8 W (pat) 32/13  - 8. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2017:231117B8Wpat32.13.0


BUNDESPATENTGERICHT



8 W (pat) 32/13
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
23. November 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2006 049 808



- 2 -
hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 23. November 2017 durch den Vorsitzenden
Richter Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie den Richter Dipl.-Ing. Rippel, die
Richterin Uhlmann und den Richter Dipl.-Ing. Brunn

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der
Patentabteilung 1.11 vom 13. Juni 2013 aufgehoben und das Pa-
tent 10 2006 049 808 mit den folgenden Unterlagen beschränkt
aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag II, überreicht in der
mündlichen Verhandlung vom 23. November 2017

Beschreibung, Seiten 4/19 und 5/19, überreicht in der mündlichen
Verhandlung vom 23. November 2017,
Seiten 2/19 und 3/19 sowie 6 bis 10/19 gemäß der Patentschrift

Figuren 1 bis 3 gemäß der Patentschrift.

Die weitergehende Beschwerde der Einsprechenden wird zurück-
gewiesen.

- 3 -
G r ü n d e

I.

Auf die am 17. Oktober 2006 beim Deutschen Patent- und Markenamt
eingereichte Patentanmeldung ist das Patent 10 2006 049 808 mit der Bezeich-
nung „Verstellgetriebe für eine Verstelleinrichtung“ erteilt und die Erteilung am
2. Februar 2012 veröffentlicht worden. Eine Teilungserklärung ist am
26. Juni 2009 eingegangen.

Gegen das Patent hat die Einsprechende, die Firma K… GmbH & Co. KG mit
Schriftsatz vom 30. April 2012, der am selben Tag beim Deutschen Patent- und
Markenamt eingegangen ist, form- und fristgerecht Einspruch erhoben und zuletzt
den Widerruf des Streitpatents in vollem Umfang beantragt.
Sie stützt ihren Einspruch auf den Widerrufsgrund des § 21 Abs. 1, Nr. 1 PatG und
ist der Auffassung, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht patentfähig
sei, da er nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Im Laufe des Verfahrens sind folgende Druckschriften in Betracht gezogen
worden:

D1: DE 198 61 100 A1
D2: DE 103 37 475 A1
D3: DIN 137
D4: DIN 42 013
D5: DE 600 27 410 T2
D6: DE 198 24 382 A1
D7: Wikimedia Foundation Inc.; Seite „Schraubensicherung“. In:
Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. 16.11.2012. URL
http://de.wikipedia.org/wiki/Schraubensicherung, [abgerufen
am 20.11.2012].
- 4 -
D8: DE 10 2006 011 718 A1
D9: DE 10 2005 046 354 A1
D10: DE 101 39 631 A1
D11: DE 198 11 977 A1
D12: DE 23 12 395 C2
D13: GB 2 404 704 A
D14: US 5 613 402 A
D15: US 3 721 133 A

Die Patentinhaberin ist den Ausführungen der Einsprechenden entgegengetreten
und hat sich im Übrigen mit weiteren Hilfsanträgen verteidigt.

Mit dem am Ende der Anhörung vom 13. Juni 2013 verkündeten Beschluss, der
am 8. Oktober 2013 erstellt und den Beteiligten zugestellt worden ist, hat die
Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent mit den
als Hilfsantrag 1 in der Anhörung am 13. Juni 2013 eingegangenen Unterlagen
beschränkt aufrechterhalten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden. Die
Einsprechende und frühere Beschwerdeführerin hat nach Umfirmierung in
… GmbH & Co. KG ihren das Streitpatent berührenden
Geschäftsbereich, zu dem auch das Geschäftsfeld der Fahrzeugsitze gehört, mit
Vertrag vom 11. August 2016 auf die jetzige Beschwerdeführerin übertragen.
Diese hat mit Schriftsatz vom 6. Januar 2017 die Übertragung der
Verfahrensbeteiligung beantragt. Die Einsprechende hat erklärt, dass sie aus dem
Einspruchsbeschwerdeverfahren ausscheidet. Die Patentinhaberin und
Beschwerdegegnerin hat mit Schriftsatz vom 10. Februar 2017 ihre Zustimmung
zu dem Beteiligtenwechsel erklärt.
Die Beschwerdeführerin vertritt weiterhin die Auffassung, der Gegenstand des
geltenden Patentanspruchs 1 sei gegenüber dem Stand der Technik nicht
patentfähig, insbesondere beruhe er gegenüber dem Stand der Technik nach der
- 5 -
D1 in Verbindung mit dem Fachwissen eines Fachmanns nicht auf erfinderischer
Tätigkeit.

Zur weiteren Verteidigung legt die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung
vom 23. November 2017 zwei neue Hilfsanträge vor.

Die Beschwerdeführerin sieht auch den Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 als
nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhend an, da das dort ergänzte Merkmal
lediglich handwerklicher Natur sei.

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin stellt den Antrag,

den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 1.11 des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. Juni 2013 aufzu-
heben und das Patent 10 2006 049 808 zu widerrufen.

Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen;

hilfsweise,
das Patent mit Ansprüchen 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag I vom
23. November 2017 beschränkt aufrecht zu erhalten;

hilfsweise,
das Patent mit Ansprüchen 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag II vom
23. November 2017 beschränkt aufrecht zu erhalten.

Die Patentinhaberin widerspricht den Ausführungen der Einsprechenden und ist
der Auffassung, der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 beruhe gegen-
über der D1 schon deshalb auf erfinderischer Tätigkeit, weil die D1 lehre, eine
- 6 -
Wellscheibe als Spielausgleich zu verwenden, wohingegen das Streitpatent hierfür
Federscheiben verwende, die nach DIN-Norm (D3) aus Federstahl bestehen
müssen.

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag in der von der Patent-
abteilung aufrechterhaltenen Fassung lautet mit einer vom Senat ergänzten
Merkmalsgliederung:

1.1. Verstellgetriebe (2) für eine Verstelleinrichtung zur Einstellung
eines Verstellteils in einem Kraftfahrzeug, insbesondere eines Sitz-
teils, mit

2. einem Getriebegehäuse (23),

3. einem Schraubrad (22), das auf einer sich in eine Längsrichtung (X)
erstreckenden Spindel der Verstelleinrichtung anzuordnen und um die
Längsrichtung (X) drehbar am Getriebegehäuse (23) gelagert ist,

4. einer Antriebsschnecke (21), die drehbar am Getriebegehäuse (23)
gelagert ist und zum Antreiben der Verstelleinrichtung mit dem
Schraubrad (22) zusammenwirkt und

5. einem zusätzlichen, am Getriebegehäuse (23) angeordneten Mittel,
das zwischen dem Getriebegehäuse (23) und dem Schraubrad (22)
und/oder der Antriebsschnecke (21) zur Reduzierung des Spiels zwi-
schen dem Getriebegehäuse (23) und dem Schraubrad (22) und/oder
der Antriebsschnecke (21) wirkt,

dadurch gekennzeichnet,

- 7 -
6. dass als Mittel zur Reduzierung des Spiels zwischen dem
Getriebegehäuse (23) und dem Schraubrad (22) eine Feder-
scheibe (235) zwischen dem Getriebegehäuse (23) und dem Schraub-
rad (22) angeordnet ist,

7. die das Schraubrad (22) in Längsrichtung (X) relativ zum Getriebege-
häuse (23) vorspannt,

8. wobei zur Abstützung des Schraubrads (22) in Längsrichtung (X) am
Getriebegehäuse (23) beidseitig des Schraubrads (22) jeweils eine
Federscheibe (235) vorgesehen ist.

In dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I ist gegenüber dem Patent-
anspruch 1 gemäß Hauptantrag jeweils das Merkmal 9 ergänzt:

9. wobei die Federscheiben (235) zwischen dem Getriebegehäuse (23)
und dem Schraubrad (22) durch Laserschweißen, Ultraschallschwei-
ßen, Vibrationsschweißen Kleben oder Heißverprägen am Getriebege-
häuse (23) fixiert sind.

Hinsichtlich des Wortlauts der weiteren unabhängigen und abhängigen
Patentansprüche hinsichtlich Hauptantrag und Hilfsantrag I wird auf den Inhalt der
Akten verwiesen.

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II lautet mit einer vom Senat
ergänzten Merkmalsgliederung:

1. Verstellgetriebe (2) für eine Verstelleinrichtung zur Einstellung eines
Verstell-teils in einem Kraftfahrzeug,

1.1. insbesondere eines Sitzteils, mit
- 8 -
2. einem Getriebegehäuse (23),

3. einem Schraubrad (22), das auf einer sich in eine Längsrichtung (X)
erstreckenden Spindel der Verstelleinrichtung anzuordnen und um die
Längsrichtung (X) drehbar am Getriebegehäuse (23) gelagert ist,

4. einer Antriebsschnecke (21), die drehbar am Getriebegehäuse (23)
gelagert ist und zum Antreiben der Verstelleinrichtung mit dem
Schraubrad (22) zusammenwirkt und

5. einem zusätzlichen, am Getriebegehäuse (23) angeordneten Mittel,
das zwischen dem Getriebegehäuse (23) und dem Schraubrad (22)
und/oder der Antriebsschnecke (21) zur Reduzierung des Spiels zwi-
schen dem Getriebegehäuse (23) und dem Schraubrad (22) und/oder
der Antriebsschnecke (21) wirkt,

dadurch gekennzeichnet,

6A. dass als Mittel zur Reduzierung des Spiels zwischen dem
Getriebegehäuse (23) und dem Schraubrad (22) mindestens ein
keilförmiger Vorsprung (231) am Getriebegehäuse (23) vorge-
sehen ist, (wobei)

7A. der mindestens eine keilförmige Vorsprung (231) mit einer in
dem Schraubrad (22) ausgebildeten, radialen Nut (223) zusam-
menwirkt.

Der nebengeordnete Patentanspruch 3 in der Fassung gemäß Hilfsantrag II
enthält gegenüber dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 anstelle der Merkmale 6A
und 7A das folgende Merkmal 6B:

- 9 -
6B. dass als Mittel zur Reduzierung des Spiels zwischen dem
Getriebegehäuse (23) und dem Schraubrad (22) mindestens
eine in Längsrichtung (X) zum Schraubrad (22) weisende, end-
seitig am Getriebegehäuse (23) angeordnete Auswölbung (233)
ausgebildet ist.

Wegen weiterer Einzelheiten sowie des Wortlauts der weiteren unabhängigen
oder abhängigen Patentansprüche der jeweiligen Anträge wird auf den Inhalt der
Akten verwiesen.


II.

1. Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig.

Der Übergang der Beteiligtenstellung als Einsprechende und Beschwerdeführerin
auf die Erwerberin des das Streitpatent berührenden Geschäftsbereichs der
Einsprechenden war gemäß §§ 59, 74 Abs. 1, 99 Abs. 1 PatG in Verbindung mit
§ 263 ZPO analog zuzulassen, nachdem die Beschwerdegegnerin dem Beteilig-
tenwechsel zugestimmt hat (BPatGE 42, 225.)

Die Beschwerde führt gemäß § 79 Abs. 1 PatG zur Aufhebung des angefochtenen
Beschlusses und zur beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents.

2. Das Streitpatent betrifft nach geltendem Patentanspruch 1 ein Verstellge-
triebe für eine Verstelleinrichtung.

Derartige Verstellgetriebe finden nach den Ausführungen in Absatz [0002] der
Streitpatentschrift Verwendung zur Einstellung eines Verstellteils in einem
Kraftfahrzeug, insbesondere eines Sitzteils eines Fahrzeugsitzes, und weisen
üblicherweise ein Getriebegehäuse, ein Schraubrad und eine Antriebsschnecke
- 10 -
auf. Das Schraubrad ist derart ausgebildet und angeordnet, dass es mit einer sich
in eine Längsrichtung erstreckenden Spindel der Verstelleinrichtung zusammen-
wirken kann, und ist um die durch die Spindel definierte Längsrichtung drehbar im
Getriebegehäuse gelagert. Die Antriebsschnecke ist ebenfalls drehbar im
Getriebegehäuse gelagert und wirkt zum Antreiben der Verstelleinrichtung mit
dem Schraubrad zusammen.

Nach den Ausführungen in Absatz [0004] und [0005] der geltenden Beschreibung
können sowohl das Schraubrad als auch die Antriebsschnecke ein gewisses Spiel
relativ zum Getriebegehäuse aufweisen, das durch Toleranzen in der Ausbildung
des Getriebegehäuses und/oder des Schraubrads oder der Antriebsschnecke
bedingt ist und zu einer ungenügenden Lagerung des durch das Verstellgetriebe
zu verstellenden Verstellteils und zu einer Geräuschentwicklung (Klappern) führen
kann, die insbesondere bei Richtungsänderungen der Verstelleinrichtungen, also
bei einem Wechsel der Bewegungsrichtung während des Verstellens, auftritt.

Daher besteht gemäß der geltenden Beschreibungseinleitung, Absatz [0010], die
Aufgabe der Erfindung darin, ein Verstellgetriebe zur Verfügung zu stellen, das bei
kompaktem Aufbau unter Verwendung möglichst leichter und kostengünstiger
Materialien eine weitestgehend spielfreie Lagerung der beweglichen Komponen-
ten des Verstellgetriebes ermöglicht. Insbesondere soll nach den Ausführungen im
Schriftsatz vom 3. April 2017 aufgrund der Vorspannung beidseitig des Schraub-
rads ein elastischer Spielausgleich im Sinne einer dynamischen Dämpfung
bereitgestellt werden, aufgrund dessen ein harter Anschlag des Schraubrads am
Getriebegehäuse beidseitig vermieden werde und der Spielausgleich somit
unabhängig von der Bewegungsrichtung wirke.
Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt gemäß den Ausführungen in Absatz [0011] der
geltenden Beschreibung durch die Merkmale der jeweils unabhängigen
Patentansprüche entsprechend den jeweiligen Antragssätzen:

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Als Fachmann ist vorliegend ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinen-
bau mit zumindest Fachhochschulausbildung anzusehen, der mehrjährige
Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Verstellgetrieben aufweist.

3. Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag beruht gegenüber dem Stand
der Technik nach der D1 in Verbindung mit dem Fachwissen des Fachmanns nicht
auf erfinderischer Tätigkeit, § 4 PatG.

Den nächstliegenden Stand der Technik und den Ausgangspunkt bildet vorliegend
die von der Einsprechenden genannte Druckschrift D1, aus der bereits ein
Verstellgetriebe für eine Verstelleinrichtung zur Einstellung eines Verstellteils in
einem Kraftfahrzeug, insbesondere eines Sitzteils beschrieben ist (Merkmale 1
und 1.1), mit einem Getriebegehäuse (7) und einem Schraubrad (92), das auf
einer sich in eine Längsrichtung erstreckenden Spindel (5) der Verstelleinrichtung
anzuordnen und um die Längsrichtung drehbar am Getriebegehäuse (7) gelagert
ist (Merkmale 2 und 3).
Das bekannte Verstellgetriebe hat entsprechend den Merkmalen 4 und 5 eine
Antriebsschnecke (91), die drehbar am Getriebegehäuse (7) gelagert ist und zum
Antreiben der Verstelleinrichtung mit dem Schraubrad (92) zusammenwirkt (vgl.
Fig. 4 und Spalte 4, Z. 12 - 18) sowie zusätzliche, am Getriebegehäuse angeord-
nete Mittel (Scheiben 95, 96 und Wellenscheiben 95', 96'), die zwischen den
Gehäuseplatten (71a, 71b, 72a, 72b) des Getriebegehäuses (7) und dem
Schraubrad (92) und/oder der Antriebsschnecke (91) zur Reduzierung des Spiels
zwischen dem Getriebegehäuse (7) und dem Schraubrad (92) und/oder der
Antriebsschnecke (91) wirken (vgl. Fig. 4 und Spalte 4, Zeilen 27 - 39).

Darüber hinaus ist auch bei dem bekannten Verstellgetriebe nach der Druckschrift
D1 als Mittel zur Reduzierung des Spiels (Axialspielausgleich) zwischen dem
Getriebegehäuse (7) und dem Schraubrad (92) eine als Wellenscheibe (96')
beschriebene Federscheibe zwischen dem Getriebegehäuse (7) und dem
Schraubrad (92) angeordnet, die nach den Ausführungen in Spalte 4, Zei-
- 12 -
len 27 - 39 das Schraubrad (92) in Längsrichtung relativ zum Getriebegehäuse (7)
vorspannt, so dass auch die Merkmale 6 und 7 aus der D1 bekannt sind. Denn der
Fachmann kennt „Wellenscheiben“ als mit Wellungen versehene Scheiben, die
bereits aufgrund der Wellungen und der Elastizität des Materials eine
Vorspannung aufbringen, wozu beispielsweise auf die D7, Seite 4 unter dem
Punkt „selbst- oder fremdhemmende Schraubensicherungen zur Aufrechterhal-
tung der Vorspannung:“ verwiesen wird, woraus zweifelsfrei hervorgeht, dass
Wellenscheiben eine Vorspannung aufbringen und deshalb (früher) in der Praxis
häufig auch als Schraubensicherungen eingesetzt wurden. Denn um die dort
beschriebene Vorspannung aufrechterhalten zu können, müssen die
Wellenscheiben eine elastisch federnde Wirkung entfalten können. Bereits aus
diesem Grund sind die Wellenscheiben der D1 als federnde Scheiben bzw.
Federscheiben im Sinne des Streitpatents anzusehen.
Darüber hinaus ist in Spalte 4, Zeilen 38 und 39 der D1 wörtlich beschrieben, dass
die Wellenscheiben (95', 96') zum Axialspielausgleich dienen, woraus sich dem
Fachmann unmittelbar und eindeutig erschließt, dass dies aufgrund der vorspan-
nenden und federnden Eigenschaften der Wellenfeder erfolgt und nicht - wie die
Patentinhaberin vorträgt - Wellenscheiben eine Spielfreimachung „auf Block“
ermöglichen, wozu der Fachmann herkömmliche (ungewellte) Scheiben verwen-
det hätte, die engere Toleranzen haben und natürlich auch billiger in der Her-
stellung sind.
Die Wellen- bzw. Federscheiben des bekannten Verstellgetriebes nach der D1
sind aber abweichend vom Merkmal 8 des geltenden Patentanspruchs 1 nicht
beidseitig, sondern nur einseitig am Schraubrad angeordnet, weshalb der Gegen-
stand des Streitpatents nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag neu ist gegen-
über der D1.
Wenn bei dem bekannten Verstellgetriebe nach der D1 in bestimmten
Anwendungssituationen der (einseitige) elastische Spielausgleich nicht ausreicht
oder eine dynamische Dämpfung lediglich in einer Bewegungsrichtung stattfindet,
während in der anderen Bewegungsrichtung ein unerwünschter harter Anschlag
des Schraubrads am Getriebegehäuse stattfindet, wiederholt der Fachmann ohne
- 13 -
weiteres (insbesondere ohne jegliche erfinderische Tätigkeit) auch in der anderen
Bewegungsrichtung diejenige Maßnahme, die in der ersten Bewegungsrichtung
zum erwünschten Erfolg geführt hat, nämlich eine (weitere) Wellen- bzw. Feder-
scheibe auch an der anderen Seite des Schraubrads vorzusehen.
Daher gelangt der Fachmann, ausgehend von dem bekannten Verstellgetriebe
nach der Druckschrift D1 mit den Merkmalen 1 bis 7 ohne erfinderische Tätigkeit
allein mit fachmännischen Überlegungen zum Gegenstand des Patentanspruchs 1
gemäß Hauptantrag.

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag I beruht eben-
falls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag I ist bezüglich der Merkmale 1 bis 8
identisch mit dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag, so dass das Fehlen der
erfinderischen Tätigkeit diesbezüglich übereinstimmend zu beurteilen ist. Auf die
entsprechenden Ausführungen zum Hauptantrag wird verwiesen.
In der Druckschrift D1 ist in Spalte 5, Zeilen 25 bis 35 beschrieben, dass derartige
Verstellgetriebe häufig automatisch montiert werden, wozu die Antriebsschnecke,
Spindelmutter, Scheiben sowie Wellenscheiben und Gehäuse vormontiert werden.
Die Wellen- bzw. Federscheiben liegen aufgrund ihrer federnden Wellungen nicht
plan am Schraubrad an und können daher bei der Vormontage von den Wellen-
stummeln rutschen, was zu einer typischen Fehlmontage führt.
Der Fachmann ist stets darauf bedacht, durch konstruktive Mittel die Prozess-
sicherheit bei der Montage seiner Produkte sicher zu stellen. Sofern der
Fachmann bei der Vormontage der Getriebeelemente nach der D1 feststellt, dass
die Wellen- bzw. Federscheiben im Rahmen der Vormontage von den Wellen-
stummeln rutschen können, zieht er aufgrund seines Fachwissens auch eine
Fixierung der Wellen- bzw. Federscheiben am Getriebegehäuse in Betracht, wozu
er auch die typischen Befestigungsverfahren wie beispielsweise Schweißen oder
Kleben erwägt.
- 14 -
Damit erschließt sich dem Fachmann auch das Merkmal 9 des Patentanspruchs 1
gemäß Hilfsantrag 1 aufgrund seines Fachwissens, so dass auch der Patentan-
spruch gemäß Hilfsantrag I nicht rechtsbeständig ist.

5. Mit den Patentansprüchen 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag I fallen
aufgrund der Antragsbindung auch sämtliche unabhängigen Patentansprüche der
jeweiligen Anträge, ohne dass es einer Prüfung und Begründung dahin bedarf, ob
einer dieser Patentansprüche etwas Schutzfähiges enthält (BGH, GRUR 1997,
120 - Elektrisches Speicherheizgerät).

6. Demgegenüber sind die geltenden Patentansprüche gemäß Hilfsantrag II
zulässig und ihre Gegenstände patentfähig, weil sie neu sind und sich nicht in
naheliegender Weise aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik ergeben.

6.1. Die Merkmale der geltenden Patentansprüche gemäß Hilfsantrag II sind in
den Ursprungsunterlagen offenbart.
Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 enthält die Merkmale der
ursprünglichen Ansprüche 1, 13 und 15.
Der geltende Patentanspruch 2 enthält die Merkmale des ursprünglichen An-
spruchs 16.
Der geltende Patentanspruch 3 enthält die Merkmale der ursprünglichen Ansprü-
che 1 und 19.
Die geltenden Patentansprüche 4 bis 7 entsprechen den ursprünglichen Ansprü-
chen 20 bis 22 und 28.
Die Merkmale der geltenden Patentansprüche 8 bis 10 sind im Absatz 1 der
Seite 17 der ursprünglichen Beschreibung offenbart.
Die geltenden Patentansprüche sind also ursprünglich offenbart und somit
zulässig.

- 15 -
6.2. Die Neuheit des zweifellos gewerblich anwendbaren Verstellgetriebes
gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag II ist gegeben.

Die Druckschriften D3, D4, D5 sowie D7 haben kein Verstellgetriebe zum Inhalt.
Die D1 offenbart lediglich Wellenscheiben als Spielausgleich in einem Verstell-
getriebe, so dass dort die Merkmale 6A und 7A nicht verwirklicht sind.
Die Druckschriften D2, D6, D8, D9, D10, D11, D12, D13, D14 sowie D15 zeigen
jeweils ein Verstellgetriebe, das die Merkmale 1 bis 5 des geltenden Patentan-
spruchs 1 des Hilfsantrags II aufweist. Mit Ausnahme der D12 verwendet keine
dieser bekannten Verstellgetriebe einen keilförmigen Vorsprung als Mittel zum
Spielausgleich entsprechend Merkmal 6A. Jedoch wirkt bei der D12 anders als
beim Streitpatent nach Merkmal 7A gemäß Hilfsantrag 2 der keilförmige Vor-
sprung nicht mit einer in dem Schraubrad ausgebildeten Nut zusammen, sondern
dient als Gegenlager für einen federnd gelagerten Axialdruckkörper. Daher zeigt
die D12 nicht das Merkmal 7A.

6.3. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag II
beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Die Druckschrift D9 ist nachveröffentlicht und daher bei der Beurteilung der
erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.
Nächstliegenden Stand der Technik und einen geeigneten Ausgangspunkt bildet
das bekannte Verstellgetriebe gemäß der Druckschrift D1, weil es ein Verstellge-
triebe mit den Merkmalen 1 bis 5 des geltenden Patentanspruchs 1 des Hilfs-
antrags II aufweist und darüber hinaus bereits Maßnahmen zum axialen
Spielausgleich der beweglichen Komponenten des Verstellgetriebes verwirklicht
hat.
Sofern der in der Druckschrift D1 verwendete axiale Spielausgleich nicht
ausreicht, wird der Fachmann andere bekannte Maßnahmen zum Axialspiel-
ausgleich in Betracht ziehen.

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Die Druckschrift D12 lehrt den Fachmann, das Axialspiel der Schneckenwelle (R1)
durch einen senkrecht zur Schneckenwelle (R1) angeordneten, federnd gelager-
ten Axialdruckkörper (26, 26a) auszugleichen, der über eine axial bewegliche
Hülse (14, 14a) an einem abgerundeten Ende (16) der Schneckenwelle (R1)
angreift und sich an einem keilförmig ausgebildeten Gehäusebereich abstützt.
Dies führt den Fachmann jedoch nicht zu der streitpatentgemäßen Ausgestaltung
des axialen Spielausgleichs, bei dem der keilförmige Vorsprung am Getriebe-
gehäuse mit einer in dem Schraubrad ausgebildeten, radialen Nut zusammen-
wirkt, sondern zu einer andersartigen Lösung.

Die bekannten Verstellgetriebe nach den Druckschriften D6, D8, D9, D10, D11,
D13, D14 sowie D15 bleiben hinter dem zurück, was aus der D12 dem Fachmann
bekannt geworden ist, weil sie andere Möglichkeiten zum Spielausgleich beschrei-
ben und weder einen keilförmigen Vorsprung noch eine radiale Nut aufweisen, die
mit dem keilförmigen Vorsprung zum Zwecke des Spielausgleichs zusammen-
wirkt.
Daher führen diese Druckschriften den Fachmann weder für sich noch in
Kombination untereinander oder mit der D1 und selbst in Verbindung mit Fach-
wissen nicht zum Streitpatentgegenstand.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Fachmann nicht in naheliegender
Weise zum Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag II
des Streitpatents gelangt. Die beanspruchte Lehre war auch nicht durch einfache
fachübliche Erwägungen ohne weiteres auffindbar; vielmehr bedurfte es darüber
hinaus gehender Gedanken und Überlegungen, die auf erfinderische Tätigkeit
schließen lassen, um zur beanspruchten Lösung zu gelangen.

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag II ist daher gewährbar.

6.4. Auch die Neuheit des zweifellos gewerblich anwendbaren Verstellgetriebes
gemäß dem nebengeordneten Patentanspruch 3 nach Hilfsantrag II ist gegeben.
Die Druckschriften D3, D4, D5 sowie D7 haben kein Verstellgetriebe zum Inhalt.
- 17 -
Die o. g. D1 offenbart lediglich Wellenscheiben als Spielausgleich in einem
Verstellgetriebe, so dass dort das Merkmal 6B nicht verwirklicht ist.
Die Druckschriften D2, D6, D8, D9, D10, D11, D13, D14 sowie D15 zeigen jeweils
ein gattungsgemäßes Verstellgetriebe mit den Merkmalen 1 bis 5 gemäß
Patentanspruch 3 des Hilfsantrags II, wobei jedoch keines dieser Verstellgetriebe
eine in Längsrichtung zum Schraubrad weisende, endseitig am Getriebegehäuse
angeordnete Auswölbung entsprechend Merkmal 6B als Mittel zur Reduzierung
des Axialspiels aufweist.

6.5. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 3 gemäß Hilfsantrag II
beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit. Dies hat die Einsprechende auch nicht in
Zweifel gezogen.
Wie vorstehend zur Neuheit des Patentanspruchs 3 gemäß Hilfsantrag II beschrie-
ben, weist keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften das Merkmal 6.B
geltenden des Patentanspruchs 3 gemäß Hilfsantrag 2 auf. Weil somit keine der
vorgenannten Druckschriften D1 bis D15 eine in Längsrichtung zum Schraubrad
weisende, endseitig am Getriebegehäuse angeordnete Auswölbung als Mittel zur
Reduzierung des Axialspiels aufweist, können sie weder für sich gesehen noch in
Kombination untereinander den Fachmann dazu anregen, ein Verstellgetriebe
dahingehend auszugestalten.
Die beanspruchte Lehre war auch nicht durch einfache fachübliche Erwägungen
ohne weiteres auffindbar; vielmehr bedurfte es darüber hinaus gehender Gedan-
ken und Überlegungen, die auf erfinderische Tätigkeit schließen lassen, um zur
beanspruchten Lösung zu gelangen.

Der geltende Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag II hat daher auch Bestand

6.6. Die geltenden Unteransprüche 2, 4 bis 10 betreffen zweckmäßige Ausge-
staltungen des streitpatentgemäßen Verstellgetriebes nach Patentanspruch 1
oder 3 gemäß Hilfsantrag II, die über Selbstverständlichkeiten hinausreichen.

- 18 -
Sie haben daher ebenfalls Bestand.


III.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die
Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird,
dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

- 19 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch
eine beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Dr. Zehendner Rippel Uhlmann Brunn

Pr


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