7 W (pat) 5/16  - 7. Senat (Jur.Beschw./Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154 05.11 BUNDESPATENTGERICHT 7 W (pat) 5/16 _______________ (Aktenzeichen) Verkündet am 3. November 2016 Paffrath Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle B E S C H L U S S In der Beschwerdesache … betreffend das Patent 60 2006 000 441 (= EP 1 712 289) wegen Übersetzungserfordernis/Wiedereinsetzung hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 3. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr - 2 - beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen. G r ü n d e I. Auf eine Anmeldung vom 29. März 2006 erteilte das Europäische Patentamt in englischer Verfahrenssprache u. a. mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundes-republik Deutschland das Patent EP 1 712 289 mit der Bezeichnung „Washing method for centrifugal separators of mixtures composed of two liquid phases and solid and non-solid sediments“ (in deutscher Übersetzung: „Verfahren zur Reini-gung eines Zentrifugalseparators für Gemische aus zwei Flüssigkeitsphasen und Feststoffpartikeln sowie nicht festen Ablagerungen“). Der Hinweis auf die Paten-terteilung wurde im Europäischen Patentblatt am 16. Januar 2008 veröffentlicht. Beim Deutschen Patent- und Markenamt, wo das Patent unter dem Aktenzeichen 60 2006 000 441.9 geführt wird, reichte die Patentinhaberin am 12. April 2008 eine deutsche Übersetzung des europäischen Patents ein, am Tag zuvor hatte sie be-reits die Gebühr für die Veröffentlichung der Übersetzung entrichtet. Die Überset-zung wurde als T2-Schrift veröffentlicht (DE 60 2006 000 441 T2). In einem sich anschließenden Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Pa-tentamt wurde das Patent in geändertem Umfang aufrechterhalten; diese Ent-scheidung wurde im Europäischen Patentblatt am 14. November 2012 veröffent-licht. In der Folgezeit wurde beim Deutschen Patent- und Markenamt weder eine Übersetzung des geänderten europäischen Patents eingereicht noch wurde die Gebühr für die Veröffentlichung der Übersetzung gezahlt. Im (deutschen) Patent-register und Patentblatt wurde am 14. August 2013 vermerkt, dass die Wirkung - 3 - des europäischen Patents für Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten gelte. Am 27. März 2013 zahlte die Patentinhaberin die achte Jahresgebühr für den deutschen Teil ihres Patents ein; diese Gebühr wurde ihr am 10. April 2013 vom Patentamt rückerstattet. Ebenso wurde ihr die am 31. März 2014 entrichtete neunte Jahresgebühr am 7. April 2014 rückerstattet. Nachdem auch die zehnte Jahresgebühr von der Patentinhaberin am 29. September 2015 mit einem Verspätungszuschlag entrichtet und am 19. Oktober 2015 an sie zurückgezahlt worden war, baten die Inlandsvertreter der Patentinhaberin am 23. November 2015 das Referat 4.2.1 - Zahlungsverkehr - des Patentamts per E-Mail um Auskunft über den Grund der Rückzahlung. Sie erhiel-ten am selben Tag ebenfalls per E-Mail von dem genannten Referat die Antwort, dass die achte, neunte und zehnte Jahresgebühr auf Grund der negativen Erledi-gung der „Anmeldung“ jeweils rückerstattet worden seien. Die Wirkungen des eu-ropäischen Patents gälten als von Anfang an nicht eingetreten. Mit Eingabe vom 30. November 2015 teilten die Inlandsvertreter mit, sie hätten erst auf Grund eines Kontoauszugs vom 19. November 2015 von der Rückzahlung der zehnten Jahresgebühr und durch die Antwort-E-Mail vom 23. November 2015, die sie zu einer Überprüfung des Registers veranlasst habe, Kenntnis vom Erlö-schen des Patents erlangt. Sie bezweifelten, ob das Referat Zahlungsverkehr für eine solche weitgehende Beschlussfassung zuständig und kompetent sei und ba-ten um einen beschwerdefähigen Beschluss. Am 21. Januar 2016 erließ die Patentabteilung 23 des Deutschen Patent- und Markenamts einen Beschluss mit der Feststellung, dass die Wirkung des europäi-schen Patents für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang an nicht einge-treten gelte. Zur Begründung verweist der Beschluss darauf, dass die Überset-zung der vom Europäischen Patentamt nach Abschluss des Einspruchsverfahrens - 4 - publizierten Veröffentlichung nicht eingereicht und dass die Übersetzungsgebühr nicht entrichtet worden sei. Hiergegen wendet sich die Patentinhaberin mit der Beschwerde. Mit der am 25. Januar 2016 eingereichten Beschwerdebegründung legte die Patentinhaberin eine Übersetzung der im Einspruchsverfahren geänderten Patentschrift (An-lage G) vor und zahlte die Gebühr für die Veröffentlichung. Vorsorglich zahlte sie auch die Gebühren für das achte bis zehnte Patentjahr erneut ein. Die Patentinhaberin beantragt, den Beschluss der Patentabteilung 23 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Januar 2016 mit der darin getroffenen Fest-stellung, wonach die Wirkung des europäischen Patents 1 712 289 (= DE 60 2006 000 441.9) für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten gelte, aufzuhe-ben und ihr Wiedereinsetzung in die Frist zur Einreichung der Übersetzung der im Einspruchsverfahren geänderten Patentschrift und Zahlung der Veröffentlichungsgebühr (Art. XI § 4 IntPatÜG i. V. m. Art. II § 3 Abs. 1 IntPatÜG 1976) zu gewähren. Ferner beantragt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu der Frage, ob Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG auch Anwendung findet, wenn die geänderte europäische Patentschrift nur geringfügige Änderungen gegenüber dem erteilten Patent auf-weist, insbesondere, wenn diese Änderungen nur Ausführungen zum Stand der Technik, nicht aber zur Beschreibung des beanspruchten Erfindungsgegenstan-des betreffen. - 5 - Die Patentinhaberin führt in der Beschwerdebegründung aus, dass die Inlands-vertreter seit 2009 mit der Zahlung der deutschen Jahresgebühren beauftragt seien, und dass die Kanzleibuchhaltung seit Jahren vollständig an einen Steuerbe-rater ausgelagert sei. Die dort tätige Mitarbeiterin Frau L… sei für die Überwa- chung und ordnungsgemäße Verbuchung sämtlicher die Kanzlei betreffenden Zahlungseingänge sowie für die Durchführung und Verbuchung sämtlicher Zah-lungsausgänge zuständig. Eine Anfrage der Inlandsvertreter habe zu einer Durchforstung der Kontoauszüge seitens der Buchhaltung geführt. Dabei habe sich gezeigt, dass es schon in den Jahren 2013 und 2014 Rückzahlungen des Deutschen Patent- und Markenamts zu den in diesen Jahren entrichteten Jahres-gebühren gegeben habe. Darüber sei die Kanzlei der Inlandsvertreter nicht in Kenntnis gesetzt worden. Auch von Seiten des Patentamts habe diese keine Rechtsverlustmitteilung erhalten. Überdies hätten die in Italien ansässigen anwalt-lichen Vertreter der Patentinhaberin die deutschen Inlandsvertreter nicht über das europäische Einspruchsverfahren unterrichtet. Die Patentinhaberin ist der Auffassung, es habe im vorliegenden Fall der Einrei-chung einer deutschen Übersetzung der im europäischen Einspruchsverfahren geänderten englischsprachigen Patentschrift nicht bedurft. Art. XI § 4 IntPatÜG regele nämlich lediglich den Fall, dass der Hinweis auf die Erteilung eines euro-päischen Patents vor dem 1. Mai 2008 im Europäischen Patentblatt veröffentlicht worden sei. Aus dieser Vorschrift ergebe sich dagegen nicht, wie zu verfahren sei, wenn der Hinweis auf den Beschluss, durch den das Patent in geändertem Um-fang aufrechterhalten werde, wie im vorliegenden Fall erst nach diesem Stichtag veröffentlicht worden sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass vorliegend das Patent im Einspruchsverfahren lediglich minimal geändert worden sei; es seien lediglich in der Patentbeschrei-bung (Seite 6 der Anlage F zur Beschwerdebegründung = Absatz [0031] der T2-Schrift) ein Satz gestrichen und zwei Absätze mit dem Hinweis auf die Vorveröf-fentlichungen WO 89/0325 und JP03181348 eingefügt worden. Die Patentansprü-- 6 - che seien unverändert geblieben; Zeichnungen seien weder in der erteilten noch in der geänderten Fassung der Patentschrift enthalten. Insofern sei der vorlie-gende Fall vergleichbar mit dem Fall, dass ein in englischer oder französischer Verfahrenssprache erteiltes Patent (nicht aber dessen deutsche Übersetzung) of-fensichtliche Fehler (z. B. Tippfehler) enthalte, die dann korrigiert würden, ohne dass nochmals eine (identische) Übersetzung einzureichen sei. Auch wenn die fristgerecht eingereichte Übersetzung der erteilten Fassung des europäischen Patents fehlerhaft sei, führe dies nicht dazu, dass der deutsche Teil des Patents als von Anfang an nicht in Kraft getreten gelte. Im Übrigen hält es die Patentinhaberin angesichts des mit einer Anwendung des früheren Rechts (Art. II § 3 IntPatÜG a. F.) verbundenen Rechtsverlusts für nicht sachgerecht, dass das Deutsche Patent- und Markenamt den Schutzrechtsinhaber nicht über diesen Rechtsverlust informiere. Zur Begründung des zugleich mit der Beschwerdebegründung hilfsweise gestell-ten Wiedereinsetzungsantrags trägt die Patentinhaberin vor, im Verfahren vor dem Europäischen Patentamt sei sie durch das italienische Büro B… vertre- ten gewesen. Dort habe die Formalsachbearbeitung am 14. Februar 2013 ent-sprechend der Anweisung des europäischen Vertreters die notwendigen Schritte unternommen, damit die Übersetzungen der geänderten Patentfassung bei den zuständigen Behörden, u. a. bei dem Deutschen Patent- und Markenamt, einge-reicht würden. Dementsprechend seien auch Übersetzungen bei den Patentäm-tern in Griechenland, Italien, Spanien, Schweden und in der Türkei eingereicht worden, auf Grund eines Flüchtigkeitsfehlers der verantwortlichen Formalsachbe-arbeiterin Frau P… nicht jedoch in Deutschland. Frau P… sei eine zuverlässige Mitarbeiterin, die in der Vertreterkanzlei seit vielen Jahren kom-petent und sorgfältig gearbeitet habe. Das Büro B… sei bis zum 23. November 2015, als auch die Kanzlei der deutschen Inlandsvertreter erstmals vom Erlöschen des Patents erfahren habe, nicht über diesen Fehler unterrichtet - 7 - worden und habe deshalb weiterhin über die Inlandsvertreter die Zahlung der deutschen Jahresgebühren veranlasst. Zur Glaubhaftmachung dieses Vortrags legt die Patentinhaberin u. a. eine Erklä-rung ihres europäischen Vertreters (Anlage 11) sowie eine eidesstattliche Versi-cherung der Mitarbeiterin Frau P… (Anlage 12) vor. In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Patentinhaberin seine Argu-mente wiederholt und vertieft. Soweit Art. II § 3 Abs. 1 Satz 2 IntPatÜG von einer „geänderten Fassung“ spreche, sei dies dahingehend zu verstehen, dass es um eine Änderung gehe, die den Schutzbereich des Patents berühre, was hier nicht der Fall sei, da nur eine Änderung der Beschreibung vorliege. Es sei zudem auf die BGH-Entscheidung „Nabenschaltung II“ zu verweisen, wonach Auslassungen bei einer Übersetzung nicht zum Wirkungsverlust führen. II. Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Das Patentamt hat zu Recht die Feststellung getroffen, dass die Wirkungen des europäischen Patents für Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten gelten. Dem Antrag auf Wieder-einsetzung in die versäumte Frist zur Einreichung einer Übersetzung und Zahlung der Gebühr für deren Veröffentlichung kann nicht entsprochen werden. 1. Die Wirkungen des vorliegenden europäischen Patents gelten für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten. a) Die Patentinhaberin hat die dreimonatige Frist zur Einreichung der Überset-zung der geänderten Fassung des europäischen Patents (im Falle der Aufrechter-haltung des europäischen Patents im Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt in geänderter Fassung) und Zahlung der Gebühr für die Veröffentli-- 8 - chung der Übersetzung nach Art. II § 3 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 IntPatÜG a. F. (= in der bis zum 30. April 2008 geltenden Fassung), § 2 Abs. 1 PatKostG i. V. m. Ge-bührenverzeichnis Nr. 313 820 a. F. versäumt. Die Vorschriften sind nach der Übergangsregelung des Art. XI § 4 IntPatÜG für Altfälle wie hier, in denen die Pa-tenterteilung vor dem 1. Mai 2008 veröffentlicht worden ist (hier: Veröffentlichung der Patenterteilung durch EPA am 16. Januar 2008), weiterhin anwendbar (vgl. BGH GRUR 2011, 1053 - Ethylengerüst). Dass hier die Änderung im Einspruchs-verfahren nach diesem Zeitpunkt erfolgt ist, ist ohne Belang, denn die Frage der Weitergeltung des Übersetzungserfordernisses ist allein anhand des Tages zu be-stimmen, an dem der Hinweis auf die Erteilung des Schutzrechts veröffentlicht worden ist (BGH a. a. O. - Ethylengerüst). Die dreimonatige Frist des Art. II § 3 Abs. 1 Satz 2 InPatÜG a. F., die mit der Veröffentlichung des Hinweises auf die Entscheidung über den Einspruch im Europäischen Patentblatt beginnt, hier also am 14. November 2012, hat am 14. Februar 2013 geendet. Übersetzung und Ge-bühr wurden erst zusammen mit der Beschwerdebegründung am 25. Januar 2016 eingereicht bzw. gezahlt. Die verspätete Einreichung der Übersetzung und Gebüh-renzahlung führt nach Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG a. F. dazu, dass die Wirkungen des europäischen Patents für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang nicht eingetreten gelten. b) An der Anwendung der genannten Bestimmungen ändert auch nichts der Um-stand, dass von der im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderung nur mar-ginale Teile der Beschreibung - und nicht die Patentansprüche - betroffen sind. Nach dem Wortlaut des Art. II § 3 Abs. 1 Satz 2 IntPatÜG a. F. kommt es allein darauf an, ob das Europäische Patentamt das Patent im Einspruchsverfahren „in geänderter Fassung“ aufrechterhalten hat. Eine Aufrechterhaltung in geänderter Fassung, zu der das Europäische Patentamt im Übrigen auch eine geänderte Pa-tentschrift herausgegeben hat (EP 1 712 289 B2), liegt hier zweifelsohne vor. We-der das Übersetzungserfordernis des Art. II § 3 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 IntPatÜG a. F. noch die Übergangsvorschrift des Art. XI § 4 IntPatÜG differenzieren danach, ob wesentliche oder unwesentliche Teile der Patentschrift geändert worden sind. - 9 - Eine solche Einschränkung ergibt sich auch nicht aus dem Zweck des Überset-zungserfordernisses, die Nutzbarmachung und Verbreitung der Patentinformation in deutscher Sprache zu fördern (vgl. Gesetzesbegründung BlPMZ 1992, 47 ff., 51); dass sich dieser Informationsanspruch nur auf für den Schutzbereich wesent-liche Angaben beziehen soll, ist nicht erkennbar. Vielmehr wird für den Sprachun-kundigen erst bei Vorliegen der Übersetzung auch der geänderten Fassung offen-bar, ob es sich bei den Änderungen des Patents im Einspruchsverfahren um grö-ßere oder nur marginale Änderungen gehandelt hat. c) Mit den in der Beschwerdebegründung genannten Fallgestaltungen, in denen vom Patentinhaber keine geänderte Übersetzung einzureichen ist (offensichtliche Fehler der in englischer oder französischer Verfahrenssprache herausgegebenen Patentschrift) ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar, weil dort vom Eu-ropäischen Patentamt jeweils keine inhaltlich geänderte Schrift herausgegeben wird. Ebenso wenig vermag die Rechtsprechung zu inhaltlichen Mängeln einer Übersetzung eine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Die Entscheidung „Naben-schaltung II“ des Bundesgerichtshofs (GRUR 2010, 708), auf die sich die Patent-inhaberin insoweit berufen hat, hatte zum Ausgangspunkt, dass eine fristgerecht eingereichte Übersetzung Auslassungen aufgewiesen hat. Dies führte nicht zum Wirkungsverlust nach Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG a. F., sondern wurde als Fehler der Übersetzung angesehen, deren Rechtsfolgen sich nach Art. II § 3 Abs. 4 und 5 IntPatÜG a. F. richten. Vorliegend liegt aber ein anderer Sachverhalt vor, denn nach Änderung des Patents im Einspruchsverfahren ist eine Übersetzung nicht fristgerecht eingereicht worden, sondern erst verspätet mit dem Wiedereinset-zungsantrag. Dass die Patentinhaberin nach der Patenterteilung fristgerecht das Übersetzungserfordernis nach Art. II § 3 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜG a. F. erfüllt hat, lässt das (weitere) Übersetzungserfordernis nach Änderung im Einspruchsverfah-ren nach Art. II § 3 Abs. 1 Satz 2 IntPatÜG a. F. nicht entfallen. Somit ist kein Raum für eine Prüfung, inwieweit die nach der Erteilung eingereichte frühere Übersetzung auch die nach der Änderung im Einspruchsverfahren geltende Fas-sung abdecken könnte. - 10 - 2. Der wegen Eintritts der Fiktion des Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG a. F. und damit eines Rechtsnachteils i. S. von § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung ist zwar statthaft, jedoch nicht zulässig. a) Der Wiedereinsetzungsantrag ist schon nicht innerhalb der mit Wegfall des Hindernisses beginnenden Zweimonatsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG gestellt worden. Der Wegfall des Hindernisses tritt ein, sobald das Ereignis seine hindernde Wir-kung auf den Säumigen oder dessen Vertreter verliert, also wenn Säumiger oder Vertreter bei der Aufwendung der ihm zuzumutenden Sorgfalt nicht mehr gehin-dert ist, die versäumte Handlung vorzunehmen oder wenn das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann. Das ist dann der Fall, sobald die Partei oder ihr Vertreter bei Anwendung der gebotenen Sorg-falt die Versäumung hätte erkennen können (vgl. Schulte/Schell, PatG, 9. Aufl., § 123 Rdn. 25). Davon ist hier ab dem Zeitpunkt der im April 2013 erfolgten Rück-zahlung der achten Jahresgebühr auszugehen. Nach dem Vortrag der Patentinhaberin hat es in den Jahren 2013 und 2014 Rück-zahlungen des Deutschen Patent- und Markenamts zu den in diesen Jahren ent-richteten Jahresgebühren gegeben, wobei die Inlandsvertreter seitens des mit der Kanzleibuchhaltung beauftragten Steuerberatungsbüros nicht informiert worden seien. Die Patentinhaberin macht aber keine Umstände geltend, denen zufolge sich die Vertreter für das Verhalten des Steuerberatungsbüros bzw. der dort zu-ständigen Mitarbeiterin Frau L… exkulpieren könnten; somit bleibt offen, ob die fehlende Informationsweitergabe an die Vertreter auf einem diesen bzw. der Patentinhaberin zurechenbaren organisatorischen Mangel beruht. Soweit in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist, dass in der Kanzlei der Inlands-vertreter die Anwälte die Kontoauszüge regelmäßig auch selbst eingesehen hät-ten, wobei eine Erstattung durch die Bundeskasse hätte auffallen müssen, ist da-mit ebenfalls kein Umstand dargetan, der einen Sorgfaltsverstoß entfallen ließe. - 11 - Somit ist davon ausgehen, dass das Hindernis bereits mit der im April 2013 be-wirkten Rückzahlung der achten Jahresgebühr weggefallen und die Zweimonats-frist bereits im Juni 2013 abgelaufen ist. b) Davon abgesehen scheitert der Wiedereinsetzungsantrag auch an der Jahres-ausschlussfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG. Ausgehend vom regulären Frist-ende am 14. Februar 2013 ist diese Frist am 14. Februar 2014 abgelaufen. Der am 25. Januar 2016 gestellte Wiedereinsetzungsantrag ist somit nahezu zwei Jahre verspätet gestellt worden. aa) Die Vorschrift des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG, wonach ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt und die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden kann, hat absoluten Charakter. Sie ver-folgt mit der Begrenzung der Möglichkeit der Wiedereinsetzung - wie die entspre-chende Vorschrift in § 234 Abs. 3 ZPO - im Interesse der Rechtssicherheit den Zweck, eine unangemessene Verzögerung von Verfahren zu verhindern und de-ren rechtskräftigen Abschluss zu gewährleisten. Auch Billigkeitsgründe können daher nicht berücksichtigt werden (BPatG BlPMZ 1996, 357, 358; Schulte/Schell, a. a. O., § 123 Rdn. 30). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob und wann der Säumige Kenntnis vom Beginn dieser Jahresfrist erlangt hat, denn diese läuft als Ausschlussfrist grundsätzlich unabhängig von Kenntnis und Verschulden des Säumigen (vgl. Schulte/Schell, a. a. O.; Busse/Engels PatG, 8. Aufl., § 123 Rdn. 72). bb) Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts - in Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung zur entsprechenden Regelung in § 234 Abs. 3 ZPO (z. B. BGH Mitt. 2011, 24 (Tz. 18) – Crimpwerkzeug IV m. w. N.; BGH NJW-RR 2016, 638 (Tz. 7, 8)) - anerkannt, dass auch im patentamtlichen Verfah-ren die Stellung eines Antrags auf Wiedereinsetzung trotz Ablaufs der Jahresfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG in besonders gelagerten Ausnahmefällten als zuläs-sig anzusehen ist, und zwar insbesondere dann, wenn die Fristüberschreitung auf - 12 - Umstände zurückzuführen ist, die der Sphäre des Patentamts zuzurechnen sind, und damit nur so die verfassungsmäßigen Rechte des Antragstellers gewahrt werden können (vgl. BPatGE 51, 197, 202 - Überwachungsvorrichtung; BPatG Mitt. 2012, 293 - Wäschespinne). Die Durchbrechung der Jahresfrist ist aber ab-gelehnt worden, wenn die Ursache auch in der Sphäre der Partei lag (vgl. Senats-beschlüsse vom 30. April 2015 - 7 W (pat) 86/14, juris Tz. 20, und vom 9. Juni 2016 - 7 W (pat) 88/14, juris Tz. 32). Hiervon ausgehend liegen Gründe, die vorliegend für eine ausnahmsweise Durch-brechung dieser Frist sprechen könnten, nicht vor, zumal das Patentamt noch in-nerhalb der Jahresfrist einerseits durch die Gebührenrückzahlung vom 10. April 2013, andererseits durch den Registereintrag vom 14. August 2013 hat verlauten lassen, dass die Wirkung des europäischen Patents für Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten gelte. Zudem ist die Unkenntnis der Patentinha-berin von der Gebührenrückzahlung im April 2013 und damit vom Wirkungsverlust des Patents maßgeblich darauf zurückzuführen, dass eine zeitnahe Unterrichtung der Inlandsvertreter durch das Steuerberatungsbüro - aus welchen Gründen auch immer - unterblieben ist. Dies fällt ebenso in die Sphäre der Patentinhaberin wie der Umstand, dass den Anwälten bei der Durchsicht der Kontoauszüge die Er-stattung durch die Bundeskasse nicht aufgefallen ist. Die Versäumung der Jah-resfrist ist somit nicht allein auf in der Sphäre des Patentamts liegende Umstände zurückzuführen. Daher gebietet es der Anspruch einer Partei auf ein rechtsstaatli-ches, faires Verfahren vorliegend nicht, von der Anwendung der gesetzlichen Re-gelung abzusehen. 3. Da somit der Wiedereinsetzungsantrag bereits als unzulässig anzusehen ist, kann dahingestellt bleiben, ob er im Fall seiner Zulässigkeit begründet wäre, ins-besondere ob sich die Patentinhaberin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO ein Verschulden ihrer Vertreter zurechnen lassen muss. - 13 - 4. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da keiner der Fälle des § 100 Abs. 2 PatG vorliegt, insbesondere keine grundsätzliche Rechtsfrage i. S. von § 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG. Grundsätzlich ist eine Rechtsfrage, wenn ein Interesse der Allgemeinheit für die Zukunft besteht, insbesondere wenn sie für eine größere Zahl gleicher Fälle entscheidungserheblich ist (vgl. Schulte, a. a. O., § 100 Rdn. 17 m. w. N.). Dies kann im Hinblick darauf, dass es sich bei dem Überset-zungserfordernis des Art. II § 3 IntPatÜG um eine auslaufende Regelung handelt, nicht angenommen werden. Aus den unter II.1.c angeführten Gründen liegt auch kein Widerspruch zu der BGH-Entscheidung „Nabenschaltung II“ vor. III. R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gege-ben, wenn gerügt wird, dass 1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-schweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist. - 14 - Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-reicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden. Rauch Püschel Dr. Schnurr Pr

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