9. Senat - Auslösungsanspruch nach § 7 Nr 4 BauRTV bei Verlegung des Betriebssitzes - Einstellungsort als maßgeblicher Bezugspunkt - Möglichkeit einer einvernehmlichen Änderung des Bezugspunkts
Karar Dilini Çevir:
9. Senat - Auslösungsanspruch nach § 7 Nr 4 BauRTV bei Verlegung des Betriebssitzes - Einstellungsort als maßgeblicher Bezugspunkt - Möglichkeit einer einvernehmlichen Änderung des Bezugspunkts
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 9 AZR 461/10 5 Sa 131/10 Landesarbeitsgericht München Im Namen des Volkes! Verkündet am 21. Februar 2012 URTEIL Brüne, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsklägerin, pp. Kläger, Berufungskläger und Revisionsbeklagter, hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Bun-desarbeitsgericht Dr. Brühler, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Suckow und Klose sowie den ehrenamtlichen Richter Ropertz und die ehrenamtliche Richterin Pielenz für Recht erkannt: - 2 - 9 AZR 461/10 - 3 - 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Lan-desarbeitsgerichts München vom 7. Juli 2010 - 5 Sa 131/10 - wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über tarifliche Auslösung. Der Kläger ist bei der Beklagten, die Rohrleitungsbauarbeiten ausführt, seit Mai 1974 als Kraftfahrer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der allgemeinverbindliche Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 4. Juli 2002 in der Fassung des Änderungstarifvertrags vom 20. August 2007 (BRTV-Bau) Anwendung. In § 7 BRTV-Bau heißt es: „Fahrtkostenabgeltung, Verpflegungszuschuss und Auslösung 1. Allgemeines Der Arbeitnehmer kann auf allen Bau- oder sonstigen Arbeitsstellen (Arbeitsstelle) des Betriebes eingesetzt werden, auch wenn er diese von seiner Wohnung aus nicht an jedem Arbeitstag erreichen kann. 2. Begriffsbestimmungen 2.1 Entfernungen Entfernungen sind nach Maßgabe des kürzesten mit Personenkraftwagen befahrbaren öffentlichen Weges zwischen der Arbeitsstelle und der Wohnung (Unter-kunft) des Arbeitnehmers zu bestimmen. 2.2 Betrieb Als Betrieb gilt die Hauptverwaltung, die Niederlas-sung, die Filiale, die Zweigstelle oder die sonstige ständige Vertretung des Arbeitgebers, in welcher der Arbeitnehmer eingestellt wird. Wird der Arbeitnehmer auf einer Arbeitsstelle eingestellt, so gilt die nächst-gelegene Vertretung des Arbeitgebers als Betrieb. 1 2 - 3 - 9 AZR 461/10 - 4 - ... 4. Arbeitsstellen ohne tägliche Heimfahrt Arbeitet der Arbeitnehmer auf einer mindestens 50 km vom Betrieb entfernten Arbeitsstelle und beträgt der normale Zeitaufwand für seinen Weg von der Wohnung zur Arbeitsstelle mehr als 1 1/4 Stun-den, so hat er nach folgender Maßgabe Anspruch auf eine Auslösung. Die Auslösung ist Ersatz für den Mehraufwand für Verpflegung und Übernachtung im Sinne der steuer-lichen Vorschriften. 4.1 Auslösung Die Auslösung beträgt für jeden Kalendertag 34,50 Euro. …“ Die Beklagte unterhielt bis zum 29. Februar 2008 nur in C einen Be-trieb. Niederlassungen, Filialen oder Zweigstellen hatte sie nicht. Zum 1. März 2008 verlegte sie ihren Sitz nach A. Der Kläger arbeitete im April 2008 auf einer Baustelle in E und von Mai bis Dezember 2008 auf einer Baustelle in I. Diese Baustellen waren weniger als 50 km vom Betrieb der Beklagten in A, jedoch mehr als 50 km vom vormaligen Betriebssitz in C entfernt. Die Beklagte zahlte dem Kläger für die insgesamt 128 Einsatztage auf diesen Baustellen nicht die Auslösung nach § 7 Nr. 4.1 BRTV-Bau iHv. 34,50 Euro für jeden Kalendertag, sondern eine „freiwillige Auslösung“ iHv. 20,50 Euro pro Arbeitstag. Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe der Differenzbetrag iHv. 1.792,00 Euro zu. Die Verlegung des Betriebssitzes der Beklagten von C nach A habe seinen Anspruch auf tarifliche Auslösung nicht berührt. Maßgebend sei nach § 7 Nr. 2.2 BRTV-Bau, dass die Beklagte bei Abschluss des Arbeitsver-trags ihren Betriebssitz in C gehabt habe. Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm 1.792,00 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2009 zu zahlen. 3 4 5 - 4 - 9 AZR 461/10 - 5 - Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung ver-treten, die tariflichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Auslösung seien aufgrund der Entfernung von weniger als 50 km zwischen den Baustellen in E bzw. I und ihrem Betrieb in A nicht erfüllt. Die Regelung in § 7 Nr. 2.2 BRTV-Bau gelte nur für Unternehmen mit mehreren Betrieben im Sinne dieser Vor-schrift. Im Übrigen habe der Kläger mit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses einer einvernehmlichen Verlegung des Mittelpunktes seines Arbeitsverhältnis-ses nach A konkludent zugestimmt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Die Beklagte verfolgt mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision ihr Ziel der Klageabweisung weiter. Entscheidungsgründe Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das Landesarbeitsge-richt hat der Klage zu Recht stattgegeben. Dem Kläger steht weitere Auslösung iHv. 1.792,00 Euro brutto nebst Zinsen zu. I. Der Anspruch des Klägers auf den Differenzbetrag iHv. 1.792,00 Euro brutto zwischen der von der Beklagten gezahlten und der tariflichen Auslösung folgt aus § 7 Nr. 4 BRTV-Bau. Darüber, dass die tariflichen Voraussetzungen für die vom Kläger beanspruchte Auslösung erfüllt sind, wenn bezüglich der Entfernung zwischen dem Betrieb und den Arbeitsstellen in E bzw. I sowie des Zeitaufwands für den Weg des Klägers von der Wohnung zu diesen Arbeitsstel-len auf den vormaligen Betriebssitz der Beklagten in C abgestellt wird, besteht kein Streit. Dies gilt auch für die Wahrung der tariflichen Ausschlussfristen bei der Geltendmachung des Anspruchs. II. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass „Betrieb“ im Sinne des § 7 Nr. 4 BRTV-Bau der Betrieb ist, in den der Arbeit-nehmer eingestellt wurde, und eine spätere Verlegung des Betriebssitzes an 6 7 8 9 10 - 5 - 9 AZR 461/10 - 6 - einen anderen Ort den Anspruch des Arbeitnehmers auf tarifliche Auslösung grundsätzlich nicht berührt. Auch soweit das Landesarbeitsgericht eine konklu-dente Vertragsänderung der Parteien bezüglich des neuen Betriebssitzes als maßgeblichen Bezugspunkt für die tarifliche Auslösung verneint hat, hat die Revision keinen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts aufgezeigt. 1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln (BAG 20. Januar 2009 - 9 AZR 677/07 - Rn. 35, BAGE 129, 131; 24. Januar 2007 - 4 AZR 19/06 - Rn. 13, BAGE 121, 80). Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebli-che Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, kön-nen die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die prakti-sche Tarifübung, ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweck-orientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt. Die Auslegung eines Tarifvertrags durch das Berufungsgericht kann vom Revisionsgericht in vollem Umfang übergeprüft werden (BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 422/05 - Rn. 17, ZTR 2007, 42). 2. Das Berufungsurteil hält dieser uneingeschränkten Kontrolle stand. a) In § 7 Nr. 2.2 BRTV-Bau haben die Tarifvertragsparteien den Bezugs-punkt für die Auslösung nach § 7 Nr. 4 BRTV-Bau festgelegt und angeordnet, dass die ständige Vertretung des Arbeitgebers maßgebend ist, in welcher der Arbeitnehmer eingestellt wird (BAG 11. Mai 1999 - 3 AZR 757/97 - zu I 1 der 11 12 13 - 6 - 9 AZR 461/10 - 7 - Gründe, AiB 2000, 238). Der Wortlaut „in welcher der Arbeitnehmer eingestellt wird“ schließt die Annahme der Beklagten aus, maßgeblicher Bezugspunkt für die Auslösung sei nach einer Verlegung des Betriebssitzes der neue Betriebs-sitz. Wenn § 7 Nr. 2.2 BRTV-Bau davon spricht, dass die ständige Vertretung des Arbeitgebers maßgebend ist, in welcher der Arbeitnehmer eingestellt wird, differenziert die Vorschrift dem Wortlaut nach entgegen der Ansicht der Beklag-ten auch nicht zwischen Betrieben mit und Betrieben ohne Niederlassungen, Filialen, Zweigstellen und sonstigen ständigen Vertretungen des Arbeitgebers. Aus dem Ort der Einstellung ergibt sich vielmehr der zunächst privatautonom geschaffene und danach von den Tarifvertragsparteien mit normativer Wirkung aufgegriffene Mittelpunkt des Arbeitsverhältnisses. Er bleibt dies grundsätzlich für die Dauer des Arbeitsvertrags (BAG 11. Mai 1999 - 3 AZR 10/98 - zu II 2 b der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 224 = EzA TVG § 4 Bauindus-trie Nr. 96). Organisatorische Veränderungen durch den Arbeitgeber des Bau-gewerbes reichen für eine Änderung der tarifvertraglich maßgeblichen „Vertre-tung des Arbeitgebers, in welcher der Arbeitnehmer eingestellt wird“, nicht (vgl. BAG 11. Mai 1999 - 3 AZR 757/97 - zu I 2 a der Gründe, aaO). Dies gilt auch für eine Verlegung des Betriebssitzes (vgl. Biedermann/Möller BRTV 8. Aufl. S. 535). b) Sinn und Zweck der tariflichen Auslösung bestätigen dieses Ergebnis. aa) Die Auslösung knüpft an die durch die auswärtige Tätigkeit verursach-ten erhöhten Kosten des Arbeitnehmers an und soll diese ausgleichen (vgl. BAG 29. Juli 1992 - 4 AZR 512/91 - zu II 3 b der Gründe, AP TVG § 1 Tarifver-träge: Bau Nr. 155). Dies zeigt § 7 Nr. 4 Abs. 2 BRTV-Bau, wonach die Auslö-sung Ersatz für den Mehraufwand für Verpflegung und Übernachtung im Sinne der steuerlichen Vorschriften ist. Die Tarifvertragsparteien des BRTV-Bau haben es als Normalfall angesehen, dass ein Arbeitnehmer des Baugewerbes in der Nähe seiner Wohnung eingestellt wird (BAG 11. Mai 1999 - 3 AZR 10/98 - zu II 2 b der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 224 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 96). Mit der Wahl der dem Einstellungsort zugeordneten Vertretung des Arbeitgebers als maßgeblichem Ausgangspunkt für den pau-schalierten Aufwendungsersatz durch eine Auslösung werden die privaten und 14 15 - 7 - 9 AZR 461/10 - 8 - die betrieblichen Interessen der Beteiligten angemessen berücksichtigt. Einer-seits kann der Arbeitgeber des Baugewerbes entsprechend den Besonderhei-ten der Branche den Arbeitsort weitergehend als im allgemeinen Arbeitsrecht üblich bestimmen, indem er auch Arbeitsorte festlegt, die der Arbeitnehmer von seiner Wohnung aus nicht an jedem Arbeitstag erreichen kann, wenn sie nur dem betreffenden Betrieb zugeordnet sind. Andererseits hat der Arbeitnehmer die Planungssicherheit, dass der Aufwand, der erforderlich ist, um die auswärti-ge Baustelle von seiner Wohnung aus zu erreichen, ausgeglichen wird (BAG 11. Mai 1999 - 3 AZR 10/98 - zu II 2 b der Gründe, aaO). bb) Auch Sinn und Zweck der tariflichen Auslösung hindern das Verständ-nis, dass ein Bauarbeitgeber durch die Verlegung seines Betriebssitzes den Bezugspunkt für die tarifliche Auslösung einseitig ändern kann, wenn er nur einen Baubetrieb ohne Niederlassungen, Filialen, Zweigstellen oder sonstige ständige Vertretungen unterhält. Die durch die auswärtige Tätigkeit verursach-ten erhöhten Kosten des Arbeitnehmers vermindern sich nicht, wenn sein Arbeitgeber nur einen Betrieb unterhält. c) Eine Differenzierung zwischen Bauarbeitgebern mit nur einem Betrieb und solchen mit mehreren Betrieben im Sinne von § 7 Nr. 2.2 BRTV-Bau führte bei der Ermittlung der Auslösung auch zu nicht sachgerechten Ergebnissen. Hätte die Beklagte in A einen neuen Betrieb, eine Niederlassung oder Zweig-stelle eröffnet, ohne den Betrieb in C stillzulegen, stünde dem Kläger auch nach ihrem Verständnis die tarifliche Auslösung zu. Dass die Tarifvertragsparteien des BRTV-Bau den Anspruch auf Auslösung im Falle einer Betriebsverlegung daran binden wollten, ob der Bauarbeitgeber nur einen oder mehrere Betriebe im Sinne von § 7 Nr 2.2 BRTV-Bau unterhält, und damit die in Bezug auf die erhöhten Kosten aufgrund der Auswärtstätigkeit gleich gelagerten Fälle unter-schiedlich behandeln wollten, kann ihnen nicht unterstellt werden. Tarifver-tragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung zwar nicht unmittelbar grund-rechtsgebunden. Im Ergebnis besteht dennoch eine Bindung der autonomen Rechtssetzungsmacht der Tarifvertragsparteien an Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BAG 18. März 2010 - 6 AZR 156/09 - Rn. 30, BAGE 133, 354; ErfK/Schmidt 12. Aufl. 16 17 - 8 - 9 AZR 461/10 - 9 - Art. 3 GG Rn. 25). Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfG 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 ua. - Rn. 150, BVerfGE 121, 317). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien Arbeitgeber und Arbeitneh-mer hinsichtlich der Berechnung der Auslösung gleich behandeln wollten, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber über eine oder mehrere ständige Vertre-tungen verfügt. III. Das Landesarbeitsgericht ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon ausgegangen, dass die Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich nicht daran gehindert sind, den für den Auslösungsanspruch maßgeblichen Ort im laufenden Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu ändern (vgl. BAG 11. Mai 1999 - 3 AZR 10/98 - zu II 2 b der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 224 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 96; 11. Mai 1999 - 3 AZR 757/97 - zu I 2 a cc der Gründe, AiB 2000, 238). Wenn es eine solche einvernehmliche Änderung nicht angenommen hat, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. 1. Die Auslegung des Verhaltens der Parteien unterliegt entsprechend der Auslegung atypischer Willenserklärungen nur einer eingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht. Individuelle Willenserklärungen können vom Revi-sionsgericht - anders als typische Erklärungen - nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denk- und Erfah-rungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (BAG 18. Mai 2010 - 3 AZR 373/08 - Rn. 32 mwN, BAGE 134, 269; 17. Juli 2007 - 9 AZR 819/06 - Rn. 19, AP ZPO § 50 Nr. 17 = EzA TzBfG § 8 Nr. 17). 2. Angesichts des Wortlauts des § 7 Nr. 2.2 BRTV-Bau, der den Betrieb, in welchem der Arbeitnehmer eingestellt wurde, für maßgeblich erklärt, und der Interessenlage der Arbeitsvertragsparteien im Baugewerbe genügt für die Annahme einer einvernehmlichen Änderung des Bezugpunkts für die Auslö-sung nicht, dass der Arbeitnehmer eine vom Arbeitgeber vorgenommene Neuorganisation lediglich hinnimmt. Es bedarf vielmehr einer ausdrücklichen oder mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommenden konkludenten 18 19 20 - 9 - 9 AZR 461/10 Vertragsänderung, wenn der für den Aufwendungsersatz maßgebliche Ver-tragsmittelpunkt geändert werden soll (BAG 11. Mai 1999 - 3 AZR 10/98 - zu II 2 c der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 224 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 96). Hierzu reicht nicht allein die Befolgung von Weisungen, die eine andere als die bisherige Vertretung des Arbeitgebers erteilt, oder der Umstand, dass Baustellenberichte weisungsgemäß an einen anderen Betrieb gesendet werden als den, in welchen der Arbeitnehmer ursprünglich eingestellt worden ist. Erforderlich ist eine zweifelsfreie räumliche Neuorientierung des Arbeitsverhältnisses in dem beiderseitigen Bewusstsein, damit den Arbeitsmit-telpunkt und die Grundlage für den pauschalierten Aufwendungsersatz nach § 7 BRTV-Bau neu festzulegen (BAG 11. Mai 1999 - 3 AZR 10/98 - zu II 2 c der Gründe, aaO). Deshalb ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht allein in der Fortführung des Arbeitsverhältnisses nach der Information über die Verlegung des Betriebssitzes keine Vereinbarung über die Änderung des für die Auslösung maßgeblichen Bezugspunkts gesehen hat. IV. Der Zinsanspruch des Klägers ist jedenfalls ab dem 1. Januar 2009 (§ 308 Abs. 1 Satz 2 ZPO) unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs nach §§ 286, 288 Abs. 1 BGB begründet. V. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen. Brühler Richter am Bundes-arbeitsgericht Dr. Suckow ist aufgrund Elternzeit verhindert, seine Unter-schrift beizufügen. Brühler Klose Pielenz Ropertz 21 22

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