8. Senat - Bewerber - Benachteiligung - Alter
Karar Dilini Çevir:
8. Senat - Bewerber - Benachteiligung - Alter
Bundesarbeitsgericht 8 . Senat Urteil vom 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 I. Arbeitsgericht Nürnberg Endurteil vom 30. August 2011 - - II. Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil vom 11. Juli 2012 4 Sa 596/11 - F ür die Amtliche Sammlung: Nein Entscheidungsstichwort e : Bewerber - Benachteiligung - Gesetz e : Richtlinie 20 0 0/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 Art. 6, 7; Richtlinie November 2000 Art. 8, 9; AGG §§ 1, 3, 6, 7, 15, 17, 19, 21, 22, 23; BetrVG § 23; ZPO § 253 ; ArbGG § 61b Leitsätze: keine - 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 8 AZR 997/12 4 Sa 596/11 Landesarbeitsgericht Nürnberg Im Namen des Volkes! Verkündet am 14. November 2013 URTEIL Schiege , Urkundsbeamt er der Geschäftsstelle In Sachen Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger, pp. Bek lagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Ve r- handlung vom 14. November 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Bu n- desarbeitsgericht Hauck, die Richter am Bundesarbeitsgericht Bö ck und Breinlinger sowie die ehrenamtlichen Richter Lüken und Soost für Recht e r- kannt: - 2 - 8 AZR 997/12 - 3 - Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesa r- beitsgerichts Nürnberg vom 11. Juli 2012 - 4 Sa 596/11 - wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten der Revisi on zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Entschäd i- gung wegen Altersdiskriminierung und auf Unterlassung von Benachteiligungen von Stellenbewerbern wegen ihres Alters. Die Beklagt e schaltet e im April 2009 eine Stellen anzeige Graduate Program Traineeprogramm für Führungsnachwuchskräfte (m/w) im ieser heißt es ua.: Das S Graduate Program (SGP) ist ein internationales Traineeprogramm für unseren Führung snachwuchs und bereitet Sie auf spätere Managementaufgaben im In - und Ausland vor. Für die Zukunftsgestaltung unseres Unte r- nehmens suchen wir ambitionierte und hochqualifizierte Hochschulabsolventen, für die soziale Kompetenz und Verantwortungsbereitschaft selbstverständlich sind. Für unsere Sektoren und Corporate Units suchen wir Trainees für den Bereich Human Resources mit den Studienric h- tungen Jura, BWL, Psychologie, Pädagogik sowie anve r- wandte. Ausbildung Sie haben Ihr Studium überdurchschnittlich gut mit der Studienrichtung Jura, BWL, Psychologie, Pädagogik a b- geschlossen. Ihr Studienschwerpunkt liegt idealerweise im Bereich A r- beitsrecht, Personal, Arbeits - und Organisationspsychol o- gie, Wirtschaftspädagogik oder anverwandte. 1 2 - 3 - 8 AZR 997/12 - 4 - Unser Traineeprogramm richt et sich speziell an Berufsei n- steiger, d.h. Ihr Abschluss sollte maximal 1 Jahr zurückli e- gen oder in den nächsten Monaten angestrebt werden. Erfahrungen Erste interkulturelle Erfahrungen haben Sie bereits durch ein Studium und/oder Praktika in einem für S ie fremdspr a- chigen Kulturraum von mindestens 6 Monaten erworben. Im Rahmen anspruchsvoller und studienrelevanter Prakt i- ka und/oder Werkstudententätigkeiten haben Sie ei n- schlägige praktische Erfahrungen im Bereich Personal e r- worben. Zusätzliche Informatio nen Ergreifen Sie die Initiative und senden uns Ihre aussag e- kräftige Online - Bewerbung mit Ihrem persönlichen A n- schreiben, Ihrem Lebenslauf und allen relevanten Zeu g- nissen. Der am 11. Mai 1973 geborene Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 24. April 200 9 für dieses Traineeprogramm. Im Jahre 1999 hatte er in Bayern die Erste Juristische Staatsprüfung mit 6,58 Punkten und im Jahre 2001 die Zweite Juristische Staatsprüfung mit 5,60 Punkten i- abgelegt. Von 2003 bis 2005 war der Kläger zunächst als selbständiger Rechtsanwalt und in den Jahren 2006 und 2007 als Angestellter einer Versich e- rungsgesellschaft (zuletzt als Leiter einer fünfköpfigen Juristengruppe) tätig g e- wesen. Im Jahre 2008 hatte er in Südafrika (Universität Stellenb osch) den Grad Kläger erneut als selbständiger Rechtsanwalt tätig. S einer Onlinebewerbung fügte der Kläger die Zeugnisse seiner beiden Staatsexamina nicht bei und teilte auch seine Examensnoten nicht mit . Die Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 29. April 2009 mittels E - Mail eine Absage. Hierauf forderte sie der Kläger mit Schreiben vom 24. Juni 2009 auf, es künftig zu unterlassen, Bewerber bei der Stellenvergabe wegen ihres Alter s zu benachteiligen. Weiter verlangte er materiellen Schadensersatz nach 3 4 - 4 - 8 AZR 997/12 - 5 - § 15 Abs. 1 AGG sowie eine immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. 20.000,00 Euro. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 30. Juni 2009 ab. Mit seiner am 23. Septemb er 2009 beim Arbeitsgericht eing egangenen Klage hat der Kläger einen Unterlassung s - und einen Entschädigung sanspruch geltend gemacht . Der Kläger vertritt die Auffassung, er sei wegen seines Alters diskrim i- niert worden. Die Beklagte habe sich mit ihrer St ellenausschreibung speziell an Berufseinsteiger gewandt, deren Hochschulabschluss maximal ein Jahr zurüc k- liege. Deshalb sei eine zumindest mittelbare Benachteiligung wegen des Alters zu vermute n. Er habe sich im Übrigen mit der letztlich erfolgreichen Bewe rberin in einer vergleichbaren Situation befunden und sei einer der am besten qualif i- zierten Bewerber gewesen. Seine Benachteiligung wegen des Alters sei auch nicht zu rechtfertigen. Darüber hinaus stehe ihm der geltend gemachte A n- spruch auf Unterlassung n ach den § 1004 Abs. 1, § 823 Abs. 1 BGB, § 15 AGG zu. Dies ergebe sich auch aus dem unionsrechtlichen Grundsatz des e ffet u t i- le (Effektivitätsgrundsatz) . Der Kläger hat zuletzt beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden F all der Zuwiderhandlung fälligen Ordnung s- geldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Or d- nungshaft von bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, Stellenbewerber im Auswahlverfahren für eine Stelle als Trainee weg en des Alters zu benachteiligen , und 2. die Bekl agte zu verurteilen, an den Kläger eine a n- gemessene Entschädigung in Geld zu zahlen , deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch den Betrag von 20.000,00 Euro nicht unte r- schrei t en sollte, nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpun k- ten über dem Basiszinssatz hieraus seit 9. Juli 2009. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. 5 6 7 8 - 5 - 8 AZR 997/12 - 6 - Sie bestreitet das Bestehen eines Entschädigungs - und Unterlassung s- n- l- tersdiskriminierung verbunden, weil alle Bewerber unabhängig von ihrem Alter angesprochen würden, die diese Kriterien erfüllten. Der Kläger sei auch nicht aufgrund seines Alters aus dem Kreis der Bewerber au sgeschieden, sondern allein wegen der nicht nachgewiesenen Qualifikationsanforderungen (Zeugni s- se mit Examensnoten) und der Nichteinhaltung der geforderten Bewerbung s- formalitäten. Dem Kläger fehle im Übrigen bereits die objektive Eignung für die Teilnahme an dem Traineeprogramm. Er habe sich nicht in einer vergleichbaren Situation mit der letztlich zum Zuge gekommenen Bewerberin befunden. Mit ihrem Traineeprogramm wolle sie besonders talentierte Hochschulabsolventen für spätere Aufgaben als Führungskrä ft e i n ihrem Unternehmen vorbereiten. Das Programm sei als weitere Ausbildungsstation von Hochschulabsolventen unmittelbar im Anschluss an ihre Universitätsgrundausbildung konzipiert. Sinn eines solchen Trainee p rogrammes sei das Erlangen praktischer Fähigkeiten im unmittelbaren Anschluss an die Hochschulausbildung. Hierdurch solle gewäh r- leistet werden, dass Nachwuchspersonal für einen künftigen Führungskräfteb e- darf ausgebildet und möglichst lange an das Unternehmen gebunden werde. Es liege bereits in der Natur e ines solchen Programms, dass die Teilnehmer B e- rufseinsteiger ohne Berufserfahrung und ohne berufspraktische Vorprägung seien. Im Übrigen verschließe sie sich keineswegs Bewerbungen von berufse r- fahrenen Hochschulabsolventen. Schließlich bezweifelt die Bekla gte die Erns t- haftigkeit der Bewerbung des Klägers . Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsg e- richt zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebege hren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt. 9 10 - 6 - 8 AZR 997/12 - 7 - Entscheidungsgründe Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Ihm stehen weder ein U n- terlassungs - noch ein Entschädigungsanspruch zu. A. Das Landesarbeitsgericht hat sei ne klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Bewerbung des Klägers nicht ernsthaft gewesen sei, lägen nicht vor . Der Kläger habe ausreichende Indizien nach § 22 AGG vorgetragen, die eine Be nachteil i- gung wegen seines Alters vermuten lassen. Die Angabe in der Ausschreibung, dass sich das Traineeprogramm speziell an Berufseinsteiger richte, und der Hochschulabschluss maximal ein Jahr zurückliegen soll e , stelle eine mittelbare Benachteiligung we gen des Alters iSd. § 3 Abs. 2 AGG dar. Hierdurch würden typischerweise Bewerber mit einem höheren Lebensalter von der Bewerbung ausgeschlossen . Jedoch habe die Beklagte ausreichende Anhaltspunkte für die Zulä s- sigkeit der unterschiedlichen Behandlung der Bewerber nach § 3 Abs. 2, §§ 8 und 10 AGG vorgetragen. Eine mittelbare Ungleichbehandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals könne durch ein legitimes Ziel und die Wahl von verhältnismäßigen Mitteln zu seiner Durchsetzung gerechtfertigt werden . Zu den rechtmäßigen Zielen gehörten auch privatautonom bestimmte Ziele des Arbeitgebers, zB betriebliche Notwendigkeiten und Anforderungen an persönl i- che Fähigkeiten des Arbeitnehmers. Vorliegend sei es das Ziel der Beklagten, mit dem zweijährigen Traineeprog ramm qualifiziertes Nachwuchspersonal für den Führungskräftebedarf im Bereich Human Resources zu gewinnen. Hoch qualifizierte Hochschulabgänger erhielten durch die Teilnahme an dem Tra i- neeprogramm eine Chance, sich für den Kreis der künftigen Führungskräft e zu qualifizieren. Ein solches Traineeprogramm gleiche damit mehr einem Beruf s- praktikum als einer Berufstätigkeit, es sei ein Programm zur beidseitigen Förd e- rung beruflicher Perspektiven. Das Programm sei mithin auf Hochschulabso l- venten zugeschnitten, die am Anfang ihres Berufslebens stehen. So sollten Nachwuchskräfte unternehmensspezifisch ausgebildet und langfristig an das 11 12 13 - 7 - 8 AZR 997/12 - 8 - Unternehmen gebunden werden. Zugleich weise das Programm einen sozialen Bezug auf, da es den Einstieg von Berufsanfängern in das Beru fsleben erleic h- tere. Die Beklagte decke ihren Personalbedarf im Übrigen auch durch Bewerber mit mehrjähriger Berufserfahrung. Der Kläger werde damit als potentieller B e- werber für eine Anstellung bei der Beklagten nicht gänzlich ausgeschlossen. Er habe nur nicht zu der Zielgruppe der Teilnehmer an ihrem Traineeprogramm gehört, da seine universitäre Ausbildung zehn Jahre zurückliege und er bereits über eine fünfjährige berufliche Tätigkeit verfüge. Unter Berücksichtigung der unternehmerischen Ziele erweise si ch das Traineeprogramm daher als verhäl t- nismäßig. Aufgrund der damit anzunehmenden Rechtfertigung der unterschiedl i- chen Behandlung von Bewerbern unterschiedlicher Altersgruppen stehe dem Kläger auch der von ihm geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Antrag einen vollstreckungsfähigen Inhalt habe und damit dem Bestimmtheitsgebot entspreche und ob der Kläger ausre i- chend aktivlegitimiert sei. B. Die Entscheidung hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Über pr ü- fung stand. I. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulä s- sig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) . Der Kläger durfte die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stell en. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht bei der Höhe der Entschädigung einen Beurteilungsspielraum ein, weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Erforderlich ist allein, dass der Kläger Tatsachen, die das Gericht bei der Besti mmung des Betrags heranziehen soll, benennt und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 16) . Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat einen Sachverhalt dargelegt, der dem Gericht die B e- s timmung einer Entschädigung ermöglicht, und den Mindestbetrag der für a n- gemessen erachteten Entschädigung mit 20.000 ,00 Euro beziffert. 14 15 16 - 8 - 8 AZR 997/12 - 9 - II. Die Klage ist in Bezug auf den geltend gemachten Entschädigungsa n- spruch unbegründet. Da d er Kläger durch die Nichtb erücksichtigung im Bewe r- bungsverfahren nicht in unzulässiger Weise wegen seines Alters benachteiligt worden ist, steht ihm kein Anspruch auf eine Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG zu. 1. 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG und fällt daher unter den persönlichen Anwendungsbereich des AGG. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, ob er für die ausgeschriebene Tätigkeit objektiv geeignet ist (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 18) . Die objektive Eig nung eines Bewerbers ist vielmehr für die 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vorliegt (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 29) . Auch auf die subjekt i- ve Ernsthaftigkeit der Bewerbung kommt es nicht an , weil i hr Fehlen allenfalls den Einwand treuwidrigen Verhaltens des Bewerbers begründen könnte (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 24) . 2. 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne b- Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18 , BAGE 142, 143 ) . 3. Der Kläger hat seinen Entschädigungsanspruch innerhalb der Fristen der § 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG geltend gemacht. a) Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich gelten d gemacht we r- den. Im Falle einer Bewerbung beginnt die Frist mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG) , nicht jedoch vor dem Zeitpunkt, in dem der Bewerber von seiner Benachteiligung Kenntnis erlangt (vgl. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 55 ff., BAGE 141, 48 ) . Die Ablehnung der Bewerbung wurde dem Kläger mit tels E - Mail vom 29. April 2009 mitgeteilt . Der Kläger machte mit Schreiben vom 24. Juni 2009 einen Schadensersatz - und Entschädigungsa n- 17 18 19 20 21 - 9 - 8 AZR 997/12 - 10 - spruch sowie einen Unterlassungsanspruch außergeri chtlich geltend. Mangels anderweitigen Sachvortrags der Parteien ist daher - unter Zugrundelegung der üblichen Postlaufzeiten - davon auszugehen, dass die Zwei - Monats - Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG gewahrt ist. b) Der Kläger hat seinen Entschädigungs - und Unterlassungsanspruch durch die beim Arbeitsgericht am 23. September 2009 eingegangene Klage auch innerhalb der dreimonatigen Klageerhebungsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG geltend gemacht. 4. Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Ve r- stoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG voraus. § 15 Abs. 2 AGG enthält zwar nur eine Rechtsfolgenregelung; jedoch ist für die Voraussetzungen des Anspruchs auf § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG zurückzugreifen. Dies ergibt sich bereits aus dem systematisc hen Zusammenhang (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 30) . Die Beklagte hat den Kläger weder unmittelbar noch mittelbar in unz u- lässiger Weise ( § § 1, 7 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG) benachteiligt . a) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes - zu denen auch das Alter zählt - eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine and e- re Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfah ren würde. Die nachteilige Maßnahme muss dabei unmittelbar an das verbotene Merkmal anknüpfen bzw. mit diesem begründet werden (vgl. BT - Drucks. 16/1780 S. 32; BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 48/10 - Rn. 33 , BAGE 138, 166 ) . Im Streitfall e fehlt es bereits an ein er unmittelbaren Benachteiligung, Vorstellungsgespräch eingeladenen Bewerbern bzw. der letztlich erfolgreichen Be werberin befand. 22 23 24 25 26 - 10 - 8 AZR 997/12 - 11 - aa) Zwar erfuhr der Kläger - bereits im Zeit punkt der Absage - eine weniger günstige Behandlung als die später tatsächlich eingestellte Bewerberin. Da r- über hinaus war auch die Behandlung des Klägers im Vergleich mit den zu Vo r- stellungsgesprächen eingeladenen (letztlich gleichfalls erfolglosen) Bewer bern weniger günstig. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insb e- sondere bei einer Einstellung oder Beförderung, liegt nämlich bereits dann vor, wenn der Bewerber nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab aus dem Bewerbungsverfahren ausges chieden wird. Hier liegt die Benachteiligung in der Versagung einer Chance (st. Rspr., vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 22) . bb ) Der Kläger befand sich jedoch mit den zu einem Vorstellungsgespräch eingeladenen Bewerbern und der letztlich erfo (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG) . (1) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt zunächst voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn ve r- gleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35) . Für die Beurteilung der damit stets erforderlichen objektiven Eign ung ist nicht nur auf das formelle und bekannt gegebene Anforderungsprofil, das der Arbeitgeber erstellt hat, zurückzugreifen und abzustellen. Maßgeblich sind vie l- mehr die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Bewerber in redlicher Weise stellen durf te. Zwar darf der Arbeitgeber über den einer Stelle zugeor d- neten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleni n- habers grundsätzlich frei entscheiden. Durch überzogene Anforderungen, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehr sanschauung unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt durch die Erfordernisse der wahrzunehme n- den Aufgaben gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des Allgemeinen Diskrimini e- rungs schutzes de facto beseitigen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 36) . 27 28 29 30 - 11 - 8 AZR 997/12 - 12 - Es ist grundsätzlich zulässig, in einem Stellenprofil eine bestimmte Mi n- destnote oder sonstige besondere Qualifikationen zu fordern (vgl. BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 4 29/11 - Rn. 36) . Hierzu ist ein Arbeitgeber vor allem dann berechtigt, wenn es um die Gewinnung von Führungsnachwuchs oder die Besetzung von Führungsstellen geht. Hierin liegen mit Blick auf die besonderen Anforderungen in solchen Positionen keine überzoge nen oder willkürlichen Auswahlkriterien. (2) i- i- e- sucht. Zudem hat gefordert Studium überdurchschnittlich gut mit der Studienrichtung Jura, BWL, Psychol o- Diese spezifische Anforderung ist mit Blick auf die - bezeichnete - gewünschte Gewinnung (und Bindung) von Führungsnachwuchs für spätere Managementaufgaben im In - und Ausland g e- rechtfertigt und unbedenklich. Der Kläger verfügt zwar über das - hier aufgrund der Fokussierung auf iche - erste juristische Staatsexamen. Alle r- dings erfüllt seine dabei erzielte Abschlussnote nicht die hohe Anforderung e i- i- ten des juristischen Examens , insbesondere in Bayern , berücks ichtigt, so ha n- delt es sich bei einem Examen mit 6, 58 Punkten um keinen solchen überdurc h- schnittlich guten Abschluss. Soweit der Kläger der Auffassung ist, es genüge auch erziel nämlich - aus der hier maßgeblichen Sicht des E rklärungsempfängers, dh. des Lesers der Stellenanzeige - r- r- . Dabei hat die Beklagte nach ihrem Sachvortrag im Falle der auch angesprochenen Jurist 31 32 33 - 12 - 8 AZR 997/12 - 13 - nicht gefor dert, sondern a s- sen . Dies belegt auch der systematische Zusammenhang der Stellenausschre i- bung Führungsnachwuchs ge sucht. Das e (im unteren Notenbereich) des Klägers ist kein Ausweis einer Hochqualifizi e- Juristen mit h at die Beklagte erkennbar nicht ansprechen wollen. Auf eine später gewonnene Qualifikation - wie das zweite juristische Staatsexamen - kam es der Beklagten ersichtlich nicht an. Der Kläger vermag sich daher auf dieses nicht mit Erfolg zu berufen . (3) N ach alledem entsprach der Kläger von vornherein nicht den Anford e- rungen der ausgeschriebene n Stelle. Sein Defizit war so erheblich, dass eine weitere Prüfung seiner Bewerbung nicht ernstlich in Betracht gekommen wäre. Es kam deshalb auch nicht darauf an, d ass die Beklagte auf g rund der diesb e- züglich lückenhaften Stellenbewerbung (keine Angabe der Examensnote) des Klägers von dessen Examensnote keine Kenntnis hatte, weil es diesem bereits an der maßgeblichen objektiven Eignung fehlte. Da das AGG vor ungerecht fe r- tigter Benachteiligung schützen und nicht eine unredliche Gesinnung des (p o- tentiellen) Arbeitgebers sanktionieren will, steht einem objektiv ungeeigneten Bewerber kein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zu (vgl. B AG 24. Januar 2013 - 8 AZR 429/ 11 - Rn. 34) . Deshalb kann bei objektiver Nich t- eignung des Bewerbers auch bei Nichtkenntnis des Arbeitgebers von der Nich t- eignung kein Entschädigungsanspruch des abgelehnten Bewerbers entstehen. ( 4 ) I m Streitfalle war die objektive Nichteignung des Kläger s auf g rund der objektiv gegebenen Umstände offensichtlich . Deshalb spielte die Frage keine Rolle , wer für die objektive Eignung oder Nichteignung eines Bewerbers die Darlegungs - und Beweislast trägt. b ) Da der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stell e nicht geeignet war, scheidet auch eine mittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 2 AGG wegen 34 35 36 37 - 13 - 8 AZR 997/12 - 14 - seines Alters aus. Auch ein Entschädigungsanspruch wegen mittelbarer Diskr i- minierung setzt eine konkrete Betroffenheit des Benachteiligten voraus (vgl. BT - Drucks. 16/1780 S. 3 3 ; Däubler/Bertzbach/Schrader/Schubert AGG 3. Aufl . § 3 Rn. 51) . Damit stellt sich das Verbot der mittelbaren Diskriminierung letztlich als Hilfsmittel zur Durchsetzung des eigentlichen Verbots unmittelbarer Diskrimini e- rung dar (vgl. Thüsing A rbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz 2. Aufl . Rn. 246; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl . § 3 Rn. 20; so auch : Ad o- meit/Mohr AGG 2. Aufl . § 3 Rn. 127, die das Verbot der mittelbaren Diskrimini e- rung als Beweiserleichterung für das Vorliegen einer unmitte lbaren Diskrimini e- rung betrachten) . Scheidet eine konkrete Betroffenheit eines abgelehnten B e- werbers wegen dessen objektiver Ungeeignetheit für die ausgeschriebene Ste l- le aus, so scheitert daran auch ein Entschädigungsanspruch wegen einer mö g- licherweise vo rliegenden mittelbaren Diskriminierung. III. Die Unterlassungsklage ist unzulässig. Es fehlt für den geltend gemac h- ten Unterlassungsanspruch bereits an der erforderlichen, von Amts wegen zu prüfenden Prozessführungsbefugnis und damit an einer Prozess vorau ssetzung. Der Kläger macht - ohne konkrete Selbstbetroffenheit und gewisserm a- (andere) Bewerber bei künftigen Ausschreibungen der Beklagten - o- . So w ie eine abstrakte Diskriminierung ohne konkrete eigene Benachte i- ligung einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG nicht auszulösen vermag , begründet auch k einen U n- terlassungsanspruch . Es fehlt an einer natio nalen gesetzlichen Grundlage für . Auch Europarecht begründet einen derartigen Anspruch nicht. 1. u- rlassung - künftiger - diskriminierender Ausschreibungen bzw. auf - künftige - diskriminierungsfreie Neuausschreibu n- g en ist aus dem AGG nicht her zu leiten. Im Übrigen haben selbst konkret b e- troffene Stellenbewerber, die einen Verstoß gegen das Benachteiligu ngsverbot 38 39 40 41 - 14 - 8 AZR 997/12 - 15 - geltend machen, während eines laufenden Auswahlverfahrens keinen Anspruch auf Unterlassung einer Ausschreibung und auf Neuausschreibung (vgl. BayVGH 4. Dezember 2012 - 7 ZB 12.1816 - BayVBl. 2013, 308) . Lediglich für den Betriebsrat oder eine i m Betrieb vertretene Gewer k- schaft ist in § 17 Abs. 2 AGG iVm. § 23 Abs. 3 BetrVG bei einem groben Ve r- stoß des Arbeitgebers ein Unterlassungsanspruch vorgesehen und kommt dann auch bei diskriminierenden Stellenausschreibungen in Betracht. Beseitigungs - und Unterlassungsansprüche ergeben sich für Stellenbewerber auch nicht aus § 21 Abs. 1 AGG . § 21 AGG betrifft nicht den Schutz von Beschäftigten und Bewerbern vor Benachteiligungen, sondern ausschließlich den Schutz vor B e- nachteiligungen im Zivilrechtsverkehr im Sinne des § 19 AGG . 2. Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus dem Union s- recht. Die europäischen Richtlinien zur Durchsetzung der Gleichbehandlung, die durch das AGG umgesetzt worden sind , verlangen, dass in den Mitglie d- staaten alle Perso nen, die sich durch Ungleichbehandlung aufgrund eines ve r- pönten Merkmals für in ihren Rechten verletzt halten, den Gerichtsweg b e- schreiten können (Art. 7 Abs. 1 RL 2000/43/EG und Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG ) . Die Richtlinien fordern darüber hinaus, dass Ve rbände, Organis a- tionen oder andere juristische Personen, die nach nationalem Recht für die Ei n- haltung der Bestimmungen der Richtlinien zu sorgen haben, sich entweder im Namen der beschwerten Person oder zu deren Unterstützung am Gerichtsve r- fahren beteilige n können. Diese Mindestanforderungen (Art. 6 Abs. 1 RL 2000/43/EG und Art. 8 Abs. 1 RL 2000/78/EG ) erfüllt das nationale Recht . Zwar ist für die durch Gesetz vorgeschriebenen Einrichtungen zur Unterstützung der Integration behinderter Menschen (Schwerbehin dertenvertretung, Integration s- amt, Integrationsfachdienste, vgl. Kap. 5 bis 7 SGB IX) ein allgemeines Klag e- recht nicht vorgesehen, jedoch können Antidiskriminierungsverbände nach § 23 Abs. 2 AGG i m gerichtlichen Verfahren als Beistände Benachteiligter auft reten. Die Popularklage einzelner Betroffener ist dem deutschen Recht dagegen grundsätzlich fremd (BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 33) . 42 43 44 - 15 - 8 AZR 997/12 3. Der Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europä i- schen Union gemäß Art. 267 des Vertrags ü ber die Arbeitsweise der Europä i- schen Union (AEUV) bedurfte es nicht. Insoweit hat der Gerichtshof der Eur o- p ä ischen Union bereits in seinem Urteil vom 10. Juli 2008 ( - C - 54/07 - [Feryn] Rn. 37 - 39, Slg. 2008, I - 5187) ausgeführt, die Richtlinie 2000/43/EG verpflichte nicht zu bestimmten Sanktionen, sondern belasse den Mitgliedstaaten die Fre i- heit der Wahl unter den verschiedenen Lösungen, die zur Verwirklichung des fest ge legten Ziels geeignet sind. Auch wenn die Sanktionen neben anderen Maßnahmen darin best ehen könnten, dass dem Arbeitgeber nach den entspr e- chenden Vorschriften im nationalen Recht aufgegeben werde, die festgestellte diskriminierende Praxis zu unterlassen, ist eine solche Sanktion nicht zwingend, sondern steht unter dem Vorbehalt des nationale n Rechts. Diese Rechtspr e- chung - und damit die Freiheit der Mitgliedstaa ten - hat der Gerichtshof jüngst ausdrücklich bestätigt (EuGH 25. April 2013 - C - 81/12 - [ Asociatia ACCEPT ] Rn. 36 ff.) . C . Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Hauck Böck Breinlinger Lüken Soost 45 46

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