8 W (pat) 18/14  - 8. Senat (Techn.Beschw.)
Karar Dilini Çevir:

ECLI:DE:BPatG:2017:141217B8Wpat18.14.0


BUNDESPATENTGERICHT



8 W (pat) 18/14
_______________
(Aktenzeichen)



Verkündet am
14. Dezember 2017





B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 10 2004 005 705



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hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2017 durch den Vorsitzenden
Richter Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie den Richter Dr. agr. Huber, die
Richterin Uhlmann und den Richter Dipl.-Ing. Brunn

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der
Patentabteilung 1.16 des Deutschen Patent- und Markenamtes
vom 21. Januar 2014 aufgehoben und das Patent
10 2004 005 705 widerrufen.



G r ü n d e

I.

Auf die am 5. Februar 2004 durch die Beschwerdegegnerin beim Deutschen Pa-
tent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das Streitpatent
10 2004 005 705 mit der Bezeichnung „Rückenlehne für einen Fahrzeugsitz und
Fahrzeugsitz“ erteilt und die Erteilung am 16. Juni 2011 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent hat die Beschwerdeführerin am 16. September 2011 Einspruch
erhoben und beantragt, das Patent im vollen Umfang zu widerrufen.

Die Einsprechende verweist dazu unter anderem auf folgende Entgegenhaltun-
gen:

D6 US 51 20 109 A
D9 DE 197 13 378 C1
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D13 WO 96/30228 A1
D16 DE 101 04 006 C2 sowie
D17 DE 298 23 483 U1

Die Patentabteilung 16 des DPMA hat das Streitpatent in der mündlichen Ver-
handlung vom 21. Januar 2014 im vollen Umfang aufrechterhalten, da der Patent-
gegenstand gemäß dem erteilten Anspruch 1 gegenüber den im Verfahren befind-
lichen Entgegenhaltungen eine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 und 4
PatG darstelle, da er neu sei und auch auf einer erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden. Sie
stellt den Antrag:

den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 1.16 des Deut-
schen Patent- und Markenamtes vom 21. Januar 2014 aufzuhe-
ben und das Patent 10 2004 005 705 vollständig zu widerrufen.

Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen;

hilfsweise, das Patent mit Hilfsanträgen 1 bis 5 vom
14. Dezember 2017 beschränkt aufrecht zu erhalten.

Der erteilte Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet (Gliederung entsprechend Ein-
spruchsschriftsatz der Beschwerdeführerin):

1.1 Rückenlehne (2) für einen Fahrzeugsitz (1)
1.2 mit einer in die Rückenlehne (2) integrierten Kopfstütze (7)
1.3 und einem Bedienelement (8) zur Einstellung der Schulteran-
passung;
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dadurch gekennzeichnet, dass
1.4: das Bedienelement (8) an der in die Rückenlehne (2) integrier-
ten Kopfstütze (5)
1.5: zur Rückseite der Rückenlehne (2) hin angeordnet ist.

Der erteilte Patentanspruch 5 lautet:

5 Fahrzeugsitz (1) mit einer Rückenlehne (2) nach einem der
vorstehenden Patentansprüche.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach
Hauptantrag das zusätzliche Merkmal

1.6A und das Bedienelement (8) als ein Druckknopf (8a, 8b) oder
ein Zughebel (8c) ausgebildet ist.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 stellt eine alternative Ausgestaltung zum Ge-
genstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 dar und enthält gegenüber dem An-
spruch 1 nach Hauptantrag das zusätzliche Merkmal

1.6B wobei das Bedienelement (8) mit einer Verriegelung zusam-
menwirkt, die im gelösten Zustand den oberen Teil der Rü-
ckenlehne (2) zusammen mit der Kopfstütze (5) frei bewegbar
macht.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 stellt eine weitere alternative Ausgestaltung
zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 bzw. 2 dar und enthält ge-
genüber dem Anspruch 1 nach Hauptantrag das zusätzliche Merkmal

1.6C wobei das Bedienelement (8) auf eine mechanische Rastein-
richtung wirkt, die in einer ersten eingerasteten Position das
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Rückenlehnenoberteil gegenüber dem Rückenlehnenunterteil
festlegt und in einer zweiten nicht eingerasteten Position eine
Änderung der Neigung des Rückenlehnenoberteils relativ zum
Rückenlehnenunterteil gestattet.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 stellt eine Kombination der Ansprüche 1 nach
Hilfsantrag 1 und 2 dar und enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach Hauptantrag
die beiden zusätzlichen Merkmale 1.6A und 1.6B.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 stellt eine Kombination der Ansprüche 1 nach
Hilfsantrag 1 und 4 und damit eine alternative Ausgestaltung zum Gegenstand des
Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 dar und enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach
Hauptantrag die beiden zusätzlichen Merkmale 1.6A und 1.6C.

Wegen des Wortlautes der Unteransprüche und der weiteren Einzelheiten wird auf
den Inhalt der Akten verwiesen.


II.

1. Die Beschwerde ist zulässig und in der Sache begründet, denn die Gegen-
stände des jeweiligen Anspruchs 1 nach Hauptantrag sowie nach den Hilfsanträ-
gen 1 bis 5 stellen keine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG dar.

Der Patentgegenstand betrifft eine Rückenlehne mit integrierter Kopfstütze für ei-
nen Fahrzeugsitz und einem Bedienelement zur Einstellung der Schulteranpas-
sung der Rückenlehne.

Aus dem Stand der Technik ist bekannt, Bedienelemente zur Einstellung von Sitz-
positionen des Fahrzeugsitzes oder einzelner Bestandteile des Fahrzeugsitzes di-
rekt am Fahrzeugsitz anzuordnen. Dabei sind die Bedienelemente meist an den
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Seitenbeschlägen der Sitzfläche, an der Frontseite des Fahrzeugsitzes, unterhalb
der Sitzfläche oder in der Verkleidung der Fahrertür oder Beifahrertür angeordnet.

Nachteilig ist es, dass manche der bekannten Positionen ergonomisch unvorteil-
haft zu erreichen sind oder es leicht zu Fehlbedienungen kommen kann, wenn zu
viele Bedienelemente nebeneinander oder in einer Position, an der eine visuelle
Überwachung nicht möglich ist, angeordnet sind.

Nach Angaben der Streitpatentschrift liegt der Erfindung die Aufgabe zu Grunde,
eine Rückenlehne bzw. einen Fahrzeugsitz zur Verfügung zu stellen, mittels der
ein Bedienelement zur Einstellung einer Schulteranpassung ergonomisch bedien-
bar gemacht wird.

2. Die Ansprüche bedürfen hinsichtlich einiger Merkmale einer Auslegung:

Als zuständiger Fachmann ist ein Diplomingenieur der Fachrichtung Maschinen-
bau mit zumindest Fachhochschulabschluss mit mehrjähriger Erfahrung in der
Konstruktion von Fahrzeugsitzen anzusehen.

Nach Merkmal 1.2 weist die Rückenlehne eine integrierte Kopfstütze auf. In der
Streitpatentschrift wird der Begriff „integrierte Kopfstütze“ nicht weiter erläutert.
Entsprechend seinem Fachwissen versteht der Fachmann unter einer integrierten
Kopfstütze entweder eine Kopfstütze, die durch den oberen Teil der Sitzlehne ge-
bildet wird, oder eine Kopfstütze, die durch ein vom Sitz abnehmbares bzw. ge-
trenntes Bauteil gebildet wird und so beschaffen ist, dass sie in die Rückenlehnen-
bzw. Fahrzeugstruktur eingeführt und dort zwangsläufig festgehalten wird und die
nur mit Hilfe von Werkzeug oder nach teilweisem oder vollständigem Entfernen
der Ausstattung des Sitzes vom Sitz oder von der Fahrzeugstruktur gelöst werden
kann.

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Nach Merkmal 1.3 verfügt die Rückenlehne über ein Bedienelement zur Einstel-
lung der Schulteranpassung. Durch die konkrete Nennung der Funktion „Schul-
teranpassung“ ist dem Fachmann klar, dass darunter nicht die Neigungsverstel-
lung der gesamten Rückenlehne zu verstehen ist, sondern die Anpassung eines
oberen Teils der Rückenlehne an die Schultern des Nutzers (vgl. auch Ab-
satz [0010] der Patentschrift bzw. Anspruch 2). Die konkrete Ausgestaltung der
Schulteranpassung wird im Anspruch 1 offengelassen.

Nach Merkmal 1.4 ist das Bedienelement an der in die Rückenlehne integrierten
Kopfstütze angeordnet. Da die integrierte Kopfstütze mit der Rückenlehne auch
eine bauliche Einheit darstellen kann, ist unter diesem Merkmal zu verstehen,
dass das Bedienteil entweder an einer integrierten Kopfstütze oder auch im obe-
ren Bereich einer Rückenlehne angeordnet sein kann, an dem der Kopf des Be-
nutzers anliegt.

Entsprechend Merkmal 1.5 ist das Bedienelement darüber hinaus zur Rückseite
der Rückenlehne hin angeordnet. Darunter ist nach der Beschreibung der Streit-
patentschrift (Absätze [0008] und [0009]) für den Fachmann zu verstehen, dass
das Bedienelement so an der Rückenlehne angeordnet ist, dass es vom im Fahr-
zeugsitz sitzenden Benutzer gut erreichbar ist, wenn dieser mit einem „natürlichen
Griff“ mit einer Hand über seine Schulter greift und damit die Schulteranpassung
mit der Hand einfach in die gewünschte Position geführt werden kann (vgl. Figur 5
der Streitpatentschrift, Bz. 8a, 8b und 8c). Darüber hinaus ist dieses Merkmal da-
hingehend zu verstehen, dass das Bedienelement auch (körperlich) zur Rückseite
der integrierten Kopfstütze hinweist (vgl. Absatz [0033], Satz 2). Dementspre-
chend wird im Streitpatent das mit dem Bezugszeichen 8d gekennzeichnete Be-
dienelement auch als nicht erfindungsgemäß bezeichnet. Daher sind, im Gegen-
satz zur Auffassung der Einsprechenden (SS v. 7.03.2014, S. 7, Z. 1+2) und der
Patentabteilung (Beschluss, S. 5, mittlerer Absatz) Hebel oder Handräder, die an
der Seite der Kopfstütze bzw. der Lehne angeordnet sind und von der Rückseite
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aus bedienbar wären, nicht im Sinne des Streitpatents zur Rückseite hin angeord-
net und fallen daher nicht unter den Gegenstand des Streitpatents.

In der Zusammenschau der Merkmale 1.3 und 1.5 mit der „Schulteranpassung“
und dem zur Rückseite hin ausgerichteten Bedienelement ist für den Fachmann
auch klar ersichtlich, dass das Bedienelement zur Rückseite hin ausgerichtet sein
soll, aber trotzdem von dem auf dem Sitz sitzenden Benutzer bedienbar sein
muss, um erfindungsgemäß ergonomisch eine „Anpassung“ vornehmen zu kön-
nen.

3. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Gegenstände des Anspruchs 1 nach
Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 5 gegenüber dem Stand der Technik
nach der D9, der D13 oder der D17 neu sind, da sie jedenfalls nicht auf einer er-
finderischen Tätigkeit beruhen.

a) Hauptantrag:

Die aus der D6 bekannte Rückenlehne für einen Fahrzeugsitz kommt dem Ge-
genstand des Streitpatents am nächsten. Da die D6 wie das Streitpatent eine Rü-
ckenlehne mit einem Bedienelement für eine Schulteranpassung mit den Merk-
malen M1.1 bis M1.3 zeigt und sich ebenfalls mit der Optimierung der Anpassung
der Rückenlehne an die Sitzposition des Nutzers beschäftigt (vgl. Sp. 1, Z. 59 bis
Sp. 2, Z. 19), bildet sie für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit einen ge-
eigneten Ausgangspunkt.

Die D6 zeigt eine Rückenlehne für einen Fahrzeugsitz mit einer am oberen Teil
der Rückenlehne 28 befestigten Kopfstütze (vgl. Fig. 3, M1.1), bei der die Winkel-
stellung des oberen Lehnenteils 28 durch Verschwenken gegenüber dem unteren
Lehnenteil 27 verstellt werden kann, wobei als Bedienelement ein Handrad 34 an
der Achse 33 vorgesehen ist. Auch wenn die Winkelstellung der Nackenlehne 43
gegenüber dem oberen Lehnenteil ebenfalls verstellbar ist, zeigt die D6 entspre-
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chend der Auslegung des Streitpatents eine integrierte Kopfstütze, da diese nur
mit Hilfe von Werkzeug oder nach teilweisem oder vollständigem Entfernen der
Ausstattung des Sitzes vom Sitz bzw. der Lehne gelöst werden kann. Die
Schwenkachse 33 ist angrenzend an die Nackenlordose der sitzenden Person an-
geordnet, so dass es möglich ist, den oberen Abschnitt der Rückenlehne an die
spezielle Form der Nackenlordose und damit an den Schulterbereich anzupassen.
(M1.3). Das Handrad ist dabei weder an der in die Rückenlehne integrierten Kopf-
stütze 43 noch zur Rückseite der Rückenlehne 28 hin, sondern zu deren Seite hin
angeordnet.

Der Fachmann sieht bei der aus der D6 bekannten Rückenlehnenverstellung als
nachteilig an, dass das an der Seite angeordnete Handrad 34 zur Schulteranpas-
sung von einem auf dem Fahrzeugsitz sitzenden Nutzer schwer bedienbar ist und
dass bei der Verstellung mittels Handrad 34 und Getriebebeschlag eine aktive
Führung des oberen Lehnenbereichs in die gewünschte Position durch den Nutzer
während der Einstellung der Schulteranpassung nicht möglich ist.

Der Fachmann, der stets auch den Markterfolg seines Produkts im Blick hat, be-
müht sich selbstverständlich darum, an seinem Produkt die Benutzerfreundlichkeit
zu optimieren und dabei die Bedienung der erforderlichen Bedienelemente zu ver-
einfachen. In Anbetracht dessen sucht er im Stand der Technik nach Möglichkei-
ten, die Verstellung von Rückenlehnen dahingehend benutzerfreundlicher zu ge-
stalten, dass die Bedienung hinsichtlich ergonomischer Erreichbarkeit und der
Möglichkeit der aktiven Führung des zu verstellenden Lehnenteils durch den Nut-
zer verbessert wird.

Dabei gelangt der Fachmann unter anderem auch zur D16, die ebenfalls eine Rü-
ckenlehne 3 für einen Fahrzeugsitz zeigt, bei der mit einem Bedienelement sowohl
die Neigung der Rückenlehne als auch der Abstand zwischen einer entsprechend
der Definition integralen Kopfstütze 12 und der Rückenlehne 3 eingestellt werden
kann. Dabei ist ein Entriegelungshebel 14 als Bedienelement im oberen Bereich
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der integrierten Kopfstütze angeordnet (M1.4) und das Bedienelement 14 zur
Rückseite der Kopfstütze bzw. der Rückenlehne hin angeordnet (M1.5).

Durch die Anordnung des Entriegelungshebels 14 können bei Betätigung des He-
bels zwei Funktionen ausgeführt werden, erstens die Entriegelung der zu verstel-
lenden Bauteile (Kopfstütze, Lehne) sowie zweitens die aktive Führung der Bau-
teile in die gewünschte Position durch den Benutzer (Absätze [0004] und [0005]
sowie [0013] und [0014]). Auch wenn der Entriegelungshebel der D16 durch diese
Doppelfunktion, neben der Kopfstütze auch die Rückenlehne zum Umklappen zu
entriegeln, nur bedient wird, wenn der Benutzer neben dem Sitz steht und nicht
auf ihm sitzt, enthält der Fachmann aus der D16 trotzdem den Hinweis auf die
Möglichkeit, mit einem an der Kopfstütze angeordneten Hebel einen im unteren
Bereich der Rückenlehne angeordneten Neigungsversteller einerseits intuitiv be-
tätigen zu können und anderseits bei entriegeltem Hebel eine gute Wegkontrolle
über das zu verstellende Rückenlehnenelement zu erhalten.

Der Einsatz dieser aus der D16 bekannten technischen Maßnahme auf den Ge-
genstand der D6 führt dazu, dass die Verstellung des oberen Lehnenteils um die
Drehachse 33 nicht durch das Handrad 34, sondern über einen an der Kopfstütze
angeordneten Bedienhebel für eine Entriegelungseinrichtung erfolgt. Hierin kann
keine erfinderische Tätigkeit, sondern nur eine dem Fachmann im Rahmen seines
Fachwissens- und Fachkönnens mögliche einfache konstruktive Modifikation ge-
sehen werden, ohne dass dieser hätte erfinderisch tätig werden müssen. Davon
wird der Fachmann auch nicht durch den Umstand abgehalten, dass der Bediener
der D16 bei Betätigung des Hebels neben dem Fahrzeugsitz steht, da es aufgrund
der Darstellungen der D16 für den Fachmann zweifellos erkennbar ist, dass der
Bedienhebel für einen auf dem Fahrzeugsitz sitzenden Nutzer ergonomisch gut zu
erreichen ist und die Verstellbewegung des Lehnenteils über die am Bedienhebel
befindliche Hand gut zu kontrollieren ist, sofern nicht wie in der D16 die komplette
Rückenlehne umgelegt werden soll.

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Somit gelangt der Fachmann, ausgehend von der D6 unter Berücksichtigung der
D16 und seines Fachwissens- und Fachkönnens in naheliegender Weise zum
Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag.

b) Hilfsantrag 1:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Ge-
genstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag nur durch das zusätzliche Merkmal
1.6A, wonach „das Bedienelement (8) als ein Druckknopf (8a, 8b) oder ein Zughe-
bel (8c) ausgebildet ist“.

Die Ausgestaltung des Bedienelementes als Zughebel ist dem Fachmann jedoch
schon aus der D16, insbesondere der Figur 3 sowie der Beschreibung in Ab-
satz [0011] bekannt. Daher gelangt der Fachmann, ausgehend von der D6 unter
Berücksichtigung der D16 und seines Fachwissens- und Fachkönnens in nahelie-
gender Weise auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1.

c) Hilfsantrag 2:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 unterschiedet sich vom Ge-
genstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag nur durch das zusätzliche Merkmal
1.6B, wonach „das Bedienelement (8) mit einer Verriegelung zusammenwirkt, die
im gelösten Zustand den oberen Teil der Rückenlehne (2) zusammen mit der
Kopfstütze (5) frei bewegbar macht.“

Wie schon zum Hauptantrag ausgeführt, offenbart die D16 dem Fachmann die
Möglichkeit, mit einem an der in die Rückenlehne integrierten Kopfstütze zur
Rückseite der Rückenlehne hin angeordneten Bedienelement eine Verriegelung
zu lösen, um im entriegelten Zustand die gesamte Rückenlehne zusammen mit
der Kopfstütze frei bewegbar zu machen. In der Übertragung dieser aus der D16
bekannten technischen Maßnahme auf die aus der D6 bekannte, separate Ver-
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stellung eines oberen Lehnenteils als Schulteranpassung kann dementsprechend
auch keine erfinderische Tätigkeit, sondern nur eine dem Fachmann im Rahmen
seines Fachwissens- und Fachkönnens mögliche konstruktive Modifikation gese-
hen werden, ohne dass dieser hätte erfinderisch tätig werden müssen. Daher ge-
langt der Fachmann, ausgehend von der D6 unter Berücksichtigung der D16 und
seines Fachwissens- und Fachkönnens in naheliegender Weise auch zum Ge-
genstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2.

d) Hilfsantrag 3:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 unterscheidet sich vom Ge-
genstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag wiederum nur durch das zusätzliche
Merkmal 1.6C, wonach „das Bedienelement (8) auf eine mechanische Rastein-
richtung wirkt, die in einer ersten eingerasteten Position das Rückenlehnenoberteil
gegenüber dem Rückenlehnenunterteil festlegt und in einer zweiten nicht einge-
rasteten Position eine Änderung der Neigung des Rückenlehnenoberteils relativ
zum Rückenlehnenunterteil gestattet“.

Auch diese Ausgestaltung wird dem Fachmann aus der D16 nahegelegt. Entspre-
chend Absatz [0012] der D16 steht der Entriegelungshebel in „Wirkverbindung mit
einem zweiten Seilzug 27, beispielsweise einem Bowdenzug, mit welchem die
Freischwenkfunktion von zwei Lehnenbeschlägen 29 auslösbar ist“ und wobei die
Rückenlehne 3 mittels der Lehnenbeschläge 29 relativ zum Sitzteil „in ihrer Nei-
gung einstellbar und zum erleichterten Zugang zur Rückbank nach vorne frei-
schwenkbar“ ist. Der Fachmann kennt verschiedene Ausgestaltungen von Leh-
nenbeschlägen zum Verstellen bzw. Kippen von Rückenlehnen wie Zykloid- bzw.
Planetenmechanismen, lineare Schraubenmechanismen oder Rastklinkenmecha-
nismen. Durch Betätigung der Lehnenbeschläge mittels eines Bowdenzugs wird
dem Fachmann in der D16 die Verwendung eines Rastklinkenmechanismus na-
hegelegt. Daher gelangt der Fachmann ausgehend von der D6 unter Berücksichti-
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gung der D16 und seines Fachwissens- und Fachkönnens in naheliegender Weise
auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3.

e) Hilfsantrag 4:

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 stellt eine Kombination der Ansprüche 1 nach
Hilfsantrag 1 und 2 dar und enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach Hauptantrag
die beiden zusätzlichen Merkmale 1.6A und 1.6B. Daher gelten die Ausführungen
zum Gegenstand der jeweiligen Ansprüche 1 nach Hilfsantrag 1 und 2 hier sinn-
gemäß, womit sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 für den
Fachmann im Rahmen seines Fachwissens- und Fachkönnens ohne eine erfinde-
rische Tätigkeit in naheliegender Weise aus dem aus der D6 und D16 bekannten
Stand ergibt.

f) Hilfsantrag 5:

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 stellt wiederum eine Kombination der Ansprü-
che 1 nach Hilfsantrag 1 und 3 dar und enthält gegenüber dem Anspruch 1 nach
Hauptantrag die beiden zusätzlichen Merkmale 1.6A und 1.6C. Daher gelten die
Ausführungen zum Gegenstand der jeweiligen Ansprüche 1 nach Hilfsantrag 1
und 3 hier ebenfalls sinngemäß, womit sich auch der Gegenstand des An-
spruchs 1 nach Hilfsantrag 5 für den Fachmann im Rahmen seines Fachwissens
und Fachkönnens ohne eine erfinderische Tätigkeit in naheliegender Weise aus
dem aus der D6 und D16 bekannten Stand ergibt.

Mit dem jeweiligen Anspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 bis 5 fallen
aufgrund der Antragsbindung auch die antragsgemäß jeweils rückbezogenen Un-
teransprüche sowie der jeweils nebengeordnete, auf ein Fahrzeug mit einer Rü-
ckenlehne nach einem der vorstehenden Patentansprüche gerichtete Patentan-
spruch nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 bis 5.

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III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht dem am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der
die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind,
oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch eine
beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.


Dr. Zehendner Dr. Huber Uhlmann Brunn

Pr


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