8 W (pat) 49/12  - 8. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



8 W (pat) 49/12
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
9. März 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2007 017 938








hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 9. März 2017 durch den Vorsitzenden Richter
Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie die Richter Dr. agr. Huber,
Dr.-Ing. Dorfschmidt und die Richterin Uhlmann

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beschlossen:

Der Beschluss der Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 12. Januar 2012 wird aufgehoben. Das Patent
10 2007 017 938 wird im Umfang des Hilfsantrags 3 mit Ansprü-
chen 1 bis 14, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Be-
schreibung und Figuren gemäß Patentschrift, aufrechterhalten.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.


G r ü n d e

I .

Das Patent 10 2007 017 938 (Streitpatent) mit der Bezeichnung „Behälterherstel-
lungsvorrichtung und Herstellverfahren für Formkörper“ ist am 13. April 2007 an-
gemeldet worden. Mit Beschluss vom 14. August 2009 ist das Patent erteilt und
am 7. Januar2010 ist die Erteilung veröffentlicht worden. Der Patentanspruch 1
lautet wie folgt:

„Behälterherstellungsvorrichtung (1) zum Herstellen von Kunst-
stoffbehältern (7) aus Preformen (5), insbesondere Flaschen, klei-
nen Fässchen (Kegs) und sonstigen Behältern aus PET, umfas-
send eine Blasmaschine, geeignete Transportvorrichtungen, wel-
che ganz oder teilweise rotierende Elemente umfassen oder dar-
stellen, wie Zu- und Auslaufsterne (3, 4) oder das Blasrad bzw.
Karussell (2) der Blasmaschine, wobei an der Blasmaschine oder
auf dieser mindestens ein Strahlungsemitter angebracht ist
und/oder ein Strahlungsemitter (9, 10) auf mindestens einen Teil-
bereich der Blasmaschine und/oder mindestens auf eine Teilfläche
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der inneren Oberflächen der die Behälterherstellvorrichtung (1)
umschließenden Einhausung gerichtet ist, dadurch gekennzeich-
net, dass die Blasmaschine eine Rotationsblasmaschine ist und
der Strahlungsemitter (10) derart auf oder an mindestens einem
der rotierenden Elemente angebracht ist, dass dieser mit dem ro-
tierenden Element umläuft.“

Gegen das Patent hat die K… AG am 7. April 2010 Einspruch erhoben und
den Antrag gestellt, das Streitpatent im Umfang der Ansprüche 1 bis 4 sowie 7
bis 15 zu widerrufen.

Neben den im Prüfungsverfahren ermittelten Druckschriften

(1) DE 101 40 905B4
(2) DE 195 20 925 A1
(3) DE 20 2006 011 943 U1
(4) DE 295 03 830 U1
(5) DE 10 2005 026 645 A1
(6) EP 15 07 894 B1
(7) US 68 18 068 B1
(8) DE 10 2005 015 565 A1
(9) DE 10 2004 061 230 A1
(10) DE 295 08 864 U1
(11) DE 199 09 488 A1
(12) DE 102 36 683 A1
(13) EP 08 95 816 A1
(14) WO 01/31 680 A1

hat die Einsprechende im Einspruchsverfahren noch folgende Dokumente ge-
nannt:

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D1 FR 28 15 542 A1
D2 US 2005/0118057 A1
D3 WO 97/18154 A1
D4 JP 11 137 645 A
D5 EP 0 464 933 A2
D6 WO 98/47770 A1
D7 JP 10 167 226 A
D8 JP 2001 225 814 A
D9 WO 2008/070 956 A1
D10 US 3 809 768 A

Zur Begründung ihres Einspruchs hat sie vorgetragen, die Gegenstände der An-
sprüche 1 und 12 des Streitpatents seien weder neu noch beruhten sie auf einer
erfinderischen Tätigkeit. Zum Vortrag im Einzelnen wird auf die Einspruchsschrift
vom 7. April 2010 verwiesen.

Die Patentinhaberin hat das Streitpatent in vollem Umfang verteidigt. Zur Begrün-
dung hat sie vorgetragen, der Einspruch sei sowohl unzulässig als auch unbe-
gründet. Die Unzulässigkeit ergebe sich daraus, dass die Einsprechende sich
nicht substantiiert mit allen einzelnen Merkmalen auseinandergesetzt habe. So
habe sie zwar ausgeführt, aus dem Dokument D1 sei es zwar bekannt, eine Blas-
maschine mit einer Elektronenstrahlmaschine auszustatten, sie habe aber nicht
einmal behauptet, dass es sich dabei um eine Rotationsstreckblasmaschine han-
deln könnte oder dass die Strahleinrichtung auf rotierenden Bauelementen ange-
ordnet sei. Der Vortrag zu dem Dokument D2 sei noch kürzer, ebenso der Vortrag
zu D3. Es sei aus dem Vortrag nicht nachvollziehbar, wie der Fachmann, ausge-
hend von der D5, die Vorrichtung in Verbindung mit dem Stand der Technik der
D1 bis D4 dahingehend weiterbilden konnte, dass bei einer Rotationsblasma-
schine ein Strahlungselement auf einem rotierenden Element angeordnet ist.

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Ungeachtet dessen sei der Einspruch auch unbegründet, Die Erfindung gemäß
der Merkmalkombination von Patentanspruch 1 sei gegenüber dem Stand der
Technik neu und es liege auch die erforderliche erfinderische Tätigkeit vor, da
auch eine beliebige Kombination der Entgegenhaltungen dem Fachmann gerade
nicht die technische Lehre vermittele, eine Strahlungsquelle im Bereich einer Ro-
tationsblasmaschine auf einem rotierenden Element anzuordnen.

Mit Beschluss vom 12. Januar 2012 hat die Patentabteilung 16 des Deutschen
Patent- und Markenamts das Streitpatent vollständig widerrufen. Zur Begründung
hat sie angeführt, dass ein zulässiger Einspruch vorliege, da der Einspruch hinrei-
chend mit Gründen versehen sei. Die Erfindung gemäß den Patentansprüchen 1
und 12 in der damals geltenden (erteilten) Fassung sei gegenüber dem Stand der
Technik nicht patentfähig. Zwar seien die beanspruchten Gegenstände neu, sie
beruhten jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin vom
5. März 2012. Sie trägt vor, der Einspruch sei unzulässig, weil die Begründung
sich nicht mit der Gesamtheit der in den erteilten Patentansprüchen enthaltenen
Merkmale befasse, sondern lediglich Einzelaspekte aufgreife und lediglich darauf
hinweise, dass einzelne Merkmale aus einzelnen Dokumenten bekannt seien. Es
werde nicht angegeben, welche Kombination welcher Dokumente in welcher Art
und Weise zum Gegenstand der patentierten Erfindung führen solle. Eine Argu-
mentation, warum ein Fachmann genau diese Dokumente so kombinieren könnte
und würde, dass er in naheliegender Weise zum patentierten Gegenstand ge-
lange, fehle ohnehin. Die diesbezügliche Begründung der Patentabteilung gehe
am Kern des gerügten Zulässigkeitsmangels vorbei, was einen Begründungsman-
gel darstelle, der die Rückerstattung der Beschwerdegebühr erforderlich mache.
Jedenfalls sei der Einspruch aber unbegründet. Die Patentabteilung habe richtig
festgestellt, dass keines der Dokumente den patentierten Gegenstand neuheits-
schädlich vorwegnehme. Ferner reicht sie zuletzt in der mündlichen Verhandlung
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(geänderte) Hilfsanträge 1 bis 3 mit neuen Anspruchsfassungen ein, mit denen sie
das Patent hilfsweise verteidigt.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lautet:

„Behälterherstellungsvorrichtung (1) zum Herstellen von Kunst-
stoffbehältern (7) aus Preformen (5), insbesondere Flaschen, klei-
nen Fässchen (Kegs) und sonstige Behälter aus PET, umfassend
eine Blasmaschine, geeignete Transportvorrichtungen, welche
ganz oder teilweise rotierende Elemente umfassen oder darstel-
len, wie Zu- und Auslaufsterne (3, 4) oder das Blasrad bzw. Ka-
russell (2) der Blasmaschine, wobei an der Blasmaschine oder auf
dieser mindestens ein Strahlungsemitter angebracht ist und der
Strahlungsemitter (10) mindestens auf eine Teilfläche der inneren
Oberflächen der die Behälterherstellvorrichtung (1) umschließen-
den Einhausung gerichtet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die
Blasmaschine eine Rotationsblasmaschine ist und der Strah-
lungsemitter (10) derart auf oder an mindestens einem der rotie-
renden Elemente angebracht ist, dass dieser mit dem rotierenden
Element umläuft.“

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 beinhaltet die Anspruchsfassung 1 nach
Hilfsantrag 1 und weist im Anschluss zusätzlich folgendes Merkmal auf:

…..,
„wobei der mindestens eine Strahlungsemitter (10) ein UV-Strahler
ist.“

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 beinhaltet ebenfalls die Anspruchsfas-
sung 1 nach Hilfsantrag 1 und weist im Anschluss zusätzlich folgendes Merkmal
auf:
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…..,
„wobei mindestens ein Teil der Oberflächen der Behälterherstel-
lungsvorrichtung (1), insbesondere der Blasmaschine elektrosta-
tisch aufladbar ausgebildet ist, um so Elektronenstrahlen zu len-
ken.“

Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin stellt den Antrag,

den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 16 des Deut-
schen Patent- und Markenamtes vom 12. Januar 2012 aufzuhe-
ben und den Einspruch als unzulässig zu verwerfen sowie die
Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen,

hilfsweise das Patent 10 2007 017 938 im erteilten Umfang auf-
rechtzuerhalten,

hilfsweise das Patent im Umfang der in der mündlichen Verhand-
lung übergebenen Hilfsanträge 1 bis 3 aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechende hat den Einspruch am 4. Oktober 2013 zurückgenommen.

Wegen der erteilten bzw. weiteren Patentansprüche des Hauptantrags und der
Hilfsanträge sowie wegen weiterer Einzelheiten im Übrigen wird auf den Aktenin-
halt und die Patentschrift verwiesen.

II.


1. Die Beschwerde der Patentinhaberin ist frist- und formgerecht eingelegt und
auch im Übrigen zulässig (§ 73 Abs. 2 PatG). Sie hat in der Sache auch insoweit
Erfolg, als sie zur Beschränkung des Streitpatents führt.
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Nach Rücknahme des Einspruchs war das Verfahren gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2
PatG von Amts wegen ohne die Einsprechende fortzusetzen.

2. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Verwerfung des Einspruchs als
unzulässig ist unbegründet. Der gemäß § 59 Abs. 1 PatG form- und fristgerecht
erhobene Einspruch ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin zuläs-
sig. Insbesondere ist er auf einen der Widerrufsgründe nach § 21 PatG gerichtet
und hinreichend begründet.

Der Vortrag der Beschwerdeführerin, der Einspruch sei unzulässig, weil er sich
nicht mit dem Streitpatent in seiner Gesamtheit auseinandersetze, greift nicht
durch.

Gemäß § 59 Abs. 1 PatG ist der Einspruch zu begründen. Die Begründung muss
auf einen der Widerrufsgründe nach § 21 PatG gestützt werden und die den Ein-
spruch rechtfertigenden Tatsachen angeben. Eine Einspruchsbegründung genügt
der formalen gesetzlichen Anforderung, wenn sie die für die Beurteilung der be-
haupteten Widerrufsgründe maßgeblichen Umstände im Einzelnen so darlegt,
dass der Patentinhaber und insbesondere das Deutsche Patent- und Markenamt
daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines
Widerrufsgrundes ziehen können. Der Vortrag des Einsprechenden muss erken-
nen lassen, dass ein bestimmter Tatbestand behauptet werden soll, der auf seine
Richtigkeit nachgeprüft werden kann. Da der Einspruch nur auf die Behauptung
gestützt werden kann, einer oder mehrere der in § 21 PatG genannten Widerrufs-
gründe liege vor, muss die überprüfbare Tatsachenangabe sich außerdem auf den
geltend gemachten Widerrufsgrund beziehen. Beruft sich der Einsprechende auf
fehlende Patentfähigkeit des patentierten Gegenstandes infolge fehlender Neuheit
oder erfinderischer Tätigkeit, sind Angaben zum Stand der Technik und dazu er-
forderlich, ob und gegebenenfalls inwieweit dieser den patentgemäßen Gegen-
stand vorwegnimmt oder nahelegt, damit die Voraussetzungen der §§ 3 Abs. 1
und 4 PatG überprüft werden können (BGH GRUR 2003, 695 – Automatisches
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Fahrzeuggetriebe m. w. N.). Der Begriff „Tatsachen“ gemäß § 59 Abs. 1 Satz 4
PatG umfasst nicht nur die technischen Informationen wie die Nennung der Ent-
gegenhaltung im Stand der Technik, sondern auch dessen technische und rechtli-
che Bewertung, insbesondere die Darstellung des technischen Zusammenhangs
zwischen einer Entgegenhaltung und dem Gegenstand des angegriffenen Patents
(Busse/ Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., § 59 Rdnr. 107). Die Angaben sind hinrei-
chend substantiiert, wenn sie derart spezifiziert und vollständig sind, dass der Pa-
tentinhaber und die Patentabteilung daraus abschließende Folgerungen für das
Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können und – falls
sie sich bestätigen – den völligen oder teilweisen Widerruf des Patents ermögli-
chen, wobei Teilaspekte grundsätzlich nicht ausreichen. Dabei dürfen die Anforde-
rungen an die Substantiierung nicht überspannt werden, da es sich hier um eine
Zulässigkeitsvoraussetzung in einem dem öffentlichen Interesse dienenden Ver-
fahren handelt (Busse Keukenschrijver a. a. O. Rdnr.117).

Diesen Anforderungen wird die Einspruchsbegründung im Ergebnis gerecht. Sie
stützt sich auf die fehlende Patentfähigkeit gemäß § 21 Abs. 1 Ziff. 1 PatG und
setzt sich mit allen wesentlichen Aspekten (Merkmalen) der Erfindung auseinan-
der, erläutert durch Angabe entsprechender Druckschriften und konkreter Text-
stellen den Stand der Technik und legt dar, inwieweit dem Streitpatent demgegen-
über die Neuheit bzw. die erfinderische Tätigkeit fehle. So trägt sie vor, eine in ei-
nem Reinraum angeordnete Blasmaschine zur Herstellung von Kunststoffbehäl-
tern sei in der D5 (EP 0 464 933 A2) offenbart, die „chemisch (mit H2O2) vorsteri-
lisiert“ sei (S. 3, letzter Absatz des Einspruchsschriftsatzes vom 7. April 2010).
Hierbei gibt die Einsprechende auch konkrete Textangaben an (Sp. 5, Z. 53 bis
Sp. 6, Z. 11), woraus der Fachmann mit dortigem Verweis auf die Fig. 2 direkt
auch eine Rotationsblasmaschine erkennen kann, die selbstverständlich auch eine
geeignete Transportvorrichtung in Form eines rotierenden Elements aufweist. Die-
ses rotierende Element ist dabei das Blasrad bzw. Karussell der Blasmaschine.

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Darüber hinaus wird im Einspruchsschriftsatz u. a. auf die D1 (FR 2 815 542 A1)
verwiesen, die eine kontinuierlich arbeitende Streckblasmaschine für PET-Behäl-
ter mit einer integrierten Elektronenstrahleinrichtung offenbaren würde (S. 4,
Abs. 3 des Einspruchsschriftsatzes). Ferner sind dort auch mehrere konkrete Be-
zugsstellen angegeben, die auf eine Sterilisationseinheit von zuvor durch Spritz-
gießen hergestellten Behälter-Vorformlinge verweisen (S. 5, Z. 5 bis 24, S. 12,
Z. 14 bis S. 13, Z. 14 sowie Patentansprüche 17 bis 21). Damit wird auch der Be-
zug zu Sterilisationseinrichtungen hergestellt, die eine Behandlung der Vorform-
linge in kontinuierlicher Bewegung ermöglichen, wobei die Vorformlinge hier un-
terhalb der Sterilisationseinheit(en) sich vorbeibewegen („…traiter des préformes
en mouvement continu, les préformes défilant en dessous de l’unité de stérilisa-
tion“ (S. 13, Z. 4 f. der D1). Nach Anspruch 21 der D1 kann die Elektronenstrahl-
Sterilisationseinheit in der Anlage dabei zwischen dem Ofen zur Vorwärmung der
Blasrohlinge und der Blaseinheit angebracht sein, woraus im Einspruchsschriftsatz
gefolgert wird, dass „diese zum Sterilisieren dienende Einrichtung…unter anderem
mitten in der Streckblasmaschine vorgesehen werden“ kann (a. a. O.). Damit wird
seitens des Einspruchsvorbringens argumentiert, dass in der Zusammenschau der
D5 mit der D1 der Gegenstand nach Anspruch 1 nahegelegt sei.

Insofern hat die Einsprechende zu allen wesentlichen Merkmalen des Gegen-
stands des Anspruchs 1 Bezug genommen und auch Schlussfolgerungen für das
Fehlen der erfinderischen Tätigkeit gezogen. Denn den noch „fehlenden“ Einsatz
des Strahlungsemitters „auf oder an mindestens einem der rotierenden Ele-
mente“…, so „dass dieser mit dem rotierenden Element umläuft“, sieht die Ein-
sprechende durch die Zusammenschau der Dokumente D5 und D1 als nahegelegt
an. In ihrer Gesamtheit ermöglicht die Begründung sowohl der Patentinhaberin als
auch der Patentabteilung eine Prüfung des Vorliegens der Widerrufsgründe nach
§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG. Weitere Erfordernisse bestehen nicht. Die gewählte
punktuelle Darstellungsweise der Einzelaspekte und die zusätzlichen Hinweise auf
Mängel in der Darstellung des Patents sind demgegenüber unschädlich.

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Da die Patentabteilung den Einspruch verfahrensfehlerfrei und im Übrigen auch
zutreffend als zulässig behandelt und in der Sache über den Bestand des Patents
entschieden hat, liegen Billigkeitsgründe für eine Rückzahlung der Beschwerde-
gebühr nicht vor. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80
Abs. 3 PatG ist somit nicht begründet.

3. Als Fachmann ist vorliegend ein Fachhochschul-Ingenieur der Fachrichtung
Maschinenbau oder Verfahrenstechnik anzusehen, der bereits mehrere Jahre Be-
rufserfahrung aufweist und im Bereich der Entwicklung und Konstruktion von
Blasformmaschinen zur Behälterherstellung tätig ist.

4. Das Streitpatent betrifft eine Behälterherstellungsvorrichtung zum Herstellen
von Kunststoffbehältern aus Vorformlingen (Preforms), die insbesondere eine
Blasmaschine und geeignete Transportvorrichtungen umfasst (Absatz [0001]). An
bzw. auf dieser Blasmaschine – oder zumindest auf einen Teilbereich der Blasma-
schine gerichtet – ist dabei mindestens ein Strahlungsemitter angebracht, um
Teile dieser Blasmaschine, ihre Einhausung oder die Behälter selbst zu sterilisie-
ren oder steril zu halten. Denn zunehmend bestehe gemäß Streitpatent [0003] das
Erfordernis, immer höhere Reinheiten oder aseptische Bedingungen bei der Her-
stellung und Abfüllung von Behältern und Flaschen zu erreichen.

5. Das Patent ist in der erteilten Form und hinsichtlich der Hilfsanträge 1 und 2
nicht patentfähig (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).

Die Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1
umfassen jeweils den Gegenstand des enger gefassten Patentanspruchs 1 nach
Hilfsantrag 2. Nachdem letzterer, wie die nachfolgenden Ausführungen zum Hilfs-
antrag 2 zeigen, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sind auch die Pa-
tentansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 nicht rechtsbeständig.

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Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist aus den nachfolgenden
Gründen nicht patentfähig.

5.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 lässt sich wie folgt
gliedern:

1. Behälterherstellungsvorrichtung (1) zum Herstellen von Kunststoffbe-
hältern (7) aus Preformen (5), insbesondere Flaschen, kleinen Fäss-
chen (Kegs) und sonstige Behälter aus PET, umfassend
1.1 eine Blasmaschine,
1.1.1 wobei die Blasmaschine eine Rotationsblasmaschine ist,
1.2 geeignete Transportvorrichtungen,
1.2.1 welche ganz oder teilweise rotierende Elemente umfassen
oder darstellen, wie Zu- und Auslaufsterne (3, 4) oder das
Blasrad bzw. Karussell (2) der Blasmaschine,
1.3 wobei an der Blasmaschine oder auf dieser mindestens ein Strah-
lungsemitter angebracht ist,
1.3.1 und der Strahlungsemitter (10) mindestens auf eine Teilfläche
der inneren Oberflächen der die Behälterherstellvorrich-
tung (1) umschließenden Einhausung gerichtet ist,
1.3.2 und der Strahlungsemitter (10) derart auf oder an mindestens
einem der rotierenden Elemente angebracht ist, dass dieser
mit dem rotierenden Element umläuft,
1.3.3 wobei der mindestens eine Strahlungsemitter (10) ein UV-
Strahler ist.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 betrifft eine Behälterherstel-
lungsvorrichtung zum Herstellen von Kunststoffbehältern aus Vorformlingen. Es
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handelt sich nach Merkmal 1.1.1 um eine Rotationsblasmaschine. Geeignete
Transportvorrichtungen umfassen nach Merkmal 1.2.1 ganz oder teilweise rotie-
rende Elemente wie ein Blasrad bzw. Karussell der Blasmaschine.

Nach Merkmal 1.3 können mehrere Strahlungsemitter an oder auf der Rotations-
blasmaschine angebracht sein – mindestens jedoch einer. Der mindestens eine
Strahlungsemitter ist dabei ein UV-Strahler, läuft mit einem rotierenden Element
der Transportvorrichtung um und ist mindestens auf eine Teilfläche der inneren
Oberflächen der die Behälterherstellvorrichtung umschließenden Einhausung ge-
richtet (Merkmale 1.3.1 bis 1.3.3).

5.2 Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob der Gegenstand des Patentanspruchs 1
gemäß Hilfsantrag 2 neu ist, da er jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätig-
keit beruht. Die Behälterherstellungsvorrichtung nach Anspruch 1 ist für den
Fachmann nahegelegt (§ 4 PatG).

Die Druckschrift D5 (EP 0 161 933 A2) offenbart eine Vorrichtung und ein Verfah-
ren zum Herstellen von Kunststoffbehältern mittels Blasformen (Patentanspruch 1
bzw. 8). Dabei wird auch gemäß Ausführungsbeispiel eine Rotationsblasmaschine
beschrieben und gezeigt („turntable 23“, Sp. 2, Z. 53 ff. und Figuren), bei der die
Blasformmaschine in einem geschlossenen Raum („closed room 41“, Fig. 2 und 3)
betrieben wird und es die Zielsetzung ist, Behälter mit vollständig steriler Innen-
seite herzustellen (Sp. 1, Z. 25 bis 31). Damit stellt die D5 einen geeigneten Aus-
gangspunkt der fachmännischen Überlegungen dar.

Gemäß dem beschriebenen Ausführungsbeispiel ist ein Drehtisch offenbart, auf
dem sich die Blasformen (mould halves 31) befinden und die an einer Position mit
dem Blasrohling (parison) aus der Coextrusionsdüse bestückt werden (Figuren
und Sp. 2, Z. 51 ff.). Um die Behälter während und nach dem Blasform-Prozess
steril zu halten, wird eine Reihe von Maßnahmen ergriffen ("A number of mea-
sures are taken in order to make containers which are completely sterile…", Sp. 5,
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Z. 27 ff.). Die zum Blasformen zugeführte Luft ist steril, darüber hinaus befindet
sich um die Anlage ein geschlossener Raum (41), wobei auch die diesem Raum
zugeführte Luft steril gehalten ist (Sp. 5, Z. 58 bis Sp. 6, Z. 3). Damit sind die
Merkmale 1. bis 1.2.1 aus der D5 bekannt; nicht offenbart sind die Merkmale 1.3
bis 1.3.3.

Die D5 sieht zwar, neben der beschriebenen Zuführung von steriler Luft, im Falle
des Anfahrens der Anlage auch eine sogenannte „Vorsterilisation“ mittels eines
zerstäubten Desinfektionsmittels – beispielsweise Wasserstoffperoxid – vor (Sp. 5,
Z. 53 bis 57), eine aktive Sterilisierung von Flächen während des Betriebs der
Anlage ist jedoch nicht beschrieben. Da die umhauste Blasformmaschine jedoch
zumindest eine Öffnung zum Ausschleusen der blasgeformten Behälter aufweist,
kann insbesondere dort eine Einfallstelle für potentielle Keime vorhanden sein.
Sofern der Fachmann – beispielsweise bei der Herstellung von Behältern, die für
sensible pharmazeutische oder medizinische Produkte oder auch Lebensmittel –
besonders sichere sterile Bedingungen vorsehen will, so ist er bestrebt, die Sterili-
sierungsbedingungen weiter zu verbessern und auch eine Entkeimungstechnik in-
nerhalb der Anlage während des Betriebs vorzusehen. Dabei stößt der Fachmann
auch auf die Druckschrift (4) (DE 295 03 830 U1).

Die Druckschrift (4) betrifft eine Handhabungsvorrichtung für Gefäße bzw. deren
Verschlüsse, die in der Lebensmittel- oder der Pharmaindustrie verwendet werden
(Patentanspruch 1). Diese Gefäße, Behältnisse (Ein- oder Mehrweg-) oder auch
Flaschen (S. 1, Abs. 2) sind in einem gegenüber der Umgebung abgetrennten
Raum mittels eines Schutzgehäuses (22) abgeschlossen. Dabei wird über eine
mindestens eine UV-Strahlungsquelle umfassende UV-Bestrahlungseinrichtung
der von dem Schutzgehäuse eingeschlossene Raum bzw. ein Teil davon entkeimt
(Patentanspruch 1). Dabei stellt sich die Druckschrift (4) die Aufgabe, „die mikro-
biologische Kontaminierung der Gefäße auf ihrem Weg bis zur Abfüllung bzw. bis
zu ihrem Verschließen wirksam und mit vertretbarem Aufwand zu reduzieren“
(S. 1, Abs. 3).
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Der Fachmann kennt UV-Strahlungsquellen zum Desinfizieren in vielen Bereichen
bereits schon seit langem (Lebensmitteltechnologie, pharmazeutische Produktion
und Medizintechnik). Das Dokument (4) offenbart ihm eine derartige Anwendung
auch speziell für Handhabungsvorrichtungen für Gefäße und Behälter, die u. a.
auch auf bzw. in entsprechenden Förderanlagen (S. 1, Abs. 1) verwendet werden.
Der Fachmann setzt somit solche UV-Strahlungsquellen bei entsprechendem Be-
darf auch auf eingehauste Blasmaschinen ein, die ebenfalls von der Umgebung
mittels Schutzgehäuse abgetrennte „Handhabungseinrichtungen“ darstellen. Der-
artige UV-Strahlungsquellen können vom Grundsatz her überall dort platziert wer-
den, wo sie bedarfsgerecht Verwendung finden und keine Beeinträchtigung für die
Umgebung stattfindet.

Ein Hindernis für den Einsatz beispielsweise auf einem Drehtisch einer rotieren-
den Blasmaschine ist darüber hinaus nicht gegeben. Elektrische, pneumatische
und hydraulische Anwendungen auf rotierenden Drehtischen und somit die Über-
tragung derartiger Energieträger auf rotierende Teile sind ebenfalls seit langem
Stand der Technik, sie kennt der Fachmann bereits aufgrund seines Fachwissens.
Die Anwendung von UV-Lampen oder -Strahlern auf Drehtischen verlangt lediglich
die Übertragung von Netzspannung im üblichen Rahmen auf die Dreheinheit, eine
nicht zulässige Bestrahlung der Umgebung kann problemlos durch die bereits vor-
handene Einhausung verhindert werden. Lediglich als Beleg für das Fachwissen
des Fachmanns zum Einsatz von Strahlungsemittern auf rotierenden Einheiten sei
auf die D4 (JP 11137645 A) verwiesen, die eine Sterilisationseinrichtung mittels
Elektronenstrahlern offenbart, die üblicherweise mit Hochspannung betrieben wird.
Auch eine derartige Anwendung ist dem Fachmann bekannt, so dass es im Rah-
men einer einfachen, fachlichen Maßnahme liegt, UV-Emitter auf einen rotieren-
den Drehtisch einer Blasmaschine zu positionieren. Eine erfinderische Tätigkeit ist
hiermit nicht verbunden. Der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2
ist somit nicht patentfähig.

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5.3 Damit fallen – durch die Antragsbindung – auch die jeweils entsprechenden
weiteren neben- und untergeordneten Patentansprüche.

Dies gilt auch hinsichtlich der jeweils nachgeordneten Patentansprüche 5 und 6,
die von dem Einspruch nicht erfasst waren. Der Umstand, dass der Einspruch be-
schränkt auf Patentansprüche 1 bis 4 und 7 bis 15 eingelegt wurde, hinderte die
Patentabteilung nicht daran, auch die Patentansprüche 5 und 6 in die Prüfung ein-
zubeziehen.

Der Senat geht mit der Mehrheit der Patentsenate des Bundespatentgerichts da-
von aus, dass der Verfahrensgegenstand des Einspruchsverfahrens vom Einspre-
chenden durch einen Teileinspruch nicht verbindlich beschränkt werden kann. Der
Teileinspruch eröffnet der Patentabteilung vielmehr die vollumfängliche Überprü-
fung des Streitpatents (instruktiv dazu mit weiteren Nachweisen BPatG Beschluss
vom 19.01.2016, 14 W (pat) 701/14). Das Patentgesetz enthält anders als das
Patentverfahren vor dem EPA (vgl. Regel 76 (2) c) AusfO EPÜ) keine ausdrückli-
che Regelung über die Möglichkeit eines Teileinspruchs. Gemäß § 99 Abs. 1 PatG
kommen in diesem Fall die Regelungen der Zivilprozessordnung - und damit auch
die Dispositionsmaxime gemäß § 308 ZPO - entsprechend zur Anwendung, wenn
die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschlie-
ßen. Letzteres ist hier der Fall. Das Einspruchsverfahren ist als dem Erteilungs-
verfahren nachgeordnetes Prüfungsverfahren mit verwaltungsrechtlichem Cha-
rakter ausgestaltet, das in erster Linie nicht dem Interesse Einzelner, sondern dem
Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung zu Unrecht erteilter Patente dient
(BGHZ 128, 280 – Aluminium-Trihydroxit). Erkennbar ist dies an der Ausgestal-
tung der Einspruchsbefugnis als Jedermannsrecht, dem im Einspruchsverfahren
herrschenden Prinzip der Amtsermittlung, in der erweiterten, nicht auf die Ein-
spruchsbegründung beschränkten Prüfungspflicht der Patentabteilung hinsichtlich
weiterer Einspruchsgründe und in dem Umstand, dass auch die Rücknahme des
Einspruchs nicht zur Beendigung des Prüfungsverfahrens führt. Hieraus ist er-
sichtlich, dass das Einspruchsverfahren der Disposition des Einsprechenden im
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weiten Umfang entzogen ist. Der Einspruch gibt lediglich den für jedermann mögli-
chen „Anstoß“ für ein dem öffentlichen Interesse dienendes Überprüfungsverfah-
ren. Diese Besonderheiten des Verfahrens schließen es nach Auffassung des Se-
nats aus, die allgemein im Zivilprozess geltende Dispositionsmaxime auf das Ein-
spruchsverfahren anzuwenden, da durch eine solche dem Einzelnen überlassene
Beschränkungsmöglichkeit die im Gesetz in anderer Hinsicht ausdrücklich veran-
kerte umfassende Überprüfung des Patents durch das DPMA nicht gewährleistet
wäre.

6. Der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist patentfähig.

6.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 lässt sich wie folgt
gliedern:

1. Behälterherstellungsvorrichtung (1) zum Herstellen von Kunststoffbe-
hältern (7) aus Preformen (5), insbesondere Flaschen, kleinen Fäss-
chen (Kegs) und sonstige Behälter aus PET, umfassend
1.1 eine Blasmaschine,
1.1.1 wobei die Blasmaschine eine Rotationsblasmaschine ist,
1.2 geeignete Transportvorrichtungen,
1.2.1 welche ganz oder teilweise rotierende Elemente umfassen
oder darstellen, wie Zu- und Auslaufsterne (3, 4) oder das
Blasrad bzw. Karussell (2) der Blasmaschine,
1.3 wobei an der Blasmaschine oder auf dieser mindestens ein Strah-
lungsemitter angebracht ist,
1.3.1 und der Strahlungsemitter (10) mindestens auf eine Teilfläche
der inneren Oberflächen der die Behälterherstellvorrich-
tung (1) umschließenden Einhausung gerichtet ist,
- 18 -
1.3.2 und der Strahlungsemitter (10) derart auf oder an mindestens
einem der rotierenden Elemente angebracht ist, dass dieser
mit dem rotierenden Element umläuft,
1.3.4 wobei mindestens ein Teil der Oberfläche der Behälterherstel-
lungsvorrichtung (1), insbesondere der Blasmaschine elektro-
statisch aufladbar ausgebildet ist, um so Elektronenstrahlen zu
lenken.

Gegenüber dem Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 handelt es sich
bei dem mindestens einen Strahlungsemitter nun – unter Berücksichtigung des
Merkmals 1.3.4 sowie der Gesamtoffenbarung der Patentschrift – um einen
Strahlungsemitter, der ein Elektronenstrahler ist. Ein UV-Strahlungsemitter ist nun
nicht beansprucht.

6.2 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist neu.

Das Dokument (4) offenbart bereits keinen Strahlungsemitter in Form eines Elekt-
ronenstrahlers, ansonsten wird – wie auch in Bezug auf die Druckschrift D5 – auf
die Ausführungen unter II. 5.2 verwiesen.

Die D1 (FR 2 815 542A1) beschreibt eine Sterilisationseinheit mittels Elektronen-
strahl u. a. für Vorformlinge von blasgeformten Hohlkörpern, bei dem der Elektro-
nenstrahl direkt in die Öffnung des Hohlkörpers eintritt (Patentanspruch 1). Neben
der Sterilisationseinheit beschreibt die D1 auch eine Blasformeinrichtung (S. 5,
Z. 17 ff.). An anderer Stelle ist (indirekt) gesagt, dass der Strahlungsemitter (fest)
positioniert ist und die Vorformlinge sich unter der Sterilisationseinheit vorbei be-
wegen („…les préformes défilant en dessous de l’unité de stérilisation“, S. 13,
Z. 4 f.). Eine Einhausung der Anlage und eine Ablenkung der Elekronenstrahlen
werden in der D1 nicht beschrieben.

- 19 -
Aus der Druckschrift D2 (US 2005/0118057 A1) ist ein Verfahren (und eine An-
lage) zum Dekontaminieren des Halses von Vorformlingen aus thermoplastischem
Material bekannt, bei der Behälter mittels Blasformen hergestellt werden können
(Patentanspruch 1). Hierzu werden die Vorformlinge durch eine Kammer (cham-
ber 10) geleitet, in der eine Dekontaminierungsflüssigkeit kontinuierlich in eine
Nebelatmosphäre zerstäubt wird, anschließend werden die Vorformlinge an UV-
Lampen vorbeigeführt und zumindest die Hälse vollständig bestrahlt („…to com-
pletely irradiate the necks of the preforms…“, dto.). Dies erfolgt allerdings, bevor
die Vorformlinge zur Beschickungseinrichtung gelangen. Ein Strahlungsemitter für
Elektronenstrahlen und eine elektrostatisch aufladbare Oberfläche zur Ablenkung
von Elektronenstrahlen ist in D2 nicht beschrieben.

Die Druckschrift D3 (WO 97/18154 A1), die schon keine Behälterherstellvorrich-
tung in Form einer Blasmaschine offenbart, liegt weiter ab. Sie betrifft die Reini-
gung von Behältern mit Hilfe von Chemikalien. Ein Strahlungsemitter ist nicht vor-
gesehen.

Das Dokument D4 (JP 11137645 A) beschreibt eine Sterilisationseinrichtung mit-
tels Elektronenstrahl für leere Kunststoffbehälter (Abstract). Gemäß Ausführungs-
beispiel werden die leeren Kunststoffflaschen über eine kreisförmige Beschi-
ckungseinrichtung (Figur 1) auf eine Art Drehtisch (Rundförderer) positioniert, um
dann in Position direkt vor einem Strahlungsemitter (electron beam irradiation
part 19) im Umlauf bewegt und zusätzlich noch vor dem Strahlungsemitter in eine
Rotationsbewegung versetzt zu werden (Patentansprüche 1 und 2, Fig. 1 bis 3).
Gemäß Patentanspruch 4 bewegen sich auch die Strahlungsemitter (19) im
kreisförmigen Umlauf (über den zweiten Drehanschluss (second rotary joint 17).
Damit ist aus D4 bekannt, Strahlungsemitter zur Sterilisierung von leeren Kunst-
stoffbehältern auf einer Fördereinrichtung rotationsförmig umlaufen zu lassen. Al-
lerdings sind aus D4 zumindest die Merkmale 1. bis 1.1.1 sowie 1.3 nicht bekannt.

- 20 -
D6 (WO 98/47770 A1) offenbart ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Blasfor-
men von Preforms, wobei die Vorformlinge vor dem Blasformen zuerst vorge-
wärmt und anschließend die blasgeformten Behälter sterilisiert werden, bevor sie
abschließend befüllt und verschlossen werden (Patentanspruch 1). Der gesamte
Prozess kann dabei in einer geschlossenen Vorrichtung stattfinden (apparatus 10,
Patentanspruch 9). Eine Sterilisation mittels eines Strahlungsemitters findet aller-
dings nicht statt.

Das japanische Dokument D8 (JP 2001225814 A) beschreibt eine Sterilisations-
einrichtung für Blas-Vorformlinge, die mittels Elektronenstrahlen arbeitet
(Abstract). Dabei werden die Preforms sowohl von innen wie auch von außen und
an ihrem Gewindebereich vollständig bestrahlt (Figuren). Zusätzlich können die
Vorformlinge auch noch mit UV-Strahlen beaufschlagt werden, wobei die Strahl-
felder und das zu bestrahlende Produkt selbst rotieren können (insbes. Fig. 4).
Eine Bestrahlung zumindest eines Teils einer Einhausung oder die elektrostatisch
aufladbare Ausgestaltung eines Teils der Oberfläche der Behälterherstellungsvor-
richtung ist hingegen nicht beschrieben.

Die weiteren Dokumente D7 (JP 10 167 226 A), D10 (US 3 809 768 A) und die
nachveröffentlichte D9 (WO 2008/070956 A1) sowie die im Prüfungsverfahren er-
mittelten Druckschriften, auf die die Einsprechende – mit Ausnahme der Druck-
schrift (4) – nicht mehr eingegangen ist, liegen weiter ab.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 beruht auch auf ei-
ner erfinderischen Tätigkeit.

Der Fachmann geht auch beim vorliegenden Gegenstand von der D5 aus, hierzu
wird auf die Ausführungen unter II. 5.2 verwiesen.

Im Hinblick auf eine weitergehende, aktive Sterilisierung der Behälter selbst oder
von Maschinen- und Gehäuseteilen zieht der Fachmann auch die bereits oben
- 21 -
angesprochene Druckschrift D4 (JP 11137645 A) in Betracht. Sie offenbart zumin-
dest auf einem Drehtisch oder Rondell einer Transporteinrichtung für Kunststoff-
behälter vor dem Einfüllvorgang das Sterilisieren dieser Behälter, wobei die als
Elektronenstrahler ausgebildeten Strahlungsemitter (electron beam irradiation
part 19; Abs. 24 der englischen Maschinen-Übersetzung der D4) auf dem Dreh-
tisch mit den Behältern vis-a-vis mit umlaufen (Patentanspruch 4, Fig. 1, 2 und 4;
Merkmal 1.3.2). Eine Bestrahlung (eines Teils) einer potentiellen Umhausung oder
gar einer inneren Oberfläche einer Behälterherstellvorrichtung ist der D4 hingegen
nicht zu entnehmen (Merkmal 1.3.1). Da dort weder eine Umhausung vorhanden
ist noch die Bestrahlung eines leitfähigen Bauteils der Transportvorrichtung vorge-
sehen ist, kann der D4 auch keine Anregung entnommen werden, irgendwelche
Teile statisch aufladbar auszubilden, um die Elektronenstrahlen zu lenken (Merk-
mal 1.3.4).

Auch die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften geben hierzu keinen
Hinweis. Die D1 (FR 28 15 542 A1) ist lediglich für die Sterilisierung der Kunst-
stoff-Vorformlinge oder -Flaschen vorgesehen, diese werden von den Elektronen-
strahlen jedoch direkt beaufschlagt. Gleiches gilt für die Sterilisierungseinrichtun-
gen gemäß der D8 (JP 2001 225 814 A) und der D9 (WO 2008/070 956 A1).
Diese Dokumente offenbaren jeweils keine Bestrahlung von Teilflächen von inne-
ren Oberflächen einer Behälterherstell(ungs)vorrichtung, bei der mindestens ein
Teil dieser Oberfläche elektrostatisch aufladbar ist, um so Elektronenstrahlen zu
lenken und legen eine derartige Bestrahlung auch nicht nahe.

Alle weiteren verbleibenden Druckschriften haben bereits keine Strahlungsemitter
in Form von Elektronenstrahlern zum Inhalt, so dass auch sie jeweils die Merk-
male 1.3.1 und 1.3.4 nicht nahe legen können. Da derartige Maßnahmen auch
nicht im Bereich handwerklichen Könnens des Fachmanns liegen, beruht der Ge-
genstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 somit auf erfinderischer Tätigkeit.

- 22 -
6.3 Der nebengeordnete Anspruch 11 ist auf ein Herstellverfahren für
Kunststoffbehälter gerichtet, bei dem eine Behälterherstellungsvorrichtung nach
einem der vorhergehenden Ansprüche eingesetzt wird. Er hat demzufolge nichts
anderes als die Formulierung der in Patentanspruch 1 offenbarten Lehre in Form
eines Herstellungsanspruchs zum Inhalt. Die Gesichtspunkte, die der Beurteilung
der Schutzfähigkeit von Patentanspruch 1 zugrunde liegen, gelten daher gleich-
ermaßen zu Patentanspruch 11 (GRUR 2009, 746, BGH Betrieb einer Sicher-
heitseinrichtung).

6.4 Mit den bestandsfähigen nebengeordneten Patentansprüchen 1 und 11 haben
auch die auf diese rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 10 sowie 12 bis 14 Be-
stand, da ihre Gegenstände über selbstverständliche Maßnahmen hinausgehen.

Somit hat das Streitpatent im Rahmen des Hilfsantrags 3 Bestand.

III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
- 23 -
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der
die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind,
oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.


Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch eine
beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder einen beim Bundesge-
richtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.


Dr. Zehendner Dr. Huber Dr. Dorfschmidt Uhlmann

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