8 W (pat) 6/15  - 8. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2018:050418B8Wpat6.15.0


BUNDESPATENTGERICHT



8 W (pat) 6/15
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
5. April 2018





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2009 043 297



- 2 -



hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 5. April 2018 durch den Vorsitzenden Richter
Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie die Richter Dr. agr. Huber, die Richterin
Uhlmann und den Richter Dipl.-Ing. Brunn

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der
Patentabteilung 14 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
19. Januar 2015 aufgehoben und das Patent 10 2009 043 297
widerrufen.


G r ü n d e


I.

Auf die am 29. September 2009 durch die Beschwerdegegnerin beim Deutschen
Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das Streitpatent
10 2009 043 297 mit der Bezeichnung „Fahrzeugsitz mit verformbarer Rücken-
lehne“ erteilt und die Erteilung am 4. April 2013 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent hat die Beschwerdeführerin am 3. Juli 2013, eingegangen am
4. Juli 2013, Einspruch erhoben und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu
widerrufen.

- 3 -
Die Einsprechende verweist dazu unter anderem auf die folgenden Entgegenhal-
tungen:

D1 US 2 981 318 A
D2 US 3 224 808 A

Die Patentabteilung 14 des DPMA hat das Streitpatent mit Beschluss vom
19. Januar 2015 in vollem Umfang aufrechterhalten, da der Streitpatentgegen-
stand von keinem der Gegenstände nach D1 bis D5 neuheitsschädlich vorwegge-
nommen sei und auch eine Zusammenschau einzelner Entgegenhaltungen D1
bis D5 miteinander die erfinderische Tätigkeit nicht in Frage stellen könne.

Gegen diesen ihr am 22. Januar 2015 zugestellten Beschluss richtet sich die Be-
schwerde der Einsprechenden vom 19. Februar 2015.

Sie stellt den Antrag,

den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 14 des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 19. Januar 2015 aufzu-
heben und das Patent 10 2009 043 297 vollständig zu widerrufen.

Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,

das Patent 10 2009 043 297 aufrecht zu erhalten und die Be-
schwerde zurückzuweisen;

hilfsweise das Patent 10 2009 043 297 gemäß Hilfsanträgen 1
bis 8 vom 5.April 2018 beschränkt aufrecht zu erhalten.

Der erteilte, vom Senat mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 1 gemäß
Hauptantrag lautet:
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a) Fahrzeugsitz umfassend
b) einen Sitzrahmen (11) zum Vorgeben einer Sitzform,
c) wobei der Sitzrahmen (11) zumindest einen Rückenlehnenrahmenbe-
reich (13) und einen dazu unbeweglichen Sitzflächenrahmenbereich (12)
aufweist,
gekennzeichnet durch
d) ein den Sitzrahmen (11) zumindest teilweise kontaktierendes Polsterele-
ment (14),
e) welches zumindest einen Polstersitzanteil (15) aufweist, der in Sitzlängs-
richtung (17) gegenüber dem Sitzflächenrahmenbereich 12) bewegbar ist,
f) und einen Polsterrückenanteil (16) aufweist, der zumindest teilweise in
Sitzlängsrichtung (17) gegenüber dem Rückenlehnenrahmenbereich (13)
bewegbar ist,
g) wobei ein sitzschalenartiges Element (18) zwischen dem Polsterelement
(14) und dem Sitzrahmen (11) in Sitzlängsrichtung (17) verschiebbar
angeordnet ist,
h) wobei das sitzschalenartige Element (18) einen Rückenabschnitt (19) und
einen Sitzflächenabschnitt (20) aufweist.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach
Hauptantrag das zusätzliche Merkmal

i) wobei das sitzschalenartige Element (18) zudem derart angeordnet ist,
dass, in einer relativ zu dem Rückenlehnenrahmenbereich (13) nach vorne
geschobenen Position des sitzschalenartigen Elements (18), das
sitzschalenartige Element (18) eine lordoseunterstützende Position
einnimmt.


Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfs-
antrag 1 das weitere zusätzliche Merkmal
- 5 -
j) und wobei selbst in einer maximal nach vorne geschobenen Position des
sitzschalenartigen Elements (18) auch weiterhin eine Lordoseunterstützung
beibehalten wird.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfs-
antrag 2 das weitere zusätzliche Merkmal

k) und wobei eine sich im Wesentlichen in Sitzbreitenrichtung erstreckende
Kante (24) des Rückenabschnitts (19) des sitzschalenartigen Elementes
(18) auf Höhe des Lendenwirbelbereichs (25) einer den Fahrzeugsitz
benutzenden Person angeordnet ist mittels der die Lordoseunterstützung
erzeugt ist.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfs-
antrag 3 das weitere zusätzliche Merkmal

l) und wobei die Kante (24) unabhängig von dem Sitzrahmen (11) bewegbar
ist.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfs-
antrag 4 das weitere zusätzliche Merkmal

m) und die Kante als oberseitige Abschlusskante (24) des Rückenabschnittes
(19) des sitzschalenartigen Elementes (18) ausgebildet ist.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 6 enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfs-
antrag 5 das weitere zusätzliche Merkmal

n1) wobei durch ein Nachvorneschieben des sitzschalenartigen Elements (18)
in der Sitzlängsrichtung (17) sich ein Aufheben eines Kontaktes des
- 6 -
sitzschalenartigen Elements (18) im Rückenabschnitt (19) gegenüber dem
Rückenlehnenrahmenbereich (13) in diesem Bereich ergibt.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 7 enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfs-
antrag 6 das weitere zusätzliche Merkmal

o) derart [ergibt,] dass das sitzschalenartige Element (18) lediglich über das
Polsterelement (14) mit dem Rückenlehnenrahmenbereich (13) verbunden
ist.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 8 enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfs-
antrag 5 das weitere zusätzliche Merkmal

n2) wobei die Kante im links- und rechtsseitigen Bereich mehr nach vorne
ausgerichtet ist, wohingegen sie zwischen diesen Endbereichen, nämlich
dem mittleren Bereich, wölbungsartig nach hinten geneigt ist, wobei
das sitzschalenartige Element (18) einstückig aus Metall ist.

Wegen des Wortlautes der jeweiligen Unteransprüche und der weiteren Einzel-
heiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.


II.

1. Die Beschwerde ist zulässig und in der Sache begründet, denn die Gegen-
stände des jeweiligen Anspruchs 1 nach Hauptantrag sowie nach den Hilfsanträ-
gen 1 bis 8 stellen keine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG dar.

Der Patentgegenstand betrifft einen Fahrzeugsitz mit einem Sitzrahmen zum Vor-
geben einer Sitzform, der zumindest einen Rückenlehnenrahmenbereich und ei-
nen Sitzflächenrahmenbereich aufweist.
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Herkömmlicherweise sind nach Angaben der Streitpatenschrift Fahrzeugsitze, ins-
besondere Bahnfahrzeugsitze, derart ausgestaltet, dass sie zum Verstellen einer
Rückenlehne einen Schwenkbereich aufweisen, in dem die Rückenlehne
schwenkbar gegenüber dem einen Sitzteil des Fahrzeugsitzes angeordnet ist. Auf
eine Betätigung eines Knopfes oder eines Hebels hin wird das Rückenlehnenteil
nach hinten oder nach vorne verschwenkt, um eine komfortablere Sitzposition für
den Sitzbenutzer bzw. Passagier zu erhalten. Dabei wird der Rückenlehnenbe-
reich zusammen mit dem dazugehörigen Rahmen als Rückenlehnenrahmenbe-
reich gegenüber dem Sitzflächenrahmenbereich nach hinten oder nach vorne ver-
schwenkt, um eine komfortable Sitzposition für den Passagier zu erhalten.

Nachteilig ist an derartig ausgestalteten Bahnfahrzeugsitzen, dass bei zurückge-
schwenkter Rückenlehne eine Beeinträchtigung der Beinfreiheit des dahinter sit-
zenden Passagiers stattfindet, so dass dieser Passagier unter Umständen nicht
den nötigen Sitzkomfort erhalten kann.

Alternativ existieren insbesondere Bahnfahrzeugsitze, bei denen das Sitzteil ge-
genüber einem darunterliegenden Sitzflächenrahmenbereich nach vorne oder
nach hinten verschoben werden kann, wodurch ein Polsterrückenteil in seinem
unteren Bereich mit nach vorne oder nach hinten gezogen wird. Mit einem nach
vorne ziehenden Polstersitzanteil entsteht somit zwar ein Rückenlehnenanteil mit
geringerer Steigung und somit mit erhöhtem Sitzkomfort, nachteilig ist bei dieser
Ausgestaltung jedoch, dass der Polsterrückenanteil durch dieses Mitziehen eine
nach hinten gerichtete, die Kyphose unterstützende Ausbuchtung aufweist, die bei
vielen Benutzern des Fahrzeugsitzes auch in dieser eher liegenden Stellung un-
erwünscht ist. Alternativ kann dieser untere nach vorne gezogene Rückenlehnen-
anteil ohne Ausbuchtung planar ausgebildet sein, wobei dies ebenso von vielen
Benutzern nicht erwünscht ist, da eine derartige planare Ausbildung keine Anpas-
sung des Rückenlehnenanteils an den Rücken des Benutzers im Lendenwirbelbe-
reich darstellt.

- 8 -
Entsprechend der Streitpatentschrift liegt der vorliegenden Erfindung die Problem-
stellung zugrunde, einen Fahrzeugsitz der eingangs genannten Art zur Verfügung
zu stellen, der bei einer veränderten Sitzposition, insbesondere mit einer weniger
steilen Steigung der Rückenlehne, keine Beeinträchtigung der dahinter sitzenden
Person und des ihr zur Verfügung stehenden Raumes zulässt und zugleich einen
erhöhten Sitzkomfort derjenigen Person zur Verfügung stellt, die diesen Fahr-
zeugsitz benutzt.

2. Die Ansprüche bedürfen hinsichtlich einiger Merkmale einer Auslegung:

Als zuständiger Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinen-
bau mit zumindest Fachhochschulabschluss mit mehrjähriger Erfahrung in der
Konstruktion und Entwicklung von Fahrzeugsitzen anzusehen.

Die Merkmale a) bis f) geben nur konstruktive Ausgestaltungen des beanspruch-
ten Fahrzeugsitzes an, die unter Hinzuziehung von Beschreibung und Figuren
selbsterklärend sind.

Nach den Merkmalen g) und h) ist ein sitzschalenartiges Element 18 zwischen
dem Polsterelement 14 und dem Sitzrahmen 11 in Sitzlängsrichtung 17 ver-
schiebbar angeordnet und weist dabei einen Rückenabschnitt 19 und einen Sitz-
flächenabschnitt 20 auf. Nach Absatz [0041] kann das sitzschalenartige Ele-
ment 18 verschiedene Verschiebestellungen entlang der Sitzlängsrichtung 17
durch unterseitig angeordnete Führungsschienen oder dergleichen einnehmen
oder kann alternativ dazu direkt auf dem Sitzflächenrahmenbereich 12 verschoben
werden, wobei die Sitzschale unterseitig den Polstersitzanteil 15 auch im vorderen
Bereich stützt. Da zur Ausgestaltung des sitzschalenartigen Elementes 18 im An-
spruch 1 weiter nichts ausgeführt wird, fallen alle Konstruktionen unter die Merk-
male g) und h), die einen Polstersitzanteil derart tragen bzw. stützen, dass dieser
in Längsrichtung gegenüber dem eigentlichen Sitzrahmen verschiebbar ist, und
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die einen vertikalen Rückenabschnitt und einen horizontalen Sitzflächenabschnitt
aufweisen.

Nach Merkmal n1) wird durch Nachvorneschieben des sitzschalenartigen Ele-
mentes in der Sitzlängsrichtung ein Kontakt des sitzschalenartigen Elementes 18
im Rückenabschnitt 19 gegenüber dem Rückenlehnenrahmenbereich 13 in die-
sem Bereich aufgehoben, wobei nach Merkmal o) das sitzschalenartige Ele-
ment 18 in der nach vorn verschobenen Position lediglich über das Polsterele-
ment 14 mit dem Rückenlehnenrahmenbereich 13 verbunden sein soll. Während
das Merkmal n1) durch die Offenbarung der Beschreibung in Absatz [0037] des
Streitpatents gedeckt ist, ist der Beschreibung zum Merkmal o) nichts entnehmbar.

Die Patentinhaberin ist bezüglich dieses Merkmals der Auffassung, aus der Offen-
barung der Streitpatentschrift ergebe sich, dass zwischen Sitzschale und Rü-
ckenlehnenrahmen außer durch das Polsterelement gar kein Kontakt mehr be-
stehe, d.h. auch kein mittelbarer Kontakt über weitere Rahmenelemente.

Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar entspricht die Darstel-
lung in Figur 3 dem Inhalt von Merkmal o), allerdings sind die Figuren der Streit-
patentschrift nur schematischer Art und stellen nur solche Details dar, auf die die
ursprünglichen Ansprüche gerichtet waren. Daher lässt sich aus der Nichtdarstel-
lung eines technischen Details in einer der Figuren kein Merkmal begründen, das
zur Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik geeignet ist. Die ursprüngliche
Offenbarung hat schlichtweg offengelassen, ob beim Gegenstand des Streitpa-
tents ggf. im oberen Rückenlehnenrahmenbereich eine weitere konstruktive Ver-
bindung vorgesehen sein könnte, mit der der obere Bereich des Rückenlehnen-
polsters gestützt wird, oder ob das Rückenlehnenpolster so steif ausgeführt ist,
dass es einer derartigen Abstützung nicht bedarf.

Zumindest für den Fachmann ist der Offenbarung der Streitpatentschrift eine voll-
ständige Loslösung der Sitzschale von dem Rückenlehnenrahmen im oberen Be-
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reich mit Ausnahme der Verbindung durch das Polsterelement nicht unmittelbar
und zweifelsfrei entnehmbar, so dass eine derartige Auslegung über die ursprüng-
liche Offenbarung hinausgehen würde.

Dementsprechend ist in Absatz [0039] und den schematischen Figuren nur das
Merkmal n1) zweifelsfrei offenbart, dass der Kontakt des sitzschalenartigen Ele-
mentes im Rückenabschnitt gegenüber dem Rückenlehnenrahmenbereich 13 nur
im Bereich des sitzschalenartigen Elementes aufgehoben wird. Andere ggf. mittel-
bare Verbindungen wie über die Führungsschienen und den Sitzflächenrahmen
oder ggf. auch über weitere nicht explizit gezeigte Verbindungselemente sind
durch das Merkmal o) nicht ausgeschlossen.

Hauptantrag:

3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist gegenüber dem
Stand der Technik nach der D2 nicht neu, da der D2 ein Fahrzeugsitz mit allen
Merkmalen des Patentanspruchs 1 entnommen werden kann.

Die D2 zeigt einen Fahrzeugsitz zur Verwendung in einem Flugzeug mit einem
Sitzrahmen zum Vorgeben einer Sitzform, der zumindest einen Rückenlehnen-
rahmenbereich 25, 23 und einen dazu unbeweglichen Sitzflächenrahmenbereich 7
aufweist (Fig. 2 und 3 – Merkmale a) bis c)).

Die Patentabteilung hat dazu in ihrem Beschluss die Auffassung vertreten, die D2
zeige keinen Sitzrahmen mit einem Rückenlehnenrahmenbereich und einem dazu
unbeweglichen Sitzflächenrahmenbereich mit unveränderbarer Winkelstellung
entsprechend den Merkmalen c), da durch die Gelenke 15, 24 die in der Figur 4
gezeigte Rückenlehneneinklappung möglich sei, womit die Rahmenbereiche zuei-
nander bewegbar (also nicht im streitpatentgemäßen Sinne unbeweglich) seien.
Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen, da in der D2 keine Offenba-
rungsstelle auffindbar ist, nach der sich an dem Punkt zwischen Rückenlehnen-
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rahmenbereich und Sitzflächenrahmenbereich ein Gelenk befindet. Vielmehr ist zu
entnehmen, dass sich der Winkel zwischen Rückenlehnenrahmenbereich 25 und
dem Sitzflächenrahmenbereich 7 beim Umklappen der Lehne nicht ändert
(vgl. Fig. 3 und 4 sowie Spalte 2, Z. 60 – 63 und Sp. 3, Z. 5-7). Dort werden aus-
drücklich nur die Gelenkpunkte 15 und 24 benannt. Der in den Figuren 2 bis 4 er-
sichtliche Punkt am Übergang zwischen Rückenlehnenrahmenbereich und Sitzflä-
chenrahmenbereich könnte daher auch eine Nietverbindung o. ä. darstellen. Ob
sich wie in der D4 die Winkelstellung der beiden Teile 25 und 23 des Rückenleh-
nenrahmenbereiches zueinander durch ein weiteres Gelenk ändern lässt, spielt
dabei gegenüber dem Gegenstand des Streitpatents keine Rolle.

Der Fahrzeugsitz weist weiterhin ein den Sitzrahmen zumindest teilweise kontak-
tierendes Polsterelement auf, das aus einem Polstersitzanteil 2, der in Sitzlängs-
richtung gegenüber dem Sitzflächenrahmenbereich 25, 23 bewegbar ist, und ei-
nem Polsterrückenanteil 3 besteht, welcher zumindest teilweise in Sitzlängsrich-
tung gegenüber dem Rückenlehnenrahmenbereich 25, 23 bewegbar ist. (Fig. 2
und 3 - Merkmale d) bis f)).

Entgegen der Auffassung der Pateninhaberin zeigt der in der D2 offenbarte Fahr-
zeugsitz mit dem oberen beweglichen Sitzrahmen 6 („movable upper seat frame“)
auch ein sitzschalenartiges Element im Sinne des Streitpatents, das sich über
Rollen 8, 9 gegenüber dem Sitzflächenrahmenbereich 7 in Fahrrichtung verschie-
ben lässt und in der Normalstellung des Sitzes (Figur 2) zwischen dem Pols-
terelement 2 und dem Sitzrahmen 7, 25 angeordnet ist (Fig. 2 und 3 - Merkmal g)).
Aus der Schnittdarstellung in Figur 6 ist in Verbindung mit Figur 3 auch ersichtlich,
dass die beiden äußeren Rahmenbestandteile 6a des Sitzrahmens 6 mit einem
plattenartigen Element verbunden sind, wodurch eine schalenartige Struktur ent-
steht, mit der auch im Bereich zwischen den Rahmenbestandteilen 6 bzw. 6a die
Abstützung des Sitzkissens 2 gewährleistet ist.

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Den Figuren 2, 3 und 6 ist abschließend auch entnehmbar, dass der Sitzrahmen
als sitzschalenartiges Element 6 einen Rückenabschnitt 6a und einen Sitzflächen-
abschnitt 6 aufweist. Die Patentinhaberin hat die Auffassung vertreten, der Sitz-
rahmen 6 der D2 weise keinen Rückenabschnitt auf, da die Rahmenteile 6a und
damit die Oberkante der Sitzschale nur geringfügig über das Sitzkissen 2 hinaus-
rage. Auch dem kann nicht gefolgt werden. Erstens ist für den Fachmann im Ver-
gleich der jeweiligen Figur 2 des Streitpatents und der D2 klar ersichtlich, dass der
Teil 6a des Sitzrahmens 6 analog zum Rückenabschnitt 19 des streitpatentgemä-
ßen sitzschalenartigen Elements in nicht vorgeschobener Position des Sitzes am
Rückenlehnenrahmenbereich 25 des Sitzes anliegt und somit einen Rückenab-
schnitt darstellt. Darüber hinaus wird im Patentanspruch 1 die Ausdehnung des
Rückenabschnitts 19 in vertikaler Richtung auch nicht spezifiziert.

Damit gehen aus der D2 alle Merkmale des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag
hervor.

4. Auch der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ist gegenüber
dem Stand der Technik nach der D2 nicht neu, da der D2 auch das gegenüber
dem Anspruch 1 nach Hauptantrag hinzugefügte Merkmal i) entnommen werden
kann, wonach das sitzschalenartige Element 18 derart angeordnet ist, dass das
sitzschalenartige Element 18 in einer relativ zu dem Rückenlehnenrahmenbe-
reich 13 nach vorne geschobenen Position eine lordoseunterstützende Position
einnimmt.

Die Patentinhaberin führt hierzu aus, der Fahrzeugsitz der D2 zeige keine streit-
patentgemäße Sitzschale, die eine lordoseunterstützende Position einnehmen
kann. Da der Sitzrahmen 6, 6a der D2 nur etwa bis zur Oberseite des Sitzflächen-
polsters reiche, könne dieser Sitzrahmen wegen seiner zu geringen Ausdehnung
im vertikalen Bereich keine lordosestützende Funktion haben.

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Auch dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen. Der Offenbarung
der D2 ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass das Rückenlehnenpolster während der
Bewegung des Rahmens 6 nach vorn beim Gelenkpunkt 15 des Rahmens 6
schwenkt und so analog zum Gegenstand des Streitpatents eine konstante Ab-
stützung für den Lendenbereich des Fahrgasts erzielt wird (Sp. 3, Z. 24-30) „…It
should be noted that during the movement of frame 6 relative to frame 7 the seat
back…pivots at 15…and affords constant support to the lumbar region of the
passenger…..“). Daher hat der in der D2 offenbarte Sitzflächenrahmen 6, 6a die
gleiche Funktion wie die streitpatentgemäße Sitzschale, womit alle Merkmale des
Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 aus der D2 hervorgehen.

5. Gleiches gilt für den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2, wo-
nach zusätzlich zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 nach Merk-
mal j) selbst in einer maximal nach vorne geschobenen Position des sitzschalen-
artigen Elements 18 auch weiterhin eine Lordoseunterstützung beibehalten wer-
den soll.

Aus der vorstehend schon zitierten Passage der D2 geht ebenso eindeutig hervor,
dass während der Bewegung des Rahmens 6 relativ zu dem Rahmen 7 das Rü-
ckenlehnenpolster am verschobenen Gelenkpunkt 15 des Rahmens 6 ver-
schwenkt und dem Lendenbereich des Passagiers so eine konstante Stütze bietet
(Sp. 3, Z. 24-30) „…and affords constant support to the lumbar region of the pass-
enger…..“). Da entsprechend der D2 diese Unterstützungsfunktion während der
Bewegung des Sitzrahmens vorliegt und auch die maximal nach vorne geschobe-
nen Position des Sitzrahmens 6 durch diese Bewegung erreicht wird, erfüllt der in
der D2 offenbarte Sitzflächenrahmen 6, 6a auch hier die gleiche Funktion wie die
streitpatentgemäße Sitzschale, womit auch alle Merkmale des Patentanspruchs 1
nach Hilfsantrag 2 aus der D2 hervorgehen.

6. Es kann dahingestellt bleiben, ob, wie von der Einsprechenden behauptet,
der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 gegenüber dem Stand der
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Technik nach der D2 nicht neu ist, da dieser Gegenstand nicht auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit beruht.

Entsprechend dem gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 hinzugefügten
Merkmal k) soll die lordoseunterstützende Funktion des sitzschalenartigen Ele-
mentes erzeugt werden, indem eine sich im Wesentlichen in Sitzbreitenrichtung
erstreckende Kante 24 des Rückenabschnitts 19 des sitzschalenartigen Elemen-
tes 18 auf Höhe des Lendenwirbelbereichs 25 einer den Fahrzeugsitz benutzen-
den Person angeordnet ist.

Auch der Sitzrahmen 6 der D2 weist eine derartige, sich in Sitzbreitenrichtung er-
streckende lordosestützende Kante auf. Aus Figur 6 geht hervor, dass die Rah-
menelemente 6a im Rückenbereich des Sitzrahmens durch ein schraffiert darge-
stelltes, nicht weiter bezeichnetes Element verbunden sind. In Zusammenschau
mit Figur 3 (gestrichelte Linie neben dem Bezugszeichen 6a) kann der D2 ent-
nommen werden, dass sich dieses Element bis kurz unter die Gelenkpunkte 15
erstreckt und somit eine obere Kante des Sitzrahmens 6 in dessen Rückenbereich
bildet. Die Patentinhaberin bestreitet die lordosestützende Funktion dieser Kante,
da aus der D2 nicht hervorgehe, aus welchem Material das Element zwischen den
Rahmenteilen 6a bestehe und es daher auch aus einem flexiblen Material beste-
hen könne, das keine Steifigkeit und damit keine Stützwirkung aufweist.

Dem kann nicht gefolgt werden, da die lordosestützende Funktion des Sitzrah-
mens 6 aus der schon mehrfach zitierten Textstelle (Sp. 3, Z. 24-30) hervorgeht
und dem Fachmann daher eine steife Gestaltung des Sitzrahmens im lordosestüt-
zenden Bereich des Sitzrahmens implizit mit offenbart wird.

Die lordosestützende Kante scheint sich entsprechend den Figuren 2 und 3
der D2 allerdings nicht auf Höhe des Lendenwirbelbereichs einer den Fahrzeug-
sitz benutzenden Person zu erstrecken. Entsprechend Figur 4 ist die Höhe der
Gelenkpunkte 15 und damit die Höhe der lordosestützenden Kante jedoch bedingt
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durch die in der D2 zusätzlich offenbarte Klappfunktion des Sitzes, mit der die Rü-
ckenlehne auf die Sitzfläche geklappt werden kann. Für den Fachmann ist ange-
sichts der D2 jedoch naheliegend, dass bei Verzicht auf eine entsprechende
Klappfunktion die Gelenkpunkte 15 überflüssig wären und daher die Lage bzw.
Höhe der lordosestützenden Oberkante des Sitzrahmens optimiert werden könnte.
Die im Streitpatent beanspruchte Höhe des Lendenwirbelbereichs einer den Fahr-
zeugsitz benutzenden Person ergibt sich bei einer derartigen Optimierung jedoch
zwangsläufig bzw. liegt im Griffbereich des Fachmanns. Somit gelangt der Fach-
mann, ausgehend von D2 unter Berücksichtigung seines Fachwissens- und Fach-
könnens in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfs-
antrag 3.

7. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 beruht ebenfalls nicht
auf einer erfinderischen Tätigkeit, da auch das dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4
gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 hinzugefügte Merkmal l), wonach
die Kante 24 unabhängig von Sitzrahmen 11 bewegbar ist, der D2 entnommen
werden kann.

Entsprechend den Ausführungen der Pateninhaberin soll dieses Merkmal auf der
Offenbarung im Abschnitt [0037] des Streitpatents sowie den Figuren beruhen und
so zu verstehen sein, dass sich „unabhängig“ nicht auf die Lageänderung der
Kante gegenüber dem Sitzrahmen bezieht, sondern dass eine von etwaigen me-
chanischen Rückstellkräften unabhängige Bewegbarkeit der Sitzschale mit der
Kante gegenüber dem Sitzrahmen vorliegt.

Dem Absatz [0037] des Streitpatents ist allerdings nur entnehmbar, dass sich in
der nach vorn verschobenen Position des Polstersitzanteils und der Sitzschale
nach Figur 3 ein Loslösen bzw. Aufheben eines Kontaktes von der Sitzschale 18
im Rückenabschnitt 19 gegenüber dem Rückenlehnenrahmenbereich 13 in die-
sem Bereich ergibt. Den Figuren könnte allerdings ggf. eine unabhängige Bewe-
gung der Kante der Sitzschale gegenüber dem Sitzrahmen entnommen werden.
- 16 -
Allerdings macht das Streitpatent keinerlei Aussagen dazu, dass diese Unabhän-
gigkeit auch in Bezug auf etwaige Rückstellkräfte gegeben sein soll. Daher kann
die Offenbarung einer „unabhängigen“ Bewegung nur auf eine voneinander unab-
hängige Lageänderung bezogen sein. Darüber hinaus kann dem Verständnis die-
ses Merkmals durch die Patentinhaberin auch dahingehend nicht gefolgt werden,
da auch die Sitzschale 18 des streitpatentgemäßen Sitzes (genau wie bei dem
Gegenstand der D2) nicht rückstellkraftbefreit gegenüber dem Sitzrahmen bewegt
werden kann, da in beiden Fällen schon die Polsterrückenanteile der Rückenlehne
Rückstellkräfte auf die Sitzschale bzw. den oberen Sitzrahmen übertragen.

Die Frage, ob das Merkmal l) ursprünglich offenbart war, kann jedoch dahingestellt
bleiben, da das Merkmal l) im entsprechenden Verständnis des Streitpatents auch
der D2 entnommen werden kann. Aus dem Vergleich der Figuren 2 und 3 der D2
ist klar erkennbar, dass sich die Rahmenteile 6a und damit die obere Kante des
Sitzrahmens 6 bei der Verstellung des Sitzes unabhängig gegenüber dem Sitz-
rahmen 7, 25, 23 bewegen.

Somit gelangt der Fachmann, ausgehend von D2 unter Berücksichtigung seines
Fachwissens- und Fachkönnens in naheliegender Weise zum Gegenstand des
Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4.

8. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 beruht ebenfalls nicht
auf einer erfinderischen Tätigkeit, da das dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 ge-
genüber dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 hinzugefügte Merkmal m), wonach
die Kante als oberseitige Abschlusskante (24) des Rückenabschnittes 19 des sitz-
schalenartigen Elementes (18) ausgebildet ist, auch der D2 entnommen werden
kann.

Mit dem Merkmal m) wird nur explizit beansprucht, was implizit schon im Merkmal
k) enthalten war, nämlich dass eine sich in Sitzbreitenrichtung erstreckende Kante
des Rückenabschnitts der Sitzschale auf Höhe des Lendenwirbelbereichs einer
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den Fahrzeugsitz benutzenden Person angeordnet ist und die Lordoseunterstüt-
zung erzeugt. Für den Fachmann war schon aus dem Merkmal k) und den Figuren
klar erkennbar, dass diese Kante, analog zur Offenbarung der D2, durch die obere
Abschlusskante der Sitzschale gebildet wird. Somit fügt das Merkmal m) dem
Merkmal k) nichts Substanzielles hinzu, wodurch die Ausführungen zum Gegen-
stand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 hinsichtlich des Fehlens einer erfinderi-
schen Tätigkeit für den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 ebenso
gelten und daher der Fachmann, ausgehend von D2 unter Berücksichtigung sei-
nes Fachwissens und Fachkönnens in naheliegender Weise auch zum Gegen-
stand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 gelangt.

9. Eine erfinderische Tätigkeit liegt auch dem Gegenstand des Anspruchs 1
nach Hilfsantrag 6 nicht zugrunde. Das dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 6 ge-
genüber dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 hinzugefügte Merkmal n1), wonach
durch ein Nachvorneschieben des sitzschalenartigen Elementes 18 in der Sitz-
längsrichtung 17 sich ein Aufheben eines Kontaktes des sitzschalenartigen Ele-
mentes 18 im Rückenabschnitt 19 gegenüber dem Rückenlehnenrahmenbe-
reich 13 in diesem Bereich ergibt, ist der D2 entnehmbar.

Der in der D2 offenbarte obere Sitzrahmen 6 lässt sich als sitzschalenartiges Ele-
ment über Rollen 8, 9 gegenüber dem Sitzflächenrahmenbereich 7 in Fahrrichtung
verschieben und ist in der nicht verschobenen Stellung nach Figur 2 zwischen
dem Polsterelement 2 und dem Sitzrahmen 7, 25 angeordnet. Entsprechend der
Figur 2 liegt der Sitzrahmen 6 mit seinem annähernd vertikalen Bereich 6a in die-
ser Stellung am Rückenlehnenrahmenbereich 25 unmittelbar oder zumindest an-
nähernd an. Für den Fachmann ist aus dem Vergleich der Figuren 2 und 3 offen-
sichtlich, dass falls der Sitzrahmen 6 in der nicht verschobenen Stellung nach
Figur 2 konstruktiv bedingt in seinem Rückenabschnitt 6a in Kontakt mit dem Rü-
ckenlehnenrahmenbereich 25 stehen sollte, dieser Kontakt beim Verschieben des
oberen Rahmens in Sitzlängsrichtung in die Stellung nach Figur 3 aufgehoben
wird. Somit gelangt der Fachmann, ausgehend von D2 unter Berücksichtigung
- 18 -
seines Fachwissens und Fachkönnens in naheliegender Weise zum Gegenstand
des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 6.

10. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 7 geht über den Inhalt
der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus und stellt somit eine unzulässige
Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung dar.

Mit dem im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 7 gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfs-
antrag 6 hinzugefügten Merkmal o) soll das Merkmal n1) dahingehend präzisiert
werden, dass sich das Aufheben eines Kontaktes des sitzschalenartigen Elemen-
tes 18 im Rückenabschnitt 19 gegenüber dem Rückenlehnenrahmenbereich 13
derart ergibt, dass das sitzschalenartige Element 18 lediglich über das Pols-
terelement 14 mit dem Rückenlehnenrahmenbereich 13 verbunden ist. Entspre-
chend den Ausführungen der Patentinhaberin soll dieses Merkmal auf die Offen-
barung gemäß Abschnitt [0035] sowie der Figuren gestützt sein.

Die ursprünglichen Unterlagen enthalten außer dem Hinweis in Absatz [0039] der
Offenlegungsschrift, dass die Sitzschale die verschiedenen Verschiebestellungen
entlang der Sitzlängsrichtung 17 durch unterseitig angeordnete Führungsschienen
oder dergleichen einnimmt bzw. alternativ die Sitzschale 18 direkt auf dem Sitzflä-
chenrahmenbereich 12 verschoben werden kann, keinerlei Angaben dazu, wie die
Sitzschale in die Fahrzeugsitzkonstruktion integriert ist. Der auch in den ursprüng-
lichen Unterlagen ausdrücklich als schematisch bezeichneten Darstellung in den
Figuren 2 und 3 ist diesbezüglich ebenfalls nichts entnehmbar. Darüber hinaus
machen die ursprünglichen Unterlagen auch keine Aussagen dazu, ob der obere
Bereich des Polsterrückenanteils in vorgezogener Stellung ggf. gegenüber dem
Rücken der benutzenden Person abgestützt wird, wodurch den Ursprungsunterla-
gen auch eine implizite Offenbarung einer nicht vorhandenen Verbindung der Sitz-
schale mit dem Rückenlehnenrahmenbereich nicht entnehmbar ist.

- 19 -
Die Anmeldung betrifft in ihrem Kern die horizontale Verschiebbarkeit des Pols-
terelementes mit der Sitzschale gegenüber dem Sitzrahmen. Zur weiteren kon-
struktiven Gestaltung des Fahrzeugsitzes machen die ursprünglichen Unterlagen
keine Angaben. Daher kann diese fehlende Offenbarung auch nicht für die Be-
gründung der ursprünglichen Offenbarung des Merkmals o) dienen, welches eine
weitere Verbindung zwischen dem oberen Ende der Sitzschale mit dem Rücken-
lehnenrahmenbereich außer durch den Polsterrückenanteil explizit ausschließt
(vgl. Schulte, PatG, 10. Aufl., § 34 Rdn. 308).

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 ist dementsprechend unzulässig erwei-
tert und somit nicht gewährbar.

11. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 8 beruht nicht auf einer
erfinderischen Tätigkeit, da sich das dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 8 gegen-
über dem Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 hinzugefügte Merkmal n2), wonach die
Kante im links- und rechtsseitigen Bereich mehr nach vorne ausgerichtet ist, wo-
hingegen sie zwischen diesen Endbereichen, nämlich dem mittleren Bereich, wöl-
bungsartig nach hinten geneigt ist, wobei das sitzschalenartige Element 18 einstü-
ckig aus Metall ist, für den Fachmann naheliegend aus den Entgegenhaltun-
gen D2 und D1 sowie seinem Fachwissen ergibt.

Die D2 offenbart einen oberen beweglichen Sitzrahmen 6 („movable upper seat
frame“) als sitzschalenartiges Element, der entsprechend der Beschreibung und
den Figuren aus den Rahmenelementen 6 und 6a sowie einem die Rahmenele-
mente verbindenden flächenartigen Element (Figur 6) besteht. Weitere Angaben
macht die D2 zur Gestaltung des Sitzrahmens 6 nicht. In der Ausführung eines
derartigen Sitzrahmens aus Metallteilen, die z. B. mittels Schweißverbindungen zu
einem einstückigen Bauteil verbunden werden, kann jedoch nur eine dem Fach-
mann im Rahmen seines Fachwissens und Fachkönnens mögliche fachübliche
Vorgehensweise gesehen werden, ohne dass dieser hätte erfinderisch tätig wer-
den müssen.
- 20 -
Auch in der weiteren Maßnahme, dass die lordosestützende Kante im links- und
rechtsseitigen Bereich mehr nach (in Fahrrichtung) vorne ausgerichtet ist, wohin-
gegen sie im mittleren Bereich zwischen diesen Endbereichen, wölbungsartig
nach hinten geneigt ist, ist nur eine fachübliche konstruktive Gestaltung einer Rü-
ckenlehne eines Fahrzeugsitzes zu sehen. Eine derartige Ausgestaltung der
Kante bzw. des Rückenbereichs der Sitzschale dient dazu, diesen Bereich der
Rückenlehne an den Rücken des Benutzers im Lendenwirbelbereich anzupassen
und gehört daher zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns. Derartige Aus-
gestaltungen sind dem Stand der Technik, wie zum Beispiel der D1 in Figur 5,
auch schon lange vor dem Anmeldetag des Streitpatents entnehmbar.

Somit gelangt der Fachmann, ausgehend von der D2 unter Berücksichtigung sei-
nes Fachwissens und Fachkönnens in naheliegender Weise zum Gegenstand des
Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 8.

Mit dem jeweiligen Anspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 bis 8 fallen
aufgrund der Antragsbindung auch die antragsgemäß jeweils rückbezogenen Un-
teransprüche nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 bis 8.

Das Patent war daher gemäß der Beschwerde der Einsprechenden zu widerrufen
und die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht dem am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

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1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der
die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind,
oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch eine
beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Dr. Zehendner Dr. Huber Uhlmann Brunn



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