9. Senat - Einlegung der Berufung - Vertretung durch bei der Partei angestellten Rechtsanwalt
Karar Dilini Çevir:
9. Senat - Einlegung der Berufung - Vertretung durch bei der Partei angestellten Rechtsanwalt
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 9 AZR 75/12 7 Sa 521/11 Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes! Verkündet am 17. September 2013 URTEIL Brüne, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Klägerin, Widerbeklagte, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin, pp. Beklagter, Widerkläger, Berufungsbeklagter und Revisionsbeklagter, hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Ve r- handlung vom 17. September 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Bu n- desarbeitsgericht Dr. Brühler, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Suckow und Klose sowie die ehrenamtliche n Richter Heilmann und Dipper für Recht erkannt: - 2 - 9 AZR 75/12 - 3 - 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des La n- desarbeitsgericht s Hamm vom 2. September 2011 - 7 Sa 521 /11 - wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen. Von Rechts wege n! Tatbestand Die Klägerin verlangt vo m Beklagten , die von ihr getragenen Kosten für eine Fortbildung des Beklagten zum Fachanwalt für Informationstechnologie - recht iHv. 2.205,00 Euro zu erstatten . Der Beklagte beansprucht widerklagend Urlaubsabgeltung iHv. 1.186,90 Euro. Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die ua. Rechtsberatung b e- treibt. Sie verfügt über keine Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft iSd. § 59c Abs. 1 BRAO. Der Beklagte war bei ihr seit dem 1. Mai 2008 als Recht s- anwalt beschäftigt. Er kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 2010 . Die Kläger in hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.205,00 Euro bru t- to nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 201 0 zu zahlen , und die Widerklage des Beklagten abzuweisen . Der Beklagte hat die Abweisung der Klage und widerklagend beantragt, die Klägerin zu verurteilen, an ihn 1.186,90 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stat t- gegeben. Mit einem auf ihrem Geschäftspapier gefertigten Schriftsatz vom 31. März 2011 hat die Klägerin Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts eingelegt. In diesem Schriftsatz ist als Prozessbevollmächtigte der Klägerin sie 1 2 3 4 5 - 3 - 9 AZR 75/12 - 4 - selbst bezeichnet. Zeich - 500/11 - nennt die Berufungsschrift Rechtsanwalt N , der diese N Rechtsanwalt u n- ter zeichnet und erklärt hat, er lege die Berufung für die Klägerin ein. Das La n- desarbeitsgericht hat die Ber ufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Entscheidungsgründe Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht als unzulässig verworfen , weil die nicht postulationsfähige Klägerin sie selbst eingelegt hat . I. Die Berufungsschrift ist als bestimmender Schriftsatz von einem post u- lationsfähigen Prozessbevollmächtigten zu unterzeichnen (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 519 Abs. 4, § 130 Nr. 6 ZPO) . Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 ArbGG müssen sich die Parteien vor dem Lan desarbeitsgericht grundsätzlich durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind außer R e chtsanwälten nur die in § 11 Abs . 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 ArbGG bezeichneten Organisationen zugelassen (§ 11 Abs. 4 Satz 2 ArbGG) . E ine Partei, die nach Maßgabe des § 11 Abs. 4 Satz 2 ArbGG zur Vertretung berechtigt ist, kann sich allerdings selbst vertreten (§ 11 Abs. 4 Satz 4 Halbsatz 1 ArbGG) . Die Zulä s- sigkeit der Berufung ist Prozessvoraussetzung für das gesamte weitere Verfa h- ren. Sie ist deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen ( BAG 19. Februar 2013 - 9 AZR 543/11 - Rn. 11 mwN ) . II. Das Lan desarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, die Klägerin, die nicht zu den in § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 ArbGG genannten Organisati o- nen zählt, habe sich bei Einlegung der Berufung nicht durch einen postulation s- 6 7 8 9 - 4 - 9 AZR 75/12 - 5 - fähigen Rechtsanwalt vertreten lassen ( vgl. dazu Düwell/Lipke / Wolmerath 3. Aufl. § 11 Rn . 32 ) . 1. Eine Partei wird nicht ordnungsgemäß vertreten, wenn der Rechtsa n- walt als Angestellter der Partei handelt ( vgl. BAG 16. November 2011 - 4 AZR 839/09 - Rn. 20 ) . Ein Rechtsanwalt tritt nur dann als Orga n der Rechtspflege auf, wenn er außerhalb eines Arbeits verhältnis ses handelt, das ihn dem We i- sungsrecht der Partei unterwirft. Ist ein Rechtsanwalt bei einer Partei angestellt, obliegt es deshalb der Partei, dem Rechtsanwalt außerhalb seines Anstellung s- verhältnisses einen gesonderten Auftrag und eine Vollmacht zu erteilen (vgl. GMP/Germelmann 8. Aufl. § 1 1 Rn. 29 ) . Legt ein angestellter Rechtsanwalt ein Rechtsmittel ein, muss der Rechtsmittelschrift zu entnehmen sein, dass der Handelnde als unabhängiger Prozessbevollmächtigter auftritt und als solcher ohne Bindung an die Weisungen seines Mandanten die Verantwortung für den Schriftsatz übernimmt (vgl. BAG 19. März 1996 - 2 AZB 36/95 - zu II der Grü n- de, BAGE 82, 239) . Die Frage, ob eine Partei sich bei der Einlegung der Ber u- fung ordnungsgemäß hat vertreten lassen, ist durch Auslegung der Berufung s- schrift zu beantworten . Das Auslegungsergebnis, zu dem das Berufungsgericht gelangt ist, unterliegt der vollständigen Na chprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. B GH 22. April 2009 - IV ZB 34/08 - Rn. 8 ) . 2. Der Berufungsschrift der Klägerin ist nicht zu entnehmen, dass ihr A n- gestellter N die Klägerin in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt vertreten hat. Die Auslegung der Berufungsschrift ergibt, dass er als weisun gsgebundener Angestellter der Klägerin gehandelt hat . a) Das Aktivrubrum der auf dem Geschäftspapier der Klägerin gefertigten Berufungsschrift weist als Prozessbevollmächtigte n nicht Rechtsanwalt N, so n- dern die Klägerin selbst a AG, ... ässt , eine von der Kläg e- rin verschiedene Person handele als Prozessbevollmächtigte. D ie Angabe des Tätigkeitsgebiet s auf dem Briefbogen verdeutlicht , dass die Klägerin in d ies em B ereich gehandelt hat . Dies zeigt auch das in der Ber u- - 500/11 - 10 11 12 - 5 - 9 AZR 75/12 - 6 - (zusätzliches) Akten - oder Geschäftszeichen des Rechtsanwalts N fehlt. Seine Bezeich ass er die Berufung nicht als Organ der Rechtspflege , sondern als Angestellter der Klägerin eingelegt hat . b) Soweit die Klägerin geltend macht, das Aktivrubrum habe ursprünglich usgewiesen und sei lediglich infolge eines B e- arbeitungsversehens geändert worden, ist dies der Berufungsschrift nicht zu entnehmen. D er von der Klägerin behauptete Bearbeitungsfehler beseitigt den Mangel damit nicht. c) Entgegen der Ansicht der Klägerin z wingt die Erklärung des Bearbeiters N in der Berufungsschrift : , nicht zu der Annahme , dass dieser als Rechtsanwalt die Verantwortung für den Schriftsatz übernommen hat. A ls juristische Person des Privatr echts kann die Klägerin rechtsgeschäftliche Erklärungen nur abgeben, indem sie sich natürl i- che r Person en bedient. Diese handel n innerhalb der ihnen zustehenden Vertr e- tungsmacht der Frage, ob die Ber u- fungsschrift von Rechtsanwalt N als Organ der Rechtspflege oder als Angestel l- ter der Klägerin gefertigt wurde, ist s die Klägerin damit ohne Bedeutung. 3. Der Mangel der fehlenden Postulationsfähigkeit ist nicht geheilt worden. Die Postulationsfähigkeit des Prozessbevollmächtigten ist eine Prozesshan d- lungsvoraussetzung (BGH 15. März 2013 - V ZR 156/12 - R n . 13 , BGHZ 197, 61 ) , die grundsätzlich zu m Zeitpunkt der Vornahme der Prozesshandlung vo r- liegen muss (vgl. BGH 26. April 2012 - VII ZB 83/10 - R n . 11 ) . Zwar kann eine mangels Postulationsfähigkeit des Handelnden unwirksame Prozesshandlung regelmäßig durch einen postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten gene h- migt werden (vgl. BGH 7. Juni 1990 - III ZR 142/89 - zu II 3 a der Gründe , BGHZ 111, 339 ) . B ei fristgebundenen Proze ss handlungen ist jedoch erforde r- lich, dass die Genehmigung vor Fristablauf erklärt wird. Nach Fristablauf ist e ine rückwirkende Heilung grundsätzlich ausgeschlossen ( vgl. BGH 16. Dezember 1992 - XII ZB 137/92 - zu II 3 der Gründe) . Im Streitfall ist die unwirksame Ei n- legung der Berufung nicht fristwahrend genehmigt worden. Das in vollstän diger 13 14 15 - 6 - 9 AZR 75/12 Form abgefasste Urteil de s Arbeitsgerichts ist der Klägerin am 11. März 2011 zugestellt worden. Die einmonatige F rist zur Einlegung der Berufung ( § 66 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 ArbGG) lief gemäß § 222 Abs. 1 ZPO iVm. § § 186, 187 Abs. 1 , § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB a m 11. April 2011 ab. Vor Fristablauf ist die unwirksame Einlegung der Berufung nicht von einem postulationsfähigen Pr o- zessbevollmächtigten genehmigt worden. III. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO) . Brühler Suckow Klose Heilmann M. Dipper 16

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