7 W (pat) 6/17  - 7. Senat (Jur.Beschw./Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




7 W (pat) 6/17
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache




betreffend die Patentanmeldung 10 2009 003 901.5
hier: Erinnerung gegen den Beschluss des Rechtspflegers

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des
Bundespatentgerichts am 13. September 2017 durch den Vorsitzenden Richter
Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Der Antrag der Anmelderin auf Wiedereinsetzung in die Frist zur
Zahlung der Beschwerdegebühr und die Erinnerung gegen den
Beschluss des Rechtspflegers vom 24. Mai 2017 werden zurück-
gewiesen.
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G r ü n d e

I.

Die Anmelderin reichte am 3. Januar 2009 beim Deutschen Patent- und Marken-
amt eine Patentanmeldung betreffend einen Gewürzstreuer ein; die Anmeldung
wird unter dem Aktenzeichen 10 2009 003 901.5 geführt.

Mit Schreiben des Patentamts vom 4. September 2015 wurde der Anmelderin mit-
geteilt, dass die Frist für die Stellung des Prüfungsantrags mit Ablauf des
4. Januar 2016 enden werde, und dass die Anmeldung als zurückgenommen gel-
ten müsse, wenn bis zu diesem Datum der Prüfungsantrag nicht gestellt werde.
Daraufhin stellte die Anmelderin mit Schreiben vom 24. Dezember 2015 den Prü-
fungsantrag. Sie erhielt jedoch eine weitere Mitteilung des Patentamts vom
16. Februar 2016, wonach die Anmeldung mangels Zahlung der Prüfungsantrags-
gebühr als zurückgenommen gelte.

Im Anschluss an diese Feststellung kam es zu einem Schriftwechsel zwischen der
Anmelderin und dem Patentamt betreffend das Gebührenkonto der vorliegenden
Anmeldung. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2016 kündigte das Patentamt der An-
melderin an, dass ihr Antrag auf Anerkennung der Zahlung der Prüfungsantrags-
gebühr voraussichtlich zurückgewiesen werde. Zugleich wies das Patentamt auf
die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hin.

Nach einer weiteren Eingabe der Anmelderin stellte das Deutsche Patent- und
Markenamt durch Beschluss der Prüfungsstelle16 vom 19. Januar 2017 schließ-
lich fest, dass die Patentanmeldung seit dem 5. Januar 2016 als zurückgenommen
gelte. Die dem angefochtenen Beschluss beigefügte Rechtsmittelbelehrung ent-
hielt den Hinweis darauf, dass für eine gegen diesen Beschluss gerichtete Be-
schwerde innerhalb der Beschwerdefrist eine Gebühr von 200,- € zu entrichten sei
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und die Beschwerde als nicht eingelegt gelte, sofern die Beschwerdegebühr nicht
oder nicht rechtzeitig gezahlt werde.

Gegen diesen Beschluss, der der Anmelderin durch einen am 20. Januar 2017
abgesendeten Übergabe-Einschreibbrief zugestellt wurde, der ihr am
21. Januar 2017 zuging, legte diese mit Schriftsatz vom 17. Februar 2017 Be-
schwerde ein. Eine Beschwerdegebühr zahlte sie nicht, vielmehr vertrat sie die
Auffassung, dass es sich um eine gebührenfreie Beschwerde gegen einen Kos-
tenansatz handele.

In einem Hinweis vom 25. April 2017 setzte sich der Rechtspfleger mit der von der
Anmelderin geäußerten Auffassung auseinander und erläuterte, dass die Be-
schwerdegebühr nicht fristgerecht gezahlt worden sei, weshalb die Beschwerde
als nicht eingelegt gelten müsse.

Die Anmelderin widersprach dieser Auffassung des Rechtspflegers in ihrer hierauf
bezogenen Stellungnahme vom 23. Mai 2017 und beantragte hilfsweise die Ver-
längerung der Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr sowie - weiter hilfsweise -
die Wiedereinsetzung in die Zahlungsfrist.

Daraufhin stellte der Rechtspfleger des Bundespatentgerichts mit Beschluss vom
24. Mai 2017 fest, dass die Beschwerde gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht ein-
gelegt gelte.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin im Wege einer Erinnerung.

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Sie beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Rechtspflegers des Bundespatentgerichts vom
24. Mai 2017 aufzuheben und
ihr Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdege-
bühr zu gewähren.

Die Anmelderin beanstandet, dass die Entscheidung des Rechtspflegers vor Ab-
lauf der gesetzten Monatsfrist ergangen sei, und verlangt die Gewährung rechtli-
chen Gehörs. In der Sache macht sie weiterhin geltend, dass für die vorliegende
Beschwerde eine Gebühr nicht angefallen sei.

Der Rechtspfleger hat der Erinnerung nicht abgeholfen, sondern die Sache dem
Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Verfügung vom 5. Juli 2017 hat der Senat der Anmelderin einen ausführlichen
Hinweis zukommen lassen. Zu diesem hat die Anmelderin mit Schreiben vom
2. August 2017 Stellung genommen.

Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 23 Abs. 2 RPflG form- und fristgerecht eingelegte Erinnerung ist zu-
lässig, aber unbegründet. Denn die im angefochtenen Beschluss des Rechtspfle-
gers vom 24. Mai 2017 getroffene Feststellung, dass die Beschwerde vom
17. Februar 2017 als nicht eingelegt gilt, ist zu Recht erfolgt. Die von Gesetzes
wegen angefallene Beschwerdegebühr ist nicht fristgemäß gezahlt worden.

1. Gemäß § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 PatKostG i. V. m. Abschnitt B.I. des
Gebührenverzeichnisses ist für eine Beschwerde, die sich gegen einen Beschluss
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des Patentamts richtet, innerhalb der einmonatigen, mit Zustellung des angefoch-
tenen Beschlusses beginnenden Beschwerdefrist (§ 73 Abs. 2 Satz 1 PatG i. V. m.
§ 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG) eine Gebühr zu bezahlen. Die Gebühr beläuft sich -
sofern nicht einer der in den Nummern 401 100 und 401 200 genannten Tatbe-
stände vorliegt, was hier nicht der Fall ist - auf 200,- € (Nr. 401 300 des Gebüh-
renverzeichnisses).

Eine Freistellung von der Beschwerdegebühr ist für Beschwerden vorgesehen, die
sich gegen patentamtliche Entscheidungen über Erinnerungen des Kostenschuld-
ners gegen den Kostenansatz richten (§ 11 Abs. 2 PatKostG, § 11 Abs. 2
DPMAVwKostV). Wie in dem angefochtenen Beschluss des Rechtspflegers zu-
treffend ausgeführt ist, stellt der Beschluss des Patentamts vom 19. Januar 2017
keine derartige gebührenfreie Entscheidung dar.

Nach § 11 Abs. 2 PatKostG kann der Kostenschuldner gegen die Entscheidung
des Patentamts über die Erinnerung gegen den Kostenansatz Beschwerde einle-
gen. Der Kostenansatz ist geregelt in § 8 PatKostG. Er besteht für das gerichtliche
Verfahren in der Aufstellung der Kostenrechnung und hat die Berechnung der Ge-
richtskosten und Justizverwaltungskosten und die Feststellung der Kostenschuld-
ner zum Gegenstand (so die Definition nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der Kostenverfü-
gung vom 6. März 2014, BAnz AT07.04.2014 B1). Diese Definition gilt entspre-
chend für das Verfahren vor dem Patentamt (vgl. Busse/Keukenschrijver/Schuster,
PatG, 8. Aufl., PatKostG § 8 Rn. 2), wobei aber ein Kostenansatz nur für die bei-
treibbaren Gebühren erfolgt (vgl. Schulte/Schell, PatG, 10. Aufl., PatKostG § 8
Rn. 3). Im angefochtenen patentamtlichen Beschluss ist aber keine Aufstellung
einer Kostenrechnung im vorgenannten Sinn enthalten, ebenso wenig eine Ent-
scheidung über eine Erinnerung gegen eine Kostenrechnung. Gegenstand des
angefochtenen patentamtlichen Beschlusses ist vielmehr die feststellende Ent-
scheidung, dass eine Rücknahmefiktion eingetreten ist, was weder vom Wortlaut
noch vom Sinngehalt her als eine bloße Entscheidung nach § 11 Abs. 2 PatKostG
über die Erinnerung gegen den Kostenansatz angesehen werden kann.
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2. Da der Beschluss des Patentamts vom 19. Januar 2017 der Anmelderin
mittels eines am 20. Januar 2017 zur Post gegebenen Übergabe-Einschreibbriefs
zugestellt worden ist, gilt er als am 23. Januar 2017 als zugestellt (§ 127 Abs. 1
PatG i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 2 VwZG); dass ihn die Anmelderin tatsächlich schon
am 21. Januar 2017 erhalten hat, ändert daran nichts (st. Rspr., vgl. Senatsbe-
schluss vom 24. Februar 2017, 7 W (pat) 22/16, BlPMZ 2017, 265 (unter II.2b) –
Zustellungsfiktion, m. w. N.; Schulte/Schell, PatG, 10. Aufl., § 127 Rn. 81). Die
einmonatige Beschwerdefrist - und somit auch die Frist zur Gebührenzahlung - ist
daher am Donnerstag, den 23. Februar 2017 abgelaufen (analog § 222 Abs. 1
ZPO, § 188 Abs. 2 BGB). Die Anmelderin hat zwar durch ihren Schriftsatz vom
17. Februar 2017 fristgerecht Beschwerde eingelegt, jedoch die in der Rechtsmit-
telbelehrung genannte Beschwerdegebühr in Höhe von 200,- € nicht bezahlt. So-
mit hat die Beschwerde gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht eingelegt zu gelten.

Eine Verlängerung der gesetzlich festgelegten Gebührenzahlungsfrist ist nicht
möglich, weshalb der in dem Schriftsatz der Anmelderin vom 23. Mai 2017 hilfs-
weise zum Ausdruck gebrachte Fristverlängerungsantrag nicht berücksichtigt wer-
den kann.

3. Der weiter hilfsweise gestellte Wiedereinsetzungsantrag ist gemäß § 123
Abs. 1 Satz 1 PatG zwar statthaft, weil die Anmelderin eine gesetzliche Frist, näm-
lich die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr, versäumt hat.

Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil nicht davon ausgegangen werden kann,
dass die Frist schuldlos versäumt wurde.

Die Anmelderin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die hier einschlägige
Rechtslage nicht gekannt zu haben. Zum einen stellen mangelnde Gesetzes-
kenntnisse grundsätzlich keinen Grund zur Wiedereinsetzung dar. Zum anderen
ist die Anmelderin in der Rechtsmittelbelehrung des von ihr angefochtenen pa-
tentamtlichen Beschlusses auf die Fälligkeit der Beschwerdegebühr und auf die
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gravierenden Rechtsfolgen einer nicht rechtzeitigen Gebührenzahlung hingewie-
sen worden. Für die Anmelderin hat daher kein Grund zur Annahme bestanden,
dass die von ihr eingelegte Beschwerde gebührenfrei sein könnte.

Somit muss sich die Anmelderin bzgl. der Fristversäumnis einen persönlichen
Fahrlässigkeitsvorwurf gefallen lassen, weshalb dem Antrag auf Wiedereinsetzung
in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr nach § 123 PatG nicht
stattgegeben werden kann.

4. Soweit die Anmelderin beanstandet, dass die angefochtene Entscheidung
des Rechtspflegers vom 24. Mai 2017 vor Ablauf der von ihm in seinem Hinweis
vom 25. April 2017 gesetzten Monatsfrist mit Gelegenheit zur Stellungnahme er-
gangen sei, so ist dies im vorliegenden Fall schon deshalb unbeachtlich, weil sich
an der zutreffenden rechtlichen Bewertung des Rechtspflegers auch unter Einbe-
ziehung dieses Vortrags nichts geändert hätte. Auch die weiteren Äußerungen der
Anmelderin im Erinnerungsverfahren führen zu keinem anderen Ergebnis, wes-
halb die Erinnerung zurückzuweisen war.

Damit bleibt es bei der vom Rechtspfleger zur Recht getroffenen Feststellung, wo-
nach die Beschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss der Prüfungsstelle 16
des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Januar 2017 gemäß § 6 Abs. 2
PatKostG als nicht eingelegt gilt. Dementsprechend gilt die Patentanmeldung
10 2009 003 901.5 seit dem 5. Januar 2016 als zurückgenommen.

III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur
gegeben, wenn gerügt wird, dass

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1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach
Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a,
76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.


Rauch Püschel Dr. Schnurr

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