9. Senat - Dienstliche Regelbeurteilung - Beurteilungsrichtlinien - Anspruch auf Nichtbeurteilung - Erreichen des Endamts
Karar Dilini Çevir:
9. Senat - Dienstliche Regelbeurteilung - Beurteilungsrichtlinien - Anspruch auf Nichtbeurteilung - Erreichen des Endamts
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 9 AZR 616/10 2 Sa 473/09 Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Im Namen des Volkes! Verkündet am 22. Mai 2012 URTEIL Brüne, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger, pp. beklagtes, berufungsbeklagtes und revisionsbeklagtes Land, hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Mai 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Bundes-arbeitsgericht Dr. Brühler, die Richter am Bundesarbeitsgericht Krasshöfer und - 2 - 9 AZR 616/10 - 3 - Klose sowie die ehrenamtlichen Richter Furche und Jungermann für Recht erkannt: 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landes-arbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 20. August 2010 - 2 Sa 473/09 - wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten in der Revision noch darüber, ob das beklagte Land es unterlassen muss, den Kläger für den Zeitraum vom 1. Juli 2000 bis zum 30. April 2005 einer dienstlichen Regelbeurteilung zu unterziehen. Der am 4. November 1959 geborene Kläger ist beim beklagten Land seit dem 16. August 1993 beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom selben Tag bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Be-reich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder jeweils geltenden Fassung. Der Kläger wurde, nachdem ihm zuvor der Bewährungsaufstieg versagt worden war, durch einen beim Arbeitsgericht Halle am 2. Februar 2004 geschlossenen Vergleich zum 28. Januar 2004 in die Vergütungsgruppe III, Fallgruppe 1b, BAT-O „ohne Anerkennung einer Bewährung in den Jahren 2000 - 2001“ höhergruppiert. Am 1. Mai 2005 traten gemäß Runderlass des Ministeriums des Innern des beklagten Landes vom 29. April 2005 (- 15.23-03002.117 -) die Richtlinien zur dienstlichen Beurteilung der Beamtinnen und Beamten sowie der Angestell-ten des Geschäftsbereichs des Ministeriums des Innern (Beurteilungsrichtlinien) in Kraft. Diese Beurteilungsrichtlinien sehen auszugsweise Folgendes vor: 1 2 3 - 3 - 9 AZR 616/10 - 4 - „A. Beamtinnen und Beamte … 3. Arten der Beurteilung 3.1 Regelbeurteilung 3.1.1 Beamtinnen und Beamte bis einschließlich der Besoldungsgruppe A 16 sind alle drei Jahre zum Stichtag 1.5. zu beurteilen. … 3.1.2 Von der Regelbeurteilung ausgenommen sind: a) Beamtinnen und Beamte im Endamt, die das Endgrundgehalt erreicht haben, b) Beamtinnen und Beamte, die im Beurteilungs-zeitraum weniger als sechs Monate im Ge-schäftsbereich des Ministeriums des Innern tätig waren, c) Beamtinnen und Beamte, die das 55. Lebens-jahr vollendet haben, d) Beamtinnen und Beamte, die sich in der Freistellungsphase der Altersteilzeit (Blockmo-dell) befinden. … B. Angestellte 14. Beurteilung der Angestellten 14.1 Für die Beurteilung der Angestellten sind die Bestimmungen über die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten nach Abschnitt A sinn-gemäß anzuwenden. Angestellte können mit Beamtinnen und Beamten eine gemeinsame Ver-gleichsgruppe bilden. Hinsichtlich der Vergleich-barkeit der Vergütungsgruppen der Angestellten mit den Besoldungsgruppen der Beamtinnen und Beamten ist § 11 BAT-O entsprechend anzuwen-den. … C. Schlussbestimmungen 16. Übergangsregelungen 16.1 Die ersten Regelbeurteilungen nach diesen Be-urteilungsrichtlinien sind zum Stichtag 1.5.2005 zu erstellen. 16.2 Bei den ersten Regelbeurteilungen nach diesen - 4 - 9 AZR 616/10 - 5 - Beurteilungsrichtlinien erstreckt sich der Beurtei-lungszeitraum abweichend von Nr. 3.1.1 vom 1.7.2000 bis 30.4.2005. …“ Dem Kläger wurde am 25. Juli 2006 die zum Stichtag 1. Mai 2005 er-stellte Regelbeurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 1. Juli 2000 bis zum 30. April 2005 eröffnet. Mit dieser war der Kläger nicht einverstanden. Der Kläger hat, soweit revisionsrechtlich relevant, ua. die Ansicht ver-treten, die Beurteilung sei ersatzlos aufzuheben, weil er gemäß Abschn. A Nr. 3.1.2 Buchst. a der Beurteilungsrichtlinien von der Regelbeurteilung ausge-nommen sei. Es habe für ihn persönlich im Zeitpunkt der Eröffnung der Beurtei-lung keine Möglichkeit eines weiteren tariflichen Bewährungs- oder Zeitauf-stiegs mehr bestanden. Er sei deshalb bereits in seinem Endamt mit Endgrund-gehalt angekommen. Zudem würde das beklagte Land ihn ohnehin so negativ beurteilen, dass weitere Aufstiegsmöglichkeiten tatsächlich ausgeschlossen seien. Der Kläger hat zuletzt beantragt, das beklagte Land zu verurteilen, es zu unterlassen, eine dienstliche Beurteilung über den Kläger für den Beurtei-lungszeitraum vom 1. Juli 2000 bis zum 30. April 2005 zu erstellen. Das beklagte Land hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffas-sung vertreten, die Ausnahme von der Regelbeurteilung gemäß Abschn. A Nr. 3.1.2 Buchst. a der Beurteilungsrichtlinien greife nicht. Der laufbahnrechtli-che Begriff des „Endamts“ sei ein Terminus aus dem Beamtenrecht und auf Tarifbeschäftigte nicht übertragbar. Darüber hinaus sei der Kläger nach dem Inkrafttreten des TV-L und des TVÜ-Länder in die Entgeltgruppe 11 TV-L übergeleitet worden und habe damit sein Endamt nicht erreicht. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage hinsichtlich der Entfernung der Beurteilung und weiterer Schreiben aus der Personalakte des Klägers stattge- 4 5 6 7 8 - 5 - 9 AZR 616/10 - 6 - geben und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger verfolgt mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision seinen Antrag auf Unter-lassung einer erneuten Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 1. Juli 2000 bis zum 30. April 2005 weiter. Entscheidungsgründe Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts mit Recht teilweise zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass für den Zeitraum vom 1. Juli 2000 bis zum 30. April 2005 keine neue Regelbeurteilung durch das beklagte Land erfolgt. I. Der Kläger stützt seinen Anspruch ohne Erfolg auf § 241 Abs. 2 BGB iVm. Abschn. B Nr. 14.1, Abschn. A Nr. 3.1.2 Buchst. a der Beurteilungsrichtli-nien, wonach die für die Beamtinnen und Beamten geltenden Bestimmungen für Angestellte entsprechend anzuwenden und Beamtinnen und Beamte im Endamt, die das Endgrundgehalt erreicht haben, von der Regelbeurteilung ausgenommen sind. Dabei kann dahinstehen, ob sich aus den Beurteilungs-richtlinien überhaupt ein Anspruch von Beamten und Angestellten, nicht be-urteilt zu werden, herleiten lässt oder die in Abschn. A Nr. 3.1.2 der Richtlinien vorgesehenen Ausnahmen allein dem Interesse des öffentlich-rechtlichen Dienstherrn dienen, wofür viel spricht. Selbst wenn zugunsten des Klägers angenommen würde, die Ausnahmeregelungen in Abschn. A Nr. 3.1.2 der Richtlinien begründeten einen Anspruch auf Nichtbeurteilung, wäre die Klage unbegründet. Die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Rege-lung in Abschn. A Nr. 3.1.2 Buchst. a der Beurteilungsrichtlinien wären beim Kläger nicht erfüllt. 1. Der Kläger hat nicht das Endgrundgehalt seines Endamts erreicht und ist damit nicht nach Abschn. B Nr. 14.1 iVm. Abschn. A Nr. 3.1.2 Buchst. a der 9 10 11 - 6 - 9 AZR 616/10 - 7 - Beurteilungsrichtlinien von der Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 1. Juli 2000 bis zum 30. April 2005 ausgenommen. a) Abschn. B Nr. 14.1 der Beurteilungsrichtlinien sieht vor, dass Angestell-te mit Beamtinnen und Beamten eine gemeinsame Vergleichsgruppe bilden können und legt die Regelung in § 11 BAT-O als Maßstab für die Vergleichbar-keit der Vergütungsgruppen der Angestellten mit den Besoldungsgruppen der Beamten fest. Das Landesarbeitsgericht ist unter Heranziehung dieses Ver-gleichsmaßstabs zutreffend davon ausgegangen, dass bei sinngemäßer An-wendung von Abschn. A Nr. 3.1.2 Buchst. a der Beurteilungsrichtlinien nur Angestellte, die eine Vergütungsgruppe in der Endstufe erreicht haben, die unter Beachtung der Vergleichstabelle des § 11 BAT-O einem Endamt einer Laufbahngruppe entspricht, unter die Ausnahmeregelung fallen. b) Der Kläger erfüllt diese Voraussetzung nicht. Er war seit dem 28. Januar 2004 in die Vergütungsgruppe III, Fallgruppe 1b, BAT-O eingruppiert und hatte mit seinem 45. Geburtstag am 4. November 2004 die Endstufe in dieser Vergütungsgruppe erreicht. Nach § 11 Satz 2 BAT-O entsprach die Vergütungsgruppe III BAT-O der Besoldungsgruppe A 12 im gehobenen Dienst. Beamte des gehobenen Diensts in der Besoldungsgruppe A 12 befinden sich jedoch nicht im Endamt. Dies trifft nur auf Beamte des gehobenen Diensts in der Besoldungsgruppe A 13 zu. Mit Beamten dieser Besoldungsgruppe sind nach § 11 Satz 2 BAT-O allein Angestellte der Vergütungsgruppen IIb, IIa und Kr. XIII BAT-O vergleichbar. Zu diesen Angestellten gehört der Kläger auch nach seiner Überleitung von der Vergütungsgruppe III BAT-O in die Entgelt-gruppe 11 TV-L nicht. 2. Der Einwand des Klägers, das beklagte Land werde ihm zukünftig mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine höherwertigen Tätigkeiten übertragen, sodass er mit der Vergütungsgruppe III BAT-O in der letzten Stufe bereits sein „persönliches Endamt“ erreicht habe, verfängt nicht. Nach Abschn. A Nr. 3.1.2 Buchst. a iVm. Abschn. B Nr. 14.1 der Beurteilungsrichtli-nien kommt es nicht darauf an, ob und gegebenenfalls in welchem Maß es nach einem Stellenplan oder der persönlichen Befähigung des Beamten/Angestellten 12 13 14 - 7 - 9 AZR 616/10 wahrscheinlich ist, dass das Endamt der jeweiligen Laufbahngruppe bzw. die entsprechende Entgeltgruppe noch erreicht wird. Nach dem klaren und eindeu-tigen Wortlaut von Abschn. A Nr. 3.1.2 Buchst. a der Beurteilungsrichtlinien ist für die Ausnahme von der Regelbeurteilung vielmehr entscheidend, ob eine Beamtin/ein Beamter im Endamt das Endgrundgehalt bereits erreicht hat. Dieses Verständnis bestätigt Abschn. A Nr. 2.1 Satz 3 der Beurteilungsrichtli-nien. Danach ist die dienstliche Beurteilung Grundlage für Personalentschei-dungen. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein Beamter/Angestellter für die Übertragung höherwertiger Tätigkeiten in Betracht kommt. Das ist nur dann nicht der Fall, wenn der Beamte/Angestellte bereits das Ende seiner nach den maßgeblichen Bestimmungen möglichen Laufbahn-/Entgeltgruppe tatsächlich erreicht hat. II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Brühler Klose Krasshöfer Jungermann Furche 15

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