9. Senat - Altersteilzeitarbeitsverhältnis - Beendigung bei Anspruch auf abschlagsfreie Altersrente - Diskriminierung von Schwerbehinderten
Karar Dilini Çevir:
9. Senat - Altersteilzeitarbeitsverhältnis - Beendigung bei Anspruch auf abschlagsfreie Altersrente - Diskriminierung von Schwerbehinderten
Bundesarbeitsgericht 9 . Senat Urteil vom 12. November 2013 - 9 AZR 484/12 - Arbeitsgericht Berlin Urteil vom 8. Juli 2011 - 60 Ca 2075/11 - II. Landesarbeitsgericht - Brandenburg Urteil vom 13. März 2012 - 16 Sa 1760/11 - F ür die Amtliche Sammlung: Nein Entscheidungsstichwort e : Altersteilzeitarbeitsverhältnis - Beendigung bei Anspruch auf abschlags - - Diskriminierung von Schwerb ehinderten Gesetz e : AGG §§ 1, 3, 7; SGB VI § 236a Abs. der A l- tersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 - Tarifvertrag Nr. 671 der Bundesvers i- cherungsanstalt für Angestellte - idF des Zweiten Änderungstarif vertrags vom 30. Juni 2000 - Tarifvertrag Nr. 708 der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - (TV ATZ) § § 4, 5, 9 Abs. 2 Buchst. a Leitsätze: keine - 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 9 AZR 484/12 16 Sa 1760/11 Landesarbeitsgericht Berlin - Brandenburg Im Namen des Volkes! Verkündet am 12. November 2013 URTEIL Brüne , Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin, pp. Klägerin, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Ve r- handlung vom 12. November 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Bu n- desarbeitsgericht Dr. Brühler, die Richter am Bundesarbeitsgericht Krasshöfer und Dr. Suckow sowie die ehrenamtliche Richterin Neumann und den ehre n- amtlichen Richter Dipper für Recht erkannt: - 2 - 9 AZR 484/12 - 3 - 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des La n- desarbeitsgerichts Berli n - Brandenburg vom 13. März 2012 - 16 Sa 1760/11 - wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über den Zeitpunkt, zu dem ihr Altersteilzeita r- beitsver hältnis endet . Die Beklagte respektive ihre Rechtsvorgängerin beschäftigen die am 29. Juni 1951 geborene Klägerin seit dem 1. Oktober 1996. D ie se ist seit dem Jahr 2005 schwerbehinder t . Mit Änderungsvertrag vom 21. September 2005 vereinbarten die Parteien ua. Folgendes : ... vom 23. Altersteilzeit arbeit (TV ATZ) vom 5. Mai 1998 in der j e- weils geltenden Fassung [ wird ] folgender Änderungsvertrag geschlossen: § 1 Das Arbeitsverhältnis wird nach Maßgabe der folgenden Vereinbarungen ab 01.07.2006 als Altersteilzeitarbeitsve r- hältnis fortgeführt. Das Arbeitsverhältnis endet unbeschadet des § 9 Abs. 2 TV ATZ am 30.06.2016 . § 2 Die Altersteilzeit wird im Blockmodell geleistet Arbeitsphase vom 01.07.2006 bis 30.06.2011 Freistellungsphase vom 01.07.2011 bis 30.06.2016 1 2 X - 3 - 9 AZR 484/12 - 4 - Der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten (Bundesversicherung s- anstalt für Angestellte [BfA]) mit de r zuständi gen Gewerkschaft abgeschlossene Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 - Tarifvertrag Nr. 671 - idF des Zweiten Änderungstarifvertrags vom 30. Juni 2000 - Tarifvertrag Nr. 708 - ( TV ATZ ) , der am 1. Juli 2000 in Kraft trat , lautet au s- zugsweise wie folgt: Präambel Die Tarifvertragsparteien wollen mit Hilfe dieses Tarifve r- trages älteren Beschäftigten einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglichen und dadurch vorrangig Auszubildenden und Arbeitslosen B e- schäftigungsmöglichkeiten eröffnen. § 4 Höhe der Bezüge (1) Der Arbeitnehmer erhält als Bezüge die sich für en t- sprechende Teilzeitkräfte bei Anwendung der tarifl i- chen Vorschriften (z. B. § 34 MTAng - BfA/MTAng - BfA - O ) ergebenden Beträge mit der Maßgabe, dass die Bezügebestandteile, die üblicherweise in die B e- rechnung des Aufschlags zur Urlaubsverg ü- tung/Zuschlags zum Urlaubslohn einfließen, sowie Wechselschicht - und Schichtzulagen entsprechend dem Umfang der tatsächlic h geleisteten Tätigkeit berücksichtigt werden . ... § 5 Aufstockungsleistungen (1) Die dem Arbeitnehmer nach § 4 zustehenden Bez ü- ge werden um 20 v. H. dieser Bezüge aufgestockt (Aufstockungsbetrag). (2) Der Aufstockungsbetrag muss so hoch sein, dass der Ar beitnehmer 83 v. H. des Nettobet rages des bisherigen Arbeitse ntge lts erhält (Mindestnettob e- trag). ... (4) Neben den von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte als Arbeitgeber zu tragenden Sozialve r- sicherungsbeiträgen für die nach § 4 zustehenden Bezüge entrichtet die Bundesversicherungsa nstalt 3 - 4 - 9 AZR 484/12 - 5 - für Angestellte gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ) des Altersteilzeitgesetzes zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für den Unte r- schiedsbetrag zwischen den nach § 4 zustehen den Bezügen einerseits und 90 v . H. des Arbeitsentgelts § 9 Ende des Arbeitsverhältnisse s (1) Das Arbeitsverhältnis endet zu dem in der Alterstei l- zeitvereinbarung festgelegten Zeitpunkt. (2) Das Arbeitsverhältnis endet unbeschadet der sonst i- gen tariflichen Beendigungstatbestände (z. B. §§ 53 bis 60 MTAng - BfA/MTAng - BfA - O) a) mit Ablauf des Kalendermonats vor dem Kale n- dermonat, für den der Arbeitnehmer eine Rente nicht für Ren ten, die vor dem für den Versiche r- ten maßgebenden Rentenalter in Anspruch g e- nommen werden können oder Die Beklagte teilte der Klägerin in einem Schreiben vom 14. Januar 2011 unter Hinweis auf die Regelung in § 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ mit, das Altersteilzeitarbeitsverhältnis ende mit Ablauf des 30. Juni 2014. Die Klägerin hat gemeint , das Altersteilzeitarbeitsverhältnis ende e rst mit Ablauf des 30. Juni 2016 . Die R egelung in § 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ di s- kriminiere sie wegen ihrer Behinderung und sei deshalb unwirksam . Die Klägerin hat beantragt fest zustellen , dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis der Parteien auf der Grundlage des Änderungsve rtrag s vom 21. September 2005 nicht mit Ablauf des 30. Juni 2014, sondern erst mit Ablauf des 30. Juni 2016 enden wird. Die Beklagte hat die Rechtsauffassung vertreten, das Altersteilzeita r- beitsverhältnis ende gemäß § 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ mit Ablauf des 30. Juni 2014 , da die Klägerin danach eine Altersrente gem äß § 236a Abs. 2 Satz 1 Halbs . 1 SG B VI in Anspruch nehmen könne. Eine unmittelbare Diskr i- 4 5 6 7 - 5 - 9 AZR 484/12 - 6 - minierung von schwerbehinderten Menschen liege nicht vor. Z um Zeitpunkt des Inkrafttretens des TV ATZ hätten außer schwerbehinderte n Menschen auch Frauen ab Vollen dung des 63. Lebensjahres eine Altersrente ohne Abschlag beziehen können. Die Situation schwerbehinderter 63 - jährige r Arbeitnehmer sei mit der nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer gleichen Alters nicht vergleic h- bar. Schließlich sei die Ungleichbehandlung durch die mit dem TV ATZ verfol g- ten beschäftigungspolitische n Ziele gerechtfertigt . Das Arbeitsger icht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsg e- richt hat die Berufung der Beklagten zu rückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter. Entscheidungsgründe Die Revision der Beklagten ist un begründet . Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das klagestattgebende Urteil des A r- beitsgerichts zu Recht zurückgewiesen . I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Klägerin hat bereits vor der Vollendung ihres 63. Lebensjahres ein rechtliches Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO an der begehrten Feststellung, nachdem über die Wirksamkeit der R eg e- lung in § 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ und damit über den Zeitpunkt der Beend i- gung des Altersteilzeitarbeitsverhältnis ses zwischen den Parteien Streit besteht ( vgl. zur Befristungskontrollklage vor dem vereinbarten Vertragsende : BAG 2. Juni 2010 - 7 AZR 136/09 - Rn. 13 mw N , BAGE 134, 339 ) . II. Die Klage ist begründet. D as Altersteilzeitarbe itsverhältnis der Parteien endet nicht gemäß § 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ mit Ablauf des Kalendermonats vor dem Kalendermonat, für den die Klägerin eine Rente wegen Alters beziehen kann, und damit nicht am 30. Juni 2014, sondern erst mit Ablauf des 30. Juni 2016. Die Tarifvorschrift ist jedenfalls insoweit unwirksam (§ 7 Abs. 2 iVm. Abs. 1 AGG) , als sie dazu führen würde, dass ein schwerbehinderter Arbei t- nehmer, der Altersteilzeit im Blockmodell leistet, nach einer im Vergleich mit der 8 9 10 11 - 6 - 9 AZR 484/12 - 7 - Arbeitsphase wesentlich kürzeren Freistellungsphase aus dem Altersteilzeita r- beitsverhältnis ausscheidet. 1. § 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ ist am Maßstab des AGG zu messen. Dem steht nicht entgegen, dass der TV ATZ und de r Altersteilzeitarbeitsvertrag der Parteien vor d e m Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 geschlossen wurden. Verbotsgesetze können Dauerschuldverhältnisse in der Weise erfa s- sen, dass diese für die Zukunft unwirksam werden (vgl. BAG 16. Dezember 2008 - 9 AZR 985/07 - Rn. 38 , BAGE 129, 72 ) . Gilt ein Verbot s- gesetz - wie das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG - ohne Übergang s- regelung, erstreckt sich das Verbot auf alle Sachverhalte, die sich seit seinem Inkrafttreten in seinem Geltungsbereich verwirklichen. Bestimmungen in Kolle k- tiv - und Individualvereinbarungen , die gegen § 7 Abs. 2 AGG verstoßen, sind ungeachtet des Zeitpunkts ihres Abschlusses unwirksam , sofern sie nach dem 17. August 2006 liegende Sachverhalte regeln ( vgl. BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 584/09 - Rn. 30 ) . Da die Klägerin Altersrente für schwerbehinde r- te Menschen erst ab Juli 2014 beziehen kann, ist diese Voraussetzung erfüllt. 2. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine mit § 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ einhergehende Verkürzung der Freistellung s- phase bei Altersteilzeitarbeitnehmern, die die Arbeitsphase ungekürzt abg e- schlossen haben , die se wegen ihrer Schwerbehinderung unmittelbar benachte i- ligt. a) E ine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt ua. vor, wenn ein schwerbehinde rter Arbeitnehmer wegen seiner Behinderung eine weniger güns tige Behandlung erfährt , als e in nicht schwer behinderte r Arbei t- nehmer in einer vergleichbare n Lage . Eine Benachteiligung ist unmittelbar, wenn die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an da s verbotene Merkmal anknüpft ( vgl. BAG 21. Juni 201 1 - 9 AZR 226/10 - Rn. 30 mwN) . Von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG wird auch eine sog. verdeckte unmittelbare Ungleichb e- handlung erfasst . Bei dieser erfolgt die Differenzierung zwar nicht ausdrücklich wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes . Vielmehr wird an ein in dieser Vorschrift nicht enthaltenes Merkmal angeknüpft, das jedoch in einem untren n- 12 13 14 - 7 - 9 AZR 484/12 - 8 - baren Zusammenhang mit einem in dieser Vorschrift genannten Grund steht ( vgl. BAG 7 . Juni 2011 - 1 AZR 34/10 - Rn. 23, BAGE 138, 107 unter Bezu g- nahme auf BT - Drucks. 16/1780 S. 32 ) . Auch eine zukünftig e Maßnahme unte r- fällt dem Benachteiligungsverbot, wenn eine konkrete Gefahr für eine Benac h- teiligung besteht ( vgl. Däubler/Bertzbach / Schrader/Schube rt 3. Aufl. § 3 R n . 27a ) . b) Diese Voraussetzungen einer verdeckten unmittelbaren Ungleichb e- handlung liegen vor. § 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ knüpft nicht unmittelbar an die Schwerbehinderteneigenschaft, sondern an die gesetzlichen Voraussetzu n- gen für den Bezug einer abschlagsfreie n Altersrente an . Dies führt , wenn der Schwerbehinderte Altersteilzeit im Blockmodell leistet und die Freistellungsph a- se kürzer w ird als die bereits zurückgelegte Arbeitsphase , zu einer Schlechte r- stellung . Vollendet ein vor dem 1. Januar 195 2 geborener schw erbehinderter Arbeitnehmer das 63. Lebensjahr , hat er ab dem Folgemonat Anspruch auf eine abschlagsfreie Altersrente ( § 236a Abs. 2 Satz 1 H alb s . 1 SGB VI) , während dies bei einem nicht schwer behin derte n Arbeitnehmer gleichen Alters , der A l- tersteilzeit leistet, erst zwei Jahre später der Fall ist (§ 2 3 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB VI) . c) Wäre die Klägerin nicht schwerbehindert, würde das Altersteilzeita r- beitsverhältnis und damit auch die Freistellungsphase nach der tariflichen R e- g e lung nicht am 30. Juni 2014, sondern erst zum 30. Juni 2016 enden. Die mit einem zwei Jahre früheren Ausscheiden verbundenen Einkommenseinbußen der Klägerin würden d urch den abschlagsfreien Rentenbezug nicht ausgegl i- chen. Aufgrund der im Änderungsvertrag der Parteien vom 21. September 2005 vereinbarten Freistellungsphase vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Juni 20 1 6 ist die Beklagte gemäß § 5 Abs. 1 TV ATZ verpflichtet, die Bezüge der Klägerin iSd. § 4 TV ATZ um 20 v H aufzustocken , wobei der Aufstockungsbetrag so hoch sein muss , dass die Klägerin 83 vH des Nettobetrags des bisherigen Arbeit s- e ntgelts erh ält (§ 5 Abs. 2 TV ATZ) . Dieser sog. Mindestnettobetrag liegt deu t- lich über den Rentenbezügen, die der Klägerin nach den rentenrechtlichen Vo r- schriften der §§ 254b ff. S GB VI zustehen . 15 16 - 8 - 9 AZR 484/12 - 9 - d ) Soweit die Beklagte geltend macht, infolge der unterschiedlichen Re n- tenberechtigung sei die Situation der Klägerin mit der Situation nicht schwer b e- hinderter Arbeitnehmer nicht vergleichbar, verhilft dies der Revision nicht zum Erfolg. D er finanzielle Vorteil , der einem schwerbehinderten Arbeitnehmer aus dem früheren Rentenbeginn erwächst, hat nicht zur Folge, dass seine Situation eine andere ist , als die eines nicht schwer behinderten Arbeitnehmers (vgl. EuGH 6. Dezember 2012 - C - 152/11 - [ Odar ] Rn. 6 2 ) . 3. Selbst wenn man mit der Revision davon ausgeht, dass § 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ nicht zu einer unmittelbaren Benachteiligung der Klägerin führt , sondern lediglich eine mittelbar e U ngleich behandlung bewirkt, hat dies nicht die Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses am 30. Juni 2014 zur Folge. Auch bei Anwendung des in § 3 Abs. 2 AGG normierten Prüfungsma ß- stabs stellt § 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ einen schwerbehinderten Arbeitnehmer wegen seiner Behinderung in unzuläss iger Weise schlechter als nicht schwe r- behinderte Arbeitnehmer , wenn die Freistellungsphase kürzer wird als die b e- reits zurückgelegte Arbeitsphase. a) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verf ahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise b e- nachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind z ur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich (§ 3 Abs. 2 AGG) . Rechtmäßige Ziele im Sinne der Vorschrift können alle nicht ihrerseits diskriminierenden und auch sonst legalen Ziele sein. Die differenzierende Ma ß- nahme muss allerdings zur Erreichung des rechtmäßigen Ziels geeignet und erforderlich sein und einen im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels noch ang e- messenen Eingriff in die Rechte der Beteiligten darstellen ( BAG 15. F ebruar 2011 - 9 AZR 584/09 - Rn. 42 mwN ) . b ) Dara n gemessen ist die Regelung in § 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ , de r zufolge das Altersteilzeitarbeitsverhältnis eines schwerbehinderten Arbeitne h- mers auch während der Freistellungsphase mit Ablauf des Kalendermonats vor 17 18 19 20 - 9 - 9 AZR 484/12 - 10 - dem Kalendermonat endet, für den eine ab schlagsfreie Altersrente bezogen werden kann, weder durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt , noch ist ein e Verkürzung der Freistellungsphase zur Erreichung der mit dem TV ATZ verfolgten Ziele erforderlich. aa) Der Umstand, dass schwerbehindert e Arbeitnehmer eine abschlag s- freie Rente früher in Anspruch nehmen können als nicht schwer behinderte A r- beitnehmer, ist nicht geeignet, eine Ungleichbehandlung von schwerbehinde r- ten und nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern zu rechtfertigen (vgl. EuGH 6. De zember 2012 - C - 152/11 - [ Odar ] Rn. 67 ff.) . Dies gilt im Streitfall umso mehr, als ein Ausscheiden der Klägerin dazu führte , dass die Freistellungsph a- se lediglich drei Jahre betrüge und damit zwei Jahre kürzer als die Arbeitsphase wäre . Dies hätte zur Folge, dass die Klägerin zwar fünf Jahre in Vollzeit gea r- beitet hätte , aber nicht zehn, sondern nur acht Jahre Bezüge und Aufstockung s- leistungen er halten würde . D ie Vergütung der Klägerin läge damit trotz gleicher Arbeitsleistung deutlich unter d er eines nicht schwer behinderten Arbeitnehmer s gleichen Alters mit einer zwei Jahre längeren Freistellungsphase. bb ) Sinn und Zweck der tariflichen Regelung erfordern die Verkürzung der Freistellungsphase nicht. Der TV ATZ verfolg t ausweislich seiner Präa mbel zwei Ziele. Zum einen soll älteren Beschäftigten ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglicht werden. Zum anderen bezweckt er, vorrangig Auszubildenden und Arbeitslosen Beschäftigungsmöglichkeiten zu eröffne n. Keines der beiden Tarifziele wird durch ein e Verkürzung der Freiste l- lungsphase befördert. Der gleitende Über gang eines schwerbehinderten Arbei t- nehmers vom Erwerbsleben in den Ruhestand ist auch dann sichergestellt, wenn die Freistellungsphase nicht verkürzt wird und ihre D auer der bereits z u- rückgelegten Arbeitsphase entspricht. Ebenso verlangt der beschäftigungspol i- tische Zweck des TV ATZ nicht eine im Vergleich zu r Arbeitsphase verkürzte Freistellungsphase . Denn die Möglichkeit der Beschäftigung eines anderen A r- beitnehmers wird bei Altersteilzeit im Blockmodell bereits mit dem Ende der A r- beitsphase eröffnet. 21 22 - 10 - 9 AZR 484/12 4. Rechtsfolge der unzulässigen Ungleichbehandlung ist, dass die Kläg e- rin von der Beklagten verlangen kann , wie eine nicht schwerbehinderte Arbei t- nehmerin behandelt zu werden (vgl. BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 548/09 - Rn. 53) . Dies hat zur Folge, dass das Altersteilzei tarbeitsverhältnis der Klägerin , wie in § 2 des Änderungsvertrags der Parteien vom 21. September 2005 vereinbart, erst mit Ablauf des 30. Juni 201 6 endet . III. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO) . Brühler Krasshöfer Suckow Matth. Dipper Neumann 23 24

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