9. Senat - Urlaub - Ausschluss von Doppelansprüchen
Karar Dilini Çevir:
9. Senat - Urlaub - Ausschluss von Doppelansprüchen
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 16. Dezember 2014 Neunter Senat - 9 AZR 295/13 - I. Arbeitsgericht Berlin Urteil vom 30. August 2012 - 1 Ca 18189/11 - II. Landesarbeitsgericht Berlin - Brandenburg Urteil vom 18. Januar 2013 - 6 Sa 1894/12 - Für die Amtliche Sammlung: Ja Entscheidungsstichwort e : Urlaub - Ausschluss von Doppelansprüchen Bestimmung en : Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung Art. 7 Abs. 1; BGB § 305 Abs. 1, § 362 Abs. 1; B UrlG §§ 1, 3 Abs. 1, § § 4, 5 Abs. 1 Buchst. a , §§ 6, 7, 13 Abs. 1 Satz 3 Leitsätze: 1. § 6 Abs. 1 B U rlG, dem zufolge der Anspruch auf Urlaub nicht besteht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderj ahr bereits von e i- nem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist, enthält eine negat i- ve Anspruchsvoraussetzung. 2. Dem Arbeitnehmer als Gläubiger des Urlaubsanspruchs obliegt es, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die Voraussetzungen, unt er denen § 6 Abs. 1 B U rlG eine Anrechnung bereits gewährten U r- laubs vorsieht, nicht vorliegen. Dabei gelten die Grundsätze der abgestu f- ten Darlegungs - und Beweislast. - 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 9 AZR 295/13 6 Sa 1894/12 Landesarbeitsgericht Berlin - Brandenburg Im Namen des Volkes! Verkündet am 16. Dezember 2014 URTEIL Kaufhold , Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Kläger, B erufungsbeklagter und Revisionskläg er, pp. Beklagter, Berufungskläger und Revisionsbeklagter, hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Ve r- handlung vom 16. Dezember 2014 durch den Vorsitzenden Richter am Bu n- desarbeitsgericht Dr. Brühler, die Richter am Bundesarbeitsgericht Krasshöfer und Dr. Suckow sow ie die ehrenamtlichen Richter Spiekermann und Dr. Starke für Recht erkannt: - 2 - 9 AZR 295/13 - 3 - 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des La n- desarbeitsgerichts Berlin - Brandenburg vom 18. Januar 2013 - 6 Sa 1894/12 - aufgehoben. 2. Die Sache wird zur neuen Verhandlu ng und Entsche i- dung - auch über die Kosten der Revision - an das B e- rufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen! Tatbestand Der Kläger verlangt von dem Beklagten zulet zt, 29 Urlaubstage aus dem Jahr 2010 abzugelten. Der Beklagte beschäftigte den Kläger, der im Laufe des Jahres 2010 zuvor in einem anderen Arbeitsverhältnis stand, vom 12. April bis zum 31. Mai 2010 in seinem Lebensmittelgeschäft als Aushilfe in Teilzeit. Unter dem 31. Mai 2010 vereinbarten die Parteien, das Arbeitsverhältnis ab dem 1. Juni 2010 als Vollzeitarbeitsverhältnis mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 45 Wochen - stunden fortzuführen. Das monatliche Bruttoarbeitsentgelt des Klägers, der seine Arbeitsleistu ng fortan in einer Sechstagew oche erbra chte, betrug 1.930,00 Euro. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 31. Mai 2010 ( im Folgenden : ArbV) sieht ua. vor: § 10 Urlaub Der Urlaubsanspruch beträgt 30 Werktage im Kalende r- jahr. Bei Eintritt oder Ausscheiden während eines Kale n- derjahres wird der Urlaub anteilig gewährt. § 21 Verwirkung von Ansprüchen Gegenseitige Ansprüche aller Art aus dem Arbeitsverhäl t- nis sind innerhalb einer Ausschlussfrist von mindestens 1 2 3 - 3 - 9 AZR 295/13 - 4 - drei Monaten seit Fälligkeit des Anspruches schriftlich ge l- tend zu machen. Der Beklagte gewährte dem Kläger am 28. September 2010 einen Tag Erholungsurlaub. Der Kläger war vom 15. November 2010 bis zum 10. April 2011 arbeitsunfähig krank. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete am 31. Mai 2011. Mit Schre iben vom 14. Oktober 2011 forderte der Kläger den B e- klagten unter Fristsetzung bis zum 28. Oktober 2011 ua. auf , den Jahresurlaub für das Jahr 2010 abzurechnen und als Urlaubsabgeltung an ihn auszuzahlen. Der Kläger hat behauptet, sein früherer A rbeitgeber habe ihm w eder U r- laub f ür das Jahr 2010 gewährt noch solchen abgegolten. Der Kläger hat , soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, b e- antragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.152,69 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fün f Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Oktober 2011 zu zahlen. Der Beklagte, der die Abweisung der Klage beantragt hat , ist der A n- sicht gewesen, der Urlaubsan spruch des Klägers für das Jahr 2010 sei eine r- seits wegen der anfänglichen Teilz eit, andererseits gemäß § 10 Arb V zu kü r- zen. Zudem hat er behauptet , dem Kläger am 27. September 2010 und vom 29. September bis zum 9. Oktober 2010 Urlaub gewährt zu haben. Im Übrigen sei der von dem Kläg er erhobene Anspruch gemäß § 21 ArbV verfallen. Schl ießlich könne er die Abgeltung des Urlaubs gemäß § 6 BUrlG verweigern, da der Kläger eine Urlaubsbescheinigung seines vorherigen Arbeitgebers nicht vorgelegt habe. Das Arbeitsgericht hat der Klage auf Abgeltung von 29 Urlaubstagen aus de m Jahr 2010 stattg egeben . Auf die Berufung des Beklagten hat das La n- desarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Klage, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rev ision verfo lgt der Kläger sein A b- geltungsbegehren weiter. 4 5 6 7 8 - 4 - 9 AZR 295/13 - 5 - Entscheidungsgründe Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufh e- bung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungs gericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO) . M it der Begründung , der Kläger habe den Urlaubsabgeltungsanspruch nicht binnen der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist geltend gemacht, durfte das Landesarbeitsge richt die Klage nicht abweisen. Aufg rund der festgestellten Tatsachen kann der Senat nicht a bschließend darüber befinden , ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Beklagte Urlaub des Klägers aus dem Jahr 2010 abzugelten hat . I. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, die Au s- schlussfrist in § 21 ArbV stehe der Zahlungsverpfli chtung des Beklagten en t- gegen. Der Kläger hat den Anspruch auf Abgeltung seiner Urlaubsansprüche rechtzeitig gegenüber dem Beklagten geltend gemacht. § 2 1 ArbV enthält keine Obliegenheit, Ansprüche spätestens drei Monate nach Fälligkeit geltend zu m a- chen. Das rügt die Revision zu Recht. 1. Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG hat der Arbeitgeber den Urlaub , der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teil weise nicht mehr g e- währt werden kann , abzugelten. 2. D er Kläger erwarb im Jahr 2010 einen Urlaubsanspruch im Umfang von 30 Arbeitstagen, § 10 Satz 1 ArbV. a) Die gesetzlichen Vorschriften über den Teilurlaub sind auf den Streitfall nicht anzuwenden. Insbesondere d ie tatbestandlichen Voraussetzungen eines Teilurlaubs nach § 5 Abs. 1 Buchst. a B U rlG liegen nicht vor. Danach hat ein Arbeitnehmer für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für Zeiten eines Kalenderjahres, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlausanspruch erwirbt. Der Kläger trat am 12. April 2010 in die Dienste des Beklagten. Die sechsmonatige Wart ezeit (§ 4 BUrlG) endete am 9 10 11 12 13 - 5 - 9 AZR 295/13 - 6 - 1 1 . Oktober 2010 (§§ 186, 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 BGB ) und damit vor Ablauf des ersten Ka lenderjahres des Beschäftigungsverhältnisses. Der Umstand, dass der Kläger im Zeitraum vom 12. April bis zum 31. Mai 2010 lediglich in Teilzeit arbeitete, ist nicht erheblich. Für die Berechnung der Wartezeit ist allein der rechtliche Bestand eines Arbeits verhältnisses maßgeblich (so bereits B AG 6. Juni 1968 - 5 AZR 410/67 - zu 1 der Gründe ) . b) Der volle Urlaubsanspruch entstand ungeachtet der arbeitsvertraglichen Regelung des § 10 Satz 2 ArbV, der zufolge s- scheiden während eines Kalende , deren Einbeziehung in den Vertrag der Senat zugunsten des Beklagten unte r- stellen kann, ist unwirksam , da sie zuungunsten des Arbeitnehmers von den gesetzlichen Regelungen der §§ 4 und 5 BUrlG abwe icht (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG) . aa) Während die Arbeitsvertragsparteien Urlaubsansprüche, die den v on Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgesta l- tung (ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9) gewährleisteten und v on §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln können, ist der Anspruch auf den Mindest u r- laub arbeitsvertraglichen Dispositionen entzogen (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG) . § 3 Abs. 1 BUrlG sieht für Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsleistung in einer Sech s- t age w oche erbringen, nach Ablauf der sechsmonatigen Wartezeit (§ 4 BUrlG) einen Mindesturlaub von jährlich 24 Tagen vor. Eine anteilige Ent stehung des Urlaubsanspruchs im Eintrittsjahr ist nur in den Fällen vorgesehen, in denen der Arbeitnehmer die Wartezeit nicht erfüllt (§ 5 Abs. 1 Buchst. a BUrlG) . Demg e- genüber regelt § 10 Satz 2 ArbV im Eintrittsjahr eine Kürzung auch in den Fä l- len, in denen das Arbeitsv erhältnis - wie im Streitfall - in der ersten Hälfte des Jahres begründet wird. bb ) Die Unwirksamkeit der vertraglichen Kürzungsregelung betriff t auch den Anspruch auf vertraglichen Mehrurlaub. Eine geltungserhaltende Reduktion der 14 15 16 - 6 - 9 AZR 295/13 - 7 - Klaus el auf den Mehrurlaub scheidet ebenso aus wie eine ergänzende Ve r- tragsauslegung. (1 ) § 10 Satz 2 ArbV ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Arbeitsvertrag, den die Parteien unter dem 31. Mai 2010 schlossen, ist ein von d em Beklagten vorformulierter Vertrag, den er nach dem äußeren Erscheinungsbild mehrfach verwendete. Der Vertrag enthält über die persönlichen Daten des Klägers hinaus keine individuellen Besonderheiten (vgl. BAG 18. August 2009 - 9 AZR 482/08 - Rn. 18) . ( 2 ) Die in § 10 Satz 2 ArbV vorgesehene Kürzungsregelung erfasst nicht nur den disponiblen Mehrurlaub, sondern auch den mit zwingender Wirkung für die Arbeitsvertragsparteien gesetzlich geregelten Mindesturlaub. Dies ergibt die Auslegung der Bestimmung. (a ) Für einen Regelungswillen, den Mehrurlaub einem eigenen, von dem des Mindesturlaubs abweichenden Kürzungsregime zu unterstellen, fehlt jeder Anhaltspunkt. § 10 Satz 2 ArbV unterscheidet seinem Wortlaut nach nicht zw i- schen dem Mindesturlaub und dem Mehrur laub. Auch der systematische Z u- sammenhang, in den die Vertragsbestimmung eingebunden ist, weist in diese Richtung. § 10 Satz 10 Satz 1 ArbV Bezug. Dabei regelt § 10 Satz 1 ArbV den Grundsatz, § 10 Satz 2 ArbV die Ausnahme. § 10 Satz 1 ArbV sieht für einen Arbeitnehmer, der seine A r- beitsleistung an sechs Wochentagen erbringt, in jedem - vollen - Kalender jahr 30 Werktage Urlaub, dh. über den 24 Werktage umfassenden Mindestur laub hinaus sechs Werktage Mehrurlaub vor. § 10 Satz 2 ArbV regelt abweichend hiervon eine Kürzung im Eintritts - sowie im Austrittsjahr. Das Objekt der Kü r- zung ist der gesamte in § 10 Satz 1 ArbV vorgesehene Urlaubsanspruch. Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck der Ver tragsbestimmung für eine sowohl den Mindesturlaub als auch den Mehrurlaub erfassende Kürzungs reg e- lung . Mit dieser wollte der Beklagte als Klauselverwender den gesam ten in § 10 Satz 1 ArbV beschriebenen Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers im Eintritt s - und Au strittsjahr ratierlich kürzen und so einen n- sprüche erreichen. 17 18 19 - 7 - 9 AZR 295/13 - 8 - (b ) Die Klausel ist nicht mit dem Inhalt aufrechtzuerhalten, dass lediglich der Mehrurlaub zu kürzen ist. Im Rahmen des Rechts der Allgemei nen G e- schäftsbedingungen ist ei ne geltungserhaltende Reduktion von Vertragsb e- stimmungen nicht vorgese hen ( BAG 15. September 2009 - 3 AZR 173/08 - Rn. 48) . Unwirksame Klauseln sind deshalb grundsätzlich nicht auf einen mit dem Gesetz zu vereinbarenden Regelungsgehalt zurückzuführe n, denn eine Aufrechterhaltung mit eingeschränktem Inhalt wäre ni cht mit dem Zweck der §§ 305 ff. BGB vereinbar ( BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 33) . Es ist Ziel des Gesetzes, auf einen angemessenen Inhalt der in der Pr axis verwe n- deten Allgemein en Ge schäftsb edingungen hinzuwirken (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 32, BAGE 124, 259) . Wer die Möglichkeit nutzen kann, die ihm der Grund satz der Vertragsfreiheit für die Aufstellung von Allg e- meinen Geschäftsbedin gungen eröffnet, muss auch das vollständige Risiko e i- ner Klauselunwirksamkeit tragen (vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 30, BAGE 118, 36) . (c ) Auch eine ergänzende Vertragsauslegung , die auf eine Kürzung des Mehrurlaubs unter Fortgeltung des Mindesturlaubs in vollem Umfang hinau s- läuft, kommt nicht in Betracht. Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt v o- raus, dass der Vertrag infolge der durch die Unwirksamkeit einer Vertragskla u- sel entstandenen Lücke einer Vervollständigung bedarf. Dies verlangt zumi n- dest, dass die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine angemessene, den typischen und schutzwürdigen Interessen des Klauselverwenders und seines Vertragspartners Rechnung tr a- gende Lösung bietet ( BAG 30. Se ptember 2014 - 3 AZR 930/12 - Rn. 39 ) . Dies ist hier nicht der Fall. Der Beklagte hat kein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung der Kürzungsklausel mit einem zulässigen Inhalt. Er hatte es als Klauselverwender in der Hand, eine Kürzungsregelung zu formulieren , die ledigl ich den Mehrurlaub, nicht aber darüber hinaus den Mindesturlaub zum Gegenstand hat . (d) Der Senat braucht im Streitfall nicht der Frage nachzugehen, wie die Kürzung zu berechnen ist. Nicht erheblich ist deshalb, ob die Kürzung tagg e- 20 21 22 - 8 - 9 AZR 295/13 - 9 - nau, monatsweise oder k alendermonatsweise zu berechnen ist. Die § § 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen unzulässiger Allgemeiner Geschäftsbedi n- gungen, nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Einzelfall. Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit sind auch solche Klauseln unterworfen, die in ihrem Übermaßteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entschei dungsfall nicht realisiert hat (BAG 28. Mai 2013 - 3 AZR 103/12 - Rn. 21) . c ) Soweit der Beklagte geltend macht, der Urlaubsanspruch sei im H i n- blick auf die Teilzeittätigkeit des Klägers vom 12. April bis zum 31. Mai 2010 zu kürzen, übersieht er, dass der Kläger im Eintrittsjahr mehr als sechs Monate in Vollzeit beschäftigt war. 3. Da der Beklagte dem Kläger am 28. September 2010 einen Tag Erh o- lungsurlaub gewährte, erlosch der Urlaubsanspruch insoweit infolge Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) . 4. Der Urlaubsanspruch wurde im Umfang der verbleibenden 29 Werktage in das Jahr 2011 übertragen (§ 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG) . Der Kläger war infolge seiner vom 15. November 2010 bis zum 10. April 2011 währenden krankheit s- bedingten Arbeitsunfähigkeit aus einem in seiner Person liegenden Grund nicht in der Lage, den Urlaub vor Ablauf des Urlaubsjahres in Anspruch zu nehmen (vgl. hierzu BAG 5. August 20 14 - 9 AZR 7 7/13 - Rn. 17) . Der Urlaubsanspruch bestand über den 31. März 2011 hinaus bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31. Mai 2011 fort. § 7 Abs. 3 BUrlG ist unionsrechtskonform so auszulegen, dass der Urlaubsanspruch nicht erlischt, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums arbeitsunfähig ist und seit dem Ende des Urlaubsjahres, aus dem der Urlaubsanspruch stammt, nicht mehr als 15 Monate vergangen sind ( vgl. BAG 12. November 2013 - 9 AZR 6 46/12 - Rn. 11) . 5. Ent gegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht die arbeit s- vertragliche Ausschlussfrist des § 21 ArbV dem Klageanspruch nicht entg e- gen. Danach sind gegenseitige Ansprüche aller Art aus dem Arbeitsverhältnis 23 24 25 26 - 9 - 9 AZR 295/13 - 10 - inner halb einer Ausschlussfrist von minde stens drei Monaten seit Fälligkeit des Schreiben s vom 14. Oktober 2011 bei dem Beklagten die Ausschlussfrist g e- wahrt. a ) Die Ausschussfrist des § 21 ArbV ist entgegen der Ansicht des Kl ä- gers auf den Abgeltungsanspruch anzuwenden. aa) Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung kann als re i- ner Geldanspruch Ausschlussfristen unterliegen. Dies hat der Senat sowohl für tarifvertragliche Ausschlussfristen (vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 14 ff. , BAGE 139, 1) als auch für eine Ausschlussfrist in den Arbeitsve r- tragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in Deutsc h- land entschieden (vgl. BAG 9. August 2011 - 9 AZR 475/10 - Rn. 32 ff.) . Für Aussc h l ussfristen in Arbeitsvertr ägen gilt nichts anderes (vgl. BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 36, BAGE 144, 306) . bb) § 21 ArbV egenseitige Ansprüche aller Art aus dem Arbeit s- ver hält nis . Zu diesen gehört ua. der Anspruch auf Urlaubsabgeltun g. Finden sich keine sachlichen Einschränk ung en ü- Ansprüche, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründet en Rechtsstellung gegeneinander haben ( BAG 13. Dezember 2011 - 9 AZR 399/10 - Rn. 1 7, BAGE 140, 133 ) . b ) Der Kläger hat mit Zugang des Schreibens vom 14. Oktober 2011, sp ä- testens aber mit der Zustellung der Klageschrift am 7. Dezember 2011 seinen Anspruch gegenüber dem Beklagten form - und fristgerecht geltend gemacht. § 21 ArbV verlangt von den Arbeitsvertragsparteien entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgericht s nicht, dass sie ihre A nsprüche binnen einer Frist von drei Monaten dem Vertragspartner gegenüber geltend machen. aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen in Formularverträgen hat das Rev i- sionsgericht selb st ständig und uneingeschränkt nach den Grundsätzen von 27 28 29 30 31 - 10 - 9 AZR 295/13 - 11 - Normen entsprechend ihr em objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrs kreise ve r- standen werden (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 113/09 - Rn. 35 ) . bb) Die R egelung in § 21 ArbV verlangt von den Arbeitsvertragsparteien, ihr e Ansprüche binnen einer Frist von dem anderen Teil gegenüber geltend zu machen. Die Klausel setzt den Parte i- en des Arbeitsvertrag s ihrem eindeutigen Wortlaut nach eine Mindestfrist, nicht aber eine Höchstfrist. Das Auslegungsergebnis, zu dem das Landesarbeitsg e- richt gelangt, trägt dem Wortlaut der von dem Beklagten gestellten Vertrag sb e- stimmung nicht hinreichend Rechnung. Das Landesar beitsgericht macht aus Damit werden die schutzwürdigen Belange des Vertragspartners außer A cht gelassen. Der Beklagte hatte es als Verwender der A llgemeinen Geschäftsb e- dingungen in der Hand, eine klare Ausschlussfrist zu formulieren. Wollte er die Geltungsmachungsfrist als Höchstfrist verstanden wissen, hätte es ihm obl e- gen, eine solche zu formulieren. Wenn er stattdessen die Geltendmachung an eine Mindestfrist knüpft, m uss er sich daran festhalten lassen. cc) Der Umstand, dass der Kläger nach den Feststellungen des Landesa r- beitsgerichts die Klausel dahin gehend verstanden hat, dass er Ansprüche bi n- nen einer Höchstfrist von drei Monaten geltend machen müsse, ist für die Au s- legung des § 21 ArbV ohne Belang. Der Maßstab, an dem A llgemeine G e- schäftsbedingungen zu messen sind, bestimmt sich nach dem Verständnis der beteiligten Verkehrskreise (vgl. BAG 18. März 2008 - 9 AZR 186/07 - Rn. 1 9, BAGE 126, 187) . Zugrunde zu legen si nd damit nicht die Ver ständnismöglic h- keiten des konkreten, sondern die des durchschnitt li chen Vertragspartners des Verwenders ( BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 13, BAGE 124, 259) . II. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Ab s. 3 ZPO) . Es steht weder fest, ob der Beklagte berechtigt war, die Urlaubsabgeltung zu verweigern, weil der Kläger es trotz Aufforderung unterlassen hat, ihm eine U r- 32 33 34 - 11 - 9 AZR 295/13 - 12 - laubsbescheinigung vorzulegen, noch, ob der Beklagte dem Kläger an elf weit e- ren Tagen Urla ub gewährte. Das Landesarbeitsgericht wird die entsprechenden Feststellungen zu treffen haben. 1. Der Senat kann nicht beurteilen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Urlaubsanspruch des Klägers beim Eintritt in das Arbeitsverhältnis mit dem Bekla gten gemäß § 6 Abs. 1 BUrlG gemindert war oder zu einem sp ä- teren Zeitpunkt gemindert wurde. a) Nach § 6 Abs. 1 BUrlG besteht der Anspruch auf Urlaub nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist . Der frühere Arbeitgeber ist gemäß § 6 Abs. 2 BUrlG verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbei t- nehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen. b) § 6 A bs. 1 BUrlG regelt den Urlaubsanspruch, wenn der Arbeitnehmer während des Urlaubsjahres den Arbeitgeber wechselt. Bei aufeinanderfolge n- den Arbeitsverhältnissen wird durch § 6 Abs. 1 BUrlG der Anspruch im neuen Arbeitsverhältnis ganz oder teilweise ausgeschlossen, wenn Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers bereits im früheren Arbeitsverhältnis erfüllt worden sind und auch im neuen Arbeitsverhältnis kein A nspruch auf eine höhere Anzahl v on Urlaubstagen als im früheren Arbeitsverhältnis entsteht ( BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 487/10 - Rn. 16, BAGE 141, 27) . Es genügt allerdings nicht, dass dem Arbeitnehmer gegen den früheren Arbeitgeber nur ein Anspruch auf Urlaub zustand ( vgl. BAG 17. Feb ruar 1966 - 5 AZR 447/65 - zu 1 a der Grün de, BAGE 18, 153) . c) In § 6 Abs. 1 BUrlG formuliert das Gesetz eine negative Anspruchsv o- rauss etzung. Dem Arbeitnehmer als Gläubiger des Urlaubsanspruchs obliegt es, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die Voraussetzungen, unter denen § 6 Abs. 1 BUrlG eine Anrechnung bereits gewährt en Urlaubs vo r- sieht, nicht vorliegen. 35 36 37 38 - 12 - 9 AZR 295/13 - 13 - aa) Nach der bisherigen Rechtsprechung und der überwiegenden Ansicht in der urlaubsrechtlichen Literatur handelt es sich bei § 6 Abs. 1 BUrlG um eine rechtshindernde Einwendung, die der Arbeitgeber dem Urlaubs - oder Urlaub s- abgeltungsanspruch des Arbeitnehmers entgegensetzen kann ( vgl. BAG 9. Oktober 1969 - 5 AZR 501/68 - zu 2 der Gründe; Arnold/Tillmanns /Tillmanns BUrlG 3. Aufl. § 6 Rn. 33; MüArbR/ Düwell 3. Aufl. Bd. 1 § 80 Rn. 19; Friese U r- laubsrecht Rn. 567; Leinemann/Linck Urlaubsrecht 2. Aufl. § 6 BUrlG Rn. 31; MüKoBGB/ Müller - Glöge 6. Aufl. § 611 Rn. 936; Küttner/Röller Persona l- buch 2014 Urlaubsan spruch Rn. 30; HWK/ Schinz 6. Aufl. § 6 BUrlG Rn. 2; HzA/ Schütz Gruppe 4 Rn. 581 ) . In der Konsequenz dieser dogmatischen Ei n- ordnung liegt es, dem Arbeitgeber die Darlegungs - und Beweislast dafür aufz u- bürden, dass die tatsächlichen Voraus setzungen des ihn begünstigenden Anrechnungstatbe stand s vorliegen ( vgl. Arnold/Tillmanns /Tillmanns aaO ; MüArbR/ Düwell aaO; ErfK/ Gallner 15. Aufl. § 6 BUrlG Rn. 6; Leinemann/Linck aaO; HWK/ Schinz aaO; HzA/ Schütz aaO; Zerbe in Tschöpe AHB - Arbeitsrecht Teil 2 C Rn. 135) . Eine Mindermeinung im urlaubsrechtlichen Schrifttum ve r- steht die Vorschrift richtigerweise als negative Anspruchsvoraussetzung ( vgl. Bachmann in GK - BU rlG 5. Aufl. § 6 Rn. 19; Natz e l Bundesurlaubsrecht 4. Aufl. § 6 Rn. 31 ; in die se Richtung auc h Dütz Anm. SAE 1970, 155, 157 f.) . Weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Gesetzeshistorie geben verlässliche Hi n- weise auf den Rechtscharakter des § 6 Abs. 1 BUrlG. Die Entwurfsbegründu n- gen sind ebenso unergiebig wi e der Bericht des Ausschus ses für Arbeit vom 30 . November 1962 (BT - Dr s. IV/ 785 ) . Allerdings spricht der Gesichtspunkt der Beweisnähe dafür, § 6 Abs. 1 BUrlG als negative Anspruchsvoraus setzung au f- zufassen. Das Entstehen von Urlaubsansprüchen, deren Umfang, die Gewä h- rung von Urlaub und dess en Abgeltung sind sämtlich Tatsachen, die im Rechtsverhältnis zwischen dem früheren Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer wurzeln. Sie liegen außerhalb der Sphäre des neuen Arbeitgebers. Erachtete man § 6 Abs. 1 BUrlG als rechtshindernde Einwendung , belastete m an den neuen Arbeitgeber mit der Obliegenheit, Umstände, von denen er in aller Regel keine Kenntnis hat, vorzutragen und im Streitfalle unter Beweis zu stellen. Ein faktischer Zwang zu Behauptungen ins Blaue ist dem Zivilprozessrecht fremd. 39 - 13 - 9 AZR 295/13 - 14 - Der im arbeit sgerichtlichen Urteilsverfahren geltende Beibringungsgrundsatz verlangt vielmehr einen schlüssigen Tatsachenvortrag der Parteien. Für einen solchen genügt es nicht, wenn eine Partei lediglich Mutmaßungen aufstellt , o h- ne dass sie tatsächliche Anhaltspunkte für ihre Behauptung darlegt ( vgl. BAG 25. April 2013 - 8 AZR 287/08 - Rn. 36) . Ein Auslegungsergebnis, das diesem Aspekt Rechnung trägt, harmoniert im Übrigen mit § 6 Abs. 2 BUrlG. Danach ist der frühere Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer bei der B eendigung des Arbeitsverhältnisses eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub zu erteilen. Das BUrlG gibt dem Arbei t- nehmer damit ein geeigne tes Mittel an die Hand, dem neuen Arbeitgeber g e- genüber nachzuweisen, dass der frühere Arbeitgeber im laufenden Kalende r- jahr keinen oder weniger anrechenbaren Ur laub gewährt oder abgegolten hat, als dem Arbeitnehmer zusteht. Nur auf diese Weise lässt sich der Interesse n- konflikt in dem Dreiecksverhältnis von früherem Arbeitge ber, Arbeitnehmer und neuem Arbeitgeber unter Beachtung von Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1 BUrlG, die Gewährung des Mindesturlaubs sicherzustellen, ohne den sein Arbeitsve r- h ältnis wechselnden Arbeitnehmer gegenüber anderen zu bevorteilen, sachg e- recht lösen. bb) Es gelten die Grundsätze der abgestuften Darlegungs - und Beweislast . Es obliegt zunächst dem Arbeitnehmer vorzutragen, dass die Voraussetzungen, unter denen § 6 Abs. 1 BUrlG eine Anrechnung von Urlaubsansprüchen vo r- sieht, nicht vorliegen. Bestreitet der Arbeitgeber den Vortrag des Arbeitne h- mers - gegebenenfalls mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) - , hat der Arbei t- nehm er seine Darlegungen zu substanz iieren. Stellt der Arbeitgeber den Vo r- trag des Arbeitnehmers in Abrede, hat der Arbeitnehmer für seine An gaben Beweis anzubieten. Neben anderen Beweismitteln kommt hierbei insbesondere die Urlaubsbescheinigung gemäß § 6 Abs. 2 BUrlG in Betracht. Legt der Arbei t- nehmer eine solche vor, obliegt es dem Arbeitgeber, den besonderen Bewei s- wert dieser Bescheinigung , der in § 6 Abs. 2 BUrlG zum Ausdruck kommt, durch konkreten Sachvortrag zu erschüttern. 40 - 14 - 9 AZR 295/13 2. Das Landesarbeitsgericht hat das klagestattgebende Urteil des Arbeit s- gerichts allein mit der Begründung abgeändert, die Ausschussfrist in § 21 ArbV habe zum Unte rgang des Abgeltungsanspruchs geführt. Das Landesa r- beitsgericht hat keine Feststellungen da zu getroffen, ob der frühere Arbeitgeber dem Kläger Urlaub aus dem Jahr 2010 gewährt oder diesen abgegolten hat . Der verfassungsrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör erfordert es im Streitfall, den Parteien die Möglichkeit einzuräumen, ihren diesbezüglich en Sachvortrag zu ergänzen und für ihr Vorbringen Beweis anzubieten . 3. Sollte das Landesarbeitsgericht b ei der vorzunehmenden Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 BUrlG vorliegen , zu dem Ergebnis gela n- gen, dass dem Kläge r noch Urlaubsansprüche für das Jahr 2010 zustanden, wird es der Behauptung des Beklagten nachzugehen haben, er habe dem Kl ä- ger am 2 7. September 2010 und vom 29. September bis zum 9. Oktober 2010 Urlaub gewährt. Brühler Krasshöfer Suckow Spiekermann Starke 41 42

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