für den Fall, dass 
das Bundesgericht in einem allfällig nachfolgenden Rechtsmittelverfahren 
die  funktionelle  Zuständigkeit  des Bundesverwaltungsgerichts  verneinen 
sollte,  erwiese  sich  die  materielle  Behandlung  der  vorliegenden 
Streitsache  durch  das  Bundesverwaltungsgericht  als  prozessualer 
Leerlauf.  Entgegen  der  Auffassung  der  Beschwerdeführerin  gebietet  es 
hier  die  Prozessökonomie,  über  die  funktionelle  Zuständigkeit  des 
Bundesverwaltungsgerichts  vorab  in  einer  selbständig  anfechtbaren 
Zwischenverfügung  zu  befinden.  In  einer  solchen  Konstellation  erweist 
sich denn auch die Rüge der Beschwerdeführerin, dieses Vorgehen führe 
zu einer ungerechtfertigten Sistierung bzw. Verlängerung des Verfahrens, 
als unbegründet.
2. 
2.1.  Die  Konkretisierung  einer  Norm  im  Hinblick  auf  einzelne 
Lebenssachverhalte  als  Teil  der  Gesetzesanwendung  geschieht  durch 
Auslegung.  Deren  Ziel  ist  die  Ermittlung  des  Sinngehalts  der 
Bestimmung. 
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Ausgangspunkt  der  Auslegung  einer  innerstaatlichen  Regelung  –  wie 
vorliegend  Art. 3  Abs. 4  der  Verordnung  vom  18. Dezember  1974  zum 
schweizerisch­dänischen  Doppelbesteuerungsabkommen  (Einkommens­ 
und  Vermögenssteuern)  (Vo  DBA­DK;  SR 672.931.41,  vgl.  dazu  unten, 
E. 3.2.1)  –  ist  dabei  der  Wortlaut,  doch  kann  dieser  nicht  allein 
massgebend sein. Vom Wortlaut kann abgewichen werden, wenn triftige 
Gründe  für  die Annahme  bestehen,  dass  er  nicht  den wahren Sinn  der 
Vorschrift  wiedergibt.  Solche  Gründe  können  sich  aus  der 
Entstehungsgeschichte,  aus  Sinn  und  Zweck  der  Norm  oder  aus  dem 
Zusammenhang  mit  anderen  Gesetzesbestimmungen  ergeben.  Das 
Bundesgericht hat sich bei der Auslegung von Erlassen stets von einem 
Methodenpluralismus  leiten  lassen  (vgl.  anstelle  vieler  BGE 135  V  319 
E. 2.4, 133 III 257 E. 2.4; BVGE 2007/41 E. 4.2; ULRICH HÄFELIN/WALTER 
HALLER/HELEN  KELLER,  Schweizerisches  Bundesstaatsrecht,  7. Aufl., 
Zürich/Basel/Genf  2008,  N. 75  ff.,  127  ff.).  Sind  mehrere  Lösungen 
denkbar,  ist  jene  zu  wählen,  die  der  Verfassung  entspricht.  Allerdings 
findet  die  verfassungskonforme  Auslegung  –  selbst  bei  festgestellter 
Verfassungswidrigkeit  –  im  klaren  Wortlaut  und  Sinn  einer 
Gesetzesbestimmung  ihre  Schranke  (BGE 134  II  249  E. 2.3).  Eine 
Abweichung  von  einer  Gesetzesnorm  ist  jedoch  zulässig,  wenn  der 
Gesetzgeber  sich  offenkundig  über  gewisse  Tatsachen  geirrt  hat  oder 
sich die Verhältnisse seit Erlass des Gesetzes  in einem solchen Masse 
gewandelt  haben,  dass  die  Anwendung  einer  Vorschrift 
rechtsmissbräuchlich  wird  (BGE 133  III  257  E. 2.4  mit  weiteren 
Hinweisen).
In  der  Lehre wird  zudem  geltend  gemacht,  dass  die  Auslegung  auf  ein 
vernünftiges,  praktikables  Ergebnis  auszurichten  sei  (HÄFELIN/HALLER/ 
KELLER, a.a.O., N. 135 f. mit weiteren Hinweisen).
2.2.  Eine  Lücke  des  Gesetzes  liegt  vor,  wenn  sich  eine  gesetzliche 
Regelung  als  unvollständig  erweist,  weil  sie  auf  eine  bestimmte  Frage 
keine Antwort gibt. Bevor eine ausfüllungsbedürftige Lücke angenommen 
werden  darf,  ist  durch  Auslegung  zu  ermitteln,  ob  das  Fehlen  einer 
ausdrücklichen  Anordnung  nicht  eine  bewusst  negative  Antwort  des 
Gesetzes  bedeutet,  d.h.  ein  sog.  qualifiziertes  Schweigen  darstellt.  Die 
herrschende  Lehre  und  die  bundesgerichtliche  Rechtsprechung 
unterscheiden  echte  und  unechte  Lücken  und  behandeln  sie 
unterschiedlich.  Eine  echte  Lücke  liegt  vor,  wenn  ein  Gesetz  für  eine 
Frage, ohne deren Beantwortung die Rechtsanwendung nicht möglich ist, 
keine  Regelung  enthält.  Bei  der  unechten  Lücke  gibt  die  gesetzliche 
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Regelung  zwar  auf  alle  Fragen,  die  sich  bei  der  Rechtsanwendung 
stellen,  eine Antwort;  weil  sie  aber  zu  einem  sachlich  unbefriedigenden 
Resultat  führt,  wird  sie  als  lückenhaft  empfunden.  Eine  neuere 
Auffassung  der  juristischen  Methodenlehre  verzichtet  auf  eine 
Unterscheidung  zwischen  echten  und  unechten  Lücken  und  bezeichnet 
die  Lücke  als  planwidrige  Unvollständigkeit  des  Gesetzes,  die  von  den 
rechtsanwendenden Organen  behoben werden  darf.  Auch  in  der Praxis 
wird  vermehrt  von  der  genannten  Unterscheidung  abgesehen  und  eine 
vom  Gericht  zu  füllende  Lücke  angenommen,  wenn  die  gesetzliche 
Regelung aufgrund der dem Gesetz zugrunde liegenden Wertungen und 
Zielsetzungen als unvollständig und daher ergänzungsbedürftig erachtet 
werden  muss  (BGE  131  V  233  E. 4.1,  129  II  438  E. 4.1.2;  Urteile  des 
Bundesverwaltungsgerichts  B­1181/2010  vom  8. September  2010 
E. 3.4.1, A­1571/2006 vom 21. Januar 2010 E. 1.3).
3. 
3.1. Im vorliegenden Verfahren erhob die Beschwerdeführerin gegen den 
Entscheid  der  ESTV  vom  29. Juli  2010  entgegen  der 
Rechtsmittelbelehrung  nicht  Einsprache  bei  der  ESTV,  sondern 
Beschwerde  an  das  Bundesverwaltungsgericht.  Dabei  stellte  sie  den 
ausdrücklichen und eingehend begründeten Antrag, auf die Beschwerde 
sei  einzutreten.  Die  ESTV  hielt  ihrerseits  im  durchgeführten 
Schriftenwechsel  an  der  Ansicht  fest,  dass  in  der  vorliegenden 
Streitsache vorgängig ein Einspracheverfahren durchzuführen sei.
Strittig  ist  somit,  ob  die  vorliegend  anwendbaren 
Verfahrensbestimmungen  ein Einspracheverfahren  vorsehen.  Träfe  dies 
zu, so wäre die funktionelle Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts 
zur  Behandlung  der  vorliegenden Beschwerde  zu  verneinen  (vgl.  oben, 
E. 1.1).  Da  die  Beschwerdeführerin  die  Frage  der  funktionellen 
Zuständigkeit  des  Bundesverwaltungsgerichts  bereits  bei  der  Einleitung 
des Beschwerdeverfahrens aufgeworfen und bejaht, die ESTV hingegen 
verneint hat, rechtfertigt es sich aus prozessökonomischen Gründen, das 
vorliegende Verfahren vorab auf die Zuständigkeitsfrage zu beschränken 
und über diese Frage  in einer selbständig zu eröffnenden Verfügung zu 
befinden (vgl. dazu oben, E. 1.2).
3.2. 
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3.2.1.  Art. 26  des  Abkommens  vom  23. November  1973  zwischen  der 
Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Dänemark zur 
Vermeidung  der Doppelbesteuerung  auf  dem Gebiete  der  Steuern  vom 
Einkommen und  vom Vermögen  (DBA­DK; SR 0.672.931.41)  regelt  das 
Erstattungsverfahren in den Grundzügen.
Gestützt  auf  den  Bundesbeschluss  vom  22. Juni  1951  über  die 
Durchführung  von  zwischenstaatlichen  Abkommen  des  Bundes  zur 
Vermeidung der Doppelbesteuerung (SR 672.2) erliess der Bundesrat die 
Vo DBA­DK.
Der  erste  Titel  der  Vo  DBA­DK  bezieht  sich  auf  die  "Schweizerische 
Verrechnungssteuer  von  Dividenden  und  Zinsen".  Die  Prüfung  und  der 
Entscheid über den Antrag auf Erstattung der Verrechnungssteuer  ist  in 
Art. 3 Vo DBA­DK geregelt und lautete in der Fassung vom 18. Dezember 
1974 (AS 1974 2134) wie folgt:
"1  Die  Eidgenössische  Steuerverwaltung  prüft  den  Antrag  auf  seine 
Berechtigung und seine Richtigkeit. Notwendige ergänzende Auskünfte und 
Beweismittel holt sie direkt beim Antragsteller ein.
2  Die  Eidgenössische  Steuerverwaltung  eröffnet  dem  Antragsteller  ihren 
Entscheid  schriftlich und überweist  den Erstattungsbetrag an die  im Antrag 
angegebene Adresse.
3 Wird ein Antrag ganz oder teilweise abgewiesen, so wird der Entscheid mit 
einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung durch eingeschriebenen 
Brief eröffnet.
4  Gegen  den  Entscheid  der  Eidgenössischen  Steuerverwaltung  kann  bei 
dieser  innert  30  Tagen  seit  der  Zustellung  Einsprache  erhoben  werden. 
Gegen  den  Einspracheentscheid  der  Eidgenössischen  Steuerverwaltung 
kann  innert  30  Tagen  seit  der  Zustellung  beim  Schweizerischen 
Bundesgericht  in  Lausanne  Verwaltungsgerichtsbeschwerde  erhoben 
werden."
Die  Totalrevision  der  Bundesrechtspflege  von  2005  erforderte  auch  auf 
Verordnungsebene  zahlreiche  Anpassungen.  Der  Bundesrat 
verabschiedete  am  8. November  2006  eine  Sammelverordnung,  in  der 
insgesamt  112  Verordnungen  abgeändert  und  an  die  neue 
Bundesrechtspflege  angepasst  wurden  (Verordnung  vom  8. November 
2006  über  die  Anpassung  von  Bundesratsverordnungen  an  die 
Totalrevision  der  Bundesrechtspflege;  AS 2006  4705;  vgl.  dazu 
CHRISTOPH  AUER,  Das  Konzept  der  Rechtspflegereform,  in:  Tschannen 
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Seite 9
[Hrsg.], Neue Bundesrechtspflege, Berner Tage für die  juristische Praxis 
[BTJP], Bern 2007, S. 1 ff., 8).
Mit der besagten Sammelverordnung wurde auch Art. 3 Abs. 4 Vo DBA­
DK  abgeändert  (AS 2006  4721).  Seit  Inkrafttreten  am  1. Januar  2007 
lautet die Bestimmung wie folgt:
"Der  Entscheid  der  Eidgenössischen  Steuerverwaltung  unterliegt  der 
Beschwerde  nach  den  allgemeinen  Bestimmungen  über  die 
Bundesrechtspflege."
Im vorliegenden Verfahren ist die Frage zu beantworten, ob ein Entscheid 
der ESTV über die Abweisung eines Antrags im Sinne von Art. 3 Vo DBA­
DK  auf  Rückerstattung  der  Verrechnungssteuer  seit  Inkrafttreten  der 
besagten  Änderung  von  Art. 3  Abs. 4  Vo  DBA­DK  zunächst  der 
Einsprache  an  die  ESTV  oder  direkt  der  Beschwerde  an  das 
Bundesverwaltungsgericht unterliegt.
3.2.2. Ausgangspunkt  der  Auslegung  ist  der Wortlaut  der  Bestimmung. 
Der  Wortlaut  von  Art. 3  Abs. 4  Vo  DBA­DK  bezeichnet  sowohl  das 
Anfechtungsobjekt  (Entscheid  der  ESTV)  wie  auch  das  zu  ergreifende 
Rechtsmittel  (Beschwerde)  klar  und  eindeutig.  Nach  dem  Wortlaut  der 
Bestimmung  richtet  sich  sodann  die  Anfechtung  des  Entscheids  der 
ESTV durch Beschwerde "nach den allgemeinen Bestimmungen über die 
Bundesrechtspflege".
Die  vorliegend  umstrittene  Frage,  welches  Rechtsmittel  gegen  einen 
Entscheid der ESTV im Sinne von Art. 3 Vo DBA­DK zu ergreifen ist, wird 
somit in Art. 3 Abs. 4 Vo DBA­DK klar und eindeutig mit Beschwerde und 
nicht mit  Einsprache  beantwortet.  Nach  dem Wortlaut  von  Art. 3  Abs. 4 
Vo DBA­DK  ist nicht das Rechtsmittel gegen einen Entscheid der ESTV 
im  Sinne  von  Art. 3  Vo  DBA­DK  den  "allgemeinen  Bestimmungen  über 
die  Bundesrechtspflege"  zu  entnehmen,  sondern  die  Anfechtung  eines 
solchen Entscheids mit  Beschwerde  richtet  sich  "nach  den  allgemeinen 
Bestimmungen über die Bundesrechtspflege".
In  einem  ersten  Schritt  ist  somit  festzuhalten,  dass  gemäss  klarem 
Wortlaut von Art. 3 Abs. 4 Vo DBA­DK der Entscheid der ESTV im Sinne 
von Art. 3 Vo DBA­DK dem Rechtsmittel  der Beschwerde und nicht  der 
Einsprache unterliegt.
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3.2.3. Vom klaren Wortlaut einer Norm darf  jedoch abgewichen werden, 
wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass er nicht den wahren Sinn einer 
Bestimmung  wiedergibt.  Solche  Gründe  können  sich  insbesondere  aus 
der  Entstehungsgeschichte  der  Norm,  aus  ihrem  Zweck  oder  aus  dem 
Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben (vgl. E. 2.1).
Nachfolgend ist somit zu untersuchen, ob historische, systematische oder 
teleologische  Auslegungselemente  eine  vom Wortlaut  von  Art. 3  Abs. 4 
Vo DBA­DK (vgl. dazu oben, E. 3.2.2) abweichende Auslegung gebieten.
3.2.4. 
3.2.4.1 Mit  der  Schaffung  des  Bundesverwaltungsgerichts  im  Zuge  der 
Totalrevision  der  Bundesrechtspflege  wurde  namentlich  auch  das  Ziel 
verfolgt,  die  verwaltungsinternen  Beschwerdeinstanzen  zu  ersetzen  (so 
bereits Expertenkommission für die Totalrevision der Bundesrechtspflege, 
Schlussbericht  an  das  Eidgenössische  Justiz­  und  Polizeidepartement, 
Juni  1997  [nachfolgend  Schlussbericht],  S. 48  f., 

ndesrechtspflege/vn­ber­d.pdf,  letztmals  besucht  am  17. Januar  2011). 
Für die Überprüfung von Verfügungen von Bundesverwaltungsbehörden 
wurde  die  Einführung  des  folgenden  Modellinstanzenzugs  vorgesehen: 
Die  Verfügungen  unterliegen  direkt  der  Beschwerde  an  das 
Bundesverwaltungsgericht;  der  verwaltungsinterne  Beschwerdeweg 
entfällt.  Soweit  hingegen  ein  Bundesgesetz  vorsieht,  dass  gegen  eine 
Verfügung Einsprache erhoben werden kann, ist die Beschwerde an das 
Bundesverwaltungsgericht  jedoch  erst  gegen  den  Einspracheentscheid 
zulässig  (Botschaft  vom  28. Februar  2001  zur  Totalrevision  der 
Bundesrechtspflege, BBl 2001 4202 ff., 4250; Schlussbericht, S. 49).
Ein  zentrales  Anliegen  der  Reform  lag  zudem  in  einer  konzentrierten 
Regelung  des  Rechtsschutzes:  Die  Zuständigkeit  der  eidgenössischen 
Gerichte und das Verfahren vor diesen Instanzen sollte einzig und allein 
in  den  drei Gerichtsgesetzen  (Bundesgerichtsgesetz  vom  17. Juni  2005 
[BGG,  SR 173.110],  VGG,  Strafgerichtsgesetz  vom  4. Oktober  2002 
[SGG,  SR 173.71])  sowie  den  dazu  gehörenden  Verfahrenserlassen 
(Bundesgesetz  vom  4. Dezember  1947  über  den  Bundeszivilprozess 
[BZP,  SR 273],  VwVG,  Bundesgesetz  vom  15. Juni  1934  über  die 
Bundesstrafrechtspflege  [BStP,  SR 312.0])  geregelt  werden. 
Dementsprechend wurden mit  der  Totalrevision  der Bundesrechtspflege 
185  andere  Bundesgesetze  und  112  Verordnungen  (vgl.  dazu  oben, 
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E. 3.2.1)  revidiert  und  die  spezialgesetzlichen 
Rechtsschutzbestimmungen  regelmässig  durch  folgende  "Formel" 
ersetzt:  "Der  Rechtsschutz  richtet  sich  nach  den  allgemeinen 
Bestimmungen über die Bundesrechtspflege" (AUER, a.a.O., S. 23).
Das  historische  Element  bestätigt  somit  grundsätzlich  die 
grammatikalische  Auslegung  von  Art. 3  Abs. 4  Vo  DBA­DK.  In 
Übereinstimmung  mit  dem  von  der  Reform  angestrebten 
"Modellinstanzenzug"  legt  Art. 3  Abs. 4  Vo  DBA­DK  fest,  dass  ein 
Entscheid  einer  eidgenössischen  Instanz  (der  ESTV)  mit  Beschwerde 
"nach  den  allgemeinen  Bestimmungen  der  Bundesrechtspflege" 
anzufechten  ist; darunter sind  im vorliegenden Zusammenhang  in erster 
Linie das VGG und das VwVG zu verstehen. Art. 3 Abs. 4 Vo DBA­DK ist 
somit  auch  in  historischer  Sicht  dahingehend  auszulegen,  dass  der 
Entscheid der ESTV gemäss Art. 3 Vo DBA­DK nach Art. 44 VwVG i.V.m. 
Art. 31  ff.  VGG  der  Beschwerde  an  das  Bundesverwaltungsgericht 
unterliegt.
3.2.4.2  Vorbehalten  bleiben  sollte  hingegen  nach  dem  Willen  des 
historischen  Gesetzgebers  ein  spezialgesetzlich  geregeltes 
Einspracheverfahren  (so  auch  die  geltende  Regelung  gemäss  Art. 32 
Abs. 2  Bst. a  VGG;  vgl.  dazu  oben,  E. 1.1).  Die  grammatikalische 
Auslegung  hat  ergeben,  dass  das  gegen  den  Entscheid  der  ESTV  zu 
ergreifende Rechtsmittel – die Beschwerde – in Art. 3 Abs. 4 Vo DBA­DK 
direkt  bezeichnet  wird  und  sich  nicht  aus  "den  allgemeinen 
Bestimmungen  der  Bundesrechtspflege"  ergibt  (oben,  E. 3.2.2). 
Anzumerken  bleibt  jedoch,  dass  Entscheide  der  ESTV  über  die 
Rückerstattung  in  Anwendung  des  Bundesgesetzes  vom  13. Oktober 
1965  über  die  Verrechnungssteuer  (VStG,  SR 642.21)  dem 
Einspracheverfahren  unterliegen.  Es  fragt  sich  somit,  ob  dies  einen 
triftigen Grund dafür darstellt, Art. 3 Abs. 4 Vo DBA­DK abweichend vom 
Wortlaut  dahingehend  auszulegen,  dass  vor  dem Beschwerdeverfahren 
vor  dem  Bundesverwaltungsgericht  ein  Einspracheverfahren 
durchzuführen  ist. Das Verhältnis  zwischen Art. 3 Vo DBA­DK und dem 
VStG  ist  jedoch  eine  Frage  des  Verhältnisses  zwischen  Rechtsnormen 
und  damit  nachfolgend  im  Zusammenhang  mit  der  systematischen 
Auslegung zu beantworten.
3.2.5. Das  VStG  regelt  das  Verfahren  der  Steuerrückerstattung  in  den 
Art. 48  ff. Sowohl Entscheide betreffend Rückerstattung durch den Bund 
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(Art. 51  Abs. 4  VStG)  wie  auch  Entscheide  betreffend  Rückerstattung 
durch den Kanton (Art. 53 VStG) unterliegen der Einsprache.
3.2.5.1 Während  eine  Person  mit  Sitz  im  Inland  die  auf  Erträgen  aus 
beweglichem  Kapitalvermögen  erhobene  Verrechnungssteuer 
zurückfordern kann, wenn sie bei deren Fälligkeit das Recht zur Nutzung 
hatte und die Rückerstattung nicht zu einer Steuerumgehung führt, gelten 
für  ausländische  Leistungsempfänger  andere  Voraussetzungen.  Einen 
Anspruch auf Entlastung haben sie nur dann, wenn dies ein zwischen der 
Schweiz  und  dem  entsprechenden  Ansässigkeitsstaat  abgeschlossenes 
Doppelbesteuerungsabkommen  vorsieht  (Urteil  des 
Bundesverwaltungsgerichts  A­2744/2008  vom  23. März  2010  E. 3.3, 
unter  Verweis  auf  MAJA  BAUER­BALMELLI,  in:  Zweifel/Athanas/Bauer­
Balmelli [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht II/2, Basel 
2005  N. 55  zu  Art. 21  VStG  mit  Hinweisen;  MAJA BAUER­BALMELLI,  Der 
Sicherungszweck  der  Verrechnungssteuer  –  unter  besonderer 
Berücksichtigung der Erträge aus Beteiligungen, Zürich 2001, S. 167 ff.). 
Der  Grund  für  die  unterschiedliche  Behandlung  liegt  darin,  dass  die 
Verrechnungssteuer  bezüglich  ausländischen  Empfängern  nicht  einen 
Sicherungszweck,  sondern einen Fiskal­ oder Belastungszweck hat. Bei 
ausländischen Leistungsempfängern kann es sich damit – aus den eben 
dargelegten  Gründen  –  nie  um  eine  Frage  der  Rückerstattung  der 
Verrechnungssteuer  im  originären  Sinne  handeln;  vielmehr  geht  es  um 
die quantitative Abgrenzung der Besteuerungsbefugnisse zweier Staaten 
(Urteil  des Bundesverwaltungsgerichts A­2744/2008  vom 23. März 2010 
E. 3.3,  unter Verweis auf MAJA BAUER­BALMELLI, Altreservenpraxis  – ein 
rechtliches Argumentarium, in: Forum für Steuerrecht [FStR] 2004, S. 204 
und 208).
Damit stimmt überein, dass das Erstattungsverfahren in den Grundzügen 
in Art. 26 DBA­DK geregelt wurde. Die weiteren Ausführungsvorschriften 
dieses Erstattungsverfahrens finden sich sodann in den Art. 1­4 Vo DBA­
DK,  welche  sich  ihrerseits  nicht  etwa  auf  das  VStG,  sondern  auf  den 
Bundesbeschluss  vom  22. Juni  1951  über  die  Durchführung  von 
zwischenstaatlichen  Abkommen  des  Bundes  zur  Vermeidung  der 
Doppelbesteuerung abstützen (vgl. dazu oben, E. 3.2.1).
Festzuhalten ist somit, dass die Rückerstattungsverfahren gemäss Art. 48 
ff.  VStG  bzw.  dasjenige  gemäss  Art. 26  DBA­DK  i.V.m.  dem 
Bundesbeschluss  vom  22. Juni  1951  über  die  Durchführung  von 
zwischenstaatlichen  Abkommen  des  Bundes  zur  Vermeidung  der 
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Doppelbesteuerung  und  Art. 1­4  Vo  DBA­DK  einen  unterschiedlichen 
sachlichen  Anwendungsbereich  haben.  Die  "Schweizerische 
Verrechnungssteuer  von Dividenden und Zinsen"  hat  in  den Art. 1­4 Vo 
DBA­DK eine eigene Regelung erfahren. Die Entlastung durch Erstattung 
(Art. 1), die Antragstellung (Art. 2), die Prüfung und der Entscheid (Art. 3) 
wie auch die Formvorschriften (Art. 4) richten sich nicht nach dem VStG, 
sondern nach der Vo DBA­DK. 
Entsprechend gelangt denn auch die Rechtsschutzbestimmung von Art. 3 
Abs. 4  Vo  DBA­DK  und  nicht  diejenigen  des  VStG  zur  Anwendung. 
Finden  jedoch  die  Rechtsschutzbestimmungen  des  VStG  keine 
Anwendung,  so  gelangt  auch  keine  gesetzliche  Norm  zur  Anwendung, 
welche  ein  Einspracheverfahren  vorbehalten würde.  Entsprechend  stellt 
das  in  den  Art. 51  Abs. 4  VStG  und  Art. 53  VStG  geregelte 
Einspracheverfahren auch keinen  triftigen Grund dafür dar, Art. 3 Abs. 4 
Vo DBA­DK gegen den Wortlaut  auszulegen. Vielmehr  stützt  auch eine 
systematische Auslegung jene nach dem Wortlaut.
3.2.5.2  In  systematischer  Hinsicht  hervorzuheben  ist,  dass  der  Begriff 
"Entscheid" nicht nur in Art. 3 Abs. 4 Vo DBA­DK, sondern auch in Art. 3 
Abs. 2  und  Abs. 3  Vo  DBA­DK  verwendet  wird.  Es  ist  nicht  ersichtlich, 
aus welchen Gründen der Begriff "Entscheid" in Art. 3 Abs. 2 bzw. Abs. 3 
Vo  DBA­DK  auch  "Entscheid",  in  Art. 3  Abs. 4  Vo  DBA­DK  hingegen 
"Einspracheentscheid" bedeuten soll.
Die  grammatikalische  Auslegung  von  Art. 3  Abs. 4  Vo  DBA­DK  (oben, 
E. 3.2.2)  wird  zudem  dadurch  bestätigt,  dass  anlässlich  der  Anpassung 
zahlreicher Verordnungsvorschriften (vgl. dazu oben, E. 3.2.1) sehr wohl 
differenziert  wurde,  ob  "Entscheide"  der  ESTV  (so  etwa  Art. 5  des 
Bundesratsbeschlusses  vom  14. Dezember  1962  betreffend 
Massnahmen  gegen  die  ungerechtfertigte  Inanspruchnahme  von 
Doppelbesteuerungsabkommen  des  Bundes,  SR 672.202;  Art. 6  der 
Verordnung  vom  22. Dezember  2004  über  die  Steuerentlastung 
schweizerischer  Dividenden  aus  wesentlichen  Beteiligungen 
ausländischer Gesellschaften, SR 672.203) oder "Einspracheentscheide" 
der ESTV (so Art. 17 Abs. 3 der Verordnung vom 3. Dezember 1973 über 
die Stempelabgaben, SR 641.101; Art. 45b der Verordnung vom 29. März 
2000  zum  Bundesgesetz  über  die  Mehrwertsteuer,  AS 2006  4719)  der 
Beschwerde  nach  den  allgemeinen  Bestimmungen  über  die 
Bundesrechtspflege unterliegen.
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Als  weiteres  Beispiel  kann  die  unterschiedliche  Regelung  des 
Instanzenzuges  in  den Art. 5,  20b Abs. 3  und  20k  der Verordnung  zum 
schweizerisch­amerikanischen  Doppelbesteuerungsabkommen  vom 
2. Oktober 1996 (Vo DBA­USA; SR 672.933.61) sowie  in den Art. 9 und 
Art. 24 Abs. 1 des Bundesgesetzes zum Zinsbesteuerungsabkommen mit 
der  Europäischen  Gemeinschaft  (ZBstG;  SR 641.91)  genannt  werden. 
Während  gemäss  Art. 20k  Vo  DBA­USA  wie  auch  nach  Art. 24  Abs. 1 
ZBstG  die  Schlussverfügungen  der  ESTV  über  die  Übermittlung  von 
Informationen  der  Beschwerde  "nach  den  allgemeinen  Bestimmungen 
über die Bundesrechtspflege" unterliegen, hält Art. 9 ZBstG ausdrücklich 
fest,  dass  gegen  Verfügungen  der  ESTV  Einsprache  zu  erheben  ist 
(Abs. 1)  und  der  Einspracheentscheid  der  ESTV  der  Beschwerde  nach 
den  allgemeinen  Bestimmungen  über  die  Bundesrechtspflege  unterliegt 
(Abs. 4).  In  zahlreichen  Verfahren  (vgl.  dazu  anstatt  vieler  Urteil  des 
Bundesverwaltungsgerichts  A­7789/2009  vom  21. Januar  2010 
Sachverhalt  E,  F)  blieb  unbestritten,  dass  der Wortlaut  von  Art. 20k  Vo 
DBA­USA, wonach die Verfügung der ESTV "der Beschwerde nach den 
allgemeinen  Bestimmungen  über  die  Bundesrechtspflege"  unterliegt,  so 
auszulegen  ist,  dass  gegen  eine  solche  Verfügung  der  ESTV 
Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben ist.
3.2.6. Sinn und Zweck von Art. 3 Abs. 4 Vo DBA­DK ist die Regelung des 
Rechtsschutzes gegen Entscheide der ESTV gemäss Art. 3 Vo DBA­DK.
Seit Inkrafttreten der Änderungen im Rahmen der Totalrevision (vgl. dazu 
oben,  E. 3.2.1  und  E. 3.2.4.1)  unterscheidet  sich  der  Instanzenzug 
gemäss  Art. 3  Abs. 4  Vo  DBA­DK  von  demjenigen  der  Art. 51  Abs. 4 
VStG  bzw.  Art. 53  VStG  und  Art. 9  ZBstG  in  dem  Punkt,  dass – 
zumindest  dem  Wortlaut  nach  –  in  Art. 3  Abs. 4  Vo  DBA­DK  ein 
Einspracheverfahren nicht mehr vorgesehen ist.
In  der  Rechtsprechung  wurde  bereits  festgehalten,  dass  ein 
unterschiedlicher  Instanzenzug  bezüglich  dieser  sachlich  eng 
zusammenhängenden  Themen  grundsätzlich  keinen  Sinn  macht.  Die 
vorliegende  Konstellation  unterscheidet  sich  jedoch  von  denjenigen, 
welche  bereits  Gegenstand  von  Verfahren  vor  der  Eidgenössischen 
Rekurskommission  (SRK)  bzw.  vor  dem  Bundesverwaltungsgericht 
waren.  In den bereits beurteilten Fällen ging es um verfahrensrechtliche 
Regelungen,  welche  im  Zuge  von  neu  geschaffenen  gerichtlichen 
Instanzen  nicht  angepasst  worden  waren  (vgl.  dazu  Urteil  des 
Bundesverwaltungsgerichts  A­2744/2008  vom  23. März  2010  E. 1; 
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Entscheid  der  SRK  [SRK  2003­159]  vom  3. März  2005,  E. 1a).  Art. 3 
Abs. 4  Vo  DBA­DK  wurde  jedoch  im  Zuge  der  Totalrevision  der 
Bundesrechtspflege  revidiert  und  an  den  neu  geschaffenen 
"Modellinstanzenzug" (vgl. dazu oben, E. 3.2.4.1) angepasst. Dazu wurde 
bereits ausgeführt, dass anlässlich der Anpassungen von insgesamt 112 
Verordnungen  (vgl.  dazu  oben,  E. 3.2.1  und  3.2.5)  sehr  wohl  danach 
differenziert  wurde,  ob  "Entscheide"  oder  "Einspracheentscheide"  der 
ESTV  der  Anfechtung  mittels  Beschwerde  unterliegen.  Zudem  wurde 
Art. 20k  Vo  DBA­USA  –  welcher  ebenso  wie  Art. 3  Abs. 4  Vo  DBA­DK 
vorsieht,  dass  eine  Verfügung  der  ESTV  "der  Beschwerde  nach  den 
allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege" unterliegt –  in 
der  Rechtsprechung  bereits  dahingehend  ausgelegt,  dass  eine  solche 
Verfügung  mit  Beschwerde  an  das  Bundesverwaltungsgericht 
anzufechten ist (vgl. dazu oben, E. 3.2.5.2).
Diese ausdrückliche Differenzierung danach, ob die Verfügung bzw. der 
Einspracheentscheid  der  Beschwerde  nach  den  allgemeinen 
Bestimmungen  über  die  Bundesrechtspflege  unterliegt,  legt  nahe,  dass 
die Rechtsmittelwege unterschiedlich geregelt werden sollten. Anzeichen 
dafür,  dass  der  Verordnungsgeber  anlässlich  der  Abfassung  von  Art. 3 
Abs. 4 Vo DBA­DK sich über gewisse Tatsachen so offensichtlich geirrt 
hätte,  dass  sich  eine  Abweichung  vom Gesetzestext  aufdrängen würde 
(vgl. dazu oben, E. 2.1), liegen keine vor. Ebensowenig kann unter diesen 
Umständen von einer planwidrigen Unvollständigkeit von Art. 3 Abs. 4 Vo 
DBA­DK ausgegangen werden, welche auf dem Weg der Lückenfüllung 
zu korrigieren wäre (vgl. dazu oben, E. 2.2 und Entscheid der SRK [SRK 
2003­159] vom 3. März 2005, E. 1a).
3.2.7.  Die  Auslegung  von  Normen  ist  zudem  auf  ein  vernünftiges  und 
praktikables Ergebnis auszurichten (vgl. oben, E. 2.1 am Ende).
Die  ESTV  ersuchte  das  Bundesverwaltungsgericht,  anlässlich  der 
Auslegung von Art. 3 Abs. 4 Vo DBA­DK auch  ihre  interne Organisation 
zu berücksichtigen.
Obwohl es nicht Aufgabe eines Gerichts sein kann, sich über die interne 
Verwaltungsorganisation  auszusprechen,  können  solche  Vorbringen 
durchaus im Rahmen der Ausrichtung der Auslegung auf ein vernünftiges 
und  praktisches  Ergebnis  berücksichtigt  werden.  Anzumerken  ist  dazu 
jedoch, dass die Auslegung von Art. 3 Abs. 4 Vo DBA­DK dahingehend, 
dass  der  Entscheid  der  ESTV  direkt  der  Beschwerde  an  das 
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Bundesverwaltungsgericht  unterliegt  (vgl.  dazu  oben,  E. 3.2.2),  im 
Gegensatz  zum  bisher  gehandhabten  Instanzenzug  eine  Verkürzung 
darstellt.  Die  ESTV  wird  sich  somit  künftig  lediglich  einmal  mit  einem 
Rückerstattungsantrag  zu  befassen  haben.  Inwiefern  eine  solche 
Verkürzung des Instanzenzugs gegenüber der bisherigen Praxis, wonach 
die  Rückerstattungsanträge  zunächst  behandelt  und  anschliessend  im 
Rahmen  einer  allfälligen Einsprache  nochmals  vertieft  überprüft worden 
sind,  organisatorisch  nicht  zu  bewältigen  sein  sollte,  ist  aber  weder 
dargetan noch ersichtlich.
3.3. Zusammenfassend ergibt sich, dass Entscheide der ESTV im Sinne 
von Art. 3 Vo DBA­DK der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht 
unterliegen (Art. 3 Abs. 4 Vo DBA­DK i.V.m. Art. 44 VwVG, Art. 31 VGG, 
Art. 32  Abs. 2  Bst. a  VGG  e  contrario,  Art. 33  Bst. d  VGG).  Das 
Bundesverwaltungsgericht  ist  somit  zur  Behandlung  der  Eingabe  der 
Beschwerdeführerin vom 13. September 2010 zuständig.
3.4. Abschliessend ist anzumerken, dass für eine allgemeine Festlegung 
des zulässigen Rechtsmittels gegen Verfügungen der ESTV gestützt auf 
ein DBA oder auf eine dazu gehörende Ausführungsverordnung, wie sie 
die Beschwerdeführerin  in  ihrer Replik anbegehrt hat,  kein Raum bleibt. 
Strittig ist in diesem Verfahren einzig die Auslegung von Art. 3 Abs. 4 Vo 
DBA­DK  (vgl.  dazu  oben,  E. 3.1).  Eine  darüber  hinausgehende 
Festlegung des Rechtsmittels gestützt auf andere Rechtsgrundlagen liefe 
auf  den  Erlass  einer  Feststellungsverfügung  hinaus,  wofür  es  der 
Beschwerdeführerin  schon  an  der  Voraussetzung  eines  schutzwürdigen 
Interesses  mangelt  (vgl.  dazu  BGE 132  V  259  E. 1,  130  V  388  E. 2.4; 
BVGE 2007/47 E. 3.2.1).
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Demnach verfügt das Bundesverwaltungsgericht:
1. 
Das Verfahren A­6537/2010 wird vorerst auf die Frage der  funktionellen 
Zuständigkeit zur Behandlung der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 
13. September 2010 an das Bundesverwaltungsgericht beschränkt.
2. 
Das  Bundesverwaltungsgericht  ist  für  die  Behandlung  der  Eingabe  der 
Beschwerdeführerin  vom  13. September  2010  an  das 
Bundesverwaltungsgericht zuständig.
3. 
Die Kosten dieser Zwischenverfügung bleiben bei der Hauptsache.
4. 
Diese Verfügung geht an:
– die Beschwerdeführerin (Einschreiben mit Rückschein)
– die Vorinstanz (Ref­Nr. …; Einschreiben mit Rückschein)
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Der Instruktionsrichter: Die Gerichtsschreiberin:
Michael Beusch Nadine Mayhall
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Rechtsmittelbelehrung:
Gegen  diese  Zwischenverfügung  kann  innert  30 Tagen  nach  Eröffnung 
beim  Bundesgericht,  1000  Lausanne  14,  Beschwerde  in  öffentlich­
rechtlichen  Angelegenheiten  geführt  werden  (Art. 82  ff.,  90  ff.  und  100 
des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die 
Rechtsschrift  hat  die  Begehren,  deren  Begründung  mit  Angabe  der 
Beweismittel  und  die  Unterschrift  zu  enthalten.  Der  angefochtene 
Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in 
Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).