A-1388/2006 - Abteilung I - Mehrwertsteuer - MWST (1. Quartal 1996 - 3. Quartal 2000); Stellver...
Karar Dilini Çevir:
A-1388/2006 - Abteilung I - Mehrwertsteuer - MWST (1. Quartal 1996 - 3. Quartal 2000); Stellver...

Abtei lung I
A-1388/2006
{T 0/2}
Urteil vom 11. Oktober 2007
Mitwirkung: Richter Markus Metz (Vorsitz), Pascal Mollard, Michael
Beusch; Gerichtsschreiber Jürg Steiger
X._______AG,
Beschwerdeführerin,
gegen
Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer,
Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern,
Vorinstanz
betreffend
Mehrwertsteuer (MWSTV; 1. Quartal 1996 - 3. Quartal 2000;
Gruppenbesteuerung, Berechnung des Entgelts, Stellvertretung,
Leasinggeschäfte; Formmängel).
B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l
T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e
T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l
2Sachverhalt:
A. Die X._______AG (vormals: A._______AG) mit Sitz in Winterthur betreibt
vorwiegend den Handel mit Motorfahrzeugen und deren Ersatz- und
Zubehörteilen sowie den Betrieb einer Werkstätte für Reparaturen und
Unterhalt von Fahrzeugen aller Art. Sie ist seit dem 1. Januar 1995 unter
der Nummer (...) im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen bei der
Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) eingetragen. Ab dem 1. Juli
1997 erfolgte die Gruppenbesteuerung mit der X._______AG als
Grupppenträgerin und der B._______AG, der C._______AG und der
D._______AG – für letztere gültig ab 1. April 1998 – als Gruppen-
Mitglieder. Im Januar und Februar 2001 führte die ESTV bei der Gruppe
eine Mehrwertsteuerkontrolle betreffend die Periode 1. Januar 1996 bis
30. September 2000 durch, die auch die D._______AG umfasste. Die
daraus entstehenden Differenzen führten zur Ergänzungsabrechnung (EA)
Nr. 249'441 vom 29. März 2001, mit der die ESTV Fr. 186'056.-- zuzüglich
5% Verzugszins seit dem 28. Februar 1999 (mittlerer Verfall) geltend
machte. Der Nachbelastung lag der Umstand zugrunde, dass die
X._______AG und die D._______AG anlässlich der Fakturierung an
Leasingfirmen die erste Miete sowie einmalige Grundgebühren etc. an den
Leasingnehmer separat inklusive Mehrwertsteuer fakturierten, aber nicht
versteuerten, respektive auf dem Mehrwertsteuer-Journal bei der Faktura
an die Leasingfirma wieder in Abzug brachten.
B. Da die X._______AG mit der Rechnungsstellung nicht einverstanden war,
erliess die ESTV am 27. November 2002 einen förmlichen Entscheid. Am
20. Dezember 2002 reichte die X._______AG dagegen Einsprache ein und
wandte sich gegen die Belastungen von Fr. 80'152.25 (EA Nr. 249'441
Seite A Ziffer 1 betreffend die X._______AG) und Fr. 97'472.01 (EA
Nr. 249'441 Seite B betreffend die D._______AG). Die X._______AG
begründete, im Journal würden einzig Rabatte und Preisnachlässe negativ
ausgewiesen. Aus diesem Journal gehe klar hervor, dass diese Geschäfte,
wenn auch über zwei Teilrechnungen, vollumfänglich mit der
Mehrwertsteuer abgerechnet würden.
C. Mit dem Einspracheentscheid vom 16. September 2004 wies die ESTV die
Einsprache der X._______AG ab und begründete, die X._______AG
verkaufe einen Neuwagen im Leasing an einen Kunden, die
Leasingfinanzierung erfolge über die E._______AG (am 7. März 2003
umfirmiert in F._______AG). Wie bei Leasinggeschäften üblich, werde das
Eigentum am Fahrzeug an die Finanzierungsgesellschaft übertragen,
während das Fahrzeug selbst dem Kunden übergeben werde. Die
X._______AG stelle für die Abwicklung des Geschäfts einerseits dem
Kunden im eigenen Namen die einmalige Grundgebühr, die Kaution sowie
die erste Miete in Rechnung und weise die Mehrwertsteuer offen aus.
Gegenüber der Finanzierungsgesellschaft stelle die X._______AG eine
weitere Rechnung aus, in welcher zwar das volle Entgelt für die Lieferung
des Fahrzeugs aufgeführt sei, aber der dem Kunden in Rechnung gestellte
Betrag abgezogen werde. Erst auf dem sich nach der Verrechnung
3ergebenden Betrag habe die X._______AG die Mehrwertsteuer berechnet
und offen ausgewiesen. Für die Lieferung des Neuwagens an die
Finanzierungsgesellschaft sei in der Regel noch ein zweiter Beleg
ausgestellt worden. Die Finanzierungsgesellschaft habe für jedes
Fahrzeug eine Rechnung ausgestellt, welche die X._______AG mit dem
eigenen Firmenstempel und der eigenen Mehrwertsteuernummer ergänzt
habe. In diesen Rechnungen werde die X._______AG als Lieferant
bezeichnet. Als Entgelt werde der volle Verkaufspreis (inkl. Optionen,
Zubehör und Rabatt) ausgewiesen und die Mehrwertsteuer auf diesem
berechnet. Die X._______AG habe diese Rechnung nicht verbucht und die
ausgewiesene Mehrwertsteuer gegenüber der ESTV nicht deklariert,
obwohl gemäss ihren Angaben die Finanzierungsgesellschaft den
Vorsteuerabzug aufgrund dieser Rechnung vorgenommen habe. Gleich
ging die D._______AG vor.
Die X._______AG mache im Wesentlichen geltend, die Geschäfte würden
voll mit der Mehrwertsteuer abgerechnet, wenn auch über zwei
Teilrechnungen. Die X._______AG gehe offensichtlich davon aus, dass sie
beim Verkauf eines Fahrzeugs im Leasing nur ein Umsatzgeschäft,
nämlich die Lieferung des Fahrzeuges an die Finanzierungsgesellschaft
tätige. Dem sei nicht so. Beim Verkauf eines Fahrzeugs im Leasing tätige
die X._______AG zwei Umsatzgeschäfte. Erstens stelle sie dem
Leasingnehmer die Grundgebühr und die erste Miete sowie die Kaution im
eigenen Namen in Rechnung und zweitens liefere sie, mittels Übertragung
des Eigentums, das Fahrzeug an die Finanzierungsgesellschaft. Beim
ersten Umsatzgeschäft handle die X._______AG als indirekter
Stellvertreter, d.h. sie fakturiere die Grundgebühr und erste Miete im
eigenen Namen aber wohl auf Rechnung der Finanzierungsgesellschaft.
Bei einer indirekten Stellvertretung lägen zwei Umsatzgeschäfte vor,
nämlich eines zwischen dem Konsumenten, hier dem Leasingnehmer, und
dem (indirekten) Stellvertreter, hier die X._______AG, einerseits und ein
weiteres zwischen dem (indirekten) Stellvertreter und dem Vertretenen,
hier der Finanzierungsgesellschaft, andererseits. Für den ersten Umsatz
habe die X._______AG die Beträge zu Recht mit der Mehrwertsteuer in
Rechnung gestellt. Entgelt für die Lieferung an die Leasinggesellschaft sei
aber nicht bloss der Aufpreis, sondern der volle Verkaufspreis. Mit ihrer
Vorgehensweise habe die X._______AG gegen das Bruttoprinzip
verstossen. Zu beachten sei überdies, dass die X._______AG für jeden
Verkauf eines Fahrzeugs in Zusammenarbeit mit der
Finanzierungsgesellschaft einen zweiten Beleg, eine Gutschrift über den
vollen Verkaufspreis, erstellt habe. Dies führe dazu, dass für ein und
dasselbe Geschäft zwei unterschiedliche Belege vorhanden seien;
einerseits die Rechnung der X._______AG, bei der die Steuer nur auf dem
Aufpreis ausgewiesen sei und anderseits die korrekte Gutschrift der
Finanzierungsgesellschaft, bei welcher die Mehrwertsteuer auf dem vollen
Verkaufspreis ausgewiesen werde. Dieser korrekte Beleg, aufgrund
dessen die Finanzierungsgesellschaft den Vorsteuerabzug vorgenommen
habe, habe die X._______AG nicht verbucht und auch nicht in den
4Quartalsabrechnungen deklariert. Die ESTV habe infolgedessen zu Recht
die unzulässige Verrechnungen mit der EA Nr. 249'441 nachbelastet.
Zur Berechnung der geschuldeten Steuer habe die ESTV für das Jahr
1999 die effektiven Beträge ermittelt, welche die X._______AG (Gleiches
gilt für die D._______AG) unzulässigerweise in Abzug gebracht hatte. Für
die übrige Zeit der kontrollierten Periode sei eine Schätzung nach
pflichtgemässem Ermessen vorgenommen worden, indem die ESTV für
diese Jahre einen im Verhältnis zum Umsatz des Wagenhandels gleich
grossen Betrag nachbelastet habe. Die X._______AG beanstande diese
Vorgehensweise nicht. Zudem sei auch unbestritten, dass die Art der
Geschäftabwicklung und -fakturierung in dieser Zeit nicht grundlegend
verändert worden sei.
D. Die X._______AG (Beschwerdeführerin) reichte gegen den Einsprache-
entscheid am 18. Oktober 2004 bei der Eidgenössischen
Steuerrekurskommission (SRK) Beschwerde ein und beantragte die
Aufhebung des angefochtenen Entscheids mit der Rückerstattung der
bereits bezahlten Steuern zuzüglich Vergütungszins, die Korrektur der
ermessensweisen Aufrechnung, die Einräumung der Möglichkeit, die
problematischen Rechnungen zu korrigieren und eine Partei-
entschädigung. Sie hielt an ihrer Begründung der Einsrache fest und
machte geltend, die verhältnismässigen Umrechungen der Umsatzanteile
durch die ESTV würden nicht den effektiven Zahlen entsprechen; die
Ermessenseinschätzung sei deshalb viel zu hoch ausgefallen. Die ESTV
sehe bei ihr zwei Umsatzgeschäfte. Wenn aufgrund von formellen Fehlern
fiktive Umsätze geschaffen würden, verlangten es die allgemeinen
Grundsätze der Mehrwertsteuer und der Verfassung, dass dem
Steuerpflichtigen aufgezeigt werde, wie die Belege korrigiert werden
könnten, um eine nicht sachgerechte Besteuerung zu vermeiden.
E. In der Vernehmlassung vom 13. Dezember 2004 beantragte die ESTV die
Abweisung der Beschwerde. Weil beim Leasing das Eigentum am
Fahrzeug üblicherweise der Finanzierungsgesellschaft übertragen werde,
handle es sich mehrwertsteuerlich um eine entgeltliche Lieferung. Die
Höhe des dafür geschuldeten Entgelts habe dem vollen Verkaufspreis zu
entsprechen. Um die darauf lastende Mehrwertsteuer als Vorsteuer
geltend zu machen, benötige die Finanzierungsgesellschaft einen
entsprechenden Beleg. Aus diesem Grund stelle sie der
Beschwerdeführerin die selber kreierte Rechnung zu, worin die
Beschwerdeführerin gewisse Angaben ergänze, d.h. sie bringe im
Lieferanten-Feld den Firmenstempel an und trage die eigene
Mehrwertsteuernummer ein. Die Finanzierungsgesellschaft würde jeweils
ausgehend vom Katalogpreis des Fahrzeugs die Nettobeträge (exkl.
MwSt) für Zubehör addieren und die gewährten Rabatte subtrahieren. Auf
diesem so bestimmten Verkaufspreis (exkl. MwSt) sei in der Folge die
Mehrwertsteuer zum Normalsatz offen ausgewiesen und von der
Finanzierungsgesellschaft als Vorsteuer voll geltend gemacht worden.
Da die Finanzierungsgesellschaft Eigentümerin der geleasten Fahrzeuge
5sei, gebe es für die Einforderung der grundsätzlich ihr zustehenden
Zahlung der Leasingnehmer zwei zulässige Möglichkeiten. Entweder
erfolge die diesbezügliche Rechnungsstellung zwar durch die
Beschwerdeführerin aber ausdrücklich im Namen und für Rechnung der
Finanzierungsgesellschaft (direkte Stellvertretung und somit lediglich ein
Umsatzgeschäft) oder sie geschehe in der in casu gewählten Form. Die
Beschwerdeführerin trete in der Rechnung an den Leasingnehmer im
eigenen Namen auf (indirekte Stellvertretung). Mehrwertsteuerlich liege
der Unterschied darin, dass die Beschwerdeführerin im massgeblichen
zweiten Fall nicht nur den vollen Verkaufspreis, sondern auch den
Finanzierungsanteil der Leasingnehmer als Umsatz zu versteuern habe,
weil gemäss Art. 10 Abs. 2 MWSTV zwei Umsatzgeschäfte vorlägen.
Konsequenterweise hätte eine Rechnungsstellung der
Finanzierungsgesellschaft an die Beschwerdeführerin erfolgen sollen,
worin erstere die Weiterleitung des ihr zustehenden Geldbetrags
fakturiere. Da auf dieser Summe ein offen ausgewiesener
Mehrwertsteuerbetrag laste, wäre die Beschwerdeführerin zum
Vorsteuerabzug berechtigt gewesen. Belege letztgenannter Art fänden sich
aber keine. Der von der Beschwerdeführerin gewählte Weg – die
Fakturierung an die Finanzierungsgesellschaft – sei untauglich zur
Vermeidung der unerwünschten „Doppelbesteuerung“.
Das Ergebnis des angefochtenen Einspracheentscheids lasse sich im
Übrigen auch aus einem anderen Blickwinkel stützen. Ausgangspunkt
bilde die Tatsache, dass die Finanzierungsgesellschaft den ihr
zustehenden Vorsteuerabzug vornehme. Entscheidend sei, dass in diesem
Vorsteuerbetrag auch derjenige Vorsteueranteil enthalten sei, der auf den
Entgeltsanteil der direkt dem Leasingnehmer in Rechnung gestellten
Einzelpositionen entfalle. Weise die Beschwerdeführerin in den
Rechnungen an die jeweiligen Leasingnehmer auf der Betragssumme
„Anteil Finanzierung Kunde“ die Mehrwertsteuer erneut offen aus, so
ermögliche sie den Leasingnehmern mit einem zweifellos konformen Beleg
die Geltendmachung eines Vorsteuerabzugs, den bereits die
Finanzierungsgesellschaft einkassiert habe. Aus Sicht der ESTV bestehe
somit die Gefahr eines doppelten Vorsteuerabzugs im Umfang desjenigen
Steuerbetrags, der auf den Einzelpositionen erste Miete/Kaution/einmalige
Grundgebühr/(allenfalls Immatrikulationskosten) laste. Die vorgenommene
Aufrechnung der ESTV hatte einzig und allein das Ziel, diesen Missstand
zu beheben. Der von der Beschwerdeführerin gestellte Antrag, es sei ihr
die Möglichkeit einzuräumen, die problematischen Rechnungen zu
korrigieren, erscheine im Licht der bisherigen Erläuterungen als unnötig.
Die Aufrechnung sei gar nicht aufgrund fehlerhafter Rechnungen erfolgt,
sondern weil es die Beschwerdeführerin versäumt habe, sämtliche
mehrwertsteuerlich relevanten Umsätze zu deklarieren und zu versteuern.
Es bleibe einzig zu prüfen, ob die ermessensweise Aufrechnung der für
das Jahr 1999 eruierten Zahlen auf die Jahre 1996 bis 1998 und die
Steuerperioden 1. bis 3. Quartal 2000 korrekt war. Die Beschwerdeführerin
6bezweifle dies und setze den in der EA Nr. 249'441 festgehaltenen
Umsätzen Wagenhandel die so genannten „effektiven Umsätze“
gegenüber. Unter diesem Begriff verstehe die Beschwerdeführerin die
Umsätze, welche von den Leasinggesellschaften finanziert wurden und
zwar — im Sinne der Aufrechnung der ESTV — den Betrag, welcher auf
den Rechnungen der Beschwerdeführerin an die Leasingnehmer als
„1. Miete, Kaution und einmalige Grundgebühr“ aufgeführt worden und im
EDV-System entsprechend hinterlegt sei. Diese Begriffsdefinition sei
derart unklar, dass nicht darauf abgestellt werden könne. Die Schätzung
nach pflichtgemässem Ermessen habe sich an den erzielten
Verkaufserlösen auszurichten. Im vorliegenden Fall zeige sich, dass die
ESTV den Totalbetrag 1999 in der Höhe von Fr. 264'016.73 in Relation
gesetzt habe zu dem aus der Buchhaltung eruierten Wert „NW Renault
detail“. Der so berechnete Wert von rund 4,2% sei auf die massgeblichen
Werte der anderen entscheidrelevanten Jahre/Steuerperioden umgelegt
und gerundet worden. Es sei folglich nicht nachvollziehbar, inwiefern die
ESTV das pflichtgemässe Ermessen überschritten habe.
F. In der Eingabe vom 12. Januar 2005 hielt die Beschwerdeführerin anhand
einer tabellarischen Übersicht unter Verweis auf die eingelegten
Rechnungen fest, dass die Auf- und Hochrechnungen der ESTV nicht den
tatsächlichen Werten des Umsatzes der Beschwerdeführerin und der
D._______AG entsprechen würden und forderte eine Gutschrift über den
Betrag von Fr. 67'627.--.
G. Dazu nahm die ESTV in ihrer Eingabe vom 3. Februar 2005 Stellung.
Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren seien die von der
Beschwerdeführerin nicht deklarierten und versteuerten Umsätze beim
Verkauf eines Fahrzeugs an eine Leasinggesellschaft und Ablieferung an
den Leasingnehmer. In diesen Geschäftsfällen habe die
Beschwerdeführerin zwei Umsätze getätigt. Unbestritten sei, dass
zwischen der Beschwerdeführerin und der Leasinggesellschaft eine
Lieferung stattfinde. Die Beschwerdeführerin trete zudem bei der Lieferung
(Leasing) zwischen der Leasinggesellschaft und dem Leasingnehmer als
indirekte Stellvertreterin auf, indem sie dem Leasingnehmer die einmalige
Grundgebühr, die Kaution sowie die erste Miete im eigenen Namen mit
offenem Mehrwertsteuerausweis in Rechnung stelle. Die Beschwerde-
führerin bestreite die diesbezüglichen Ausführungen der ESTV nicht.
Neben der Rechnungsstellung gegenüber dem Leasingnehmer habe die
Beschwerdeführerin gegenüber der Leasinggesellschaft für die erbrachte
Lieferung einerseits eine Rechnung ausgestellt, in der zwar das ganze
Entgelt für die Lieferung des Fahrzeuges aufgeführt, aber die
Mehrwertsteuer auf dem, nach Abzug des an den Leasingnehmer
fakturierten Betrags verbleibenden Wert berechnet worden sei. Deklariert
und versteuert habe die Beschwerdeführerin nur diesen "Restwert".
Andererseits stelle die Beschwerdeführerin der Leasinggesellschaft noch
einen weiteren Beleg über die Lieferung des Fahrzeuges aus, indem sie
ein von der Leasinggesellschaft vorbereitetes Rechnungsformular, in dem
der ganze Kaufpreis und die darauf berechnete Mehrwertsteuer
7ausgewiesen sei, mit Firmenstempel und ihrer Mehrwertsteuernummer
versehen habe. Die Aufrechnung der ESTV seien erfolgt, weil die
Beschwerdeführerin einen Teil ihrer Umsätze nicht deklariert und auch
nicht versteuert habe. Diesen Umstand habe die ESTV anhand der
fehlerhaften Verbuchung festgestellt, die sich wiederum auf die einen von
der Beschwerdeführerin ausgestellten Fakturen stützt. Die
Beschwerdeführerin habe die Tabelle mit dem Vergleich der von der ESTV
ermittelten unversteuerten Umsätze und der von der Beschwerdeführerin
als "Effekt. Umsatz" bezeichneten Beträge bereits in der Beschwerde vom
18. Oktober 2004 angeführt. Die Spalte "Effektiver Umsatz" definiere sie
als "die Umsätze, welche von den Leasinggesellschaften finanziert wurden
und zwar – im Sinne der Aufrechnung der ESTV – um den Betrag, welcher
auf den Rechnungen der Beschwerdeführerin an die Leasingnehmer als
erste Miete, Kaution und einmalige Grundgebühr aufgeführt wurde und im
EDV-System entsprechend hinterlegt“ seien. Diese Umschreibung sei so
unklar und in sich widersprüchlich, dass die ESTV nicht in der Lage
gewesen sei nachzuvollziehen, ob die Steuernachforderung allenfalls
reduziert werden könnte. Die Steueraufrechnung betreffe die von den
Leasingnehmern bezahlten Beträge und nicht diejenigen, die von der
Leasinggesellschaft finanziert worden seien. In der Eingabe vom
12. Januar 2005 führe die Beschwerdeführerin aus, sie habe in der
Verwaltungsbeschwerde "die tatsächlich formell falschen Belege und
Beträge dargestellt". Ob damit die von der Beschwerdeführerin den
Leasingnehmer mit offenem Mehrwertsteuerausweis in Rechnung
gestellten Beträge gemeint seien, bleibe im Dunkeln. Auch wenn davon
ausgegangen werde, dass es sich bei den Zahlen in der Spalte "Effekt.
Umsatz" um die von der Beschwerdeführerin nicht versteuerten Umsätze
handle, werde die Richtigkeit dieser nicht nachgewiesen. So bleibe die
Beschwerdeführerin insbesondere eine Erklärung schuldig, wieso bei der
D._______AG in den Jahren 1996 und 1997 trotz hohem
Wagenhandelsumsatz offensichtlich kein einziges Leasinggeschäft
abgeschlossen worden sei.
H. In der Eingabe vom 6. November 2006 an die SRK forderte die
Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Praxismitteilung der ESTV vom
26. Oktober 2006 zur Behandlung von Formmängeln eine Rückerstattung
von Fr. 157'820.--. Es sei unbestritten, dass die damalige Fakturierung
formell falsch gewesen sei und der Leasingnehmer als
Rechnungsempfänger allenfalls die Vorsteuer nochmals hätte geltend
machen können. Im erhobenen Zeitraum beträfen aber aufgerechnete
Umsätze im Umfang von 82% private Leasingnehmer, die bekanntlich
keine Vorsteuer geltend machen könnten. Aufgrund dessen sei dem
Fiskus mit dieser Aufrechnung durch die ESTV die Umsatzsteuer für ein
und denselben Anteil am Gegenstand zweimal zugeflossen. Somit
verbleibe eine gerechtfertigte Aufrechnung von 18%.
I. In der Antwort vom 25. Januar 2007 stellte die ESTV den der
Nachbelastung zugrunde liegenden Sachverhalt aus ihrer Sicht noch
einmal dar. Gemäss dem Grundsatz "fakturierte Steuer = geschuldete
Steuer", der vom Bundesgericht bestätigt worden sei, hätten an sich die
8gesamten unverbuchten und unversteuerten Rechnungen nachbelastet
werden müssen. Da aber davon ausgegangen werden könne, dass die
Leasinggesellschaft die Lieferung eines Fahrzeugs nur einmal verbucht
(mit dem Beleg über den vollen Verkaufspreis) und die Vorsteuern
(berechnet auf dem vollen Verkaufspreis) nur einmal in Abzug gebracht
habe, habe die ESTV bloss die nicht versteuerte Differenz nachbelastet.
Nach Art. 45a der Verordnung vom 29. März 2000 zum Bundesgesetz über
die Mehrwertsteuer (MWSTGV, SR 641.201), in der Fassung vom 1. Juli
2006, werde allein aufgrund von Formmängeln keine Steuernachforderung
erhoben, wenn erkennbar sei oder die steuerpflichtige Person nachweise,
dass durch die Nichteinhaltung einer Formvorschrift des Gesetzes oder
dieser Verordnung für die Erstellung von Belegen für den Bund kein
Steuerausfall entstanden sei. Die SRK habe in ihrem Entscheid vom
11. September 2006 (SRK 2005-089) festgehalten, dass das Prinzip
"fakturierte Steuer = geschuldete Steuer" der Anwendung von Art. 45a
MWSTGV entgegenstehe. Die zu Unrecht erfolgte Fakturierung stelle
keinen blossen Formmangel dar, der zu keinem Steuerausfall führe. Eine
Rechnung, bei der ein zu hoher Steuersatz angewendet worden sei – dies
gelte auch, wenn zu Unrecht auf die Steuer hingewiesen werde – könne
nur durch eine formell richtige Gutschrift korrigiert werden, die verbucht
werde und dem Leistungsempfänger zugestellt werden müsse. Von dieser
Korrekturmöglichkeit habe die Beschwerdeführerin nach Wissen der ESTV
bisher nicht Gebrauch gemacht. Aus dem Ausgeführten ergebe sich, dass
auch der neue Art. 45a MWSTGV an der Beurteilung der
Steuernachbelastung nichts ändere. Selbst wenn in Betracht gezogen
werden sollte, aufgrund von Art. 45a MWSTGV die Steuernachbelastung
teilweise aufzuheben, könnte nicht auf die Aufstellung der
Beschwerdeführerin abgestellt werden. Ein Verzicht auf eine
Steuernachbelastung könnte, abgesehen von der notwendigen Korrektur
der ausgestellten Belege, nur dann in Betracht gezogen werden, wenn
nachgewiesen werde, dass dem Bund kein Steuerausfall entstanden sei.
Die Beschwerdeführerin reiche eine Tabelle ein, in der behauptet werde,
82% seien private Leasingnehmer. Aus den Ausführungen der
Beschwerdeführerin gehe aber nicht hervor, was sie unter "privaten
Leasingnehmer" verstehe und wie sie diesen Anteil ermittelt habe. Zu
bedenken sei insbesondere auch, dass mit dem neuen Art. 15a MWSTGV
nicht davon ausgegangen werden könne, dass eine Rechnung, die an eine
natürliche Person ausgestellt wurde, nicht früher oder später
(z.B. Einlagenentsteuerung) für den Vorsteuerabzug verwendet werden
könne. Im Weiteren sei nicht zu vergessen, dass auch dem nicht
steuerpflichtigen Käufer (z.B. dem privaten Konsumenten und
Steuerträger) mit der in der Rechnung ausgewiesenen Steuer angezeigt
werde, welchen Steuerbetrag der Rechnungsteller der Eidgenossenschaft
schulde und weiterzuleiten habe.
J. Das Bundesverwaltungsgericht, das den Parteien am 1. Februar 2007 die
Übernahme des Verfahrens angezeigt hatte, forderte mit der Verfügung
vom 9. Juli 2007 die ESTV auf, zur Frage der Gruppenbesteuerung ab
91. Januar 1996 und der Verjährung bezüglich der D._______AG Stellung
zu nehmen. Die ESTV stellte sich mit der Eingabe vom 12. September
2007 auf den Standpunkt, sie habe gegenüber der D._______AG in der
Zeit vom 1. Januar 1996 bis 31. März 1998 die Gruppenbesteuerung nicht
vorgenommen. Die Aufnahme eines neuen Gruppenmitglieds in die
Gruppenbesteuerung sei – was die administrativen Belange angehe – mit
der Steuernachfolge vergleichbar. Der Gruppenträger trete in die
(administrativen) Rechte und Pflichten des neuen Gruppenmitglieds ein.
Dies gelte nicht bloss für die zukünftigen, sondern auch für die
vergangenen Steuerperioden. Mit der Aufnahme in die
Mehrwertsteuergruppe existiere das Gruppenmitglied nicht mehr als
selbständiges Mehrwertsteuersubjekt. Wenn die Nachforderung noch nicht
bezahlt worden wäre, würden sowohl die EA Nr. 249'441 vom 29. März
2001, der Entscheid der ESTV vom 27. November 2002 wie auch der
Einspracheentscheid vom 16. September 2004 Einforderungshandlungen
darstellen, welche den Lauf der Verjährung unterbrächen.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundes-
verwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG; SR 173.32) beurteilt
das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach
Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwal-
tungsverfahren (VwVG, SR 172.021), sofern keine Ausnahme nach Art. 32
VGG gegeben ist. Eine solche liegt nicht vor und die Vorinstanz ist eine
Behörde im Sinne von Art. 33 VGG. Das Bundesverwaltungsgericht ist da-
her für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig; es über-
nimmt die Beurteilung der am 31. Dezember 2006 bei der SRK hängigen
Beschwerde und wendet das neue Verfahrensrecht an (Art. 53 Abs. 2
VGG).
1.2 Das Bundesverwaltungsgericht kann den angefochtenen Entscheid grund-
sätzlich in vollem Umfang überprüfen. Die Beschwerdeführerin kann neben
der Verletzung von Bundesrecht (Art. 49 Bst. a VwVG) und der unrichtigen
oder unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes
(Art. 49 Bst. b VwVG) auch die Rüge der Unangemessenheit erheben
(Art. 49 Bst. c VwVG; vgl. ANDRÉ MOSER, in André Moser/Peter Uebersax,
Prozessieren vor eidgenössischen Rekurskommissionen, Basel und Frank-
furt a.M. 1998, Rz. 2.59 ff.). Im Verwaltungsbeschwerdeverfahren gelten
die Untersuchungsmaxime, wonach der Sachverhalt von Amtes wegen
festzustellen ist (Art. 12 VwVG; vgl. zum Ganzen: ULRICH HÄFELIN/GEORG
MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Zürich 2006,
Rz. 1623 ff. und 1758 f.; ALFRED KÖLZ, Prozessmaximen im schweizerischen
Verwaltungsprozess, Zürich 1974, S. 93 ff.), und der Grundsatz der
Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 62 Abs. 4 VwVG). Das Bundes-
verwaltungsgericht ist demzufolge verpflichtet, auf den festgestellten Sach-
verhalt die richtige Rechtsnorm anzuwenden (HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN,
10
a.a.O., Rz. 1632), d.h. jenen Rechtssatz anzuwenden, den es als den zu-
treffenden erachtet, und ihm jene Auslegung zu geben, von der es über-
zeugt ist (vgl. BGE 119 V 347 E. 1a). Dies bedeutet, dass es eine Be-
schwerde auch aus einem anderen als den geltend gemachten Gründen
gutheissen oder den angefochtenen Entscheid im Ergebnis mit einer Be-
gründung bestätigen kann, die von jener der Vorinstanz abweicht (sog.
Motivsubstitution, vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-1677/2006
vom 20. August 2007 E. 2, B-7406/2006 vom 1. Juni 2007 E. 2; Entscheid
der Eidgenössischen Alkoholrekurskommission vom 20. Oktober 1998,
Verwaltungspraxis der Bundesbehörden [VPB] 63.64 E. 1; Entscheid der
SRK vom 12. Oktober 1998, VPB 63.29 E. 4a). Soll sich dabei dieser neue
Entscheid auf Rechtsnormen stützen, mit deren Anwendung die Parteien
nicht rechnen mussten, so ist ihnen Gelegenheit zu geben, sich hierzu vor-
gängig zu äussern (BGE 124 I 49 E. 3c).
1.3 Die Beschwerdeführerin firmiert seit dem 2. März 2006 nicht mehr unter
der Firma A._______AG, sondern X._______AG (vgl. SHAB Nr. 47 vom
8. März 2006, Seite ...). Davon ist Vormerk zu nehmen und ist das Rubrum
dieses Urteils entsprechend anzupassen.
1.4 Am 1. Januar 2001 sind das Bundesgesetz vom 2. September 1999 über
die Mehrwertsteuer (MWSTG, SR 641.20) sowie die zugehörige Verord-
nung in Kraft getreten. Der zu beurteilende Sachverhalt hat sich indessen
in den Jahren 1998 bis 2000 zugetragen. Auf die vorliegende Beschwerde
ist damit noch altes Recht der Verordnung vom 22. Juni 1994 über die
Mehrwertsteuer (MWSTV, AS 1994 1464) anwendbar (Art. 93 und 94
MWSTG).
2.
2.1
2.1.1 Juristische Personen mit Sitz oder Betriebsstätte in der Schweiz, welche
eng miteinander verbunden sind, können nach Art. 17 Abs. 3 MWSTV be-
antragen, gemeinsam als ein einziger Steuerpflichtiger behandelt zu wer-
den (BGE 125 II 326 E. 9a/aa; Entscheid der SRK vom 6. Oktober 2003,
VPB 68.57 E. 4; ALOIS CAMENZIND/NIKLAUS HONAUER, Handbuch zur neuen
Mehrwertsteuer, Bern 1995, Rz. 660 ff.). Die Wirkung beginnt mit dem im
Antragsentscheid festgelegten Zeitpunkt; jede in einer MWST-Gruppe zu-
sammengefasste Unternehmung haftet für Steuerschulden der Gruppe ge-
genüber der ESTV solidarisch (Ziffer 14 Merkblatt zur Gruppenbesteue-
rung vom 30. November 1994 [Merkblatt 1994]; CAMENZIND/HONAUER, a.a.O.,
Rz. 675). Gemäss Ziff. 13.5 des Merkblatts 8.95 [Merkblatt 1995] haftet je-
des in eine Mehrwertsteuergruppe einbezogene Mitglied für die während
seiner Mitgliedschaft entstandenen Steuerschulden solidarisch. Beim
Übertritt in eine neue Gruppe entsteht beim Eintretenden keine solidari-
sche Haftung für Steuerschulden der Gruppe, die vor dem Eintritt entstan-
den sind (ALOIS CAMENZIND/NIKLAUS HONAUER/KLAUS A. VALLENDER, Handbuch
zum Mehrwertsteuergesetz [MWSTG], Bern 2003, 2. Aufl., Rz. 1155). Ge-
mäss der Praxis der ESTV haften bei- und austretende Gesellschaften nur
für die während der Dauer ihrer Gruppenzugehörigkeit entstandenen Steu-
11
erforderungen solidarisch (WILLI LEUTENEGGER, , Kommentar zum
Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, Basel 2000, N. 24 zu Art. 22;
THOMAS P. WENK, , a.a.O., N. 29 zu Art. 32). Rückwirkende Eintra-
gungen von Mehrwertsteuergruppen werden (ausser im Fall von Um-
strukturierungen) nicht bewilligt (Ziff. 9 Merkblatt 1995). Daraus folgt,
dass bis zu seinem Beitritt ein Gruppenmitglied individuell zu besteuern
ist (Entscheide der SRK vom 6. Oktober 2003, VPB 68.57 E. 7a/aa und
vom 8. April 2003, VPB 67.126 E. 2d, 3a). Für die vor seinem Beitritt zur
Mehrwertsteuergruppe entstandenen Steuerforderungen besteht mithin
keine Solidarhaftung der Gruppenmitglieder.
2.1.2 Die D._______AG unterlag nach dem Entscheid der ESTV erst ab dem
1. April 1998 der Gruppenbesteuerung nach Art. 17 Abs. 3 MWSTV; ein
rückwirkender Beitritt aufgrund einer Umstrukturierung (E. 2.1.1) wird von
der ESTV nicht behauptet. Die D._______AG musste deshalb – im Ge-
gensatz zur Darstellung der ESTV – bis zum 31. März 1998 individuell
und konnte nicht im Rahmen der Gruppenbesteuerung über die Be-
schwerdeführerin besteuert werden. Für die Steuerperioden vor dem Be-
ginn der Gruppenbesteuerung tritt der Gruppenträger – ohne anders lau-
tende ausdrückliche Vereinbarung der Beteiligten – nicht in die administ-
rativen Rechte und Pflichten des Gruppenmitglieds ein und wird so dies-
bezüglich auch nicht automatisch zum Zustelldomizil. Die Gruppenträge-
rin könnte die D._______AG damit lediglich vertraglich vertreten, was im
vorliegenden Fall jedoch nicht geschehen ist. Das Gruppenmitglied kann
für die Zeit vor Beginn seiner Mitgliedschaft eigene Parteirechte bean-
spruchen und geltend machen. Es hat Anspruch darauf, einen auf die ei-
gene Firma lautenden, einsprache- und beschwerdefähigen Entscheid
korrekt und mit Rechtsmittelbelehrung eröffnet zu erhalten, der allenfalls
nach einem separaten Einsprache- und Beschwerdeverfahren in einen
Vollstreckungstitel enden würde.
Im anderen Fall müsste der angefochtene Einspracheentscheid das Ver-
tretungsverhältnis der Beschwerdeführerin ausdrücklich aufnehmen,
denn die Wirkungen der Gruppenbesteuerung können erst mit deren Be-
ginn eintreten. Es wäre stossend, wenn für den Fall, dass die Gruppen-
trägerin Einsprache- und Beschwerdefristen verpassen würde, dies auch
bei fehlender ausdrücklicher vertraglicher Vertretung für die Zeit vor dem
Beitritt zur Gruppe zu Lasten des neuen Gruppenmitglieds ginge. Es
kann aus diesem Grund der ESTV nicht zugestimmt werden, der Grup-
penträger trete für die vergangenen Steuerperioden in die (administrati-
ven) Rechte und Pflichten des neuen Gruppenmitglieds ein. Eine Steuer-
nachfolge im Sinn des Art. 23 Abs. 2 MWSTV liegt gerade nicht vor (vgl.
CAMENZIND/HONAUER, a.a.O., Rz. 749 ff.). Die Steuernachfolge ist für den
Fall vorgesehen, in dem ein Steuersubjekt ohne Liquidation mit Aktiven
und Passiven übernommen wird (SCHAFROTH/ROMANG, , a.a.O.,
N. 2 zu Art. 30). Diese Vorschrift dient der Sicherung des Steuereinzugs
(vgl. dazu CAMENZIND/HONAUER/VALLENDER, a.a.O., Rz. 1150). Im vorliegen-
den Fall bleibt die D._______AG auch nach ihrem Beitritt zur Mehrwert-
steuergruppe als eigenständiges Unternehmen bestehen. Es besteht kein
Grund, Mehrwertsteuerforderungen gegen die D._______AG aus der Zeit
vor ihrem Beitritt zur Mehrwertsteuergruppe in einem auf die Gruppenträ-
12
gerin lautenden Verfahren zu beurteilen und zu entscheiden.
Der EA Nr. 249'441 vom 29. März 2001 (Seite B Anhang 4) liegen Mehr-
wertsteuerforderungen allein gegen die D._______AG von Fr. 21'255.--
das Jahr 1996, von Fr. 16'705.-- das Jahr 1997 und Fr. 16'474.-- das
Jahr 1998 betreffend zugrunde. Für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis
31. März 1998 wurde die D._______AG zu Unrecht in den Rahmen der
Gruppenbesteuerung einbezogen; mit anderen Worten, wurde die Be-
schwerdeführerin zu Unrecht als (administrative) Rechtsnachfolgerin der
D._______AG betrachtet. Die Beschwerde ist deshalb insoweit gutzuhei-
ssen. Die ESTV wird die D._______AG für den erwähnten Zeitraum in ei-
nem individuellen Verfahren besteuern müssen, was zur Folge haben
wird, dass der D._______AG eigene Einsprache- und Beschwerdemög-
lichkeiten offenstehen werden.
2.2 Nach Art. 4 MWSTV unterliegen Lieferungen und Dienstleistungen der
Mehrwertsteuer nur, wenn sie gegen Entgelt erbracht werden. Die Entgelt-
lichkeit erfordert einen Leistungsaustausch zwischen dem steuerpflichtigen
Leistungserbringer und dem Empfänger. Das Bundesgericht hat zum Be-
griff des Leistungsaustauschs in grundsätzlicher Hinsicht Stellung genom-
men (BGE 126 II 451 E. 6; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts vom
25. August 2000, veröffentlicht in Steuer-Revue [StR] 1/2001 S. 55 ff. E. 6;
vgl. auch Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-1379/2006 vom 10.
September 2007 E. 2.4 und A-1354/A-1409 vom 24. August 2007 E. 3.4).
Danach findet erst mit dem Austausch von Leistungen ein steuerbarer Um-
satz statt. Die Leistung besteht entweder in einer Lieferung oder Dienst-
leistung, die Gegenleistung des Empfängers im Entgelt. Zusätzlich ist eine
wirtschaftliche Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung erfor-
derlich. Es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Leistung und
Gegenleistung bestehen (DANIEL RIEDO, Vom Wesen der Mehrwertsteuer als
allgemeine Verbrauchsteuer und von den entsprechenden Wirkungen auf
das schweizerische Recht, Bern 1999, S. 223 ff.). Dies ist insbesondere
dann der Fall, wenn der Leistungsaustausch auf einem Vertrag beruht
(BGE 126 II 249 E. 4a, 443 E. 6a). Ein Leistungsaustausch kann aber un-
ter Umständen auch gegeben sein, ohne dass ein Vertrag vorliegt (Urteil
des Bundesgerichts vom 8. Juni 2000, veröffentlicht in: MWST-Journal
2/200 S. 151 f. E. 4a).
2.3 Die Mehrwertsteuer stellt auf wirtschaftliche Vorgänge ab; sie besteuert
den wirtschaftlichen Konsum. Bestand und Umfang einer der Mehrwert-
steuer unterstehenden Leistung wird aufgrund der wirtschaftlichen Be-
trachtungsweise bestimmt. Die mehrwertsteuerliche Qualifikation von Vor-
gängen hat nicht in erster Linie aus einer zivil-, sprich vertragsrechtlichen
Sicht, sondern nach wirtschaftlichen, tatsächlichen Kriterien zu erfolgen
(Urteil des Bundesgerichts 2A.304/2003 vom 14. November 2003 E. 3.6.1
mit Hinweisen; Entscheide der SRK vom 5. Juli 2005, VPB 70.7 E. 2a mit
Hinweisen, vom 18. November 2002, VPB 67.49 E. 3c/aa mit Hinweisen;
ausführlich: RIEDO, a.a.O., S. 112 Fn. 125; JEAN-MARC RIVIER/ANNIE ROCHAT,
La taxe sur la valeur ajoutée, Fribourg 2000, S. 24). Der wirtschaftlichen
Betrachtungsweise kommt im Bereich der Mehrwertsteuer einerseits bei
13
der Auslegung von zivilrechtlichen und von steuerrechtlichen Begriffen so-
wie andererseits bei der rechtlichen Qualifikation von Sachverhalten Be-
deutung zu (Urteil des Bundesgerichts vom 8. Januar 2003, publiziert in
Archiv für Schweizerisches Abgaberecht [ASA] 73 S. 569 E. 3.2; Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts A-1341/2006 vom 7. März 2007 E. 2.4).
2.4 Die Steuer wird gemäss Art. 26 Abs. 1 MWSTV vom Entgelt berechnet.
Zum Entgelt gehört nach Art. 26 Abs. 2 MWSTV alles, was der Empfänger
oder an seiner Stelle ein Dritter als Gegenleistung für die Lieferung oder
Dienstleistung aufwendet. Die Gegenleistung umfasst auch den Ersatz al-
ler Kosten, selbst wenn diese gesondert in Rechnung gestellt werden.
Wenn Lieferungen oder Dienstleistungen in Verrechnung mit Gegenleis-
tungen (Lieferungen oder Dienstleistungen) abgegolten werden, haben
beide Vertragspartner den vollen Wert der eigenen Lieferung und den vol-
len Wert der Gegenleistung zu verbuchen. Die blosse Verbuchung des Dif-
ferenzbetrages zwischen den gegenseitigen Leistungen ist nicht gestattet,
und zwar auch dann nicht, wenn es sich beim Vertragspartner um einen
Nichtsteuerpflichtigen oder einen Privaten handelt (Ziffer 924 Wegleitung
1997 für Mehrwertsteuerpflichtige [Wegleitung 1997]). Wird bei solchen
Verrechnungsgeschäften in einer einzigen Rechnung abgerechnet, darf die-
se nicht nur den Aufpreis ausweisen. Es müssen für beide Leistungen
das volle Entgelt und der entsprechende Mehrwertsteuerbetrag ausgewie-
sen sein. Zudem muss die Mehrwertsteuernummer von beiden Beteiligten an-
gegeben sein (Ziffer 763 ff. Wegleitung 1997).
2.5 Die Veranlagung und Entrichtung der Mehrwertsteuer erfolgt nach dem
Selbstveranlagungsprinzip (Art. 37 f. MWSTV; vgl. ERNST BLUMENSTEIN/PETER
LOCHER, System des Steuerrechts, 6. Aufl., Zürich 2002, S. 421 ff.). Dies
bedeutet, dass der Steuerpflichtige selbst und unaufgefordert über seine
Umsätze und Vorsteuern abzurechnen und innerhalb von 60 Tagen nach
Ablauf der Abrechnungsperiode den geschuldeten Mehrwertsteuerbetrag
an die ESTV abzuliefern hat. Die ESTV ermittelt die Höhe des geschulde-
ten Mehrwertsteuerbetrags nur dann an Stelle des Steuerpflichtigen, wenn
dieser seinen Pflichten nicht nachkommt. Der Steuerpflichtige hat seine
Mehrwertsteuerforderung selbst festzustellen; er ist allein für die vollstän-
dige und richtige Versteuerung seiner steuerbaren Umsätze und für die
korrekte Ermittlung der Vorsteuer verantwortlich (Urteile des Bundesver-
waltungsgerichts vom 10. September 2007, a.a.O., E. 2.5 und
A-1429/2006 vom 29. August 2007 E. 2.1; ISABELLE HOMBERGER GUT,
, a.a.O., N. 1 ff. zu Art. 46; CAMENZIND/HONAUER/VALLENDER, a.a.O.,
Rz. 1579 ff.).
2.6 Nach Art. 48 MWSTV nimmt die ESTV eine Schätzung nach pflichtgemä-
ssem Ermessen vor, wenn keine oder nur unvollständige Aufzeichnungen
vorliegen oder die ausgewiesenen Ergebnisse mit dem wirklichen Sachver-
halt offensichtlich nicht übereinstimmen. Eine Schätzung muss insbeson-
dere auch dann erfolgen, wenn die Verstösse gegen die formellen Buch-
haltungsregeln derart gravierend sind, dass sie die materielle Richtigkeit
der Buchhaltungsergebnisse in Frage stellen (BGE 105 Ib 182 ff.; ASA 61
S. 819 E. 3a; Urteil des Bundesgerichts 2A.109/2005 vom 10. März 2006
14
E. 2.2; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. September 2007,
a.a.O., E. 2.6, vom 29. August 2007, a.a.O., E. 2.3). Selbst eine formell
einwandfreie Buchführung kann die Durchführung einer Schätzung erfor-
dern, wenn die in den Büchern enthaltenen Geschäftsergebnisse von den
Erfahrungszahlen wesentlich abweichen (ASA 58 S. 383 E. 2b, 42 S. 407
E. 2c, 35 S. 479 E. 2). Die Verwaltung hat diejenige Schätzungsmethode
zu wählen, die den individuellen Verhältnissen im Betrieb des Steuerpflich-
tigen soweit als möglich Rechnung trägt, auf plausiblen Angaben beruht
und deren Ergebnis der wirklichen Situation möglichst nahe kommt (ASA
61 S. 819 E. 3a; Urteil des Bundesgerichts 2A.253/2005 vom 3. Februar
2006 E. 4.1). In Betracht fallen einerseits Methoden, die auf eine Ergän-
zung oder Rekonstruktion der ungenügenden Buchhaltung hinauslaufen,
andererseits Umsatzschätzungen aufgrund unbestrittener Teil-Rechnungs-
ergebnisse in Verbindung mit Erfahrungssätzen (ASA 73 S. 233 f.
E. 2c/aa; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1397/2006 vom 19. Juli
2007 E. 2.4; Entscheid der SRK vom 24. Oktober 2005, VPB 70.41
E. 2d.aa).
Sind die Voraussetzungen einer Ermessenstaxation erfüllt, obliegt es dem
Mehrwertsteuerpflichtigen, den Beweis für die Unrichtigkeit der Schätzung
zu erbringen (Entscheide der SRK vom 15. Oktober 1999, VPB 64.47
E. 5b, vom 29. Oktober 1999 E. 5, bestätigt durch Urteil des Bundesge-
richts 2A.580/1999 vom 21. Juni 2000). Erst wenn der Mehrwertsteuer-
pflichtige den Nachweis dafür erbringt, dass die Verwaltung mit der Ermes-
sensveranlagung Bundesrecht verletzt bzw. dass ihr dabei erhebliche Er-
messensfehler unterlaufen sind, nahm die SRK eine Korrektur der Schät-
zung vor (vgl. Entscheide der SRK vom 5. Januar 2000, VPB 64.83 E. 2,
vom 25. August 1998, VPB 63.27 E. 5c, vom 24. Oktober 2005
[SRK 2003-105] E. 2d/bb). Für das Bundesverwaltungsgericht besteht kein
Anlass, von diesem Vorgehen abzuweichen (Urteil des Bundesverwal-
tungsgerichts vom 19. Juli 2007, a.a.O., E. 2.5.2).
2.7 Wer Leistungen ausdrücklich im Namen und für Rechnung des Vertrete-
nen tätigt, so dass das Umsatzgeschäft direkt zwischen dem Vertretenen
und dem Dritten zustande kommt, gilt diesbezüglich als blosser Vermittler
(direkte Stellvertretung; Art. 10 Abs. 1 MWSTV). Handelt bei einer Leistung
der Vertreter zwar für fremde Rechnung, tritt er aber nicht ausdrücklich im
Namen des Vertretenen auf, so liegt sowohl zwischen dem Vertretenen
und dem Vertreter als auch zwischen dem Vertreter und dem Dritten eine
Leistung vor (indirekte Stellvertretung; Art. 10 Abs. 2 MWSTV). Tritt ein
Stellvertreter im eigenen Namen auf, dann ist unter den gegebenen Vor-
aussetzungen nicht der Vertretene, sondern der Vertreter selbst im Ver-
hältnis zum Dritten Leistungserbringer oder -empfänger. Nur wenn der
Vertreter ausdrücklich im Namen des Vertretenen handelt (direkte Stellver-
tretung), ist dieser und nicht der Vertreter als Leistungserbringer oder -ab-
nehmer beteiligt; der Vermittler bewirkt keinen eigenen Umsatz, den es zu
versteuern gäbe (statt vieler vgl. Urteile des Bundesgerichts 2A.272/2002,
2A.273/2002 und 2A.274/2002 vom 13. Januar 2003 jeweils E. 2 bis 4; Ur-
15
teile des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. September 2007, a.a.O.,
E. 2.3, A-1462/2006 vom 6. September 2007 E. 2.2; Entscheide der SRK
vom 26. April 2006, VPB 70.77 E. 2b, vom 24. September 2003,
VPB 68.54 E. 2a, vom 19. Mai 2000, VPB 64.110 E. 3b).
Die direkte Stellvertretung wird nach den Ziffern 286 – 289 der Wegleitung
1997 durch einen schriftlichen Auftrag nachgewiesen, durch Dokumente
wie Kaufvertrag, Rechnung und Quittung, aus denen hervorgeht, dass der
Stellvertreter den Gegenstand oder die bezeichneten Gegenstände aus-
drücklich im Namen und für Rechnung des Vertretenen verkauft hat und
schliesslich durch eine schriftliche Abrechnung, mit welcher der Stellvertre-
ter mit dem Vertretenen abrechnet. Von einer direkten Stellvertretung kann
gemäss der Ziffer 2.1 der Praxismitteilung Behandlung von Formmängeln
vom 26. Oktober 2006 (Praxismitteilung der ESTV vom 31. Oktober 2006
zur "Behandlung von Formmängeln", Einleitung, online auf:
/d/mwst/dokumentation/praxis/2006.htm [Praxismittei-
lung], siehe unten E. 2.8) dennoch ausgegangen werden, wenn aus der
Gesamtheit der relevanten Unterlagen eindeutig hervorgeht, dass der Ver-
trag direkt zwischen dem Leistungserbringer und dem Leistungsempfänger
zustande gekommen und abgewickelt worden ist, der Vertreter dem End-
abnehmer gegenüber keine Leistung erbringt oder für die Leistung der ei-
nen oder anderen Vertragspartei nicht einstehen muss, der Geschäftsvor-
fall korrekt, d.h. insbesondere beim Vertreter bloss die Provision erfolgs-
wirksam verbucht wurde, der Vertretene für den Dritten erkennbar und aus
der Gesamtheit der Unterlagen eindeutig identifiziert werden kann und der
Vertreter dem Vertretenen gegenüber abrechnet.
2.8 Am 1. Juli 2006 ist Art. 45a MWSTGV in Kraft getreten, welcher wie folgt
lautet: "Allein aufgrund von Formmängeln wird keine Steuernachforderung
erhoben, wenn erkennbar ist oder die steuerpflichtige Person nachweist,
dass durch die Nichteinhaltung einer Formvorschrift des Gesetzes oder
dieser Verordnung für die Erstellung von Belegen für den Bund kein Steu-
erausfall entstanden ist".
Art. 45a MWSTGV stellt materiell eine sogenannte Verwaltungsverordnung
mit Aussenwirkung dar (zum Begriff: HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O.,
Rz. 129 ff.; FRITZ GYGI, Verwaltungsrecht, Bern 1986, S. 103), die darauf
ausgerichtet ist, der ESTV für die Anwendung und Auslegung der entspre-
chenden Normen des Mehrwertsteuergesetzes Weisung zu erteilen. Als
Dienstanweisung des Bundesrats an die ESTV mit Aussenwirkung entfaltet
sie auch Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen der Verwaltung und
den steuerpflichtigen Personen. Der Bundesrat will damit eine einheitliche,
gleichmässige, rechtsgleiche und sachrichtige Praxis in der Anwendung
des geltenden Mehrwertsteuergesetzes sicherstellen und eine gleichmä-
ssige Ausübung des Ermessens durch die ESTV fördern (Praxismitteilung,
a.a.O., Einleitung 3. Abschnitt; vgl. HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O.,
Rz. 124). Die ESTV trägt diesen Verwaltungsanweisungen des Bundesrats
nicht nur inskünftig Rechnung, sondern auch bezüglich aller per 1. Juli
16
2006 bestrittenen, noch pendenten Fälle, mithin rückwirkend (Praxismittei-
lung, a.a.O. Einleitung in fine). Da die Verwaltung mit dieser Rückwirkung
eine Gleichbehandlung aller hängigen Verfahren beabsichtigt und mit der
sofortigen Befolgung der Anweisungen des Bundesrats Rechtssicherheit
schafft, dem überspitzten Formalismus entgegenwirkt und letztlich die
Steuerneutralität anstrebt (vgl. PASCAL MOLLARD, La TVA : vers une théorie
du chaos?, in: Festschrift SRK, Lausanne 2004, S. 65, zur "tolérance ad-
ministrative" bei Formvorschriften), sieht sich das Bundesverwaltungsge-
richt nicht veranlasst, die Rückwirkung der Verwaltungsanweisungen im
Bereich von Formmängeln in Frage zu stellen (Urteile des Bundesverwal-
tungsgerichts A-1344/2006 vom 11. September 2007 E. 3.3.1,
A-1438/2006 vom 11. Juni 2007 E. 3.3, A-1352/2006 vom 25. April 2007
E. 4.2, A-1365/2006 vom 19. März 2007 E. 2.3).
Allerdings betrifft Art. 45a MWSTGV einzig Formmängel. Formvorschriften
in Gesetz, Verordnungen und Verwaltungspraxis sollen nicht überspitzt for-
malistisch, sondern pragmatisch angewendet werden. Es soll vermieden
werden, dass das Nichteinhalten von Formvorschriften zu Steuernachbe-
lastungen führt. Gesetzliche Vorschriften oder selbst die Verwaltungspra-
xis der ESTV werden dadurch nicht aufgehoben. Sie bleiben vielmehr gül-
tig und sind von den Steuerpflichtigen zu beachten. Materiellrechtliche
Vorschriften oder materiellrechtliche Mängel bleiben folglich von Art. 45a
MWSTGV unberührt (Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Sep-
tember 2007, a.a.O., E. 3.3.2, vom 11. Juni 2007, a.a.O., E. 3.3, vom
25. April 2007, a.a.O., E. 6).
3. Die Beschwerdeführerin forderte in der Einsprache vom 20. Dezember
2002, den Betrag der EA Nr. 249'441 vom 29. März 2001 von
Fr. 177'623.26 aufgrund der belegten Nachweise zu stornieren und
einschliesslich Vergütungszins zurückzuzahlen. In der Beschwerde vom
18. Oktober 2004 an die SRK begehrte sie aufgrund einer geltend
gemachten falschen Ermessenseinschätzung der ESTV für die Jahre 1996
bis 1998 und das 1. bis 3. Quartal 2000 eine Korrektur und eine Gutschrift
im Umfang von Fr. 67'114.--; die Forderung erhöhte sie in der Eingabe
vom 12. Januar 2005 auf Fr. 67'627.--. Mit der Eingabe vom 6. November
2006 machte die Beschwerdeführerin schliesslich gestützt auf die
Praxismitteilung einen Rückerstattungsanspruch von Fr. 157'820.-- geltend
(einschliesslich das Jahr 1999) mit der Begründung, sie habe im
erhobenen Zeitraum im Umfang von 82% an private Leasingnehmer
geliefert, die keine Vorsteuer geltend machen könnten; deswegen sei dem
Staat durch die falsche Fakturierung kein Steuerausfall entstanden. Sie
stellte aber die Sichtweise der ESTV über die mehrwertsteuerliche
Belastung von zwei Umsätzen infolge ihrer indirekten Stellvertretung und
die Schätzung der Umsätze nicht mehr in Frage (vgl. oben E. 2.6). Es
bleibt dennoch zu prüfen, ob (i) die Ermessensschätzung der ESTV
ausgehend vom errechneten Umsatz von Fr. 264'016.73 der
Beschwerdeführerin (bzw. Fr. 327'493.-- der D._______AG) im Jahr 1999
für die Jahre 1996 – 1998 und das 1. bis 3. Quartal 2000 korrekt und (ii) ob
17
auf Grund der Praxismitteilung gestützt auf Art 45a MWSTGV die
Beschwerde begründet ist.
3.1 Die Voraussetzungen der Ermessenschätzung bei der Beschwerdeführerin
(und der D._______AG) waren erfüllt, da die ausgewiesenen Ergebnisse
mit dem wirklichen Sachverhalt offensichtlich nicht übereinstimmten (vgl.
oben E. 2.6). Die Beschwerdeführerin hat ihren Umsatz – wie sie heute
auch selbst eingesteht – mehrwertsteuerlich falsch abgerechnet (vgl. oben
E. 2.5). Damit obliegt es der Beschwerdeführerin, den Beweis für die
Unrichtigkeit der Schätzung zu erbringen. Die ESTV hat den
massgeblichen Umsatz der Beschwerdeführerin für das Jahr 1999
aufgrund der vorhandenen Belege auf Fr. 264'016.73 berechnet. Die
Beschwerdeführerin bestreitet die Richtigkeit dieser Berechnung nicht.
Gleichermassen hat die ESTV den Umsatz der D._______AG für das Jahr
1999 mit Fr. 327'493.47 festgestellt; auch dagegen wendet die
Beschwerdeführerin nichts ein. Es ist zunächst durchaus plausibel, wenn
die ESTV im Verhältnis zum Umsatz Wagenhandel der
Beschwerdeführerin von ausgeglichenen Umsätzen für alle Jahre der
Kontrollperiode ausgeht (1996 Fr. 209'000.--, 1997 Fr. 249'000.--, 1998 Fr.
242'000.-- und 1. bis 3. Quartal 2000 Fr. 198'000.--), da keine objektiven
Umstände für unterschiedliche Geschäftstätigkeiten der
Beschwerdeführerin im Kontrollzeitraum vorlagen. Zum Beweis ihrer davon
abweichenden Behauptungen legt die Beschwerdeführerin einzig eine
grössere Anzahl Rechnungen vor, die ihren und der D._______AG
relevanten Umsatz im Zeitraum vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember
1998 und 1. Januar bis 30. September 2000 beweisen sollen. Sie will
gestützt darauf, gemäss ihrem Schreiben vom 6. November 2006, die
folgenden Umsätze mit der Leasinggesellschaft erzielt haben: 1996 Fr.
68'567.--, 1997 Fr. 145'609.--, 1998 Fr. 240'947.--, 1. bis 3. Quartal 2000
Fr. 156'128.--. Sie legt aber nicht, z.B. durch revidierte Erfolgsrechnungen
und Bilanzen oder durch Geschäftsberichte und
(Branchen)Umsatzstatistiken oder durch Konjunkturdaten, dar, weshalb sie
in den Jahren 1996 und 1997 einen wesentlich tieferen Umsatz als in den
Jahren 1998 und 1999 erzielt haben will oder worin sich der Aufschwung in
den Jahren 1998 und 1999 und der erneute Abschwung im Jahr 2000
objektiv begründen liesse. Sie gibt auch keinerlei Begründung für die
Abweichung in den ersten drei Quartalen des Jahres 2000. Die Schätzung
der ESTV für das Jahr 1998 ist schliesslich im Vergleich zur Darstellung
der Beschwerdeführerin über ihren tatsächlichen Umsatz ohnehin
praktisch identisch; sie weist eine (zufällige) Differenz von lediglich
Fr. 1'053.-- zu Gunsten der Beschwerdeführerin aus. Das vermag die
Zuverlässigkeit und Begründung der Schätzung der ESTV zu stützen. Die
Beschwerdeführerin kommt damit ihrer Beweispflicht einer unkorrekten
Ermessenseinschätzung durch die ESTV nicht nach (E. 2.6), weshalb es
bei den Ergebnissen der ESTV sein Bewenden haben muss.
Das Gleiche gilt für die D._______AG im relevanten Zeitraum vom 1. April
bis 31. Dezember 1998 und in den ersten drei Quartalen des Jahres 2000.
18
Die ESTV schätzte den Umsatz der D._______AG ausgehend vom
Umsatz 1999 von Fr. 327'493.--, der von der Beschwerdeführerin
anerkannt wird und legte die Schätzung für das Jahr 1998 von
Fr. 255'000.-- und für das 1. bis 3. Quartal 2000 von Fr. 245'000.-- um.
Demgegenüber behauptet die Beschwerdeführerin einen tatsächlichen
Umsatz von Fr. 126'450.-- im Jahr 1998 und einen solchen von
Fr. 214'933.- im ersten bis 3. Quartal 2000. Es findet sich jedoch keinerlei
Begründung oder Nachweis der Beschwerdeführerin, weshalb der Umsatz
der D._______AG im Jahr 1998 nur ca. 38.6 % des Umsatzes 1999
betragen hatte. Ebenso wenig wird die Abweichung für die ersten drei
Quartale des Jahres 2000 begründet. Die Rechnungen an die Kunden
allein können auch bei der D._______AG den Beweis der
Ermessensüberschreitung der ESTV nicht erbringen. Sie müssten durch
revidierte Bilanzen, Erfolgrechnungen mit den entsprechenden
Kontenblättern, Geschäftsberichten und Angaben über den allgemeinen
und ihren besonderen Geschäftsverlauf hinterlegt werden. Die
Beschwerdeführerin kommt damit ihrer Beweispflicht auch in Bezug auf die
D._______AG nicht nach (E. 2.6), weshalb die Ermessenschätzung der
ESTV auch in dieser Hinsicht nicht zu beanstanden ist.
3.2 Nach Art 45a MWSTGV wird allein aufgrund von Formmängeln keine
Steuernachforderung erhoben, wenn erkennbar ist oder die
steuerpflichtige Person nachweist, dass durch die Nichteinhaltung einer
Formvorschrift des Gesetzes oder dieser Verordnung für die Erstellung
von Belegen für den Bund kein Steuerausfall entstanden ist (E. 2.8). Damit
steht die materielle Steuerprüfung im Vordergrund. Dabei soll der
tatsächliche Sachverhalt ermittelt bzw. festgestellt, aufgrund der
einschlägigen mehrwertsteuerlichen Gesetzesbestimmungen beurteilt und
die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen bestimmt werden (vgl. Einleitung
der Praxismitteilung).
Die Beschwerdeführerin (bzw. die D._______AG) haben jeweils zwei
Umsatzgeschäfte im eigenen Namen abgeschlossen, die je für sich
mehrwertsteuerpflichtig waren, nämlich (i) die Rechnungsstellung als
indirekte Stellvertreterin auf Rechnung des Leasinggebers an ihre Kunden
(Leasingnehmer) für die erste Miete und die Kaution des
Leasingfahrzeugs, unter der sie die Mehrwertsteuer abgerechnet hat, und
(ii) im eigenen Namen und auf eigene Rechnung die Übertragung des
Eigentums am Leasingfahrzeug an den finanzierenden Leasinggeber, dem
sie den vollen Kaufpreis des jeweiligen Fahrzeugs hätte unter Abrechnung
der Mehrwertsteuer in Rechnung stellen müssen (E. 2.4). Die
Beschwerdeführerin anerkennt heute, „dass die damalige Fakturierung
formell falsch war“ (Eingabe vom 6. November 2006). Es liegt dadurch
aber noch kein Formmangel im Sinn von Art. 45a MWSTGV vor. Wenn
sich die Beschwerdeführerin – aus welchen Gründen auch immer –
entschieden hat, dem Leasingnehmer und dem Leasinggeber formgültige
und korrekte, separate Rechnungen zuzustellen und gegenüber dem
Leasingnehmer im Interesse des Leasinggebers im eigenen Namen (als
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indirekte Stellvertreterin) aufzutreten, war dies eine durchaus mögliche
(und auch häufig gewählte) zivilrechtliche und wirtschaftliche Konstellation
(Entscheide der SRK vom 26. April 2006, VPB 70.77 E. 2b, vom 31. März
2002, VPB 68.126 E. 3 a/b), die allerdings mit den entsprechenden
(vielleicht unerwünschten) mehrwertsteuerrechtlichen Konsequenzen
verbunden war. Das mehrwertsteuerliche Resultat des wirtschaftlichen
Vorgehens durch die Beschwerdeführerin ist zu akzeptieren. Damit spielt
es auch keine Rolle, wieviele Fahrzeuge die Beschwerdeführerin und die
D._______AG an nicht mehrwertsteuerpflichtige Leasingnehmer
verkauften, denn wenn kein Formmangel besteht, stellt sich auch die
Frage des unterbliebenen Steuerausfalls für den Bund nicht.
4. Zusammenfassend ist deshalb die Beschwerde in Bezug auf die
Mehrwertsteuerforderung der D._______AG gegenüber für die Jahre 1996,
1997 und das erste Quartal 1998 gutzuheissen, der Einspracheentscheid
vom 16. September 2004 aufzuheben und die Sache zur neuen
Berechnung der Mehrwertsteuerforderung zurückzuweisen. Eine
Rückweisung ist notwendig. Das Bundesverwaltungsgericht kann die
Umsatzschätzung der ESTV für das gesamte Jahr 1998 von Fr. 255'000.--
nicht ohne Weiteres und unbesehen auf einen Viertel für das erste Quartal
1998 festlegen, da unter Umständen noch weitere Aspekte – wie zum
Beispiel saisonale Schwankungen der Verkäufe – zu berücksichtigen sein
werden. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
5. Bei diesem Ausgang des Verfahrens rechtfertigt es sich, der
Beschwerdeführerin gemäss Art. 4 des Reglements vom 11. Dezember
2006 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungs-
gericht (VGKE, SR 173.320.2) die Verfahrenskosten von Fr. 4'500.--
teilweise, im Umfang von Fr. 3'500.--, aufzuerlegen; der Rest des
Kostenvorschusses von Fr. 4'500.--, ausmachend Fr. 1'000.--, wird der
Beschwerdeführerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils erstattet.
Die teilweise unterliegende ESTV trägt keine Verfahrenskosten (Art. 63
Abs. 2 VwVG). Es wird der Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 7 Abs. 2
VGKE eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- (inklusive
MWST und Auslagen) zu Lasten der ESTV zugesprochen.
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Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1. Die Beschwerde wird im Sinn der Erwägungen teilweise gutgeheissen, der
Einspracheentscheid vom 16. September 2004 wird aufgehoben und die
Sache zur Berechnung der Mehrwertsteuerforderung an die ESTV
zurückgewiesen; im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2. Die Verfahrenskosten im Betrag von Fr. 4'500.-- werden der
Beschwerdeführerin im Umfang von Fr. 3'500.-- auferlegt und mit dem
Kostenvorschuss von Fr. 4'500.-- verrechnet. Der Überschuss von
Fr. 1'000.-- wird der Beschwerdeführerin nach Eintritt der Rechtskraft
dieses Urteils zurückbezahlt. Fr. 1'000.-- der Verfahrenskosten gehen zu
Lasten des Staates.
3. Die ESTV wird verpflichtet, der Beschwerdeführerin eine
Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- zu bezahlen.
4. Dieses Urteil wird eröffnet:
- der Beschwerdeführerin (mit Gerichtsurkunde)
- der Vorinstanz (Ref-Nr. ...) (mit Gerichtsurkunde)
Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:
Markus Metz Jürg Steiger
Rechtsmittelbelehrung
Urteile des Bundesverwaltungsgerichts in Abgabesachen können innert 30
Tagen seit Eröffnung beim Schweizerischen Bundesgericht in Lausanne
angefochten werden. Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und
hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die
Unterschrift zu enthalten. Sie muss spätestens am letzten Tag der Frist beim
Bundesgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post
oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung
übergeben werden (vgl. Art. 42, 48, 54, 83 Bst. l und m sowie 100 des
Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht
[Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110]).
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