7 Ni 9/16  - 7. Senat (Jur.Beschw./Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 253
08.05

BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES

7 Ni 9/16
(Aktenzeichen)

URTEIL


Verkündet am
16. November 2017







In der Patentnichtigkeitssache



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betreffend das deutsche Patent 10 2012 015 395

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des
Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom
16. November 2017 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel
und die Richter Dipl.-Ing. Hildebrandt, Dipl.-Ing. Küest und Dipl.-Ing. Univ. Richter

für Recht erkannt:


I. Das deutsche Patent 10 2012 015 395 wird für nichtig erklärt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung von
120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig
vollstreckbar.

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Tatbestand

Die Klage richtet sich gegen das deutsche Patent 10 2012 015 395 (Streitpatent),
das auf eine Anmeldung vom 3. August 2012 zurückgeht und mit „Kameraarm für
eine Spiegelersatzsystem-Kamera eines Kraftfahrzeugs“ bezeichnet ist. Das Pa-
tent umfasst in der erteilten Fassung 17 Ansprüche, die alle mit der vorliegenden
Klage angegriffen werden. Die Ansprüche 2 bis 17 sind auf Anspruch 1 unmittel-
bar bzw. mittelbar rückbezogen.

Patentanspruch 1 hat in seiner erteilten Fassung folgenden Wortlaut:

1. Kameraarm (10) für eine Spiegelersatzsystem-Kamera eines
Kraftfahrzeugs (100), mit einem ersten Gehäuseelement (12)
und einem zweiten Gehäuseelement (14),
wobei das erste Gehäuseelement (12) eine Bildaufnahme-
einheit (18) der Spiegelersatzsystem-Kamera aufnimmt und
das zweite Gehäuseelement (14) angepasst ist, lagefest mit
der Karosserie des Kraftfahrzeugs (100) verbunden zu wer-
den,
wobei das erste Gehäuseelement (12) bezüglich des zweiten
Gehäuseelements (14) in einer festen, nicht abgeklappten
Betriebsposition feststellbar ist und
zwischen dem ersten Gehäuseelement (12) und dem zwei-
ten Gehäuseelement (14) ein Schwenkmechanismus (16)
vorgesehen ist, so dass das erste Gehäuseelement (12) re-
lativ zum zweiten Gehäuseelement (14) um eine Schwenk-
achse (A) schwenkbar und beim Einwirken einer größeren
Kraft als der normalerweise im Betrieb auftretenden Kraft
weg- oder einklappbar ist.

Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 17 wird auf die Streitpatentschrift
DE 10 2012 015 395 B3 Bezug genommen.
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Die Klägerinnen machen die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit
und der unzulässigen Erweiterung geltend (§ 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1
und 4 PatG).

Als unzulässig erweitert sehen die Klägerinnen den erteilten Anspruch 1. Der ur-
sprünglich eingereichte Anspruch 1 habe wie folgt gelautet (vgl. die Anmeldungs-
unterlagen gemäß Anlage NK2; als amtliche Druckschrift wurde die Anmeldung
nicht veröffentlicht):

1. Kameraarm (10) für eine Spiegelersatzsystem-Kamera eines
Kraftfahrzeugs (100), mit einem ersten Gehäuseelement (12)
und einem zweiten Gehäuseelement (14), wobei das erste
Gehäuseelement (12) eine Bildaufnahmeeinheit (18) der
Spiegelersatzsystem-Kamera aufnimmt und das zweite Ge-
häuseelement (14) angepasst ist, lagefest mit der Karosserie
des Kraftfahrzeugs (100) verbunden zu werden, und wobei
zwischen dem ersten Gehäuseelement (12) und dem zweiten
Gehäuseelement (14) ein Schwenkmechanismus (16) vorge-
sehen ist, so dass das erste Gehäuseelement (12) relativ zum
zweiten Gehäuseelement (14) um eine Schwenkachse (A)
schwenkbar ist.

Aus dieser Anspruchsfassung gehe - im Unterschied zum erteilten Anspruch 1 -
nicht hervor, dass das erste Gehäuseelement (12) bezüglich des zweiten Gehäu-
seelements (14) in einer festen, nicht abgeklappten Betriebsposition feststellbar,
und dass das erste Gehäuseelement (12) beim Einwirken einer größeren Kraft als
der normalerweise im Betrieb auftretenden Kraft weg- oder einklappbar ist. Für
diese Merkmale gebe es in den gesamten Anmeldungsunterlagen keine wortwört-
liche Grundlage, auch nicht - wie von der Beklagten im Erteilungsverfahren vorge-
bracht - auf Seite 4 der Anmeldung (entsprechend Absatz 17 der Streitpatent-
schrift). Dort werde der Begriff „nicht abgeklappte Betriebsposition“ lediglich im
Kontext einer spezifischen Ausführung verwendet, bei welcher ein Federmecha-
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nismus das erste Gehäuseelement relativ zum zweiten Gehäuseelement vorbe-
laste. Es gebe hingegen keine Grundlage für eine Verallgemeinerung des Merk-
mals hin zu einer Ausführung, welche keinen Federmechanismus verwende. Von
„einer größeren Kraft als der normalerweise im Betrieb auftretenden Kraft“ sei nur
im Zusammenhang mit einem Schwenkmechanismus unter Verwendung eines
Reibungslagers oder eines Rastlagers die Rede (NK2, Seite 3, letzter Absatz,
bzw. Seite 4, erster und zweiter Absatz, entsprechend Streitpatentschrift Ab-
sätze 15, 16). Die Lehre des erteilten Anspruchs 1 erstrecke sich jedoch auch auf
Schwenkeinrichtungen, welche keine solchen Lager, sondern z. B. ausschließlich
einen Elektromotor verwendeten.

Den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit stützen die Klägerinnen auf
folgende Publikationen:

NK3 Gebrauchsmusterschrift DE 20 2004 014 778 U1
NK4 Offenlegungsschrift US 2011/0267466 A1
NK5 Offenlegungsschrift US 2003/0103142 A1
NK6 Patentschrift US 8,066,415 B2
NK8 Regelung Nr. 46 der Wirtschaftskommission der Vereinten
Nationen für Europa (UN/ECE) - Einheitliche Bedingungen für
die Genehmigung von Einrichtungen für indirekte Sicht und
von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Anbringung solcher Ein-
richtungen, Stand 10. 7. 2010
NK9 Offenlegungsschrift DE 35 44 836 A1
NK10 Offenlegungsschrift DE 10 2004 034 477 A1
NK11 Auszug aus dem Kraftfahrtechnischen Taschenbuch von
Bosch, 22. Aufl., 1995
NK12 Auszug aus Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Nutzfahr-
zeuge)

Der Gegenstand des Anspruchs1 sei nicht neu gegenüber NK3, NK4, NK5 und
NK6. Auch die Unteransprüche enthielten nichts Patentfähiges.
- 6 -
Die Klägerinnen beantragen,

das deutsche Patent 10 2012 015 395 in vollem Umfang für nichtig
zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage in vollem Umfang abzuweisen,
hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen die Pa-
tentansprüche in der Fassung der mit Anlagen KBS1 bis KBS8
zum Schriftsatz vom 14. August 2017 eingereichten, in der Rei-
henfolge ihrer Nummerierung gestellten Hilfsanträge I bis VIII
richtet.

In den Fassungen der Hilfsanträge lautet Patentanspruch 1 wie folgt (Änderungen
jeweils durch Streichung bzw. Unterstreichung kenntlich gemacht):

Hilfsantrag I Die erteilte Fassung des Anspruchs soll wie folgt geändert wer-
den:

1. Kameraarm (10) für eine Spiegelersatzsystem-Kamera eines
Kraftfahrzeugs Nutzfahrzeugs (100), mit einem ersten Gehäu-
seelement (12) und einem zweiten Gehäuseelement (14),
wobei das erste Gehäuseelement (12) eine Bildaufnahmeein-
heit (18) der Spiegelersatzsystem-Kamera aufnimmt und das
zweite Gehäuseelement 14) angepasst ist, lagefest mit der
Karosserie des Kraftfahrzeugs Nutzfahrzeugs (100) verbun-
den zu werden,
wobei das erste Gehäuseelement (12) bezüglich des zweiten
Gehäuseelements (14) in einer festen, nicht abgeklappten
Betriebsposition feststellbar ist und
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zwischen dem ersten Gehäuseelement (12) und dem zweiten
Gehäuseelement (14) ein Schwenkmechanismus (16) vorge-
sehen ist, so dass das erste Gehäuseelement (12) relativ zum
zweiten Gehäuseelement (14) um eine Schwenkachse (A)
schwenkbar und beim Einwirken einer größeren Kraft als der
normalerweise im Betrieb auftretenden Kraft weg- oder ein-
klappbar ist, und
wobei die Kamera (10) weiter eine Versorgungseinheit (19) für
die Bildaufnahmeeinrichtung (18) enthält und die Versor-
gungseinheit (19) im ersten Gehäuseelement (12) oder im
zweiten Gehäuseelement (14) angeordnet ist.

Hilfsantrag II Die erteilte Fassung des Anspruchs soll wie folgt geändert wer-
den:

1. Kameraarm (10) für eine Spiegelersatzsystem-Kamera eines
Kraftfahrzeugs Nutzfahrzeugs (100) zum Aufnehmen einer
Bildaufnahmeeinheit (18) der Spiegelersatzsystem-Kamera,
die einen Bereich erfasst, der einem Sichtfeld eines Haupt-
spiegels und einem Sichtfeld eines Weitwinkelspiegels ent-
spricht, mit einem ersten Gehäuseelement (12) und einem
zweiten Gehäuseelement (14),
wobei das erste Gehäuseelement (12) eine die Bildaufnahme-
einheit (18) der Spiegelersatzsystem-Kamera aufnimmt und
das zweite Gehäuseelement (14) angepasst ist, derart lage-
fest mit der Karosserie des Kraftfahrzeugs Nutzfahr-
zeugs (100) verbunden zu werden, dass der Kameraarm (10)
oberhalb der Augpunkte eines Fahrers des Nutzfahr-
zeugs (100) angebracht ist und die Bildaufnahmeeinheit (18)
Sicht auf den Bereich hat, der einem Sichtfeld eines Haupt-
spiegels und einem Sichtfeld eines Weitwinkelspiegels ent-
spricht,
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wobei das erste Gehäuseelement (12) bezüglich des zweiten Gehäu-
seelements (14) in einer festen, nicht abgeklappten Betriebsposition
feststellbar ist und
zwischen dem ersten Gehäuseelement (12) und dem zweiten Gehäu-
seelement (14) ein Schwenkmechanismus (16) vorgesehen ist, so
dass das erste Gehäuseelement (12) relativ zum zweiten Gehäuse-
element (14) um eine Schwenkachse (A) schwenkbar und beim Ein-
wirken einer größeren Kraft als der normalerweise im Betrieb auftre-
tenden Kraft weg- oder einklappbar ist.

Hilfsantrag III Die gemäß den Hilfsanträgen I und II vorgesehenen Merkmale sol-
len miteinander kombiniert werden.

Hilfsantrag IV Die erteilte Fassung des Anspruchs soll wie folgt geändert wer-
den:

1. Kameraarm (10) für eine Spiegelersatzsystem-Kamera eines
Kraftfahrzeugs Nutzfahrzeugs (100) zum Aufnehmen einer
Bildaufnahmeeinheit (18) der Spiegelersatzsystem-Kamera,
die einen Bereich erfasst, der einem Sichtfeld eines Haupt-
spiegels und einem Sichtfeld eines Weitwinkelspiegels ent-
spricht, mit einem ersten Gehäuseelement (12) und einem
zweiten Gehäuseelement (14),
wobei das erste Gehäuseelement (12) eine die Bildaufnahme-
einheit (18) der Spiegelersatzsystem-Kamera aufnimmt und
das zweite Gehäuseelement (14) angepasst ist, derart lage-
fest mit der Karosserie des Kraftfahrzeugs Nutzfahr-
zeugs (100) verbunden zu werden ist, dass der Kamera-
arm (10) oberhalb der Augpunkte eines Fahrers des Nutzfahr-
zeugs (100) angebracht ist und die Bildaufnahmeeinheit (18)
Sicht auf den Bereich hat, der einem Sichtfeld eines Haupt-
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spiegels und einem Sichtfeld eines Weitwinkelspiegels ent-
spricht,
wobei das erste Gehäuseelement (12) bezüglich des zweiten
Gehäuseelements(14) in einer festen, nicht abgeklappten Be-
triebsposition feststellbar ist und
zwischen dem ersten Gehäuseelement (12) und dem zweiten
Gehäuseelement (14) ein Schwenkmechanismus (16) vorge-
sehen ist, so dass das erste Gehäuseelement (12) relativ zum
zweiten Gehäuseelement (14) um eine Schwenkachse (A)
schwenkbar und beim Einwirken einer größeren Kraft als der
normalerweise im Betrieb auftretenden Kraft weg- oder ein-
klappbar ist.

Hilfsantrag V Die gemäß den Hilfsanträgen I und IV vorgesehenen Merkmale
sollen miteinander kombiniert werden.

Hilfsantrag VI Der gemäß Hilfsantrag IV vorgesehene Anspruchstext soll im letz-
ten Absatz wie folgt ergänzt werden:

…..zwischen dem ersten Gehäuseelement (12) und dem
zweiten Gehäuseelement (14) ein Schwenkmechanismus (16)
vorgesehen ist, so dass das erste Gehäuseelement (12) rela-
tiv zum zweiten Gehäuseelement (14) um eine im Wesentli-
chen vertikale Schwenkachse (A) schwenkbar und beim Ein-
wirken einer größeren Kraft als der normalerweise im Betrieb
auftretenden Kraft weg- oder einklappbar ist.

Hilfsantrag VII Der gemäß Hilfsantrag VI vorgesehene Anspruchstext soll die ge-
mäß Hilfsantrag V vorgesehene Anfügung ebenso erhalten.

Hilfsantrag VIII Der gemäß Hilfsantrag VII vorgesehene Anspruchstext soll im
dritten Absatz wie folgt ergänzt werden:
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…..,
wobei das erste Gehäuseelement (12) bezüglich des zweiten
Gehäuseelements (14) in einer einzigen festen, nicht abge-
klappten Betriebsposition feststellbar ist und …

Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass die mit den Hilfsanträgen verteidigten
Fassungen des Anspruchs 1 unzulässig, zumindest nicht patentfähig seien.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen und hält das Streit-
patent in der erteilten Fassung, zumindest in den mit Hilfsanträgen verteidigten
Fassungen, für patentfähig.

Der Senat hat den Parteien mit Schreiben vom 31. Mai 2017 einen frühen gericht-
lichen Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG zukommen lassen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf deren Schriftsätze und
auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und auch in der Sache begründet. Zwar liegt der geltend
gemachte Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung (§ 22 Abs. 1 i. V. m.
§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) nicht vor. Jedoch hält das Streitpatent weder in seiner er-
teilten Fassung noch in den Fassungen der von der Beklagten vorgelegten Hilfs-
anträge den auf mangelnde Patentfähigkeit gestützten Angriffen (§ 22 Abs. 1
i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) stand.

I.

1. Der erfindungsgemäße Kameraarm für eine Spiegelersatzsystem-Kamera
eines Kraftfahrzeugs ist nach seiner Beschreibung in der Streitpatentschrift (dort
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Absatz [0001]) insbesondere zur Verwendung an Nutzfahrzeugen gedacht. Bei
Kraftfahrzeugen seien abhängig von dem Fahrzeugtyp - wie z. B. Krafträdern,
Kraftfahrzeugen zur Personen- oder zur Güterbeförderung - sogenannte Sichtfel-
der gesetzlich vorgegeben. Diese müssten durch eine Einrichtung für indirekte
Sicht abgebildet werden und durch den auf einem Fahrersitz sitzenden Fahrer je-
derzeit über diese Einrichtung einsehbar sein. Gewöhnlicher Weise würden die
Einrichtungen für indirekte Sicht durch Spiegel gebildet (Beschreibung Ab-
satz [0002]).

In letzter Zeit würden solche Einrichtungen für indirekte Sicht zunehmend durch
Kameras bzw. Bildaufnahmeeinheiten ersetzt und/oder ergänzt. Diese seien derart
ausgebildet, dass eine außen am Fahrzeug angebrachte Kamera ein Bild von der
Umgebung des Fahrzeugs aufnehme und dass das Bild, ggf. nach seiner Bear-
beitung, auf einer im Innenraum des Fahrzeugs angebrachten Anzeigeeinrichtung
für den Fahrer einsehbar dargestellt werde (Beschreibung Absatz [0003]).

Derzeit seien solche Kameras bzw. Bildaufnahmeeinheiten fest oder lösbar meist
unmittelbar an der Fahrzeugkarosserie montiert, d. h. sie stünden nicht oder kaum
von der Fahrzeugkarosserie vor. Ohne die Verwendung von Bildaufnahmeeinhei-
ten mit verhältnismäßig starkem Weitwinkel sei es in diesem Fall kaum möglich,
mit ähnlichen Blickwinkeln, die der Fahrer beim Blick in einen herkömmlichen
Seitenspiegel habe, seitliche Sichtbereiche neben dem Fahrzeug zu erfassen. Ge-
rade im Bereich von Nutzfahrzeugen sei es jedoch wünschenswert, auf der Fah-
rer- und der Beifahrerseite jeweils einen ebenen und horizontalen Teil der Fahr-
bahn von bestimmter Breite einsehbar zu machen, der sich ab einer festgelegten
Entfernung hinter den Augenpunkten des Fahrzeugführers bis zum Horizont er-
strecke. Die Breite dieses Streifens entspreche bei der Verwendung von her-
kömmlichen Spiegeln in einer festgelegten Entfernung hinter den Augenpunkten
des Fahrzeugführers dem Sichtfeld eines Weitwinkelspiegels, in kürzerer Entfer-
nung hinter den Augenpunkten des Fahrzeugführers dem Sichtfeld eines Haupt-
spiegels, dessen vorgegebene einsehbare Breite, d. h. Erstreckung in Fahrzeug-
querrichtung, geringer als die des Weitwinkelspiegels sei. Es sei schwierig, solche
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Sichtbereiche mit unmittelbar am Fahrzeug angebrachten Kamerasystemen abzu-
bilden (Beschreibung Absatz [0004]).

Darüber hinaus sei bei Nutzfahrzeugen der Ersatz von herkömmlichen Spiegeln
durch Kamerasysteme zwar strömungstechnisch günstig, und es wirke sich vor-
teilhaft auf den Kraftstoffverbrauch aus, dass die Umströmung des Fahrzeugs
nicht durch ab- oder vorstehende Spiegel negativ beeinflusst werde. Allerdings
würden in letzter Zeit Spiegel auch gezielt geformt, um bestimmte, für den Kraft-
stoffverbrauch günstige Strömungsverhältnisse auszulösen. Bei einer unmittelbar
an der Fahrzeugkarosserie angebrachten Spiegelersatzsystem-Kamera falle diese
Möglichkeit jedoch weg (Beschreibung Absatz [0005]).

Würden für ein Kamera-Monitor-System eines Fahrzeugs, das die Kamera und
insbesondere deren Bildaufnahmeeinheit aufnehme, zum Erreichen von optimaler
Sicht und Ausrichtung der Kamera abstehende Halterungen vorgesehen, so sei es
ggf. wünschenswert, diese an einem vom Fahrer nicht oder nur schlecht einsehba-
ren Ort am Fahrzeug anzubringen. Dies bedeute, dass die Halterung der Bildauf-
nahmeeinheit ggf. bei bestimmten Fahrmanövern für den Fahrer nicht sichtbar sei
und somit - insbesondere dann, wenn der Befestigungsort der Kamera vom Fahr-
zeug weit herausrage und somit nicht mit den üblichen Umrissen des Fahrzeugs
deckungsgleich sei - die Gefahr der Kollision mit der Umgebung oder anderen
Verkehrsteilnehmern bestehe (Beschreibung Absatz [0006]).

Die Beschreibungseinleitung befasst sich nachfolgend mit verschiedenen Druck-
schriften aus dem Stand der Technik und nennt es als Aufgabe der vorliegenden
Erfindung, eine Halterung für eine Spiegelersatzsystem-Kamera eines Kraftfahr-
zeugs bereitzustellen, die nicht nur eine optimale Sicht der Kamera für das jeweils
geforderte oder gewünschte Sichtfeld ermögliche, sondern auch gegenüber Kolli-
sionen geschützt sei (Beschreibung Absatz [0010]).

- 13 -
2. Diese Aufgabe soll erfindungsgemäß durch ein Erzeugnis mit den Merkma-
len gemäß Patentanspruch 1 gelöst werden. Diese Merkmale können (entspre-
chend einem Vorschlag der Klägerinnen, Anlage NK7) wie folgt gegliedert werden:

1.1 Kameraarm (10) für eine Spiegelersatzsystem-Kamera eines
Kraftfahrzeugs (100),
1.2 mit einem ersten Gehäuseelement (12) und einem zweiten Gehäuse-
element (14), wobei
1.2.1 das erste Gehäuseelement (12) eine Bildaufnahmeeinheit (18)
der Spiegelersatzsystem-Kamera aufnimmt und
1.2.2 das zweite Gehäuseelement (14) angepasst ist, lagefest mit
der Karosserie des Kraftfahrzeugs (100) verbunden zu wer-
den, wobei
1.3 das erste Gehäuseelement (12) bezüglich des zweiten Gehäuseele-
ments (14) in einer festen, nicht abgeklappten Betriebsposition fest-
stellbar ist und
1.4 zwischen dem ersten Gehäuseelement (12) und dem zweiten
Gehäuseelement (14) ein Schwenkmechanismus (16) vorgesehen
ist,
1.4.1 so dass das erste Gehäuseelement (12) relativ zum zweiten
Gehäuseelement (14) um eine Schwenkachse (A) schwenkbar
und
1.4.2 beim Einwirken einer größeren Kraft als der normalerweise im
Betrieb auftretenden Kraft weg- oder einklappbar ist.

3. Zuständiger Durchschnittsfachmann, auf dessen Wissen und Können es
insbesondere für die Auslegung der Merkmale des Streitpatents und für die Inter-
pretation des Standes der Technik ankommt, ist im vorliegenden Fall ein Ingenieur
des Maschinenbaus mit Spezialkenntnissen in der mechatronischen Systement-
wicklung und mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung, Konstruktion
und Fertigung von Kameraarmen. Dieser Fachmann kennt auch konstruktive Ein-
zelheiten der durch Kameras zu ersetzenden Fahrzeugspiegel, für die teilweise
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dieselben Anforderungen gelten wie für Kameraarme (etwa im Hinblick auf die je-
weiligen Rastwinkel). Die fachliche Nähe der Konstruktion von KFZ-Spiegeln und
Kameraarmen kommt auch in den insoweit gültigen „Einheitlichen Bedingungen
für die Genehmigung von Einrichtungen für indirekte Sicht und von Kraftfahrzeu-
gen hinsichtlich der Anbringung solcher Einrichtungen“ zum Ausdruck (vgl. die als
Anlage NK8 vorgelegte Regelung Nr. 46 der Wirtschaftskommission der Vereinten
Nationen für Europa (UN/ECE).

4. Dieser Fachmann legt den Merkmalen des erteilten Anspruchs 1 folgendes
Verständnis zu Grunde:

a) Unter einem Kameraarm i. S. d. Merkmals 1.1 versteht das Streitpatent ein
Bauteil, das vom Fahrzeug deutlich bzw. weit abragt, zumeist in seitlicher Rich-
tung des Fahrzeugs (Streitpatentschrift Absatz [0012]). Der beanspruchte Kame-
raarm ist „für eine Spiegelersatzsystem-Kamera eines Kraftfahrzeugs“ bestimmt.
Aus dieser Formulierung folgt, dass die Spiegelersatzsystem-Kamera selbst kein
gegenständlicher Teil des Anspruchsgegenstandes ist. Vielmehr kommt es nur da-
rauf an, dass der Kameraarm eine derartige Spiegelersatzsystem-Kamera auf-
nehmen kann, wobei es nicht ausgeschlossen ist, dass sich der Kameraarm zu-
sätzlich oder alternativ auch zur Aufnahme anderer Arten von Kameras bzw.
gänzlich anderer Elemente (z. B. von Displays oder Spiegeln) eignet.

b) Gemäß Merkmal 1.2 besteht der Kameraarm aus zwei Gehäuseelementen,
wobei das erste Gehäuseelement gemäß Merkmal 1.2.1 „eine Bildaufnahmeein-
heit der Spiegelersatzsystem-Kamera aufnimmt“, d. h. die Bildaufnahmeeinheit
muss - anders als die in Merkmal 1.1. erwähnte Kamera - gegenständlich vorhan-
den sein.

c) Merkmal 1.2.2 bringt zum Ausdruck, dass der Kameraarm dazu vorgesehen
ist, über sein (zu diesem Zweck entsprechend angepasstes) zweites Gehäuse-
element mit der Fahrzeugkarosserie lagefest verbunden zu werden, wobei die Ka-
rosserie selbst wiederum nicht zum Anspruchsgegenstand gehört. Somit bleibt
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auch offen, ob der Kameraarm nach seiner Ausgestaltung nur an einer bestimm-
ten Stelle der Karosserie angebracht werden kann, an mehreren oder sogar an
beliebigen Stellen. So kann der Kameraarm etwa zur Verbindung mit einer Stelle
der Karosserie vorgesehen sein, an der üblicherweise auch ein Rück- oder Sei-
tenspiegel angebracht wird. Da der Fahrer die Kamera - im Unterschied zu einem
Spiegel - während der Fahrt nicht im Blick haben muss, kommen aber ebenso an-
dere Befestigungspositionen in Betracht.

d) Was das räumliche Verhältnis der beiden Gehäuseelemente zueinander an-
belangt, so legt Merkmal 1.3 fest, dass das erste Gehäuseelement bezüglich des
zweiten (gemäß Merkmal 1.2.2 seinerseits lagefest mit der Fahrzeugkarosserie
verbundenen) Gehäuseelements in einer festen, nicht abgeklappten Betriebsposi-
tion feststellbar ist. Wie diese Betriebsposition zustande kommt, bleibt hierbei völ-
lig offen. Insbesondere brauchen die sie herbeiführenden Mittel nicht zwingend mit
dem in Merkmal 1.4 genannten Schwenkmechanismus in Zusammenhang stehen
(wie dies etwa bei den - auf der Verwendung von Schwenkmechanismen mit ei-
nem Friktions- oder Rastlager bzw. mit einem Federmechanismus beruhenden -
Ausführungsbeispielen gemäß den Absätzen [0015] bis [0017] der Streitpatent-
schrift, entsprechend den Unteransprüchen 2 bis 4, der Fall ist).

e) Nach Merkmal 1.4 ist zwischen den beiden Gehäuseelementen ein
Schwenkmechanismus vorgesehen, der zum einen ein Verschwenken des ersten
gegenüber dem zweiten Gehäuseelement um eine Schwenkachse ermöglicht
(Merkmal 1.4.1) und zum anderen dafür sorgt, dass das erste gegenüber dem
zweiten Gehäuseelement beim Einwirken einer größeren als der normalerweise im
Betrieb auftretenden Kraft weg- oder einklappen kann (Merkmal 1.4.2). Während
der Begriff des Verschwenkens lediglich impliziert, dass das eine Gehäuseelement
gegenüber dem anderen um eine Achse im allgemeinen Sinne beweglich ist, be-
zieht sich die Weg- oder Einklappbarkeit auf die Stellung des ersten Gehäuseele-
ments gegenüber dem zweiten Gehäuseelement, und damit auch - weil letzteres
im eingebauten Zustand fest mit dem Fahrzeug verbunden ist - gegenüber der Ka-
rosserie. Das erste Gehäuseelement wird eingeklappt, wenn es sich mittels des
- 16 -
Schwenkmechanismus der Fahrzeugkontur annähert, so dass die Auskragweite
des Kameraarms insgesamt reduziert wird. Beim Wegklappen geschieht das Um-
gekehrte, d. h. das erste Gehäuseelement entfernt sich von der Fahrzeugkontur
und der Kameraarm kragt weiter aus.

Die Schwenk- bzw. Abklappfunktion kann der Streitpatentschrift zufolge im Übri-
gen mit beliebigen Mitteln bewerkstelligt werden, z. B. mit Hilfe eines Federme-
chanismus (Absatz [0017]), eines motorisch steuerbaren Schwenkmechanismus
(Absatz [0018]), eines elektrisch angesteuerten oder eines automatisch auf einen
Kollisionssensor reagierenden Abklappantriebs (Absatz [0019]).

II.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in seiner erteilten Fas-
sung geht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung nicht hinaus, weshalb
keine unzulässige Erweiterung vorliegt.

Zwar sind die Merkmale 1.3 und 1.4.2 (gemäß der von der Klägerin vorgelegten
Gliederung) in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht wörtlich enthalten.
Jedoch ist dort vom „Anstoßen des ersten Gehäuseelements gegen ein Hindernis“
die Rede (NK2, Seite 3, zweiter Absatz), woraus der Fachmann das Merk-
mal 1.4.2 ohne weiteres entnimmt. Bei Merkmal 1.3 handelt es sich um eine Ver-
allgemeinerung gegenüber ursprünglich beschriebenen Ausführungen (vgl. NK2,
Seite 3, vierter Absatz, und Seite 4, zweiter Absatz). Diese ist jedoch zulässig, da
es für den Fachmann selbstverständlich ist, dass die Gehäuseelemente gegen-
einander feststellbar sein müssen.

III.

In der erteilten Fassung ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpa-
tents nicht patentfähig, weil er gegenüber dem Stand der Technik am Anmeldetag
nicht neu ist und auch nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
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1. Aus der von den Klägerinnen im Anschluss an den frühen gerichtlichen Hin-
weis vorgelegten deutschen Offenlegungsschrift 10 2004 034 477 A1 (NK10) ge-
hen sämtliche Merkmale dieses Anspruchs hervor, weshalb diese als neuheits-
schädlich anzusehen ist.

a) Bei dem dort offenbarten Bilderfassungssystem für Kraftfahrzeuge handelt
es sich um einen Kameraarm für eine Spiegelersatzsystem-Kamera i. S. d. Merk-
mals 1.1. Die Entgegenhaltung schildert u. a. Nachteile, die mit den bekannten
Seitenspiegeln verbunden sind, und schlägt vor, diese Nachteile durch eine Vor-
richtung zu beheben, in der Mittel zur Bildaufnahme und Bildwiedergabe in einem
gemeinsamen Gehäuse, insbesondere in einem Innen- oder Außenspiegelge-
häuse, integriert sind (NK10, Absätze [0002] bis [0007]). Als besonderer Vorteil
dieser Integration wird hervorgehoben, dass die Vorrichtung dadurch herkömmli-
che Innen- und/oder Außenspiegel ersetzen könne (NK10, Absatz [0009]. Dem-
entsprechend zeigt das in NK10, Figur 1, dargestellte Ausführungsbeispiel ein
Gehäuse 3 ähnlich einem Außenspiegelgehäuse eines Fahrzeugs, in dem sowohl
ein Display 1 als auch eine Kamera 2 integriert sind (vgl. NK10, Absatz [0035],
und Anspruch 1).

Unabhängig davon, dass somit gemäß NK10 nicht nur die Kamera, sondern auch
das Display in einem gemeinsamen Gehäuse angeordnet sind, stellt dieses Ge-
häuse, das vom Fahrzeug deutlich abragt, einen Kameraarm i. S. d. Merkmals 1.1
dar (s. o. I.4.a). Dies gilt unabhängig davon, an welcher Stelle des Gehäuses die
Kamera eingebaut ist. Die Unterbringung der Kamera in einem Kameraarm soll
eine optimale Sicht auf den zu erfassenden Bereich ermöglichen (Streitpatent-
schrift Absatz [0012]). Dieser Zweck wird auch bei NK10 erfüllt. Zwar ist in der
dortigen Figur 1 die Kamera 2 an der rechten oberen Ecke eingezeichnet, so dass
sie nach diesem Ausführungsbeispiel relativ nahe an der Karosserie liegt. Abge-
sehen davon, dass das Streitpatent diesbezüglich keinen Mindestabstand verlangt
und auch der in NK10 gezeigte Einbau dem Fahrer eine bessere Sicht verschaffen
soll (vgl. Aufgabenstellung NK10, Absatz [0006]), ist die genannte Zeichnung nur
schematisch zu verstehen (NK10, Absatz [0035]), und eine andere Anordnung der
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Kamera - z. B. an der Außenseite des Gehäuses - ist jederzeit möglich (vgl. NK10,
Absatz [0014]).

b) Der bei NK10 nach Art eines Außenspiegelgehäuses ausgebildete Kamera-
arm besteht i. S. d. Merkmals 1.2 aus einem ersten Gehäuseelement
(= Gehäuse) 3 und einem zweiten Gehäuseelement (= Fuß) 4, wobei das erste
Gehäuseelement eine Bildaufnahmeeinheit (= Kamera) 2 aufnimmt (Merk-
mal 1.2.1; s. a. NK10, Anspruch 1) und das zweite Gehäuseelement angepasst ist,
lagefest mit der Karosserie des Kraftfahrzeugs verbunden zu werden (Merk-
mal 1.2.2; siehe NK10, Figur 3).

c) Die bei NK10 angesprochenen Bildwiedergabemittel sind so in dem Ge-
häuse untergebracht, dass sie der Fahrer optimal auf sich ausrichten kann. Bei
NK10 ist somit - da sonst keine optimale Ausrichtung möglich wäre - das erste
Gehäuseelement bezüglich des zweiten Gehäuseelements i. S. d. Merkmals 1.3 in
einer festen, nicht abgeklappten Betriebsposition feststellbar, was sich für den
fachmännischen Leser dieser Schrift ohne weiteres erschließt.

d) Ebenso erkennt der Fachmann bei NK10 das Vorhandensein eines
Schwenkmechanismus zwischen den beiden Gehäuseelementen (Merkmal 1.4),
durch den das erste gegenüber dem zweiten Gehäuseelement um eine Schwenk-
achse schwenkbar ist (Merkmal 1.4.1). Nach der in NK10, Absatz [0025], be-
schriebenen bevorzugten Ausführung ist die Vorrichtung nämlich klappbar, d. h.
sie kann z. B. zur Reduzierung der Unfallgefahr bei abgestelltem Fahrzeug moto-
risch herangeklappt werden. Dies wird dadurch bewerkstelligt, dass durch Betäti-
gung des Motors eine größere als die normalerweise im Betrieb auftretende Kraft
auf das erste Gehäuseelement wirkt, wodurch auch das Merkmal 1.4.2 erfüllt ist
(s. o. I.4.e, a. E.).

2. Ebenso ist die Offenlegungsschrift US 2003/0103142 A1 (NK5) als
neuheitsschädlich anzusehen.

- 19 -
a) Diese Schrift zeigt eine Kamera, die in einen Außenspiegel eingebaut und
dadurch in einem gewissen Abstand von der Fahrzeugkarosserie gehalten ist
(siehe Figur 2). Das Spiegelgehäuse stellt somit einen Kameraarm i. S. d. Merk-
mals 1.1 dar, wobei es unerheblich ist, dass sich in dem Gehäuse zusätzlich ein
Spiegel befindet (s. o. I.4.a). Ebenso spielt keine Rolle, ob die in NK5 dargestellte
Kamera einen nach den insoweit gültigen Bestimmungen vorgeschriebenen Spie-
gel vollkommen ersetzen oder ihn lediglich ergänzen soll. Für die Erfüllung des
Merkmals 1.1 ist es ausreichend, dass der Kameraarm eine Spiegelersatzsystem-
Kamera aufnehmen kann, was bei NK5 ohne weiteres der Fall ist.

Da Merkmal 1.1 keinen Mindestabstand verlangt, kommt es - entgegen der von
der Beklagten vertretenen Auffassung - auch nicht darauf an, dass nach der Re-
gelung NK8, Abschnitt 15.2.2.5, Spiegel nicht wesentlich weiter über den Fahr-
zeugumriss hinausragen dürfen, als es zur Erzielung des vorgeschriebenen
Sichtfelds erforderlich ist. Ebenso ist unerheblich, dass sich die in NK5, Figur 2,
abgebildete Kamera nicht am äußeren Rand des Spiegelgehäuses, sondern dort
eher in der Mitte befindet. Daraus kann nämlich nicht abgeleitet werden, dass das
Gehäuse zur Aufnahme einer Spiegelersatzsystem-Kamera nicht in der Lage
wäre.

b) Bei NK5 besteht der Kameraarm entsprechend Merkmal 1.2 aus einem ers-
ten Gehäuseelement (= Gehäuse) 2 und einem zweiten Gehäuseelement
(= Sockel) 6, wobei das Gehäuse 2 die Kamera 12 aufnimmt (Merkmal 1.2.1) und
der Sockel 6 gemäß Merkmal 1.2.2 angepasst ist, lagefest mit der Karosserie des
Kraftfahrzeugs befestigt zu werden (vgl. NK5, Absatz [0057]).

c) Auch Merkmal 1.3 ist in NK5 offenbart, weil das Gehäuse 2 bezüglich des
Sockels 6 in einer festen, nicht abgeklappten Betriebsposition (= Neutralposition)
N1 feststellbar ist (siehe Figur 10 und Beschreibung Absatz [0009]).

d) Ebenso können NK5 die Merkmale 1.4 und 1.4.1 entnommen werden, und
zwar in Gestalt des durch die Welle 7 vermittelten, zwischen dem Gehäuse 2 und
- 20 -
dem Sockel 6 befindlichen Schwenkmechanismus, durch den das Gehäuse um
die Schwenkachse 01 gegenüber dem Sockel geschwenkt werden kann. Mit Hilfe
eines Elektromotors oder durch äußere Krafteinwirkung ist das Gehäuse i. S. d.
Merkmals 1.4.2 weg- oder einklappbar, und zwar von der Betriebsposition N1 in
die Positionen N2 oder N3 (vgl. NK5, Absätze [0023] und [0071] und Figur 10).

3. Die US-Patentschrift 8,066,415 B2 (NK6) zeigt eine mit NK5 vergleichbare
Konstruktion, weshalb auch diese Schrift als neuheitsschädlich anzusehen ist.

a) Ein Außenspiegel, der zugleich zur Aufnahme einer Kamera dient und somit
als Kameraarm eines Kraftfahrzeugs anzusehen ist (Merkmal 1.1) besteht aus ei-
nem ersten Gehäuseelement (= Einfassung) 34 und einem zweiten Gehäuseele-
ment (= stationäre Verkleidung) 38 (Merkmal 1.2), wobei sich in der Einfassung 34
eine Bildaufnahmeeinheit (= Kamera 752) befindet (Merkmal 1.2.1; siehe NK6, Fi-
gur 48), und wobei die stationäre Verkleidung zur lagefesten Verbindung mit der
Karosserie angepasst ist (Merkmal 1.2.2).

b) Die Einfassung 34 ist gegenüber der stationären Verkleidung 38 gemäß
Merkmal 1.3 mit Hilfe einer vorgespannten Feder (Abkippgelenkgruppe 44; siehe
Figur 9) in einer festen, nicht abgeklappten Betriebsposition feststellbar und au-
ßerdem um eine durch den Mechanismus 44 definierte Drehachse schwenkbar
(Merkmale 1.4., 1.4.1). Bei ausreichender Krafteinwirkung wird die Einfassung 34
i. S. d. Merkmals 1.4.2 aus einer Normalbetriebsposition in eine gegen die Karos-
serie des Fahrzeugs gefaltete Position bewegt (vgl. NK6, Spalte 9, Zeilen 53 ff.;
Spalte 21, Zeilen 29 bis 33: „break-away position upon impact“).

4. Der Anspruchsgegenstand war dem Fachmann am Anmeldetag auch nahe-
gelegt, weshalb er nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Da die Kamera einen
Fahrzeugspiegel ersetzen soll, lag es nämlich für den Fachmann auf der Hand,
sich bei der Konstruktion des Kameraarms an den bekannten Spiegelgehäusen zu
orientieren. Gerade die aus NK5, NK6 und NK10 hervorgehende Verwendung von
Spiegelgehäusen als Kameraarme macht ersichtlich, dass an Haltearme für eine
- 21 -
Kamera vergleichbare Anforderungen zu stellen sind wie an Halterungen bzw.
Gehäuse für Rück- oder Seitenspiegel.

Gehäuse für Seitenspiegel, die über die Fahrzeugkontur vorstehen, werden gene-
rell so gestaltet, dass sie bei Einwirken einer größeren als der normalerweise im
Betrieb auftretenden Kraft ausweichen, meist ein- bzw. wegklappen. Nach diesem
Vorbild wird der Fachmann, wenn er eine Kamera an einem über die Fahrzeug-
kontur vorstehenden Kameraarm anordnet, eine entsprechende konstruktive Ge-
staltung vornehmen, nämlich ein erstes Gehäuseelement so schwenkbar an ei-
nem zweiten, mit der Fahrzeugkarosserie verbundenen Gehäuseelement befesti-
gen, dass es bei einer außergewöhnlichen Krafteinwirkung ein- oder wegklappt.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass Rückspiegel und Kameraarme
bei einem Kraftfahrzeug an unterschiedlichen Stellen angebracht sein könnten,
weshalb das Ein- bzw. Wegklappen anderen Zwecken diene, nämlich beim Spie-
gel dem Personenschutz und beim Kameraarm, weil der Fahrer keine direkte Sicht
auf ihn habe, dem Schutz der Kamera an sich (etwa bei einem Reinigungsvor-
gang). In der Praxis kann von derartigen prinzipiellen Unterschieden nicht die
Rede sein, zumal wenn sich der Kameraarm - wie bei NK5, NK6 und NK10 - dort
befindet, wo üblicherweise ein Seitenspiegel angebracht ist. Es geht in beiden
Fällen sowohl um den Schutz von anderen Verkehrsteilnehmern, insbesondere
Fußgängern, als auch um den Schutz des Gehäuses samt Inhalt.

Auch aus diesem Grund ist Anspruch 1 in seiner erteilten Fassung nicht patentfä-
hig.

IV.

Auch die Fassungen der Hilfsanträge enthalten keine bestandsfähige Fassung des
Patentanspruchs 1 des Streitpatents.

- 22 -
1. In der Fassung des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich Anspruch 1 von der
erteilten Anspruchsfassung zum einen dadurch, dass nunmehr ein Kamera-
arm (10) nicht mehr allgemein für ein Kraftfahrzeug, sondern speziell für ein
Nutzfahrzeug (100) beansprucht wird. Zum anderen soll die Kamera - entspre-
chend dem erteilten Anspruch 5 - eine Versorgungseinheit (19) für die Bildauf-
nahmeeinheit enthalten, wobei diese Versorgungseinheit im ersten Gehäuseele-
ment (12) oder im zweiten Gehäuseelement (14) angeordnet ist.

a) Die Beschränkung auf Nutzfahrzeuge führt für sich genommen - bei Hilfsan-
trag 1 ebenso wie bei den weiteren Hilfsanträgen, in denen diese Beschränkung
gleichermaßen vorgesehen ist - zu keiner anderen Einschätzung der Patentfähig-
keit. So ist das in NK10 offenbarte Bilderfassungssystem explizit auch für LKW
vorgesehen (NK10, Absatz [0029]). Die Klägerinnen weisen zudem zutreffend da-
rauf hin, dass Nutzfahrzeuge auch auf PKW-Basis zum Einsatz kommen können
(z. B. als Rettungswagen oder Kleintransporter).

b) Eine Versorgungseinheit 19 kann laut Streitpatentschrift (Absatz [0034])
u. a. vorgesehen sein, um von der Bildaufnahmeeinheit 18 erfasste Daten, ggf.
nach Bearbeitung, an eine Anzeigeeinheit zu geben. Auch kann die Versorgungs-
einheit 19 mit einem Elektromotor in Verbindung stehen und dazu beitragen, dass
dieser zur Vermeidung einer Kollision das erste Gehäuseelement einklappt. Ent-
sprechende Versorgungseinheiten sind auch in NK10 (Absätze [0024], [0025], und
Ansprüche 9 und 10) vorgesehen. Was ihre Unterbringung innerhalb des Kame-
ragehäuses angeht, so konnte der Fachmann eine dahin gehende Anregung der
Offenlegungsschrift US-2011/0267466 A1 (NK4, Figuren 4, 5) entnehmen, wo eine
als Versorgungseinheit anzusehende Platine 40 innerhalb des Kameragehäu-
ses 16 gezeigt ist. Da diese Anordnung technisch völlig unabhängig von der Weg-
oder Einklappfunktion ist, konnte der Fachmann diese Schrift unabhängig davon
berücksichtigen, ob aus ihr auch das Merkmal 1.4.2 hervorgeht.

Somit können die gemäß Hilfsantrag 1 hinzugekommenen Merkmale dem Gegen-
stand des Anspruchs 1 nicht die erforderliche Erfindungshöhe verleihen.
- 23 -
2. Gemäß Hilfsantrag 2 soll der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber des-
sen erteilter Fassung nicht nur durch die bereits in Hilfsantrag 1 vorgesehene Be-
schränkung auf Nutzfahrzeuge, sondern auch dadurch weiter eingeschränkt sein,
dass die Bildaufnahmeeinheit (18) einen Bereich erfasst, der einem Sichtfeld eines
Hauptspiegels und einem Sichtfeld eines Weitwinkelspiegels entspricht, ferner
dadurch, dass bei lagefester Verbindung des zweiten Gehäuseelements (14) mit
der Karosserie der Kameraarm (10) oberhalb der Augpunkte eines Fahrers des
Nutzfahrzeugs (100) angebracht ist und die Bildaufnahmeeinheit (18) Sicht auf
den Bereich hat, der einem Sichtfeld eines Hauptspiegels und einem Sichtfeld ei-
nes Weitwinkelspiegels entspricht.

a) Durch die genauere Bestimmung der Bereiche, die die Bildaufnahmeeinheit
umfasst, wird der Kameraarm als solcher nicht näher gekennzeichnet und somit
auch nicht eingeschränkt. Welchen Bereich eine Bildaufnahmeeinheit umfasst
bzw. welche Sicht sie erfasst, hängt nämlich maßgeblich davon ab, an welcher
Stelle der Karosserie der Kameraarm montiert ist.

b) Entsprechendes gilt, soweit nunmehr darauf abgestellt werden soll, dass
das zweite Gehäuseelement derart zur lagefesten Verbindung mit der Karosserie
angepasst ist, dass der Kameraarm - nach der Verbindung - oberhalb der Aug-
punkte eines Fahrers angebracht ist. Damit wird der für das Angepasstsein des
zweiten Gehäuseelements - und damit des Kameraarms - genannte Zweck, näm-
lich die lagefeste Verbindung mit der Karosserie (s. hierzu auch unter I.4.c), ledig-
lich näher durch die Nennung einer bestimmten Lageposition an der Karosserie
ausgeführt, ohne über diese Zweckangabe hinaus ein konkretes räumlich-körperli-
ches Merkmal des zweiten Gehäuseelements zu nennen. Zweckangaben in einem
Sachanspruch beschränken als solche dessen Gegenstand regelmäßig nicht.
Mittelbar haben sie die Wirkung, den durch das Patent geschützten Gegenstand
dahin zu definieren, dass er so ausgebildet sein muss, um für den angegebenen
Zweck verwendbar zu sein (vgl. BGH GRUR 2012, 475, Tz. 17 - Elektronen-
strahltherapiesystem). Die vorliegende Zweckbestimmung, wonach das zweite
Gehäuseelement derart zur lagefesten Verbindung mit der Karosserie angepasst
- 24 -
ist, dass der Kameraarm (10) oberhalb der Augpunkte eines Fahrers angebracht
ist und die Bildaufnahmeeinheit (18) Sicht auf den Bereich hat, der einem Sichtfeld
eines Hauptspiegels und einem Sichtfeld eines Weitwinkelspiegels entspricht,
hängt jedoch maßgeblich davon ab, an welcher Stelle der Karosserie der Kamera-
arm montiert ist, und nicht von der Beschaffenheit des zweiten Gehäuseelements.

Damit beinhaltet auch dieses zusätzliche Merkmal keine gegenständliche Präzisie-
rung und bildet den Kameraarm als solchen nicht weiter aus, so dass es seine
Patentfähigkeit ebenfalls nicht begründen kann.

c) Davon abgesehen, stellt ein oberhalb der Augpunkte (vgl. hierzu NK8, Ab-
schnitt 12.1, und Anhang 8) angebrachter Kameraarm den Fachmann - nicht an-
ders als ein seitlich vom Fahrer angebrachter Kameraarm - vor die Aufgabe, an-
dere Verkehrsteilnehmer und die Kamera selbst vor Kollisionen oder vor Nässe-
und Schmutzeinwirkungen zu schützen, weshalb es für ihn ebenso nahegelegt
war, den Kameraarm auch in diesem Fall zweiteilig auszugestalten und ihn nach
dem Vorbild der bekannten Fahrzeug-Außenspiegel mit einem Schwenk- und
Klappmechanismus zu versehen.

3. Nach Hilfsantrag III sollen die gemäß den Hilfsanträgen I und II
hinzugekommenen Merkmale miteinander kombiniert werden. Dadurch ergibt sich
jedoch kein synergetischer Effekt, der - trotz mangelnder Neuheit bzw. fehlender
Erfindungshöhe der einzelnen Merkmale - die Patentfähigkeit des Anspruchs 1
begründen könnte.

4. In der Fassung des Hilfsantrags IV unterscheidet sich der Patentanspruch 1
gegenüber seiner Fassung gemäß Hilfsantrag II dadurch, dass das zweite Gehäu-
seelement (14) nicht nur angepasst ist, lagefest mit der Karosserie verbunden zu
werden, sondern dass die lagefeste Verbindung tatsächlich vorhanden ist, und
dass der Kameraarm (10) ebenfalls tatsächlich oberhalb der Augpunkte des Fah-
rers angebracht ist und die Bildaufnahmeeinheit (18) Sicht auf den Bereich hat,
- 25 -
der einem Sichtfeld eines Hauptspiegels und einem Sichtfeld eines Weitwinkel-
spiegels entspricht.

a) Diese Anspruchsfassung ist unzulässig, weil sie den Schutzbereich des An-
spruchs 1 erweitern würde. Während nämlich nach dessen erteilter Fassung ledig-
lich ein Kameraarm als solcher geschützt ist (wenn auch angepasst zur Befesti-
gung an einer Karosserie), soll gemäß Hilfsantrag IV die Fahrzeugkarosserie zu
einem zusätzlichen (gegenständlichen) Element des Schutzgegenstandes werden.
Trotz Offenbarung der Karosserie in dem erteilten Patent, wird sie in den dortigen
Ansprüchen nicht unter Schutz gestellt, weshalb ihre Einbeziehung in einen geän-
derten Anspruch nicht möglich ist (vgl. BGH GRUR 2005, 145, 146 - elektroni-
sches Modul).

b) Davon abgesehen wäre auch diese Fassung aus den oben zu 2.c) genann-
ten Gründen zur Begründung der Patentfähigkeit des Anspruchs 1 nicht geeignet.

5. Nach Hilfsantrag V sollen die gemäß den Hilfsanträgen I und IV vorgesehe-
nen Merkmale kombiniert werden, was aus dem oben zu 4.a) genannten Grund
ebenso unzulässig ist und im Übrigen die Patentfähigkeit - in Ermangelung eines
synergetischen Effektes - auch nicht begründen könnte.

6. Nach Hilfsantrag VI soll der Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag IV hinzu-
gefügt werden, dass die in Merkmal 1.4.1 genannte Schwenkachse (A) im We-
sentlichen vertikal verläuft. Außerdem soll das erste Gehäuseelement (12) nicht
mehr (wie in Merkmal 1.4.2 gemäß erteilter Fassung vorgesehen) „weg- oder ein-
klappbar“, sondern nur noch „einklappbar“ sein.

a) Diese Anspruchsfassung ist aus dem oben zu 4.a) genannten Grund eben-
falls unzulässig.

b) Davon abgesehen war eine im Wesentlichen vertikale Schwenkachse dem
Fachmann am Anmeldetag aus dem Stand der Technik bekannt (vgl. etwa NK10,
- 26 -
Figur 1) und im Hinblick darauf, dass sich Anstöße überwiegend in horizontaler
Richtung ereignen, auch nahegelegt.

c) Ob die in Merkmal 1.4.2 vorgesehene Änderung - wie von den Klägerinnen
in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - den Schutzbereich erweitern würde
und deshalb ebenfalls unzulässig ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls kann
darauf, dass das erste Gehäuseelement beim Einwirken einer größeren Kraft als
der normalerweise im Betrieb auftretenden Kraft lediglich einklappbar (und jeden-
falls nicht zwingend auch wegklappbar) ist, die erforderliche Erfindungshöhe nicht
gestützt werden.

7. Was die gemäß Hilfsantrag VII vorgesehene Kombination der in den
Hilfsanträgen V und VI vorgesehenen Merkmale angeht, so gelten die Ausführun-
gen oben zu 5. entsprechend.

8. Gemäß Hilfsantrag VIII soll die nach Hilfsantrag VII vorgesehene
Anspruchsfassung dadurch konkretisiert werden, dass die in Merkmal 1.3 der er-
teilten Fassung vorgesehene Feststellbarkeit des ersten bezüglich des zweiten
Gehäuseelements in einer festen, nicht abgeklappten Betriebsposition auf eine
einzige Betriebsposition beschränkt ist.

Abgesehen von der Unzulässigkeit auch dieser Anspruchsfassung aus dem oben
zu 4.a) genannten Grund kann die Feststellbarkeit der beiden Gehäuseelemente
in einer einzigen Betriebsposition keine erfinderische Tätigkeit begründen. Es
handelt sich insoweit um eine Ausführung rein handwerklicher Art.

V.

Somit hat Patentanspruch 1 des Streitpatents in keiner der von der Beklagten be-
antragten Fassungen Bestand. Da die Hilfsanträge i. S. geschlossener An-
spruchssätze zu verstehen sind, sind die Unteransprüche (in der erteilten Fassung
- 27 -
bzw. in den Fassungen der Hilfsanträge) von Amts wegen nicht auf patentfähige
Inhalte zu prüfen. Das Streitpatent ist vielmehr insgesamt für nichtig zu erklären.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1
Satz 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1
PatG i. V. m. § 709 ZPO.

VIII.
Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.

Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelas-
senen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik
Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und
innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133
Karlsruhe eingereicht werden.

Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form
abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der
Verkündung. Die Berufungsfrist kann nicht verlängert werden.

- 28 -
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung
gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung
eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte
Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.


Rauch Püschel Hildebrandt Küest Richter

Pr


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