9 W (pat) 3/14  - 9. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



9 W (pat) 3/14
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
26. April 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2006 054 517


- 2 -




hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung am 26. April 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dipl.-Ing. Hilber sowie der Richter Paetzold, Dipl.-Ing. Sandkämper und
Dipl.-Phys. Dr.-Ing. Geier

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der
Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
16. Juli 2013 aufgehoben und das Patent beschränkt aufrecht
erhalten mit folgenden Unterlagen:

- Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht mit
Schriftsatz vom 19. April 2017,

- neue Beschreibung S. 2/8, eingereicht in der mündlichen Ver-
handlung am 26. April 2017,

- ansonsten Beschreibung und Zeichnungen Figuren 1 bis 3 der
Patentschrift.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
- 3 -
G r ü n d e

I

Die Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach Prüfung
eines Einspruchs das am 20. November 2006 unter Inanspruchnahme der Priorität
aus der deutschen Anmeldung DE 10 2005 059 408.5 vom 13. Dezember 2005
angemeldete Patent 10 2006 054 517, dessen Erteilung am 26. Januar 2012 ver-
öffentlicht wurde, mit der Bezeichnung

„Drehmomentübertragungseinrichtung“

mit einem am Ende der mündlichen Anhörung vom 16. Juli 2013 verkündeten Be-
schluss widerrufen. Eine das Erstellungsdatum 19. November 2013 tragende Be-
schlussbegründung wurde jeweils getrennt für die Einsprechende und für die Pa-
tentinhaberin am 19. November 2013 von den Unterzeichnenden signiert und an-
schließend zugestellt. Eine unterschriebene oder signierte Urfassung der Be-
schlussbegründung liegt in der elektronischen Akte des Deutschen Patent- und
Markenamts nicht vor.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2013
eingelegte Beschwerde der Patentinhaberin, die am 16. Dezember 2013 einge-
gangen ist.

Mit gerichtlichem Hinweis vom 10. Oktober 2016 hat der Senat auf seine Beden-
ken hinsichtlich des Fehlens einer Urschrift des angefochtenen Beschlusses hin-
gewiesen und mitgeteilt, dass er aufgrund einer zwischenzeitlich geänderten Ver-
fahrensweise beim Deutschen Patent- und Markenamt beabsichtige, das Be-
schwerdeverfahren mit dem Ziel einer Entscheidung in der Hauptsache fortzuset-
zen, sofern innerhalb einer gesetzten Frist keine Stellungnahme der Beteiligten
erfolge. Eine Stellungnahme der Verfahrensbeteiligten ist nicht eingegangen.
- 4 -
Die Beschwerdeführerin verteidigt ihr Patentbegehren zuletzt im Umfang eines
neuen Haupt- sowie eines neuen Hilfsantrages 1. Sie ist insbesondere der Auffas-
sung, dass die in dem geltenden Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag bean-
spruchte Drehmomentübertragungseinrichtung in den ursprünglichen Unterlagen
als zur Erfindung gehörig offenbart sei, sowie gegenüber dem druckschriftlich be-
legten Stand der Technik neu sei wie auch auf einer erfinderischen Tätigkeit be-
ruhe.

In der mündlichen Verhandlung vom 26. April 2017 beantragte die Patentinhaberin
und Beschwerdeführerin zuletzt,

den Beschluss der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts vom 16. Juli 2013 aufzuheben und das Patent aufrecht zu erhal-
ten mit folgenden Unterlagen:

- Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hauptantrag, eingereicht mit Schrift-
satz vom 19. April 2017,

- Beschreibung und Zeichnungen Figuren 1 bis 3 wie Patentschrift

hilfsweise das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten mit folgenden Unter-
lagen:

- Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht mit Schrift-
satz vom 19. April 2017,

- neue Beschreibung S. 2/8, eingereicht in der mündlichen Verhandlung
am 26. April 2017,

- ansonsten Beschreibung und Zeichnungen Figuren 1 bis 3 der Patent-
schrift.
- 5 -
Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin beantragt in der mündlichen Ver-
handlung vom 26. April 2017 zuletzt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Meinung, dass sowohl der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß
Hauptantrag wie auch der Gegenstand des Patentanspruchs 3 gemäß Hauptan-
trag Merkmale beinhalte, die den Inhalt der ursprünglichen Unterlagen in unzuläs-
siger Weise verallgemeinerten, so dass eine unzulässige Erweiterung vorläge.
Darüber hinaus sei der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag
nicht mehr neu gegenüber den Druckschriften

D3: DE 10 2004 052 665 A1 und

D4: DE 10 2004 011 058 A1.

Zumindest sei er jedoch durch eine Zusammenschau der Druckschriften D3 oder
D4 mit einem Fachbuchauszug gemäß der Druckschrift

D8: Europa-Lehrmittel: Fachkunde Kraftfahrzeugtechnik, 27. Auflage,
Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten, 2001, S. 403 - 405,
ISBN 3-8085-2067-1.

nahe gelegt.

Bezüglich der unzulässigen Erweiterung gelte dies gleichermaßen auch für den
Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 sowie für den Gegen-
stand des Patentanspruchs 3 gemäß Hilfsantrag 1. Zumindest sei jedoch der Ge-
genstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 durch eine Zusammen-
schau der Druckschriften D3 oder D4 mit einem Fachbuchauszug gemäß der
Druckschrift D8 nahe gelegt.
- 6 -
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

Drehmomentübertragungseinrichtung mit einem im Antriebsstrang (1)
eines Kraftfahrzeugs zur Drehmomentübertragung zwischen einer An-
triebseinheit (3) und einem Getriebe (5) angeordneten Drehmoment-
wandler (6), der ein um eine Drehachse (27) drehbares Wandlerge-
häuse (28) aufweist, das drehfest mit der Antriebseinheit (3) verbunden
ist, dadurch gekennzeichnet, dass die drehfeste Verbindung zwischen
der Antriebseinheit (3) und dem Wandlergehäuse (28) ein Verbindungs-
element (16, 56, 76) mit einem rohrförmigen Verbindungsabschnitt (15;
55; 75) umfasst, das koaxial zu der Drehachse des Wandlergehäuses
(28) angeordnet ist, wobei das Verbindungselement (15, 16) an dem
Wandlergehäuse (28) befestigt ist und wobei das Verbindungselement
eine Aussparung radial außerhalb des Verbindungselementes und in
axialer Richtung zwischen der Antriebseinheit und dem Wandlerge-
häuse in der Weise erzeugt, daß das Verbindungselement eine Durch-
führung einer Antriebswelle, die von einem Differential ausgeht, senk-
recht zur Drehachse zwischen einem Antriebsblech und dem Wandler-
gehäuse des Drehmomentwandlers ermöglicht und wobei an dem dem
Wandlergehäuse (28) abgewandten Ende des Verbindungselements
(16; 56; 76) ein Mitnehmerblech (12; 52; 72) befestigt ist und wobei zur
Zentrierung des Drehmomentwandlers (6) zu der Antriebseinheit (3) ein
Zentrierelement (20; 60; 80) vorgesehen ist und das Zentrierelement
(20; 60; 80) axial in Richtung einer Kurbelwelle über das Mitnehmer-
blech (12; 52; 72) hinaus ragt.

Rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 2 bis 11 gemäß Haupt-
antrag an, wobei Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag lautet:

Drehmomentübertragungseinrichtung nach einem der Ansprüche 1
oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass von dem dem Wandlerge-
- 7 -
häuse (28) zugewandten Ende des Verbindungselements (15,16) ein
Befestigungsflansch (24) ausgeht, der an dem Wandlergehäuse (28)
befestigt ist und der Befestigungsflansch (24) mehrere Zentrierna-
sen (26) aufweist, die in Zentriervertiefungen eingreifen, die in dem
Wandlergehäuse (28) vorgesehen sind.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:

Drehmomentübertragungseinrichtung mit einem im Antriebsstrang (1)
eines Kraftfahrzeugs zur Drehmomentübertragung zwischen einer An-
triebseinheit (3) und einem Getriebe (5) angeordneten Drehmoment-
wandler (6), der ein um eine Drehachse (27) drehbares Wandlerge-
häuse (28) aufweist, das drehfest mit der Antriebseinheit (3) verbunden
ist, dadurch gekennzeichnet, dass die drehfeste Verbindung zwischen
der Antriebseinheit (3) und dem Wandlergehäuse (28) ein Verbin-
dungselement (16, 56, 76) mit einem rohrförmigen Verbindungsab-
schnitt (15; 55; 75) umfasst, das koaxial zu der Drehachse des Wand-
lergehäuses (28) angeordnet ist, wobei das Verbindungselement (15,
16) an dem Wandlergehäuse (28) befestigt ist und wobei das Verbin-
dungselement eine Aussparung radial außerhalb des Verbindungsele-
mentes und in axialer Richtung zwischen der Antriebseinheit und dem
Wandlergehäuse in der Weise erzeugt, daß das Verbindungselement
eine Durchführung einer Antriebswelle, die von einem Differential aus-
geht, senkrecht zur Drehachse zwischen einem Antriebsblech und dem
Wandlergehäuse des Drehmomentwandlers ermöglicht und wobei an
dem dem Wandlergehäuse (28) abgewandten Ende des Verbindungs-
elements (16; 56; 76) ein Mitnehmerblech (12; 52; 72) befestigt ist und
wobei zur Zentrierung des Drehmomentwandlers (6) zu der Antriebs-
einheit (3) ein Zentrierelement (20; 60; 80) vorgesehen ist und das
Zentrierelement (20; 60; 80) axial in Richtung einer Kurbelwelle über
das Mitnehmerblech (12; 52; 72) hinaus ragt und das dem Wandlerge-
- 8 -
häuse (28) abgewandte Ende des Verbindungselements (15,16) durch
eine Abschlusswand (18; 58; 78) geschlossen ist, wobei die Ab-
schlusswand (18; 58; 78) das Zentrierelement (20; 60; 80) aufweist.

Rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 2 bis 9 gemäß Hilfsan-
trag 1 an, wobei Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag 1 dem Patentanspruch 3
gemäß Hauptantrag entspricht.

Wegen des Wortlauts der jeweiligen weiteren Unteransprüche, der angepassten
Beschreibung gemäß Hilfsantrag 1 sowie zu weiteren Einzelheiten wird auf den
Akteninhalt verwiesen.

Folgende weitere Druckschriften befinden sich im Verfahren:

D1: DE 103 49 652 A1,

D2: DE 10 2005 031 332 A1,

D5: DE 100 17 740 A1,

D6: DE 101 46 122 A1,

D7: DE 199 25 913 A1,

D9: DE 198 57 232 C1.


II

1. Die Beschwerde der Patentinhaberin ist statthaft und auch sonst zulässig (§ 73
Abs. 1 und 2 Satz 1 PatG, § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG).
- 9 -
Insbesondere liegt ein beschwerdefähiger Beschluss vor, da der Beschluss über
den Widerruf des angegriffenen Patents mit seiner Verkündung am Ende der
mündlichen Anhörung vor der Patentabteilung (§ 47 Abs. 1 Satz 2 PatG) auch
ohne Unterschrift bzw. Signatur der an der Entscheidung mitwirkenden Mitglie-
der der Patentabteilung existent und infolgedessen anfechtbar geworden ist
(vgl. BPatG Beschluss vom 19. Februar 2014, 19 W (pat) 16/12; BGHZ 137, 49
– Elektrischer Winkelstecker II).

2. In der Sache hat die Beschwerde insoweit Erfolg, als dass sie zur Aufhebung
der angefochtenen Entscheidung und zu einer beschränkten Aufrechterhaltung
des Patents gemäß Hilfsantrag 1 führt, denn weder sind die Gegenstände der zu-
gehörigen Patentansprüche in unzulässiger Weise erweitert, noch ist dem im
Verfahren befindlichen Stand der Technik am Anmeldetag des Streitpatents eine
hinreichende Anregung für einen Gegenstand mit den Merkmalen des Patentan-
spruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 zu entnehmen oder dieser gar vollständig vorbe-
kannt.

3. Die Beteiligten des Verfahrens haben sich geändert. Zwar ist eine solche Ände-
rung ohne Zustimmung der jeweiligen Gegenseite nur unter engen Voraussetzun-
gen möglich, die hier aber erfüllt sind:

Patentinhaberin war ursprünglich die S… GmbH & Co. KG in
H…, deren Stellung im Folgenden durch Umwandlung der
Rechtsform auf die S… AG & Co. KG in
H… übergegangen ist.

Damit ist in zulässiger Weise eine Änderung der Beteiligtenstellung eingetreten,
was in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich nicht in Zweifel gezogen
worden ist.

- 10 -
4. Der Senat hat von einer Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das
Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG abgesehen, ob-
wohl vorliegend Verfahrensfehler bei der Erstellung und Ausfertigung des elektro-
nischen Beschlussdokuments feststellbar sind. Insbesondere ist in der dem Bun-
despatentgericht vom Deutschen Patent- und Markenamt per File-Transfer über-
mittelten elektronischen Patentakte kein wirksam signiertes elektronisches Be-
schluss-Urdokument der am 19. November 2013 erstellten Beschlussbegründung
enthalten und der Beschluss daher mit einem Begründungsmangel behaftet (vgl.
BPatG Beschluss vom 19. Februar 2014, 35 W (pat) 413/12; BPatG Beschluss
vom 24. November 2014, 19 W (pat) 17/12).

Inzwischen hat jedoch das Deutsche Patent- und Markenamt die anfängliche
Methodik und Technik der elektronischen Aktenführung in einer Weise geändert,
die nach Ansicht des hier entscheidenden Senats den rechtlichen Bedenken
Rechnung trägt, die in der vorgenannten Entscheidung des 35. Senats der Grund
für die Zurückverweisung war.

In dieser Veränderung der elektronischen Aktenführung beim Deutschen Patent-
und Markenamt wird eine wesentliche neue Tatsache gesehen, die es erlaubt, von
der möglichen Zurückverweisung nach § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG im vorliegenden
Beschwerdeverfahren abzusehen und das Verfahren in der Hauptsache fortzuset-
zen. Denn jetzt können die etwa bestehenden Verfahrensmängel nur noch als die
Folge der anfänglichen, rechtlich bedenklichen und inzwischen zeitlich begrenzten
Praxis des Deutschen Patent- und Markenamt eingeordnet werden, die mit der
neuen Praxis des Amtes überwunden wurde (ähnlich Beschluss des 20. Senats
vom 12.05.2014, Az.: 20 W (pat) 28/12).

5. Das Streitpatent betrifft eine Drehmomentübertragungseinrichtung mit einem im
Antriebsstrang eines Kraftfahrzeugs zur Drehmomentübertragung zwischen einer
Antriebseinheit und einem Getriebe angeordneten Drehmomentwandler, der ein
um eine Drehachse drehbares Wandlergehäuse aufweist, das drehfest mit der
- 11 -
Antriebseinheit verbunden ist. Eine solche Drehmomentübertragungseinrichtung
sei beispielsweise aus der Druckschrift D2 bekannt (vgl. Absatz [0001] der Streit-
patentschrift, im folgenden SPS genannt).

Die Aufgabe der Erfindung sei es, eine bezüglich des Bauraums optimierte Dreh-
momentübertragungseinrichtung zu schaffen, die einfach aufgebaut und kosten-
günstig herstellbar ist (vgl. Absatz [0002] der SPS).

Diese Aufgabe werde durch eine Drehmomentübertragungseinrichtung mit den
Merkmalen von Patentanspruch 1 gelöst (vgl. Absatz [0003] der SPS).

6. Als Fachmann ist bei der nachfolgenden Bewertung des Standes der Technik
sowie dem Verständnis der Erfindung von einem Durchschnittsfachmann auszu-
gehen, der als Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau ausgebildet ist.
Dieser ist auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion von Antriebssträngen
bzw. Antriebsstrangkomponenten für Kraftfahrzeuge tätig und verfügt auf diesem
Gebiet über mehrere Jahre Berufserfahrung.

7. Hauptantrag

Der mit Hauptantrag verteidigte Anspruchssatz konnte nicht zum Erfolg führen,
weil mit diesem das Streitpatent in unzulässiger Weise neu gestaltet wird.

Bei der Verteidigung eines Patents in veränderter Fassung im Einspruchs- und
Einspruchsbeschwerdeverfahren ist die Zulässigkeit dieser Fassung ohne
Beschränkung auf die gesetzlichen oder die geltend gemachten Widerrufsgründe
zu prüfen (BGH, Beschluss vom 3. Februar 1998 – X ZB 6/97 –, GRUR 1998, 901
– Polymermasse).

Das Einspruchsverfahren dient hierbei allein der Prüfung der Widerrufsgründe und
nicht der generellen Überarbeitung bzw. Gestaltung eines Patents. Somit besteht
- 12 -
für den Patentinhaber jedenfalls dann kein Rechtsschutzbedürfnis noch nach Pa-
tenterteilung im Rahmen des Einspruchs-Beschwerdeverfahrens bzw. Einspruchs-
verfahrens einen neuen echten Unteranspruch aufzustellen, dessen kennzeich-
nendes Merkmal in den erteilten Patentansprüchen weder enthalten noch irgend-
wie angesprochen, sondern allein der Beschreibung zu entnehmen ist, wenn das
Patent nicht auch durch eine Neufassung des Hauptanspruchs zugleich
beschränkt verteidigt wird (BPatG, Beschluss vom 12. Dezember 2000
– 34 W (pat) 30/00 –, BPatGE 43, 230-232 – Spülgut – in Verbindung mit BPatG,
Beschluss vom 21. November 2001 – 20 W (pat) 17/00 –, BPatGE 44, 240-253
– erstes Impulssignal).

Ein solcher echter Unteranspruch ohne beschränkten Hauptanspruch liegt hier
vor.

Die Beschwerdeführerin verteidigt ihr Patent mit den mit Schriftsatz vom
19. April 2017 eingereichten geänderten Patentansprüchen 1 bis 11 gemäß
Hauptantrag.

Während der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag, als einziger unabhängiger
Patentanspruch, wörtlich dem erteilten Patentanspruch 1 entspricht, ist in den
Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag, aufgrund seiner Rückbezüge sowohl for-
mell wie auch inhaltlich einen Unteranspruch darstellend, gegenüber dem erteilten
Patentanspruch 3 das nicht aus den erteilten Patentansprüchen hervorgehende
Merkmal zusätzlich aufgenommen, wonach „von dem dem Wandlergehäuse (28)
zugewandten Ende des Verbindungselements (15, 16) ein Befestigungsflansch
ausgeht, der an dem Wandlergehäuse (28) befestigt ist“. Damit wurde dem Pa-
tentanspruch 3 als Unteranspruch ein Merkmal hinzugefügt während der Hauptan-
spruch in unveränderter Form verteidigt wird.

- 13 -
8. Hilfsantrag 1

In der Fassung des Hilfsantrags 1 erweist sich der auf eine Drehmomentübertra-
gungseinrichtung gerichtete Patentanspruch 1 als bestandsfähig, denn dieser ist in
den ursprünglichen Anmeldeunterlagen offenbart, sowie weder vorbekannt noch
durch den Stand der Technik nahe gelegt. Dies gilt ebenso für die Weiterbildungen
nach den darauf rückbezogenen Patentansprüchen 2 bis 9.

8.1 Zur Erleichterung von Bezugnahmen sind die Merkmale des Patentan-
spruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 nachstehend in Form einer Merkmalsgliederung
wiedergegeben.

Oa Drehmomentübertragungseinrichtung mit einem im Antriebsstrang (1) eines
Kraftfahrzeugs zur Drehmomentübertragung zwischen einer Antriebseinheit
(3) und einem Getriebe (5) angeordneten Drehmomentwandler (6),

Ob der ein um eine Drehachse (27) drehbares Wandlergehäuse (28) aufweist,

Oc das drehfest mit der Antriebseinheit (3) verbunden ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

Ka die drehfeste Verbindung zwischen der Antriebseinheit (3) und dem Wand-
lergehäuse (28)

Kb ein Verbindungselement (16, 56, 76) mit einem rohrförmigen Verbindungs-
abschnitt (15; 55; 75) umfasst,

Kc das koaxial zu der Drehachse des Wandlergehäuses (28) angeordnet ist,

- 14 -
Kd wobei das Verbindungselement (15, 16) an dem Wandlergehäuse (28) be-
festigt ist und

Ke wobei das Verbindungselement eine Aussparung radial außerhalb des Ver-
bindungselementes und in axialer Richtung zwischen der Antriebseinheit
und dem Wandlergehäuse in der Weise erzeugt,

Kf dass das Verbindungselement eine Durchführung einer Antriebswelle, die
von einem Differential ausgeht, senkrecht zur Drehachse zwischen einem
Antriebsblech und dem Wandlergehäuse des Drehmomentwandlers ermög-
licht und

Kg wobei an dem dem Wandlergehäuse (28) abgewandten Ende des Verbin-
dungselements (16; 56; 76) ein Mitnehmerblech (12; 52; 72) befestigt ist
und

Kh wobei zur Zentrierung des Drehmomentwandlers (6) zu der Antriebsein-
heit (3) ein Zentrierelement (20; 60; 80) vorgesehen ist

Ki und das Zentrierelement (20; 60; 80) axial in Richtung einer Kurbelwelle
über das Mitnehmerblech (12; 52; 72) hinaus ragt

Kj und das dem Wandlergehäuse (28) abgewandte Ende des Verbindungsele-
ments (15, 16) durch eine Abschlusswand (18; 58; 78) geschlossen ist,
wobei die Abschlusswand (18; 58; 78) das Zentrierelement (20', 60', 80)
aufweist.

8.2 Die Prüfung der Patentfähigkeit erfordert regelmäßig eine Auslegung des Pa-
tentanspruchs, bei der dessen Sinngehalt in seiner Gesamtheit und der Beitrag,
den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der Erfindung liefern, zu be-
stimmen sind (BGH – Polymerschaum, Urteil vom 17. Juli 2012 – X ZR 117/11 –,
- 15 -
BGHZ 194, 107-120, BPatGE 53, 299-300). Dies gilt auch für das Einspruchs- und
Einspruchsbeschwerdeverfahren. Dazu ist zu ermitteln, was sich aus der Sicht des
angesprochenen Fachmanns aus den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzel-
nen und in ihrer Gesamtheit als unter Schutz gestellten technische Lehre ergibt,
wobei der Fachmann auch die Beschreibung und Zeichnung heranzuziehen hat
(BGH – Informationsübermittlungsverfahren, Beschluss vom 17. April 2007
– X ZB 9/06 –, BGHZ 172, 108-118, BPatGE 2008, 291).

Der vorstehend definierte Fachmann entnimmt dem geltenden Patentanspruch 1
eine Drehmomentübertragungseinrichtung mit einem im Antriebsstrang eines
Kraftfahrzeugs zur Drehmomentübertragung zwischen einer Antriebseinheit und
einem Getriebe angeordneten Drehmomentwandler, der ein um eine Drehachse
drehbares Wandlergehäuse aufweist. Dieses ist mittels einer drehfesten Verbin-
dung zwischen der Antriebseinheit und dem Wandlergehäuse drehfest mit der
Antriebseinheit verbunden (Merkmale Oa, Ob, Oc, Ka).

Die drehfeste Verbindung umfasst gemäß den Merkmalen Kb, Kc, Kd und Kg ein
Verbindungselement mit einem rohrförmigen Verbindungsabschnitt, wobei das
Verbindungselement koaxial zu der Drehachse des Wandlergehäuses angeordnet
sowie an dem Wandlergehäuse befestigt ist und an welchem an dem dem Wand-
lergehäuse abgewandten Ende ein Mitnehmerblech befestigt ist.

Die beanspruchte Befestigung kann dabei die feste Verbindung zweier getrennter
Bauteile herstellen, so wie es exemplarisch für das in der Figur 1 dargestellte erste
Ausführungsbeispiel beschrieben ist und bei dem das dortige separat ausgebildete
Mitnehmerblech 12 mit dem ebenfalls separaten Verbindungselement 16 ver-
schweißt ist (vgl. Absatz [0023] der Beschreibung). Sie kann aber auch durch eine
einstückige Verbindung miteinander realisiert sein, wie dies zum einen das erfin-
dungsgemäß zweite, in Figur 2 offenbarte Ausführungsbeispiel zeigt, bei welchem
das Mitnehmerblech 52 und das Verbindungselement 56 einstückig im Sinne
eines elementaren Bauteils ausgebildet sind (vgl. Absatz [0027] der Beschrei-
- 16 -
bung), und zum anderen dem geltenden Patentanspruch 6 als Unteranspruch zu
dem geltenden Patentanspruch 1 zu entnehmen ist.

Die rohrförmige Ausbildung des in dem Verbindungselement umfassten Verbin-
dungsabschnitts ist für den Fachmann im Sinne eines rotationssymmetrischen
Hohlkörpers zu sehen, denn nur ein rotationssymmetrisches geformtes Bauteil ist
geeignet, die von der Antriebseinheit ausgehende Drehbewegung über das Ver-
bindungselement und den Verbindungsabschnitt auf das Wandlergehäuse in
dynamischer Hinsicht optimal zu übertragen. Die der Figur 1 entnehmbare, in Ab-
satz [0022] beschriebene und somit auf das erste Ausführungsbeispiel bezogene
Gestalt des Verbindungselements in Form eines Kreiszylindermantels steht hierzu
nicht im Widerspruch, denn auch ein Kreiszylindermantel ist ein rotationssym-
metrischer Hohlkörper. Allein aus Ausführungsbeispielen darf allerdings nicht auf
ein engeres Verständnis des Patentanspruchs geschlossen werden, als es dessen
Wortlaut für sich genommen nahe legt. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Auslegung
des Patentanspruchs unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen
ergibt, dass nur bei Befolgung einer solchen engeren technischen Lehre derjenige
technische Erfolg erzielt wird, der erfindungsgemäß mit den im Anspruch bezeich-
neten Mitteln erreicht werden soll (BGH, Urteil vom 12. Februar 2008
– X ZR 153/05 –, Mehrgangnabe).

Der Auffassung, dass die Rohrförmigkeit des Verbindungsabschnitts ferner
dadurch gekennzeichnet ist, dass dessen Durchmesser deutlich kleiner sei als
dessen Länge, so wie es die Beschwerdegegnerin in ihrem Schriftsatz vom
19. April 2017 unter Punkt 3.2.2 ausführt, kann jedoch nicht zugestimmt werden.
So offenbaren auch die erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiele Verbindungs-
abschnitte, deren Durchmesser deutlich größer als dessen Länge ist. Der Figur 1
ist in diesem Zusammenhang exemplarisch zu entnehmen, dass der dort darge-
stellte Verbindungsabschnitt 15 etwa eine Länge aufweist, die durch den Über-
deckungs- bzw. Befestigungsbereich mit dem Mitnehmerblech 14 vorgegeben und
die deutlich kleiner als dessen Durchmesser ist.
- 17 -
Das Verbindungselement ist im Weiteren derart ausgebildet, dass es eine Ausspa-
rung, die radial außerhalb des Verbindungselementes und in axialer Richtung zwi-
schen der Antriebseinheit und dem Wandlergehäuse gelegen ist, in der Weise er-
zeugt, dass das Verbindungselement eine Durchführung einer Antriebswelle, die
von einem Differential ausgeht, senkrecht zur Drehachse zwischen einem An-
triebsblech und dem Wandlergehäuse des Drehmomentwandlers ermöglicht
(Merkmale Ke, Kf).

Gemäß den Merkmalen Kh, Ki und Kj ist zur Zentrierung des Drehmomentwand-
lers zu der Antriebseinheit ein Zentrierelement vorgesehen. Dieses ist an einer
Abschlusswand angeordnet, die das dem Wandlergehäuse abgewandte Ende des
Verbindungselements schließt. Dabei ragt das Zentrierelement axial in Richtung
einer Kurbelwelle über das Mitnehmerblech hinaus.

Die durch das Zentrierelement bewirkte Zentrierung gewährleistet dabei eine
räumliche Lageorientierung des Drehmomentwandlers zu der Antriebseinheit in
der Art und Weise, dass sich die Drehachse des Drehmomentwandlers bzw. des-
sen Wandlergehäuses und die Drehachse der Antriebseinheit im Bereich der Zent-
rierung zumindest schneiden und so ausgerichtet werden, dass kein Achsversatz
zwischen den beiden Drehachsen auftritt.

Soweit die Beschwerdegegnerin die beanspruchte Zentrierung allerdings derart
beschränkend auslegt, dass diese nicht nur als einen Achsversatz vermeidend,
sondern darüber hinaus auch zwingend als eine Koaxialität der beiden Achsen
herstellend auszulegen ist, kann ihr darin nicht gefolgt werden. So wird in den
Ausführungsbeispielen das von der Antriebseinheit bewirkte Drehmoment nicht
über die Zentrierung, sondern über das zwischen der Antriebseinheit und dem
Verbindungselement angeordnete Antriebsblech und das daran befestigte Mit-
nehmerblech übertragen. Das Antriebsblech ist dabei als „flex plate“ ausgebildet
(vgl. Absatz [0021]). Eine derartige Flexplatte ist für den Fachmann ein im We-
sentlichen flächig ausgebildetes Bauelement, das auf Grund seiner inhärenten
- 18 -
Flexibilität insbesondere zum Ermöglichen einer Relativtaumel- bzw. Kippbewe-
gung vorteilhaft ist. Insofern mag in den Figuren 1 bis 3 eine koaxiale Anordnung
der Antriebsdrehachse und der Drehachse des Wandlergehäuses abgebildet sein,
aufgrund des Einsatzes des als flex plate ausgebildeten Antriebsblechs ist jedoch
eine leichte Verkippung der beiden Drehachsen zueinander möglich. Diese Kipp-
bewegung kann auch nicht durch die in den Ausführungsbeispielen dargestellte
Form des Zentrierelements unterbunden werden, denn dieses ist gemäß Absatz
[0022] pilzförmig ausgebildet und weist daher, wie auch den Figuren entnehmbar,
nur eine kleine unmittelbare Kontaktfläche mit der Antriebseinheit, hier der Boh-
rung in der Kurbelwelle, auf.

8.3 Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist zulässig, denn dessen Gegen-
stand ist in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen als zur Erfindung
gehörig offenbart sowie auch beschränkt gegenüber dem Gegenstand des Pa-
tentanspruchs 1 in der erteilten Fassung.

Der Senat legt zur Beurteilung des Inhalts der Anmeldung in der ursprünglichen
eingereichten Fassung die damit vollständig übereinstimmende Offenlegungs-
schrift DE 10 2006 054 517 A1, im folgenden OS genannt, zugrunde.

Die Merkmale Oa, Ob, Oc, Ka und Kc gehen unmittelbar und wörtlich aus dem
ursprünglichen Patentanspruch 1 hervor. Das darüber hinaus noch in diesem ent-
haltene Merkmal, wonach das Wandlergehäuse ein im Wesentlichen rohrförmiges
Verbindungselement aufweist, findet sich – unstreitig zulässig – in beschränkter
Form unter Berücksichtigung der Ausführungen in Absatz [0021] der OS in Merk-
mal Kb wieder.

Zu dem Merkmal Kd trägt die Beschwerdegegnerin vor, dass hinsichtlich der in
diesem Merkmal abstrakt als „Befestigung“ angegebenen Anbindung des Verbin-
dungselements an das Wandlergehäuse in den ursprünglichen Anmeldeunterla-
gen ausschließlich die Anbindung durch eine Schweißnaht entnommen werden
- 19 -
könne. Andere Ausgestaltungsmöglichkeiten für diese Befestigung, beispielsweise
durch Anschrauben oder Annieten, offenbarten die ursprünglichen Anmeldungs-
unterlagen hingegen nicht. Angesichts des angestrebten Erfolgs, Bauraum für die
Hindurchführung einer Welle bereitzustellen, sei es jedoch äußerst zweifelhaft, ob
der Fachmann in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen derartige alternative
Arten der Befestigung auch tatsächlich als dem angestrebten Erfolg förderlich er-
kennen würde.

Für die Ursprungsoffenbarung des Gegenstands eines Patentanspruchs ist es
nach der ständigen Rechtsprechung erforderlich, dass der Fachmann die im An-
spruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen unmittelbar und
eindeutig als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann. Dabei
sind zur Vermeidung einer unbilligen Beschränkung des Anmelders bei der Aus-
schöpfung des Offenbarungsgehalts auch Verallgemeinerungen ursprungsoffen-
barter Ausführungsbeispiele zugelassen (BGH Urteil vom 17. Juli 2012,
X ZR 117/11, BGHZ 194, 107-120 – Polymerschaum m. w. N. unter Rz. 52). Dies
vornehmlich dann, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels,
die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen
Erfolg förderlich sind, nur eines oder nur einzelne in den Anspruch aufgenommen
worden sind, denn es gibt keinen Rechtssatz des Inhalts, dass ein Patentanspruch
nur in der Weise beschränkt werden könne, dass sämtliche Merkmale eines Aus-
führungsbeispiels, die der Aufgabenlösung förderlich sind, insgesamt in den Pa-
tentanspruch eingefügt werden müssten (BGH, Beschluss vom 23. Januar 1990
– X ZB 9/89 –, BGHZ 110, 123-127, BPatGE 31, 277-278 – Spleißkammer; BGH,
Urteil vom 15. November 2005 – X ZR 17/02 –, BPatGE 2006, 286 – Koksofentür).

Nach diesem Grundsatz ist das Merkmal Kd bereits in dem ursprünglichen Pa-
tentanspruch 2 offenbart. Denn in diesem wird sehr allgemein beansprucht, dass
das dem Wandlergehäuse zugewandte Ende des Verbindungselements an dem
Wandlergehäuse befestigt ist, ohne eine bestimmte Art und Weise der Befestigung
anzuführen. Die in der Beschreibung explizit erläuterte Befestigung mittels Ver-
- 20 -
schweißens stellt jeweils nur ein Ausführungsbeispiel einer solch allgemeinen
Befestigung dar.

Damit wird für den Fachmann deutlich, dass die Befestigung zwischen dem Ver-
bindungselement und dem Wandlergehäuse nicht auf diese beispielshafte Aus-
führung beschränkt ist.

Insofern die Beschwerdegegnerin zu den Merkmalen Ke und Kf ausführt, dass die
ursprünglichen Anmeldungsunterlagen lediglich zeigten, dass die Antriebswelle in
einem Raum geführt ist, der begrenzt ist von dem Befestigungsflansch des Ver-
bindungselements einerseits und einem an das Verbindungselement ange-
schweißten Mitnehmerblech andererseits, somit die Merkmale Ke und Kf einen
Raumbereich angeben würden, der nicht in Übereinstimmung mit der ursprüngli-
chen Offenbarung stehe, vermag diese Argumentation hier nicht zu greifen. Denn
Absatz [0024] der OS ist explizit zu entnehmen, dass das Verbindungselement
eine Durchführung der Antriebswelle, die von einem Differential ausgeht, senk-
recht zur Drehachse zwischen der flex plate und dem Gehäuse des Drehmoment-
wandlers ermöglicht, wobei die flex plate gemäß Absatz [0020] der OS dem An-
triebsblech entspricht. Der in Merkmal Ke gewählte Begriff „Aussparung“ zur Cha-
rakterisierung dieses offenbarten, jedoch in der Beschreibung nicht explizit mit
einer Bezeichnung versehenen Raumbereichs ist, so wie dies die Beschwerde-
gegnerin darüber hinaus anführt, in den ursprünglichen Unterlagen zwar nicht ent-
halten, dies stellt aber ebenso keine unzulässige Erweiterung dar. Denn die Auf-
nahme eines nicht ursprungsoffenbarten Begriffs stellt – anders als die Aufnahme
eines nicht ursprünglich offenbarten technischen Merkmals – dann keine unzuläs-
sige Änderung dar, wenn die entsprechende technische Lehre selbst, wie hier vor-
liegend, offenbart war (BGH – Koksofentür, a. a. O. m. w. N. unter Rz. 27). Die
Merkmale Ke und Kf sind somit ursprünglich offenbart.

Das Merkmal Kg geht unmittelbar und wortwörtlich aus dem ursprünglich einge-
reichten Patentanspruch 9 hervor.
- 21 -
Das Merkmal Kh sowie das gegenüber der erteilten Fassung des Patentan-
spruchs 1 beschränkend wirkende Merkmal Kj ergeben sich aus den ursprüngli-
chen Patentansprüchen 5 und 8 sowie den Ausführungen in der Beschreibung
Absatz [0027] der OS. Das Merkmal Ki ist den Figuren zu entnehmen, denn zur
Offenbarung eines Merkmals als zur Erfindung gehörend kann die Darstellung in
einer Zeichnung genügen, auf die sich die Beschreibung oder die Patentansprü-
che der Anmeldeunterlagen beziehen. Maßgeblich ist, ob die merkmalsgemäße
Ausgestaltung nach der Gesamtoffenbarung aus fachmännischer Sicht als mögli-
che Ausführungsform der zum Patent angemeldeten Erfindung erscheint (BGH,
Urteil vom 18. Februar 2010 – Xa ZR 52/08 –, BPatGE 51, 301 – Formteil), was
hier zutrifft.

Soweit die Beschwerdegegnerin wiederum eine unzulässige Erweiterung darin
sehen möchte, dass nicht alle der Erfindung förderlichen Merkmale des Ausfüh-
rungsbeispiels in den Patentanspruch 1 aufgenommen wurden, wie z. B. das Vor-
sehen einer das Zentrierelement aufnehmenden Aussparung in der Kurbelwelle,
verkennt sie, wie vorstehen bereits erläutert, dass es hierzu keinen Rechtsatz die-
sen Inhalts gibt (BGH – Polymerschaum, a. a. O.; BGH – Spleißkammer, a. a. O.;
BGH – Koksofentür, a. a. O.).

8.4 Der gewerblich anwendbare Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfs-
antrag 1 ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik unstreitig
neu.

Darüber hinaus beruht er auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

8.4.1 Die Druckschrift D4 offenbart eine mit der Bezeichnung „Antriebsanordnung“
benannte Drehmomentübertragungseinrichtung 10 (Absatz [0019]; Figur) mit
einem im Antriebsstrang eines Kraftfahrzeugs zur Drehmomentübertragung zwi-
schen einer Kurbelwelle 26 einer Antriebseinheit und einem Getriebe 14 angeord-
neten Anfahrelement 20 (Absatz [0019]; Figur).
- 22 -
Wesentlicher Aspekt dieser Antriebsanordnung ist es zum ersten, einen nötigen
Freigang für eine im Bereich des Anfahrelementes quer verlaufende Antriebswelle
eines seitlich angeordneten Differentiales herzustellen (Absatz [0002] in Verbin-
dung mit Absatz [0003]), und zum zweiten eine bauliche vereinfachte Konstruktion
zu verwirklichen, die es ermöglicht, geringe Planlauffehler und daraus resultie-
rende Verspannungen in der Antriebsanordnung auszugleichen (Absatz [0007]).

Hierzu setzt sich die rotationssymmetrische Antriebsanordnung 10 im Wesentli-
chen aus einem flexiblen Mitnehmerblech 16, einem topfförmigen Zwischenflansch
18, dem Anfahrelement 20 und einer Führungshülse 22 zusammen, die um eine
Eingangswelle 24 des Getriebes 14 angeordnet sind (Absätze [0021; 0022]).

Mittels des topfförmigen Zwischenflansches 18 kann das Anfahrelement 20 in
einfacher Weise derart zur Stirnwand einer Brennkraftmaschine 12 beabstandet
sein, dass eine quer verlaufende Antriebswelle 38 eines seitlich zur Brennkraftma-
schine 12 und zum Wechselgetriebe 14 positionierten Differentiales unterhalb der
Eingangswelle 24 durchführbar ist. Dementsprechend ist das Mitnehmerblech 16
unmittelbar der Stirnwand der Brennkraftmaschine 12 benachbart, während das
Anfahrelement 20 zur Herstellung des Freiganges der besagten Antriebswelle 38
entsprechend axial versetzt angeordnet ist (Absatz [0011]).

- 23 -

Figur der Druckschrift D4

Gegebenenfalls durch Planlauffehler oder Fluchtungsfehler sich ergebende, ge-
ringfügige Rundlaufabweichungen des Anfahrelementes 20 relativ zur Kurbelwelle
26 werden über das begrenzt flexible Mitnehmerblech 16 sowie die speziell aus-
gebildete Führungshülse 22 und deren Lagerung innerhalb einer in der Kurbel-
welle 26 angeordneten Lageraufnahme 26a kompensiert (Absätze [0006; 0007;
0025; 0035]). Die Führungshülse in der Funktion eines patentgemäßen Zentrier-
elements ragt, wie in der Figur ersichtlich, axial in Richtung der Kurbelwelle über
das Mitnehmerblech 16 hinaus.

lm einzigen in der Druckschrift D4 beschriebenen Ausführungsbeispiel ist als be-
vorzugtes Anfahrelement 20 eine Reibungskupplung mit Zweimassenschwungrad
dargestellt. Jedoch erhält der Fachmann in Absatz [0005] den Hinweis, dass als
Anfahrelement alternativ auch ein Drehmomentwandler vorgesehen sein kann.

Da sich in der Druckschrift D4 jedoch keine weiteren Ausführungen hinsichtlich
des Drehmomentwandlers finden lassen und somit der Druckschrift D4 nicht zu
entnehmen ist, wie eine einen Drehmomentwandler umfassende Antriebsanord-
nung zuverlässig technisch zu realisieren ist, ist der einen konstruktiven Nachbau
- 24 -
anstrebende Fachmann gehalten, hierzu auf ihm aus dem Stand der Technik oder
aus seinem Fachwissen bekannte Elemente zurückzugreifen.

Ein grundsätzlicher Aufbau eines Drehmomentwandlers ist dem Fachmann dabei
aus der Druckschrift D8 bekannt.


Bild 1 auf Seite 403 der Druckschrift D8

Der in Bild 1 auf Seite 403 gezeigte hydrodynamische Drehmomentwandler besitzt
einen Antriebsflansch („Antrieb), über den das auf diesen übertragende Drehmo-
ment zunächst auf ein mit dem Antriebsflansch drehfest verbundenes, um eine
Drehachse drehbares Wandlergehäuse und anschließend von diesem auf ein mit-
drehendes Pumpenrad übertragen wird.

Zur Befestigung des Antriebsflanschs an einer Drehmomentquelle, beispielsweise
einer Antriebseinheit, ist dieser mit über den Umfang verteilten Befestigungs-
löchern versehen, die zur Aufnahme von Schrauben zur Befestigung an einem
antreibenden Gegenflansch dienen.

- 25 -
Selbst wenn der Fachmann jedoch diesen aus der Druckschrift D8 bekannten
Drehmomentwandler an die Antriebsanordnung der Druckschrift D4 adaptieren
würde, so führt dies nicht zu dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß
Hilfsantrag 1.

So könnte der Fachmann den Antriebsflansch der Druckschrift D8 funktionell dem
Zwischenflansch 18 der Antriebsanordnung der Druckschrift D4 gleichsetzen.
Denn aufgrund des Durchmessers des Lochkreises der Befestigungslöcher des
Antriebflansches bietet sich für den Fachmann eine unmittelbare Befestigung des
aus der Druckschrift D8 bekannten Antriebflanschs mittels der Schrauben 34 an
dem aus der Druckschrift D4 bekannten Mitnehmerblech 16 an, da der Lochkreis-
durchmesser dieser Schrauben 34 in etwa vergleichbar ist, so dass aufwendige
Änderungen der Konstruktion an sich vermieden werden können. Aber auch eine
unmittelbare Anordnung des Zwischenflanschs 18 der Antriebsanordnung der
Druckschrift D4 an dem Antriebsflansch der Druckschrift D8 ist denkbar.

Dabei wird der Fachmann bei der Adaption grundsätzlich jedoch nicht ohne er-
sichtlichen Anlass die wesentlichen vorstehend beschriebenen Aspekte der Druck-
schrift D4 außer Acht lassen. Das heißt, er wird nach wie vor die Antriebseinheit
derart gestalten, dass einerseits der nötige Freigang für eine im Bereich des
Anfahrelementes quer verlaufende Antriebswelle eines seitlich angeordneten Dif-
ferentiales vorhanden ist und andererseits geringe Planlauffehler und daraus
resultierende Verspannungen in der Antriebsanordnung ausgeglichen werden kön-
nen.

Somit wird der Fachmann aus diesen Gründen die topfförmige Struktur des Zwi-
schenflansch der Druckschrift D4 beibehalten bzw. den Antriebsflansch der
Druckschrift D8 entsprechend ausbilden und im Weiteren mit Vorbild aus der
Druckschrift D4 auch eine entsprechende Zentrierung mit einer Führungshülse in
einer Lageraufnahme der Kurbelwelle vorsehen. Dass dabei wie vorstehend be-
schrieben, mehrere konstruktive Ausführungen möglich sind, ist hinsichtlich der
- 26 -
Bewertung der erfinderischen Tätigkeit insofern nicht von Bedeutung, als dass
auch mehrere Lösungsalternativen nahe liegend sein können, wenn der Fach-
mann zur Lösung eines Problems mehrere Alternativen in Betracht zieht (vgl.
BGH, Urteil vom 16. Februar 2016 – X ZR 5/14 –, Anrufroutingverfahren; BGH,
Urteil vom 4. Juni 1996 – X ZR 49/94 –, BGHZ 133, 57-70 – Rauchgasklappe).

Allerdings führt selbst die vorstehend erläuterte Adaption nicht zu einem Gegen-
stand mit dem Merkmal Kj. Denn für das Vorsehen einer Abschlusswand, an dem
dem Wandlergehäuse abgewandten Ende des Verbindungselements, die darüber
hinaus auch noch das Zentrierelement aufweist, kann weder die Druckschrift D4
noch die Druckschrift D8 ein Vorbild oder einen Anlass geben. Ein solcher wurde
auch nicht vorgetragen. Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen We-
gen abweichenden Lösungswegs nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann
nahegelegt anzusehen, bedarf es – abgesehen von den Fällen, in denen für den
Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist – jedoch in der Regel zusätzlicher,
über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, An-
regungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen
Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH, Urteil vom
30. April 2009 – Xa ZR 92/05 –, BGHZ 182, 1-10, BPatGE 51, 289 – Betrieb einer
Sicherheitseinrichtung).

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht daher gegen-
über den Druckschriften D4 und D8 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

8.4.2 Die Druckschrift D3 ist am 29. Oktober 2004 angemeldet, jedoch erst am
4. Mai 2006 veröffentlicht worden. Sie stellt daher lediglich einen Stand der Tech-
nik dar, der nach § 3 Abs. 2 PatG zu berücksichtigen ist. Bei der Beurteilung der
erfinderischen Tätigkeit ist sie dagegen nach § 4 Satz 2 PatG nicht in Betracht zu
ziehen.

- 27 -
8.4.3 Alle weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften hat die Beschwerde-
gegnerin zu Recht in der mündlichen Verhandlung zur Frage der Patentfähigkeit
nicht aufgegriffen. Deren Gegenstände liegen auch nach dem Verständnis des
Senats offensichtlich von der Erfindung noch weiter ab als der zuvor berücksich-
tigte Stand der Technik. Sie können daher ebenfalls keine Anregung zu dem Ge-
genstand nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 geben.

8.4.4 Aus alledem folgt, das der insgesamt in Betracht gezogene Stand der Tech-
nik – in welcher Zusammenschau auch immer – dem Fachmann den Gegenstand
des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht hat nahe legen können.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist daher patent-
fähig.

8.5 Mit ihm sind es auch die konkreten Weiterbildungen der Drehmomentübertra-
gungseinrichtung nach den darauf rückbezogenen Patentansprüchen 2 bis 9 ge-
mäß Hilfsantrag 1.

Insofern die Beschwerdegegnerin bezüglich des Patentanspruch 3 gemäß Hilfs-
antrag 1 ausführt, dass dessen Gegenstand unzulässig erweitert sei, da das neu
in diesen Patentanspruch eingefügte Teilmerkmal, wonach „von dem dem Wand-
lergehäuse (28) zugewandten Ende des Verbindungselements (15, 16) ein Befes-
tigungsflansch ausgeht, der an dem Wandlergehäuse (28) befestigt ist“, nicht
zwingend hinsichtlich der Befestigung wiederum auf eine Schweißverbindung be-
schränkt ist, kann dieser Auffassung vom Senat nicht gefolgt werden. So ist zum
einen die Aufnahme neuer Merkmale in den als Unteranspruch formulierten Pa-
tentanspruchs 3 gemäß Hilfsantrag 1 hier zulässig, da auch der zugehörige
Hauptanspruch neu gefasst und beschränkt verteidigt wird (BPatG – erstes Im-
pulssigna, a. a. O.) und zum anderen, wie vorstehend analog zu Merkmal Kd des
Patentanspruch 1 bereits ausgeführt, hat es der Patentinhaber in der Hand, ob er
- 28 -
sein Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher der Erfindung förderli-
cher Merkmale beschränkt (BGH – Spleißkammer, a. a. O.).

8.6 Die vorgenommenen Änderungen der Bezeichnung bzw. der geltenden Be-
schreibungsunterlagen betreffen sprachliche Korrekturen und Anpassungen von
Textpassagen an den nun beanspruchten Gegenstand im Rahmen der ursprüngli-
chen Offenbarung und ohne Erweiterung des Schutzbereichs.

Derartige Änderungen sind ohne weiteres zuzulassen.


Rechtsbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn sie auf einen der nachfolgenden Gründe
gestützt wird, nämlich dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,

2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,

3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,


- 29 -
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch
einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten
schriftlich einzulegen.

Hilber Paetzold Sandkämper Dr. Geier

Ko



Full & Egal Universal Law Academy