6. Senat - Rufbereitschaftszulage für Arbeitsleistung während der Rufbereitschaft
Karar Dilini Çevir:
6. Senat - Rufbereitschaftszulage für Arbeitsleistung während der Rufbereitschaft
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 6 AZR 1015/08 2 Sa 125/08 Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Im Namen des Volkes! Verkündet am 20. Mai 2010 URTEIL Gaßmann, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger, pp. Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Bundes-arbeitsgericht Dr. Fischermeier, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Brühler, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Spelge sowie den ehrenamt-lichen Richter Oye und die ehrenamtliche Richterin Schipp für Recht erkannt: - 2 - 6 AZR 1015/08 - 3 - 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landes-arbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 5. No-vember 2008 - 2 Sa 125/08 - wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die Zahlung einer Rufbereitschaftszulage für Arbeitsleistungen während der Rufbereitschaft. Der Kläger ist im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beklagte zur Ab-leistung von Rufbereitschaft verpflichtet. Auf das zwischen den Parteien be-stehende Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Zulagen-tarifvertrag für die Arbeitnehmer der DB AG (ZTV) vom 10. März 2005 An-wendung. Dieser enthält zur Rufbereitschaft folgende Regelung: „Abschnitt V Arbeitszeitbezogene Zulagen/Zuschläge ... § 18 Rufbereitschaftszulage (1) Beginn und Ende der Rufbereitschaft sind nach betrieblichen Belangen festzusetzen. (2) Der Arbeitnehmer erhält für Rufbereitschaft eine Rufbereitschaftszulage in Höhe von 1,76 EUR (ab 30. Juni 2007 in Höhe von 1,79 EUR) je Stunde. (3) Neben der Rufbereitschaftszulage wird für die genehmigte Benutzung des privaten Pkw für Fahr-ten zwischen Wohnung und Einsatzstelle im Rah-men der Rufbereitschaft eine km-Pauschale in Höhe von 0,27 EUR gezahlt.“ Die Rufbereitschaft wird im Einsatzbereich des Klägers in einem Jahresplan festgelegt. Die Parteien streiten über die Weitergewährung der 123- 3 - 6 AZR 1015/08 - 4 - Zulage nach § 18 Abs. 2 ZTV für Arbeitseinsätze des Klägers im Rahmen der Rufbereitschaft zwischen Dezember 2006 bis März 2007. Die Beklagte ver-gütete diese Arbeitseinsätze als Arbeitszeit mit der Vollarbeitsvergütung zzgl. der jeweiligen Zuschläge. Die Rufbereitschaftszulage zahlte sie daneben nicht. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Rufbereitschaft bestehe auch während einer tatsächlichen Inanspruchnahme der Arbeitsleistung fort. Der Kläger hat zuletzt beantragt: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger und Berufungs-kläger 135,51 Euro brutto und Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz aus 36,95 Euro seit dem 25. Januar 2007, 35,20 Euro seit dem 25. Februar 2007, 12,32 Euro seit dem 25. März 2007 sowie aus 51,04 Euro seit dem 25. April 2007 zu zahlen. Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klagabweisungsantrages vor-getragen, die Rufbereitschaft ende, sobald die Arbeitsleistung abgerufen werde. Ein tatsächlicher Arbeitseinsatz schließe das Vorliegen von Rufbereitschaft während seiner Dauer aus. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Lan-desarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klage-begehren weiter. Entscheidungsgründe Die Revision ist unbegründet. Die Rufbereitschaftszulage nach § 18 Abs. 2 ZTV ist für Zeiten, in denen der Arbeitnehmer während der an-geordneten Rufbereitschaft Arbeitsleistungen erbringt, nicht zu zahlen. 45678- 4 - 6 AZR 1015/08 - 5 - 1. Nach § 18 Abs. 2 ZTV erhält der Arbeitnehmer „für Rufbereitschaft“ die tariflich festgelegte Zulage. Rufbereitschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort so wählen muss, dass er auf Abruf die Arbeit innerhalb einer Zeitspanne aufnehmen kann, die den Einsatz nicht gefährdet (Senat 19. Dezember 1991 - 6 AZR 592/89 - AP BMT-G II § 67 Nr. 1 = EzA BGB § 611 Arbeitsbereitschaft Nr. 1). Für diese Leistung, die in der Beeinträchtigung seiner Freizeitgestaltung liegt, erhält der Arbeitnehmer die Zulage nach § 18 Abs. 2 ZTV (Senat 22. Januar 2004 - 6 AZR 543/02 - zu II 2 a der Gründe). 2. Wird der Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft zur tatsächlichen Arbeitsleistung herangezogen, erbringt er in dieser Zeit eine andere Form der Leistung als die durch die Rufbereitschaftszulage abgegoltene. Für diese Arbeitsleistung erhält er die vertraglich oder tariflich für Vollarbeit vorgesehene Vergütung, gegebenenfalls zuzüglich der einschlägigen Zulagen. Auch wenn er sich in dieser Zeit noch innerhalb der angeordneten Rufbereitschaft befindet (vgl. zur Dauer der Rufbereitschaft Senat 5. Februar 2009 - 6 AZR 114/08 - Rn. 18, AP TVöD § 8 Nr. 6 = EzTöD 100 TVöD-AT § 8 Rufbereitschaftsentgelt Nr. 5 für den TVöD; 28. Juli 1994 - 6 AZR 76/94 - zu II 2 der Gründe, AP BAT § 15 Nr. 33 = EzBAT BAT § 15 Rufbereitschaft Nr. 4 zu § 15 Abs. 6b Unterabs. 3 BAT), bedarf es angesichts der gänzlich verschiedenen Leistungs-zwecke der Vergütung für Rufbereitschaft und Vollarbeit einer ausdrücklichen Regelung, wenn eine Rufbereitschaftszulage neben dem für anfallende Arbeit während der Rufbereitschaft geschuldeten Entgelt gezahlt werden soll. Eine solche Anordnung enthält § 18 Abs. 2 ZTV im Unterschied zu § 15 Abs. 6b Unterabs. 3 BAT nicht. a) Anders als in § 15 Abs. 6b Unterabs. 3 BAT haben die Tarifvertrags-parteien nicht durch die Aufnahme eines Zusatzes in § 18 Abs. 2 ZTV aus-drücklich das Verhältnis der für angefallene Arbeit während der Rufbereitschaft zu zahlenden Vergütung zu der Vergütung für die gesamte Zeit der Rufbereit-schaft klargestellt (vgl. hierzu Senat 9. Oktober 2003 - 6 AZR 512/02 - BAGE 108, 72, 74). 91011- 5 - 6 AZR 1015/08 - 6 - b) Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich eine derartige An-ordnung auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung über die Rufbereitschaft im ZTV entnehmen. aa) Aus § 18 Abs. 3 ZTV, der die Entschädigung für den Einsatz des privaten PKW für die Fahrt zwischen Wohnung und Einsatzort regelt, lassen sich entgegen der Auffassung des Klägers keine Rückschlüsse darauf ziehen, dass Einsätze während der Rufbereitschaft nach Auffassung der Tarifvertrags-parteien noch zur Rufbereitschaft zählten und darum die Rufbereitschaftszulage auch für diese Zeiten weiter zu zahlen sei. § 18 Abs. 3 ZTV regelt einen anderen Sachverhalt. Die Arbeitszeit beginnt gemäß § 11 Abs. 1 des Arbeits-zeittarifvertrags für die Arbeitnehmer von Schienenverkehrs- und Schienen-infrastrukturunternehmen des Agv MoVe (AZTV-S) vom 10. März 2005, der gemäß § 1 iVm. der Anlage zum AZTV-S auch für das Arbeitsverhältnis der Parteien gilt, erst am vorgeschriebenen Arbeitsplatz. Aus § 18 Abs. 3 ZTV folgt vielmehr, dass die Tarifvertragsparteien dann, wenn zu der Rufbereitschaftszulage weitere Ansprüche hinzutreten sollten, ausdrückliche Regelungen für erforderlich angesehen und solche auch getroffen haben. Daran fehlt es für Arbeitseinsätze während der Rufbereit-schaft. bb) Daraus, dass die Rufbereitschaftszulage im Abschnitt V „Arbeitszeit-bezogene Zulagen/Zuschläge“ geregelt ist, folgt ebenfalls nichts für die Auf-fassung des Klägers. Daraus lässt sich nicht folgern, dass die Tarifvertrags-parteien die Rufbereitschaftszulage auch für Zeiten, in denen der Arbeitnehmer zu Arbeitseinsätzen herangezogen wird und Vollarbeit leistet, weiter gewähren wollten, denn Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit (EuGH 3. Oktober 2000 - C-303/98 - [Simap] Rn. 50, Slg. 2000, I-7963; Neumann/Biebl ArbZG 15. Aufl. § 7 Rn. 14; Schliemann ArbZG § 2 Rn. 31). Außerdem enthält Abschnitt V des ZTV auch Regelungen, die sich nicht unmittelbar auf die Arbeitszeit beziehen. So sieht § 13 Abs. 1 ZTV etwa eine Arbeitsbefreiung an Vorfesttagen vor. § 16 Abs. 3 ZTV regelt eine Schichtzulage, die unabhängig von der konkreten Lage 12131415- 6 - 6 AZR 1015/08 der Arbeitszeit wegen der besonderen Belastungen durch die Schichtarbeit gewährt wird. c) Schließlich ergibt sich eine Vergütungspflicht der Arbeitseinsätze innerhalb der Rufbereitschaft auch nicht aus dem Zweck der tariflichen Ruf-bereitschaftszulage in § 18 Abs. 2 ZTV. Wie ausgeführt dient diese dem Aus-gleich des Eingriffs in die Freizeitgestaltung des Arbeitnehmers. Wird er zum Arbeitseinsatz herangezogen, endet seine Freizeit, so dass kein Ausgleich für das Bereithalten zur Arbeitsleistung mehr erforderlich ist. Der Arbeitgeber schuldet lediglich die Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung. 3. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen. Fischermeier Brühler Spelge Oye B. Schipp 1617

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