7 W (pat) 27/16  - 7. Senat (Jur.Beschw./Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




7 W (pat) 27/16
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend die Patentanmeldung 11 2014 004 512.8
wegen Einleitung der nationalen Phase

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bun-
despatentgerichts am 6. Februar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die
Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr

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beschlossen:

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.


G r ü n d e

I.

Die Anmelderin reichte am 29. September 2014 unter Inanspruchnahme der Prio-
rität einer US-amerikanischen Anmeldung vom 30. September 2013 die internatio-
nale Anmeldung PCT/US2014/058059 ein und gab dabei u. a. Deutschland als
Bestimmungsstaat an. Die internationale Anmeldung umfasste einundzwanzig
Patentansprüche, darunter zwei unterschiedliche Patentansprüche, die, hinterei-
nander stehend, jeweils mit der laufenden Nummer 7 bezeichnet waren.

Am 30. März 2016 übersandte die Anmelderin dem Deutschen Patent- und Mar-
kenamt (DPMA) die Unterlagen für die Einleitung der nationalen Phase der
PCT-Anmeldung für die Erteilung eines Patents mit der Bezeichnung „Strö-
mungsmessgerät für Schmieranlagen“ mit einem gegenüber der ursprünglichen
internationalen Anmeldung unveränderten Anspruchssatz. Am selben Tag ent-
richtete sie unter Angabe des Gebührencodes 311 160 auf einem Formular mit
Angaben zum Verwendungszweck eines bestehenden SEPA-Lastschriftmandats
die Gebühr für eine zwanzig Ansprüche umfassende Anmeldung in Höhe von
360,-- €.

Nach Übersendung der Empfangsbescheinigung vom 1. April 2016 teilte das Pa-
tentamt der durch Patentassessor Dr. K… vertretenen Anmelderin am
4. April 2016 telefonisch mit, dass bei der Aufzählung der Ansprüche zweimal ein
siebter Anspruch vorhanden sei, die Gesamtzahl der Ansprüche daher einund-
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zwanzig statt zwanzig betrage, die demzufolge fehlende Gebühr jedoch nachge-
zahlt werden und ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt
werden könne. Mit Bescheid vom 29. April 2016 teilte das Patentamt der Anmelde-
rin mit, dass die nationale Phase eingeleitet worden sei und die nationale Anmel-
dung unter dem Aktenzeichen 11 2014 004 512.8 geführt werde.

Auf eine dem Patentamt am 6. Juni 2016 elektronisch übermittelte Sachstandsan-
frage zur wirksamen Einleitung der nationalen Phase teilte das Patentamt der An-
melderin unter dem 8. Juni 2016 mit, dass das Verfahren vor dem Patentamt be-
endet sei, da sie die Anmeldegebühr innerhalb der hierfür maßgeblichen Frist des
Art. 22 Abs. 1 /39 Abs. 1 PCT nicht vollständig gezahlt habe. Eingereicht worden
seien einundzwanzig Ansprüche, wobei der Anspruch Nr. 7 doppelt vorhanden sei.
„Gezahlt“ worden seien jedoch nur zwanzig Ansprüche. Ferner kündigte das Pa-
tentamt die Rückerstattung der bisher gezahlten Gebühr an und wies auf die Mög-
lichkeit der Wiedereinsetzung hin. Dieser Bescheid ist – wie die Mitteilung vom
29. April 2016 über die Einleitung der nationalen Phase - mit der Angabe „Prü-
fungsstelle 52.PCT“ gezeichnet. Darunter ist das Dienstsiegel angebracht, gefolgt
von dem Hinweis: „Dieses Dokument wurde elektronisch erstellt und ist ohne Un-
terschrift gültig.“

Hiergegen hat die Anmelderin am 29. Juni 2016 bei gleichzeitiger Zahlung der Be-
schwerdegebühr Beschwerde eingelegt und sinngemäß beantragt,

den „Beschluss“ der Prüfungsstelle 52.PCT des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 8. Juni 2016 aufzuheben,

festzustellen, dass die nationale Phase der PCT-Patentanmeldung
PCT/US2014/058059 in Deutschland wirksam eingeleitet wurde,

hilfsweise einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberau-
men.
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Die Anmelderin ist der Auffassung, dass es sich bei der patentamtlichen Mitteilung
vom 8. Juni 2016 ihrem Inhalt nach um einen beschwerdefähigen Beschluss han-
dele. Der Amtsbescheid sei sachlich unrichtig, weil nur Gebühren für zwanzig An-
sprüche zu entrichten seien. Der erste im Anspruchssatz mit der Ziffer 7 bezeich-
nete Textblock bestehe aus einem Versatzstück, welches bei der Abfassung des
Anspruchssatzes versehentlich vergessen worden sei und nicht als eigener An-
spruch interpretiert werden dürfe.

In einem Hinweis vom 14. Oktober 2016 auf die bisherige, gefestigte Senatsrecht-
sprechung hat der Senat der Anmelderin zu bedenken gegeben, dass die Be-
schwerde nach vorläufiger Auffassung unstatthaft sei, weil die formularmäßige
Mitteilung vom 8. Juni 2016 keinen mit einer Beschwerde anfechtbaren Beschluss
darstelle und weder eine Unterschrift, noch eine qualifizierte elektronische Signa-
tur des Entscheidungsträgers trage.

In ihrer Stellungnahme vom 14. November 2016 hat die Anmelderin dem wider-
sprochen und ausgeführt, die äußere Form einer Entscheidung, so auch das Feh-
len einer Unterschrift, sei für das Vorliegen eines Beschlusses ohne Belang.
Schließlich nehme das Schriftstück selbst für sich in Anspruch, ohne Unterschrift
gültig zu sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

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II.

Die Beschwerde gegen die Mitteilung der Prüfungsstelle 52.PCT des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 8. Juni 2016 ist nicht statthaft und daher unzulässig.
Es liegt kein mit der Beschwerde anfechtbarer Beschluss vor.

1. Gemäß § 73 Abs. 1 PatG findet die Beschwerde an das Patentgericht gegen
die Beschlüsse der Prüfungsstellen und Patentabteilungen des Patentamts statt.
Ob ein Beschluss im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, ist nicht nach der äußeren
Form oder Bezeichnung der Entscheidung zu beurteilen, sondern nach ihrem
materiellen Gehalt. Ein Beschluss im Sinne dieser Vorschrift ist danach eine Ent-
scheidung, durch die eine abschließende Regelung erfolgt, die die Rechte eines
Beteiligten berühren kann (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., § 73 Rn. 29 Buchst. i)). Al-
lerdings muss das betreffende Schreiben in formeller Hinsicht den in
§ 47 Abs. 1 PatG genannten Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Be-
schluss zumindest insoweit entsprechen, dass es den Entscheidungsträger erken-
nen lässt. Bei der Aktenführung in Papierform wird insoweit verlangt, dass das
betreffende Schriftstück die Unterschrift des Prüfers trägt, der die Entscheidung
getroffen hat, weil anderenfalls nicht auszuschließen ist, dass es sich lediglich um
einen unverbindlichen Entwurf oder um eine rein formularmäßige Mitteilung han-
delt (BPatG, Beschluss vom 27. Februar 2003 – 10 W (pat) 19/02, BPatGE 47, 10,
11 – Formularmäßige Mitteilung; Beschluss vom 14. August 2008 –
11 W (pat) 16/08, BlPMZ 2009, 130 - Unterschriftsmangel; Beschluss vom
10. August 2006 – 10 W (pat) 61/05, BlPMZ 2006, 415 – Paraphe). Ist – wie im
Streitfall – die Mitteilung im Rahmen der elektronischen Aktenführung elektronisch
erstellt worden, ist dementsprechend anstelle der eigenhändigen Unterschrift des
Entscheidungsträgers eine elektronische Signatur nach § 5 Abs. 3 EAPatV erfor-
derlich, damit einem Dokument die Qualität eines Beschlusses zuerkannt werden
kann (vgl. BPatGE 54, 89 = BlPMZ 2014, 140 = formularmäßige Mitteilung II;
BPatG, Beschluss vom 19. Februar 2016 – 7 W (pat) 36/15 –, veröffentlicht in ju-
ris).
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Im vorliegenden Fall erscheint bereits zweifelhaft, dass die Mitteilung des Patent-
amts vom 8. Juni 2016 ihrem materiellen Gehalt nach überhaupt den Charakter
einer Entscheidung in der Sache aufweist und den Anforderungen entspricht, die
für die Einordnung einer amtlichen Mitteilung als beschwerdefähigen Beschluss
gelten. Selbst wenn der Mitteilung des Patentamts vom 8. Juni 2016 in Abgren-
zung zu einer Mitteilung mit reiner Hinweisfunktion inhaltlich noch der Charakter
einer Entscheidung in der Sache zuzubilligen wäre, fehlt es ihr jedoch jedenfalls
an den grundlegenden formellen, an einen beschwerdefähigen Beschluss zu stel-
lenden Anforderungen, so dass sie keinen beschwerdefähigen Beschluss darstellt.
Die Mitteilung nennt lediglich den Namen einer Mitarbeiterin des Patentamts als
„Kontakt“ sowie die zuständige Organisationseinheit, ist aber nicht elektronisch
signiert und gibt nicht einmal den Namen eines Bearbeiters an, der für die Mittei-
lung verantwortlich zeichnen soll.

Somit ist kein mit der Beschwerde anfechtbarer Beschluss ergangen. Die Be-
schwerde ist daher als unzulässig zu verwerfen.

2. Weil die Beschwerde unzulässig ist, kann nicht geprüft werden, ob sie unter
Zugrundelegung des materiellen Begehrens der Anmelderin begründet wäre.

Wenn die Anmelderin an einer gerichtlichen Entscheidung über die Frage, in wel-
cher Höhe die nationale Gebühr gemäß Art. III § 4 Abs. 2 IntPatÜG zu bezahlen
ist, interessiert ist, wird sie zunächst das Patentamt zum Erlass eines beschwer-
defähigen Beschlusses veranlassen müssen.

3. Da die Beschwerde wegen fehlender Statthaftigkeit als unzulässig zu verwer-
fen war, konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 79 Abs. 2
Satz 2 PatG).

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III.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gege-
ben, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der
die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind,
oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-
reicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.


Rauch Püschel Schnurr

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