7 W (pat) 11/17  - 7. Senat (Jur.Beschw./Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 152
08.05

BUNDESPATENTGERICHT




7 W (pat) 11/17
_______________________
(Aktenzeichen)



B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache






betreffend die Patentanmeldung …
(Anmeldegebühr/Wiedereinsetzung/Verfahrenskostenhilfe für das
Beschwerdeverfahren)

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bun-
despatentgerichts am 26. Juli 2017 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die
Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr

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beschlossen:

1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts - Prüfungsstelle 1.44 - vom
23. Mai 2017 aufgehoben.

2. Dem Anmelder wird für das Beschwerdeverfahren
Verfahrenskostenhilfe bewilligt.


G r ü n d e

I.

Der Anmelder reichte am 10. August 2012 beim Deutschen Patent- und Marken-
amt eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung „I…-

“ ein, die das Aktenzei-
chen … erhalten hat. Mit am selben Tag eingegangenem Schrei-
ben stellte er Antrag auf Verfahrenskostenhilfe, und zwar, wie er in seinem
Schreiben vom 25. September 2012 angegeben hat, „für alle bis zur Patentertei-
lung fälligen Gebühren bzw. für Anmelde-, Prüfungs- und Jahresgebühren“. Zum
Verfahrenskostenhilfeantrag teilte das Patentamt dem Anmelder mit Bescheid vom
9. April 2013 mit, dass es an der für einen Verfahrenskostenhilfeantrag erforderli-
chen, hinreichenden Erfolgsaussicht der Patentanmeldung fehle.

Das daraufhin vom Anmelder gestellte Ablehnungsgesuch gegen den zuständigen
patentamtlichen Prüfer wies das Patentamt durch Beschluss vom
26. November 2014 zurück. Hiergegen legte der Anmelder Beschwerde ein. In
dem Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht, Aktz. 7 W (pat) 2/15,
wurde durch Senatsbeschluss vom 23. Februar 2016 zunächst der Antrag auf
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Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren mangels hinreichender Er-
folgsaussichten der Beschwerde zurückgewiesen; die Voraussetzungen für eine
erfolgreiche Prüferablehnung seien nicht gegeben. Nachdem in der Folgezeit kein
Zahlungseingang zu verzeichnen war, stellte sodann der Rechtspfleger des Bun-
despatentgerichts durch Beschluss vom 23. Juni 2016 fest, dass die Beschwerde
gegen den Beschluss des Patentamts vom 26. November 2014 als nicht erhoben
gilt. Die gegen den Rechtspflegerbeschluss gerichtete Erinnerung des Anmelders
wurde durch Senatsbeschluss vom 26. Juli 2016 zurückgewiesen, zugleich ein
gegen die Richter des Senats gerichtetes Ablehnungsgesuch als unzulässig ver-
worfen. Der beim Bundesgerichtshof mit Schreiben vom 31. August 2016 gestellte
Antrag des Anmelders auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Durchfüh-
rung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens wurde durch Beschluss des BGH vom
27. September 2016, Aktz. X ZB 16/16, abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechts-
verfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Das Patentgericht habe
die Erinnerung gegen den Beschluss des Rechtspflegers vom 23. Juni 2016 zu
Recht und mit zutreffender Begründung zurückgewiesen.

Das Patentamt teilte dem Anmelder mit Bescheid vom 11. Februar 2017 mit, dass
die Anmeldegebühr nicht innerhalb von drei Monaten nach dem Eingangstag der
Anmeldung gezahlt worden sei und die Patentanmeldung deshalb als zurückge-
nommen gelte (§ 6 Abs. 2 PatKostG), und wies auf die Möglichkeit der Wiederein-
setzung hin.

Der Anmelder hat mit Schreiben vom 1. März 2017 „Beschwerde“ erhoben und
gefordert, die Patentanmeldung wiedereinzusetzen sowie die Vertretung an Pa-
tentanwalt Dr. M… zu übergeben.

Das Patentamt hat mit Zwischenbescheid vom 20. März 2017 darauf hingewiesen,
dass der Antrag des Anmelders vom 1. März 2017 auf Wiedereinsetzung voraus-
sichtlich zurückgewiesen werde. Zur Begründung wird ausgeführt, am
10. August 2012 habe der Anmelder Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gestellt. Mit
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Beschluss des BGH vom 27. September 2016 sei der Antrag des Anmelders auf
Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abgelehnt worden. Mit Rechtskraft des
BGH-Beschlusses am 31. Oktober 2016 gelte die Fristhemmung für die Zahlung
der fällig gewordenen Gebühren als aufgehoben. Neben der Anmeldegebühr in
Höhe von 120 Euro seien zwischenzeitlich auch die Gebühren für das 3. – 5. Jahr
in Höhe von 200 Euro fällig geworden. Die Gebühren seien vom Anmelder nicht
gezahlt worden. Die Patentanmeldung gelte daher wegen Nichtzahlung der An-
meldegebühr mit Wirkung vom 1. Februar 2017 als zurückgenommen.

Der Wiedereinsetzungsantrag in die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr vom
1. März 2017 sei zwar zulässig, aber unbegründet, da keine Gründe vorgetragen
worden seien, weshalb die Anmeldegebühr nicht fristgerecht gezahlt worden sei.
Der gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung gestellte Antrag auf Verfah-
renskostenhilfe sei rechtsmissbräuchlich und daher unzulässig, da der BGH be-
reits den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe vom 10. August 2012 mit Beschluss
vom 27. September 2016 rechtskräftig abgelehnt und sich die Entscheidungs-
grundlage für die Gewährung der Verfahrenskostenhilfe nicht geändert habe.

Der Anmelder hat hierauf mit Schreiben vom 22. März 2017 u. a. erwidert, dass
sein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe nicht rechtsmissbräuchlich sei, da es in dem
Verfahren beim BGH um die Ablehnung des Prüfers wegen Befangenheit gegan-
gen sei. Was die Nichtzahlung der Gebühren anbetreffe, so habe er mit dem An-
trag auf Verfahrenskostenhilfe den entsprechenden Nachweis geschickt, dass
seine wirtschaftliche Situation schwierig sei. Ansonsten würde er die Gebühren
selbst bezahlen.

Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle 1.44 - hat durch Beschluss
vom 23. Mai 2017 den Antrag des Anmelders auf Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand gegen die Versäumung der Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr vom
1. März 2017 zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, die Anmeldege-
bühr sowie die 3. – 5. Jahresgebühr seien am 29. Oktober 2016 fällig gewesen
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und hätten bis 30. Januar 2017 gezahlt werden können. Der Antrag auf Wieder-
einsetzung vom 1. März 2017 sei zwar fristgerecht eingereicht worden (ausgehend
davon, dass das Hindernis mit Erhalt der patentamtlichen Mitteilung vom
11. Februar 2017 weggefallen sei), die Gebühren seien aber als nachzuholende
Handlung nicht innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses, also
bis spätestens 28. April 2017 gezahlt worden. Der Ansicht des Anmelders, dass
die erneute Antragstellung auf Verfahrenskostenhilfe nicht rechtsmissbräuchlich
sei, stehe der mit Zustellung am 29. September 2016 wirksam gewordene Be-
schluss des BGH entgegen, mit dem der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe abge-
lehnt worden sei, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aus-
sicht auf Erfolg biete.

Hiergegen richtet sich die mit Schreiben vom 27. Mai 2017 eingelegte Beschwerde
des Anmelders, mit dem er zugleich Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für das Be-
schwerdeverfahren gestellt hat. Er trägt u. a. vor, er habe Anträge auf Verfahrens-
kostenhilfe gestellt, man könne daher die Zahlung irgendwelcher Gebühren weder
fordern noch erwarten.


II.

Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg, denn das Patentamt ist zu Unrecht von
einer Versäumung der Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr und dem Eintritt der
Rücknahmefiktion nach § 6 Abs. 2 PatKostG ausgegangen. Die Patentanmeldung
ist vielmehr noch anhängig und das Erteilungsverfahren fortzusetzen, insbeson-
dere hat das Patentamt den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe vom
10. August 2012 noch durch Beschluss zu bescheiden.

1. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen
zulässig. Die Beschwerdegebühr ist nicht gezahlt, aber durch den rechtzeitig in-
nerhalb der Beschwerdefrist gestellten Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für das
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Beschwerdeverfahren ist die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr gehemmt,
weshalb auch gegen die Wirksamkeit der Beschwerdeeinlegung keine Bedenken
bestehen.

2. Die Beschwerde ist zudem begründet. Einer Entscheidung über den
Wiedereinsetzungsantrag des Anmelders vom 1. März 2017 wegen Versäumung
der Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr bedarf es nicht; der Wiedereinsetzungs-
antrag ist vielmehr gegenstandslos, weil der Anmelder die Frist bislang nicht ver-
säumt hat. Der insoweit ergangene patentamtliche Beschluss ist daher aufzuhe-
ben.

Die Anmeldegebühr ist mit Einreichung der Patentanmeldung am 10. August 2012
fällig geworden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 PatKostG). Die ab diesem Zeitpunkt laufende
Dreimonatsfrist des § 6 Abs. 1 Satz 2 PatKostG ist jedoch durch den gleichzeitig,
d. h. ebenfalls am 10. August 2012, gestellten Antrag auf Verfahrenskostenhilfe
gehemmt worden, § 134 PatG. Diese Fristhemmung hält bis zum jetzigen Zeit-
punkt unverändert an, denn das Patentamt hat bislang keine Entscheidung über
den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe vom 10. August 2012 für das Erteilungsver-
fahren getroffen; es ist lediglich ein - ablehnender - Zwischenbescheid vom
9. April 2013 ergangen. Gegenstand des bisherigen Beschwerdeverfahrens am
Bundespatentgericht - 7 W (pat) 2/15 - ist allein die vom Anmelder beantragte
Prüferablehnung gewesen.

Entgegen der Auffassung des Patentamts hat auch der Bundesgerichtshof nicht
über diesen Verfahrenskostenhilfeantrag vom 10. August 2012 entschieden.
Durch seinen Beschluss vom 27. September 2016, X ZB 16/16, hat der BGH viel-
mehr einen anderen Verfahrenskostenhilfeantrag abschlägig beschieden, nämlich
den, der vom Anmelder mit Schreiben vom 31. August 2016 beim BGH für das
Rechtsbeschwerdeverfahren gestellt wurde, um gegen den Senatsbeschluss vom
26. Juli 2016 in dem Beschwerdeverfahren 7 W (pat) 2/15 vorzugehen. Die im Be-
schluss des BGH enthaltene Begründung, wonach die beabsichtigte Rechtsverfol-
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gung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete, hat sich somit allein auf den
Gegenstand des angegriffenen Senatsbeschlusses vom 26. Juli 2016,
7 W (pat) 2/15 bezogen, durch den nach Auffassung des BGH die Erinnerung ge-
gen den Rechtspflegerbeschluss vom 23. Juni 2016 zu Recht und mit zutreffender
Begründung zurückgewiesen worden sei. Ein Ausspruch darüber, ob hinreichende
Aussichten auf die Erteilung des Patents in der vorliegenden Patentanmeldung
bestehen, ist hiermit nicht verbunden.

3. Dem Anmelder wird für sein hier - mit hinreichender Aussicht auf Erfolg -
betriebenes Beschwerdeverfahren antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
(§§ 129, 130 Abs. 1 Satz 1 PatG i. V. m. § 114 ZPO). Persönliche und wirtschaftli-
che Verhältnisse, die eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe rechtfertigen,
sind beim Anmelder ebenfalls gegeben. Aufgrund der zu dem Rechtsbeschwerde-
verfahren X ZB 16/16 (Beiheft) im September 2016 eingereichten Nachweise ist
ohne weiteres von der Bedürftigkeit des Anmelders auszugehen, was sich seither
nicht geändert hat, wie den Ausführungen des Anmelders im Beschwerdeschrift-
satz zu entnehmen ist.


III.
Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur
gegeben, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
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4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder
stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach
Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a,
76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.


Rauch Püschel Dr. Schnurr

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