7 W (pat) 23/16  - 7. Senat (Jur.Beschw./Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




7 W (pat) 23/16
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(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache










betreffend die Patentanmeldung 11 2014 002 728.6
wegen Einleitung der nationalen Phase
hier: Übersetzungserfordernis

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bun-
despatentgerichts am 22. März 2017 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die
Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr
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beschlossen:

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.


G r ü n d e

I.

Die Anmelderin reichte am 5. Juni 2014 in englischer Verfahrenssprache unter In-
anspruchnahme der Priorität einer deutschen Voranmeldung vom 7. Juni 2013 die
internationale Anmeldung PCT/EP2014/061727 ein und gab dabei u. a. Deutsch-
land als Bestimmungsstaat an. Am 7. Dezember 2015 übersandte die Anmelderin
dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) Unterlagen für die Einleitung der
nationalen Phase der PCT-Anmeldung für die Erteilung eines vierzehn Ansprüche
umfassenden Patents mit der Bezeichnung „Dichtungssystem“ und entrichtete die
Gebühr für eine vierzehn Ansprüche umfassende Anmeldung. Dem Antrag auf
Einleitung der nationalen Phase waren u. a. vierzehn Seiten Beschreibung sowie
sechs Seiten Patentansprüche in deutscher Übersetzung und neun Seiten Zeich-
nungen beigefügt. Unter den Zeichnungen befand sich ein Blatt, das als „Figur 8“
bezeichnet war und eine mit den Spalten „compressed state“ und „non-compres-
sed state“ überschriebene Tabelle enthielt, die nicht in deutscher Übersetzung
vorgelegt wurde. Nach Übersendung der Empfangsbestätigung vom
11. Dezember 2015 reichte die Anmelderin am 16. und 18. Dezember 2015 beim
Patentamt eine solche Übersetzung nach und bezeichnete dies als Vorlage einer
berichtigten Übersetzung der Figur 8. Mit Schreiben vom 5. Januar 2016 teilte das
Patentamt der Anmelderin mit, dass die nationale Phase eingeleitet worden sei
und die nationale Anmeldung unter dem Aktenzeichen 11 2014 002 728.6 geführt
werde.

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In dem später mit der Beschwerde der Anmelderin angegriffenen Schreiben vom
21. April 2016 erläuterte das Patentamt der Anmelderin sodann, dass das Verfah-
ren vor dem Patentamt beendet sei. Die in Art. 11 Absatz 3 PCT vorgesehene
Wirkung ihrer internationalen Anmeldung sei in dem Bestimmungsstaat Deutsch-
land gemäß Art. 24 Absatz 1 Buchst. iii PCT / Art. 39 Absatz 2 PCT beendet, da
die Anmelderin nicht innerhalb der Frist von dreißig Monaten seit dem Anmelde-
/Prioritätsdatum, wie in Art. 22 Absatz 1 PCT / Art. 39 Absatz 1 PCT vorgeschrie-
ben, eine vollständige Übersetzung der Anmeldung eingereicht habe. Ferner wies
das Patentamt auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung hin. Dieser Bescheid
ist - wie die Mitteilung vom 5. Januar 2016 über die Einleitung der nationalen
Phase - mit der Angabe „Prüfungsstelle 12“ gezeichnet. Darunter ist das Dienst-
siegel angebracht, gefolgt von dem Hinweis: „Dieses Dokument wurde
elektronisch erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.“

Hiergegen hat die Anmelderin am 23. Mai 2016 bei gleichzeitiger Zahlung der Be-
schwerdegebühr Beschwerde eingelegt und sinngemäß beantragt,

den „Beschluss“ der Prüfungsstelle 12 des Deutschen Patent- und
Markenamts vom 21. April 2016 aufzuheben,

festzustellen, dass die nationale Phase der PCT-Patentanmeldung
PCT/EP2014/061727 in Deutschland wirksam eingeleitet wurde,

hilfsweise einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberau-
men.

Die Anmelderin ist der Auffassung, dass es sich bei der patentamtlichen Mitteilung
vom 21. April 2016 ihrem Inhalt nach um einen beschwerdefähigen Beschluss
handele, durch den eine abschließende Regelung getroffen worden sei. Der
Amtsbescheid sei sachlich unrichtig. Die vorgelegte Übersetzung reiche aus. Das
Verständnis der Erfindung werde durch die in Figur 8 verwendeten englischspra-
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chigen Begriffe nicht beeinträchtigt. An die Übersetzung einer fremdsprachigen
internationalen Anmeldung zur Einleitung der nationalen Phase seien keine ande-
ren Anforderungen zu stellen als an die Übersetzung einer fremdsprachigen deut-
schen Patentanmeldung.

In einem Hinweis vom 22. Februar 2017 auf die bisherige gefestigte Senatsrecht-
sprechung hat der Senat der Anmelderin zu bedenken gegeben, dass die Be-
schwerde nach vorläufiger Auffassung unstatthaft sei, weil die formularmäßige
Mitteilung vom 21. April 2016 keinen mit einer Beschwerde anfechtbaren Be-
schluss darstelle und weder eine Unterschrift, noch eine qualifizierte elektronische
Signatur des Entscheidungsträgers trage.

In ihrer Stellungnahme vom 8. März 2017 hat die Anmelderin ergänzend ausge-
führt, der in der Mitteilung vom 21. April 2016 enthaltene Hinweis auf die Beendi-
gung des Verfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt weise auf den
Charakter einer abschließenden Regelung hin.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.


II.

Die Beschwerde gegen die Mitteilung der Prüfungsstelle 12 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 21. April 2016 ist nicht statthaft und daher unzulässig.
Es liegt kein mit der Beschwerde anfechtbarer Beschluss vor.

1. Gemäß § 73 Abs. 1 PatG findet die Beschwerde an das Patentgericht gegen
die Beschlüsse der Prüfungsstellen und Patentabteilungen des Patentamts statt.
Ob ein Beschluss im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, ist nicht nach der äußeren
Form oder Bezeichnung der Entscheidung zu beurteilen, sondern nach ihrem
materiellen Gehalt. Ein Beschluss im Sinne dieser Vorschrift ist danach eine Ent-
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scheidung, durch die eine abschließende Regelung erfolgt, die die Rechte eines
Beteiligten berühren kann (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., § 73 Rn. 29 Buchst. i)). Al-
lerdings muss das betreffende Schreiben in formeller Hinsicht den in
§ 47 Abs. 1 PatG genannten Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Be-
schluss zumindest insoweit entsprechen, dass es den Entscheidungsträger erken-
nen lässt. Bei der Aktenführung in Papierform wird insoweit verlangt, dass das be-
treffende Schriftstück die Unterschrift des Prüfers trägt, der die Entscheidung ge-
troffen hat, weil anderenfalls nicht auszuschließen ist, dass es sich lediglich um
einen unverbindlichen Entwurf oder um eine rein formularmäßige Mitteilung han-
delt (BPatG, Beschluss vom 27. Februar 2003 – 10 W (pat) 19/02, BPatGE 47, 10,
11 – Formularmäßige Mitteilung; Beschluss vom 14. August 2008 –
11 W (pat) 16/08, BlPMZ 2009, 130 – Unterschriftsmangel; Beschluss vom
10. August 2006 – 10 W (pat) 61/05, BlPMZ 2006, 415 – Paraphe). Ist – wie im
Streitfall – die Mitteilung im Rahmen der elektronischen Aktenführung elektronisch
erstellt worden, ist dementsprechend anstelle der eigenhändigen Unterschrift des
Entscheidungsträgers eine elektronische Signatur nach § 5 Abs. 3 EAPatV erfor-
derlich, damit einem Dokument die Qualität eines Beschlusses zuerkannt werden
kann (vgl. BPatGE 54, 89 = BlPMZ 2014, 140 – Formularmäßige Mitteilung II;
BPatG, Beschluss vom 19. Februar 2016 – 7 W (pat) 36/15 und BPatG, Beschluss
vom 6. Februar 2017 – 7 W (pat) 27/16 –, jeweils veröffentlicht in juris).

Im vorliegenden Fall erscheint bereits zweifelhaft, ob die Mitteilung des Patent-
amts vom 21. April 2016 ihrem materiellen Gehalt nach überhaupt den Charakter
einer Entscheidung in der Sache aufweist und den Anforderungen entspricht, die
für die Einordnung einer amtlichen Mitteilung als beschwerdefähigen Beschluss
gelten. Selbst wenn der Mitteilung des Patentamts vom 21. April 2016 in Abgren-
zung zu einer Mitteilung mit reiner Hinweisfunktion inhaltlich noch der Charakter
einer Entscheidung in der Sache zuzubilligen wäre, fehlt es ihr jedoch jedenfalls
an den grundlegenden formellen, an einen beschwerdefähigen Beschluss zu stel-
lenden Anforderungen, so dass sie keinen beschwerdefähigen Beschluss darstellt.
Die Mitteilung nennt lediglich den Namen einer Mitarbeiterin des Patentamts als
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„Kontakt“ sowie die zuständige Organisationseinheit, ist aber nicht elektronisch
signiert und gibt nicht einmal den Namen eines Bearbeiters an, der für die Mittei-
lung verantwortlich zeichnen soll.

Somit ist kein mit der Beschwerde anfechtbarer Beschluss ergangen. Die Be-
schwerde ist daher als unzulässig zu verwerfen.

2. Weil die Beschwerde unzulässig ist, kann nicht geprüft werden, ob sie unter
Zugrundelegung des materiellen Begehrens der Anmelderin begründet wäre.

Wenn die Anmelderin an einer gerichtlichen Entscheidung über die Frage, ob vor-
liegend die nationale Phase wirksam eingeleitet worden ist, interessiert ist, wird sie
zunächst das Patentamt zum Erlass eines beschwerdefähigen Beschlusses ver-
anlassen müssen.

3. Da die Beschwerde wegen fehlender Statthaftigkeit als unzulässig zu verwer-
fen war, konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 79 Abs. 2
Satz 2 PatG).


III.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur
gegeben, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
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3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der
die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind,
oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach
Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a,
76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.


Rauch Püschel Dr. Schnurr

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