9 W (pat) 13/15  - 9. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




9 W (pat) 13/15
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2006 002 776.0

der







hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 13. Dezember 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dipl.-Ing. Hilber sowie der Richter Paetzold, Dr.-Ing. Baumgart und
Dipl.–Phys. Dr.-Ing. Geier
- 2 -
beschlossen:

1. Die Beschwerde der Anmelderin und Beschwerdeführerin
B… Aktiengesellschaft ist wirksam erho-
ben.

2. Die Beschwerde der Anmelderin R… GmbH gilt als nicht
wirksam eingelegt.


G r ü n d e

I.

Die Prüfungsstelle für Klasse B60T des Deutschen Patent- und Markenamts
(DPMA) hat die am 20. Januar 2006 eingereichte Patentanmeldung mit der Be-
zeichnung

„Verfahren zum Betreiben einer Bremsanlage eines Fahrzeugs“,

am 16. April 2015 nach Anhörung, zu der für die Anmelderinnen niemand erschie-
nen war, durch verkündeten Beschluss zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss, dessen Begründung vom 17. April 2015 am
22. April 2015 zugestellt worden ist, richtet sich die Beschwerde der zwei Patent-
anmelderinnen, deren damaliger gemeinsamer Vertreter „namens und im Auftrag
der R… GmbH und der B… Aktiengesellschaft“
am 6. Mai 2015 per Fax das Beschwerdeschreiben vom gleichen Tage an das
DPMA gesandt und gleichzeitig per SEPA-Lastschriftverfahren mit Einzahlungs-
liste 110 die Zahlung der Beschwerdegebühr vorgenommen hat. In diesem Form-
blatt über Angaben zum Verwendungszweck des Mandats hat der Vertreter u. a.
- 3 -
eingetragen: „… Gebührennummer 401 300 … 200 € …Beschwerdeverfahren …
Summe 200,00 €“. Entsprechend dem angegebenen Gesamtbetrag hat das
DPMA per Lastschrift 200,00 Euro abgebucht.

Die Beschwerdebegründung hat dieser Vertreter Schriftsatz vom 5. Juni 2015 ein-
gereicht.

Der Senat hat den Verfahrensbeteiligten mit einem ersten Hinweisschreiben des
rechtskundigen Mitglieds vom 4. Juli 2017, zugestellt am 7. Juli 2017, mitgeteilt,
dass die Beschwerden der beiden Beschwerdeführerinnen voraussichtlich als
nicht eingereicht gelten, weil die erforderlichen beiden Beschwerdegebühren von
je 200,- € nicht vollständig gezahlt worden seien und die eine gezahlte Beschwer-
degebühr keiner der beiden Beschwerdeführerinnen zugeordnet werden könne.
Dies sei aber nach neuen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (BGH) erfor-
derlich, damit die Beschwerde nicht von vornherein als nicht eingereicht zu gelten
habe (BGH GRUR 2015, 1255 – Mauersteinsatz; BGH-Beschl. vom
28. März 2017, Az. X ZB 19/16), und zwar auch für die Beschwerden von mehre-
ren Patentanmeldern.

Innerhalb der gewährten Frist zur Stellungnahme hat der Senat den Verfahrensbe-
teiligten mit einem zweiten Hinweisschreiben des rechtskundigen Mitglieds vom
26. Oktober 2017, zugestellt am 2. November 2017, mitgeteilt, dass nunmehr der
BGH in einer weiteren Entscheidung ein ergänzendes Kriterium zur Auslegung für
die Zuordnung einer gezahlten Beschwerdegebühr, die nicht für alle Beschwerde-
führer ausreicht, statuiert habe. Danach sei im Zweifel die Beschwerdegebühr
demjenigen Beschwerdeführer zuzuordnen, der im Rubrum der angefochtenen
Entscheidung an erster Stelle aufgeführt sei (Entscheidung vom 19. Septem-
ber 2017, Az. X ZB 1/17 – Mehrschichtlager). Den Beteiligten war eine Frist zur
Stellungnahme von 4 Wochen nach der Zustellung des zweiten Hinweises gege-
ben worden.
- 4 -
Mit Schreiben vom 27. November 2017 hat der Vertreter der Beschwerdeführerin-
nen innerhalb der gewährten Frist zur Stellungnahme eine mündliche Verhandlung
beantragt und gleichzeitig die Vertretung für beide Anmelderinnen niedergelegt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Amts- und Gerichtsakten Bezug genom-
men.


II.

Die Beschwerde der Anmelderin und Beschwerdeführerin B…
Aktiengesellschaft ist wirksam erhoben, während die Beschwerde der An-
melderin R… GmbH als nicht wirksam eingelegt gilt.

Die im ersten Hinweis des Senats vom 4. Juli 2017 dargestellten Bedenken, ob
zumindest eine der Beschwerden der Patentanmelderinnen wirksam eingelegt
worden ist, haben sich durch die danach ergangene Entscheidung des BGH vom
19. September 2017 erledigt.

Ist für die Stellung eines Antrags oder die Vornahme einer sonstigen Handlung
durch Gesetz eine Frist bestimmt, so ist nach § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG inner-
halb dieser Frist auch die Gebühr zu zahlen. Wird diese Gebühr nach § 6 Abs. 1
PatKostG nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gezahlt, so gilt nach § 6
Abs. 2 PatKostG die Anmeldung oder der Antrag als zurückgenommen, oder die
Handlung als nicht vorgenommen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

Legen mehrere Patentanmelder gegen eine Entscheidung des Deutschen Patent-
und Markenamts im Prüfungsverfahren Beschwerde ein, hat jeder eine Beschwer-
degebühr (Gebührenverzeichnis zum PatKostG Nr. 401 300) zu entrichten.
Hierauf ist in der Rechtsmittelbelehrung zu dem angegriffenen Beschluss vom
- 5 -
16. April 2015 ausdrücklich hingewiesen worden, nämlich dass die Beschwerde-
gebühr für jeden Beschwerdeführer gesondert zu zahlen ist.

Die Gebührenregelung hat der Bundesgerichtshof (BGH) in zwei Entscheidungen
bestätigt (BGH GRUR 2015, 1255 – Mauersteinsatz; BGH-Beschl. vom
28. März 2017, Az. X ZB 19/16), und zwar auch für die Beschwerde von mehre-
ren Patentanmeldern, aber mit einer Einschränkung versehen: zur Vermeidung
von unbilligen Härten in den Fällen, in denen bei einer Beschwerde mehrerer Be-
teiligter die Zahlung nur einer Gebühr unzureichend ist, weil das Gesetz vorsieht,
dass die Gebühr für jeden Antragsteller gesondert erhoben wird, sei zu prüfen, ob
die entrichtete Gebühr zumindest einem der Beschwerdeführer zugeordnet wer-
den könne, damit nicht die Beschwerde von vornherein als nicht eingereicht gelte.
Vielmehr könne dann zumindest einem der Beschwerdeführer der Zugang zu ei-
ner sachlichen Prüfung seines Anliegens eröffnet werden und so eine mit dem
Rechtsstaatlichkeitsgebot unvereinbare Erschwerung des Zugangs zu einer ge-
richtlichen Instanz vermieden werden, weshalb hierbei auch kein strenger Maß-
stab angelegt werden solle, sondern eine großzügige Beurteilung geboten sei (vgl.
BGH a. a. O.).

Der Senat hat zunächst geprüft, ob die eine entrichtete Beschwerdegebühr nach
Maßgabe der vom Bundesgerichtshof (BGH) in zwei früheren Entscheidungen
(BGH GRUR 2015, 1255 – Mauersteinsatz; BGH-Beschl. vom 28. März 2017,
Az. X ZB 19/16) aufgestellten Kriterien zur Vermeidung von unbilligen Härten in
den Fällen, in denen bei einer Beschwerde mehrerer Beteiligter die Zahlung nur
einer Gebühr unzureichend ist, zumindest einer der Beschwerdeführerinnen zuge-
ordnet werden kann. Im vorliegenden Fall hat er aber eine solche konkrete Zuord-
nung im Rahmen der früheren Entscheidungen für nicht möglich gehalten, da
keine der beiden Patentanmelderinnen in den Angaben zum Verwendungszweck
der Einzahlung angegeben ist; auch sind beide in dem Beschwerdeschreiben
gleichgeordnet und ohne ersichtliche Priorität aufgeführt.
- 6 -
In seiner nachfolgenden Entscheidung vom 19. September 2017 (Az. X ZB 1/17
– Mehrschichtlager) hat der BGH seine Kriterien dahingehend konkretisiert, dass
im Zweifel dann die Beschwerdegebühr demjenigen Beschwerdeführer zuzuord-
nen sei, der im Rubrum der angefochtenen Entscheidung an erster Stelle aufge-
führt sei.

Die Anwendung dieser in der vorgenannten Entscheidung des BGH getroffenen
Zweifelsregelung führt im vorliegenden Fall zwangsläufig zu dem Ergebnis, dass
die gezahlte Beschwerdegebühr von 200,00 € der B…
Aktiengesellschaft in M… zuzuordnen ist, denn diese Beschwerdefüh-
rerin ist in dem Beschluss der Prüfungsstelle für B60T vom 16. April 2015 als erste
im Rubrum aufgeführt. Mit dieser rechtzeitigen Gebührenzahlung ist die Be-
schwerde der B… Aktiengesellschaft wirksam erhoben.

Sie ist dann allerdings die einzige Beschwerdeführerin, denn für die Beschwerde
der R… GmbH in S…, fehlt es an der Zahlung der erforderli-
chen weiteren, zweiten Beschwerdegebühr, so dass diese als nicht eingelegt gilt.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn sie auf einen der nachfolgenden Gründe
gestützt wird, nämlich dass

- 7 -
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind,
oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Hilber Paetzold Dr. Baumgart Dr. Geier

Ko



Full & Egal Universal Law Academy