6. Senat - Insolvenzanfechtung - mittelbare Zuwendung
Karar Dilini Çevir:
6. Senat - Insolvenzanfechtung - mittelbare Zuwendung
Bundesarbeitsgericht 6 . Senat Urteil vom 21. November 2013 - 6 AZR 159/12 - I. Arbeitsgericht Nordhausen Urteil vom 25. Januar 2011 - 1 Ca 651/10 - II. Thüringer Landesarbeitsgericht Urteil vom 8. Dezember 2011 - 6 Sa 99/11 - F ür die Amtliche Sammlung: Ja Entscheidungsstichwort e : Insolvenzanfechtung - mittelbare Zuwendung Gesetz: InsO § 131 Abs. 1 Leits atz : Weist der spätere Insolvenzschuldner einen Dritten an, die geschuldete Leistung gegenüber dem Gläubiger zu erbringen, liegt darin im Regelfall der sie geschuldet ist. Das gilt auch, wenn der Schuldner und der Dritte Schwesterunternehmen sind oder einen Gemeinschaftsbetrieb unter - halten. - 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 6 AZR 159/12 6 Sa 99/11 Thüringer Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes! Verkündet am 21. November 2013 URTEIL Gaßmann , Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Beklagter, Widerkläger, Berufungsbeklagter un d Revisionskläger, pp. Kläger, Widerbeklagter, Berufungskläger und Revisionsbeklagter, hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. November 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Fischermeier, die Richterinnen am Bundesarbeitsg e- richt Gallner u nd Spelge sowie die ehrenamtlichen Richter Geyer und Steinbrück für Recht erkannt: - 2 - 6 AZR 159/12 - 3 - 1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 8. Dezember 2011 - 6 Sa 99/11 - aufgehoben. 2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entsche i- dung, auch über die Kosten der Revision, an das La n- desarbeitsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten nur noch über Lohnzahlungen an den Kläger, d e- ren Rückerstattung der Beklagte im Wege der Widerklage unter dem Gesicht s- punkt der Insolvenzanfechtung verlangt. Der Beklagte ist Verwalter in dem am 29. April 2009 auf Antrag vom 19. Januar 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der W Sp e- zialbau GmbH ( Schuldnerin ) . Der Kläger war v om 1. August 2007 bis zum 31. Januar 2009 bei der Schuldnerin als Polier beschäftigt. Das monatliche En t- gelt von 2.500,00 Euro brutto war laut Arbeitsvertrag zum 15. des Folgemonats fällig . Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Schuldnerin war Herr W , der seit April 2008 auch alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der W & M GmbH war. Die Schuldnerin führte hauptsächlich Aufträge der W & M GmbH aus , über deren Vermögen ebenfalls am 29. April 2009 das Insolven z- verfahren eröffnet wurde . Beid e Unternehmen unterhielten denselben G e- schäftssitz, nutzten denselben Geschäftsraum und führten Verrechnungsko n- ten. Wechselseitige Forderungen wurden nicht ausgezahlt, sondern in der j e- weiligen Buchhaltung erfasst, in das Verrechnungskonto eingestellt und intern auf ein anderes Konto umgebucht. In welchem Umfang der Kläger auch für die W & M GmbH tätig war, ist streitig geblieben . 1 2 - 3 - 6 AZR 159/12 - 4 - Der Kläger erhielt seit August 2008 wiederholt Lohnzahlungen von Ko n- ten der W & M GmbH, wobei die drei letzten Zahlungen mit dem ausdrücklichen waren . Die Zahlungen setzten sich wie folgt zusammen: 28. August 2008 755,38 Restlohn Juni 2008 11. September 2008 800,00 Abschlag Juli 2008 2. Oktober 2008 752,25 Restlohn Juli 2008 14. Oktober 2008 800,00 Abschlag August 2008 30. Oktober 2008 752,25 Restlohn August 2008 17. November 2008 800,00 Abschlag September 2008 28. November 2008 752,25 Restlohn September 2008 17. Dezember 2008 800,00 Abschlag Oktober 2008 12. Januar 2009 752,25 Restlohn Oktober 2008 Am 14. April 2010 erklärte der Beklagte die Anfechtung der ab dem 30. Oktober 2008 erfolgten Zahlungen , hinsichtlich der Zahlung vom 17. D e- zember 2008 allerdings nur über einen Betrag von 600,00 Euro. Die daraufhin vom Kläger erhobene negative Feststellungsklage ist im Hinblick auf die allein noch streitbefangene Widerklage des Beklagten rechtskräftig abgewiesen. Der Beklagte hat geltend gemacht, die angefochtenen Lohnzahlungen bewirkten eine inkongru ente Deckung iSd. § 131 Abs. 1 InsO, weil sie auf A n- weisung der Schuldnerin durch einen Dritten erfolgt seien. Die weiteren V o- raus aussetzungen des § 131 Abs. 1 InsO seien ebenso wie die des § 133 Abs. 1 InsO erfüllt. Die Inkongruenz der vom Kläger erlangte n Deckung sei ein starkes Beweisanzeichen für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Sc huldneri n und für die Kenntnis des Klägers von diesem. Der Beklagte hat im Wege der Widerklage beantragt, den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten 3.6 56,75 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozen t- punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 29. April 2009 zu zahlen. 3 4 5 6 - 4 - 6 AZR 159/12 - 5 - Der Kläger hat zur Begründung seines Antrags, die Widerklage abz u- weisen , die Ansicht vertreten, es liege keine inkongruente Deckung vor. Loh n- zahlungen durch die W & M GmbH seien nicht unüblich gewesen. Er habe di e- se Zahlungen nicht als verdächtig empfunden, weil er seine Arbeitsleistungen stets erbracht habe und sogar für die W & M GmbH tätig geworden sei. Dies gelte umso mehr , als di e S chuldnerin und die W & M GmbH einen gemeins a- men Betrieb unterhalten hätten. Der Kläger hat sich außerdem auf die Barg e- schäftsausnahme des § 142 InsO berufen. Das Arbeitsgericht hat der Widerklage stattgegeben. Das Landesa r- beitsgericht hat das Vorliegen einer inkongruenten Deckung verneint und die Widerklage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision des Beklagten. Entscheidungsgründe Die Revision hat Erfolg . Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts konnt e die Widerk lage nicht abgewiesen werden. Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, ob Anfechtung s- tatbestände erfüllt sind. Dazu bedarf es noch weiterer Feststellungen des La n- desarbeitsgerichts. Der Rechtsstreit war daher an das Berufungsgericht zurüc k- zuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO) . A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die streitbefangenen Lohnzahlungen seien nicht nach § 131 Abs. 1 InsO anfechtbar, weil der Kläger keine i nkongruen te Deckung erlangt habe. Die Schuldnerin und die W & M GmbH als Dritte seien von ein und derselben Person wirtschaftlich einheitlich geführt worden. Der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer beider Firmen habe über die finanziellen Mittel gleicherma ßen verfügt. Im Ergebnis sei alles aus eines Dritten vor. Diese Begründung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung 7 8 9 10 - 5 - 6 AZR 159/12 - 6 - nicht stand. Mit den von ihm getroffenen Feststellungen durfte das Landesa r- beitsgericht nicht davon ausgehen, dass die erlangte Deckung kongruent war. I. Die Insolvenzanfechtung nach § § 129 ff. InsO gibt dem Insolvenzve r- walter eine Handhabe, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene Schmälerungen der Insolvenzma sse wieder zu korrigieren. Im Interesse der Wiederherstellung des Schuldnervermögens sollen bestimmte, als ungerech t- fertigt angesehene Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht und der Insolvenzmasse zurückgewährt werden (BGH 26. April 2012 - IX ZR 74/11 - Rn. 35, BGHZ 193, 129; 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05 - Rn. 13, BGHZ 182, 317) . Weicht die konkrete Deckungshandlung vom Inhalt des Schuldverhältnisses ab, das zwischen Insolvenzgläubiger und Schuldner b e- steht ( inkongruente Sicherung bzw. Befriedigung ) , erscheint der Gläubiger w e- niger schutzwürdig . Solche Leistungen sind im Hinblick auf die nahe bevorst e- hende Insolvenz besonders verdächtig (vgl. BGH 6. Mai 2010 - IX ZR 114/08 - Rn. 5) . Deshalb erleichtert § 131 InsO bei inkongruenter Deckung die Anfec h- tun g im Vergleich zu § 130 InsO. Die Feststellung der Inkongruenz erfordert den Abgleich von rechtlich geschuldetem Vorgehen und tatsächlichem Vorg e- hen des Schuldners . Dabei ist die materiell - rechtliche Rechtslage im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung iSv. § 140 Abs. 1 InsO maßgeblich (BAG 12. September 2013 - 6 AZR 980/11 - Rn. 73) . Ausgehend vom dargestellten Zweck der Insolvenzanfechtung ist das Vorliegen der Kongruenz nach strengen Maßstäben zu beurteilen. Kongruenz liegt bei Abweichungen von der nach dem Inhalt des Anspruchs typischen und gesetzmäßigen Erfüllung regelmäßig nur vor, wenn diese Abweichungen lediglich geringfügig sind und der Verkehrssitte oder Handelsbräuchen entsprechen (BGH 9. Januar 2003 - IX ZR 85/02 - zu III 1 a der Gründe ) . I I. Die nach § 143 Abs. 1 InsO an die Insolvenzmasse zurückzugewä h- renden Werte müssen nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Schuldners stammen. Anfechtbar können vielmehr auch solche Rechtshandlungen des Schuldners sein, durch die er Vermögensbestandteile unter Einschaltung einer Mittelsperson an den gewünschten Empfänger verschiebt, ohne notwendige r- 11 12 - 6 - 6 AZR 159/12 - 7 - weise mit diesem äußerlic h in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu treten (mi t- telbare Zuwendungen) . 1. Hat der Gläubiger keinen Anspruch darauf , dass seine Forde rung in der gewählten Art durch einen Dritten erfüllt wird , liegt darin im Regelfall eine nicht unerhebliche Abweichung vom vereinbarten Erfüllungsweg. Die Befriedigung Weist der Schuldner e i- nen Dritten an, die geschuldete Leistung gegenüber dem Gläubiger zu erbri n- gen, ist eine solche mittelbare Zahlung deshalb idR dem Empfänger gegenüber als inkongruente Deckung anfechtbar . Voraussetzung ist allerdings, dass für den Empfänger (Gläubiger) erkennba r gewesen ist, dass es sich um eine Lei s- tung des Schuldners handelte (Kreft in HK - InsO 6. Aufl. § 129 Rn. 28) . Mittelb a- re Zuwendungen sind in diesen Fällen so zu behandeln, als habe der befriedi g- te Gläubiger sie unmittelbar vom Schuldner erworben (BGH 26. April 2012 - IX ZR 74/11 - Rn. 9, BGHZ 193, 129; vgl. auch 20. Januar 2011 - IX ZR 58/10 - Rn. 17; 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01 - Rn. 9 ) . 2. Auch bei Zahlung durch einen Dritten kann jedoch eine kongruente D e- ckung vorliegen, wenn ein eigenes Forderung srecht des Insolvenzgläubigers unanfechtbar begründet worden ist (BGH 10. Mai 2007 - IX ZR 146/05 - Rn. 8; MünchKommIns O /Kayser 3. Aufl. § 131 Rn. 35 a ) , etwa weil die Zahlung auf eine r entsprechende n dreiseitige n , insolvenzfest getroffenen Abrede beruht e ( vgl. Uhlenbruck /Hirte 13. Aufl. § 131 InsO Rn. 8) . a) Ob inkongruente Deckung vorliegt, entscheidet sich, wie ausgeführt, danach, ob vom Inhalt des Schuldverhältnisses abgewichen wird. Bevor Inko n- gruenz bejaht wird, ist es deshalb er forderlich, die gesch uldete Leistung rech t- lich genau zu bestimmen. Bei einem Vertrag ist maßgeblich, was die Beteiligten tatsächlich vereinbart haben, nicht jedoch, was sie hätten vereinbaren können (BGH 2. April 1998 - IX ZR 232/96 - zu II 2 b cc der Gründe) . Dies und die Übereinstimmung der Deckung mit dem Schuldinhalt sind objektiv zu beurteilen. Abweichende subjektive Vorstellungen der Beteiligten sind unerheblich ( MünchKommIns O /Kayser 3. Aufl. § 131 Rn. 9) . 13 14 15 - 7 - 6 AZR 159/12 - 8 - b) Auch wenn keine ausdrückliche dreiseitige Abr ede getroffen ist, kann eine solche durch eine lange Praxis stillschweigend vereinbart werden (vgl. zur Möglichkeit konkludenter Vereinbarungen Schoppmeyer in Bork Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts Kap. 8 Rn. 32) . So kann es insbesondere bei g e- sellsc haftsrechtlichen Verflechtungen zweier Unternehmen oder bei der Bildung eines Gemeinschaftsbetriebs der von den Arbeitnehmern und den beteiligten Unternehmen gebilligten Praxis entsprechen, dass ein Unternehmen die Buc h- haltung und personelle Verwaltung auc h für das andere oder die anderen U n- ternehmen betreibt und auch die Zahlung des Entgelts der bei einem anderen Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer aus eigenen Mitteln übernimmt . In derartigen Konstellationen, die sich angesichts der Vielfalt des Arbeits lebens (vgl. die Konstellation in BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 54/12 - ) nicht abstrakt und abschließend festlegen lassen, die aber einem oft unabweisbaren praktischen Bedürfnis entsprechen, liegt idR jedenfalls dann kongruente Deckung vor, wenn die zugrunde li egenden Absprachen vor der Krise getroffen worden sind bzw. sich die entsprechende Praxis vor diesem Zeitpunkt herausgebildet hat. In Fä l- len der vorstehend geschilderten Art, in denen keine Abweichung der tatsächl i- chen Leistung vom ursprünglichen Pflichten plan vorliegt, ergibt sich die inso l- venzrechtliche Unverdächtigkeit der Zahlung eines Dritten nicht nur aufgrund der subjektiven Vorstellungen der Beteiligten, sondern aufgrund der getroffenen Abreden bzw. praktischen Handhabung auch bei objektiver Beurtei lung eines Außenstehenden. In derartigen Fällen trifft die der Rechtsprechung zur inso l- venzrechtlichen Bewertung von Leistungen Dritter zugrunde liegende Annahme, die Leistung nicht an den Schuldner, sondern an einen der Gläubiger des Schuldners sei nicht verkehrsüblich (BGH 9. Januar 2003 - IX ZR 85/02 - zu III 1 a der Gründe ) , nicht zu. c ) Für die Prüfung, ob (stillschweigende) Abreden insolvenzfest sind, kommt es auf den Zeitpunkt an, in dem die Abrede getroffen wird. Wird die das ursprüngliche Schuldv erhältnis abändernde Abrede im letzten Monat vor dem Insolvenzantrag getroffen, kann sie keine Kongruenz herstellen. Eine solche Abrede unterliegt aufgrund ihrer Inkongruenz der Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Erfolgt die abändernde Absprache inne rhalb der Dreim onatsfrist des 16 17 - 8 - 6 AZR 159/12 - 9 - § 131 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 InsO, kann kongruente Deckung nur erzielt we r- den, wenn der Schuldner im Zeitpunkt der neuen Vereinbarung weder za h- lungsunfähig war noch der Gläubiger die benachteiligende Wirkung kannte (MünchKommI ns O /Kayser 3. Aufl. § 131 Rn. 10; Schoppmeyer in Bork Han d- buch des Insolvenzanfechtungsrechts Kap. 8 Rn. 36) . Werden abändernde Vereinbarungen vor Beginn der Dreimo natsfrist des § 131 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 InsO getroffen, ist eine dem so geänderten Anspruch entsprechende Lei s- tung grundsätzlich kongruent. Allerdings kann die abändernde Vereinbarung ihrerseits bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 133 InsO anfechtbar sein ( vgl. BGH 2. Februar 2006 - IX ZR 67/02 - Rn. 40, BGHZ 166, 125) . 3. Die bloße Bildung eines Gemeinschaftsbetriebs genügt - anders als der Kläger annimmt - allerdings noch nicht, um anzunehmen, die angefochtenen Zahlungen seien aufgrund einer s tillschweigend getroffen en dreiseitige n Abrede erfolgt und hätten zu einer kongruenten Dec kung geführt. Darum kommt es nicht darauf an, ob die Schuldnerin und die W & M GmbH einen Gemei n- schaftsbetrieb unterhalten haben. Ein Gemeinschaftsbetrieb lässt die arbeit s- vertraglichen Beziehungen unberührt. Auch im Rahmen eines gemeinsamen Betriebs bleib t Vertragsarbeitgeber allein das Unternehmen, das den Arbeit s- vertrag mit dem betroffenen Arbeitnehmer geschlossen hat. Nur diesem gege n- über stehen dem Arbeitnehmer vertragliche Entgelt ansprüche zu ( BAG 12. Dezember 2006 - 1 ABR 38/05 - Rn. 11 ) . Im bloßen E rbringen der nicht g e- schuldeten Leistung allein liegt regelmäßig noch keine Abänderung des Schuldgrundes ( vgl. für den umgekehrten Fall des Erbringens von Arbeitslei s- tungen für die spätere Insolvenzschuldnerin statt für den Vertragsarbeitg e ber BGH 17. Okto ber 2013 - IX ZR 10/13 - Rn. 11; s. auch MünchKommIns O / Kayser 3. Aufl. § 131 Rn. 10) . Zahlt nicht der Vertrag sarbeitgeber den Lohn, sondern ein anderes am gemeinsamen Betrieb beteiligtes Unternehmen, liegt deshalb ei ne nicht geringfügige Abweichung zwischen materiell - rechtlich g e- schuldeter und tatsächlicher Leistung und damit eine inkongruente Leis tung iSv. § 131 Abs. 1 InsO vor. Erst dann, wenn über die bloße Gründung eines G e- meinschaftsbetriebs hinaus zusätzlich eine dreiseitige Abrede im oben darg e- stellten Sinn zwischen den beteiligten Unternehmen und den Arbeitnehmern 18 - 9 - 6 AZR 159/12 - 10 - getroffen wird, wonach die Entgelt ansprüche nicht vom Vertragsarbeitgeber, sondern einem anderen der beteiligten Unternehmen als Drittem zu erfüllen sind, kann eine kongruente Decku ng in Betracht kommen . 4. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts fehlt es in dem Fall, dass Entgeltansprüche nicht durch den Vertragsarbeitgeber, sondern durch ein andere s Unternehmen erfüllt werden, nicht bereits dann an einer mi t- telbaren Zuwe ndung und damit Inkongruenz, wenn der Schuldner und der zur Zahlung angewiesene Dritte ein wirtschaftlich einheitliches Unterneh men unte r- Die se Recht s- auffassung widerspricht wesentlichen Grundge danken der Insolvenzordnung. a) Das deutsche Insolvenzverfahren ist rechtsträgerbezogen ausgestaltet. De lege la t a - auch anfechtungsrechtlich die sorgfältige Trennung der Vermögensmassen ( Brinkmann in Bork Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts Kap. 18 Rn. 7 f.) . In Beachtung dieses Grundsatzes sind über das Vermögen der Schuldnerin und der W & M GmbH zwei selbständige Insolvenzverfahren eröf f- net worden. Soweit die materielle Zusammenführung der gesellschaftsrechtlich selbständigen Rechtsträger im Insolvenzverfahren mit dem Ziel der Bildung e i- ner einheitlichen Konzernmasse diskutiert wird , handelt es sich um eine Di s- kussion de lege ferenda. b) Diesen Grundsatz der Rechtsträge rbezogenheit des deutschen Inso l- venzverfahrens hat d as Landesarbeitsgericht nicht ausreichend beachtet , s o- weit es die S chuldnerin und die W & M GmbH als wirtschaftliche Einheit ang e- sehen und daraus gefolgert hat , die streitbefangenen Zahlungen hätten eine kongruente Deckung bewirkt. aa) Die vom Landesarbeitsgericht befürwortete Einschränkung des Tatb e- standes der Inkongruenz bei wirtschaftlich einheitlich geführten Unternehmen führt e in letzter Konsequenz zu eine r erhebliche n Einschränkung der Insolven z- anfechtung nach § 131 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO. Der Ansatz des Landesa r- beitsgerichts beträfe neben wirtschaftlich einheitlich geführten Unternehmen wie 19 20 21 22 - 10 - 6 AZR 159/12 - 11 - die Schuldnerin und die W & M GmbH auch verbundene Unternehmen iSv. § 15 AktG, Konzerne iSv. § 18 AktG und nicht zuletzt gemeinsam wirtschaftende natürliche Personen (häusliche Gemeinschaften) . Das Schaffen solcher Au s- nahmetatbestände im Rahmen der Deckungs - und Vorsatzanfechtung ist mit den gesetzgeberischen Zielen der Insolvenzordnung nicht vereinbar. D er G e- setzgeber bezweckte im Interesse der Maximierung einer Verteilungsmasse gerade eine Verschärfung und Erweiterung des Insolvenzanfechtungsrechts. Deshalb wurde der Nachweis der subjektiven Tatbestandsmerkmale erleichtert, die kritische Zeit auf bis zu dr ei Monate vor dem Eröffnungsantrag erweitert und die Anfechtungsfrist verlängert (vgl. dazu MünchKommIns O/ Ganter /Lohmann 3. Aufl. § 1 Rn. 38 ff.; Uhlenbruck/Pape 13. Aufl. § 1 InsO Rn. 14 ) . bb ) Der Gesetzgeber hat die Problematik persönlich und wirtschaftlich n a- hestehender Personen erkannt und sich in § 138 iVm. § 130 Abs. 3, § 131 Abs. 2, § 133 Abs. 2 InsO für eine erleichterte Anfechtung der Leistung an n a- hestehende Personen entschieden. Den umgekehrten Fall der Leistung mittels nahestehender P ersonen an Dritte hat der Gesetzgeber gerade nicht geregelt. Diesbezüglich bleibt es also bei den allgemeinen Anfechtungsregelungen der Insolvenzordnung. cc ) Die vom Landesarbeitsgericht vertretene Einschränkung des Tatb e- standes der Inkongruenz bei wirts chaftlich einheitlich geführten Unternehmen birgt im Übrigen eine erhebliche Missbrauchsgefahr. S ie erlaubt dem Insolven z- schuldner die Umgehung der Vorsatz - und Deckungsanfechtung durch Zw i- schenschaltung eines verbundenen Unternehmens oder einer nahestehen den Person. dd ) Zur Annahme einer kongruenten Deckung ist deshalb auch bei eng verbundenen Unternehmen wie der Schuldnerin und der W & M GmbH stets eine zumindest stillschweigende Abrede erforderlich , die die Zahlungspflichten eindeutig regelt. III. D i e fünf Zahlungen nach dem 30. Oktober 2008, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, sind unstreitig von der W & M GmbH auf Entgel t- 23 24 25 26 - 11 - 6 AZR 159/12 - 12 - forderungen des Klägers gegenüber der Schuldnerin erbracht worden. Das Vo r- liegen ausdrücklicher oder konkludenter dre iseitiger Absprachen, nach denen die W & M GmbH regelhaft die Zahlungen aller Arbeitnehmer der Schuldnerin oder jedenfalls des Klägers aus eigenen Mitteln übernommen habe, behauptet der Kläger nicht. Eine entsprechende Praxis ergibt sich aus den Feststellu ngen des Landesarbeitsgerichts nicht. Soweit der Kläger im Revisionsverfahren erstmals das Vorliegen eines einheitlichen Arbeitsverhältnisses sowohl zur Schuldnerin als auch zur W & M GmbH behauptet und daraus gefolgert hat, die W & M GmbH habe auf eigene Schuld geleistet, hat das Landesarbeitsgericht die für eine derartige Annahme erforderlichen Tatsachen (vgl. dazu BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - Rn. 16 f.) nicht festgestellt. IV. Bei seiner Würdigung, ob die Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO durch greift, hat das Landesarbeitsgericht - ausgehend von seinem Recht s- standpunkt, es liege kongruente Deckung vor, konsequent - das Vorliegen einer inkongruenten Deckung nicht berücksichtigt. Die Inkongruenz ist jedoch sowohl ein erhebliches Beweisanzeichen fü r den Benachteiligungsvorsatz des Schul d- ners (ausführlich BAG 12. September 2013 - 6 AZR 980/11 - Rn. 56) als auch für die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners iSd. § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO (vgl. dazu BAG 12. September 2013 - 6 AZR 980/11 - Rn. 60) . Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht die erforderliche abschließende Gesamtabwägung aller Umstände unterlassen. Deshalb kann das Urteil auch insoweit keinen Bestand haben, als es die V o- raussetzungen des § 133 Abs. 1 I nsO verneint hat. B. Der Senat kann nicht abschließend in der Sache entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) . Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen zum Vorliegen der für alle Insolvenztatbestände erforderlichen Gläubigerbenachteiligung sowie zur Zahlung sunfähigkeit getroffen . Dies wird es unter Beachtung nachstehende r Erwägungen nachzuholen haben. 27 28 29 - 12 - 6 AZR 159/12 - 13 - I. Eine Gläubigerbenachteiligung iSv. § 129 InsO liegt vor, wenn eine Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf Vermögen des Schuldners vereitelt, e r- schwert oder verzögert hat und sich deswegen die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungswe i- se günstiger gestaltet hätten (BGH 26. Apr il 2012 - IX ZR 74/11 - Rn. 11, BGHZ 193, 129) . 1. Bei einer Zahlung des Schuldners durch Einschaltung eines Dritten ist zwischen der Anweisung auf Schuld einerseits und der Anweisung auf Kredit andererseits zu unterscheiden. Im ersten Fall tilgt der Ang ewiesene mit der Za h lung an den Empfänger eine eigene, gegenüber dem Anweisenden best e- hende Verbindlichkeit. Dies führt zu einer Gläubigerbenachteiligung, weil der Schuldner mit der Zahlung an den Empfänger seine Forderung gegen den A n- gewiesenen verliert u nd der Empfänger nicht mehr an der wechselseitigen Au s- gleichshaftung der Gläubigergesamtheit teilnimmt. Liegt dagegen eine Anwe i- sung auf Kredit vor, nimmt also der Angewiesene die Zahlung an den Empfä n- ger ohne eine Verpflichtung gegenüber dem Anweisenden v or, wird er infolge der Zahlung zum Gläubiger des Anweisenden. Es kommt lediglich zu einem Gläubigerwechsel (Angewiesener für befriedigten Gläubiger) , s o dass eine Gläubigerbenachteiligung grundsätzlich ausscheidet. Die Belastung der Masse mit dem Zugriffs anspruch des Angewiesenen wird hier durch die Befreiung von der Schuld des Zahlungsempfängers ausgeglichen ( vgl. BGH 21. Juni 2012 - IX ZR 59/11 - Rn. 12) . 2. An dieser Differenzierung zwischen Zahlungen eines Dritten im Wege der Anweisung auf Schuld und im Wege der Anweisung auf Kredit ist festzuha l- ten. Entgegen der von der Revision im Anschluss an Stellungnahmen im Schrifttum (Hofmann EWiR 2011, 431; Lütcke NZI 2011, 702, 705 ff.; Henkel ZInsO 2012, 774; Heitsch ZInsO 2011, 1533, 1535 f.) vertretenen Auf fassung folgt aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 6. Oktober 2009 ( - IX ZR 191/05 - Rn. 15, BGHZ 182, 317) und vom 17. März 2011 ( - IX ZR 166/08 - Rn. 17) nicht, dass dieser die Grundsätze des Beschlusses vom 30 31 32 - 13 - 6 AZR 159/12 16. Oktober 2008 ( - IX ZR 147/07 - Rn. 9) , dh. die Differenzierung zwischen Anweisung auf Schuld und Anweisung auf Kredit bei der Feststellung der Glä u- bigerbenachteiligung, aufgeben wollte. Dies hat der Bundesgerichtshof zw i- schenzeitlich ausdrücklich klargestellt (BGH 21. Juni 2012 - IX Z R 59/11 - Rn. 12; vgl. auch den Beschluss des BGH vom 17. April 2013 im Nichtzula s- sungsbeschwerdeverfahren - IX ZR 12/11 - Rn. 2) . 3. Das Landesarbeitsgericht wird festzustellen haben, ob die W & M GmbH die Lohnzahlungen an den Kläger durch Anweisung auf Schuld erbracht hat. II. Die streitbefangenen Zahlungen waren keine Bargeschäfte iSv. § 142 InsO, die nur unter den Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung anfechtbar wären. Ein Bargeschäft setzt eine Vereinbarung zwischen Schuldner und A n- fechtungsgegner ü ber die beiderseits zu erbringenden Leistungen voraus, die im Fall einer inkongruenten Deckung iSv. § 131 Abs. 1 InsO gerade fehlt ( BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 466/12 - Rn. 38 mwN) . C . Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten des Revisionsve r- fahrens zu entscheiden haben. Fischermeier Gallner Spelge M. Geyer Steinbrück 33 34 35

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