7 W (pat) 37/15  - 7. Senat (Jur.Beschw./Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152 08.05 BUNDESPATENTGERICHT 7 W (pat) 37/15 _______________________ (Aktenzeichen) B E S C H L U S S In der Beschwerdesache … betreffend das Patent 10 2007 021 403 (wegen Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung) hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bun-despatentgerichts am 25. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen. - 2 - G r ü n d e I. Auf eine Anmeldung des Herrn Dr. med. G… vom 4. Mai 2007 wurde vom Deutschen Patent- und Markenamt das Patent 10 2007 021 403 mit der Bezeich-nung „Vollei-Zubereitung“ erteilt. Der Hinweis auf die Erteilung wurde am 16. April 2009 veröffentlicht. Nach dem Tod des Anmelders wurde das Patent am 9. Juni 2009 auf dessen Witwe G1… umgeschrieben. Auf einen weiteren, am 6. Februar 2013 beim Patentamt eingegangenen, durch Rechtsanwalt S… in L…, übersandten Umschreibungsantrag wurde das Patent am 9. April 2013 auf die jetzige Patentinhaberin umgeschrieben. Die-ser Umschreibungsantrag war von Frau G1… sowie - für die Erwerberin - von Herrn W… unterschrieben. Eine Vertretungsanzeige oder Vollmacht war ihm nicht beigefügt. Das Patentamt übersandte eine Um- schreibungsmitteilung an die polnische Adresse der neuen Patentinhaberin. Nachdem Rechtsanwalt S… mit Schreiben vom 10. April 2013 die Adresse „W…, G… K…strasse in B…“ als neue inländische Zustellanschrift der Patentinhaberin angegeben hatte, sandte das Patentamt an diese Adresse eine Mitteilung vom 17. Mai 2013 zur Änderung der Zustellanschrift im Register und eine Mitteilung vom 4. Oktober 2013, wonach die siebte Jahresgebühr für das Patent nicht gezahlt worden sei und das Patent erlösche, wenn die Gebühr zuzüglich eines Ver-spätungszuschlags nicht bis zum 2. Dezember 2013 entrichtet werde. Am 20. Februar 2014 wurde im Patentblatt bzw. -register veröffentlicht, dass das Pa-tent seit dem 3. Dezember 2013 erloschen sei. Am 25. Mai 2015 entrichtete der Geschäftsführer der Patentinhaberin die siebte und die achte Jahresgebühr sowie den Verspätungszuschlag für die siebte Jah-- 3 - resgebühr, am 28. Mai 2015 den Verspätungszuschlag für die achte Jahresge-bühr. Weitere Jahresgebühren wurden nicht einbezahlt. Mit Schriftsatz vom 16. Juli 2015 beantragte die Patentinhaberin, ihr Wiederein-setzung in die Frist zur Zahlung der siebten und der achten Jahresgebühr nebst Verspätungszuschlägen zu gewähren. Zur Begründung führte sie aus, ihr Ge-schäftsführer W… habe nach dem Erwerb des Patents dem ange- stellten technischen Betriebsleiter S1… mündlich die Weisung erteilt, die fällige siebte Jahresgebühr sofort und damit vor dem Fristablauf 31. Mai 2013 zu bezahlen sowie die Folgefristen im dafür vorgesehenen Kalender zu notieren. Herr S1… sei seit Januar 2013 bei ihr beschäftigt, arbeite durchgehend sorg- fältig und selbständig und habe bislang nie eine Frist versäumt. Jedoch habe er die ihm erteilte Einzelweisung zur Zahlung der siebten Jahresgebühr sowie die Eintragung der Fristen für die achte und die folgenden Jahresgebühren im Kalen-der offenbar vergessen. Da sie nie einen Hinweis des Patentamts auf das dro-hende Erlöschen des Patents erhalten habe, habe sie auch keinen Anlass gehabt, die Ausführung der erteilten Einzelweisung zu überprüfen. Am 20. Mai 2015 habe der Geschäftsführer bei einem Blick in das Register erstmals erfahren, dass das Patent erloschen sei. Im Anschluss an einen entsprechenden rechtlichen Hinweis hat die Patentabtei-lung 44 des Deutschen Patent- und Markenamts den Wiedereinsetzungsantrag durch Beschluss vom 28. September 2015 mit der Begründung zurückgewiesen, die Wiedereinsetzung sei nicht innerhalb eines Jahres nach Ablauf der versäum-ten Frist beantragt worden und daher gemäß § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG unzuläs-sig. Den Fristablauf betreffend habe sich das Patentamt keines wie auch immer gearteten Versäumnisses schuldig gemacht. - 4 - Gegen diesen ihr am 1. Oktober 2015 zugestellten Beschluss richtet sich die Be-schwerde der Patentinhaberin. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und ihr Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der siebten und ach-ten Jahresgebühr samt Verspätungszuschlag zu gewähren. In Ergänzung ihrer bisherigen Ausführungen vertritt sie die Auffassung, das Pa-tentamt habe in unberechtigter und fehlerhafter Weise eine unzutreffende Adres-senänderung im Hinblick auf die Zustellanschrift der im Ausland ansässigen Pa-tentinhaberin vorgenommen. Das Schreiben des Patentamts vom 4. Oktober 2013 betreffend die fehlende Zahlung der Jahresgebühr innerhalb der zuschlagsfreien Zeit habe sie deshalb nicht erreicht. Für das Patentamt sei offenkundig gewesen, dass Rechtsanwalt S…, der für die Patentinhaberin als Notar und nicht als Verfahrensbevollmächtigter tätig gewesen sei, in dieser Eigenschaft zur Mitteilung einer Zustellanschrift der Patentinhaberin gegenüber dem Patentamt nicht legiti-miert gewesen sei. In einem rechtlichen Hinweis vom 24. Juni 2016 hat sich der Senat mit möglichen Folgen einer Versäumung der Jahresausschlussfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG auseinandergesetzt und Zweifel an den Erfolgsaussichten der Beschwerde geäu-ßert. Anschließend hat die Patentinhaberin einen Wechsel ihres Verfahrensbe-vollmächtigten angezeigt und nochmals um die beantragte Wiedereinsetzung ge-beten. Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Patentamt hat den Antrag der Patentinhaberin auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der siebten Jahres-- 5 - gebühr vom 16. Juli 2015 im angefochtenen Beschluss vom 28. September 2015 zu Recht zurückgewiesen. 1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist zwar statthaft, weil die Patentinhaberin die Frist zur Zahlung der siebten Jahresgebühr versäumt und dadurch einen gesetz-lich festgelegten Rechtsnachteil erlitten hat, § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG. Die siebte Jahresgebühr in Höhe von 180 € war - ausgehend vom Anmeldetag am 4. Mai 2007 - am 31. Mai 2013 zur Zahlung fällig (§ 3 Abs. 2 PatKostG) und konn-te, da sie bis zum 31. Juli 2013 nicht gezahlt worden war, mit Verspätungszu-schlag in Höhe von 50 € (Nr. 312 070, 312 072 des Gebührenverzeichnisses, An-lage zu § 2 Abs. 1 PatKostG) noch bis zum Ablauf der Nachfrist am Montag, den 2. Dezember 2013 gezahlt werden (§ 7 Abs. 1 Satz 2 PatKostG, § 99 Abs. 1 PatG, § 222 Abs. 1 und 2 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Tatsächlich wurde die Gebühr erst am 25. Mai 2015 und damit verspätet entrichtet. Auf Grund der ver-späteten Zahlung ist das Patent erloschen (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 PatG i. d. F. bis 31. März 2014). 2. Im Übrigen ist der Wiedereinsetzungsantrag jedoch - wie im angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt ist - wegen Versäumung der Jahresausschlussfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG unzulässig. Da die Frist zur Zahlung der siebten Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag am 2. Dezember 2013 abgelaufen ist, hät-te der Wiedereinsetzungsantrag bis zum 2. Dezember 2014 gestellt werden müs-sen. Tatsächlich wurde der Antrag erst am 16. Juli 2015 gestellt. a) Die Vorschrift des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG, wonach ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt und die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden kann, hat absoluten Charakter. Sie ver-folgt mit der Begrenzung der Möglichkeit der Wiedereinsetzung - wie die entspre-chende Vorschrift in § 234 Abs. 3 ZPO - im Interesse der Rechtssicherheit den Zweck, eine unangemessene Verzögerung von Verfahren zu verhindern und de-ren rechtskräftigen Abschluss zu gewährleisten. Auch Billigkeitsgründe können - 6 - daher nicht berücksichtigt werden (BPatG BlPMZ 1996, 357, 358; Schulte/Schell, PatG, 9. Aufl., § 123 Rn. 30). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob und wann der Säumige Kenntnis vom Beginn dieser Jahresfrist erlangt hat, denn diese läuft als Ausschlussfrist grundsätzlich unabhängig von Kenntnis und Verschulden des Säumigen (vgl. Schulte/Schell, a. a. O., § 123 Rn. 30; Busse/Engels, PatG, 8. Aufl., § 123 Rn. 72; BPatG, Beschl. v. 27. Mai 2002, 10 W (pat) 20/01). b) Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts - in Anlehnung an die höchstrichterliche Rechtsprechung zur entsprechenden Regelung in § 234 Abs. 3 ZPO (z. B. BGH Mitt. 2011, 24, Rn. 18 – Crimpwerkzeug IV m. w. N.; BGH, Beschl. v. 21. Januar 2016, IX ZA 24/15, veröffentlicht in juris) - anerkannt, dass auch im patentamtlichen Verfahren die Stellung eines Antrags auf Wiedereinset-zung trotz Ablaufs der Jahresfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG in besonders ge-lagerten Ausnahmefällen als zulässig anzusehen ist, und zwar insbesondere dann, wenn die Fristüberschreitung auf Umstände zurückzuführen ist, die der Sphäre des Patentamts zuzurechnen sind, und damit nur so die verfassungsmä-ßigen Rechte des Antragstellers gewahrt werden können (vgl. BPatGE 51, 197, 202 - Überwachungsvorrichtung; BPatG Mitt. 2012, 293 - Wäschespinne). Ein solcher Ausnahmefall ist hier jedoch nicht gegeben, weil die Fristversäumung ihre Ursache zumindest auch in der Sphäre der Patentinhaberin hatte. Dies stellt einen Umstand dar, auf Grund dessen eine Durchbrechung der Jahresfrist abzu-lehnen ist (vgl. BPatG, Beschl. v. 30. April 2015, 7 W (pat) 86/14; BPatG, Beschl. v. 9. Juni 2016, 7 W (pat) 88/14). Dies gilt hier unabhängig davon, dass das Patentamt seine Mitteilungen vom 17. Mai und 4. Oktober 2013 an die ihm von Rechtsanwalt S… mitgeteilte B… Adresse geschickt, und unabhängig davon, ob die Patentinhaberin diese Adressenangabe veranlasst hat. Denn jedenfalls hätte die Patentinhaberin dem Patentregister seit dem 20. Februar 2014, als das Erlöschen des Patents dort ein-getragen wurde, entnehmen können, dass ihr Schutzrecht erloschen war. Zu die-- 7 - sem Zeitpunkt war die Jahresfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG noch nicht abge-laufen. Die an die polnische Adresse gerichtete Umschreibungsmitteilung des Patentamts vom 9. April 2013 hat die Patentinhaberin offensichtlich erreicht, denn sie hat die-ses Schreiben als Anlage 12.1 zum Wiedereinsetzungsantrag selbst vorgelegt. Nach ihrer eigenen Aussage wusste sie auch, dass das Schutzrecht mit allen Rechten und Pflichten auf sie übergegangen war, und sie hat gemäß der eides-stattlichen Versicherung vom 15. Juli 2015 die Frist zur Zahlung der siebten Jah-resgebühr zutreffend berechnet. Ihr Vortrag in der Beschwerdebegründung, wo-nach ein in dem Ausbleiben von Zahlungserinnerungen liegendes Versäumnis des Patentamts für die Fristversäumung allein ursächlich geworden sei, erscheint da-her nicht nachvollziehbar. Des Weiteren hat die Patentinhaberin den Rechtsübergang ihrem Vortrag nach zum Anlass genommen, ihren technischen Betriebsleiter mündlich und persönlich anzuweisen, die siebte und alle folgenden Jahresgebühren fristgerecht zu über-weisen, was dieser jedoch versehentlich unterlassen habe. Auch letzteres ist aus-schließlich der Sphäre der Patentinhaberin zuzurechnen. Auf die Frage, ob sich die Patentinhaberin für dieses Versehen ihres Mitarbeiters exkulpieren kann, kommt es im Rahmen der Ausschlussfrist des § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG nicht an (s. o. a)). Da die Versäumung der Jahresfrist maßgeblich durch Umstände im Be-reich der Patentinhaberin verursacht worden ist, gebietet es der Anspruch einer Partei auf ein rechtsstaatliches, faires Verfahren vorliegend nicht, von der Anwen-dung der gesetzlichen Regelung abzusehen. 3. Da somit der Wiedereinsetzungsantrag bereits als unzulässig anzusehen ist, kann dahingestellt bleiben, ob er im Fall seiner Zulässigkeit begründet wäre, ins-besondere ob sich die Patentinhaberin für das Verhalten ihres technischen Be-triebsleiters exkulpieren kann. - 8 - 4. Der Patentinhaberin kann damit keine Wiedereinsetzung in die Frist zur Zah-lung der siebten Jahresgebühr gewährt werden. Da somit das Patent weiterhin gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 PatG (i. d. F. bis 31. März 2014) als erloschen zu gelten hat, ist die achte Jahresgebühr nicht fällig geworden, weshalb eine Wiedereinset-zung insoweit von vornherein ausscheidet. Vielmehr ist die Beschwerde insgesamt zurückzuweisen. III. Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gege-ben, wenn gerügt wird, dass 1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-schweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist. - 9 - Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-reicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden. Rauch Püschel Dr. Schnurr Pr

Full & Egal Universal Law Academy