8 W (pat) 30/14  - 8. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



8 W (pat) 30/14
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
10. August 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 103 62 274




- 2 -











hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 10. August 2017 durch den Vorsitzenden Richter
Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie den Richter Dipl.-Ing. Rippel, die Richte-
rin Uhlmann und den Richter Dipl.-Ing. Brunn

beschlossen:

Auf die Beschwerden der Einsprechenden wird der Beschluss der
Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
13. Mai 2014 aufgehoben.

Das Patent 103 62 274 wird beschränkt aufrecht erhalten mit fol-
genden Unterlagen:

Ansprüche 1 bis 14, überreicht in der mündlichen Verhandlung
vom 10. August 2017 als Hilfsantrag 1;

Beschreibung Seiten 2 bis 4 und 6 bis 8 gemäß Patentschrift,
Seite 5 überreicht in der mündlichen Verhandlung vom
10. August 2017;
Zeichnungen Figuren 1 bis 3 gemäß Patentschrift.
Die weitergehenden Beschwerden werden zurückgewiesen.
- 3 -


G r ü n d e

I.


Auf die aus der am 16. Dezember 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt
eingereichten Patentanmeldung 103 58 901 (Stammanmeldung) durch Teilungser-
klärung abgetrennte Teilanmeldung, die die inneren Prioritäten der deutschen
Patentanmeldungen 103 15 567 vom 5. April 2003 und 103 50 297 vom
28. Oktober 2003 in Anspruch nimmt, ist das Patent 103 62 274 mit der Bezeich-
nung „Torsionsschwingungsdämpfer“ erteilt und die Erteilung am 11. April 2013
veröffentlicht worden.

Gegen das Patent haben die Beschwerdegegnerinnen mit Schriftsätzen vom
17. April 2013, die beide am selben Tag beim Deutschen- Patent- und Markenamt
eingegangen sind, form- und fristgerecht Einspruch erhoben und den Widerruf des
Streitpatents in vollem Umfang beantragt.

Zur Stützung ihrer Einsprüche haben die Einsprechenden im Laufe des Verfah-
rens folgende Druckschriften genannt:

D1: DE 43 33 562 A1
D2: DE 32 22 119 C1
D3: DE 44 23 640 A1
D4: DE 195 14 411 A1
D5: DE 39 34 798 A1

- 4 -
D6: DE 199 20 542 A1
D7: DE 101 23 615 A1
D8: DE 39 38 724 A1
D9: US 5 937 978 A
D10: JP 2001 / 317 610 A
D11: DE 196 54 894 A1
D12: DE 36 30 398 A1
D13: DE 102 36 752 A1 (nachveröffentlicht)
D14: US 2001 / 0052443 A1 (Familie zu D7)
D15: US 5 088 964 A
D16: DE 198 39 528 A1
D17: DE 36 09 149 A1
D18: DE 35 05 069 C1

Zur Begründung hat die Einsprechende zu 1) vorgetragen, der Gegenstand des
Patents sei unzulässig erweitert. Zudem sei er gegenüber der D9 oder der D13
nicht neu oder beruhe zumindest insoweit sowie gegenüber einer Vielzahl von
Kombinationen, insbesondere der Druckschriften D1 und D9, D1 und D8, D5 und
D9, D5 und D8, D5 und D11, D7 und D9, D10 und D9, D11 und D12, D12 und
D11 bzw. in Verbindung mit dem Fachwissen des Fachmanns nicht auf erfinderi-
scher Tätigkeit.

Die Einsprechende zu 2) hat im Einspruchsverfahren vorgetragen, der Gegen-
stand des Patents sei gegenüber der D5 oder der D14 nicht neu oder beruhe zu-
mindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Gleiches gelte gegenüber einer Zusam-
menschau der Druckschriften D1 und D8.

- 5 -
Die Patentinhaberin hat den Ausführungen der Einsprechenden widersprochen
und sich im Übrigen mit geänderten Patentansprüchen verteidigt.

Mit dem in der Anhörung vom 13. Mai 2014 verkündeten Beschluss hat die Patent-
abteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent mit den mit
Schriftsatz vom 29. November 2013 eingereichten und am 2. Dezember 2013
eingegangenen Unterlagen beschränkt aufrechterhalten.

Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden beider Einsprechenden.

Die Beschwerdeführerin zu 1) ist der Auffassung, das Streitpatent sei schon des-
halb unzulässig, weil sein Gegenstand gegenüber den mit der Teilungserklärung
eingereichten Unterlagen unzulässig erweitert sei. Für die Frage der unzulässigen
Erweiterung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG sei – wegen der Zäsurwirkung des
Erteilungsbeschlusses – nicht auf die Ursprungsoffenbarung der Stammanmel-
dung, sondern auf die im Zusammenhang mit der Teilungserklärung eingereichten
Unterlagen zurückzugreifen. Dies ergebe sich auch aus dem Wortlaut von § 21
Abs. 1 Nr. 4 PatG. Gemäß Halbsatz 1 dieser Vorschrift dürfe der Gegenstand des
Patents nicht über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgehen, in der
sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich
eingereicht worden sei. Dies sei im Fall einer Teilanmeldung die Fassung der Teil-
anmeldung, das heißt der Anmeldetext, der mit der Teilanmeldung eingereicht
werde. Zum anderen dürfe nach Halbsatz 2 bei einer Teilanmeldung der Gegen-
stand nicht über den Inhalt der früheren Anmeldung hinausgehen, in der sie bei
der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich
eingereicht worden ist. Dies sei die Fassung der Stammanmeldung, d. h. der An-
meldetext, der mit der Stammanmeldung eingereicht worden sei. Daraus folge,
dass nur ein Offenbarungsgehalt, der beiden Bedingungen genüge, genutzt wer-
den dürfe, um ein neues Merkmal aufzunehmen, jedes Merkmal müsse also so-
wohl in den Unterlagen der Stammanmeldung als auch in den Unterlagen der
Teilanmeldung enthalten sein. Anderenfalls komme nämlich § 21 Abs. 1 Nr. 4 HS
- 6 -
2 PatG keinerlei eigenständiger Regelungsgehalt gegenüber dem 1. Halbsatz zu.
Diesen Anforderungen genügten mehrere Merkmale, insbesondere die Ergän-
zung, dass die Zusatzmasse eine „von einem Turbinenrad (19) unabhängige“ Zu-
satzmasse ist, nicht. Sie seien zwar in den Unterlagen der Stammanmeldung,
nicht aber in den Teilungsunterlagen enthalten und erweiterten deshalb den
Streitpatentgegenstand in unzulässiger Weise gegenüber der abgetrennten Fas-
sung des erteilten Streitpatents. Die Beschwerdeführerin zu 1 regt an, zu der
Frage ob im Fall einer Teilung für die Frage der unzulässigen Erweiterung des
Patentgegenstands auf die Unterlagen der Stammanmeldung oder die Teilungs-
unterlagen abzustellen ist, die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zuzu-
lassen.

Beide Beschwerdeführerinnen vertreten im Übrigen die Auffassung, der Gegen-
stand des geltenden Patentanspruchs 1 sei gegenüber dem Stand der Technik
nicht patentfähig, insbesondere beruhe er gegenüber dem Stand der Technik nach
der D5 in Verbindung mit dem Fachwissen eines Fachmanns oder durch eine
Kombination der Druckschriften D5 und D8 bzw. D5 und einer der Druckschriften
D15 bis D18 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Zur weiteren Verteidigung legt die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung
vom 10. August 2017 einen neuen Hauptantrag vor.

Die Beschwerdeführerin zu 1) hält auch die geltenden Patentansprüche für nicht
zulässig, weil der Patentanspruch 1 weiterhin in nicht zulässiger Weise erweitert
worden sei, da er nach wie vor die strittige Textstelle enthalte und auch im Übrigen
vom Wortlaut des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 abweiche.

- 7 -
Die Einsprechenden und Beschwerdeführerinnen stellen den Antrag,

den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 11 des Deut-
schen Patent- und Markenamtes vom 13. Mai 2014 aufzuheben
und das Patent 103 62 274 vollständig zu widerrufen.

Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,

die Beschwerden zurückzuweisen und das Patent 103 62 274
gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2017
überreichten bisherigen Hilfsantrag 1 mit Ansprüchen 1 bis 14 und
geänderter Seite 5 der Beschreibung aufrechtzuerhalten.

Die Patentinhaberin widerspricht den Ausführungen der Einsprechenden und hält
die geltenden Patentansprüche für zulässig. Insbesondere enthalte der geltende
Anspruch 1 keine Erweiterung, sondern beschränke den erteilten Gegenstand in
zulässiger Weise. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 sei gegen-
über den im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen neu und beruhe auf erfin-
derischer Tätigkeit.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet mit einer vom Senat ergänzten Merkmals-
gliederung:

1. Torsionsschwingungsdämpfer (80) an einer hydrodynamischen
Kupplungsanordnung, umfassend:
2. ein antriebsseitiges Übertragungselement (78),
3. ein Zwischen-Übertragungselement (94),
3.1. das gegen die Wirkung sich an dem Zwischen-Übertragungselement
(94) abstützender erster Energiespeicher (86) bezüglich des an-
triebsseitigen Übertragungselements (78) um eine Drehachse (3)
- 8 -
drehbar ist,
4. und ein abtriebsseitiges Übertragungselement (104),
4.1. das gegen die Wirkung sich an dem Zwischen-Übertragungselement
(94) abstützender zweiter Energiespeicher (100) bezüglich des Zwi-
schen-Übertragungselements (94) um die Drehachse (3) drehbar ist,
5. wobei ein Turbinenrad (19) der hydrodynamischen Kupplungsanordnung (1)
gemeinsam mit dem abtriebsseitigen Übertragungselement (104; 106) drehfest
mit einem abtriebsseitigen Bauteil (33; 116) der hydrodynamischen Kupp-
lungsanordnung (19) verbunden ist,
6. wobei an dem Zwischen-Übertragungselement (94) ein Masseelement
(112) festgelegt ist,
dadurch gekennzeichnet,
7. dass das Masseelement (112) eine von einem Turbinenrad (19)
unabhängige Zusatzmasse (114) umfasst und
8. das Masseelement (112) einen am Zwischen-Übertragungselement (94)
befestigten Träger (118) für die Zusatzmasse (114) umfasst.

Der nebengeordnete Patentanspruch 10 lautet:

„Hydrodynamische Kupplungsanordnung mit einem Torsions-
schwingungsdämpfer (80) nach Anspruch 1 im Drehmomentüber-
tragungsweg zwischen einer Überbrückungskupplung (48) und ei-
nem abtriebsseitigen Bauteil (33), wobei ein Turbinenrad (19) der
hydrodynamischen Kupplungsanordnung mit dem abtriebsseitigen
Bauteil (33) zur Übertragung von Drehmoment gekoppelt ist,
dadurch gekennzeichnet, dass das Turbinenrad (19) drehfest mit
dem abtriebsseitigen Bauteil (33) verbunden ist.“

- 9 -
Wegen weiterer Einzelheiten sowie des Wortlauts der weiteren jeweils abhängigen
Patentansprüche wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.


II.

1. Die form- und fristgerecht erhobenen Beschwerden sind zulässig. Sie füh-
ren gemäß § 79 Abs. 1 PatG zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und
zur beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents.

2. Das Streitpatent betrifft nach geltendem Patentanspruch 1 einen Torsions-
schwingungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung.

Nach den Ausführungen in den Absätzen [0011] bis [0014] der Streitpatentschrift
können die bekannten Torsionsschwingungsdämpfer in unterschiedlichen Ausfüh-
rungen jeweils entweder die dritte oder vierte Eigenfrequenz in ausreichender
Weise ausgleichen, jedoch könne gleichzeitig nicht auf die dritte und vierte Eigen-
frequenz Einfluss genommen werden, so dass beim Durchfahren der diesen zu-
geordneten Drehzahlbereiche Geräusche auftreten können.

Daher besteht nach den Ausführungen in Absatz [0015] der Streitpatentschrift die
Aufgabe der Erfindung darin, einen Torsionsschwingungsdämpfer an einer Über-
brückungskupplung einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung so auszubil-
den, dass unerwünschte Geräusche nicht mehr wahrnehmbar sind.

Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt nach den Angaben in der Patentschrift durch
einen Torsionsschwingungsdämpfer gemäß dem geltenden Patentanspruch 1.

Als der zur Beurteilung der Patentfähigkeit zuständige Fachmann ist vorliegend
ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit zumindest Fachhoch-
- 10 -
schulausbildung anzusehen, der mehrjährige Erfahrung in der Entwicklung und
Konstruktion von hydrodynamischen Wandlern aufweist.

3. Einige Merkmale der geltenden Patentansprüche bedürfen einer Ausle-
gung.

Das Streitpatent betrifft nach geltendem Patentanspruch 1 einen Torsionsschwin-
gungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung. Mit den Merk-
malen 2 bis 4.1 werden die wesentlichen Bauteile und deren Zusammenwirken
eines an sich bekannten Torsionsschwingungsdämpfers an einer hydrodynami-
schen Kupplungsanordnung beschrieben, der zwei in Reihe angeordnete Koppel-
vorrichtungen aufweist. Wie in Absatz [0035] der Streitpatentschrift beschrieben
können die in den Merkmalen 2 bis 3.1 aufgeführten Bauteile (antriebsseitiges
Übertragungselement, erste Energiespeicher, Zwischen-Übertragungselement) als
eine antriebsseitige Koppelvorrichtung bezeichnet werden, während die in den
Merkmalen 4 und 4.1 aufgeführten Bauteile als abtriebsseitige Koppelvorrichtung
bezeichnet werden können.

Nach Merkmal 5 ist ein Turbinenrad der hydrodynamischen Kupplungsanordnung
gemeinsam mit dem abtriebsseitigen Übertragungselement drehfest mit einem
abtriebsseitigen Bauteil der hydrodynamischen Kupplungsanordnung verbunden,
so dass keine radiale Relativbewegung zwischen Turbinenrad und abtriebsseiti-
gem Übertragungselement, beispielsweise der Turbinenradnabe, möglich ist.

Nach Merkmal 6 ist an dem Zwischen-Übertragungselement ein Masseelement
festgelegt. Diese Formulierung stellt klar, dass es sich bei dem Masseelement
nicht um die Eigenmasse des Zwischen-Übertragungselements handelt, sondern
um ein weiteres Bauteil mit eigener Masse, das am Zwischen-Übertragungsele-
ment befestigt ist.

- 11 -
Die Merkmale 7 und 8 präzisieren das Merkmal 6 dahingehend, dass das Mas-
seelement eine von dem Turbinenrad unabhängige Zusatzmasse sowie einen am
Zwischen-Übertragungselement befestigten Träger für die Zusatzmasse umfasst.
Der Begriff „Zusatzmasse“ präzisiert somit, dass ein zusätzliches Bauteil mit eige-
ner (nennenswerter) Masse über den Träger an dem Zwischen-Übertragungsele-
ment befestigt ist und geeignet sein muss, die Massenträgheit des Systems zu
erhöhen. Darüber hinaus stellt die Ergänzung „von dem Turbinenrad unabhängige
Zusatzmasse“ klar, dass das Turbinenrad nicht die Zusatzmasse bildet und auch
nicht Teil der Zusatzmasse ist.

4. Die geltenden Patentansprüche sind zulässig. Ihre Gegenstände sind auch
patentfähig, weil sie neu sind und sich nicht in naheliegender Weise aus dem ent-
gegengehaltenen Stand der Technik ergeben.

4.1. Die nunmehr geltend gemachten Patentansprüche führen nicht zu einer
unzulässigen Erweiterung des Patentgegenstands gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG.
Danach ist ein Patent zu widerrufen, wenn der Gegenstand der Anmeldung über
den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Ein-
reichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden
ist. Um festzustellen, ob eine unzulässige Erweiterung des Patentgegenstands
vorliegt, ist der Gegenstand des Patents mit dem Inhalt der ursprünglichen Anmel-
dung zu vergleichen. Weist er ein Merkmal auf, das nicht ursprünglich offenbart
war, liegt eine unzulässige Erweiterung des Patentgegenstands vor. Gegenstand
der Anmeldung ist das, was ein Fachmann dem Gesamtinhalt der ursprünglichen
Anmeldung, also Ansprüchen, Beschreibung und Zeichnungen unter Heranzie-
hung des allgemeinen Fachwissens am Anmeldetag unmittelbar und eindeutig
entnimmt. Im Fall der Teilung der Patentanmeldung gemäß § 39 PatG kann für die
Teilanmeldung der gesamte Inhalt der Ursprungsanmeldung ausgeschöpft wer-
den, da sie zu einer rein verfahrensrechtlichen Teilung des Prüfungsverfahrens
führt. Unter der Ursprungsanmeldung ist der Inhalt der ursprünglichen Stamman-
meldung zu verstehen (BGH GRUR 2000, 688, 689 – Graustufenbild;
- 12 -
BPatGE 40, 282 – Informationsträger; BGHZ 152, 172-182 – Sammelhefter I;
BPatGE 52, 288-289 – Winkelmesseinrichtung (insoweit die Ausführungen BPatG
BPatGE 51, 271-284 bestätigend)). Eine gesonderte Prüfung, ob der Gegenstand
der Patentansprüche auch durch den Offenbarungsgehalt der Teilanmeldung ge-
deckt ist, findet jedenfalls im deutschen Recht – entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführerin zu 1) - nicht statt (BPatG BPatGE 51, 271-284 – Winkelmes-
seinrichtung m. w. N., Schulte § 39 PatG, 10. Aufl. 2017, Rdnr. 42, § 21 PatG
Rdnr. 77; Busse/Keukenschrijver § 39 PatG, 8. Aufl. 2016 Rdnr. 30).

Die Argumentation der Beschwerdeführerin, aus dem Wortlaut von § 21 Abs. 1
Nr. 4 PatG sei zu folgern, dass bei einer Teilanmeldung eine unzulässige Erweite-
rung auch dann vorliege, wenn die Patentansprüche Merkmale enthielten, die
zwar in der Stammanmeldung, nicht aber in der Trennanmeldung offenbart seien,
da andernfalls dem zweiten Halbsatz dieser Regelung kein eigenständiger Rege-
lungsgehalt zukomme, verkennt, dass § 21 Abs. 1 Nr. 4 HS 2 PatG schon nach
seinem Wortlaut kein zusätzliches Prüfungskriterium aufstellt, sondern gerade die
Funktion hat klarzustellen, dass maßgeblich für die Frage der Zulässigkeit einer
Änderung der Patentansprüche auch im Sonderfall der Teilanmeldung nur auf die
ursprüngliche Offenbarung in der Stammanmeldung und nicht auf die mit der
Trennungserklärung eingereichten Unterlagen abzustellen ist.

Im Ergebnis ist vorliegend jedoch eine Entscheidung über diese von der Be-
schwerdeführerin zu 1) aufgeworfene Rechtsfrage letztlich nicht zu treffen. Denn
die Merkmale der geltenden Patentansprüche sind sowohl in den ursprünglich
eingereichten Anmeldungsunterlagen der Stammanmeldung DE 103 58 901 A1
als auch in der durch die Teilung hervorgegangenen Streitpatentschrift offenbart.

4.1.1. Die Merkmale 1 bis 4.1 des geltenden Patentanspruches 1 sind im
Patentanspruch 1 der Stammanmeldung 103 58 901 in Verbindung mit den
Ausführungen in den Absätzen [0046] bis [0048] offenbart, in denen die wesentli-
chen Bauteile eines Torsionsschwingungsdämpfers mit zwei in Reihe geschalteten
- 13 -
Koppelvorrichtungen genannt und deren Zusammenwirken entsprechend der
Merkmale 3.1 und 4.1 im Einzelnen beschrieben ist.

Das Merkmal 5 ist im Absatz [0017] der Stammanmeldung 103 58 901 als bevor-
zugte Ausgestaltung der Erfindung offenbart.

Das Merkmal 6 ist im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 der Stamman-
meldung 103 58 901 in Verbindung mit den Ausführungen im Absatz [0052] offen-
bart.

Die Merkmale der Ansprüche 7 und 8 sind in den Ansprüchen 25 bis 27 der
Stammanmeldung 103 58 901 offenbart. Insbesondere ist im Anspruch 25 auch
die vom Turbinenrad „unabhängige“ Zusatzmasse offenbart.

Entgegen der Auffassung der Einsprechenden bedarf es nicht der Aufnahme wei-
terer Merkmale in den Patentanspruch 1, beispielsweise Merkmale aus dem ur-
sprünglich eingereichten Anspruch 1 betreffend die Koppelvorrichtungen, weil
nach gefestigter Rechtsprechung die ursprünglich eingereichten Ansprüche ledig-
lich als Formulierungsvorschläge anzusehen sind und der geltende Patentan-
spruch die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fachmann sie
ausführen kann, wie die Ausführungen zu II.3 belegen.

Die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 2 sind in dem Anspruch 27 der
Stammanmeldung 103 58 901 i. V. mit der zeichnerischen Darstellung nach den
Figuren 1 und 2 offenbart. Auch die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 3
sind in der Figur 2 der Stammanmeldung 103 58 901 offenbart.

Die Merkmale der geltenden Patentansprüche 4 und 5 sind in den Ansprüchen 26
und 27 offenbart.

Die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 6 sind im Anspruch 28 offenbart.
- 14 -
Die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 7 sind in den Ansprüchen 8 und 15
der Stammanmeldung 103 58 901 offenbart.

Bereits in den Absätzen [0001] und [0024] ist offenbart, dass der streitpatentge-
mäße Torsionsschwingungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsan-
ordnung Verwendung findet, so dass auch ein auf eine hydrodynamische Kupp-
lungsanordnung mit einem Torsionsschwingungsdämpfer nach Anspruch 1 gerich-
teter Patentanspruch grundsätzlich zulässig ist.

Die einzelnen im nebengeordneten Patentanspruch 10 sowie den darauf bezoge-
nen Unteransprüchen 11 bis 14 enthaltenen Merkmale sind in der Figur 2 und den
entsprechenden Beschreibungsteilen in den Absätzen [0017], [0052] und [0053]
der Stammanmeldung 103 58 901 offenbart.

Daher sind alle Merkmale der geltenden Patentansprüche in Unterlagen der
Stammanmeldung 103 58 901 als zur Erfindung gehörig offenbart.

4.1.2. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin zu 1) sind die Merkmale
der nunmehr verfolgten Patentansprüche auch in der durch Abtrennung eines
Teilbereichs der Anmeldung entstandenen Streitpatentschrift DE 103 62 274 B4
sowie den Ursprungsunterlagen der Teilanmeldung offenbart.

Die Merkmale 1 bis 4.1 sowie 6 sind nahezu wörtlich im Patentanspruch 1 der
Streitpatentschrift DE 103 62 274 B4 und auch in dem ursprünglich eingereichten
Patentanspruch 1 der Teilanmeldung enthalten, wobei die Ergänzung „an einer
Überbrückungskupplung“ im Absatz [0001] der Beschreibung offenbart ist und die
jeweils in den Merkmalen 3.1 und 4.1 vorgenommenen Ergänzungen hinsichtlich
der „sich an dem Zwischen-Übertragungselement (94) abstützender“ Energiespei-
cher sich aus den Absätzen [0033] bis [ 0035] der Streitpatentschrift bzw. aus den
wortgleichen Textstellen der ursprünglich eingereichten Beschreibungsseite 15 der
Teilanmeldung ergeben.
- 15 -
Das Merkmal 5 ist im Absatz [0021] der Streitpatentschrift bzw. auf Beschrei-
bungsseite 7, 1. Absatz der ursprünglich eingereichten Teilanmeldung offenbart.
Auch die Merkmale 7 und 8 sind bis auf die Ergänzung, dass die Zusatzmasse
eine „von einem Turbinenrad (19) unabhängige“ Zusatzmasse ist, bereits im er-
teilten Patentanspruch 1 bzw. im ursprünglichen Patentanspruch 2 der Teilanmel-
dung enthalten.
Denn der ursprüngliche Patentanspruch 2 des abgetrennten Teils (sowie auch der
erteilte Patentanspruch 1) enthielt bereits das allgemein formulierte Merkmal, dass
„das Masseelement (112) eine Zusatzmasse (114) und einen am Zwischen-Über-
tragungselement (94) befestigten Träger (118) für die Zusatzmasse (114) um-
fasst“. Der Fachmann erkennt unmittelbar und eindeutig, dass hierunter genau
zwei mögliche unterschiedliche Ausführungsformen fallen, nämlich zum einen die
im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 dargestellte Ausführungsform, bei der das
Masseelement (112) eine am Turbinenrad (19) befestigte und deshalb von dem
Turbinenrad (19) abhängige Zusatzmasse (114) umfasst, und zum anderen die im
Ausführungsbeispiel gemäß Figur 2 dargestellte Ausführungsform, bei der das
Masseelement (112) eine von einem Turbinenrad (19) unabhängige Zusatzmasse
(114) umfasst, weil die Zusatzmasse gemäß der Darstellung in Figur 2 mit Ab-
stand gegenüber dem Turbinenrad angeordnet ist und deshalb in Umfangsrich-
tung gegenüber dem Turbinenrad verlagerbar ist, wie ausdrücklich in Absatz
[0039] der Streitpatentschrift bzw. auf Beschreibungsseite 17 der ursprünglich
eingereichten Teilanmeldung beschrieben ist.

Wenngleich die Ergänzung, dass die Zusatzmasse eine „von einem Turbinenrad
(19) unabhängige“ Zusatzmasse ist, nicht wörtlich in der abgeteilten Anmeldung
sowie der Streitpatentschrift enthalten ist, ist diese Ausführungsform in der abge-
teilten Fassung dennoch als eine mögliche Ausführungsform der Erfindung offen-
bart, weil sie vom Wortlaut des ursprünglich erteilten Patentanspruchs 1 mitum-
fasst ist und mit Figur 2, in der deutlich ein Spalt zwischen Zusatzmasse und
Turbinenrad zu erkennen ist, auch eine Figur auf genau dieses Ausführungsbei-
spiel gerichtet ist.
- 16 -
Da die nunmehr beanspruchten Anspruchsmerkmale sowohl in der Stammanmel-
dung als auch in der Streitpatentschrift als mögliche Ausführungsform der Erfin-
dung offenbart sind, kann die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Rechts-
frage nach der Relevanz der Teilanmeldung für die unzulässige Erweiterung ge-
mäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG im Ergebnis als nicht entscheidungsrelevant dahinge-
stellt bleiben. Auch die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde
gemäß § 100 PatG liegen mangels Entscheidungsrelevanz der aufgeworfenen
Rechtsfrage nicht vor.

4.2. Die von der Patentinhaberin mit ihrem in der mündlichen Verhandlung ge-
stellten Hauptantrag verfolgten Patentansprüche in der nunmehr verfolgten An-
spruchsfassung führen auch nicht zu einer unzulässigen Schutzbereichserweite-
rung gegenüber dem Patent in der bereits erteilten Fassung nach der Patentschrift
DE 103 62 274 B4. Wie aus den Ausführungen in Abschnitt 4.1.2 ohne weiteres
erkennbar ist, führen die in den Merkmalen 1, 3.1, 4.1 und 5 gegenüber der erteil-
ten Fassung vorgenommenen Ergänzungen zu einer klaren Beschränkung des
Schutzbereichs, was von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten wird.
Aber auch die im Merkmal 7 vorgenommene Ergänzung, wonach das Masseele-
ment „eine von einem Turbinenrad (19) unabhängige“ Zusatzmasse (114) um-
fasst, beschränkt den Schutzbereich des Patents auf eine Ausführungsform, bei
der das Masseelement eine von dem Turbinenrad unabhängige Zusatzmasse
aufweist und deshalb nicht am Turbinenrad befestigt sein kann, wozu zur Begrün-
dung auf die vorstehenden Ausführungen im Abschnitt 4.1.2 verwiesen wird.

4.3. Der Gegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 ist patentfähig,
§§ 1 bis 5 PatG.

4.3.1. Die Neuheit des zweifellos gewerblich anwendbaren Torsionsschwingungs-
dämpfers ist gegeben.

- 17 -
Die nachveröffentlichte D13 (DE 102 36 752 A1) zeigt einen
Torsionsschwingungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung,
bei dem, anders als nach Merkmal 5 beim Streitpatent, das Turbinenrad (35) nicht
drehfest, sondern über die Turbinentorsionsdämpfer (40, 43) relativ verdrehbar
gegenüber dem abtriebsseitigen Bauteil (32, 33) der hydrodynamischen Kupp-
lungsanordnung verbunden ist.
Bereits aus diesem Grund ist der Streitpatentgegenstand neu gegenüber dem Ge-
genstand der D13.

Die D5 zeigt in Figur 3 einen Torsionsschwingungsdämpfer an einer hydrodynami-
schen Kupplungsanordnung mit einem antriebsseitigen Übertragungselement (37),
einem Zwischen-Übertragungselement (38, 39, 65), das gegen die Wirkung sich
an dem Zwischen-Übertragungselement (38, 39, 65) abstützender erster Energie-
speicher (15) bezüglich des antriebsseitigen Übertragungselements (37) um eine
Drehachse (17) drehbar ist. Das Zwischen-Übertragungselement (38, 39, 65) wird
durch die beiden Deckbleche (38, 39) gebildet, die über Nieten (65) untereinander
verbunden sind (Sp. 4, Z. 35-41). Weiterhin weist der bekannte Torsionsschwin-
gungsdämpfer nach der D5 entsprechend Merkmalskomplex 4 ein abtriebsseitiges
Übertragungselement (40) auf, das gegen die Wirkung sich an dem Zwischen-
Übertragungselement (38, 39, 65) abstützender zweiter Energiespeicher (16) be-
züglich des Zwischen-Übertragungselements (38, 39, 65) um die Drehachse (17)
drehbar ist.
Wie die Figur 3 der D5 zeigt, ist das Turbinenrad (9) der hydrodynamischen Kupp-
lungsanordnung gemeinsam mit dem abtriebsseitigen Übertragungselement (40)
über die Nietverbindung (64) drehfest mit einem abtriebsseitigen Bauteil in Form
der Nabe (10) der hydrodynamischen Kupplungsanordnung verbunden.

Anders als beim Streitpatent nach Merkmal 6 ist jedoch an dem Zwischen-Über-
tragungselement (38, 39, 65) des bekannten Torsionsschwingungsdämpfers nach
der D5 ersichtlich kein weiteres Bauteil und somit auch kein (weiteres) Masseele-
ment festgelegt.
- 18 -
Dasselbe gilt auch für das in der Figur 1 dargestellte Ausführungsbeispiel, bei dem
als Zwischen-Übertragungselement die Nabenscheibe (46) angesehen werden
kann. Auch hier ist - entgegen der Auffassung der Einsprechenden zu 2) - kein
weiteres Bauteil mit einer zusätzlichen Masse (Zusatzmasse) vorhanden, das
entsprechend Merkmal 6 an der Nabenscheibe (46) festgelegt ist. Bei dem von der
Beschwerdeführerin zu 2) als Zusatzmasse angesehenen inneren Bereich der Na-
benscheibe (46) mit der L-förmigen Abbiegung handelt es sich zum einen um die
eigene Masse der Nabenscheibe und somit nicht um eine zusätzlich befestigte
Masse (Zusatzmasse) im Sinne des Streitpatents. Dieser Bereich hat zudem ent-
sprechend der Darstellung in Figur 2 ganz offensichtlich die Funktion, die Naben-
scheibe in radialer Richtung zu führen. Somit handelt es sich hierbei auch nicht
um ein Masseelement eines (weiteren) Bauteils, das am Zwischen-Übertragungs-
element (Nabenscheibe (46)) festgelegt ist.
Mangels jeglichen am Zwischen-Übertragungselement (38, 39, 65; 46) festgeleg-
ten Masseelements sind in Folge auch die Merkmale 7 und 8 nicht verwirklicht, die
die Art des Masseelements in Form der Zusatzmasse und des am Zwischen-
Übertragungselement (38, 39, 65; 46) befestigten Trägers präzisieren.

Auch die Druckschriften D1, D2, D6, D10, D12 haben ähnlich der D5 allenfalls
über Verbindungsmittel (Nieten) verbundene Blechteile als Zwischen-Übertra-
gungselement und somit keinen Torsionsschwingungsdämpfer zum Inhalt, bei
dem an dem Zwischen-Übertragungselement ein Masseelement in Form einer
Zusatzmasse festgelegt ist, die geeignet ist, das Massenträgheitsmoment des
Torsionsschwingungsdämpfers zu beeinflussen.

Die D8 (DE 39 38 724 A1) zeigt gemäß Figur 1 einen hydrodynamischen Drehmo-
mentwandler (1) mit Überbrückungskupplung (2), bestehend aus einem etwa
topfförmigen Gehäuse (30), das auf der Bodenseite antreibbar und auf der gegen-
überliegenden Seite mit dem Pumpenrad (4) verbunden ist, einem zwischen Bo-
den (29) und Pumpenrad (4) angeordneten Turbinenrad (5), das über eine Nabe
(6) auf einer Getriebewelle gelagert ist, und einer zwischen Turbinenrad (5) und
- 19 -
Boden (29) des Gehäuses angeordneten Überbrückungskupplung (2), deren Kol-
ben (7) an der Innenwandung des Bodens (29) anlegbar ist und mit dieser eine
Reibfläche (8) bildet und im angelegten Zustand das Drehmoment vom Gehäuse
über eine Koppelvorrichtung (Torsionsfedern 10) auf die Getriebewelle überträgt.
Zur besseren Dämpfung von Torsionsschwingungen, insbesondere nach Spalte 3,
Zeilen 54 bis 65 zur Verbesserung der schwingungsmäßigen Entkoppelung im
niedrigen Drehzahlbereich, ist eine Zusatzmasse (22, 23, 24) angeordnet. Die Zu-
satzmasse kann einerseits nach Figur 1 i. V. mit den Ausführungen in der
Beschreibung in Spalte 3, Zeilen 17 bis 25 mit Bezugszeichen 22 über die Naben-
scheibe (11) drehfest an der Nabe (6) angeordnet sein oder aber entsprechend
einer weiteren Ausführungsform nach Figur 4 und 5 und Spalte 3, Zeilen 63 bis 65
direkt am Turbinenrad mit Bezugszeichen (23 bzw. 24).
Die zentrale Lehre der D8 (s. kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1) ist darauf
gerichtet, die Zusatzmasse nach der (einzigen) Koppelvorrichtung (Torsionsfedern
10) anzuordnen. Dies ist auch mehrfach in der Beschreibung der D3 ausdrücklich
hervorgehoben, beispielsweise in Spalte 1, Zeilen 38 bis 40.
Anders als der Streitpatentgegenstand weist der bekannte Torsionsschwingungs-
dämpfer nach der D8 nur erste Energiespeicher auf, so dass weder zweite Ener-
giespeicher noch ein Zwischen-Übertragungselement vorhanden sind. Bereits
deshalb ist der Streitpatentgegenstand neu gegenüber dem Gegenstand der D8.
Auch die Druckschriften D3, D4, D11, D15 bis D18 haben keinen Torsionsschwin-
gungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung mit zwei in Reihe
geschalteten Energiespeichern zum Inhalt.

Die D9 (US 5 937 978 A) zeigt bezüglich der von der Beschwerdeführerin zu 1)
genannten Figuren 22 und 24 jeweils einen Torsionsschwingungsdämpfer an einer
hydrodynamischen Kupplungsanordnung (10), bei der ein antriebsseitiges Über-
tragungselement (802; 902) offenbar unmittelbar sowohl mit ersten Energiespei-
chern (812; 912) als auch mit zweiten Energiespeichern (818; 917) verbunden ist.
Durch die parallele Anordnung der beiden Federn weist dieser bekannte Torsions-
schwingungsdämper daher auch kein Zwischen-Übertragungselement im Sinne
- 20 -
der Merkmale 3 bis 4.1 des Streitpatents auf, das zwischen den beiden Energie-
speichern angeordnet ist und das Drehmoment vom ersten Energiespeicher auf
den zweiten überträgt.
Da somit die D9 weder ein abtriebsseitiges Übertragungselement noch ein Zwi-
schen-Übertragungselement im Sinne der Merkmale 3.1 bis 4.1 aufweist, ist der
Gegenstand nach geltendem Patentanspruch 1 neu gegenüber der D9.

Die D14 (US 2001 / 005 24 43 A1) sowie die zur selben Familie gehörende D7
zeigen und beschreiben Torsionsschwingungsdämpfer an einer hydrodynami-
schen Kupplungsanordnung mit einer Überbrückungskupplung und besonders
bezüglich der Figuren 1 bis 4 ein antriebsseitiges Übertragungselement (51e), ein
Zwischen-Übertragungselement (55), als Federhalter bezeichnet, das gegen die
Wirkung sich an dem Zwischen-Übertragungselement (55) abstützender erster
Energiespeicher (54a) bezüglich des antriebsseitigen Übertragungselements (51e)
um eine Drehachse O-O drehbar ist, und ein abtriebsseitiges Übertragungsele-
ment (53), das gegen die Wirkung sich an dem Zwischen-Übertragungselement
(55) abstützender zweiter Energiespeicher (54b) bezüglich des Zwischen-Übertra-
gungselements (55) um die Drehachse O-O drehbar ist.
Ein Masseelement als Zusatzmasse ist an dem Zwischen-Übertragungselement
(55) nicht festgelegt. Bei dem von der Einsprechenden zu 2) als Zusatzmasse
angesehenen Bereich der ringförmigen Außenwand (outer supporting portion 75a)
des Federhalters (springholder 75) gemäß den Figuren 6 bis 12, welcher dem
freien Ende der Klaue (torque transmitting portion 75d) gegenüberliegt (Fig. 11 u.
12) handelt es sich nicht um einen eine Zusatzmasse bildenden Bereich, sondern
um einen Bereich des Federhalters (75), der ein Gleiten der Federn (74) an der
Außenwand (75a) ermöglichen soll (Absatz [0114]). Dieser Bereich stellt somit
keine zusätzliche Masse dar, sondern ist zur einwandfreien Funktion als Teil des
Federhalters gebildet. Anders als beim Streitpatent nach Merkmal 6 ist somit an
dem Zwischen-Übertragungselement (55) des bekannten Torsionsschwingungs-
dämpfers nach der D14/D7 ersichtlich kein weiteres Bauteil und somit auch kein
(weiteres) Masseelement in Form einer Zusatzmasse festgelegt.
- 21 -
Damit ist der im geltenden Anspruch 1 beanspruchte Torsionsschwingungsdämp-
fer auch neu gegenüber der D14 sowie der D7.

4.3.2. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 beruht auch auf
erfinderischer Tätigkeit.

Die nachveröffentlichte D13 (DE 102 36 752 A1) ist bei der Beurteilung der
erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.

Nächstliegenden Stand der Technik und einen geeigneten Ausgangspunkt bildet
der bekannte Torsionsschwingungsdämpfer gemäß der D5, weil er ebenfalls zwei
Energiespeicher aufweist und mit dem Ziel einer Verbesserung des Komforts
durch Beeinflussung der Eigenfrequenzen entwickelt wurde (Sp. 1, Z. 56 - 61).
Sofern der Fachmann bei dem Betrieb des hydrodynamischen Drehmoment-
wandlers nach der D5 noch störende Geräusche feststellt, wird er aufgrund seines
Fachwissens und entsprechend dem Vorgehen bei der D8 die Anordnung von Zu-
satzmassen innerhalb des Drehmomentwandlers in Erwägung ziehen, um stö-
rende Eigenfrequenzen zu reduzieren oder zu verschieben.

Die Übertragung der Lehre nach der D8 auf den Stand der Technik nach D5 ver-
anlasst den Fachmann jedoch dazu, das Masseträgheitsmoment eines auf der
Abtriebsseite der Torsionsfederungseinrichtung befindlichen Bauteils zu erhöhen
und die Zusatzmasse daher nach den (beiden) Torsionsfedereinrichtungen anzu-
ordnen. In naheliegender Weise wird der Fachmann besonders die in den Figu-
ren 4 und 5 der D8 beschriebenen Lösungen auf die D5 übertragen, weil hierfür
auch der erforderliche Bauraum bei der D5 vorhanden ist und auch sonst nahezu
keinerlei weitere Änderungen erforderlich sind. Damit gelangt der Fachmann je-
doch nicht zur streitpatentgemäßen Lösung, bei der die Zusatzmasse am Zwi-
schen-Übertragungselement und zwischen den beiden Koppelvorrichtungen an-
geordnet ist. Entgegen dem Vorbingen der beiden Einsprechenden kann auch das
Ausführungsbeispiel nach der Figur 1 der D8 den Fachmann nicht dazu anleiten,
- 22 -
die Zusatzmasse am Zwischenübertragungselement anzubringen. Denn auch bei
diesem Ausführungsbeispiel ist die Zusatzmasse gemäß den Ausführungen in
Spalte 3, Zeilen 10 bis 25 nach der (einzigen) Koppelvorrichtung angeordnet,
nämlich über die Nabenscheibe (11), die mittels der Verzahnung (15) drehfest –
aber axial verschieblich - an dem Winkelring der Nabe (6) befestigt ist.

Letztlich kann auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu 1) nicht überzeu-
gen, wonach das Prinzip von Schwingungstilgern in unterschiedlichen Ausfüh-
rungsformen dem Fachmann seit langem bekannt ist, wozu sie auch pauschal auf
die im Beschwerdeverfahren noch genannten Druckschriften D15 bis D18 ver-
weist.

Die Druckschriften D15 bis D18 betreffen Schwungräder mit hohen Massenantei-
len zur Verringerung von motorseitig erregten Schwingungen und nicht Torsions-
schwingungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung. Sie ha-
ben Mehrmassenschwinger zum Inhalt, bei denen zwischen zwei Federsystemen
eine Masse angeordnet ist. Sofern die zwischen den zwei Federsystemen ange-
ordnete Masse als Zwischen-Übertragungselement im Sinne des Streitpatents
angesehen wird, weist diese Masse jedoch keine (weitere) Zusatzmasse auf, die
mit einem zusätzlichen Träger an der Masse angelenkt ist. Schon aus diesem
Grund können diese Druckschriften den Fachmann nicht dazu anleiten, an einem
Zwischen-Übertragungselement eines Torsionsschwingungsdämpfers an einer
hydrodynamischen Kupplungsanordnung eine Zusatzmasse anzuordnen.

Daher führt weder die D5 in Verbindung mit Fachwissen noch eine Zusammen-
schau der Druckschriften D5 und D8 oder D5 mit einer der Druckschriften D15 bis
D18 selbst in Verbindung mit Fachwissen über Schwingungstilger den Fachmann
zum Streitpatentgegenstand.

Entgegen dem Vortrag der Beschwerdeführerinnen im Einspruchsverfahren kön-
nen auch die übrigen Druckschriften die Patentfähigkeit des Streitpatentgegen-
- 23 -
stands nicht in Frage stellen, wie der Senat überprüft hat.

Der aus der D9 (US 5 937 978 A) bekannte Torsionsschwingungsdämpfer gemäß
den Figuren 22 oder 24 hat, wie vorstehend zur Neuheit beschrieben, schon des-
halb einen völlig andersartigen Aufbau, weil dort die beiden Energiespeicher (912,
918) nicht wie beim streitpatentgemäßen Torsionsschwingungsdämpfer in Reihe,
sondern parallel zueinander angeordnet sind. Daher weist dieser bekannte Torsi-
onsschwingungsdämpfer auch kein Zwischen-Übertragungselement im Sinne der
Merkmale 3 bis 4.1 des Streitpatents auf, das zwischen den beiden Energiespei-
chern angeordnet ist und Drehmoment und Drehzahl vom ersten Energiespeicher
auf den zweiten überträgt.
Mangels eines Zwischen-Übertragungselements im Sinne des Streitpatents kann
daher die D9 weder für sich, noch in Verbindung mit dem Fachwissen oder den
anderen o.g. Druckschriften, insbesondere D5, den Fachmann dazu anleiten eine
Zusatzmasse an dem (nicht vorhandenen) Zwischen-Übertragungselement anzu-
bringen. Vielmehr leiten insbesondere die Ausführungsbeispiele nach den Figu-
ren 22 oder 24 der D9 den Fachmann dazu an, von Torsionsschwingungsdämpfer
mit in Reihe angeordneten Koppelvorrichtungen entsprechend der D5 abzurücken
und stattdessen die Koppelvorrichtungen parallel anzuordnen.

Da der Offenbarungsgehalt des bekannten Torsionsschwingungsdämpfers nach
der D1 (DE 43 33 562 A1), die auch keine Zusatzmasse im Sinne des Streitpa-
tents und zudem auch keine drehfeste Verbindung zwischen Turbinenrad und
Nabe entsprechend Merkmal 5 aufweist, deutlich hinter dem zurückbleibt, was
dem Fachmann aus der D5 bekannt ist, kann auch die D1 dem Fachmann keine
Hinweise auf die streitpatentgemäße Lösung geben. Zudem verhindert die bauli-
che Anordnung der Überbrückungskupplung (218) sowie deren Zusammenwirken
mit dem Zwischenübertragungs-Element (255) bereits aus Platzgründen eine Be-
festigung einer Zusatzmasse über einen Träger am Zwischenübertragungs-Ele-
ment (255).

- 24 -
Ausgehend von dem Gegenstand nach D1 gelangt der Fachmann daher auch bei
Betrachtung der Druckschriften D5, D8, D9 und D15 bis D18 und bei Berücksichti-
gung seines Fachwissens über Schwingungstilger nicht zum Streitpatentgegen-
stand.

Dasselbe gilt für die bekannten Torsionsschwingungsdämpfer nach den Druck-
schriften D2, D6, D7, D10, D12, D14, bei denen ebenfalls kein Masseelement in
Form einer Zusatzmasse vorhanden ist, so dass diese Druckschriften nicht über
das hinausgehen, was dem Fachmann aus der D5 bekannt ist.

Die Druckschriften D3, D4 und D11 haben ähnlich der D8 keinen Torsionsschwin-
gungsdämpfer an einer hydrodynamischen Kupplungsanordnung mit zwei in Reihe
geschalteten Energiespeichern zum Inhalt. Sie gehen daher nicht über das hinaus,
was dem Fachmann aus der D8 bekannt ist. Daher führt auch eine Zusammen-
schau der Druckschrift D5 oder D9 oder D1 oder D7/D14 mit einer der Druckschrif-
ten D3, D4, D8, oder D11 den Fachmann nicht zum Streitpatentgegenstand.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Fachmann nicht in naheliegender
Weise zum Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 des Streitpatents ge-
langt. Die beanspruchte Lehre war auch nicht durch einfache fachübliche Erwä-
gungen ohne weiteres auffindbar; vielmehr bedurfte es darüber hinaus gehender
Gedanken und Überlegungen, die auf erfinderische Tätigkeit schließen lassen, um
zur beanspruchten Lösung zu gelangen.

Der geltende Patentanspruch 1 ist daher gewährbar.

4.4. Der Patentanspruch 10 ist auf eine hydrodynamische Kupplungsanordnung
mit einem Torsionsschwingungsdämpfer nach Anspruch 1 gerichtet.

Da der Patentanspruch 10 aufgrund der Rückbeziehung auf Anspruch 1 auch
diejenigen Vorrichtungsmerkmale umfasst, die die Patentfähigkeit des Gegen-
- 25 -
stands nach Patentanspruch 1 tragen, ist das Vorliegen der Neuheit sowie der
erfinderischen Tätigkeit übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden
Ausführungen wird Bezug genommen.

Der Patentanspruch 10 hat daher Bestand.

4.5. Die geltenden Unteransprüche 2 bis 9 und 11 bis 14 betreffen zweckmä-
ßige Ausgestaltungen des streitpatentgemäßen Torsionsschwingungsdämpfers
nach Patentanspruch 1 oder der streitpatentgemäßen hydrodynamischen Kupp-
lungsanordnung nach Patentanspruch 10, die über Selbstverständlichkeiten
hinausreichen.
Sie haben daher ebenfalls Bestand.

5. Der Anregung der Beschwerdeführerin zu 1), die Rechtsbeschwerde zum
Bundesgerichtshof zuzulassen zu der Frage, ob bei einer Teilanmeldung eine
doppelte Prüfung der unzulässigen Erweiterung des Patentgegenstands – sowohl
im Vergleich zur Stammanmeldung als auch im Vergleich zu den Unterlagen der
Teilanmeldung – zu erfolgen habe, ist der Senat nicht gefolgt. Die Voraussetzun-
gen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 100 PatG liegen nicht vor,
da diese Frage, wie unter Punkt 4.1. ausgeführt, nicht entscheidungsrelevant ist
und auch im Übrigen weder über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung
zu entscheiden ist noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer ein-
heitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordern.

- 26 -
III.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die Rechtsbe-
schwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch eine beim
Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder einen beim Bundesgerichts-
hof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.


Dr. Zehendner Rippel Uhlmann Brunn

prö


Full & Egal Universal Law Academy