7 W (pat) 16/16  - 7. Senat (Jur.Beschw./Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 154
05.11

BUNDESPATENTGERICHT



7 W (pat) 16/16
_______________
(Aktenzeichen)



An Verkündungs Statt
zugestellt am
4. Mai 2017




B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache








betreffend die Patentanmeldung 10 2011 017 465.6
wegen Wiedereinsetzung

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des
Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom
24. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel
und die Richterin Dr. Schnurr

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beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.


G r ü n d e

I.

Am 18. April 2011 reichte die Anmelderin beim Deutschen Patent- und Markenamt
eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Dübel bez. Befestigungsmaterial zur
Herstellung von Befestigungen in einem Bohrloch“ ein.

Bezüglich der 4. Jahresgebühr (70,- €) wurde in der Gebührenakte des Patent-
amts unter dem Erfassungsdatum 14. Juli 2014 zunächst die Zahlung verbucht,
aber unter dem Erfassungsdatum 22. Juli 2014 eine Rücklastschrift. Am
31. Oktober 2014 machten die Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin ge-
genüber dem Patentamt Angaben zum Verwendungszweck eines erteilten SEPA-
Basislastschriftmandats über einen Betrag von 10.010,- €. Damit sollten gemäß
beigefügter Einzahlungsliste Gebühren in einer Reihe von Verfahren bezahlt wer-
den, darunter die 4. Jahresgebühr für die vorliegende Patentanmeldung mit Ver-
spätungszuschlag. In einem an die Verfahrensbevollmächtigten der Anmelderin
gerichteten Schreiben vom 19. November 2014 teilte das Patentamt (Zahlungs-
verkehr Jena) mit, dass u. a. für die genannte Einzahlungsliste wegen Rücklast-
schrift keine Abbuchung der verfügten Gebührenzahlung habe erfolgen können.
Als Tag des Zahlungseingangs der 4. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag -
entrichtet mittels Überweisung - wurde vom Patentamt schließlich der
19. November 2014 vermerkt, wobei das Patentamt allerdings kurze Zeit später
wieder die Rückzahlung anordnete.

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Am 26. März 2015 stellte die Anmelderin einen Antrag auf Wiedereinsetzung für
die vorliegende, auf der Einzahlungsliste vom 31. Oktober 2014 aufgeführte
Schutzrechtsanmeldung. Zur Begründung wird ausgeführt, ihre Verfahrensbevoll-
mächtigten hätten die Einzahlungsliste zusammen mit den Angaben zum Verwen-
dungszweck des SEPA-Basislastschriftmandats am 31. Oktober 2014 beim Pa-
tentamt eingereicht. Am 26. Januar 2015 sei in der Kanzlei der Verfahrensbevoll-
mächtigten zu der Leitakte 50 2004 008 735 - diese Leitakte ist Gegenstand des
Beschwerdeverfahrens 7 W (pat) 18/16 - eine Mitteilung des Patentamts vom
21. Januar 2015 eingegangen, wonach die Gebührenzahlung in dieser Leitakte
verspätet sei. Daraufhin sei umgehend eine Überprüfung sämtlicher Einzahlungs-
listen und Mandate der letzten Jahre eingeleitet worden. Diese Überprüfung habe
sich als schwierig erwiesen, weil die in der Kanzlei vorliegenden Unterlagen lü-
ckenhaft und teilweise nicht auffindbar gewesen seien. Ein Teil der Unterlagen
habe sich bei einem der Anwälte in dessen Heimbüro befunden. Auch seien
Nachfragen bei Banken erforderlich gewesen, um den Sachverhalt aufzuklären.

Nach dem Ergebnis der Überprüfung sei der Betrag des Mandats vom
31. Oktober 2014 zwar am 15. November 2014 von einem Konto der Kanzlei bei
der D… abgebucht, jedoch am selben Tag offensichtlich wegen unzu-
reichender Deckung zurückgebucht worden. Dies sei unverständlich und nicht zu
erwarten gewesen, weil mit dieser Bank aus Sicherheitsgründen eine Vereinba-
rung bestanden habe, dass bei einer fehlenden Kontodeckung eine telefonische
Mitteilung an die Kanzlei erfolgen solle, damit durch Überweisung von anderen
Konten ein Ausgleich erfolgen könne.

Das Verfahren der telefonischen Verständigung durch die Banken sei vor langen
Jahren vereinbart worden, weil die Kanzlei auf Wunsch von Mandanten Konten
sowohl bei der D… als auch bei der H… und der P…
unterhalte. Zahlungseingänge und Abbuchungen auf Grund von Einzugser-
mächtigungen könnten zu nicht vorhersehbaren Zeiten erfolgen, so dass der Fall
eintreten könne, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Konto keine ausrei-
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chende Deckung aufweise und deshalb durch eine sofortige Überweisung von ei-
nem der anderen Konten aufgefüllt werden müsse. Die Banken hätten sich immer
an die Vereinbarung gehalten. In den Kanzleiunterlagen sei nur ein Hinweis auf-
gefunden worden, in dem auf Grund der Abwesenheit eines Sachbearbeiters der
D… im Jahr 2007 ein Problem aufgetreten sei. In dem als Beleg für
diesen Vorfall vorgelegten Schreiben der D… vom 10. Oktober 2007
(Anlage 4 zum Wiedereinsetzungsantrag) erklärte der Sachbearbeiter u. a.: „Auf-
grund meiner Abwesenheit in dem fraglichen Zeitraum wurden die Lastschriften
der Bundeskasse nicht rechtzeitig disponiert und letztendlich maschinell zurück-
gegeben. Sofort bei Kenntnisnahme wurden die Lastschriften nachüberwiesen.“

Ob und an wen im vorliegenden Fall eine eventuelle Benachrichtigung erfolgt sei,
habe trotz mehrerer Anfragen an die Bank nicht endgültig festgestellt werden kön-
nen. Es sei aber nicht auszuschließen, dass die Kanzleimitarbeiterin Frau
F… eine entsprechende telefonische Mitteilung der Bank erhalten habe. Die
D…, mit der die Kanzlei seit sehr langer Zeit in Geschäftsbeziehung
stehe, habe immer in zuverlässiger Weise telefonisch auf die Gefahr der Rück-
gabe einer Lastschrift hingewiesen. Jedenfalls habe Frau F… am
19. November 2014, als der Kontoauszug mit der Rückbuchung eingegangen sei,
unmittelbar einen Betrag in Höhe von 6.500,- € von dem Konto der Kanzlei bei der
H… auf das Konto bei der D… umgebucht, um dort für
ausreichende Deckung zu sorgen. Der Betrag in Höhe von 10.010,- € sei darauf-
hin ebenfalls am 19. November 2014 als Eilüberweisung erneut auf das DPMA-
Konto bei der Bundeskasse überwiesen worden. Frau F… habe die Angele-
genheit dann aus unerklärlichen Gründen als erledigt angesehen, obwohl sie
mehrfach auf die kritischen Fristen bei dem Einzugsverfahren hingewiesen worden
sei.

Frau F… sei in der Kanzlei seit 1981 weitgehend, und seit dem Tod eines
der Anwälte am 1. Juni 2014 ausschließlich für die Buchhaltung sowie seit dem
Jahr 1998 auch für die Überwachung und Einzahlung von Jahresgebühren für
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Schutzrechte im In- und Ausland verantwortlich. Dementsprechend habe sie Voll-
machten für alle Bankkonten der Kanzlei. Sie sei für diese Aufgaben durch ihre
Ausbildung als Diplom-Übersetzerin prädestiniert. Auch sei sie eingehend in der
Kanzlei ausgebildet worden und habe zunehmend weitere Tätigkeitsbereiche in
der Kanzlei übernommen. Ein denkbarer Grund dafür, dass Frau F… die
Rückgabe des Mandats entgangen sei, und dass sie keine rechtzeitigen Schritte
zur Korrektur eingeleitet habe, bestehe möglicherweise in der relativ späten Abbu-
chung des Gebührenbetrages am 17. November 2014 von einem Konto bei der
D…, das an diesem Tag auf Grund einer höheren Abbuchung von ei-
nem anderen Amt keine ausreichende Deckung aufgewiesen habe. Ein weiterer
denkbarer Grund bestehe in den Nachwirkungen von Belastungen durch die
Krankheit ihrer Mutter und deren Tod am 8. Juli 2014. Das Versäumnis beruhe
demnach auf dem kurzfristigen Zusammentreffen mehrerer Umstände in einem
Jahr, nämlich dem Tod eines langjährigen Anwaltspartners und der durch Erkran-
kung und Tod ihrer Mutter hervorgerufenen Überbelastung von Frau F….

Inzwischen sei ein Teil der Tätigkeiten von Frau F… auf weitere Mitarbeiter
übertragen und eine strikte Überprüfung der ordnungsgemäßen Zahlung von Ge-
bühren durch zumindest zwei Mitarbeiter und einen Partner eingeführt worden.
Weiterhin sei ein vollständig getrenntes Konto, das ausschließlich zur Zahlung von
Amtsgebühren des Patentamts diene, eingeführt worden.

Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags legte die Anmelderin eine eidesstattliche
Versicherung von Frau F… vom 25. März 2015 vor. Darin gibt diese u. a.
an, nach Einsicht in die Kontoauszüge müsse sie davon ausgehen, dass sie am
17. November 2014 von der Bank telefonisch über die drohende Lastschrift-Rück-
gabe informiert worden sei, jedoch nicht in geeigneter Weise, d. h. durch Aus-
gleich des Fehlbetrags von einem der anderen Konten, reagiert habe, so dass es
zur Rückbuchung gekommen sei. Sie habe dann am 18. November 2014 eine Eil-
überweisung von der H… veranlasst, um eine ausreichende De-
ckung bei der D… zu erreichen. Der Betrag sei jedoch erst am
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19. November 2014 auf dem Konto der D… gutgeschrieben worden.
Die Bank habe daraufhin am gleichen Tag die Überweisung des Betrages von
10.010,- € an die Bundeskasse in Weiden vorgenommen.

In einem Zwischenbescheid des Patentamts vom 8. September 2015 wurde die
Verwerfung des Wiedereinsetzungsantrags als unzulässig in Aussicht gestellt, weil
er nicht innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt wor-
den sei. Die Anmelderin habe durch zwei Ereignisse positive Kenntnis von der
Versäumung der Zahlungsfrist erhalten, zum einen durch den Eingang des Konto-
auszugs und die von Frau F… umgehend vorgenommene Umbuchung ei-
nes Betrags von 6.500,- €, zum anderen durch die Mitteilung des Patentamts vom
19. November 2014. Gehe man von einem Zugang dieser Mitteilung spätestens
am 24. November 2014 aus, sei die Zweimonatsfrist spätestens am
26. Januar 2015 abgelaufen (da der 24. Januar 2015 ein Samstag war). Der am
26. März 2015 gestellte Antrag sei somit verspätet und daher unzulässig.

Darüber hinaus sei er auch unbegründet, weil nicht ausreichend dargelegt worden
sei, inwieweit und in welcher Weise Frau F… im Einzelnen überprüft worden
sei und welche Maßnahmen in der Kanzlei getroffen seien, um derartige Fehler
grundsätzlich zu vermeiden (z. B. das Führen eines Fristenbuches). Es fehlten
auch Angaben, in welcher Weise die Entlastung von Frau F… erfolgt sei
und inwieweit die Mitarbeiter dazu eingearbeitet worden seien. Bei den vorgetra-
genen Gründen zu den Vereinbarungen bezüglich Kontodeckung und Benachrich-
tigungen durch die Bank handele es sich um amtsbekannte Tatsachen, die in ei-
ner Reihe von Wiedereinsetzungsanträgen im April und Mai 2014 ebenfalls als
Begründung angeführt und nicht ausreichend belegt worden seien. Es sei festzu-
stellen, dass es offenbar in der Kanzlei weiterhin zu Organisationsmängeln
komme bzw. dass die bekannten Mängel nicht ausreichend abgestellt worden
seien. Es fehle auch an einer ausreichenden Dokumentation, inwieweit und an
wen die Benachrichtigung der Bank erfolgt sei. Im Übrigen sei bei Zahlungen, die
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wie im vorliegenden Fall bei Fristende vorgenommen würden, eine besondere
Sorgfalt anzuwenden.

Hierauf ging keine Stellungnahme der Anmelderin ein. Durch Beschluss der Prü-
fungsstelle für Klasse F16B des Deutschen Patent- und Markenamts vom
17. Dezember 2015 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
gegen die Versäumung der Frist zur Zahlung der 4. Jahresgebühr als unzulässig
verworfen. Zur Begründung verweist der Beschluss auf den Zwischenbescheid
vom 8. September 2015.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie
beantragt,

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Prü-
fungsstelle für Klasse F16B - vom 17. Dezember 2015 aufzuheben
und ihr Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der
4. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag zu gewähren.

Zur Begründung wird ausgeführt, das Schreiben des Zahlungsverkehrs vom
19. November 2014 habe in der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten nicht
aufgefunden werden können. Im Jahr 2014 habe es immer wieder Probleme mit
der Postzustellung gegeben. Frau F… habe die von ihr vorgenommene Eil-
überweisung vom 18. November 2014 auf Grund einer Mitteilung der D…
- und nicht des Patentamts - veranlasst. Erst durch die (am 26. Januar 2015
in der Kanzlei eingegangene) Mitteilung des Patentamts vom 21. Januar 2015 in
der Leitakte 50 2004 008 735 sei man in der Kanzlei auf Fehler hinsichtlich der
Abwicklung der Einzahlungsliste vom 31. Oktober 2014 aufmerksam geworden.
Der Wiedereinsetzungsantrag vom 26. März 2015 sei daher fristgemäß und zuläs-
sig.

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Zum Ausschluss eines Verschuldens an der Versäumung der Jahresgebührenfrist
wird - in Ergänzung zum Vortrag im Wiedereinsetzungsantrag - geltend gemacht,
dass die Tätigkeit von Frau F… regelmäßig von den Anwälten der Kanzlei
überwacht worden sei, ohne dass Fehler festgestellt worden seien. Das sowohl in
schriftlicher als auch in elektronischer Form geführte Fristenbuch werde regelmä-
ßig überprüft, insbesondere in Bezug auf den korrekten und vollständigen Vermerk
von Fristen, die sich aus dem Posteingang ergäben. Die in dem Zwischenbe-
scheid des Patentamts gerügten Organisationsmängel seien auf Grund der regel-
mäßigen Überprüfung von Frau F… nicht gegeben bzw. nicht zu erwarten
gewesen, und die Organisation sei ab dem Jahr 2015 so umgestellt worden, dass
selbst bei Eintreten eines Zusammentreffens nicht zu erwartender Umstände
keine Fehler mehr auftreten könnten.

In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Anmelderin seine Argumente
wiederholt und vertieft. Das Vorhandensein von Konten bei drei verschiedenen
Banken, zu denen er SEPA-Basislastschriftmandate für patentamtliche Gebühren
erteilt habe, habe normalerweise keine Schwierigkeiten bereitet. Die Geldabflüsse
seien zwar nicht immer vorhersehbar gewesen; so sei es vorliegend zur Unterde-
ckung des betreffenden Kontos und damit zur Rücklastschrift gekommen, weil
zufällig gleichzeitig das Finanzamt eine Forderung eingezogen habe. Jedoch sei in
der Kanzlei täglich online nach dem Kontostand geschaut worden. Wenn die Un-
terdeckung eines der Konten gedroht habe, habe die Möglichkeit bestanden, bis
spätestens 13 Uhr am Geldautomaten eine Sofortüberweisung an das betreffende
Konto zu veranlassen, die noch am selben Tag die nötige Deckung hergestellt
habe. Die mit dieser Überwachungsaufgabe beauftragte Kanzleimitarbeiterin Frau
F… sei entsprechend belehrt worden, und ihr sei auch völlig klar gewesen,
dass es nicht zur Rücklastschrift kommen dürfe. Jetzt bestehe in der Kanzlei aber
die Anweisung, dass zeitkritische Gebühren immer nur auf dem Weg einer Direkt-
überweisung zu begleichen seien. Die früheren Wiedereinsetzungsfälle, die das
Patentamt in seinem Zwischenbescheid erwähnt habe, beträfen den verstorbenen
Anwaltspartner Dr. K….
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II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Das Patentamt hat zu Recht
dem Wiedereinsetzungsantrag nicht entsprochen.

1. Die Anmelderin hat die Frist zur Zahlung der 4. Jahresgebühr mit Zuschlag
versäumt. Die 4. Jahresgebühr war - ausgehend vom Anmeldetag 18. April 2011 -
am 30. April 2014 fällig und konnte in Höhe von 70,- € (Gebührenverzeichnis zum
PatKostG Nr. 312 040) bis zum 30. Juni 2014 bzw. mit einem Verspätungszu-
schlag in Höhe von 50,- € (GebVerz Nr. 312 042) bis zum 31. Oktober 2014 be-
zahlt werden (§ 17 PatG i. V. m. § 3 Abs. 2, § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 PatKostG).

Eine fristgerechte Zahlung ist nicht erfolgt. Zwar hat die Anmelderin am
31. Oktober 2014 - und damit an sich noch rechtzeitig - beim Patentamt auf
Grundlage eines bereits erteilten SEPA-Basislastschriftmandats die Angaben zum
Verwendungszweck des Mandats eingereicht und hierbei im Rahmen einer Ein-
zahlungsliste die korrekte Gebührenangabe genannt. Doch gemäß § 1 Abs. 2
Nr. 2 PatKostG i. V. m. § 2 Nr. 4 PatKostZV hätte dies nur dann einen wirksamen
Zahlungstag begründet, wenn die Einziehung zugunsten der zuständigen Bundes-
kasse für das Patentamt erfolgt wäre (vgl. Schulte/Schell, PatG, 9. Aufl., Pat-
KostZV § 2 Rn. 28). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, nachdem die zu-
nächst erfolgte Einziehung des Gebührenbetrages zugunsten der Bundeskasse
durch die Rücklastschrift von Mitte November 2014 wieder rückgängig gemacht
worden ist. Die Gebühr ist erst im Wege einer Überweisung am
19. November 2014 (§ 2 Nr. 2 PatKostZV) und somit verspätet gezahlt worden.
Dass die Gebühr vom Patentamt gleich wieder zurückgezahlt worden ist, ändert
im Übrigen nichts daran, dass sie jedenfalls am 19. November 2014 wirksam ent-
richtet war (vgl. zur fälschlichen Erstattung von Gebühren Schulte/Schell, a. a. O.,
PatKostG § 1 Rn. 23).

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Da die 4. Jahresgebühr nicht rechtzeitig entrichtet worden ist, gilt die Patentan-
meldung gemäß § 58 Abs. 3 PatG seit dem 1. November 2014 als zurückgenom-
men.

2. Der wegen Eintritts der Rücknahmefiktion und damit eines Rechtsnachteils
i. S. v. § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung ist zwar
statthaft, aber nicht zulässig, weil die zweimonatige, mit Wegfall des Hindernisses
zu laufen beginnende Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG nicht eingehalten
ist.

Der Wegfall des Hindernisses tritt ein, sobald das Ereignis seine hindernde Wir-
kung auf den Säumigen oder dessen Vertreter verliert, also wenn Säumiger oder
Vertreter bei der Anwendung der ihm zuzumutenden Sorgfalt nicht mehr gehindert
ist, die versäumte Handlung vorzunehmen oder wenn das Fortbestehen des Hin-
dernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann. Das ist dann der
Fall, sobald die Partei oder ihr Vertreter bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt
die Versäumung hätten erkennen können (vgl. Schulte/Schell, a. a. O., § 123
Rn. 25). Grundsätzlich steht hierbei die Kenntnis des Vertreters der Kenntnis der
Partei gleich (vgl. Schulte/Schell, a. a. O, § 123 Rn. 28).

Positive Kenntnis von der Fristversäumung haben die Verfahrensbevollmächtigten
der Anmelderin zwar erst durch den Zugang der patentamtlichen Mitteilung vom
21. Januar 2015 zur Leitakte 50 2004 008 735.3 am 26. Januar 2015 erhalten,
wobei hiervon ausgehend die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags am
26. März 2015 noch rechtzeitig erfolgt wäre. Auf das Schreiben des Patentamts
vom 19. November 2014, mit dem die Rücklastschrift bezüglich der Einzahlungs-
liste vom 31. Oktober 2014 mitgeteilt worden ist, kann dagegen nicht abgestellt
werden, denn der Empfang des Schreibens wird von den Vertretern nicht bestätigt
und Zustellnachweise sind nicht vorhanden.

Allerdings ist hier anzunehmen, dass die Verfahrensbevollmächtigten der Anmel-
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derin die Säumnis bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt schon früher hätten er-
kennen können. Auf die Kenntnis von Frau F… als Hilfsperson, die aufgrund
des Kontoauszugs der D… am 18. oder 19. November 2014 (oder
noch früher aufgrund telefonischer Mitteilung der Bank am 17. November 2014)
von der Rücklastschrift wusste, kommt es zwar nicht an (vgl. Schulte/Schell,
a. a. O, § 123 Rn. 28). Doch kann weder dem Wiedereinsetzungsantrag noch der
eidesstattlichen Versicherung entnommen werden, dass für Frau F… eine
Anweisung bestanden hatte, die Anwälte über die Rücklastschrift zu informieren.
In einer Anwaltskanzlei muss aber durch geeignete organisatorische Maßnahmen
sichergestellt werden, dass ein so außergewöhnlicher und bedeutsamer Vorgang
wie die Rückbuchung eines Gebührenbetrages, der zum Verlust des betroffenen
Schutzrechts führen kann, unmittelbar dem Anwalt zur Kenntnis gebracht wird
(vgl. z. B. die Senatsbeschlüsse vom 21. Januar 2016, 7 W (pat) 90/14 unter II.4,
juris Tz. 25, und vom 25. April 2016, 7 W (pat) 5/15, juris Tz. 49). Aufgrund dieses
Organisationsmangels ist als Wegfall des Hindernisses bereits der Zeitpunkt an-
zunehmen, in dem Mitte November 2014 die D… die Kanzlei mittels
der Kontoauszüge über die Rücklastschrift informiert hat.

Soweit im Beschwerdeverfahren vorgetragen worden ist, dass die Prüfung der
Kenntnisse und Fähigkeiten von Frau F… auch die Notwendigkeit der Un-
terrichtung eines der Anwälte über auftretende Probleme eingeschlossen habe,
rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zum einen handelt es sich insoweit um
neuen Sachvortrag, der außerhalb der Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG
gemacht worden und deshalb grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist. Zum an-
deren ergibt sich aus einer solchen Anweisung nicht hinreichend deutlich, unter
welchen Voraussetzungen eine Unterrichtung des Anwalts zwingend erforderlich
ist (vgl. BGH GRUR 2014, 102, Tz. 16 - Bergbaumaschine - bezüglich einer An-
weisung, alle erkennbaren Probleme und Fragen mit dem verantwortlichen Anwalt
zu klären). Der mit der Gebührenzahlung betrauten Mitarbeiterin war damit die
Möglichkeit eröffnet, auch im Falle einer Rücklastschrift die Angelegenheit ohne
Rücksprache mit dem Anwalt zu erledigen, wenn sie der Auffassung war, dass
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eine anderweitige Zahlung das Problem lösen könnte. Dies ist angesichts der weit-
reichenden Folgen, die eine Rücklastschrift für den Bestand des Schutzrechts mit
sich bringt, nicht ausreichend.

Die zweimonatige Antragsfrist hat deshalb bereits Mitte Januar 2015 geendet mit
der Folge, dass der am 26. März 2015 gestellte Wiedereinsetzungsantrag ver-
spätet war.

3. Im Übrigen ist der Antrag auf Wiedereinsetzung aber auch in der Sache
nicht begründet. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG darf Wiedereinsetzung nur ge-
währt werden, wenn der Säumige die Frist ohne Verschulden versäumt hat. Der
Vortrag der Anmelderin ist jedoch nicht geeignet, ein ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO
zurechenbares Verschulden ihrer anwaltlichen Vertreter an der Versäumung der
Frist auszuschließen.

Vorliegend ist die fristgerechte Zahlung der Jahresgebühr mittels SEPA-Lastschrift
unstreitig deshalb fehlgeschlagen, weil auf Grund einer unzureichenden Deckung
des bezogenen Kontos eine Rücklastschrift stattgefunden hat. Dies fällt grund-
sätzlich in den Verantwortungsbereich des Zahlungsschuldners und ist von die-
sem zu vertreten (vgl. z. B. die Senatsbeschlüsse vom 21. Januar 2016,
7 W (pat) 90/14 unter II.4, juris Tz. 24, und vom 25. April 2016, 7 W (pat) 5/15, ju-
ris Tz. 28). Die vorliegende, in der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten ge-
schilderte Vorgehensweise im Zusammenhang mit Lastschriften rechtfertigt keine
abweichende Beurteilung.

Das in der Kanzlei im Zusammenhang mit Gebührenzahlungen damals praktizierte
Verfahren war vielmehr mit einem hohen Risiko behaftet und stellte daher einen
gravierenden Organisationsmangel dar. Dies betrifft zunächst die in dem Wieder-
einsetzungsantrag geschilderte Vorgehensweise der telefonischen Verständigung.
Ein Anwalt, der zur Zahlung einer Patentgebühr beim Patentamt eine SEPA-Last-
schrift einreicht, muss dafür Sorge tragen, dass das bezogene Konto ausreichend
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gedeckt ist bzw. dass ein ausreichender Rahmen für die Überziehung des Kontos
zur Verfügung steht. Er darf sich keineswegs darauf verlassen, im Fall einer dro-
henden Unterdeckung von einem Bankmitarbeiter einen Hinweis zu erhalten, da-
mit dann seitens der Kanzlei für den erforderlichen Kontostand gesorgt werden
kann. Dass dieser Hinweis nicht immer mit ausreichender Zuverlässigkeit erfolgt,
wird aus dem vorgelegten Schreiben eines Mitarbeiters der D… (An-
lage 4 zum Wiedereinsetzungsantrag) deutlich. Auch im vorliegenden Fall steht
aufgrund der Angaben im Wiedereinsetzungsantrag bzw. in der eidesstattlichen
Versicherung von Frau F… nicht fest, dass tatsächlich eine rechtzeitige te-
lefonische Mitteilung erfolgt ist. Hinzu kommt, dass sich die mit den verschiedenen
Bankangestellten getroffenen Vereinbarungen offenbar auf die Meldung einer dro-
henden Lastschrift-Rückgabe beschränkten. Sie waren nicht darauf angelegt, die
Lastschrift-Rückgabe dadurch zu verhindern, dass das jeweilige Konto erst zu ei-
nem Zeitpunkt belastet wurde, in dem eine ausreichende Deckung vorhanden war.

Soweit darüber hinaus in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist,
dass in der Kanzlei die Anweisung bestanden habe, täglich online die Konten am
Vormittag zu kontrollieren und bei Erkennen einer Überbuchung bzw. Unterde-
ckung am Geldautomaten eine Sofortüberweisung auf das betreffende Konto zu
veranlassen, handelt es sich um neuen Sachvortrag, der außerhalb der Antrags-
frist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG gemacht worden und deshalb grundsätzlich
nicht zu berücksichtigen ist.

Doch auch unter Einbeziehung dieser Angaben stellt sich die geschilderte Verfah-
rensweise als risikobehaftet dar. Dies zeigt sich bereits darin, dass sie bei frühe-
ren Gelegenheiten Rücklastschriften nicht verhindern konnte. Dabei ist nicht nur
an die vom Patentamt genannten früheren Wiedereinsetzungsfälle zu denken,
sondern auch an die im vorliegenden Fall bereits im Juli 2014 erfolgte Rücklast-
schrift. Auf Grund dieser Vorfälle hätte es die anwaltliche Sorgfaltspflicht geboten,
die Zahlung der Patentgebühren neu und zuverlässig zu organisieren. Damit bleibt
es auch unter Berücksichtigung dieses neuen Vortrags dabei, dass den Verfah-
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rensbevollmächtigten der Anmelderin im Zusammenhang mit der Abwicklung der
Gebührenzahlung ein Sorgfaltsverstoß zur Last fällt.

Somit hätte der Antrag auf Wiedereinsetzung selbst bei unterstellter Zulässigkeit
keinen Erfolg haben können.

III.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gege-
ben, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

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Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-
reicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.


Rauch Püschel Dr. Schnurr

Pr


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