8 W (pat) 30/13  - 8. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



8 W (pat) 30/13
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
24. Januar 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2008 050 515



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hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2017 durch den Vorsitzenden Richter
Dipl-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie die Richter Reker, Dipl.-Ing. Rippel und
Dr.-Ing. Dorfschmidt

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der
Patentabteilung 14 vom 10. Oktober 2013 aufgehoben und das
Patent 10 2008 050 515 vollumfänglich widerrufen.


G r ü n d e

I.


Auf die am 6. Oktober 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte
Patentanmeldung ist das Patent 10 2008 050 515 mit der Bezeichnung „Schneid-
einsatz“ erteilt und die Erteilung am 27. Mai 2010 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 25. August 2010, der
am selben Tag beim Deutschen- Patent- und Markenamt eingegangen ist, fristge-
recht Einspruch erhoben und den Widerruf des Streitpatents in vollem Umfang
wegen mangelnder Patentfähigkeit beantragt.
Die Patentinhaberin ist den Ausführungen der Einsprechenden entgegengetreten
und hat sich im Übrigen mit neuen Patentansprüchen verteidigt.

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Mit dem Beschluss vom 10. Oktober 2013 hat die Patentabteilung 14 des Deut-
schen Patent- und Markenamts das Patent mit den am 20. Juni 2013 eingereich-
ten Unterlagen beschränkt aufrechterhalten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden, die an
ihrer Auffassung festhält, dass der von der Patentabteilung erteilte Patent-
anspruch 1 nicht patentfähig, insbesondere nicht neu oder erfinderisch gegenüber
der DE 690 13 828 T2 (D3) oder der DE 44 15 425A1 (D5) und zudem gegenüber
den Ursprungsunterlagen unzulässig erweitert sei.

Auf den Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung, wonach der
unabhängige Anspruch 8 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 bzw. der
Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 2 und 3 nicht patentfähig seien, hat die
Patentinhaberin auf die Stellung der bisherigen Hilfsanträge 1, 2 und 3 verzichtet
und zur weiteren Verteidigung die Hilfsanträge 2a und 3a vorgelegt.

Nach Auffassung der Einsprechenden sind auch die jeweiligen Patentansprüche 1
der Hilfsanträge 2a bis 3a nicht zulässig und beruhen nicht auf erfinderischer
Tätigkeit gegenüber der D5 und dem Wissen des Fachmanns. Die Einsprechende
verweist zusätzlich noch auf die Seiten B11, B27 und B30 des Katalogs
„Drehwerkzeuge" der Fa. S… aus dem Jahr 2002 und führt aus,
dass es bei asymmetrischen Drehwerkzeugen üblich sei, Rechts- und Linksaus-
führungen anzufertigen.

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin stellt den Antrag,

den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 1.14 des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10. Oktober 2013
aufzuheben und das Patent 10 2008 050 515 zu widerrufen.

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Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hilfsweise beantragt sie die Aufrechterhaltung des Patents auf der
Grundlage des in der mündlichen Verhandlung überreichten
Hilfsantrags 2a.

Weiterhin hilfsweise beantragt sie die Aufrechterhaltung des
Patents auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung
überreichten Hilfsantrags 3a.

Die Patentinhaberin führt aus, dass der Streitpatentgegenstand gegenüber den
Entgegenhaltungen auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, weil keine der von der
Einsprechenden genannten Druckschriften eine Kollision mit einem Wand-
vorsprung thematisiere und daher auch keine Lösungsansätze dafür biete.
Im Übrigen sei der von der Einsprechenden vorgetragene Sachverhalt rück-
schauend und in Kenntnis der Erfindung erfolgt, um zum Streitpatentgegenstand
zu gelangen.

Der von der Patentabteilung als bestandsfähig erachtete Patentanspruch 1 gemäß
Hauptantrag lautet (mit einer vom Senat ergänzten Gliederung):

1. Schneideinsatz
2. mit einem einen Rumpf (1) bildenden zentralen Abschnitt,
2.1. der sich in einer Längsrichtung (2) entlang einer Mittenlängs-
achse(8) erstreckt
3. und mit zwei einander abgewandten und bezogen auf die Mittellängs-
achse (8) des Rumpfes (1) entgegengesetzt ausgerichteten und als
Stechschneiden ausgebildeten Endabschnitten (3),
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4. die jeweils beidseitig seitlich in einer Querrichtung (4) senkrecht zur
Längsrichtung (2) über den Rumpf (1) überstehen
5. und (jeweils) eine in Querrichtung (4) verlaufende Hauptschneide (5)
sowie zwei Nebenschneiden aufweisen,
6. wobei die Hauptschneiden (5) bezogen auf die Mittellängsachse (8)
sich jeweils asymmetrisch in Querrichtung (4) erstrecken
7. und die Nebenschneiden (6, 7) einen unterschiedlichen Abstand zur
Mittellängsachse (8) aufweisen,
8. wobei ein Freiwinkel (α1) der äußeren Nebenschneide (6) mit
größerem Abstand zur Mittellängsachse (8) größer ist als der Frei-
winkel (α2) der inneren Nebenschneide (7) mit kleinerem Abstand zur
Mittellängsachse (8).

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag2a lautet mit einer vom Senat ergänzten
Merkmalsgliederung:

1. Verwendung eines als Axialstechplatte ausgebildeten Schneidein-
satzes zur Bearbeitung eines einen Wandvorsprungs aufweisenden
Werkstücks,
2. wobei der Schneideinsatz einen Rumpf (1) bildenden zentralen
Abschnitt aufweist,
2.1. der sich in einer Längsrichtung (2) entlang einer Mittenlängs-
achse (8) erstreckt
3. und mit zwei einander abgewandten und bezogen auf die Mittel-
längsachse (8) des Rumpfes (1) entgegengesetzt ausgerichteten und
als Stechschneiden ausgebildeten Endabschnitten (3),
4. die jeweils beidseitig seitlich in einer Querrichtung (4) senkrecht zur
Längsrichtung (2) über den Rumpf (1) überstehen
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5. und (jeweils) eine in Querrichtung (4) verlaufende Hauptschneide (5)
sowie zwei Nebenschneiden aufweisen,
6. wobei die Hauptschneiden (5) bezogen auf die Mittellängsachse (8)
sich jeweils asymmetrisch in Querrichtung (4) erstrecken
7. und die Nebenschneiden (6, 7) einen unterschiedlichen Abstand zur
Mittellängsachse (8) aufweisen,
8. wobei ein Freiwinkel (α1) der äußeren Nebenschneide (6) mit
größerem Abstand zur Mittellängsachse (8) größer ist als der Frei-
winkel (α2) der inneren Nebenschneide (7) mit kleinerem Abstand zur
Mittellängsachse (8),
9. wobei die Axialstechplatte so eingesetzt ist, dass ihre äußere Neben-
schneide (6) dem Wandvorsprung (23) zugewandt ist.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3a lautet mit einer vom Senat ergänzten
Merkmalsgliederung:

1. Werkzeugsatz, bestehend aus zwei Schneideinsätzen,
2. wobei ein jeder Schneideinsatz einen Rumpf (1) bildenden zentralen
Abschnitt aufweist,
2.1. der sich in einer Längsrichtung (2) entlang einer Mittellängs-
achse (8) erstreckt
3. und mit zwei einander abgewandten und bezogen auf die Mittel-
längsachse (8) des Rumpfes (1) entgegengesetzt ausgerichteten und
als Stechschneiden ausgebildeten Endabschnitten (3),
4. die jeweils beidseitig seitlich in einer Querrichtung (4) senkrecht zur
Längsrichtung (2) über den Rumpf (1) überstehen
5. und (jeweils) eine in Querrichtung (4) verlaufende Hauptschneide (5)
sowie zwei Nebenschneiden aufweisen,
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6. wobei die Hauptschneiden (5) bezogen auf die Mittellängsachse (8)
sich jeweils asymmetrisch in Querrichtung (4) erstrecken
7. und die Nebenschneiden (6, 7) einen unterschiedlichen Abstand zur
Mittellängsachse (8) aufweisen,
8. wobei ein Freiwinkel (α1) der äußeren Nebenschneide (6) mit
größerem Abstand zur Mittellängsachse (8) größer ist als der Frei-
winkel (α2) der inneren Nebenschneide (7) mit kleinerem Abstand zur
Mittellängsachse (8),
9. wobei die Schneideinsätze spiegelverkehrt zueinander ausgestaltet
sind.

Wegen weiterer Einzelheiten sowie des Wortlauts der weiteren unabhängigen
oder abhängigen Patentansprüche der jeweiligen Anträge wird auf den Inhalt der
Akten verwiesen.

II.

1. Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig und in der Sache
begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zum
Widerruf des Patents.

2. Das Streitpatent betrifft nach geltendem Patentanspruch 1 gemäß Haupt-
antrag einen Schneideinsatz mit einem einen Rumpf bildenden zentralen Abschnitt
und mit zwei einander abgewandten und bezogen auf die Mittellängsachse des
Rumpfes entgegengesetzt ausgerichteten und als Stechschneiden ausgebildeten
Endabschnitten. Des Weiteren betrifft das Patent einen Werkzeugsatz, eine Werk-
zeugkassette und ein Werkzeug mit einem derartigen Schneideinsatz.

Nach den Ausführungen in Abs. [0001] der Streitpatentschrift sind derartige
Schneideinsätze beispielsweise aus der D3 (DE 690 13 828 T2) zum Stechdrehen
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bekannt. Jedoch habe dieser bekannte Schneideinsatz den Nachteil, dass ein
Werkzeug mit dem eingesetzten Schneideinsatz nicht an der Schulter oder dem
Wandvorsprung vorbeigeführt werden könne, ohne dass das Werkzeug oder der
Schneideinsatz mit der Schulter oder dem Wandvorsprung kollidiere.
Daher besteht nach den Ausführungen in Absatz [0002] der Streitpatentschrift die
Aufgabe der Erfindung darin, einen Schneideinsatz für eine wandnahe Bearbei-
tung hinsichtlich seines Aufbaus zu vereinfachen.

Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt nach den Angaben in der Patentschrift durch
einen Schneideinsatz entsprechend dem Patentanspruch 1 gemäß einem der
Antragssätze.

Als Fachmann ist vorliegend ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung
Maschinenbau mit Fachhochschulabschluss anzusehen, der mehrjährige
Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von spanenden Werkzeugen auf-
weist.

3. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag
zulässig ist, denn er beruht aus den nachfolgend dargelegten Gründen nicht auf
einer erfinderischen Tätigkeit.

Den nächstliegenden Stand der Technik und den Ausgangspunkt bildet vorliegend
die von der Einsprechenden genannte DE 44 15 425 A1 (D5). Sie zeigt insbeson-
dere in Figur 6 einen Schneideinsatz in Form eines Stecheinsatzes zum radialen
oder axialen Einstechen mit einem einen Rumpf bildenden zentralen Abschnitt.
Dieser zentrale Abschnitt erstreckt sich in einer Längsrichtung entlang einer nicht
eingezeichneten Längsachse, die durch die Mitte der Rumpfes verläuft und somit
eine Mittenlängsachse bzw. gleichbedeutend eine Mittellängsachse bildet (Merk-
male 1 bis 2.1). Der bekannte Schneideinsatz hat weiterhin zwei einander
abgewandte und bezogen auf die Mittellängsachse des Rumpfes entgegengesetzt
ausgerichtete und als Stechschneiden ausgebildete Endabschnitte, die jeweils
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beidseitig seitlich in einer Querrichtung senkrecht zur Längsrichtung über den
Rumpf überstehen (Merkmale 3 und 4).

Deutlich in Figur 6 erkennbar sind eine in Querrichtung verlaufende Haupt-
schneide (33) sowie zwei Nebenschneiden (eine mit Bezugszeichen 27, die
andere ohne Bezugszeigen gegenüberliegend), wobei die Hauptschneiden bezo-
gen auf die Mittellängsachse sich jeweils asymmetrisch in Querrichtung erstrecken
(Merkmale 5 und 6).

Daher haben die beiden (relevanten) Nebenschneiden (27 sowie die dazu gegen-
überliegende Nebenschneide ohne Bezugszeichen) auch einen unterschiedlichen
Abstand zur Mittellängsachse (Merkmal 7).
´
Die D5 macht keine Aussage zu der Größe der Freiwinkel, so dass das Merkmal 8
aus der D5 nicht bekannt ist. Daher muss der Fachmann, der in Kenntnis der D5
ein dementsprechendes Schneidwerkzeug in Form des Stecheinsatzes zum radia-
len oder axialen Einstechen gestaltet, zwangsläufig auch die Größe der Schneid-
winkel (Keil- und Freiwinkel) von Haupt- und Nebenschneiden auf Grundlage
seines Fachwissens festlegen. Dies erfolgt bei Schneidwerkzeugen üblicherweise
immer bezogen auf den jeweils zu bearbeitenden Werkstoff sowie auf die
herzustellende Geometrie des Werkstücks, wobei dem Fachmann die spezifischen
Vor- und Nachteile sowie die Anwendungsfälle von größeren bzw. kleineren
Freiwinkeln aufgrund seines Fachwissens bekannt sind.
´
Sofern der Fachmann feststellt, dass insbesondere beim Axialeinstechen in das
Werkstück der Schneideinsatz nicht mit der Schneidkante sondern mit seiner Frei-
fläche an der der Drehachse abgewandten Seite an dem Werkstück anzustoßen
droht, so wird er in selbstverständlicher Weise den Freiwinkel an dieser betreffen-
den Seite des Schneidwerkzeugs bis zur maximal zulässigen Größe des Frei-
winkels vergrößern, um auf diese einfache Weise eine Kollision mit dem Werk-
stück zu vermeiden.
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Daher gelangt der Fachmann bereits aufgrund handwerklicher Überlegungen fast
zwangsläufig zu einem Schneideinsatz, bei dem je nach Lage der Drehachse
entweder der Freiwinkel der äußeren Nebenschneide mit größerem Abstand zur
Mittellängsachse größer ist als der Freiwinkel der inneren Nebenschneide mit
kleinerem Abstand zur Mittellängsachse oder aber umgekehrt der Freiwinkel der
inneren Nebenschneide mit kleinerem Abstand zur Mittellängsachse größer ist als
der Freiwinkel der äußeren Nebenschneide mit größerem Abstand zur Mittel-
längsachse.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Festlegen von Schneidwinkeln,
insbesondere der Keil- und Freiwinkel der Nebenschneiden entsprechend Merk-
mal 8 des geltenden Patentanspruchs 1 abhängig vom zu bearbeitenden
Werkstoff und der Bearbeitungslage im Griffbereich des Fachmanns liegend anzu-
sehen sind, so dass der Fachmann, ausgehend von der D5 unter
Berücksichtigung seines Fachwissens ohne erfinderische Tätigkeit zum Streit-
patentgegenstand mit den Merkmalen 1 bis 8 gemäß Hauptantrag gelangt.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hat daher keinen Bestand.

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2a beruht eben-
falls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Der auf eine Verwendung gerichtete Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2a ist
bezüglich der Vorrichtungsmerkmale 2 bis 8 identisch mit dem Anspruch 1 gemäß
Hauptantrag, so dass das mangelnde Vorliegen der erfinderischen Tätigkeit dies-
bezüglich übereinstimmend zu beurteilen ist. Auf die entsprechenden Aus-
führungen zum Hauptantrag wird verwiesen.
Der bekannte Schneideinsatz nach der Figur 6 der D5 findet entsprechend den
Ausführungen in Spalte 4, Zeile 47 Verwendung als Stecheinsatz und somit als
Stechplatte zur radialen oder axialen Stech-Drehbearbeitung von beliebigen Werk-
stücken, wobei zunächst durch das Einstechen in Richtung des ersten Pfeils der
Pfeilkombination 34 eine (gerade) Nut erzeugt wird. Gegenüber dem Boden der
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nach Figur 6 verglichen mit den Werkzeugabmessungen relativ breiten Nut sprin-
gen die Seitenwände der Nut vor, so dass sie im Sinne der an dieser Stelle breiten
Formulierung des Anspruchs 1 als Wandvorsprünge angesehen werden können.
Der Schneideinsatz nach D5 wird daher im zweiten Bearbeitungsschritt zur Bear-
beitung eines einen Wandvorsprungs aufweisenden Werkstücks verwendet.
Hierbei wird entsprechend Figur 6 an dem linken Wandvorsprung ein Hinterschnitt
erzeugt, indem der Schneideinsatz in Richtung der weiteren Pfeile der Pfeilkom-
bination 34 verfahren wird.
Somit findet der bekannte Schneideinsatz auch Verwendung als Stechplatte zur
Bearbeitung eines einen Wandvorsprung aufweisenden Werkstücks entsprechend
Teilmerkmal 1, wobei ersichtlich die Stechplatte so eingesetzt ist, dass ihre äußere
Nebenschneide (27) dem linken Wandvorsprung zugewandt ist (Merkmal 9).

Schließlich kann auch die Verwendung als Axialstechplatte entsprechend dem
weiteren Teilmerkmal 1 eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen, weil es für
das Einstechen nur zwei mögliche Alternativen gibt, nämlich das axiale oder das
radiale Einstechen. Die Auswahl eines bestimmten von nur zwei jeweils auf der
Hand liegenden Lösungswegen kann die erfinderische Tätigkeit nicht ohne wie-
teres begründen (BGH, GRUR 2008, 56, 59 - Injizierbarer Mikroschaum). Denn
eine überschaubare Zahl von möglichen Lösungsansätzen, von denen jeder
spezifische Vor- und Nachteile hat und die sich als gleichwertige, ebenso vorzugs-
würdige Alternativen darstellen, gibt in der Regel Veranlassung, jeden dieser
Lösungsansätze in Betracht zu ziehen (BGH, GRUR 2012, 261 - E-Mail via SMS).

Im Übrigen ist es bei Drehbearbeitungen üblich, einen Schneideinsatz in Form
einer Stechplatte zur axialen Bearbeitung eines einen Wandvorsprungs auf-
weisenden Werkstücks zu verwenden, so dass die Stechplatte somit eine Axial-
stechplatte bildet, wozu beispielsweise auf die D3, insbesondere die Figur 5,
verwiesen wird.

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Die Verwendung des bekannten Schneideinsatzes als Axialstechplatte mit den im
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2a angegebenen Merkmalen ist daher für
den Fachmann aufgrund seines Fachwissens naheliegend, so dass der Gegen-
stand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2a nicht auf erfinderischer
Tätigkeit beruht.

5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3a beruht
ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3a ist bezüglich der Merkmale 2 bis 8
identisch mit dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag, so dass das mangelnde Vor-
liegen der erfinderischen Tätigkeit diesbezüglich übereinstimmend zu beurteilen
ist. Auf die entsprechenden Ausführungen zum Hauptantrag wird verwiesen.
Der bekannte Schneideinsatz nach der Figur 6 der D5 ist vorgesehen zur
Erstellung von axial oder radial angeordneten Nuten in einem Werkstück 30,
wobei die Nut entsprechend Figur 6 an ihrer linken Seite einen Hinterschnitt auf-
weist, so dass zur Herstellung des Hinterschnitts der Schneideinsatz in Richtung
der Pfeilkombination 34 verfahren werden muss (Spalte 4, Zeilen 63 bis Spalte 5,
Zeile 2). Sofern der Fachmann nicht nur auf der linken Seite der Nut einen Hinter-
schnitt, sondern auch zusätzlich (oder wahlweise) auf der rechten Seite eine
entsprechend gespiegelte Nut anbringen will, so wird er ohne erfinderisches Zutun
den in der Figur 6 der D5 dargestellten Schneideinsatz spiegelverkehrt ausgestal-
ten, weil er anders die gespiegelte Nut nicht anfertigen könnte. Somit gelangt der
Fachmann ohne weiteres zu einem Werkzeugsatz, der neben den Merkmalen 2
bis 8 auch das Merkmal 9 des Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3a aufweist,
so dass auch der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3a nicht rechtsbeständig
ist.
Ergänzend sei angemerkt, dass es bei asymmetrischen Schneideinsätzen ohnehin
üblich und gebräuchlich ist, Werkzeugsätze mit spiegelsymmetrisch ausgebildeten
Schneideinsätzen anzubieten, um die Drehbearbeitung beidseitig durchführen zu
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können. Hierzu wird beispielsweise auf den von der Einsprechenden eingereichten
Katalog nach der D8, insbesondere auf die Seite B30 verwiesen.

6. Mit den Patentansprüchen 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 2a und 3a
fallen aufgrund der Antragsbindung auch sämtliche abhängigen oder unabhängi-
gen Patentansprüche der jeweiligen Anträge, ohne dass es einer Prüfung und
Begründung dahin bedarf, ob einer dieser Patentansprüche etwas Schutzfähiges
enthält (BGH, GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät).

Das Patent ist somit zu widerrufen.

III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss können die am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde einlegen. Da der Senat die
Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird,
dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,

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5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch
einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten
schriftlich einzulegen.


Dr. Zehendner Reker Rippel Dr. Dorfschmidt

Pr


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