7 W (pat) 29/16  - 7. Senat (Jur.Beschw./Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




7 W (pat) 29/16
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend das deutsche Patent 100 28 235
hier: Umschreibung im Patentregister

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bun-
despatentgerichts am 17. August 2017 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die
Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr

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beschlossen:

I. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts –
Patentabteilung 43 - vom 1. September 2016 wird aufgeho-
ben.

II. Die Wohnortangabe im Patentregister ist zu ändern in
„G…“.

III. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.


G r ü n d e

I.

Auf eine Anmeldung vom 7. Juni 2000 wurde dem Patentinhaber durch Beschluss
des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. April 2002 ein Patent mit der
Bezeichnung „Orthese zur Fortbewegung eines Menschen durch Verlagerung sei-
nes Körperschwerpunktes und deren Verwendung“ erteilt. Als Anschrift des Pa-
tentinhabers ist in der Patentanmeldung angegeben: „…straße in
M…“. Dementsprechend ist er im Patentregister mit der Wohnortan-
gabe „M…“ vermerkt.

Am 2. Mai 2016 teilte der Patentinhaber dem Patentamt durch seinen Patentan-
walt mit, dass sich seine Adresse mittlerweile geändert habe. Sie laute nunmehr
„…berg in G…“. Er beantragte, diese Änderung im Patentre-
gister zu vermerken und ihm die vorgenommene Änderung schriftlich zu bestäti-
gen.

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Die Patentabteilung 43 des Patentamts bat in einem Zwischenbescheid vom
9. Mai 2016 um Mitteilung, ob der Patentinhaber seinen Wohnsitz verlegt habe
oder ob sich die neue Adresse nur auf eine Zweit-/Ferienwohnung oder eine neue
Zustellanschrift o. ä. beziehe. Nur im ersteren Falle könne die Änderung im Re-
gister vermerkt werden.

In Beantwortung dieses Bescheids wiederholte der Patentinhaber mit Schreiben
vom 18. Mai 2016 seinen Antrag und verlangte, die angezeigte Adressenänderung
sofort und ohne schuldhaftes Verzögern im Patentregister zu vermerken. Der Än-
derungsantrag sei eindeutig und kaum auslegungsfähig.

Nachdem die Patentabteilung daraufhin ihre Anfrage vom 9. Mai 2016 wieder-
holte, wandte sich der Patentinhaber an die Rechtsabteilung des Patentamts. Er
verwies u. a. darauf, dass in einer Markenangelegenheit die dort zuständige Ab-
teilung einem entsprechenden Antrag auf Änderung seiner Adresse ohne weiteres
entsprochen habe. Vom Referat 1.1.2 des Patentamts erhielt er die Antwort, aus
seinem Antrag gehe nicht hervor, ob er die Verlegung des Wohnsitzes nach § 4
PatV, die Eintragung einer Zweitanschrift oder eine neue Zustellanschrift wünsche.
Eine Änderung der Anmelderdaten i. S. d. § 30 PatG werde im Patentregister nur
im Fall einer Wohnsitzverlegung eingetragen. In den anderen Fällen könne nur auf
Antrag eine neue Zustelladresse erfasst werden. Sofern in anderen Schutzrechts-
bereichen in fehlerhafter Weise auf eine eindeutige Klärung der Sachlage ver-
zichtet werde, könne sich der Patentinhaber darauf nicht berufen. Dieser wurde
nochmals um kurze Bestätigung gebeten, ob es sich bei der beantragten Adres-
senänderung um eine Verlegung seines Wohnsitzes handele. Die Umschreibung
der Adressdaten im Register werde dann umgehend durchgeführt.

Auch in Beantwortung dieses Bescheids erfolgte durch den Patentinhaber keine
Bestätigung, dass es sich bei der angegebenen Adresse um seinen neuen Wohn-
sitz handele. Vielmehr beantragte er nochmals den Vermerk der Adressenände-
rung im Patentregister, hilfsweise den Erlass eines beschwerdefähigen Beschlus-
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ses. Zur Begründung führte er aus, § 4 PatV betreffe lediglich den Erteilungsan-
trag und sei hier nicht einschlägig. Zudem werde in dem Antragsformular nicht
zwischen Adresse und Wohnsitz unterschieden. In § 30 Abs. 1 PatG wiederum sei
nicht vom Wohnsitz, sondern nur vom Namen und vom Wohnort des Anmelders
die Rede. Schließlich seien in § 27 DPMAV nur der Name, der Sitz und die An-
schrift aufgeführt, und in den Umschreibungsrichtlinien sei unter Nr. 11 von einer
Anschriftenänderung die Rede. Die Frage nach dem Wohnsitz sei somit weder
durch das Gesetz noch durch Verordnungen gedeckt.

Durch Beschluss der Patentabteilung 43 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 1. September 2016 wurde der Antrag auf Eintragung einer Adressenände-
rung des Patentinhabers zurückgewiesen, wobei zur Begründung auf die voran-
gegangenen Zwischenbescheide verwiesen wurde.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Patentinhabers. Er be-
antragt,

- den Beschluss aufzuheben,
- die Adressenänderung, wie im Antrag vom 2. Mai 2016
angegeben, im Patentregister zu vermerken,
- die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.

Zur Begründung der Beschwerde wiederholt der Patentinhaber sein Vorbringen
aus dem patentamtlichen Verfahren. Darüber hinaus stellt er darauf ab, dass sei-
nem anwaltlichen Vertreter aus langjähriger Praxis durchaus bekannt sei, dass
eine Änderung der Anmelderdaten im Patentregister nur bei neuem Wohnsitz er-
folge. Wenn dies hier nicht der Fall gewesen wäre, hätte der Vertreter den Antrag
gar nicht gestellt. Als Patentanwalt sei er nämlich Organ der Rechtspflege und
somit zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet. Somit ergebe sich die Wohn-
sitzverlegung schon inhärent aus der Stellung des Änderungsantrages.

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II.

Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses
und zur Anordnung der beantragten Registeränderung.

1. Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 PatG hat das Patentregister u. a. den Namen
und Wohnort des Patentanmelders bzw. -inhabers anzugeben. Diese Angabe soll
in erster Linie der Identifikation des Schutzrechtsinhabers dienen. Da im Patentre-
gister nicht die vollständige Adresse vermerkt wird, sind Dritte, die in Kontakt mit
dem Schutzrechtsinhaber treten wollen, u. U. (sofern sich ihnen dessen Adresse
nicht bereits aus den Angaben im Patentregister und/oder anderen Quellen er-
schließt) auf Einsichtnahme in die Patentakte verwiesen. Dort findet sich die voll-
ständige, gemäß § 34 Abs. 6 PatG i. V. m. § 4 Abs. 2 Nr. 1 c) PatV im Erteilungs-
antrag anzugebende Adresse. Etwas anderes gilt, wenn es sich bei dem Patent-
anmelder oder -inhaber - anders als hier - nicht um eine natürliche Person, son-
dern um ein im Handelsregister eingetragenes Unternehmen handelt. In diesem
Fall können - mit Hilfe der Angaben der Firma und des Firmensitzes im Patentre-
gister - über das Handelsregister weitere Informationen, etwa bzgl. des GmbH-
Geschäftsführers, eingeholt werden (siehe Senatsbeschluss vom 26. April 2016 –
7 W (pat) 60/14).

2. Änderungen des Wohnorts eines Patentanmelders oder -inhabers sind ge-
mäß § 30 Abs. 3 Satz 1 PatG im Patentregister zu vermerken, wenn sie dem Pa-
tentamt nachgewiesen sind. Die Registeränderung wird nur auf Antrag vorge-
nommen, wobei das Aktenzeichen des Schutzrechts und die Anschrift in der neu
in das Register einzutragenden Form anzugeben sind (§ 28 PatG i. V. m. § 27
Abs. 1 Nr. 1, 4 DPMAV). Als Nachweis genügt gemäß Nr. 11 i. V. m. Nr. 9 der
Umschreibungsrichtlinien in der seit dem 1. Januar 2002 gültigen Fassung (BlPMZ
2002, 11, 13) regelmäßig eine vom eingetragenen Inhaber oder seinem Vertreter
unterzeichnete und an das Deutsche Patent- und Markenamt gerichtete Anzeige
der Anschriftenänderung. Diesen Erfordernissen hat der Patentinhaber durch den
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von seinem patentanwaltlichen Vertreter am 2. Mai 2016 eingereichten Antrag
entsprochen.

3. Irgendwelche Anhaltspunkte, dass es sich bei der mit Schreiben vom
2. Mai 2016 mitgeteilten Adressenänderung um etwas anderes als eine Wohnsitz-
verlegung handeln könnte, sind weder dem Schreiben selbst noch dem bisherigen
Verfahrensablauf in der der patentamtlichen Akte noch sonstigen Umständen zu
entnehmen; von einer bloßen Zustellanschrift oder Zweitwohnung ist in der Akte
bislang nicht die Rede gewesen. Die in dem Schreiben vom 2. Mai 2016 gewählte
Wortwahl, wonach sich die Adresse des Patentinhabers geändert habe, ist viel-
mehr die bei Wohnsitzverlegungen übliche Ausdrucksweise. Für das Patentamt
hat daher im vorliegenden Fall kein Anlass bestanden, von dem Patentinhaber
weitere Erklärungen zu der Frage zu verlangen, ob er tatsächlich seinen Wohnsitz
verlegt habe, oder ob es sich bei der angegebenen neuen Adresse nur um einen
Zweitwohnsitz oder um eine Zustelladresse handele. Mit dieser Nachfrage ist das
Patentamt von der in den Umschreibungsrichtlinien festgelegten Vorgehensweise
abgewichen. Zwar weisen diese Richtlinien keinen Rechtsnormcharakter auf. Je-
doch dienen solche Richtlinien der Einhaltung des in Art. 3 GG festgelegten
Gleichheitsgrundsatzes (vgl. van Hees/Braitmayer, Verfahrensrecht in Patentsa-
chen, 4. Aufl., Rn. 104).

Über die in den Umschreibungsrichtlinien genannten Voraussetzungen hinausge-
hende Angaben oder Nachweise dürfen daher nur verlangt werden, wenn sich für
das Patentamt Anhaltspunkte ergeben, dass das Register durch die beantragte
Änderung unrichtig würde. Solche Anhaltspunkte waren hier, wie ausgeführt,
schon im patentamtlichen Verfahren nicht vorhanden. Davon abgesehen wären
etwaige Zweifel durch die in der Beschwerdebegründung abgegebene Erklärung,
wonach der anwaltliche Vertreter des Patentinhabers den Änderungsantrag außer
im Falle einer Wohnsitzänderung nicht gestellt hätte, mittlerweile ausgeräumt.

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4. Somit war der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Vornahme der
beantragten Wohnortänderung im Patentregister anzuordnen.


III.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist vorliegend aus Billigkeitsgründen ge-
boten (§ 80 Abs. 3 PatG). Zwar hätte der Patentinhaber die beantragte Register-
änderung auf einfacherem als dem Beschwerdewege erreichen können, wenn er
bereits gegenüber der Patentabteilung angegeben hätte, dass es sich bei der ge-
änderten Adresse um seinen neuen Hauptwohnort (und nicht nur um einen Zweit-
wohnsitz) handelt. Jedoch ist dem Patentinhaber das Recht zuzubilligen, die im
vorliegenden Fall mit den Umschreibungsrichtlinien unvereinbare Amtspraxis einer
gerichtlichen Klärung zuzuführen.

IV.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gege-
ben, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,

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5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-
reicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.


Rauch Püschel Dr. Schnurr

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