7 Ni 15/15  - 7. Senat (Jur.Beschw./Nichtigkeit)
Karar Dilini Çevir:

BPatG 253 08.05 BUNDESPATENTGERICHT IM NAMEN DES VOLKES 7 Ni 15/15 (Aktenzeichen) URTEIL Verkündet am 10. November 2016 … In der Patentnichtigkeitssache … - 2 - betreffend das deutsche Patent 10 2012 208 480 hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, der Richterin Püschel und der Richter Dipl.-Ing. Küest, Dr.-Ing. Großmann und Dipl.-Ing. Univ. Richter für Recht erkannt: 1. Das deutsche Patent 10 2012 208 480 wird dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass a) Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält: „1. Halter (6) für ein Solarmodul mit einem rechteckigen Rahmen (R), welcher eine umlaufende Seitenwand (4) aufweist, von der sich an zumindest einer Seite ein zum Rahmeninneren hin weisender Schenkel (3) erstreckt, wobei der Halter (6) eine Grundplatte (19) mit zwei davon sich erstreckenden Aufnahmeelementen (20) zur Aufnahme des Schenkels (3) aufweist, wobei jedem Aufnahmeelement (20) zumindest eine an der Grundplatte (19) angebrachte, in ihrem Abstand zum Aufnahmeelement (20) veränderbare Stützfläche (Sf) zum Abstützen der Seitenwand (4) zugeordnet ist, wobei das Aufnahmeelement (20) einen Schlitz (21) zum Einschieben des Schenkels (3) aufweist, und wobei die veränderbare Stützfläche (Sf) durch eine Mehrzahl an Zungen (25a - 25d) gebildet ist, deren Abstand zu einem Ende (E) des Schlitzes (21) unterschiedlich ist.“ - 3 - b) sich die in ihrem Wortlaut gegenüber der erteilten Fassung unveränderten Patentansprüche 3 bis 5 und 8 bis 14 unter Wegfall der Ansprüche 2 und 7 auf die geänderte Fassung des Patentanspruchs 1 rückbezie-hen. Der nicht angegriffene erteilte Patentanspruch 6 bleibt in seinen bisherigen Rückbeziehungen bestehen. Das gilt auch für die Patentansprüche 7 bis 14, soweit sie auf Patentan-spruch 6 rückbezogen sind. 2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. 3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 1/4, der Beklagte 3/4. 4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Die Klage richtet sich gegen das deutsche Patent 10 2012 208 480 (Streitpatent), das auf eine Anmeldung vom 21. Mai 2012 zurückgeht und die innere Priorität zweier Voranmeldungen vom 13. Februar und 3. Mai 2012 in Anspruch nimmt. Das Patent, das mit „Halter für ein Solarmodul sowie Stützvorrichtung“ bezeichnet ist, umfasst 14 Ansprüche, von denen mit der vorliegenden Klage alle Ansprüche außer Anspruch 6 angegriffen werden. Anspruch 1 und die darauf rückbezogenen Ansprüche 2 bis 5 und 7 bis 11 betreffen einen Halter für ein Solarmodul, Anspruch 12 und die darauf rückbezogenen Unteransprüche 13 und 14 betreffen eine Stützvorrichtung für ein Solarmodul. - 4 - Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 12 haben folgenden Wortlaut: 1. Halter (6) für ein Solarmodul mit einem rechteckigen Rahmen (R), welcher eine umlaufende Seitenwand (4) auf-weist, von der sich an zumindest einer Seite ein zum Rahmeninneren hin weisender Schenkel (3) erstreckt, wobei der Halter (6) eine Grundplatte (19) mit zwei davon sich erstreckenden Aufnahmeelementen (20) zur Aufnahme des Schenkels (3) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass jedem Aufnahmeelement (20) zumindest eine an der Grund-platte (19) angebrachte, in ihrem Abstand zum Aufnahme-element (20) veränderbare Stützfläche (Sf) zum Abstützen der Seitenwand (4) zugeordnet ist. 12. Stützvorrichtung (S1, S2) für ein Solarmodul, wobei zumindest ein Halter (6) nach einem der vorhergehenden Ansprüche mit seiner Grundplatte (19) auf einer Profil-schiene (5) angebracht ist. Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 5, 7 bis 11 sowie 13 und 14 wird auf die Streitpatentschrift DE 10 2012 208 480 B3 Bezug genommen. Die Klägerin macht den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit wegen Nichtvorliegens von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit (§ 22 Abs. 1 PatG i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3, 4 PatG) geltend und stützt sich hierfür auf folgende Publikationen: K3 DE 10 2010 022 556 B3 K4 DE 20 2007 008 471 U1 K6 US 2010/0243023 A1 K7 WO 02/073703 A1 - 5 - K8 US 6,983,569 B1 K9 DE 20 2009 005 203 U1 K10 US 4,805,364 A K12 DE 20 2009 007 526 U1 Die Klägerin beantragt, das deutsche Patent 10 2012 208 480 im Umfang der Ansprüche 1 bis 5 und 7 bis 14 für nichtig zu erklären. Der Beklagte stellt den Antrag, die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen Patentanspruch 1 in der Fassung gemäß Anlage B8 zum Schriftsatz vom 18. Juli 2016 und unter Wegfall der Patentansprüche 2 und 7 gegen die auf den geänderten Anspruch 1 rückbezogenen, in ihrem Wortlaut gegenüber der erteilten Fassung unveränderten Patentansprü-che 3 bis 5 und 8 bis 14 richtet. Patentanspruch 1 ist in der genannten Fassung um die Merkmale aus den erteilten Ansprüchen 2 und 7 ergänzt und lautet wie folgt (Ergänzungen durch Unterstreichen bzw. Streichen kenntlich gemacht): 1. Halter (6) für ein Solarmodul mit einem rechteckigen Rahmen (R), welcher eine umlaufende Seitenwand (4) auf-weist, von der sich an zumindest einer Seite ein zum Rahmeninneren hin weisender Schenkel (3) erstreckt, wobei der Halter (6) eine Grundplatte (19) mit zwei davon sich erstreckenden Aufnahmeelementen (20) zur Aufnahme des Schenkels (3) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass - 6 - wobei jedem Aufnahmeelement (20) zumindest eine an der Grundplatte (19) angebrachte, in ihrem Abstand zum Auf-nahmeelement (20) veränderbare Stützfläche (Sf) zum Abstützen der Seitenwand (4) zugeordnet ist, wobei das Aufnahmeelement (20) einen Schlitz (21) zum Einschieben des Schenkels (3) aufweist, und wobei die veränderbare Stützfläche (Sf) durch eine Mehrzahl an Zungen (25a - 25d) gebildet ist, deren Abstand zu einem Ende (E) des Schlitzes (21) unterschiedlich ist. Nach Meinung der Klägerin ist der Gegenstand des geänderten Anspruchs 1 von den Entgegenhaltungen K6 und K12 neuheitsschädlich vorweggenommen. Auch sei er dem Fachmann insbesondere durch die Kombination der Druckschriften K3 und K6 bzw. K6 und K9 nahegelegt gewesen. Der Beklagte tritt dem entgegen und hält das Streitpatent in seiner verteidigten Fassung für bestandsfähig. Der Senat hat den Parteien mit Schriftsatz vom 24. Juni 2016 einen frühen gerichtlichen Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG zukommen lassen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die beiderseits eingereichten Schriftsätze und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig, sie hat aber nur teilweise Erfolg. Das Streitpatent ist ohne Sachprüfung insoweit für nichtig zu erklären, als es über die von dem Beklagten in zulässiger Weise nur noch beschränkt verteidigte Fassung hinausgeht (Schulte/Voit, PatG, 9. Aufl., § 81 Rn. 127). Im Übrigen erweist sich die Klage als - 7 - unbegründet, weshalb sie insoweit nach Maßgabe des Antrags des Beklagten abzuweisen ist. I. 1. Die vorliegende Erfindung geht nach der Beschreibung in der Streitpatentschrift von einem aus der internationalen Anmeldung WO 2011/054943 A1 bekannten Halter für ein Solarmodul aus. Dieser sei an die Rahmengeometrie des jeweils verwendeten Solarmoduls angepasst. Wegen der Vielzahl unterschiedlicher Rahmengeometrien müsse eine Vielzahl dazu korrespondierender Halter hergestellt und vorgehalten werden, was aufwändig, umständlich und teuer sei (Streitpatentschrift, Beschreibung Abs. [0002]). Des Weiteren offenbare die deutsche Gebrauchsmusterschrift 20 2009 007 481 U1 eine Solarträgerkonsole, bei der sich von einer Grundplatte in einander gegen-überliegender Anordnung zwei Stützwände erstreckten. Zur Aufnahme des Solarmoduls wiesen die aus einem Blech hergestellten Stützwände durch Abkanten hergestellte Stützflächen auf (Beschreibung Abs. [0003]). Die deutsche Gebrauchsmusterschrift 20 2008 009 241 U1 betreffe ein Halteprofil für platten-förmige Module. Bei dem Halteprofil handele es sich um ein U-Profil. Am Profil-grund sowie an den Profilschenkeln könnten elastische Mittel zum Halten eines in das U-Profil eingesteckten Moduls vorgesehen sein (Beschreibung Abs. [0004]). Ausgehend hiervon macht es sich das Streitpatent zur Aufgabe, einen Halter anzugeben, der zur Aufnahme einer Vielzahl unterschiedlicher Rahmengeo-metrien von Solarmodulen geeignet ist. Der Halter soll außerdem möglichst einfach und kostengünstig herstellbar sein. Ferner soll eine möglichst schnelle und einfache Montage des Solarmoduls am Halter möglich sein (Beschreibung Abs. [0005]). 2. Diese Aufgaben will das Streitpatent durch einen Halter mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 1 lösen. Die Merkmale dieses Anspruchs können - unter - 8 - Einbeziehung der Änderungen gemäß dem Antrag des Beklagten - wie folgt gegliedert werden: M1 Halter (6) für ein Solarmodul M1.1 mit einem rechteckigen Rahmen (R), welcher eine umlau-fende Seitenwand (4) aufweist, M1.1.1 von der sich an zumindest einer Seite ein zum Rahmen-inneren hin weisender Schenkel (3) erstreckt, M1.2 wobei der Halter (6) eine Grundplatte (19) mit zwei davon sich erstreckenden Aufnahmeelementen (20) zur Aufnahme des Schenkels (3) aufweist, M1.2.1 wobei jedem Aufnahmeelement (20) zumindest eine an der Grundplatte (19) angebrachte, in ihrem Abstand zum Auf-nahmeelement (20) veränderbare Stützfläche (Sf) zum Abstützen der Seitenwand (4) zugeordnet ist, M1.2.1.1 wobei die veränderbare Stützfläche (Sf) durch eine Mehr-zahl an Zungen (25a - 25d) gebildet ist, deren Abstand zu einem Ende (E) des Schlitzes (21) unterschiedlich ist, M1.2.2 wobei das Aufnahmeelement (20 einen Schlitz (21) zum Einschieben des Schenkels (3) aufweist. 3. Zuständiger Durchschnittsfachmann, auf dessen Wissen und Können es insbesondere für die Auslegung der Merkmale des Streitpatents und für die Interpretation des Standes der Technik ankommt, ist im vorliegenden Fall ein Fachhochschul-Ingenieur, der über langjährige Erfahrungen in der Konstruktion von Befestigungsvorrichtungen verfügt. 4. Dieser Fachmann geht bei dem Gegenstand des Anspruchs 1 von folgendem Verständnis aus: a) Gemäß Merkmal M1 betrifft Anspruch 1 lediglich einen Halter für ein Solarmodul und nicht das Solarmodul selbst. Dementsprechend gehören die - 9 - Merkmale des Solarmoduls - ein rechteckiger Rahmen, welcher eine umlaufende Seitenwand aufweist (M1.1), von der sich an zumindest einer Seite ein zum Rahmeninneren hin weisender Schenkel erstreckt (M1.1.1) - nicht zum Gegen-stand des Anspruchs. Bei diesen Merkmalen handelt es sich jedoch insofern um eine zu berücksichtigende Bestimmungsangabe, als der Halter zur Aufnahme des Rahmens eines solchen Solarmoduls geeignet sein muss. b) Gemäß Merkmal M1.2 weist der Halter eine Grundplatte auf, von der sich zwei Aufnahmeelemente erstrecken. Dieses Merkmal legt somit einerseits fest, dass genau zwei Aufnahmeelemente vorhanden sein müssen, andererseits lässt es offen, in welcher Weise sich die Aufnahmeelemente von der Grundplatte erstre-cken, d. h., ob sie - wie in den Figuren 1 bis 3 der Streitpatentschrift gezeigt - senkrecht von dieser abstehen und ob sie einstückig mit dieser ausgebildet sind. Die Aufnahmeelemente müssen jedenfalls geeignet sein, einen Schenkel eines Rahmens aufzunehmen. Konkret wird die Eignung dadurch bewirkt, dass das Aufnahmeelement einen Schlitz zum Einschieben des Schenkels aufweist (M1.2.2). Dem Fachmann ist klar, dass ein zum Rahmeninneren hin weisender Schenkel nur in einen Schlitz eingeschoben werden kann, der bezüglich des auf-zusetzenden Rahmens nach außen offen ist. c) Als weiteres Merkmal des Halters weist dieser eine Stützfläche auf, die an der Grundplatte angebracht, in ihrem Abstand zum Aufnahmeelement veränderbar und geeignet ist, die Seitenwand des Rahmens des Solarmoduls abzustützen (M1.2.1). Durch das Abstützen der Seitenwand soll verhindert werden, dass der Schenkel des Rahmens sich aus dem Schlitz, in den er eingeschoben ist, wieder lösen kann. Da die Stützfläche nach dieser ausdrücklichen Festlegung die Seitenwand abstützen soll, kann „veränderbar“ nur bedeuten, dass die Stützfläche dafür geeignet ist, Seitenwände in unterschiedlichen Positionen zu stützen. d) Gemäß Merkmal M1.2.1.1 wird die veränderbare Stützfläche durch eine Mehrzahl von Zungen gebildet, deren Abstand zu einem Ende des Schlitzes unter-- 10 - schiedlich ist. Als „Zungen“ werden in der Mechanik längliche Materialstreifen bezeichnet, die an einem Ende gehalten sind und deren anderes Ende eine gewisse freie Beweglichkeit hat. Offen bleibt nach dem Anspruchswortlaut, auf welche Weise die Veränderbarkeit bewirkt werden soll. Einzige Angabe dazu ist, dass sich die Veränderung auf den Abstand zum Aufnahmeelement bezieht. Dies kann - wie nach dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 3 und Absatz [0030] der Beschreibung - durch ein Zurückbiegen der Zungen erfolgen. Maßgeblich ist allein, dass Zungen beim beanspruchten Gegenstand bereits vorgesehen sind, und dass der Fachmann diese bestimmungsgemäß i. S. des Patents verwenden kann. Wenn dabei eine aktive Veranlassung seitens des Fachmanns erforderlich ist - etwa das Zurückbiegen von Zungen - so wird dadurch die für eine Patent-erteilung erforderliche Technizität der Erfindung (§ 1 Abs. 1 PatG) nicht in Frage gestellt, weil hierfür nicht erforderlich ist, dass sich der angestrebte Erfolg unmit-telbar ohne Zwischenschaltung menschlicher Verstandestätigkeit einstellt (vgl. BGH GRUR 2000, 498 - Logikverifikation; Schulte/Moufang, PatG, 9. Aufl., § 1 Rn. 20). e) Das Merkmal, wonach die veränderbare Stützfläche durch eine Mehrzahl an Zungen gebildet ist (M1.2.1.1), ist unter Berücksichtigung der Beschreibung so zu verstehen, dass jede Zunge für sich gesehen eine individuelle Stützfläche aufweist und die Summe der individuellen Stützflächen die veränderbare Stützfläche bildet. f) Zur Gestaltung der Zungen enthält der Hauptanspruch keine weiteren Angaben. Daher ist als Bezugspunkt zur Bestimmung des Abstands der Zunge deren individuelle Stützfläche anzusehen (Merkmal M1.2.1.1). Bei wortwörtlicher Auslegung wäre das Merkmal M1.2.1.1, wonach die Zungen unterschiedlichen Abstand zu einem Ende des Schlitzes haben, auch erfüllt, wenn die Stützflächen sämtlicher Zungen auf einer Linie liegen (etwa auf einer der Li-nien L1…L4 im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 3). In diesem Fall wäre die Stützfläche jedoch nicht veränderbar und könnte ihre Aufgabe, Rahmen mit unter-schiedlicher Schenkelbreite zu stützen, nicht erfüllen. Umgekehrt könnten unter-- 11 - schiedlich lange Zungen den gleichen Abstand zum Schlitzende aufweisen; eine solche Anordnung wäre dann trotz Aufgabenerfüllung nicht anspruchsgemäß. Der Fachmann, der sich um eine - vor dem Hintergrund der gestellten Aufgabe - technisch sinnvolle und funktionsgerechte Auslegung bemüht, wird das Teilmerk-mal „Abstand zu einem Ende des Schlitzes“ daher so verstehen, dass damit der Abstand des Schlitzendes zu Linien gemeint ist, die der Tiefe von unterschiedlich breiten Rahmenschenkeln entsprechen. Diese Linien können jeweils der individu-ellen Stützfläche einer der Zungen zugeordnet werden und legen somit deren Po-sition - im Ausführungsbeispiel z. B. die Länge der Zunge - fest (vgl. Figur 3, L1….L4 und Beschreibung Abs. [0029]). Eine solche Auslegung ist hier nicht nur zur Erzielung einer sachgerechten Lösung für die gestellte Aufgabe, sondern auch deshalb geboten, um den Patentanspruch mit der Beschreibung und den Zeich-nungen in der Streitpatentschrift in Einklang zu bringen. II. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der von dem Beklagten verteidigten Fassung ist als neu anzusehen. 1. Die US-Patentanmeldung K6 (US 2010/0 243 023 A1) zeigt keinen Halter mit zwei sich davon erstreckenden Aufnahmeelementen i. S. des Merkmals M1.2. Dargestellt ist in Figur 5 ein nach oben offenes U-Profil, an dessen Flanschen vier den Aufnahmeelementen entsprechende Haken ausgeformt sind. Der Steg des U-Profils müsste daher als Grundplatte angesehen werden. An einem Ende des U-Profils ist eine die Stützfläche bildende Klammer schwenkbar an einer die Stege durchgreifenden Achse angeordnet. Die Stützfläche ist also nicht (gemäß Merkmal M1.2.1) an der Grundplatte angebracht. K6 zeigt außerdem nicht das Merkmal M1.2.1.1. Zwar mögen die dort in Figur 9 (ohne Bezugszeichen) dargestellten Zungen - unabhängig davon, ob sie als veränderbare Stützflächen i. S. des Merkmals M1.2.1 anzusehen sind - unter-- 12 - schiedliche Abstände zum Ende des Schlitzes in dem Aufnahmeelement 23 (s. auch Figuren 4A, 4B, 7A, 7B) aufweisen, nicht jedoch - wie es bei richtiger Auslegung des genannten Merkmals erforderlich ist (s. o. I.4.d) - in Bezug auf Linien, die der Tiefe von unterschiedlich breiten Rahmenschenkeln entsprechen. 2. Die Gebrauchsmusterschrift K12 (DE 20 2009 007 526 U1) zeigt einen Halter für eine Montageschiene, umfassend ein Halteelement 1, das der Grundplatte ent-spricht, und darauf angeordnet eine sägezahnförmige Struktur, deren schräge Flanken (bzw. Spannschrägen, siehe Figur 2a, Bezugszeichen 9a....9d) als Stützflächen angesehen werden können. Diese Stützflächen stützen aber nicht die Seitenwand eines Rahmens, sondern sind Gleitflächen für ein Klemmelement 2, das die Seitenwand eines Profils stützt. Das Halteelement hat auch keine zwei Aufnahmeelemente, sondern eine einzige durchlaufende Profilnase, an der eine Nut ausgebildet ist. 3. Eine Neuheitsschädlichkeit weiterer Entgegenhaltungen ist nicht ersichtlich und wurde von der Klägerin in Bezug auf die verteidigte Fassung des Streitpatents auch nicht geltend gemacht. III. Der Gegenstand des Anspruchs 1 in der von dem Beklagten verteidigten Fassung beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit. 1. Als nächstliegende Entgegenhaltung ist die deutsche Patentschrift K3 (DE 10 2010 022 556 B3) anzusehen. Der darin beschriebene Halter (= Befes-tigungsklammer 5) dient zum Verbinden von Randprofilschienen, die eine Rahmenvorrichtung für Solarmodule bilden (Merkmal M1), mit gegenüber-liegenden Trägerschienen (Beschreibung Abs. [0022]). Die Befestigungsklammer weist eine Grundplatte (Stirnwand 7) auf, von der sich zwei Aufnahmeelemente (Seitenwände 9) erstrecken (M1.2). Die beiden Aufnahmeelemente weisen jeweils einen Schlitz (Stegfreimachung 12) auf, der einen Schenkel (Innensteg 27) auf-- 13 - nimmt (M1.2.2, siehe Figur 3). Die Befestigungsklammer verfügt auch über eine Außenzunge 11 mit einer Rastnase 22. Im eingebauten Zustand der Befestigungs-klammer hintergreift die Rastnase eine an dem Außensteg 28 ausgebildete Rastrippe 30 (Absatz [0033], vorletzter Satz). Dargestellt ist das Zusammenwirken von Außenzunge 11 und Rastnase 22 mit dem Außensteg 28 in Figur 6. Es ist eindeutig zu erkennen, dass die Außenzunge nicht zum Abstützen der Seitenwand (Außenwand 25) des Rahmens des Solarmoduls ausgebildet ist und somit auch keine veränderbare Stützfläche bildet. Die Aufgabe der veränderbaren Stützfläche, nämlich zu verhindern, dass sich der Rahmen des Solarmoduls aus dem Schlitz lösen kann, wird bei dem Halter gemäß K3 dadurch gelöst, dass der Schenkel des Rahmens in dem Schlitz verformt und somit verklemmt wird (Absatz [0034], letzter Satz). Diese Druckschrift kann also für sich gesehen keinen Hinweis darauf geben, eine Stützfläche zum Abstützen der Seitenwand des Rahmens vorzusehen, noch weniger kann sie eine bestimmte Ausgestaltung einer solchen Stützfläche anre-gen. 2. Einen solchen Hinweis konnte der Fachmann auch nicht der Entgegenhaltung K6 mit der dort gezeigten Stützfläche zum Abstützen der Seitenwand entnehmen. Der in K6, Figuren 9 und 10, dargestellte Mechanismus (pivot panel clamp 15) entspricht eher einer Drehverriegelung, die mit einem Werkzeug betätigt wird (Figuren 10a und 10b). Eine Anpassung der Verriegelungsklammer an unter-schiedliche Rahmengeometrien wird durch eine elastische Ausbildung der Riegelzunge und durch deren Teilung erreicht (Absatz [0057] und Absatz [0072], vorletzter Satz). Durch die Teilung der Riegelzunge können auch zwei unterschiedliche Rahmen gehalten werden (siehe Figur 9). Wenn die Klägerin die Fläche, mit der die Riegelzunge an der Seitenwand des Rahmens anliegt, als Stützfläche bezeichnet und in der geteilten Verriegelungs-zunge eine Mehrzahl an Zungen zur Bildung einer veränderbaren Stützfläche i. S. d. Merkmals M1.2.1.1 sieht, so beruht dies auf einer rückschauenden - 14 - Betrachtung. Aus Figur 9 ist eindeutig zu ersehen, dass jeweils eine der Riegelzungen an einem der beiden dargestellten Rahmen anliegt und somit auch jeweils nur dem den jeweiligen Rahmen haltenden, einen Schlitz aufweisenden Stützfinger (panel support finger 23) zugeordnet ist. Eine Zuordnung beider Riegelzungen zu nur einem der beiden Schlitze ist dadurch nicht nahegelegt. Ebenso kann die beschriebene Anordnung des Drehriegels mit seiner Drehachse (panel clamp pin 13, Absatz [0072], letzter Satz) keine Anregung dazu geben, die Stützfläche an der Grundplatte anzubringen (M1.2.1). Die Kombination der aus der Druckschrift K6, Figuren 8 bis 10, bekannten Befestigungsvorrichtung mit dem in K3 offenbarten Halter hätte den Fachmann somit nicht zu dem in dem verteidigten Anspruch 1 beanspruchten Gegenstand geführt. 3. Ebenso wenig konnte eine Kombination der Entgegenhaltungen K6 und K9 dem Fachmann den Patentgegenstand nahelegen. Da die Entgegenhaltung K6 durch die elastische Ausbildung der Riegelzungen bereits eine gewisse Anpassung an unterschiedliche Rahmengeometrien anbietet, könnte sich ausgehend von dieser Druckschrift allenfalls die Aufgabe stellen, die vorhandene Variabilität weiter zu erhöhen. Es erscheint von vornherein fraglich, ob der Fachmann bei der Suche nach einer Lösung für diese Aufgabe die Gebrauchsmusterschrift K9 (DE 20 2009 005 203 U1) überhaupt in Betracht gezogen hätte. Diese Schrift betrifft einen Schubkasten, der aus einer Zarge (2) und einem Boden (4) zusam-mengesetzt ist, und liegt somit auf einem von den hier in Rede stehenden Solarmodulhalterungen deutlich unterschiedlichem Gebiet. Die Verbindung beider Teile erfolgt bei K9 durch ein Befestigungsmittel (6), das hakenförmig ausgebildet ist, mit einem Schenkel den Boden untergreift und mit dem anderen an einem Führungsbügel (7) verrastet wird. Zur Verrastung sind - 15 - Rastzungen vorgesehen, die unterschiedliche Längen aufweisen, um unterschiedlich dicke Böden halten zu können (siehe Figur 5 und Beschreibung Absatz [0061]). Ein einfaches Ersetzen des Riegelmechanismus der K6 durch das Befestigungs-mittel gemäß K9 oder auch nur der Riegelzungen durch die Rastzungen ist baulich nicht in naheliegender Weise möglich. Die K9 gibt auch keine Anregung, die Rastzungen an der Grundplatte eines Halters anzubringen und aus ihnen eine Stützfläche zu gestalten, die mit der Seitenwand eines Rahmens zusammenwirkt. Allein aus einer gewissen Ähnlichkeit zwischen den in K9, Figur 5, dargestellten Rastzungen und der in Figur 3 der Streitpatentschrift gezeichneten Mehrzahl von Zungen kann nicht der Schluss gezogen werden, dass es sich hierbei um ein technisches Konstruktionsprinzip handelt, dessen Übertragung für den Fachmann ohne Weiteres naheliegend war. 4. Andere Entgegenhaltungen wurden von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht mehr zur Begründung mangelnder erfinderischen Tätigkeit herangezogen. Sie konnten dem Fachmann auch keine Anregungen zur Ausgestaltung des streitpatentgemäßen Halters geben. So können die in K4 (DE 20 2007 008 471 U1) gezeigten beiden Enden des Haltestegs (7) - ohne rückschauende Betrachtung - nicht als Aufnahmeelemente i. S. des Merkmals M1.2 angesehen werden. K7 (WO 02/073703 A1) wiederum zeigt ein Gestell für Solarmodule. Die Befestigung der Solarmodule erfolgt über eine Rastverbindung in einer Kammer des Rahmens des Solarmoduls (vgl. Figur 12). Die Schriften K8 (US 6,983,569 B1) und K10 (US 4,805,364 A) betreffen Ständerkonstruktionen für Wände, bei denen Verbindungen zwischen Pfosten und Riegeln durch das Umbiegen von Laschen hergestellt werden. Eine Anregung für die Gestaltung eines Halters für Solarmodule können sie nicht liefern. - 16 - Bei der Entgegenhaltung K12 könnte als „veränderbare Stützfläche“ nur die Flä-che angesehen werden, an der das Klemmelement 2 die Montageschiene 20 be-rührt. Diese Fläche kann ihre Lage je nach Position des Klemmelements auf dem Halteelement ändern. Die Schrägflächen der Sägezähne sind nicht veränderbar, das Klemmelement liegt stets an allen Schrägflächen an. Sie sind daher nicht ge-eignet, eine Anregung zu geben, eine veränderbare Stützfläche durch eine Mehr-zahl von Zungen zu bilden. Außerdem stützen die Schrägflächen nicht die Seiten-wand eines Rahmens, sie sind vielmehr die Gleitflächen für ein Klemmelement. IV. Die von dem Beklagten verteidigten Ansprüche 3 bis 5 und 8 bis 14 werden durch deren Rückbezug auf Anspruch 1 in seiner verteidigten Fassung von dessen Bestandskraft mitgetragen. Da der Patentanspruch 6 von der Klägerin nicht angegriffen wird, bleibt dieser im erteilten Umfang, d. h. mit Rückbezug auf die vorangehenden erteilten Ansprüche 1 bis 5 in Kraft. Soweit die nachfolgenden Ansprüche 7 bis 14 auf Anspruch 6 rückbezogen sind, ist insoweit ebenso Anspruch 6 im erteilten Umfang maßgeblich. V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Schutzumfang des Streitpatents durch den Antrag des Beklagten in ganz erheblichem Umfang eingeschränkt wurde. Während vom erteilten Anspruch 1 veränderbare Stützflächen in jeglicher Ausgestaltung umfasst waren (z. B. auch in Form von Keilen oder Exzenter-scheiben), schützt dieser Anspruch nunmehr nur noch die spezielle Ausbildung durch eine Mehrzahl an Zungen entsprechend dem Ausführungsbeispiel in der Streitpatentschrift. - 17 - Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO. VI. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben. Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsfrist kann nicht verlängert werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden. Rauch Püschel Küest Dr. Großmann Richter Pr

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