A-6314/2011 - Abteilung I - Mehrwertsteuer - Mehrwertsteuer (1.Quartal 2005 bis 4. Quartal 2009...
Karar Dilini Çevir:
A-6314/2011 - Abteilung I - Mehrwertsteuer - Mehrwertsteuer (1.Quartal 2005 bis 4. Quartal 2009...
B u n d e s v e rw a l t u ng s g e r i ch t
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i f f éd é r a l
T r i b u n a l e am m in i s t r a t i vo f e d e r a l e
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i v fe d e r a l








Abteilung I
A-6314/2011


U r t e i l v o m 2 7 . F e b r u a r 2 0 1 3
Besetzung

Richter Markus Metz (Vorsitz),
Richter Daniel Riedo, Richter Michael Beusch,
Gerichtsschreiberin Ursula Spörri.



Parteien

Bergbahnen X._______ AG, …,
vertreten durch …,
Beschwerdeführerin,



gegen


Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV, Hauptabteilung
Mehrwertsteuer, Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern,
Vorinstanz.

Gegenstand

Mehrwertsteuer (1.Quartal 2005 bis 4. Quartal 2009).


A-6314/2011
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Sachverhalt:
A.
Die Bergbahnen X._______ AG ist seit dem 1. Januar 1995 im Register
der Mehrwertsteuerpflichtigen der Eidgenössischen Steuerverwaltung
(ESTV) eingetragen. Vom 16. bis 19. August 2010 führte die ESTV bei
der Bergbahnen X._______ AG eine Kontrolle durch. Als Folge dieser
Kontrolle erliess die ESTV am 22. Dezember 2010 die "Einschätzungs-
mitteilung/Verfügung" (EM) Nr. […], in der sie für die Steuerperioden ers-
tes Quartal 2005 bis viertes Quartal 2009 (1. Januar 2005 bis 31. De-
zember 2009) eine Steuernachforderung von Fr. […].-- samt Zins geltend
machte.
B.
Gegen diese EM erhob die Bergbahnen X._______ AG am 1. Februar
2011 Einsprache, welche die ESTV mit Einspracheentscheid vom 20. Ok-
tober 2011 vollumfänglich abwies. Gleichzeitig bestätigte die ESTV ihre in
der EM erhobene Steuernachforderung von Fr. […].-- zuzüglich Zins.
C.
Die Bergbahnen X._______ AG (nachfolgend: Beschwerdeführerin) liess
mit Eingabe vom 21. November 2011 Beschwerde beim Bundesverwal-
tungsgericht erheben. Sie beantragt, der angefochtene Einspracheent-
scheid sei aufzuheben. Die zugunsten der ESTV vorgenommene Steuer-
korrektur in der Höhe von Fr. […] sei aufzuheben, eventuell unter Vor-
nahme einer anteilsmässigen Vorsteuerkürzung. Weiter seien die Umsät-
ze aus der Beförderung kranker und verletzter Personen mit dem Ret-
tungsschlitten von der Steuer auszunehmen sowie eventuell die Vorsteu-
erkürzungen im Zusammenhang mit den Aufwendungen für das Ret-
tungswesen aufzuheben. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge
plus 8 % Mehrwertsteuer.
D.
Mit Vernehmlassung vom 10. Januar 2012 beantragt die ESTV, die Be-
schwerde sei im Umfang von Fr. […].-- teilweise gutzuheissen, womit sich
die Steuerkorrekturen neu auf Fr. […].-- beliefen. Im Übrigen sei die Be-
schwerde jedoch abzuweisen. Den Antrag auf teilweise Gutheissung be-
gründet die ESTV dadurch, dass sich die Einnahmen im Zusammenhang
mit den von der Beschwerdeführerin verkauften Kombikarten auf einen
Teil Beförderungsleistungen und einen Teil Skischule aufteilen liessen.
Bei den Skischulumsätzen handle es sich um von der Steuer ausgenom-
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mene Leistungen, was entsprechend zu berücksichtigen sei. Demzufolge
sei der geschuldete Steuerbetrag herabzusetzen.
Auf die Begründungen in den Eingaben der Parteien ist – soweit ent-
scheidwesentlich – in den nachfolgenden Erwägungen näher einzugehen.


Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt gemäss Art. 31 des Bundes-
gesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwal-
tungsgerichtsgesetz, VGG, SR 173.32) Beschwerden gegen Verfügungen
nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Ver-
waltungsverfahren (VwVG, SR 172.021), sofern keine Ausnahme nach
Art. 32 VGG gegeben ist. Eine solche liegt nicht vor. Die ESTV ist eine
Behörde im Sinn von Art. 33 Bst. d VGG, gegen deren Verfügungen die
Beschwerde zulässig ist. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher für die
Beurteilung der vorliegenden Beschwerde sachlich zuständig. Das Ver-
fahren vor Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach den Vorschriften
des VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).
1.2 Auf die funktionelle Zuständigkeit ist im Folgenden einzugehen, wobei
zunächst festzustellen ist, welches Recht anwendbar ist.
1.2.1 Am 1. Januar 2010 ist das Bundesgesetz vom 12. Juni 2009 über
die Mehrwertsteuer (Mehrwertsteuergesetz, MWSTG, SR 641.20) in Kraft
getreten. Der zu beurteilende Sachverhalt hat sich in den Jahren 2005 bis
2009 zugetragen, also vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes. Die
bisherigen gesetzlichen Bestimmungen sowie die darauf gestützt erlasse-
nen Vorschriften bleiben grundsätzlich weiterhin auf alle während ihrer
Geltungsdauer eingetretenen Tatsachen und entstandenen Rechtsver-
hältnisse anwendbar (Art. 112 Abs. 1 MWSTG). Das vorliegende Verfah-
ren untersteht deshalb in materieller Hinsicht dem Bundesgesetz vom
2. September 1999 über die Mehrwertsteuer (aMWSTG, AS 2000 1300).
Demgegenüber ist das neue mehrwertsteuerliche Verfahrensrecht im
Sinn von Art. 113 Abs. 3 MWSTG auf sämtliche im Zeitpunkt des Inkraft-
tretens hängige Verfahren anwendbar. Allerdings ist Art. 113 Abs. 3
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MWSTG insofern restriktiv zu handhaben, als gemäss höchstrichterlicher
Rechtsprechung nur eigentliche Verfahrensnormen sofort auf hängige
Verfahren anzuwenden sind, und es dabei nicht zu einer Anwendung von
neuem materiellem Recht auf altrechtliche Sachverhalte kommen darf
(vgl. Urteile des Bundesgerichts 2C_569/2012 vom 6. Dezember 2012
E. 1.3, 2C_659/2012 vom 21. November 2012 E. 2.1; ausführlich: Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts A-1113/2009 vom 23. Februar 2010
E. 1.3; siehe auch [anstelle vieler]: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
A-3480/2012 vom 10. Dezember 2012 E. 1.3).
1.2.2 Im vorliegenden Fall wird eine als "Einspracheentscheid" bezeich-
nete Verfügung der Vorinstanz angefochten. Der Erlass eines Einspra-
cheentscheids setzt ausführungsgemäss voraus, dass vorgängig eine
Verfügung ergangen ist, welche überhaupt Gegenstand eines Einspra-
cheverfahrens bilden kann (statt vieler: Urteil des Bundesverwaltungsge-
richts A-3480/2012 vom 10. Dezember 2012 E. 1.2.2 f.). Ob eine solche
in der EM vom 22. Dezember 2010 erblickt werden kann oder nicht,
braucht vorliegend nicht abschliessend beurteilt zu werden. Unbestritte-
nermassen handelt es sich nämlich beim "Einspracheentscheid" vom
20. Oktober 2011 um eine Verfügung gemäss Art. 5 VwVG. Indem die
Beschwerdeführerin gegen diesen beim Bundesverwaltungsgericht Be-
schwerde erhob, hat sie einen allfälligen Verlust des Einspracheverfah-
rens zumindest in Kauf genommen. Ihre vorbehaltlose Beschwerdefüh-
rung direkt beim Bundesverwaltungsgericht ist unter diesen Umständen –
in analoger Anwendung von Art. 83 Abs. 4 MWSTG – als "Zustimmung"
zur Durchführung des Verfahrens der Sprungbeschwerde zu werten, zu-
mal der "Einspracheentscheid" einlässlich begründet ist (statt vieler: Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts A-3480/2012 vom 10. Dezember 2012
E. 1.2.4 mit weiteren Hinweisen). Das Bundesverwaltungsgericht ist dem-
nach für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde auch funktionell
zuständig.
1.2.3 Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bildet
einzig der vorinstanzliche Entscheid das Anfechtungsobjekt, d.h. vorlie-
gend der "Einspracheentscheid" der ESTV vom 20. Oktober 2011. Soweit
die Beschwerdeführerin nicht nur materiell die Aufhebung des "Einspra-
cheentscheids" verlangt, sondern formell die Abänderung der EM bean-
tragt, ist deshalb – unabhängig davon, ob es sich bei dieser um eine Ver-
fügung handelt – darauf nicht einzutreten. Mit dieser Einschränkung ist
auf die ansonsten frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde einzu-
treten.
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Seite 5
1.3
1.3.1 Bei der Beweiswürdigung geht es um die Frage, welcher Sachver-
halt aufgrund der vorliegenden Beweismittel als erstellt gelten kann. Die
Beweiswürdigung endet mit dem richterlichen Entscheid darüber, ob eine
rechtserhebliche Tatsache als erwiesen zu gelten hat oder nicht. Der Be-
weis ist erbracht, wenn das Gericht gestützt auf die freie Beweiswürdi-
gung nach objektiven Gesichtspunkten zur Überzeugung gelangt, dass
sich der rechtserhebliche Sachumstand verwirklicht hat. Es braucht nicht
absolute Gewissheit zu resultieren. Es genügt, wenn am Vorliegen der
Tatsache keine ernsthaften Zweifel bestehen oder allenfalls verbleibende
Zweifel als leicht erscheinen. Nicht ausreichend ist, wenn bloss eine über-
wiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich die behauptete Tatsache
verwirklicht hat (BGE 130 III 321 E. 3.2; 128 III 271 E. 2b/aa; ausführlich:
Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-629/2010 vom 29. April 2011
E. 3.2, A-1819/2011 vom 29. August 2011 E. 4.2; ANDRÉ MOSER/MICHAEL
BEUSCH/LORENZ KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwal-
tungsgericht, Basel 2008, Rz. 3.141, mit Hinweisen).
1.3.2 Führt die Würdigung nicht zum Ergebnis, dass sich der in Frage ste-
hende Umstand verwirklicht, so ist zu klären, wer die Folgen der Beweis-
losigkeit zu tragen hat. Nach der objektiven Beweislastregel ist bei Be-
weislosigkeit zu Ungunsten desjenigen zu urteilen, der die Beweislast
trägt (BGE 130 III 321 E. 3.1; FRITZ GYGI, Verwaltungsrecht, Bern 1986,
S. 279 f.; MOSER/BEUSCH/KNEUBÜHLER, a.a.O., Rz. 3.149). Die Steuerbe-
hörde trägt die Beweislast für Tatsachen, welche die Steuerpflicht als sol-
che begründen oder die Steuerforderung erhöhen, das heisst für die steu-
erbegründenden und -mehrenden Tatsachen. Demgegenüber ist die steu-
erpflichtige Person für die steueraufhebenden und steuermindernden Tat-
sachen beweisbelastet, das heisst für solche Tatsachen, welche Steuer-
befreiung oder Steuerbegünstigung bewirken (statt vieler: Urteil des Bun-
desgerichts vom 14. Juli 2005, veröffentlicht in: Archiv für Schweizeri-
sches Abgaberecht [ASA] 75 S. 495 ff. E. 5.4; BVGE 2009/60 E. 2.1.3, mit
weiteren Hinweisen; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-607/2012
vom 20. Dezember 2012 E. 2.5, A-1373/2006 vom 16. November 2007
E. 2.1). Eine von der steuerpflichtigen Person zu beweisende steuermin-
dernde Tatsache stellt etwa das Recht zum Vorsteuerabzug dar (Urteil
des Bundesgerichts 2A.406/2002 vom 31. März 2004 E. 3.4).

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Seite 6
2.
2.1 Der Mehrwertsteuer unterliegen durch steuerpflichtige Personen im
Inland gegen Entgelt erbrachte Lieferungen von Gegenständen bzw. im
Inland gegen Entgelt erbrachte Dienstleistungen, sofern diese Umsätze
nicht ausdrücklich von der Steuer ausgenommen sind (Art. 5 Bst. a und b
aMWSTG).
2.2 Im Rahmen der Beurteilung, ob ein mehrwertsteuerlich relevanter
Leistungsaustausch vorliegt, stellt sich in Fällen mit mehreren involvierten
Parteien die Vorfrage, wer als Leistungserbringer und wer als Leistungs-
empfänger zu gelten hat (vgl. dazu Urteile des Bundesgerichts
2C_442/2009 vom 5. Februar 2010 E. 2.4.1, 2A.215/2003 vom 20. Januar
2005 E. 6.4 und 6.5; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-135/2011
vom 27. September 2011 E. 2.2, A-2967/2008 vom 11. August 2010
E. 2.3.1, A-6143/2007 vom 28. Mai 2009 E. 2.2.2.2). Damit sind allenfalls
auch Stellvertretungsverhältnisse zu klären, wobei Art. 11 aMWSTG zwi-
schen direkter und indirekter Stellvertretung unterscheidet.
2.2.1 Wer Lieferungen oder Dienstleistungen ausdrücklich im Namen und
für Rechnung des Vertretenen tätigt, so dass das Umsatzgeschäft direkt
zwischen dem Vertretenen und dem Dritten zustande kommt, gilt als
blosser Vermittler (Art. 11 Abs. 1 aMWSTG; direkte Stellvertretung). Für
die Annahme einer direkten Stellvertretung genügt es nicht, wenn der
Vertreter dem Dritten bloss anzeigt, dass er als Vertreter handelt, ohne
die Identität des Vertretenen namentlich bekannt zu geben. Eine still-
schweigende Willenskundgabe, im fremden Namen und für fremde
Rechnung handeln zu wollen, genügt ebenfalls nicht zur Annahme einer
direkten Stellvertretung im Sinne des Mehrwertsteuerrechts. Namentlich
reicht nicht aus, dass die Beteiligten in Kenntnis der Vertretungsverhält-
nisse handeln bzw. – wie dies bei der Stellvertretung nach Zivilrecht der
Fall wäre (vgl. Art. 32 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 30. März 1911
betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Fünf-
ter Teil: Obligationenrecht, OR, SR 220]) – der Dritte aus den Umständen
schliessen muss, dass der Vertreter für Rechnung des Vertretenen han-
delt oder wenn es ihm gleichgültig ist (vgl. zum Ganzen: Urteil des Bun-
desgerichts 2C_442/2009 vom 5. Februar 2010 E. 2.4.2; Urteile des Bun-
desverwaltungsgerichts A-2628/2012 vom 5. Februar 2013 E. 2.2,
A-1378/2006 vom 27. März 2008 E. 2.2.2, A-1547/2006 vom 30. Januar
2008 E. 2.2.2 letztere mit zahlreichen Hinweisen). Dadurch, dass der Ge-
setzgeber verlangte, der Stellvertreter habe ausdrücklich im Namen des
Vertretenen zu handeln, wählte er für das Mehrwertsteuerrecht eine en-
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gere Ausgestaltung der direkten Stellvertretung als im Obligationenrecht
(vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_229/2008 vom 13. Oktober 2008
E. 4.3; RALF IMSTEPF, Die Zuordnung von Leistungen gemäss Art. 20 des
neuen MWSTG, in: ASA 78 S. 763).
2.2.2 Am 1. Juli 2006 trat Art. 45a aMWSTGV (AS 2006 2353) in Kraft,
wonach allein aufgrund von Formmängeln keine Steuerforderung erho-
ben werden soll, wenn erkennbar ist oder die steuerpflichtige Person
nachweist, dass durch die Nichteinhaltung einer Formvorschrift des Ge-
setzes oder der Verordnung für die Erstellung von Belegen für den Bund
kein Steuerausfall entstanden ist (sog. "Pragmatismusbestimmung"). Die-
ser Regelung entsprechend sah die Praxismitteilung der ESTV vom
31. Oktober 2006 betreffend die Behandlung von Formmängeln vor, dass
unter gewissen Umständen auch von einer direkten Stellvertretung aus-
gegangen werden könne, wenn die bisherigen Voraussetzungen gemäss
Wegleitung 2001 (Rz. 190 ff.; ebenso Wegleitung 2008, Rz. 190 ff.) nicht
kumulativ erfüllt seien. Dafür müsse jedoch aus der Gesamtheit der rele-
vanten Unterlagen eindeutig hervorgehen, dass der Vertrag direkt zwi-
schen dem Leistungserbringer und dem Leistungsempfänger zustande
gekommen und abgewickelt worden sei. Insbesondere müsse der Vertre-
tene für den Dritten erkennbar und aus der Gesamtheit der Unterlagen
eindeutig identifiziert werden können (vgl. zum Ganzen: Urteil des Bun-
desgerichts 2C_480/2008 vom 13. Oktober 2008 E. 2, insbesondere
E. 2.3; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-2967/2008 vom
11. August 2010 E. 2.3.5, A-6143/2007 und A-6192/2007 vom 28. Mai
2009 E. 2.2.2.2; IMSTEPF, a.a.O., S. 765).
2.2.3 Das Bundesverwaltungsgericht hat sich wiederholt mit der mehr-
wertsteuerlichen Stellvertretungsregel im Lichte von Art. 45a aMWSTGV
auseinandergesetzt. Es hat festgehalten, dass sich die Anwendbarkeit
von Art. 45a aMWSTGV ausschliesslich auf Formmängel beziehe. Das
"ausdrückliche Auftreten des Vermittlers im Namen und für Rechnung des
Vertretenen" bilde demgegenüber eine materiellrechtliche Gültigkeitsvor-
aussetzung für die Annahme einer mehrwertsteuerlichen Vermittlung. Sei
der Vermittler folglich nicht ausdrücklich im Namen und für Rechnung des
Vertretenen aufgetreten, stünde die Anwendbarkeit von Art. 45a
aMWSTGV ausser Frage (vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts
A-135/2011 vom 27. September 2011 E. 2.2.4, A-2967/2008 vom
11. August 2010 E. 2.3.4 f., A-6143/2007 und A-6192/2007 vom 28. Mai
2009 E. 2.2.2.2, A-1378/2006 vom 27. März 2008 E. 2.3, A-1438/2006
vom 11. Juni 2007 E. 3.3. und 4.2).
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Seite 8
2.2.4 Handelt bei einer Lieferung oder Dienstleistung der Vertreter zwar
für fremde Rechnung, tritt er aber nicht ausdrücklich im Namen des Ver-
tretenen auf, so liegt sowohl zwischen dem Vertretenen und dem Vertre-
ter als auch zwischen dem Vertreter und dem Dritten eine Lieferung oder
Dienstleistung vor (Art. 11 Abs. 2 aMWSTG; indirekte Stellvertretung).
Nach der Rechtsprechung ist die Fiktion dieser zwei Umsätze bei der in-
direkten Stellvertretung (eigentlicher Leistungserbringer an indirekten
Stellvertreter und indirekter Stellvertreter an Leistungsbezüger) sowohl
auf die Lieferung von Gegenständen als auch auf Dienstleistungen an-
wendbar. Im Ergebnis bedeutet dies, dass auch derjenige als Erbringer
einer Leistung gilt, der sich darauf beschränkt, den Gegenstand oder die
Dienstleistung eines Dritten im eigenen Namen weiter zu fakturieren. Da-
mit einer steuerpflichtigen Person eine Leistung mehrwertsteuerlich zuzu-
rechnen ist, braucht sie diese folglich nicht zwingend auch physisch
selbst zu erbringen. Es genügt, dass sie sich mit allen Eigenschaften
einer steuerpflichtigen Person in die Umsatzkette einfügt und dabei nicht
als blosse Vermittlerin (direkte Stellvertreterin) auftritt (statt vieler: Urteile
des Bundesverwaltungsgerichts A-2628/2012 vom 5. Februar 2013
E. 2.2.3, A-517/2012 vom 9. Januar 2013 E. 2.7, A-135/2011 vom
27. September 2011 E. 2.2.1 und E. 2.2.2, A-1547/2006 vom 30. Januar
2008 E. 2.2.1).
2.3
2.3.1 Gemäss Art. 18 Ziff. 11 Bst. a aMWSTG sind die Umsätze im Be-
reich der Erziehung von Kindern und Jugendlichen, des Unterrichts, der
Ausbildung, Fortbildung und beruflichen Umschulung einschliesslich des
von Privatlehrern oder Privatschulen erteilten Unterrichts von der Steuer
ausgenommen. Als Ausbildungs- oder Unterrichtsleistung gilt eine Tätig-
keit, die darin besteht, jemanden auf einem bestimmten Gebiet in der Er-
reichung eines vordefinierten Lernziels durch regelmässige fachliche In-
struktion, Betreuung und Kontrolle der erzielten Fortschritte zu fördern
(Branchenbroschüre [BB] Nr. 23, Sport [610.540.23], Dezember 2007,
S. 74, Ziff. 18.3; vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_229/2008 vom
13. Oktober 2008 E. 4.1, in dem Golfunterricht als Unterrichtsleistung und
damit als ausgenommene Leistung qualifiziert wurde).
2.3.2 Die Fiktion von Art. 11 Abs. 2 aMWSTG impliziert, dass die beiden
Geschäfte (zwischen dem Dritten und dem [indirekten] Vertreter sowie
zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen) identisch und gleicher Na-
tur sind. Dies hat zur Folge, dass keine der beiden Leistungen der Mehr-
wertsteuer unterstellt wird, sofern es sich um eine von der Steuer ausge-
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Seite 9
nommene Leistung im Sinn von Art. 18 aMWSTG handelt (PIERRE-MARIE
GLAUSER, in: , Kommentar zum Bundesgesetz über die Mehr-
wertsteuer, Basel/Genf/München 2000, N 27 zu Art. 11).
2.4
2.4.1 Ebenfalls von der Steuer ausgenommen sind die Beförderungen
von kranken, verletzten oder invaliden Personen in dafür besonders ein-
gerichteten Transportmitteln (Art. 18 Ziff. 7 aMWSTG).
2.4.2 Wird ein Umsatz von der Steuer ausgenommen und wird nicht nach
Art. 26 aMWSTG für seine Versteuerung optiert, so darf die Steuer auf
den Lieferungen und den Einfuhren von Gegenständen sowie auf den
Dienstleistungen, die zwecks Erzielung eines solchen Umsatzes im In-
und Ausland verwendet werden, nicht als Vorsteuer abgezogen werden
(Art. 17 aMWSTG). In Art. 38 Abs. 2 aMWSTG ist explizit aufgeführt, wel-
che Zwecke zum Vorsteuerabzug berechtigen, nämlich: steuerbare Liefe-
rungen (Bst. a); steuerbare Dienstleistungen (Bst. b); Umsätze, für deren
Versteuerung optiert wurde (Bst. c) sowie drei Spezialfälle gemäss Bst. d,
die vorliegend nicht interessieren. In Art. 38 Abs. 4 aMWSTG wird noch-
mals wiederholt, dass namentlich von der Steuer ausgenommene Umsät-
ze nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen.
2.4.3 Im Mehrwertsteuerrecht wird der Rechnung zentrale Bedeutung bei-
gemessen. Sie ist nicht ein reiner Buchungsbeleg, sondern stellt ein wich-
tiges Indiz dafür dar, dass der Aussteller auch Leistungserbringer ist und
die mehrwertsteuerlich relevante Handlung tatsächlich erbracht hat.
Gleichzeitig erklärt der Rechnungssteller dem -empfänger, dass er die
ausgewiesene Mehrwertsteuer der ESTV abgeliefert hat oder noch ablie-
fern wird. So bildet die Rechnung dem Empfänger Ausweis dafür, auf der
Leistung laste die angegebene Steuer und berechtige ihn direkt zum ent-
sprechenden Vorsteuerabzug (BGE 131 II 185 E. 5; Urteil des Bundesge-
richts 2C_285/2008 vom 29. August 2008 E. 3.2; Urteil des Bundesver-
waltungsgerichts A-1612/2006 vom 9. Juli 2009 E. 5.2).
Aufgrund der im Mehrwertsteuerrecht der Rechnung zukommenden Be-
deutung hat sich in konstanter Rechtsprechung der Grundsatz "fakturierte
Mehrwertsteuer gleich geschuldete Mehrwertsteuer" entwickelt; dieser
Grundsatz gilt selbst für den Fall, dass die Steuer fälschlicherweise faktu-
riert worden ist oder auf der Gutschrift erscheint bzw. es sich bei den
Leistungserbringern oder den Leistungsempfängern um nicht Steuer-
pflichtige handelt (BGE 131 II 185 E. 5; Urteil des Bundesgerichts
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Seite 10
2C_285/2008 vom 29. August 2008 E. 3.3; Urteil des Bundesverwal-
tungsgerichts A-6743/2009 vom 3. Mai 2010 E. 3.2).
3.
3.1
3.1.1 Vorliegend bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, sie
besorge für die als selbständiger, unabhängiger Verein organisierte Ski-
schule X._______ das Inkasso für spezielle Produkte des Skischulange-
bots im Rahmen eines von der Skischule erteilten Vermittlungsauftrags.
Dies werde auch gegenüber dem zahlenden Gast kommuniziert. Die für
die Skischule eingenommenen Gelder würden dieser regelmässig in vol-
lem Umfang ohne Abzug einer Provision weitergeleitet. Die entsprechen-
den Belege seien dem Steuerexperten der ESTV anlässlich seiner Be-
triebskontrolle zur Verfügung gestellt worden. Es liege daher eine direkte
Dienstleistung vom Vertretenen (Skischule) an den Dritten (Gast) vor,
welche bei der Vertreterin (Beschwerdeführerin) grundsätzlich keine
Mehrwertsteuerpflicht auslöse, wenn jene – wie vorliegend – für ihre Ver-
mittlung kein Entgelt beziehe. Es sei nach dem Gesagten nicht richtig,
dass die Skischulumsätze nicht als steuerneutrale Vermittlungsleistun-
gen, sondern als eigene, selbsterbrachte Umsätze der Beschwerdeführe-
rin aufgerechnet worden seien.
Die Beschwerdeführerin argumentiert zudem, die Vorinstanz sei auf ihre
Ausführungen überhaupt nicht eingegangen, sondern habe diese lediglich
mit dem lapidaren, tatsachenwidrigen Satz abgetan, das Vermittlungsver-
hältnis komme nirgends zum Ausdruck. Dadurch habe sie offensichtlich
die Begründungspflicht und damit das rechtliche Gehör der Beschwerde-
führerin krass verletzt. Bei einer gründlichen Auseinandersetzung mit der
Darstellung der Beschwerdeführerin hätte das auch für den Gast offen-
kundige Vertretungsverhältnis zwischen den Bahnen und der Skischule
unschwer erkannt werden können.
3.1.2 Weiter erklärt die Beschwerdeführerin, selbst wenn den Überlegun-
gen der ESTV im Einspracheentscheid gefolgt würde, wäre sie – die Be-
schwerdeführerin – nicht steuerpflichtig, da Leistungen im Bereich des
Unterrichts und der Ausbildung vollumfänglich von der Steuer ausge-
nommen seien. Dementsprechend wäre höchstens eine prozentuale Kor-
rektur des Vorsteuerabzugs gerechtfertigt, nicht aber die volle Steuerauf-
rechnung.
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Seite 11
3.1.3 Zuletzt macht die Beschwerdeführerin geltend, offensichtlich spre-
che auch Art. 45a aMWSTGV gegen eine Aufrechnung der Steuern. Da-
nach dürfe es nämlich allein aufgrund von Formfehlern zu keiner Steuer-
nachbelastung kommen, sofern durch eine allfällige Nichteinhaltung einer
Formvorschrift dem Bund kein Steuerausfall entstanden sei. Gemäss der
Argumentation in der angefochtenen Verfügung sei Art. 45a aMWSTGV
hier nur deshalb nicht anwendbar – die übrigen Bedingungen würden als
erfüllt angesehen –, weil es sich bei der Skischule um eine nicht Steuer-
pflichtige handle. Diese Interpretation sei offensichtlich falsch, da Art. 45a
aMWSTGV nur Steuerausfälle aufgrund der Nichteinhaltung einer Form-
vorschrift verhindern wolle. Der Steuerausfall, weil der Vertretene nicht
mehrwertsteuerpflichtig sei, entstehe aber auch, wenn alle formellen Vor-
aussetzungen erfüllt wären.
In casu gehe es nicht um die rechtliche Definition des Stellvertreterbe-
griffs, sondern um die Frage, ob möglicherweise ein Formfehler zu einer –
unberechtigten – Steuernachbelastung führen könnte. Dies sei eindeutig
zu bejahen, da die Vorinstanz inzwischen, gestützt auf ihrerseits abge-
segnete Formulare, die genau gleiche Geschäftsabwicklung zwischen
Bahnen und Skischulen steuerneutral zulasse. Demzufolge hänge alles
an einem kleinen Aufdruck auf einem Blatt Papier, also an einer reinen
Formalität.
3.2
3.2.1 Die ESTV erläutert, die Beschwerdeführerin biete seit der Saison
[…] sogenannte Kombikarten an, die ausschliesslich bei ihr zu kaufen
seien. Der Preis für diese Kombikarten umfasse sowohl Leistungen der
Beschwerdeführerin (Mehrtageskarte) als auch Leistungen der Ski- und
Snowboardschule X._______ (Unterricht). Den Kunden sei jeweils eine
Keycard mit dem Aufdruck "Bergbahnen X._______, […] Kombikarte" ab-
gegeben worden. Nebst Ausgabedatum und -zeit und der Angabe "Kind"
bzw. "Erwachsener" sei einzig der Preis der reinen Beförderungsleistung
ersichtlich, jener für den Skischulunterricht dagegen nicht. Auch auf dem
Kassenstreifen sei nirgends ein Hinweis auf die von der Skischule er-
brachten Leistungen zu finden. Was den von der Beschwerdeführerin an-
gerufenen Art. 45a aMWSTGV betreffe, so habe das Bundesgericht er-
klärt, dieser habe die Lockerung der formellen Bedingungen für die direk-
te Stellvertretung ermöglicht, nicht aber deren rechtliche Definition verän-
dert. Dementsprechend könne einzig derjenige, der ausdrücklich im Na-
men und auf Rechnung des Vertretenen tätig sei, als direkter Stellvertre-
ter qualifiziert werden. Diesem Beurteilungsmassstab werde das Vorge-
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hen der Beschwerdeführerin nicht gerecht, da sie nachweislich ihren
Kunden gegenüber weder auf den Keycards, den Kassenstreifen, dem
Flyer noch in sonstigen schriftlichen Belegen ausdrücklich im Namen und
auf Rechnung der Skischule X._______ auftrete.
3.2.2 In der Vernehmlassung hält die ESTV daran fest, die Beschwerde-
führerin habe die Skischuleinnahmen (recte: die entsprechenden Leistun-
gen) als eigene Umsätze zu deklarieren. Sie pflichtet der Beschwerdefüh-
rerin aber insofern bei, als es sich bei diesen Einnahmen (recte: bei den
damit abgegoltenen Tätigkeiten) um von der Steuer ausgenommene Leis-
tungen handle. An dieser Beurteilung würde sich erst dann etwas ändern,
wenn den Kunden Belege abgegeben worden wären, auf denen die
Mehrwertsteuer auf dem gesamten Kombikartenpreis ausgewiesen wäre.
Die vorliegenden Akten liessen diesen Schluss jedoch nicht zu, die Steu-
er werde nur auf der Beförderungsleistung ausgewiesen. Dementspre-
chend sei die Höhe des Steuerbetrags entsprechend herabzusetzen und
habe eine verhältnismässige Kürzung des Vorsteuerabzugs zu erfolgen.
Diese Korrekturen hätten eine teilweise Gutheissung und eine Reduktion
des geschuldeten Mehrwertsteuerbetrags um Fr. […].-- zur Folge. Dar-
über hinaus sei die Beschwerde jedoch abzuweisen.
3.3
3.3.1 Die Konkretisierung der Anforderungen an die direkte Stellvertre-
tung sind in den Verlautbarungen der ESTV wie auch in der Rechtspre-
chung des Bundesgerichts uneinheitlich. Im Ergebnis ist gemäss Recht-
sprechung aber erforderlich, dass aus der Gesamtheit der Unterlagen
eindeutig hervorgehen muss, dass der Vertrag direkt zwischen dem Leis-
tungserbringer und dem Leistungsempfänger zustande gekommen und
abgewickelt worden ist. Insbesondere muss der Vertretene für den Dritten
erkennbar und aus der Gesamtheit der Unterlagen eindeutig identifiziert
werden können (E. 2.2.2). Dieses ausdrückliche Handeln im Namen und
für Rechnung des Vertretenen hat als steuermindernde bzw. -aufhebende
Tatsache die Beschwerdeführerin nachzuweisen (vgl. oben E. 1.3.2; Urteil
des Bundesgerichts 2C_229/2008 vom 13. Oktober 2008 E. 4.4).
3.3.2 In den Akten liegt lediglich eine Kopie der unter E. 3.2.1 beschrie-
benen Kombikarte, auf der nichts eindeutig auf eine Leistung der Vertre-
tenen, also der Skischule X._______, hinweist. Einzig der Begriff "Kombi-
karte" impliziert das Erbringen mehrerer Leistungen, ohne dass die Ver-
tretene daraus erkennbar wäre. Auch aus der ebenfalls beigefügten Kopie
des Kassenbelegs ist nicht mehr ersichtlich. Rechnungen betreffend die
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Skischulleistungen liegen keine bei den Akten, es gibt lediglich eine Auf-
stellung über die Umsätze. Schliesslich liegt die Kopie eines Prospekts
der Skischule X._______ im Recht. In diesem Prospekt werden bei den
Tarifen die Kombikarten mit dem Hinweis "5 Tage Unterricht und 6 Tage
Skilift" aufgeführt. Zusammen mit diesem Prospekt, der jedoch nicht von
der Beschwerdeführerin publiziert wird und den die Kunden (Dritten) nicht
zwingend zu sehen bekommen, ginge wohl aus den gesamten Umstän-
den hervor, wer die Leistungen im Zusammenhang mit der Kombikarte
erbringt. Ob dies im Bereich des Zivilrechts oder des neuen MWSTG al-
lenfalls ausreichend sein könnte, ist hier nicht zu entscheiden und hat of-
fenzubleiben; den Anforderungen des aMWSTG genügt es jedenfalls
nicht. Weitere Belege, die gemäss Beschwerdeführerin das Vermittlungs-
verhältnis belegen würden (E. 3.1.1), sind nicht vorhanden. Überdies hat
die Beschwerdeführerin auch keine weiteren Unterlagen eingereicht, wel-
che die direkte Stellvertretung (ausdrückliches Handeln im Namen und für
Rechnung des Vertretenen) bestätigen würden. Nicht ausreichend ist,
dass dem Dritten das Vertretungsverhältnis mündlich angezeigt wird.
3.3.3 An dieser Einschätzung vermag auch Art. 45a aMWSTGV, den die
Beschwerdeführerin anruft, nichts zu ändern. Auch unter dessen Berück-
sichtigung ist, wie ausgeführt (E. 2.2.4), ein ausdrückliches Auftreten des
Vermittlers im Namen und für Rechnung des Vertretenen erforderlich. Ein
solches liegt hier, wie soeben dargelegt, eben gerade nicht vor.
Ein Vertretungsverhältnis, das sich nur aus den gesamten Umständen er-
gibt, ist altrechtlich weiterhin nicht ausreichend. Diese materiellrechtliche
Erleichterung wurde erst mit dem neuen MWSTG eingeführt.
Die Beschwerdeführerin behauptet ausserdem, die Vorinstanz gewähre
mittlerweile, gestützt auf ihrerseits abgesegnete Formulare, die gleiche
Geschäftsabwicklung zwischen Bahnen und Skischulen steuerneutral.
Demzufolge hänge alles an einer reinen Formalität. Auf diese weder be-
legte noch substantiierte Behauptung ist nicht weiter einzugehen, da
schon gar nicht klar ist, ob es sich überhaupt um den gleichen Sachver-
halt handelt. Wie bereits mehrfach dargelegt, wurden die Anforderungen
an die direkte Stellvertretung unter dem neuen MWSTG gelockert. Ob
diese Änderung die von der Beschwerdeführerin behauptete andere Be-
urteilung zur Folge haben könnte, ist hier – wie ebenfalls bereits ausge-
führt – nicht zu entscheiden.
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3.3.4 Vorliegend hat die ESTV zu Recht erkannt, dass keine direkte Stell-
vertretung vorliegt, weshalb die Skischulleistungen mehrwertsteuerlich
der Beschwerdeführerin als indirekter Stellvertreterin im Sinn von Art. 11
Abs. 2 aMWSTG zuzurechnen sind.
3.4
3.4.1 Die Beschwerdeführerin macht überdies eventualiter geltend, falls
die Skischulumsätze ihr zugerechnet würden, sei zu berücksichtigen,
dass es sich um von der Steuer ausgenommene Unterrichtsleistungen
handle, die höchstens eine prozentuale Kürzung der Vorsteuerabzugs
rechtfertigten (E. 3.1.2). Die ESTV schliesst sich dieser Meinung an und
beantragt eine teilweise Gutheissung der Beschwerde (E. 3.2.2).
3.4.2 Bei den Skischulleistungen handelt es sich um von der Steuer aus-
genommene Leistungen im Sinn von Art. 18 Ziff. 11 Bst. a aMWSTG (vgl.
E. 2.3.1). Im indirekten Stellvertretungsverhältnis wird eine solche ausge-
nommene Leistung weder im Verhältnis zwischen dem Dritten und dem
Vertreter noch zwischen dem Vertreter und dem Vertretenen der Mehr-
wertsteuer unterstellt (E. 2.3.2). Da eine ausgenommene Leistung nicht
zum Vorsteuerabzug berechtigt, ist dieser anteilsmässig zu kürzen, was
auch die Beschwerdeführerin vorbringt. Dementsprechend ist den Aus-
führungen der ESTV in der Vernehmlassung zu folgen, wonach auf den
Skischulleistungen keine Mehrwertsteuer zu erheben und der Vorsteuer-
abzug zu kürzen ist, woraus eine Reduktion der gesamten Forderung um
Fr. […].-- resultiert.
4.
4.1 Was die Einnahmen aus der Beförderung von verletzten und kranken
Personen mit dem Rettungsschlitten betrifft, so führt die Beschwerdefüh-
rerin vorliegend aus, es sei zutreffend, dass diese Leistungen grundsätz-
lich von der Mehrwertsteuer ausgenommen seien. Konsequenterweise
könne bei Fremdrechnungen in diesem Zusammenhang auch kein Vor-
steuerabzug geltend gemacht werden. In der angefochtenen Verfügung
seien mit dem Hinweis auf die Rechnungsstellung durch die Beschwerde-
führerin die Einnahmen aus dem Rettungswesen der Steuer unterstellt,
auf der anderen Seite sei jedoch eine Vorsteuerkürzung vorgenommen
worden. Dieses Vorgehen widerspreche eindeutig dem Grundsatz von
Treu und Glauben, der auch im öffentlichen Recht zu beachten sei. Eine
solche Doppelbelastung (besteuern von eigentlich nicht steuerpflichtigen
Leistungen und gleichzeitige Streichung des Vorsteuerabzugs) sei nicht
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statthaft. Die von der ESTV angestellten Überlegungen zur Steueroption
gingen an der Sache vorbei.
4.2 Die ESTV macht geltend, die Beschwerdeführerin wäre nur dann zu
Vorsteuerabzügen im Zusammenhang mit der Beförderung verletzter und
kranker Personen mit dem Rettungsschlitten berechtigt, wenn ihr für die-
se grundsätzlich von der Steuer ausgenommene Tätigkeit rückwirkend
eine Option hätte bewilligt werden können. Die notwendigen Bedingun-
gen zur Gewährung einer solchen habe die Beschwerdeführerin aber zu
keinem Zeitpunkt erfüllt.
4.3 Die von der Beschwerdeführerin durchgeführten Beförderungen ver-
letzter oder kranker Personen mit dem Rettungsschlitten sind im Sinn von
Art. 18 Ziff. 7 aMWSTG von der Steuer ausgenommen. Wie Art. 38 Abs. 2
aMWSTG festhält, berechtigen aber nur steuerbare Lieferungen oder
Dienstleistungen sowie Umsätze, für deren Versteuerung optiert wurde,
zum Vorsteuerabzug, ausgenommene Umsätze dagegen nicht (vgl.
E. 2.4.2). Die Beschwerdeführerin selbst macht nicht geltend, sie habe für
die Versteuerung der Umsätze aus dem Rettungswesen optiert. Die
ESTV führt überdies aus, dass für eine rückwirkende Option die Voraus-
setzungen nicht gegeben (gewesen) wären. Da für das Bundesverwal-
tungsgericht nichts auf ein Optieren der Beschwerdeführerin hindeutet, ist
darauf nicht weiter einzugehen.
Dementsprechend bleibt es dabei, dass die von der Beschwerdeführerin
erbrachten Leistungen im Zusammenhang mit dem Rettungswesen von
der Steuer ausgenommen sind und damit nicht zum Vorsteuerabzug be-
rechtigen. Da die Beschwerdeführerin die Beförderungen mit dem Ret-
tungsschlitten in den Saisons 2004/2005 bis 2007/2008 mit Mehrwert-
steuer fakturiert hat, bleibt die Mehrwertsteuer trotzdem geschuldet. Dies
resultiert aus dem Grundsatz "fakturierte Mehrwertsteuer gleich geschul-
dete Mehrwertsteuer" (E. 2.4.3). Die von der Beschwerdeführerin gerügte
"Doppelbelastung" mag etwas stossend wirken, beruht aber auf ihrem
Fehlverhalten, wonach sie bei den ausgenommenen Leistungen die
Mehrwertsteuer fakturiert hat. Ein gegen Treu und Glauben verstossen-
des Verhalten der ESTV ist nicht ersichtlich. Folglich ist die Beschwerde
in diesem Punkt abzuweisen.

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5.
Zusammengefasst ergibt sich, dass die Beschwerde – soweit auf sie ein-
zutreten ist – teilweise gutzuheissen (E. 3.4.2), im Übrigen aber abzuwei-
sen ist (E. 4.3). Dementsprechend ist die Beschwerdeführerin zu ver-
pflichten (zusätzlich zu ihrer Selbstdeklaration), für die Steuerperioden
erstes Quartal 2005 bis viertes Quartal 2009 (1. Januar 2005 bis 31. De-
zember 2009) Fr. […].-- Mehrwertsteuer zuzüglich Zins zu bezahlen. Was
den Verzugszins anbelangt, ist zu beachten, dass ab 1. Januar 2012 ein
Zinssatz von 4 % gilt. Im Übrigen ist die Zinsforderung unbestritten. Damit
hat die Beschwerdeführerin folgenden Zins zu bezahlen: 5 % vom 30. Ap-
ril 2008 bis 31. Dezember 2009, 4,5 % vom 1. Januar 2010 bis
31. Dezember 2011 sowie 4 % seit dem 1. Januar 2012 (Art. 90 Abs. 3
Bst. b aMWSTG sowie Art. 108 Bst. a MWSTG i.V.m. Art. 1 der Verord-
nung vom 11. Dezember 2009 des EFD über die Verzugs- und Vergü-
tungszinssätze [SR 641.207.1]).
6.
6.1 In Bezug auf den gutgeheissenen Teil der Beschwerde sind der Be-
schwerdeführerin keine Kosten aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG e
contrario). Von den gesamten Verfahrenskosten, die vorliegend auf
Fr. […].-- festzusetzen sind, ist der Beschwerdeführerin ein reduzierter
Betrag im Umfang von Fr. […].-- aufzuerlegen; dieser ist mit dem geleiste-
ten Kostenvorschuss von Fr. […].-- zu verrechnen. Der darüber hin-
ausgehende Betrag von Fr. […].-- ist der Beschwerdeführerin nach
Rechtskraft des vorliegenden Urteils zurückzuerstatten. Der Vorinstanz
sind keine Kosten aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 2 VwVG).
6.2 Die Vorinstanz ist zu verpflichten, der teilweise obsiegenden Be-
schwerdeführerin eine reduzierte Parteientschädigung in der Höhe von
Fr. […].-- (inklusive Mehrwertsteuer) auszurichten (Art. 64 Abs. 1 VwVG
i.V.m. Art. 7 Abs. 1 und 2 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die
Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE,
SR 173.320.2]).


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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen,
soweit darauf eingetreten wird, im Übrigen jedoch abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin wird verpflichtet (zusätzlich zu ihrer Selbstdekla-
ration), für die Steuerperioden 1. Quartal 2005 bis 4. Quartal 2009 (1. Ja-
nuar 2005 bis 31. Dezember 2009) Fr. […].-- Mehrwertsteuer zuzüglich
Zins zu bezahlen.
2.
Die Verfahrenskosten werden der Beschwerdeführerin im Umfang von
Fr. […].-- auferlegt und dementsprechend mit dem geleisteten Kostenvor-
schuss von Fr. […].-- verrechnet. Der restliche Betrag in der Höhe von
Fr. […].-- wird der Beschwerdeführerin nach Rechtskraft des vorliegenden
Urteils zurückerstattet.
3.
Die Vorinstanz wird verpflichtet, der Beschwerdeführerin eine reduzierte
Parteientschädigung in der Höhe von Fr. […].-- (inklusive Mehrwertsteuer)
zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil geht an:
– die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)
– die Vorinstanz (Ref-Nr. …; Gerichtsurkunde)

(Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.)

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:



Markus Metz Ursula Spörri

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Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bun-
desgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen An-
gelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 des Bundesge-
richtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die Rechtsschrift
ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Be-
gründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der
Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).
Versand: