6. Senat - Inkongruente Deckung - Zahlung über das Konto der Ehefrau
Karar Dilini Çevir:
6. Senat - Inkongruente Deckung - Zahlung über das Konto der Ehefrau
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 13. November 2014 Sechster Senat - 6 AZR 868/13 - I. Arbeitsgericht Hannover Urteil vom 24. Juli 2012 - 12 Ca 226/12 - II. Landesarbeitsgericht Niedersachsen Urteil vom 29. Juli 2013 - 10 Sa 1111/12 - Für die Amtliche Sammlung: Nein Entscheidungsstichworte: Inkongruente Deckung - Zahlung über Konto der Ehefrau Bestimmung: InsO § 131 Abs. 1 Hinweis des Senats: (Teilweise) Parallelentscheidung zu führender Sache - 6 AZR 869/13 - - 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 6 AZR 868/13 10 Sa 1111/12 Landesarbeitsgericht Niedersachsen Im Namen des Volkes! Verkündet am 1 3. November 2014 URTEIL Gaßmann , Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger, pp. Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte, hat der Sechst e Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1 3. November 2014 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Fischermeier, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Spelge, den Richter am Bundesarbeitsgericht Krumbiegel sowie die ehrenamtl i- chen Richter Sieberts und Steinbrück für Recht erkannt: - 2 - 6 AZR 868/13 - 3 - 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 2 9. Juli 2013 - 10 Sa 1111/12 - aufgehoben. 2. Die Sache wird zur neuen Verh andlung und Entsche i- dung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die Rückzahlung des der Beklagten im Wege einer mittelbaren Zuwendung über das Konto d er Ehefrau des späteren Schuldners gezahlten Nettoentgelts für März 2008 im Wege der Insolvenza n- fechtung. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das auf Eigenantrag des Schuldners vom 1 3. Mai 2008 am 2 7. Juni 2008 eröffnete Insolvenzverfahren über das Ver mögen des Schuldners, das am 2 0. Januar 2011 in ein Nachlass - insolvenzverfahren übergeleitet wurde. Die Beklagte war Arbeitnehmerin des Schuldners, der im Frühjahr 2008 noch ca. 20 weitere Arbeitnehmer beschäfti g- te. Am 3. März 2008 leitete der frühere Ges chäftspartner des Schuldners die Zwangsvollstreckung aus einem am 8. Februar 2008 geschlossenen Schuldanerkenntnis über 820.000,00 Euro , in dem sich der Schuldner der sofo r- tigen Zwangsvollstreckung unterworfen hatte, ein. Am 2 6. März 2008 wurde vom Geschäf tskonto des Schuldners ein Betrag von 100.000,00 Euro mit dem e- sen. Der Schuldner war nie Inhaber dieses Kontos und hatte seit Eröffnung im Jahr 1995 zu keiner Zeit Vollmacht über die ses Konto. Am 2 8. März 2008 überwies die Ehefrau des Schuldners ua. das Nettoentgelt der Beklagten für 1 2 3 - 3 - 6 AZR 868/13 - 4 - März 2008 von 1 . 290,66 Euro , das dieser am Ende des Monats März 2008 gu t- geschrieben wurde. Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 2 1. Dezember 2011 die Anfec h- tung der Zahlung des Entgelts für März 200 8. Dieses Schreiben ging der B e- klagten nicht zu. Am 3 0. Dezember 2011 beantragte der Kläger bei dem A r- beitsgericht Hannover den Erlass eines Mahnbescheids. Den Anspruch b e- zeichnete er wie folgt: pruch auf Rückgewähr auf Grund Insolvenzanfec h- tung des über das Konto der H M für den Monat März 2008 gezahlten Arbeitsentgeltes i. H. v. 1.290,66 EUR . Das Arbeitsgericht erließ den Mah nbescheid zunächst nicht, weil die angegebene Adresse im Zuständigkeitsbezirk des Arbeitsgerichts Nienburg liegt. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 1 0. Januar 2012 innerhalb der gewährten Frist von einem Monat diese Bedenken unter Hinweis auf § 48 Abs. 1a ArbGG ausgeräumt hatte, erließ das Arbeitsgericht den Mahnbescheid am 1 2. Januar 201 2. Dieser konnte unter der angegebenen Anschrift nicht z u- gestellt werden. Auf das ihm am 3. Februar 2012 zugegangene Schreiben des Arbeitsgerichts vom 2 5. Januar 2012 üb ermittelte der Kläger nach Einholen e i- ner Auskunft des Einwohnermeldeamts am 1 3. Februar die Anschrift der B e- klagten, unter der der Mahnbescheid am 1 6. Februar 2012 zugestellt wurde. Die Beklagte erhob am 23 . Februar 2012 Widerspruch. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.290,66 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2 7. Juni 2008 zu zahlen. Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorg e- tragen, die Zahlung habe keine inkongruente Deckung bewirkt. Zudem habe der Kläger als vorläufiger Insolvenzverwalter den Arbeitnehmern erklärt, sie würden durch die geplante Betriebsfortführung keinen Schaden erleiden, weil sie über das Insolvenzgeld für drei Mon ate abgesichert seien. Diesen selbstgesetzten 4 5 6 7 - 4 - 6 AZR 868/13 - 5 - Vertrauenstatbestand habe er nicht durch die spätere Anfechtung torpedieren dürfen. Auch sei die Masse nicht geschmälert, sondern vermehrt worden, weil die Beklagte weitergearbeitet habe. Ohne die angefochtene Zahlung bzw. ohne das vom Kläger in Aussicht gestellte Insolvenzgeld hätte sie gekündigt. Die B e- klagte hat Verjährungseinrede erhoben. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom La n- desarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläg er sein Begehren we i ter. Entscheidungsgründe Die Revision hat Erfolg. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts konnte die Klage nicht abgewiesen werden. Auf der Grundlage des bisher fest - gestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, ob der Anfechtung s- tatbestand des § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO erfüllt ist. Dazu bedarf es noch der Feststellung des Landesarbeitsgerichts, ob der Schuldner im Zeitpunkt der an - gefochtenen Rechtshandlung zahlungsunfähig war. Der Rechtsstreit war daher an das Berufu ngsgericht zurückzuverweisen ( § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO) . I. Der Kläger hat die mittelbar über das Konto der Ehefrau des Schul d- ners bewirkte Erfüllung des (Netto - )Entgeltanspruchs für März 2008 und damit eine Rechtshandlung des Schuldners ange fochten. Anfechtungsgegnerin ist die Beklagte. Das hat der Senat in seiner Entscheidung vom 1 3. November 2014 ( - 6 AZR 869/13 - Rn. 12) ausgeführt. II. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe das Entgelt für März 2008 auf dem erfolgten Zahlungsweg beanspruchen können, weil nur eine geringfügige, die Gläubigerinteressen nicht beeinträchtigende A b- weichung vorliege, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie 8 9 10 11 - 5 - 6 AZR 868/13 - 6 - trägt dem Grundgedanken des § 131 InsO nicht hinreichend Rechnun g. Die Befriedigung erfolgte nicht in der geschuldeten Art und war damit inkongruent. 1. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat zunächst auf seine Ausführungen in seiner Entscheidung vom 1 3. November 2014 ( - 6 AZR 869/13 - Rn. 14 bis 29) . 2 . Die Argumente der Beklagten geben keinen Anlass zu einer abwe i- chenden Beurteilung. a) Entgegen der Auffassung der Beklagten verlangt Inkongruenz nicht, dass der Schuldner einseitig die Erfüllungsart wechselt. Ausreichend ist bereits die nicht mehr verkehrsübliche Abweichung vom normalen Zahlungsweg (vgl. BGH 2 0. Januar 2011 - IX ZR 58/10 - Rn. 17) . Eine solche liegt hier vor. Zwar trifft es zu, dass arbeitsvertraglich nicht festgelegt war, über welches Konto die Gehaltszahlung zu erfolgen hatte. Die Beklagte weist auch zu Recht darauf hin, dass Inkongruenz nicht schon dadurch begründet wird, dass das Entgelt über - wiesen wird, also die Bank als Dritte eingeschaltet wird. Es mag auch sein, dass viele Ehegatten ein Konto führen, über das Zahlungen des anderen Eh e- gatten mit abgewickelt werden. Das ist hier jedoch nicht relevant. Die Erfüllung des Märzentgelts 2008 wäre nur kongruent gewesen, wenn sie über das Konto erfolgt wäre, über das nach einer anfechtungsfest getroffenen Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien die Gehaltszahlung im März 2008 üblicherweise vorz u- nehmen war. Das muss während de r Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht stets dasselbe Konto und kann auch das Konto eines Dritten sein. Die Vereinbarung muss nicht ausdrücklich getroffen werden, sondern kann konkludent erfolgen (vgl. BAG 2 1. November 2013 - 6 AZR 159/1 2 - Rn. 16 , BAGE 14 6, 323 ) . Eine Vereinbarung mit dem Schuldner, wonach ihr Entgeltanspruch über das Konto von dessen Ehefrau zu erfüllen war, behauptet die Beklagte jedoch nicht. Sie hatte darum keinen Anspruch auf den vom Schuldner für das Entgelt für März 2008 gewählten E rfüllungsweg. Die Abweichung vom geschuldeten Erfüllung s- weg entsprach auch nicht mehr der Verkehrssitte oder Handelsbräuchen. Ins o- 12 13 14 - 6 - 6 AZR 868/13 - 7 - weit wird auf die Ausführungen in der Entscheidung vom 1 3. November 2014 ( - 6 AZR 869/13 - Rn. 17, 25) verwiesen. b) Die Bekl agte missversteht den Senat, wenn sie annimmt, er gehe d a- - Monats - damit nicht nach § 131 InsO anfechtbar sei. Er hat auch nicht angenommen, Kritik des Neunten Zivilsenats des Bundesgerichtshofs an dieser Rechtspr e- chung (BGH 1 0. Juli 2014 - IX ZR 192/13 - ) einzugehen, bietet der vorliegende Fall daher nicht. aa) Insolvenzgeld wird für die letzten drei Monate de s Arbeitsverhältnisses vor dem Insolvenzereignis gezahlt (BAG 2 9. Januar 2014 - 6 AZR 345/12 - Rn. 43) . Für das Bargeschäft sind dagegen nach der Rechtsprechung des S e- nats die letzten drei Monate der Arbeitsleistung vor der Entgeltzahlung maßge b- lich (seit BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10 - Rn. 17, BAGE 139, 235) . Diese unterschiedlichen Bezugspunkte führen dazu, dass auch nach der Rechtspr e- chung des Senats eine Zahlung im Insolvenzgeldzeitraum nicht zwingend ein Bargeschäft ist und umgekehrt ein Bargeschäft auch außerhalb des Insolven z- geldzeitraums vorliegen kann. Wäre die Zahlung zB am 2 7. März 2008 auf das für Dezember 2007 geschuldete Entgelt erfolgt, läge auch nach der Rechtspr e- chung des Senats hinsichtlich der vom 1. bis 2 6. Dezember 2007 erb rachten Arbeitsleistung kein Bargeschäft mehr vor, obwohl die Zahlung im Insolvenz - geldzeitraum, der sich vom 2 7. März 2008 bis einschließlich 2 6. Juni 2008 e r- streckte (zur Fristberechnung Voelzke in Hauck/Noftz SGB III 2. Aufl. Stand Oktober 2014 K § 165 Rn. 91) , vorgenommen worden wäre. Wäre die Zahlung am 2 6. März 2008 für das am 2 9. Februar 2008 fällige Entgelt für Februar 2008 erfolgt, läge dagegen nach der Rechtsprechung des Senats ebenso wie nach der des Neunten Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (vg l. BGH 1 0. Juli 2014 - IX ZR 192/13 - ) zwar ein Bargeschäft vor. Die Zahlung wäre aber vor dem I n- solvenzgeldzeitraum erfolgt. 15 16 - 7 - 6 AZR 868/13 - 8 - bb) Die angefochtene Zahlung ist zwar Ende März 2008 auf das für diesen Monat geschuldete Entgelt erfolgt, so dass der für ein Bargeschäft notwendige enge zeitliche Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung gegeben ist. Das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO kommt der Beklagten dennoch nicht zugute, weil die Leistung inkongruent war (st . Rspr . seit BAG 2 4. Oktober 2013 - 6 AZR 466/12 - Rn. 38) . (1) Allerdings weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass sich dieses Verständnis des § 142 InsO aus dessen Wortlaut nicht unmittelbar erschließt. Gemäß § 142 InsO ist eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwerti ge Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO gegeben sind. Danach scheint e i- ne Anfechtung bei einem unmittelbaren und gleichwertigen Austausch von Lei s- tung und Gegenleistung, wie er hier vorliegt , nur unter den Voraussetzungen des § 133 InsO möglich zu sein (HK - InsO/Kreft 7. Aufl. § 142 Rn. 8; Henckel in Jaeger InsO § 142 Rn. 8; Paulus FS G. Fischer 2008 S. 447, 453) . Auch lag der erstmals in der Insolvenzordnung erfolgten Kodifizierung des von d er Rech t- sprechung entwickelten Bargeschäftsprivilegs die Annahme des Gesetzgebers zugrunde, die Vorschrift entspreche dem geltenden Grundsatz, dass Barg e- schäfte nicht der Anfechtung kongruenter und inkongruenter Deckung unterl ä- gen, so dass eine Anfechtung eines solchen Geschäfts nur bei einer Absicht s- anfechtung in Betracht komme (BT - Drs. 12/2443 S. 167 zu § 161 RegE unter Bezug auf § 148 RegE, in dem noch eine Absichtsanfechtung vorgesehen war; Zwanziger DB 2014, 2391) . Mit dieser Annahme des Gesetzgebers h at sich der Neunte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seiner grundlegenden, noch zur Konkursordnung ergangenen Entscheidung vom 3 0. September 1993 ( - IX ZR 227/92 - zu IV 2 a der Gründe, BGHZ 123, 320) , an der er auch für § 142 InsO festgehalten hat (seit Urteil vom 7. März 2002 - IX ZR 223/01 - zu III 3 der Gründe, BGHZ 150, 122) , nicht auseinandergesetzt. Er hat allein auf die Pa s- folge, dass Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung verknüpft sein müssten. Daraus ergibt sich aber noch nicht, dass eine Anfechtung wegen 17 18 - 8 - 6 AZR 868/13 - 9 - inkongruenter Deckung möglich bleibt. Das Erfordernis einer Parteivereinb a- rung hat in § 142 InsO nur die Funktion, Leistung und Gegenleistung aufeina n- der zu beziehen. Auch eine Leistung, die nicht in jeder Hinsicht dem Vertrag s- inhalt entspricht, kann aber auf die Gegenleistung bezogen und gleichwertig § 142 InsO voraussetzt (Henckel in Jaeger InsO § 142 Rn. 8) . (2) Die Anwendung des § 142 InsO ist jedoch entsprechend seinem Norm - zweck im Wege der teleologischen Reduktion auf kongruente Deckungen zu beschränken (vgl. HK - InsO/Kreft 7. Aufl. § 142 Rn. 9; ähnlich Henckel in Jaeger InsO § 142 Rn. 9 f.) . Deshalb hat sich der Senat der Rechtsprechung des Bu n- desgerichtshofs angeschlossen und hält daran fest. (a) Mit der teleologischen Reduktion, die zu den von Verfassungs wegen anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört (BAG 1 9. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 33 ) , wird der ausgehend vom Gesetzeszweck zu weit gefasste Wortlaut auf den Anwendungsbereich reduziert, der der ratio legis entspricht (Larenz/Canaris Methodenlehre der Rechtswissenschaft 3. Aufl. S. 210 f.; Kramer Juristische Methodenlehre 4. Aufl. S. 224 f.) . (b) Der Zweck des Bargeschäftsprivilegs gebietet die Beschränkung des § 142 InsO auf Fälle kongruenter Deckung. Nach dem ausdrücklichen Willen h- des § 142 InsO, dass der Schuldner, der sich in der Krise befindet, bei wirtschaftlicher Betrachtung vom Geschäftsve r- kehr ausgeschlossen wäre, wenn selbst wertäquivalente Bargeschäfte ang e- fochten werden könnten. Das soll das Bargeschäftsprivileg verhindern (BT - Drs. 12/2443 S. 167 zu § 161 RegE ) . Diesem eingeschränkten Zweck wide r- spräche es jedoch, wenn auch inkongruente Deckungen privilegiert wären. Es besteht kein Anlass, Handlungen des Schuldners, durch die er seine vertragl i- che n Verpflichtungen nicht in der geschuldeten Weise erfüllt, in der Krise zu begünstigen. Im Hinblick auf den die Insolvenzordnung beherrschenden Grun d- satz der Gläubigergleichbehandlung, den § 131 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 InsO in 19 20 21 - 9 - 6 AZR 868/13 - 10 - die kritische Phase der letzten drei Monate vor dem Eröff nungsantrag vorverl a- gern (vgl. BAG 2 7. Februar 2014 - 6 AZR 367/13 - Rn. 24) , ist es, wie gerade der vorliegende Fall eindrücklich belegt, nicht gleichgültig, ob eine Deckung vereinbarungsgemäß gewährt wird oder nicht. Die Beklagte hatte zwar mit ihrer Arb eitsleistung im Wege der Vorleistung eine Gegenleistung erbracht, die in ihrem Wert der später erhaltenen Zahlung entsprach. Aus anfechtungsrechtl i- cher Sicht wurde sie durch die angefochtene Zahlung aber einseitig begünstigt, weil durch den gewählten Zahlu ngsweg der zur Befriedigung ihrer Forderung aufgewandte Betrag dem Zugriff anderer Gläubiger entzogen und erst so s i- chergestellt wurde, dass die Forderung überhaupt erfüllt werden konnte (vgl. insoweit zutreffend BGH 3 0. September 1993 - IX ZR 227/92 - zu IV 2 a der Gründe, BGHZ 123, 320) . Gerade bei derartigen Handlungen, die den Verdacht begründen, dass der Schuldner ungerechtfertigte Prioritäten setzen wollte, soll § 131 InsO eine erleichterte Anfechtung ermöglichen (vgl. BAG 2 7. Februar 2014 - 6 AZR 367/13 - Rn. 25; vgl. HK - InsO/Kreft 7. Aufl. § 142 Rn. 9) . 3. Die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass sie erkannte, dass es sich bei der Zahlung des Nettoentgelts für März 2008 um eine Leistung des Schuldners handelte (vgl. zu diesem Erfordernis BAG 2 1. November 2013 - 6 AZR 159/12 - Rn. 13 , BAGE 146, 323 ) . III. Die Entscheidung erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig ( § 561 ZPO) . 1. Die Beklagte erlangte die inkongruente Deckung Ende März 2008 und damit im zweiten Monat vor dem am 1 3. Mai 2 008 beim Insolvenzgericht eing e- gangenen Eigenantrag. Auch die erforderliche Gläubigerbenachteiligung iSd. § 129 InsO liegt vor. Das ergibt sich aus den Ausführungen des Senats in se i- ner Entscheidung vom 1 3. November 2014 ( - 6 AZR 869/13 - Rn. 32 bis 39) . S oweit die Beklagte geltend macht, die Masse sei nicht geschmälert, sondern bereichert worden, weil sie gekündigt hätte, wenn der Kläger sie im Insolven z- geldzeitraum auf eine beabsichtigte Anfechtung hingewiesen hätte, beruft sie 22 23 24 - 10 - 6 AZR 868/13 - 11 - sich auf einen hypothetisch en Geschehensablauf, der bei der objektiven Glä u- bigerbenachteiligung grundsätzlich unbeachtlich ist . 2. Ohne Erfolg wendet die Beklagte auch Entreicherung ein. Als Anfec h- tungsgegnerin ist sie gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO unmittelbar der ve r- schärften Haf tung des § 819 Abs. 1 BGB unterworfen. Aufgrund dieser Recht s- folgenverweisung ist der Rückzahlungsanspruch als rechtshängiger Anspruch zu behandeln. Auf Entreicherung kann sich die Beklagte darum nicht berufen (BAG 1 9. Mai 2011 - 6 AZR 736/09 - Rn. 21) . 3. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger kein schutzwü r- diges Vertrauen begründet, das der Anfechtung entgegenstünde. a) Die von der Beklagten insoweit herangezogene Rechtsprechung (BGH 1 0. Januar 2013 - IX ZR 161/11 - Rn. 17 ff.) ist nicht einschlägig. aa) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der vorläufige Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt durch sein Handeln einen schutzwürdigen Vertrauen s- tatbestand gesetzt hat und der Empfänger der Leistung demzufolge nach Treu und Glauben damit rechn en durfte, ein nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr entziehbares Recht erhalten zu haben (zuletzt BGH 2 5. April 2013 - IX ZR 235/12 - Rn. 36) . Das ist in der Regel dann der Fall, wenn der vorläufige Verwalter Verträgen vorbehaltlos zustimmt, die der Schuldner mit dem Gläub i- ger nach Anordnung von Sicherungsmaßnahmen geschlossen und in denen er im Zusammenhang mit an den Schuldner zu erbringenden Leistungen des Gläubigers Erfüllungszusagen für Altverbindlichkeiten gegeben hat. Wegen der Einbindu ng des vorläufigen Verwalters in den Vertragsschluss darf der Gläub i- ger davon ausgehen, die als Erfüllung geleisteten Zahlungen endgültig behalten zu dürfen (BGH 1 0. Januar 2013 - IX ZR 161/11 - Rn. 18; MünchKommInsO/ Kayser 3. Aufl. § 129 Rn. 46 bis 46c) . Stimmt der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt dagegen Erfüllungshandlungen des Schuldners zu, die nicht im Zusammenhang mit neuen Vertragsschlüssen stehen, sondern mit denen dieser gesetzliche Ansprüche oder bereits bestehende Altverbi ndlichke i- 25 26 27 28 - 11 - 6 AZR 868/13 - 12 - ten erfüllt, bleibt die Handlung im Allgemeinen anfechtbar (BGH 1 0. Januar 2013 - IX ZR 161/11 - Rn. 17) . bb) Die Beklagte macht geltend, der Kläger habe als vorläufiger Insolvenz - Fortführung keinen Nachteil erleiden, da sie über das Insolvenzgeld für drei Monate ges i- ohne Mitwirkung des Klägers für März 2008 erhaltenen Lohn behalten dürfe. Sie leitet da s schutzwürdige Vertrauen also nicht aus einer vom vorläufigen I n- solvenzverwalter genehmigten Rechtshandlung des Schuldners, sondern aus einer eigenen Erklärung des Klägers her. Das könnte jedoch allenfalls - unter hier nicht dargelegten Umständen - eine p ersönliche Haftung des vorläufigen Insolvenzverwalters begründen (vgl. dazu BAG 2 5. Juni 2009 - 6 AZR 210/08 - ) , nicht aber die Anfechtbarkeit ausschließen. b) Darüber hinaus steht die behauptete Erklärung des Klägers in keinem erkennbaren Zusammenhang mi t einer berechtigten Annahme der Beklagten, das vor dem Eigenantrag vom Schuldner gezahlte Entgelt für März 2008 beha l- ten zu dürfen. Die Beklagte erhielt unstreitig für ihre Weiterarbeit über eine I n- solvenzgeldvorfinanzierung Entgelt und schöpfte dabei den Insolvenzgeldzei t- raum aus. Mehr stellte der Kläger auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht in Aussicht. 4. Die Einrede der Verjährung ( § 146 Abs. 1 InsO iVm. § 214 Abs. 1, § § 194 ff. BGB) hat keinen Erfolg. Die gemäß § 146 Abs. 1 InsO, § § 195, 199 Abs. 1 BGB am 3 1. Dezember 2011 eintretende Verjährung wurde durch den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB g e- hemmt. a) Der durch die unrichtige Adressierung des Mahnantrags erforderliche Schriftwechsel zwischen Mahngericht und dem Kläger führte nicht zu einer rechtserheblichen Verzögerung der Zustellung. Zwar wurde der Mahnbescheid der Beklagten nicht mehr vor Ablauf der Verjährungsfrist zugestellt. Die Zuste l- § 167 ZPO. Die Verzögerung der Zust e l- 29 30 31 32 - 12 - 6 AZR 868/13 - 13 - lung durch die Angabe der unzutreffenden Anschrift der Beklagten ist dem Kl ä- ger nicht zuzurechnen. Das hat der Senat in seinen Entscheidungen vom 1 3. November 201 4 ( - 6 AZR 869/13 - Rn. 4 6 und - 6 AZR 870/13 - Rn. 17 bis 19) ausgeführt und nimmt darauf Bezug. b) Der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids war auch hinreichend ind i- vidualisiert. Das hat der Senat in seiner Entscheidung vom 1 3. November 2014 ( - 6 AZR 869/13 - Rn. 48 bis 50) begründet. 5. Der Rückforderungsanspruch ist auch nicht verwirkt. Insoweit wird auf die Ausführungen des Senats im Urteil vom 1 3. November 2014 ( - 6 AZR 869/13 - Rn. 52 f.) verwiesen. IV. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif ( § 563 Abs. 3 ZPO) . Das Landesarbeitsger icht hat keine Feststellungen zu der für § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO erforderlichen und von ihm als streitig angesehenen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners iSv. § 17 Abs. 2 InsO im Zeitpunkt der angefochtenen Recht s- handlung getroffen. Dies wird es unter Beach tung der dazu ergangenen höchs t- richterlichen Rechtsprechung (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10 - Rn. 23 ff. , BAGE 139, 235; BGH 7. November 2013 - IX ZR 49/13 - Rn. 11; 1 8. Juli 2013 - IX ZR 143/12 - Rn. 7 ff.) nachzuholen haben. Sollte es die Zahlungsu n- fähigkeit bejahen, wird es bei seiner Entscheidung über die Zinsen zu beachten haben, dass der Einwand des missbräuchlichen Verhaltens dem geltend g e- machten Zinsanspruch nicht entgegensteht. Das bloße Ausschöpfen der Ve r- jährungsfrist begründet keinen Recht smissbrauch (vgl. BAG 2 7. November 2008 - 6 AZR 632/08 - Rn. 29 , BAGE 128, 317 ) . Es wird weiter berücksichtigen müssen, dass der Rückgewähranspruch ab Insolvenzeröffnung mit fünf Pr o- zentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist. Nach der geltenden Re chtslage entsteht das Anfechtungsrecht mit der Eröffnung des Insolvenzve r- fahrens und wird zugleich der Rückgewähranspruch fällig, weil die Insolvenza n- fechtung keiner gesonderten Erklärung bedarf (vgl. BGH 1. Februar 2007 - IX ZR 96/04 - Rn. 20, BGHZ 171, 3 8) . Der Zinslauf des Zinsanspruchs ( § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 291 Satz 1 Halbs. 2, § 288 Abs. 1 33 34 35 - 13 - 6 AZR 868/13 Satz 2 BGB) beginnt darum am Tag nach der Insolvenzeröffnung (st. Rspr. seit BAG 2 7. Februar 2014 - 6 AZR 367/13 - Rn. 39 f.) . Fischermeier Spelge Krumbiegel Sieberts Steinbrück

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