8 W (pat) 22/16  - 8. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2018:220318B8Wpat22.16.0


BUNDESPATENTGERICHT



8 W (pat) 22/16
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
22. März 2018





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 103 10 803



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hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 22. März 2018 durch den Vorsitzenden Richter
Dipl-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie den Richter Dr. agr. Huber, die Richterin
Uhlmann und den Richter Dipl.-Ing. Brunn

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der
Patentabteilung 23 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
19. Juli 2016 aufgehoben und das Patent 103 10 803 widerrufen.


G r ü n d e

I.

Auf die am 12. März 2003 eingereichte Patentanmeldung ist das Pa-
tent 103 10 803 mit der Bezeichnung „Wolfram-Formteile“ erteilt und die Erteilung
am 3. Juli 2014 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent hat die Einsprechende mit am gleichen Tag eingegangenem
Schriftsatz vom 1. April 2015 Einspruch erhoben. Zur Begründung hat die Ein-
sprechende ausgeführt, dass der Gegenstand des Patents gegenüber dem Inhalt
der ursprünglichen Anmeldung unzulässig erweitert worden sei. Ferner sei der
Gegenstand des angegriffenen Patents nach Auffassung der Einsprechenden
nicht patentfähig, da er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Hierzu hat
die Einsprechende die folgenden Druckschriften genannt:

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E1: Katalog: Rudi Heger, „Exklusives Fliegenfischgerät“, 2000/2001,
S. 200, 201
E2: US 5 537 775 A
E3: US 5 386 658 A
E4: US 2001/0015029 A1
E5: DE 272 347 A
E6: “FliegenFischen”, 5/95, S. 56
E7: GB 445 219 A
E8: „The Fly Tier`s Benchside Reference to Techniques and Dressing
Styles“,
Ted Leeson, Jim Schollmayer, 1998, Seiten 24 und 429;
Frank Armato Publications; ISBN: 1-57188-126-3
E8a: „The Fly Tier`s Benchside Reference to Techniques and Dressing
Styles”,
Ted Leeson, Jim Schollmayer, 1998, Seite 53;
Frank Armato Publications; ISBN: 1-57188-126-3
E8b: The Fly Tier`s Benchside Reference to Techniques and Dressing
Styles”,
Ted Leeson, Jim Schollmayer, 1998, Seite 54;
Frank Armato Publications; ISBN: 1-57188-126-3

Die Einsprechende hat den Widerruf des Patents in vollem Umfang beantragt.

Die Patentinhaberin hat dem Vorbringen der Einsprechenden widersprochen und
die Auffassung vertreten, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht
unzulässig geändert sei und sowohl der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1
nach Hauptantrag als auch nach Hilfsantrag neu sei und auch auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit beruhe. Sie hat die Zurückweisung des Einspruchs und die Auf-
rechterhaltung des Patents beantragt bzw. hilfsweise beantragt, das Patent im
Umfang des Hilfsantrages 1 mit den Patentansprüchen 1 bis 14 vom 1. Juli 2016
beschränkt aufrecht zu erhalten.
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Die Patentabteilung 23 des Deutschen Patent-und Markenamts hat in der Anhö-
rung vom 19. Juli 2016 die beschränkte Aufrechterhaltung des Patents mit den
Ansprüchen 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag 1 sowie im Übrigen mit Beschreibung und
Zeichnungen Fig. 1 bis 6 gemäß Patentschrift beschlossen.

In den Beschlussgründen vom 10. August 2016 hat die Patentabteilung ausge-
führt, dass der Anspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung gemäß
Hauptantrag unzulässig geändert sei und daher keinen Bestand habe, denn die
technische Lehre des Anspruchs 1 nach Hauptantrag könne der Fachmann nicht
als mögliche Ausgestaltung der Erfindung den ursprünglichen Unterlagen entneh-
men, weil in den Merkmalen dieses Anspruchs das Formteil nicht als Wolfram-
formteil bezeichnet worden sei, welches einen im Wesentlichen rotationssymmet-
rischen Grundkörper aufweise, der eine axiale Durchgangsöffnung aufweise, de-
ren Querschnitt sich unsymmetrisch in einem schmalen Bereich zum Fliegenkör-
per hin erweitere. Der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 indes
werde dem Fachmann durch den im Verfahren genannten Stand der Technik nicht
nahe gelegt, auch nicht durch eine der Druckschriften E1 bis E3 in Kombination
mit dem Fachwissen und -können des maßgeblichen Fachmanns.

Gegen diesen Beschluss der Patentabteilung richtet sich die Beschwerde der Ein-
sprechenden.

In ihrer Beschwerdebegründung führt die Einsprechende aus, dass die Patentab-
teilung lediglich die Druckschrift E3 als Ausgangspunkt zur Prüfung der erfinderi-
schen Tätigkeit gesehen habe, weil der im patentgemäßen Ausführungsbeispiel
verwendete gerade Haken der beanspruchten Kunstfliege dem Haken gemäß E3
ähnlich sei. Der in Anspruch 1 des Streitpatents formulierte Gegenstand schränke
indes die Art des verwendeten Hakens nicht ein, so dass auch ein Stand der
Technik wie der nach E1, der eine auf einem Jig-Haken gebundene Fliege offen-
bare, als Ausgangspunkt dienen könne. Selbst wenn man aber – wie die Patent-
abteilung – vom Stand der Technik nach E3 als nächstliegenden Stand der Tech-
- 5 -
nik ausgehe, stelle sich hierbei die objektive Aufgabe bei der in der Druckschrift
E3 beschriebenen Fliege eine alternative Beschwerungskugel zu verwenden, die
ebenfalls ein Aufführen des Hakens im Wege einer Erweiterung der Durchgangs-
öffnung erlaube. Eine derartige Offenbarung finde der Fachmann ohne weiteres in
der Druckschrift E2 vor, welche eine Beschwerungskugel empfehle, die ein er-
leichtertes Aufführen des Hakens in die Beschwerungskugel ermögliche und zwar
ohne dass die Erweiterung des Querschnitts der Durchgangsöffnung sich notwen-
digerweise über den ganzen Umfang der Durchgangsöffnung erstrecken müsse.

Die Einsprechende führt in der mündlichen Verhandlung noch aus, dass auch vom
Stand der Technik nach E1 ausgegangen werden könne. Zum Stand der Technik
nach E2 verweist die Einsprechende auf Spalte 1, Zeile 28 bis 31 dieser Druck-
schrift, wonach die dort beschriebene Beschwerungskugel auch in Verbindung mit
Kunstködern („artificial lure“) Verwendung finden könne, wobei auch künstliche
Fliegen zu den Kunstködern zu rechnen seien. Zu der Materialwahl Wolfram trägt
die Einsprechende noch vor, dass der beanspruchte Köder hierdurch keinen wei-
teren synergistischen Effekt erfahre, denn die Beschwerungskugel müsse lediglich
eine Gewichtswirkung erbringen, die mit dem Material, aus dem sie gefertigt ist,
nichts zu tun habe. Somit lägen hier getrennte Aufgabenbereiche vor. Ferner be-
treffe der Patentanspruch 1 einen Gegenstand, bei dem es nicht darauf ankomme,
wie die Beschwerungskugel auf den Haken aufgeführt werde, denn es handele
sich nicht um ein Verfahren.

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin stellt den Antrag,

den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 23 des Deutschen
Patent- und Markenamtes vom 19. Juli 2016 aufzuheben und das
Patent 103 10 803 vollständig zu widerrufen.

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Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen;

hilfsweise das Patent 103 10 803 gemäß Hilfsantrag überreicht in
der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2018 beschränkt auf-
rechtzuerhalten.

Der Patentanspruch nach Hauptantrag lautet:

„Köder für den Fischereibedarf, insbesondere Fliege (1a) zum
Fliegenfischen,

mit einem Haken (3), auf den ein Formteil (10, 30, 40), insbeson-
dere eine Beschwerungskugel (10) aufgeführt ist, wobei das
Formteil (10, 30, 40) aus wenigstens Wolfram, insbesondere Wolf-
rampulver und wenigstens einem Vernetzungsmittel besteht und
wobei das Formteil einen im Wesentlichen rotationssymmetri-
schen Grundkörper aufweist,

mit einem Fliegenkörper (15) und

mit einem fadenförmigen Befestigungselement (4), das zur Fixie-
rung von Fliegenkörper (15) und Formteil auf dem Haken (3) dient,

dadurch gekennzeichnet, dass

das Formteil (10, 30, 40) eine axiale Durchgangsöffnung (12, 32,
41) aufweist, deren Querschnitt sich so zum Fliegenkörper (15) hin
in einem schmalen Bereich unsymmetrisch erweitert, dass der
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Haken (3) beim Aufführen auf das Formteil (10, 30, 40) geführt
wird und

dass das Formteil (10, 30, 40) eine Anlagefläche aufweist, an wel-
cher das fadenförmige Befestigungselement (4) zur Fixierung von
Fliegenkörper (15) und Formteil (10, 30, 40) auf dem Haken (3)
anliegt.“

Wegen der auf diesen Hauptanspruch rückbezogenen nachgeordneten Patentan-
sprüche 2 bis 14 wird auf die Akten verwiesen.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag ist durch Streichen des Ausdrucks „Wolf-
ram, insbesondere“ auf Wolframpulver als metallischem Materialanteil beschränkt
und im Übrigen mit Anspruch 1 nach Hauptantrag wortgleich, wobei bei diesem
Anspruch ebenfalls die zu Anspruch 1 nach Hauptantrag geltenden Ansprüche 2
bis 14 nachgeordnet werden.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag lautet:

„Köder für den Fischereibedarf, insbesondere Fliege (1a) zum
Fliegenfischen,

mit einem Haken (3), auf den ein Formteil (10, 30, 40), insbeson-
dere eine Beschwerungskugel (10), aufgeführt ist, wobei das
Formteil (10, 30, 40) aus wenigstens Wolframpulver und wenigs-
tens einem Vernetzungsmittel, besteht und wobei das Formteil ei-
nen im Wesentlichen rotationssymmetrischen Grundkörper auf-
weist,

mit einem Fliegenkörper (15) und

- 8 -
mit einem fadenförmigen Befestigungselement (4), das zur Fixie-
rung von Fliegenkörper (15) und Formteil auf dem Haken (3) dient,

dadurch gekennzeichnet, dass

das Formteil (10, 30, 40) eine axiale Durchgangsöffnung (12, 32,
41) aufweist, deren Querschnitt sich so zum Fliegenkörper (15) hin
in einem schmalen Bereich unsymmetrisch erweitert, dass der
Haken (3) beim Aufführen auf das Formteil (10, 30, 40) geführt
wird und

dass das Formteil (10, 30, 40) eine Anlagefläche aufweist, an wel-
cher das fadenförmige Befestigungselement (4) zur Fixierung von
Fliegenkörper (15) und Formteil (10, 30, 40) auf dem Haken (3)
anliegt.“

Die Patentinhaberin führt zum Stand der Technik nach E2 aus, dass die Lehre
dieser Entgegenhaltung dahin gehe, dass der Haken nach Einführung in die Kugel
nicht mehr gedreht werden könne und die Richtung zum Einführen derart vorge-
geben sei, dass der Haken im Uhrzeigersinn eingebracht werden müsse. Beim
Streitpatent werde indes eine bessere Führung des Angelhakens angestrebt, wie
aus Abs. [0046] der Streitpatentschrift ersichtlich sei. Bei einer Übertragung der
Lehre der E2 beispielsweise auf den Stand der Technik nach E8 würde der Fach-
mann daher nach Auffassung der Patentinhaberin die untere Anpassung der Ku-
gel übernehmen und nicht die obere, also zur Fliege hin gerichtete Formgebung
der Beschwerungskugel. Damit könne man nicht zu einem Köder mit den Merk-
malen des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag gelangen. Vielmehr sei eine der-
artige Kombination das Ergebnis einer rückschauenden Betrachtung, denn beim
Stand der Technik nach E2 sei eine bestimmte Einführungsrichtung vorgegeben.

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Zur Frage der Materialwahl bezügl. Wolfram trägt die Patentinhaberin vor, dass
dies in synergistischer Weise in den Gesamtkomplex der Erfindung einfließe. Zu-
dem sei der Bedarf von mehreren Quellen zum Nachweis der Materialwahl Wolf-
ram ein zusätzliches Indiz für das Vorhandensein einer erfinderischen Tätigkeit.

Zu Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag führt die Patentinhaberin noch aus, dass
dieser durch Streichen des Ausdrucks „Wolfram, insbesondere“ im Wortlaut des
Anspruchs 1 nach Hauptantrag im Hinblick auf die Beschreibung der Materialwahl
noch enger gefasst werde, weil damit als Ausgangsmaterial nur noch Wolframpul-
ver in Frage komme. Durch Wolframpulver als Ausgangsmaterial erreiche die Be-
schwerungskugel ein besonders hohes Gewicht, was wiederum Vorteile beim
Auswerfen des Köders mit sich bringe. Somit werde ein noch größerer Abstand zu
dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik erreicht.

Wegen weiterer Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.


II.

Die zulässige Beschwerde der Einsprechenden ist begründet, denn weder der
Gegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 nach Hauptantrag noch der
Gegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag stellt eine
patentfähige Erfindung i. S. d. §§ 1 bis 5 PatG dar.

Der jeweils geltende Patentanspruch 1 nach Haupt- bzw. Hilfsantrag mag für sich
genommen zulässig sein sowie einen die erforderliche Neuheit aufweisenden und
gewerblich anwendbaren Köder für den Fischereibedarf beschreiben. Der Köder
für den Fischeibedarf nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag sowie nach
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag beruht jedoch aus den nachfolgend darge-
legten Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

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1. Gegenstand des Streitpatents mit der Bezeichnung „Wolfram Formteile“ ist
nach dem geltenden Anspruch 1 nach Hauptantrag bzw. dem Anspruch 1 nach
Hilfsantrag ein Köder für den Fischereibedarf (vgl. auch Abs. [0001] der geltenden
Beschreibung gemäß Streitpatentschrift).

In der Beschreibungseinleitung [Abs. 0002] wird ein aus dem Stand der Technik
(US 5 386 658 A, E3) bekannter Fliegenkörper, bestehend aus einer Beschwe-
rungskugel, einem Haken und einem künstlichen Fliegenkörper beschrieben, bei
dem die Beschwerungskugel eine Bohrung aufweise, deren Durchmesser zum
Hindurchführen eines Hakens zum Fliegenkörper hin erweitert sei, wodurch der
Haken beim Aufführen auf das Formteil nicht geführt werde und es der Beschwe-
rungskugel auf Grund des relativ großen Bohrungsdurchmessers zum Fliegenkör-
per hin an einer Anlagefläche zur Fixierung von Fliegenkörper und Beschwe-
rungskugel durch ein Befestigungselement fehle.

Auch seien Lösungen aus dem Stand der Technik bekannt (DE 81 00 158 U1), bei
denen der Durchmesser der Bohrung in der Beschwerungskugel im Wesentlichen
dem Durchmesser des darin aufgenommenen Angelhakens entspreche, weshalb
der Haken nicht durch die Kugel geführt werden könne (Abs. [0003]).

Im Stand der Technik seien für das Fischen Beschwerungskörper bekannt, die ins-
besondere aus Blei gefertigt werden, welche an Schnüren befestigt werden, um
ein Wurfgewicht zu erhalten. Die Verwendung von Blei für die Herstellung von Be-
schwerungskörpern habe jedoch den Nachteil, dass bei Verlusten der Beschwe-
rungskörper z. B. durch Abreißen der Schnur, eine Umweltbelastung durch das
Bleigewicht entstehe (Abs. [0004]).

Die dem Patentgegenstand zu Grunde liegende Aufgabe wird gemäß Abs. [0006]
der weiterhin geltenden Beschreibung der Streitpatentschrift darin gesehen, ver-
besserte Köder für den Fischereibedarf zur Verfügung zu stellen. Ferner wird
vorgeschlagen, Wolfram-Formteile solcher Köder kostengünstig und umwelt-
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freundlich herzustellen, wobei insbesondere der Einsatz von Wolfram niedrigerer
Qualität, insbesondere in Bezug auf den Reinheitsgrad möglich ist.

1.A Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beschreibt demgemäß
einen Köder für den Fischereibedarf (insbesondere Fliege (1a) zum Fliegenfi-
schen) mit den folgenden Merkmalen, die hier in anderer Abfolge als im An-
spruchstext zu Gruppen zusammengefasst sind:

1. Der Köder weist einen Haken (3) auf.

2. Der Köder weist einen Fliegenkörper (15) auf.

3. Der Köder weist ein Formteil (10, 30, 40) (insbesondere eine
Beschwerungskugel (10)) auf, das auf den Haken (3) aufgeführt ist.

3.1 Das Formteil (10, 30, 40) besteht aus wenigstens Wolfram (insbeson-
dere Wolframpulver) und wenigstens einem Vernetzungsmittel.

3.2 Das Formteil (10, 30, 40) weist einen im Wesentlichen
rotationssymmetrischen Grundkörper auf.

3.3 Das Formteil (10, 30, 40) weist eine axiale Durchgangsöff-
nung (12, 32, 41) auf.

3.3.1 Der Querschnitt der axialen Durchgangsöffnung (12, 32,
41) erweitert sich in einem schmalen Bereich unsymmet-
risch so zum Fliegenkörper (15) hin, dass der Haken (3)
beim Aufführen auf das Formteil (10, 30, 40) geführt wird.

3.3 Das Formteil (10, 30, 40) weist eine Anlagefläche auf.

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3.4.1 An der Anlagefläche liegt das fadenförmige
Befestigungselement (4) zur Fixierung von Fliegenkör-
per (15) und Formteil (10, 30, 40) auf dem Haken (3) an.

4. Der Köder weist ein fadenförmiges Befestigungselement (4) auf, das
zur Fixierung von Fliegenkörper (15) und Formteil (10, 30, 40) auf dem
Haken (3) dient.

Der patentgemäße Köder für den Fischereibedarf besteht im Wesentlichen aus
den Elementen Haken (Merkmal 1.), Fliegenkörper (Merkmal 2.), Formteil (Merk-
malsgruppe 3.) und fadenförmiges Befestigungselement, welches dem Zusam-
menhalt der genannten Elemente dient (Merkmal 4.)

Die patentgemäße Weiterentwicklung ist dabei auf das Element Formteil gerichtet,
welches im Ausführungsbeispiel eine Beschwerungskugel darstellt, so dass von
Merkmal 3. zumindest auch Beschwerungskugeln mitumfasst sind (vgl. auch An-
spruchsformulierung „insbesondere eine Beschwerungskugel“). Der Köder wird
nach Merkmal 3. dadurch gebildet, dass ein Formteil, z. B. eine Beschwerungsku-
gel auf dem Haken aufgeführt, d. h. aufgefädelt ist. In Merkmal 3.1 wird eine Mate-
rialwahl für das Formteil dahingehend angegeben, dass zu dessen Bestandteilen
wenigstens Wolfram und wenigstens ein Vernetzungsmittel gehören, wobei ge-
mäß Abs. [0010] der Beschreibung des Streitpatents als Vernetzungsmittel bevor-
zugt u. a. Natriumsilikat angegeben wird.

Die folgenden Merkmale sind dann auf geometrische Ausgestaltungen des Form-
teils gerichtet. Das Formteil weist demnach gemäß Merkmal 3.2 einen rotations-
symmetrischen Grundkörper auf, worunter gemäß Abs. [0024] bevorzugt Kugel-
formen, Kegel, Zylinder, Kegelstümpfe, Polygone u. ä. verstanden werden sollen.
Das Formteil weist nach Merkmal 3.3 eine Durchgangsöffnung auf, die nach
Abs. [0019] dem Aufführen des Hakens dient. Diese axiale Durchgangsöffnung
des Formteils wird nach Merkmal 3.3.1 noch dahingehend weitergebildet, dass
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sich deren Querschnitt in einem schmalen Bereich unsymmetrisch so zum Flie-
genkörper hin erweitert, dass der – in seiner geometrischen Ausgestaltung und
Bauform nicht gekennzeichnete und damit beliebig ausgestaltete – Haken beim
Aufführen auf das Formteil geführt wird. Hierzu wird in Abs. [0021] ausgeführt,
dass der Querschnitt der Durchgangsöffnung in einem ersten Bereich unsymmet-
risch verläuft. Dieser zweite Abschnitt, in dem der Querschnitt der axialen Durch-
gangsöffnung eine unsymmetrische Form annimmt, soll nach Merkmal 3.3.1 dem
Fliegenkörper zugewandt sein. Ferner ist diesem Merkmal zu entnehmen, dass
die unsymmetrische Querschnittsgestaltung dadurch erreicht wird, dass sich der
Querschnitt der Durchgangsöffnung in einem schmalen Bereich erweitert, d. h.
einen Winkel von z. B. 60° gegenüber der Längsachse der Durchgangsöffnung
einnimmt (vgl. Abs. [0049] und Fig. 3 und 4 der Streitpatentschrift). Keineswegs
nimmt diese Erweiterung aber den gesamten Bereich der axialen Durchgangsöff-
nung ein, sondern ist lediglich auf einen kleinen, eben schmalen, Bereich dessel-
ben beschränkt.
Das Formteil weist nach einem weiteren Gestaltungsmerkmal (Merkmal 3.4) eine
Anlagefläche auf. Hierunter ist zu verstehen, dass ein z. B. aus Fig. 2 erkennbares
Formteil (10) welches dort als halbkugelförmiges Bauteil ausgestaltet ist, an sei-
nem mit einem geraden Schnitt versehenen Ende einen flächigen Anlagebereich
(Anlagefläche 11) (vgl. Fig. 2) aufweist, der sich, wie aus der Draufsicht gemäß
Fig. 3 erkennbar, auf einen großen Bereich der Querschnittsfläche erstreckt. Im
Gegensatz dazu würde bei der aus Fig. 1 der Streitpatentschrift ersichtlichen sym-
metrischen Erweiterung der axialen Durchgangsbohrung – diese zeigt nach
Abs. [0037] einen Köder gemäß dem Stand der Technik – eine im Längsschnitt
nach Fig. 1 erkennbare trichterförmige Öffnung entstehen, die an ihren Rändern
nur noch wenig oder gar keine Anlagefläche bei gleicher – hier bei diesem Beispiel
– halbkugelförmiger Grundform übrig lassen würde.
In Merkmal 3.4.1 schließlich wird der Zweck der Anlagefläche dahingehend be-
schrieben, dass dort das fadenförmige Befestigungselement zur Fixierung von
Fliegenkörper und Formteil auf dem Haken anliegt. Eine größere Anlagefläche
- 14 -
ermöglicht dabei gemäß Abs. [0046] eine festere Verbindung durch das fadenför-
mige Befestigungselement, insbesondere für die Fixierung des Fliegenkörpers.

1.B Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag beschreibt einen Köder für
den Fischereibedarf mit den Merkmalen 1. bis 3. und 3.2 bis 3.4.1 sowie 4., wie
sie auch Inhalt des Anspruchs 1 nach Hauptantrag sind (vgl. II.1.A). Der geltende
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag wird gegenüber dem Anspruch 1 nach Haupt-
antrag mit dem folgenden, gegenüber dem Merkmal 3.1 des Anspruchs 1 nach
Hauptantrag eingeschränkten Merkmal 3.1‘ beschränkt:

3.1‘ Das Formteil (10, 30, 40) besteht aus wenigstens Wolframpulver
und wenigstens einem Vernetzungsmittel.

Anders als in Anspruch 1 nach Hauptantrag, wo Wolfram in jeder beliebiger Form
als metallisches Ausgangsmaterial umfasst war, wird dies durch Merkmal 3.1‘ des
Anspruchs 1 nach Hilfsantrag nunmehr auf wenigstens pulverförmiges Wolfram,
welches mit wenigstens einem Vernetzungsmittel versehen ist, beschränkt.

2. Als maßgeblicher Fachmann ist ein Techniker mit mehrjähriger Erfahrung in
der Herstellung von Zubehörartikeln für den Fischereibedarf wie z. B. von künstli-
chen Ködern anzusehen.

3. Die Köder für den Fischereibedarf nach dem Patentanspruch 1 nach
Hauptantrag sowie nach dem geltenden Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag sind
nicht patentfähig.

3.A Der Köder für den Fischereibedarf nach dem geltenden Patentanspruch 1
nach Hauptantrag beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

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Durch den Stand der Technik nach E8 („The Fly Tier´s Benchside Reference to
Techniques and Dressing Styles“, Ted Leeson, Jim Schollmayer, Seite 429, Frank
Armato Publications, 1998) ist ein Köder für den Fischereibedarf bekannt gewor-
den, der einen Haken (vgl. z. B. Bild zu Step 2) (Merkmal 1. gemäß Merkmalsglie-
derung nach 3.) und einen Fliegenkörper (vgl. z. B. Bilder zu Step 6 und 7)
(Merkmal 2.) aufweist. Der Köder weist ferner ein Formteil in Gestalt einer Be-
schwerungskugel auf, das – wie auch in Merkmal 3. beschrieben ist – auf dem
Haken aufgeführt ist (vgl. z. B. Bilder zu Step 1 bis Step 3).
Auch zeigt das Formteil (Beschwerungskugel) einen im Wesentlichen rotations-
symmetrischen Grundkörper (vgl. z. B. Bilder zu Step 1 bis 8), wie dies Merk-
mal 3.2 fordert. Zudem weist das Formteil (Beschwerungskugel) wie in Bild und
Bildtext zu Step 1 erkennbar, eine axiale Durchgangsöffnung auf (Merkmal 3.3).
Ferner weist das Formteil (Beschwerungskugel) eine Anlagefläche gemäß Merk-
mal 3.4 auf, denn das kugelige Formteil ist zumindest an einer Seite geschnitten,
wie aus der Seitenansicht in den Bildern Step 2 bis Step 8 erkennbar ist, so dass
hierdurch eine schmale ringförmige Anlagefläche entsteht, an der gemäß Merk-
mal 3.4.1 auch das fadenförmige Befestigungselement zur Fixierung von Fliegen-
körper und Formteil auf dem Haken anliegt (vgl. Bilder und Bildtexte zu Step 5,
Step 6 und Step 7). Demgemäß weist der Köder auch ein fadenförmiges Befesti-
gungselement nach Merkmal 4. auf, das zur Fixierung von Fliegenkörper und
Formteil auf dem Haken dient (vgl. Bildtexte zu Step 5 bis Step 7).

Anders als in Merkmal 3.3.1 beschrieben, erweitert sich der Querschnitt der axia-
len Durchgangsöffnung der Beschwerungskugel nach E8 allerdings nicht lediglich
in einem schmalen Bereich unsymmetrisch zum Fliegenkörper hin, sondern die
Durchgangsöffnung erweitert sich symmetrisch, d. h. rundum zum Fliegenkörper
hin, wie der maßgebliche Fachmann der Bildunterschrift zu Step 1 bereits ent-
nehmen kann, wo von einer Kugel mit zwei Löchern die Rede ist, wobei eines
kleiner ist, also einen geringeren Durchmesser hat („…the smaller of the two ho-
les, …“). Außerdem deutet darauf auch der Einblick in die Durchgangsöffnung der
Kugel, erkennbar im Bild zu Step 1 (mit einer Pinzette gehaltene Kugel), sowie das
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„schräg nach unten Hängen“ der auf den Haken aufgeführten Kugel im Bild zu
Step 2 hin.

Der Fachmann erachtet beim Stand der Technik nach E8 die mangelnde Führung
einer Beschwerungskugel mit einer symmetrisch sich erweiternden axialen
Durchgangsöffnung beim Aufführen auf einen Haken als problematisch, so dass er
zwecks Abhilfe für dieses Problem im Stand der Technik nach Lösungen sucht.
Anregungen zur Lösung dieses Problems erhält er aus dem Stand der Technik
nach E2 (US 5 537 775 A).

Durch die E2 ist eine Beschwerungskugel (30) (Formteil) für einen künstlichen Kö-
der (vgl. Spalte 1, Z. 28 bis 31: „artificial lure“) für den Fischereibedarf – auch sog.
„Fliegen“ gehören zu dieser Gruppe – bekannt geworden, deren Durchgangsöff-
nung sich an beiden Enden in einem schmalen Bereich unsymmetrisch erweitert.
Wie aus Fig. 1 bis 7 ohne weiteres erkennbar ist, dient dies der Führung und Aus-
richtung des Hakens und gleichzeitig auch der Festlegung des Hakens durch des-
sen besondere Struktur mittels eines nach der Öse (24) des jeweiligen Hakens
zurückgebogenen Schenkels, der an der Arretierung der Beschwerungskugel an
dem jeweiligen Haken mitwirkt. Diese zusätzliche Funktion der Festlegung der
Beschwerungskugeln an dem jeweiligen Haken gemäß den unterschiedlichen
Ausführungsbeispielen vermag dem Fachmann jedoch den Blick nicht auf eine zu
erzielende bessere Führungswirkung beim Aufführen des Hakens - auch die Pa-
tentinhaberin bezeichnet den so in der Kugel festgelegten Haken als „unverdreh-
bar“ – zu verstellen, so dass er durch den Stand der Technik nach E2 ausreichend
Anregungen erhält, die symmetrische Erweiterung bei den Beschwerungskugeln
nach E8 durch eine Erweiterung, die sich nur in einem schmalen Bereich unsym-
metrisch zum Fliegenkörper hin erstreckt, zu ersetzen. Dabei ist für den Fach-
mann ohne weiteres zu erkennen, dass eine derartige einfache Übertragungs-
maßnahme der unsymmetrischen Querschnittserweiterung der Durchgangsöff-
nung aus E2 auf die symmetrische Erweiterung der Durchgangsöffnungen der Be-
schwerungskugeln nach E8 einerseits die Führung der Kugel beim Aufführen auf
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den Haken ermöglicht und verbessert und dem Gesamtsystem andererseits eine
größere Stabilität verleiht, wobei zudem noch eine größere Anlagefläche an der
Kugel entsteht.

Somit wird dem maßgeblichen Fachmann durch die Gesamtheit der Offenbarung
der E2 bereits vor Augen geführt, dass es möglich und auch offenbar wirtschaftlich
zweckmäßig ist, die Durchgangsöffnung einer Beschwerungskugel für künstliche
Köder, wie sie auch Fliegen zum Fliegenfischen darstellen, einem bestimmten
Zweck anzupassen und diese hierzu unsymmetrisch zu gestalten. Dem maßgebli-
chen Fachmann ist es auch zumutbar, bei der Lektüre der E2 zu erkennen, dass
die beidseitigen Veränderungen an der Durchgangsöffnung der Kugel lediglich der
besonderen konstruktiven Ausgestaltung des dort verwendeten Hakens mit einer
schräg weg gebogenen Öse einerseits und einem federnden Schenkel anderer-
seits geschuldet sind. Anders als die Patentinhaberin meint, ist die Kombination
der Lehre aus E8 und E2 daher nicht das Ergebnis einer rückschauenden Be-
trachtung. Vielmehr erkennt der maßgebliche Fachmann in der Festlegung des
Hakens bei der Beschwerungskugel nach E2 die prinzipielle Wirkung einer in ei-
nem schmalen Bereich asymmetrisch erweiterten Durchgangsöffnung im Hinblick
auf eine verbesserte Führung und Festlegung des Hakens an der Beschwerungs-
kugel, die ihm bei dem den Ausgangspunkt bildenden Stand der Technik nach E8
noch mangelhaft und verbesserungsbedürftig erscheint. Denn insbesondere aus
dem Bild über dem Text zu „Step 2“ (E8, S. 429) ist deutlich zu erkennen, dass die
Kugel auf den Haken keinen festen Sitz aufweist.

Nach alledem gelangt der Fachmann durch die Übernahme der bereichsweisen
unsymmetrischen Erweiterung der Durchgangsöffnung einer Beschwerungskugel
nach E2 auf einen Köder für den Fischereibedarf nach E8 zu einem Köder, insbe-
sondere einer Fliege zum Fliegenfischen, mit den Merkmalen 1. bis 3. und 3.2 bis
4. des geltenden Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag.

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Von einem Gegenstand nach E8, dessen Beschwerungskugel nach dem Vorbild
der E2 mit einer unsymmetrisch in einem schmalen Bereich erweiterten Durch-
gangsöffnung versehen ist, unterscheidet sich der Gegenstand des geltenden
Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag daher lediglich noch in der Materialangabe
gemäß Merkmal 3.1, wonach das Formteil aus wenigstens Wolfram und wenigs-
tens einem Vernetzungsmittel besteht. Diese Materialwahl nach Merkmal 3.1 geht
jedoch über rein fachmännisches Handeln nicht hinaus, denn dem maßgeblichen
Fachmann war es zum Zeitrang des Streitpatents bereits bekannt, Beschwerungs-
kugeln für den Fischereibedarf aus Wolfram zu fertigen. Als Beleg für derartiges
fachmännisches Wissen wird auf die E1 (Katalog: Rudi Heger, „Exklusives Flie-
genfischgerät“, S. 2000, 2001), dort S. 200 unten, 2. Spalte von links unten mit der
Überschrift „Tungsten-Perlen“ verwiesen, wo im darunter liegenden Text das spe-
zifische Gewicht von Tungsten, also Wolfram, als ungefähr 1,5 mal so hoch wie
das von Blei beschrieben wird. Die Verwendung eines Vernetzungsmittels zur
Herstellung von Formteilen aus Wolframpulver, hier von drahtförmigen Teilen ist
zudem aus der E5 (DE 272 347 A) seit etwa 100 Jahren bekannt, wobei dort be-
reits Natriumsilikat, welches auch im Streitpatent bevorzugt als Vernetzungsmittel
genannt wird (vgl. Abs. [0010]), zur Vernetzung Verwendung findet.

Auch aus der von der Einsprechenden noch genannten E4
(US 2001/00 150 29 A1) ist es bereits bekannt geworden, Gewichte für den Fi-
schereibedarf an sich (“fishing weights”) und auch für den Köder (“fishing lures”)
auf der Grundlage von Wolframpulver (“tungsten powder”) als Hauptbestandteil
und einem Vernetzungsmittel, hier auf Nickel-Basis (“nickel binder”) herzustellen
(vgl. Abs. [0007] der E4). Dabei können mit Hilfe von Wolfram als Ausgangsmate-
rial nicht nur allgemein Beschwerungsgewichte in zylindrischer oder ähnlicher
Form hergestellt werden, sondern auch kugelförmige Körper (“…, the body is
spherical in geometry”.) (vgl. Abs. [0008]), welche der Fachmann ohne weiteres in
Zusammenhang mit den Ködern gemäß Abs. [0007] bringen kann, so dass auch
diese Entgegenhaltung bereits u. a. die Fertigung von Beschwerungskugeln, also
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den patentgemäßen Formteilen auf Wolfram-Basis mit einem Vernetzungsmittel
lehrt.

Der Wahl eines bestimmten Materials, hier Wolfram, zur Herstellung bestimmter
Gegenstände wie Formteile als Beschwerungskugeln für Köder zum Fischereibe-
darf ist nach Auffassung des Senats jedenfalls dem allgemeinen Fachwissen des
maßgeblichen Durchschnittsfachmanns zuzurechnen, weil die Fertigung eben die-
ser Gegenstände (Beschwerungskugeln als Formteile) aus dem beanspruchten
Material (Wolfram) mit Hilfe des Zusatzes von im Anspruch noch geforderten Ver-
netzungsmitteln aus dem vorveröffentlichten Stand der Technik bereits mehrfach
bekannt geworden ist.

Nach alledem ist der Inhalt von Merkmal 3.1 bereits vollumfänglich dem allgemei-
nen Fachwissen des Durchschnittsfachmanns zuzurechnen, so dass dieses
Merkmal patentbegründende Wirkung nicht zu entfalten vermag.

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag hat daher keinen Bestand.

Nach Wegfall des tragenden Hauptanspruchs sind auch die auf diesen rückbezo-
genen Patentansprüche 2 bis 14 nach Hauptantrag nicht bestandsfähig.

3.B Der Köder für den Fischereibedarf nach dem geltenden Patentanspruch 1
nach Hilfsantrag beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Insoweit die Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag mit denen des An-
spruchs 1 nach Hauptantrag wortgleich übereinstimmen – dies sind die Merk-
male 1. bis 3. und 3.2 bis 4. (vgl. Merkmalsgliederung in II.1.A) – wird hierzu aus-
drücklich auf die Begründung zu Anspruch 1 nach Hauptantrag (II.3.A) verwiesen.

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Nach dem gegenüber dem Hauptantrag in zulässiger Weise beschränkten Merk-
mal 3.1‘ des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag besteht das Formteil nunmehr wenigs-
tens aus Wolframpulver und wenigstens einem Vernetzungsmittel.

Wie schon aus der Begründung zu Anspruch 1 nach Hauptantrag ersichtlich, ist
auch der Inhalt dieses Merkmals dem allgemeinen Fachwissen des Durch-
schnittsfachmanns zuzurechnen.

Wie aus der Druckschrift E4 bereits bekannt geworden ist, werden Gewichte für
den Fischereibedarf, u. a. auch für Köder („fishing lures“) (Abs. [0007], 2. Zeile)
aus Wolframpulver und einem Vernetzungsmittel gefertigt. So lauten die letzten
Zeilen des Abs. [0007] der E4 ab Zeile 7 wie folgt: „Further, the body is construc-
ted from a composition comprising a tungsten powder in major amount and a
nickel binder in minor amount. When the composition is fired, a tungsten carbide
body is formed.“ Mit dieser Methodik werden nicht nur allgemeine Gewichtsformen
für den Fischereibedarf erzeugt, sondern auch speziell runde, kugelförmige Kör-
per, wie aus Abs. [0008], Zeilen 7 und 8 ersichtlich ist, wo ausgeführt wird: „In
another alternative, the body ist spherical in geometry.“ Diese Formulierung bringt
der Fachmann ohne weiteres in Verbindung mit den in Abs. [0007] bereits explizit
genannten „fishing lures“ (Ködern), so dass der Inhalt von Merkmal 3.1‘ bereits
vollumfänglich aus der Offenbarung der E4 bekannt geworden ist und daher dem
allgemeinen Fachwissen (vgl. hierzu auch Begründung zu Anspruch 1 nach
Hauptantrag, II.3.A) zuzurechnen ist.

Die Herstellung von drahtförmigen Formteilen auf der Basis von Wolframpulver
und Natriumsilikat als Bindemittel – dieses wird gemäß Abs. [0010] der weiterhin
geltenden Beschreibung der Streitpatentschrift bevorzugt als Vernetzungsmittel
genannt – ist darüber hinaus bereits aus dem im Jahre 1914 veröffentlichten Pa-
tentdokument E5 bekannt (vgl. Seite 1, Zeilen 14 bis 16 und Zeilen 48 bis 50 der
E5).

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Die Verwendung von Beschwerungskugeln aus Wolfram-Material für Köder zum
Fischereibedarf ist auch aus der E1, Seite 200, 2. Spalte unten, unter „Tungsten-
Perlen“ ersichtlich.

Nach alledem vermag auch das neu formulierte und eingeschränkte Merkmal 3.1‘
patentbegründende Wirkung nicht zu entfalten, denn auch dessen Inhalt ist dem
allgemeinen Fachwissen des hier angesprochenen Durchschnittsfachmanns zuzu-
rechnen. Dieser wird auch davon Gebrauch machen, wenn er beispielsweise nach
einem Ersatzmaterial zu dem bislang häufig verwendeten, aber ggf. aus Umwelt-
schutzgründen bedenklich eingestuften Blei oder einem leicht zu verarbeitenden
pulverförmigen Ausgangsmaterial mit hohem spezifischen Gewicht sucht.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag hat daher keinen Bestand.

Nach Wegfall ihres tragenden Hauptanspruchs haben auch die auf Anspruch 1
nach Hilfsantrag rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 24 keinen Bestand.


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
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4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der
die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind,
oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen
beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schrift-
lich einzulegen.


Dr. Zehendner Dr. Huber Uhlmann Brunn

Pr


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