A-2761/2009 - Abteilung I - Radio- und Fernsehempfangsgebühren - Radio- und Fernsehempfangsgebühren
Karar Dilini Çevir:
A-2761/2009 - Abteilung I - Radio- und Fernsehempfangsgebühren - Radio- und Fernsehempfangsgebühren
Abtei lung I
A-2761/2009
{T 0/2}
U r t e i l v o m 2 3 . O k t o b e r 2 0 0 9
Richterin Marianne Ryter Sauvant (Vorsitz),
Richter Beat Forster, Richterin Kathrin Dietrich,
Gerichtsschreiber Cesar Röthlisberger.
R._______
Beschwerdeführer,
gegen
Billag AG,
av. de Tivoli 3, 1700 Freiburg,
Erstinstanz,
Bundesamt für Kommunikation BAKOM,
Zukunftstrasse 44, Postfach, 2501 Biel,
Vorinstanz.
Radio- und Fernsehempfangsgebühren.
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
Besetzung
Parteien
Gegenstand
A-2761/2009
Sachverhalt:
A. R._______ ist seit dem 1. April 1998 bei der Schweizerischen Er-
hebungsstelle für Radio- und Fernsehempfangsgebühren, der Bil-
lag AG (nachfolgend: Billag), für den privaten Radio- und Fernsehemp-
fang angemeldet. Bis am 31. Dezember 2000 hat er die an seine da-
malige Geschäfts- und Privatadresse von der Billag zugesandten
Rechnungen fristgerecht bezahlt.
B. Am 1. Januar 2001 war R._______ privat umgezogen und benutzte
die Räumlichkeiten an seiner bisherigen Adresse nur noch als Büro.
Da die Billag weder eine Meldung betreffend Adressänderung noch
eine Abmeldung vernehmen konnte, blieb dieser weiterhin als Gebüh-
renpflichtiger unter der bisherigen Adresse angemeldet. Die Gebüh-
renrechnungen konnten indessen nicht mehr zugestellt werden, wes-
halb diese weder beglichen noch eingetrieben wurden. Erst als sich
R._______ am 31. Oktober 2006 wieder für den privaten Radio- und
Fernsehempfang anmeldete, konnte die Billag die bereits bestehende
Anmeldung vom 1. April 1998 seiner aktuellen Adresse zuordnen und
mit der neuen Anmeldung vereinen. Die bereits bezahlten Gebühren
wurden angerechnet.
C. Mit Schreiben vom 2. April 2007 stellte die Billag R._______ die
ausstehenden (und noch nicht verjährten) Gebühren von insgesamt
Fr. 2'317.85 für den Zeitraum vom 1. Mai 2002 bis am 30. Juni 2007 in
Rechnung.
D. Mit Schreiben vom 24. April 2007 akzeptierte R._______ die Rech-
nung für den Zeitraum vom 1. Dezember 2006 bis am 30. Juni 2007 im
Betrag von Fr. 265.60 entsprechend seiner neuerlichen Anmeldung. Er
war hingegen nicht bereit, die restlichen Gebühren in der Höhe von
insgesamt Fr. 2'052.25 für den Zeitraum vom 1. Mai 2002 bis am
30. November 2006 zu bezahlen.
E. Am 20. Juni 2007 verfügte die Billag den Nachbezug der Gebühren
für den privaten Radio- und Fernsehempfang für den Zeitraum vom
1. Mai 2002 bis am 30. Juni 2007 in der Höhe von insgesamt
Fr. 2'317.85. Sie begründete den Nachbezug damit, dass sich
R._______ für den fraglichen Zeitraum nie abgemeldet oder eine Ad-
ressänderung mitgeteilt habe, weshalb die Rechungen nicht mehr hät-
ten zugestellt werden können. Unzustellbarkeit der Rechnungen be-
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deute jedoch nicht, dass deshalb keine Gebührenpflicht mehr bestehe.
Eine Abmeldung könne frühstens auf Ende desjenigen Monats erfol-
gen, in welchem die schriftliche Abmeldung erfolgt sei. Da R._______
erst am 24. April 2007 eine diesbezügliche Meldung gemacht habe
und er mittlerweile wieder über betriebsbereite Empfangsgeräte verfü-
ge, sei eine nachträgliche Abmeldung ausgeschlossen und er unterlie-
ge ununterbrochen der Gebührenpflicht. Das Gesetz verpflichte die
Billag, fällige Gebühren bis fünf Jahre rückwirkend nachzufordern.
F. Gegen die Verfügung der Billag (nachfolgend: Erstinstanz) erhob
R._______ am 19. Juli 2007 bei dieser Einsprache bzw. wurde das
Schreiben nach Weiterleitung vom Bundesamt für Kommunikation (BA-
KOM) als Beschwerde entgegengenommen. In seiner Begründung
brachte R._______ vor, nach dem privaten Wegzug von seiner frühe-
ren Adresse seien sämtliche Postsendungen an diese nunmehr ge-
schäftliche Adresse via Postfach an ihn gelangt. Dies sei im Übrigen
heute noch der Fall. Vom 1. Januar 2001 bis zu seiner neuerlichen An-
meldung per 1. Dezember 2006 habe er weder privat (als Untermieter)
noch im Geschäft betriebsbereite Empfangsgeräte gehabt. Es sei
denkbar, dass per 1. Januar 2001 eine Abmeldung erfolgt sei. Er sei
nicht bereit, nicht verursachte Gebührenrechnungen zu bezahlen.
G. Mit Entscheid vom 26. März 2009 wies das BAKOM die Beschwer-
de ab. In seiner Begründung bestätigt es die Erstinstanz und führt er-
gänzend aus, dass es sich bei den Radio- und Fernsehempfangsge-
bühren um Regalgebühren handle, welche nicht an einen bestimmten
Ort, sondern an eine bestimmte Person gebunden seien. Es obliege
der betroffenen Person, die Einstellung des Betriebes ihrer Empfangs-
geräte zu melden. Verletze sie diese Mitwirkungspflicht, bleibe sie wei-
terhin gebührenpflichtig. Nach der bundesgerichtlichen Rechtspre-
chung sei es nicht zu beanstanden, wenn die Erstinstanz die Mitwir-
kungspflicht relativ streng handhabe und eine deutliche Mitteilung (Ab-
meldung) verlange, da es sich um eine Massenverwaltung handle.
R._______ sei für die Abmeldung – trotz amtlicher Pflicht zur Sachver-
haltsermittlung – grundsätzlich beweispflichtig. Vorliegend habe der
Beweis nicht erbracht werden können, weshalb dieser die Folgen der
Beweislosigkeit tragen müsse.
H. Mit Schreiben vom 1. Mai 2009 nimmt R._______ (nachfolgend:
Beschwerdeführer) Stellung zum Entscheid des BAKOM (nachfolgend:
Vorinstanz) vom 26. März 2009. Das Schreiben wurde sinngemäss als
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Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung der vorinstanzlichen Verfü-
gung entgegen genommen. In seiner Begründung wiederholt der Be-
schwerdeführer, dass an seine frühere Adresse adressierte Postsen-
dungen auch heute noch in sein Postfach gelangten. Die betreffende
Poststelle könne dies jederzeit bezeugen. Die Erstinstanz sei pflichtig,
ihm zu beweisen, dass deren Postsendungen, welche scheinbar bei
ihm nicht zustellbar gewesen seien, refusiert worden seien. Er gehe
eher davon aus, dass aufgrund einer mündlichen Kommunikation keine
Rechnungsstellung mehr erfolgt sei, was der Situation entsprechend
auch richtig gewesen sei.
I. In ihrer Vernehmlassung vom 23. Juni 2009 beantragt die Vorinstanz
die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden
kann. Zur Betonung ihrer bisherigen Begründung weist sie darauf hin,
dass auch die zusätzliche Anfrage vom 10. März 2009 bei der Erstins-
tanz keinen Hinweis auf eine Abmeldung hervorgebracht habe.
J. Die ebenfalls zur Äusserung eingeladene Erstinstanz hält in einer
Stellungnahme vom 24. Juni 2009 an ihrer bisherigen Begründung fest
und beantragt dementsprechend die Abweisung der Beschwerde. In
ihren Ausführungen unterstreicht sie, dass der Beschwerdeführer erst-
mals am 24. April 2007 eine schriftliche Meldung gemacht habe, wel-
che Aufschluss über das Vorhandensein der Empfangsgeräte gebe.
Folglich habe von Gesetzes wegen eine Abmeldung frühestens auf
den 30. April 2007 stattfinden können. Dies sei jedoch nicht gemacht
worden, da der Beschwerdeführer unbestrittenermassen seit dem
1. November 2006 wieder Geräte besitze.
K. In der Replik vom 14. August 2009 hält der Beschwerdeführer an
seiner bisherigen Auffassung fest. Zu Veranschaulichung dokumentiert
er ausführlich seine privaten und geschäftlichen Adressewechsel von
Ende 2000 bis zum 1. Dezember 2006.
L. In der Vernehmlassung zur Replik vom 2. September 2009 hält die
Vorinstanz an Antrag und Begründung fest. Die Erstinstanz verweist in
der Stellungnahme vom 26. August 2009 auf ihre bisherigen Ausfüh-
rungen.
M. In seinen Schlussbemerkungen vom 25. September 2009 behaup-
tet der Beschwerdeführer nun ausdrücklich, dass er sich telefonisch
per 1. Januar 2001 abgemeldet und aus diesem Grund keine Gebüh-
renrechnungen mehr erhalten habe. Er habe in seiner Replik bewie-
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sen, dass die Zustellbarkeit von Rechnungen jederzeit gewährleistet
gewesen sei. Betreffend die Zeit zwischen dem 1. Januar 2001 und
dem 1. Dezember 2006 präzisiert bzw. korrigiert der Beschwerdeführer
zudem, es habe ein Untermietverhältnis ohne separaten Haushalt be-
standen.
N. Auf die übrigen Ausführungen und Unterlagen wird – soweit ent-
scheiderheblich – im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen einge-
gangen.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das
Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG,
SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden
gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezem-
ber 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021), sofern
keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt. Als Vorinstanzen gelten
die in Art. 33 und 34 VGG genannten Behörden. Da im Bereich der
Radio- und Fernsehgebühren keine Ausnahme vorliegt und das
BAKOM eine Behörde im Sinne von Art. 33 Bst. d VGG ist, befindet
das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Verfügungen
des BAKOM im Bereich der Radio- und Fernsehgebühren.
1.2 Nach Art. 37 VGG richtet sich das Verfahren vor dem Bundesver-
waltungsgericht nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes be-
stimmt.
1.3 Zur Beschwerde ist nach Art. 48 Abs. 1 VwVG berechtigt, wer vor
der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur
Teilnahme erhalten hat, durch die angefochtene Verfügung besonders
berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder
Änderung hat. Als formeller Verfügungsadressat hat der Beschwerde-
führer ohne weiteres ein aktuelles, schutzwürdiges Interesse an der
Aufhebung des angefochtenen Entscheides der Vorinstanz vom
26. März 2009. Er ist zur Beschwerde legitimiert.
1.4 Auf die im Übrigen frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde
(Art. 50 und 52 VwVG) ist einzutreten.
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2.
Betreffend das Anliegen des Beschwerdeführers, eine gütliche
Einigung zu finden, ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der
Verfügung der Erstinstanz bzw. beim Entscheid der Vorinstanz um
hoheitliche Akte handelt, welche ohne Ergreifung eines Rechtsmittels
nach Ablauf der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft erwachsen und damit
grundsätzlich unabänderlich werden. Eine gütliche Einigung zwischen
der verfügenden Behörde und dem Privaten ist im öffentlichen Recht
nur ausnahmsweise zulässig, wenn das Gesetz diese Handlungsform
vorsieht oder einen entsprechenden Spielraum belässt, was – wie die
nachfolgenden Erwägungen zeigen werden – vorliegend nicht der Fall
ist (vgl. ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines
Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2006, Rz. 1071).
Die Entgegennahme des Schreibens vom 1. Mai 2009 als Beschwerde
ermöglicht die nochmalige Überprüfung durch das Bundesverwal-
tungsgericht und liegt somit im Interesse des Beschwerdeführers.
3.
Gegenstand des vorliegenden Streites bildet die Frage, ob dem
Beschwerdeführer die Gebühren für den privaten Radio- und
Fernsehempfang für den Zeitraum vom 1. Mai 2002 bis am
30. November 2006 in der Höhe von Fr. 2'052.25 zu Recht in
Rechnung gestellt wurden. Die Gebühren für den Zeitraum vom
1. Dezember 2006 bis am 30. Juni 2007 in der Höhe von Fr. 265.50
wurden nicht angefochten und bilden nicht Streitgegenstand.
4.
4.1 Am 1. April 2007 sind das neue Bundesgesetz vom 24. März 2006
über Radio und Fernsehen (RTVG, SR 784.40) und die neue Radio-
und Fernsehverordnung vom 9. März 2007 (RTVV, SR 784.401) in
Kraft getreten. Grundsätzlich sind jene Normen anwendbar, die im
Zeitpunkt der Verwirklichung des rechtlich zu ordnenden oder zu
Rechtsfolgen führenden Tatbestandes in Kraft waren. Anders ausge-
drückt sind Erlasse auf jene Sachverhalte anwendbar, die zwischen In-
kraftsetzung und Ausserkraftsetzung entstanden sind (vgl. RENÉ RHINOW
/ BEAT KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergän-
zungsband, Basel und Frankfurt a.M. 1990, Nr. 15 B I; PIERRE TSCHANNEN
/ULRICH ZIMMERLI, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage, Bern 2005,
§ 24 Rz. 9).
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4.2 Der vorliegende Streit dreht sich um Forderungen der Erstinstanz
gegen den Beschwerdeführer, die in der Periode vom 1. Mai 2002 bis
am 30. November 2006, und damit vor Inkrafttreten des neuen Rechts,
entstanden sind. Die Verfügung der Erstinstanz vom 20. Juni 2007 so-
wie der Entscheid der Vorinstanz vom 26. März 2009 ergingen zwar
nach Inkrafttreten des neuen Rechts, beschränken sich jedoch in ih-
rem Gehalt darauf, den vor Inkrafttreten des neuen Rechts abge-
schlossenen Sachverhalt, d.h. den Bestand der Forderungen, festzu-
stellen.
4.3 Aus diesen Gründen kommt für die materielle Beurteilung des vor-
liegenden Streits – entgegen der Auffassung der Vorinstanzen – das
alte Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über Radio und Fernsehen
(RTVG 1991, AS 1992 601) und die alte Radio- und Fernsehverord-
nung vom 6. Oktober 1997 (RTVV 1997, AS 1997 2903) zur Anwen-
dung (vgl. hierzu die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts
A-7510/2006 vom 2. Juli 2007 E. 3.1 und A-7511/2006 vom 2. Juli
2007 E. 3.1.).
5.
5.1 Wer Radio- und Fernsehprogramme empfangen will, muss dies
der zuständigen Behörde vorgängig melden. Er hat eine Empfangsge-
bühr zu bezahlen (Art. 55 Abs. 1 RTVG 1991). Nach stetiger Recht-
sprechung handelt es sich dabei um eine sog. Regalabgabe. Dies be-
deutet, die Gebühr ist für das Recht geschuldet, Programme zu emp-
fangen, und zwar unabhängig davon, welche und wieviele Personen in
einem Haushalt die Geräte benutzen, welche Programme empfangen
werden oder ob die Geräte überhaupt benutzt werden (vgl. BGE 121 II
183 E. 3a; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-2247/2006 vom
28. März 2007 E. 3 und A-2348/2006 vom 14. August 2007 E. 4.1).
Die Gebührenpflicht beginnt am ersten Tag des Monats nach der Vor-
bereitung oder der Inbetriebnahme des Empfangsgerätes. Sie endet
am letzten Tag des Monats, in dem die Einstellung des Betriebs mitge-
teilt wird (Art. 44 Abs. 2 RTVV 1997). Der Empfänger muss Änderun-
gen meldepflichtiger Sachverhalte der zuständigen Behörde, d.h. der
Gebührenerhebungsstelle, mitteilen (Art. 41 Abs. 2 RTVV 1997). Seit
dem 1. August 2001 hat die Meldung zwingend schriftlich zu erfolgen
(AS 2001 1680).
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Die genannten Bestimmungen sind für den vorliegenden Fall in zweifa-
cher Hinsicht relevant.
5.2 Erstens kann eine einmal bestehende Gebührenpflicht aus-
schliesslich durch eine ordnungsgemässe Abmeldung seitens des Ge-
bührenpflichtigen beendet werden. Die Praxis des Bundesgerichts
stellt klare Anforderungen an die Melde- bzw. Mitwirkungspflicht derje-
nigen Personen, die Radio- und Fernsehprogramme empfangen oder
den Empfang einstellen wollen. So hält die Rechtsprechung fest, es sei
nicht zu beanstanden, dass die Erstinstanz diese Mitwirkungspflicht
relativ streng handhabe und eine deutliche Mitteilung verlange, wenn
die Gebührenpflicht ablaufe, da es sich beim Inkasso der fraglichen
Gebühren um Massenverwaltung handle (vgl. Urteil des Bundesge-
richts 2A.621/2004 vom 3. November 2004 E. 2.2; Urteile des Bundes-
verwaltungsgericht A-4466/2008 vom 3. Februar 2009, A-2348/2006
vom 14. August 2007 und A-2276/2006 vom 1. März 2007).
5.3 Zweitens ist eine Beendigung zeitlich erst nach Eingang der Mel-
dung – am letzten Tag des Monats, in dem die Einstellung des Betrie-
bes mitgeteilt wird (Art. 44 Abs. 2 Satz 2 RTVV 1997) – möglich. Eine
rückwirkende Beendigung ist somit unabhängig von den tatsächlichen
Verhältnissen durch den Wortlaut des Gesetzes ausgeschlossen (vgl.
Urteil des Bundesgerichts 2C.629/2007 vom 13. März 2008 E. 2.1).
Anders ausgedrückt kann eine Person, die sich einmal für den Radio-
und Fernsehempfang angemeldet hat, selbst dann der Gebührenpflicht
unterliegen, wenn sie tatsächlich gar keine (betriebsbereiten) Emp-
fangsgeräte mehr zum Betrieb bereit hält oder betreibt. Der Grund für
eine solche Regelung besteht im Wesen der Empfangsgebühr als Re-
galabgabe. Solange der Gebührenpflichtige angemeldet ist, hat er das
Recht, Radio- und Fernsehprogramme zu empfangen. Allein für dieses
Recht, und nicht für das tatsächliche Empfangen, ist die Empfangsge-
bühr geschuldet.
5.4 Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer seit dem 1. April 1998
bei der Erstinstanz für den privaten Radio- und Fernsehempfang ange-
meldet ist und bis Ende Dezember 2000 die Empfangsgebühren frist-
gerecht bezahlt hat. Zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 30. No-
vember 2006 konnten ihm die Gebührenrechnungen infolge seines
Umzuges offenbar nicht mehr zugestellt werden. Nach Auffassung des
Beschwerdeführers sei es der Situation entsprechend auch richtig,
dass in dieser Zeit keine Rechnungsstellung mehr erfolgt sei, da er
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während dieser Zeit keine betriebsbereiten Empfangsgeräte gehabt
bzw. nicht in einem separaten Haushalt gewohnt habe. Aus den so-
eben gemachten Erwägungen geht indessen hervor, dass die Auffas-
sung, wonach es auf das tatsächliche Vorhandensein bzw. Betreiben
von Empfangsgeräten ankomme, nicht mit der gesetzlichen Regelung
zu vereinbaren ist. Vielmehr hätte der Beschwerdeführer zur Beendi-
gung der Gebührenpflicht die Änderung des Sachverhaltes, d.h. das
Nicht-Mehr-Vorhandensein von betriebsbereiten Empfangsgeräten, der
Erstinstanz melden müssen (Art. 41 Abs. 2 i.V.m. Art. 44 Abs. 2 Satz 2
RTVV 1997). Bis am 31. Juli 2001 hätte er sich auch noch mündlich
abmelden können. Seit dem 1. August 2001 ist eine schriftliche Mel-
dung zwingend.
5.5 Im Verwaltungsverfahren gilt das Untersuchungsprinzip, d.h. die
Behörden haben den Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären und
sind für die Beschaffung der Entscheidungsgrundlagen verantwortlich.
Die Parteien tragen weder eine Behauptungs- noch eine Beweisfüh-
rungslast. Der Untersuchungsgrundsatz ändert aber nichts an der Ver-
teilung der materiellen Beweislast, d.h. an der Regelung der Folgen
der Beweislosigkeit. Kann ein Sachverhalt nicht bewiesen werden,
muss jeweils diejenige Partei die Folgen tragen, welche daraus Rechte
ableiten will (analog zu Art. 8 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches
vom 10. Dezember 1907 [ZGB, SR 210]; Urteil des Bundesverwal-
tungsgerichts A-6559/2008 vom 8. Juni 2009 E. 5; vgl. auch
HÄFELIN/MÜLLER/ UHLMANN, a.a.O., Rz. 1623). Da der Beschwerdeführer
für den fraglichen Zeitraum nicht der Gebührenpflicht unterliegen will,
ist er mit dem Beweis der Abmeldung belastet. Misslingt dieser Be-
weis, hat er die Folgen zu tragen, d.h. er schuldet die Empfangsgebüh-
ren.
5.6 Trotz der zusätzlichen Anfrage der Vorinstanz vom 10. März 2009
konnte weder eine schriftliche Abmeldung noch eine entsprechende
Telefonnotiz für den besagten Zeitraum gefunden werden. Auch der
Beschwerdeführer selber hat keine Beweise für eine rechtzeitige Ab-
meldung vorgelegt, sondern sich auf die Behauptung beschränkt, es
sei per 1. Januar 2001 eine Abmeldung erfolgt. Erst mit Schreiben vom
24. April 2007 teilte dieser erstmals nachweislich mit, dass er zwi-
schenzeitlich über keine betriebsbereiten Empfanggeräte verfügt habe.
Damit kann der Beweis für eine rechtzeitige Abmeldung für den vorlie-
gend streitigen Zeitraum vom 1. Mai 2002 bis am 30. November 2006
nicht erbracht werden. Eine rückwirkende Abmeldung aufgrund der
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Mitteilung vom 24. April 2007 ist durch den klaren Gesetzeswortlaut
ausgeschlossen, weil die Abmeldung erst am letzten Tag des Monats,
in welchem die Mitteilung eingegangen ist, erfolgen kann (vgl. E. 5.3).
5.7 Aus dem Gesagten folgt auch, dass der Umzug des Beschwerde-
führers vorliegend nicht ausschlaggebend ist. Es ist nämlich nicht so,
dass man nach einem Umzug nur dann am neuen Ort der Gebühren-
pflicht unterliegt, wenn man sich dort wieder anmeldet. Vielmehr bleibt
eine angemeldete Person, unabhängig von einem Ortwechsel, bis zur
ordnungsgemässen Abmeldung gebührenpflichtig. Aufgrund der Mit-
wirkungspflicht obliegt es dem Radio- und Fernsehempfänger, stets
seine aktuelle Adresse der Erstinstanz mitzuteilen. Die Zustellbarkeit
der Rechnungen ist dabei bloss eine administrative Frage. Können
Rechnungen – aus welchen Gründen auch immer – nicht zugestellt
werden, hat dies grundsätzlich keinen Einfluss auf die Rechtslage. Aus
diesem Grund ist es entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers
auch nicht so, dass die Erstinstanz die Unzustellbarkeit beweisen
müsste (vgl. auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-4755/2008
vom 10. März 2009 E. 4.2 ff.).
5.8 Aus diesen Gründen unterlag der Beschwerdeführer während des
vorliegend streitigen Zeitraums vom 1. Mai 2002 bis am 30. November
2006 ununterbrochen der Gebührenpflicht.
6.
6.1 Schliesslich ist im Verwaltungsverfahren von Amtes wegen zu prü-
fen, ob die von der Vorinstanz in Rechnung gestellten Gebühren ver-
jährt sind.
6.2 Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre und beginnt mit Fälligkeit
der einzelnen Gebühr (Art. 47 Abs. 2 RTVV 1997). Das neue Recht
bestimmt nun ausdrücklich, dass die einzelne Gebühr jeweils am ers-
ten Tag des Monats (für den sie geschuldet ist) fällig wird (Art. 61
Abs. 1 RTVV). Altrechtlich kann nicht anderes gelten, da auch gemäss
Art. 44 Abs. 2 Satz 1 RTVV 1997 die Gebührenpflicht am ersten Tag
des Monats (für den sie geschuldet ist) beginnt.
6.3 Die Erstinstanz fordert die Gebühren seit dem 1. Mai 2002 nach.
Die "älteste" in Rechnung gestellte Gebühr wurde damit am 1. Mai
2002 fällig und verjährte grundsätzlich am 2. Mai 2007.
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Während es im Privatrecht zur Unterbrechung der Verjährung qualifi-
zierter Rechtshandlungen bedarf, bestehen diesbezüglich im öffentli-
chen Recht erleichterte Möglichkeiten. Im Verwaltungsrecht kann
schon die blosse Mitteilung einer Forderung oder die Zustellung einer
formellen Mahnung und jede behördliche Einforderungshandlung, die
in geeigneter bzw. genügend bestimmter Weise die Forderung geltend
macht, die Verjährung unterbrechen (vgl. Urteile des Bundesgerichts
2A.553/2003 vom 22. August 2003 E. 4.7 und 2A.319/2002 vom 6. De-
zember 2002 E 2.3 mit weiteren Hinweisen; Urteile des Bundesverwal-
tungsgerichts B-5894/2007 und A-6006/2008 vom 26. August 2009;
ATTILIO GADOLA, Verjährung und Verwirkung im öffentlichen Recht, AJP
1/1995, S. 47-59; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., Rz. 777).
6.4 Die Erstinstanz hat vor Eintritt der Verjährung am 2. April 2007 die
ausstehenden Gebühren mit einer entsprechenden Begründung in
Rechnung gestellt. Diese Handlung ist nach der zitierten Lehre und
Rechtsprechung eine geeignete und genügend bestimmte Zahlungs-
aufforderung, um die Verjährung zu unterbrechen, d.h. die Verjäh-
rungsfrist begann von da an neu zu laufen (analog zu Art. 137 Abs. 1
des Obligationenrechts vom 30. März 1911 ([OR, SR 220]). Die ange-
fochtenen Gebühren sind deshalb nicht verjährt.
7.
Im Ergebnis hat die Erstinstanz die Gebühren für den privaten Radio-
und Fernsehempfang für den Zeitraum vom 1. Mai 2002 bis am
30. November 2006 in der Höhe von Fr. 2'052.25 zu Recht in Rech-
nung gestellt. Die Anwendung des alten anstelle des neuen Rechts hat
im Ergebnis nichts geändert (vgl. E. 4.3). Da das Bundesverwaltungs-
gericht nicht an die Begründung der Vorinstanz gebunden ist (Art. 64
Abs. 4 VwVG), kann es den angefochtenen Entscheid im Ergebnis
auch mit einer abweichenden Begründung bestätigen (vgl. Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts B-7406/2006 vom 1. Juni 2007). Die Be-
schwerde ist abzuweisen.
8.
8.1 Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die
Verfahrenskosten von Fr. 500.- zu tragen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Diese
sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss in derselben Höhe zu ver-
rechnen (Art. 5 Abs. 3 der Verordnung vom 10. September 1969 über
Kosten und Entschädigungen im Verwaltungsverfahren [SR
172.041.0]).
Seite 11
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8.2 Angesichts seines Unterliegens steht dem Beschwerdeführer kei-
ne Parteientschädigung zu (Art. 64 Abs. 1 VwVG; Art. 7 Abs. 1 des
Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigun-
gen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt. Sie werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss von
Fr. 500.- verrechnet.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil geht an:
- den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)
- die Vorinstanz (Einschreiben)
- die Erstinstanz (Gerichtsurkunde)
- das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr und Energie
und Kommunikation UVEK (Gerichtsurkunde)
Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.
Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:
Marianne Ryter Sauvant Cesar Röthlisberger
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim
Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-
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rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100
des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).
Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die
Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die
Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die
Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in
Händen hat, beizulegen (vgl. Art. 42 BGG).
Versand:
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