9. Senat - Fälligkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs - Anwendbarkeit tariflicher Ausschlussfristen
Karar Dilini Çevir:
9. Senat - Fälligkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs - Anwendbarkeit tariflicher Ausschlussfristen
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 9 AZR 352/10 12 Sa 1448/09 Landesarbeitsgericht Köln Im Namen des Volkes! Verkündet am 9. August 2011 URTEIL Jatz, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Klägerin, Berufungsbeklagte, Anschlussberufungsklägerin und Revisionsklägerin, pp. Beklagte, Berufungsklägerin, Anschlussberufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Ver-handlung vom 9. August 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Bundes- - 2 - 9 AZR 352/10 - 3 - arbeitsgericht Prof. Düwell, die Richter am Bundesarbeitsgericht Krasshöfer und Dr. Suckow sowie die ehrenamtlichen Richter Schmid und Dr. Müller für Recht erkannt: Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landes-arbeitsgerichts Köln vom 20. April 2010 - 12 Sa 1448/09 - wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Klägerin verlangt von der Beklagten, den gesetzlichen Mindest-urlaub für die Jahre 2007 und 2008 abzugelten. Die Klägerin war bei der Beklagten seit 1975 als Krankenschwester be-schäftigt. Sie verdiente zuletzt in Teilzeit bei einer Fünf-Tage-Woche monatlich 829,86 Euro brutto. Die Parteien wenden auf ihr Arbeitsverhältnis den Tarifver-trag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) an. Seit dem 19. Oktober 2006 ist die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Das Arbeitsverhältnis endete während der fortbestehenden Arbeitsun-fähigkeit zum 31. März 2008. Die Klägerin machte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 25. Februar 2009 gegenüber der Beklagten vergeblich die Abgeltung ihres ge-setzlichen sowie die Abgeltung der aus dem TV-L folgenden weiteren Urlaubs-ansprüche aus den Jahren 2007 und 2008 in Höhe von insgesamt 1.613,62 Euro brutto geltend. 1 2 3 4 - 3 - 9 AZR 352/10 - 4 - In § 37 Abs. 1 TV-L heißt es: „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Beschäftigten oder vom Arbeitge-ber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällig werdende Leistungen aus.“ Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs sei nicht nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen. Aus der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG in der Rechtssache Schultz-Hoff folge, dass der Anspruch auf Ab-geltung des wegen Arbeitsunfähigkeit nicht genommenen bezahlten Jahres-urlaubs nicht verfallen dürfe. Diese Rechtsfolge ergebe sich ferner aus der Un-abdingbarkeit des gesetzlichen Mindesturlaubs nach § 13 BUrlG. Die Klägerin hat zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.613,62 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. März 2009 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffas-sung vertreten, der Urlaubsabgeltungsanspruch sei nach § 37 Abs. 1 TV-L ver-fallen. Nachdem aufgrund der Rechtsprechungsänderung der gesetzliche Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch bei lang andauernder Arbeitsunfähig-keit nicht mehr befristet sei, unterliege der Abgeltungsanspruch den tariflichen Ausschlussfristen. Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der Abgeltung des gesetz-lichen Mindesturlaubs für die Jahre 2007 und 2008 (insgesamt 25 Urlaubstage) in Höhe von 957,50 Euro brutto stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insge-samt abgewiesen. Ferner hat es die Anschlussberufung der Klägerin zurückge-wiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. 5 6 7 8 9 - 4 - 9 AZR 352/10 - 5 - Entscheidungsgründe A. Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landes-arbeitsgericht hat die Klage auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs zu Recht abgewiesen. Der Anspruch ist verfallen. Die Klägerin wahrte nicht die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L. I. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete zum 31. März 2008. Zu die-sem Zeitpunkt stand der Klägerin ein gesetzlicher Mindesturlaubsanspruch in Höhe von insgesamt 25 Tagen zu. Dieser war nach § 7 Abs. 4 BUrlG mit Been-digung des Arbeitsverhältnisses abzugelten. 1. Die Klägerin konnte den ihr zustehenden gesetzlichen Mindesturlaub nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG aus dem Jahr 2007 in Höhe von 20 Urlaubstagen wegen ihrer seit 2006 ununterbrochenen Arbeitsunfähigkeit weder im Jahr 2007 noch im Übertragungszeitraum des Jahres 2008 nehmen. Ferner stand ihr zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch für drei volle Monate (Januar bis März 2008) ein Teilurlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG in Höhe von fünf Urlaubstagen zu. 2. Der Urlaubsabgeltungsanspruch wird auch im Fall der Arbeitsunfähig-keit mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 20, AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 125). Die seit dem 19. Oktober 2006 bestehende und auch über den Beendigungszeitpunkt hinaus andauernde Arbeitsunfähigkeit der Klägerin än-dert hieran nichts. Denn nach der neueren Senatsrechtsprechung infolge der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Schultz-Hoff (EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - Slg. 2009, I-179) ist der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nicht nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG befristet, wenn der Arbeitnehmer dauernd arbeitsunfähig ist. Der Min-desturlaub ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von der 1 0 11 12 13 - 5 - 9 AZR 352/10 - 6 - Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs in einem gedachten fortbestehenden Arbeitsverhältnis abzugelten. Deshalb erlischt der gesetzliche Urlaubsabgel-tungsanspruch auch nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubs-jahres und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deswegen arbeitsun-fähig ist (vgl. grundlegend BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 47 ff., BAGE 130, 119; 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 70, AP SGB IX § 125 Nr. 3 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 16; zuletzt auch 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 18, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17). Daher hat die über den gesetzlichen Übertragungszeitraum des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG (31. März des jeweiligen Folgejahres) und auch über den tariflichen Übertragungszeitraum des § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TV-L (31. Mai des jeweiligen Folgejahres) hinaus fortbestehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin keine Auswirkung auf die Durchsetzbarkeit und den Fortbestand des Urlaubsabgeltungsanspruchs. II. Der daraus folgende Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Min-desturlaubs für insgesamt 25 Urlaubstage ist nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen. Die Klägerin wahrte nicht die dort geregelte Ausschlussfrist von sechs Monaten. Die erstmalige schriftliche Geltendmachung mit Schreiben des Prozessbevoll-mächtigten der Klägerin vom 25. Februar 2009 erfolgte erst nach Ablauf der Ausschlussfrist am 30. September 2008 und damit verspätet. 1. Nach § 37 Abs. 1 TV-L verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fällig-keit von den Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. a) Der Urlaubsabgeltungsanspruch stellt einen Anspruch aus dem Ar-beitsverhältnis im Sinne des § 37 Abs. 1 TV-L dar. Formulieren Tarifvertrags-parteien - wie in der vorliegenden Verfallvorschrift - keine Einschränkungen, so fallen unter den Begriff der „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ alle gesetzli-chen und vertraglichen Ansprüche, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben 14 15 16 17 - 6 - 9 AZR 352/10 - 7 - (vgl. BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 19, AP TVG § 4 Ausschluss-fristen Nr. 191 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 190; 21. Februar 1995 - 9 AZR 733/93 - zu I 1 der Gründe). Diese Voraussetzung trifft gleichermaßen auf Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche zu. Sie begründen sich aus dem Arbeitsverhältnis. b) Der Umstand, dass die Klägerin bei Beendigung des Arbeitsverhältnis-ses und darüber hinaus arbeitsunfähig erkrankt war, hat keine Auswirkung auf die Fälligkeit des Abgeltungsanspruchs. Insbesondere wird der Fälligkeitszeit-punkt nicht - wie in der Surogatstheorie angenommen - bis zur Wiedererlan-gung der Arbeitsfähigkeit hinausgeschoben. aa) Nach § 271 Abs. 1 BGB wird eine Forderung sofort fällig, wenn eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist. Dementsprechend wird der Urlaubsabgeltungsanspruch mit seiner Entste-hung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 20, AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 125; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 69, BAGE 130, 119). Die Arbeitsunfähigkeit des ausscheidenden Arbeitnehmers ist hierauf ohne Ein-fluss. bb) Der Urlaubsabgeltungsanspruch stellt jedenfalls bei andauernder Arbeitsunfähigkeit eine auf eine finanzielle Vergütung im Sinne von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 (sog. Arbeitszeitrichtlinie) gerichtete reine Geldforderung dar (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 17 ff., EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 44 ff., BAGE 130, 119). Deshalb ist der gesetzliche Mindesturlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unab-hängig von der Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs in einem gedachten fortbestehenden Arbeitsverhältnis nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten (BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 18, aaO; 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 70, AP SGB IX § 125 Nr. 3 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 16; 24. März 18 19 20 - 7 - 9 AZR 352/10 - 8 - 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 47 ff. mwN, aaO). Zudem bleibt diese Urlaubsabgel-tungsforderung in ihrem Bestand unberührt, wenn die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bis zum Ende des Übertragungszeitraums am 31. März des dem Urlaubsjahr folgenden Jahres bzw. darüber hinaus fortdauert (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 21, aaO). cc) Mithin ist der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht mehr befristet. Daher hat der Ablauf des Bezugs- und des Übertragungszeitraums, wie das Landes-arbeitsgericht richtig erkannt hat, keine Auswirkungen mehr. Zudem geht die geänderte Rechtsprechung davon aus, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch sofort erfüllbar ist und es gerade nicht erforderlich ist, die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit abzuwarten (vgl. zuletzt BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 12, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17). Schließlich wird in der Regel eine Forderung gleichzeitig fällig und erfüllbar (vgl. Palandt/Grüneberg BGB 70. Aufl. § 271 Rn. 1). Dies muss auch für den Abgeltungsanspruch als reinen Geldan-spruch bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit gelten. Ansonsten würde ein dauer-haft bis zum Lebensende arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer, der aus einem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, niemals eine Urlaubsabgeltung er-halten. Dies wäre jedoch nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäi-schen Union in der Rechtssache Schultz-Hoff nicht mit Art. 7 der Arbeitszeit-richtlinie 2003/88/EG vereinbar. Danach soll auch der ausgeschiedene Arbeit-nehmer bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit die Möglichkeit haben, in den Genuss einer finanziellen Vergütung zu kommen (vgl. EuGH 20. Januar 2009 - C-350/06 und C-520/06 - [Schultz-Hoff] Rn. 56, 62, Slg. 2009, I-179). Deshalb wird der Urlaubsabgeltungsanspruch auch im Fall der Arbeitsunfähigkeit mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 11. Oktober 2010 - 9 AZN 418/10 - Rn. 20, AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 125; im Ergebnis so bereits: BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 69, BAGE 130, 119; MüArbR/Düwell 3. Aufl. Bd. 1 § 80 Rn. 67; Subatzus DB 2009, 510, 512; Arnold/Tillmanns/Arnold BUrlG 2. Aufl. § 7 Rn. 180) und damit im vor-liegenden Fall mit Ablauf des 31. März 2008 fällig. 21 - 8 - 9 AZR 352/10 - 9 - 2. Der Lauf der Ausschlussfrist wurde auch nicht durch die Arbeitsunfä-higkeit der Klägerin entsprechend § 206 BGB gehemmt. a) Dabei kann dahinstehen, ob die Vorschriften über die Verjährungs-hemmung grundsätzlich überhaupt entsprechende Anwendung auf Ausschluss-fristen finden (ablehnend ErfK/Preis 11. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 57; aA Däubler/Zwanziger TVG 2. Aufl. § 4 Rn. 1097). Denn nach ständiger Recht-sprechung wird zumindest die Regelung des § 206 BGB (§ 203 Abs. 2 BGB aF) zur Hemmung der Verjährung bei höherer Gewalt als allgemeingültiges Rechts-prinzip entsprechend angewandt (vgl. grundlegend BAG 3. März 1976 - 5 AZR 361/75 - zu 4 a der Gründe, AP ZPO § 496 Nr. 4 = EzA TVG § 4 Ausschlussfris-ten Nr. 26). Nach dieser Vorschrift ist die Verjährung gehemmt, solange der Berechtigte innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch hö-here Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist. b) Doch selbst unter Zugrundelegung dieses Maßstabs wird der Lauf der Ausschlussfrist hinsichtlich des Urlaubsabgeltungsanspruchs regelmäßig nicht durch eine Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers gehemmt. An die Annahme höherer Gewalt sind strenge Anforderungen zu stellen. Stets ist Voraussetzung, dass der Berechtigte ohne jedes Eigenverschulden an der Klage gehindert war (BAG 7. November 2002 - 2 AZR 297/01 - zu B I 4 b dd und ee der Gründe mwN, BAGE 103, 290). Deshalb kann eine Arbeitsunfähigkeit nur dann den Lauf einer Ausschlussfrist hemmen, wenn dem Berechtigten infolge seines Zu-stands die Besorgung seiner Angelegenheiten schlechthin unmöglich wird (vgl. so bereits zur schweren Erkrankung als möglichen Hemmungsgrund: BGH 13. November 1962 - VI ZR 228/60 - VersR 1963, 93). Das hat die Klägerin nicht behauptet. Schließlich kann auch einem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis während der Periode der Arbeitsunfähigkeit ausläuft, norma-lerweise zugemutet werden, die fällige Urlaubsabgeltung als Zahlungsanspruch von seinem Arbeitgeber zu verlangen und damit die Ausschlussfrist zu wahren. Die Abgeltung eines tatsächlich nicht mehr erfüllbaren Urlaubs lässt sich grund-sätzlich jederzeit ohne Schwierigkeiten durchführen (vgl. so bereits die Recht-22 23 24 25 - 9 - 9 AZR 352/10 - 10 - sprechung des BAG vor Einführung des Surrogatmerkmals der Erfüllbarkeit der fiktiven Freistellung: BAG 3. Februar 1971 - 5 AZR 282/70 - zu B c cc der Grün-de, BAGE 23, 184). 3. Die hier anzuwendende tarifliche Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L ist nicht nach § 13 Abs. 1 BUrlG iVm. § 134 BGB unwirksam, weil sie den An-spruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs einschließt. Die Anwen-dung von tariflichen Ausschlussfristen für Urlaubsabgeltungsansprüche verstößt auch nicht gegen Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie. Sie ist insbesondere mit Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie und den hierzu vom Gerichtshof der Europäi-schen Union aufgestellten Grundsätzen vereinbar (vgl. ausführlich BAG 9. Au-gust 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 22 ff.). 4. Die Klägerin kann im Hinblick auf die Versäumung der tariflichen Aus-schlussfrist auch keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (31. März 2008) war der Vorlagebeschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf bereits bekannt und das Vorabentscheidungsverfahren beim Gerichtshof der Europäi-schen Union anhängig, sodass die Klägerin zumindest vorsorglich ihren Urlaubsabgeltungsanspruch gegenüber der Beklagten rechtzeitig hätte geltend machen können (vgl. hierzu BAG 9. August 2011 - 9 AZR 365/10 - Rn. 31). Im Übrigen weist das Landesarbeitsgericht ferner zu Recht darauf hin, gegen die Gewährung von Vertrauensschutz zugunsten der Klägerin spreche bereits, dass ihr durch die Rechtsprechungsänderung nichts genommen wird, was ihr bei Fortbestehen der bisherigen Rechtsprechung zugestanden hätte. Denn auch nach der bisherigen Rechtsprechung hätte die Klägerin keinen An-spruch auf Urlaubsabgeltung gehabt. So wäre dieser wegen der andauernden Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf des tariflichen Übertragungszeitraums des § 26 Abs. 2 Buchst. a TV-L zum 31. Mai 2008 bzw. zum 31. Mai 2009 erloschen. 26 27 28 29 - 10 - 9 AZR 352/10 B. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Re-vision zu tragen. Düwell Suckow Krasshöfer G. Müller W. Schmid 30

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